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Erin Lenaris

c/o Tagträumer Verlag

Neuenhofstr. 105

32479 Hille

erin.lenaris@email.de

 

Lektorat: Veronika Carver

Cover: Kristina Licht

Gejätet

Der Bildschirm an Aubreys linkem Handgelenk blinkte. Leif nahm einen scharfen Atemzug. Er schloss das Hologramm vor sich mit einem hastigen Wischen und sprang auf.

Aubrey saß von ihm abgewandt an ihrem Zeichentisch. Vor ihr gab die Glasfront des Appartements den Blick auf die funkelnde Skyline von Polaris frei. Über den Hochhäusern ballten sich schwarze Wolkenberge zusammen. Sie warfen dunkle Schatten auf die Straßen, die das letzte bisschen Tageslicht aus der Stadt jagten. Aber Leifs Aufmerksamkeit galt einzig und allein dem Bildschirm an Aubreys Handgelenk. Ein blauer Leuchtkreis pulsierte auf dem flachen Touchscreen wie das Herz einer fremden Kreatur. Mit drei Schritten war er bei Aubrey.

Sie starrte ihn aus aufgerissenen Augen an, wobei ihre geweiteten Pupillen fast die gesamten Iriden verschluckten. Die Dämmerung hob die Schatten auf ihrem zarten Gesicht violett hervor. Ein Schweißfilm glänzte auf ihrer Stirn. Reglos wie eine Porzellanpuppe saß sie da, nur ihre Hand verkrampfte sich um die Feder, von deren Spitze es schwarz auf ihren Zeichenblock tropfte. Darauf erkannte Leif die Tuschezeichnung eines gesichtslosen Mannes, den hageren Körper in einen streng geschnittenen Anzug gekleidet. Aus seinem Nacken wuchs ein dunkles Gebilde mit Fledermausschwingen.

Aubreys Hautimplantat blinkte noch immer. „Scheiße“, stieß Leif hervor. Ausgerechnet jetzt klinkte sich das Omneron in ihr System ein. Dabei durfte die Allintelligenz auf keinen Fall von ihrem Zustand erfahren.

Aubreys Hand zitterte und ein dunkler Klecks fiel auf das leere Antlitz des Tintenmannes. Leif wollte sie zu sich ziehen, doch obwohl er sie vorsichtig berührte, zuckte sie zusammen, als hätte sie einen Stromschlag erhalten. Ihre Hand warf das Tintenfass um und der Inhalt begrub die unheimliche Figur für immer unter einer schwarzen Pfütze. Wie in Trance tunkte Aubrey ihre Finger hinein. Dann hob sie die Hand und zog mit Zeige- und Mittelfinger einen schwarzen Strich über Leifs Stirn. Er erschauderte, als eine rauchige Stimme aus den Tiefen ihrer Brust drang:

„Dein Auge bricht um Mitternacht,

wenn tief in dir der Feind erwacht.

Was lang für dich die Zeit betrog

stürzt dich nun in des Todes Sog.“

Leif

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Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 22.09.2021
ISBN: 978-3-7487-9549-0

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