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Vorwort

Wer würde nicht gern Zitronen, Passionsfrüchte oder Chilis von selbst gezogenen Pflanzen ernten oder auf der Terrasse im Schatten von Palmenwedeln entspannen, deren Wachsen er von Beginn an miterlebt hat? Die Vermehrung exotischer Pflanzen macht Spaß, und sie ist eine Bereicherung – für die Natur ebenso wie für den Menschen.

 

Der Hobbygärtner trägt mit der Anzucht exotischer Gewächse zur Erhaltung und Verbreitung der Arten bei, er übt sich im Umgang mit hierzulande weniger bekannten Pflanzen und trainiert dabei seinen grünen Daumen. Oft ist das Auflaufen eines beim Verzehr von Früchten achtlos in den Blumentopf geworfenen Samens der Beginn einer neuen Leidenschaft. Einmal geglückt, dauert es nicht lange, bis sich der Neueinsteiger immer größeren Herausforderungen annimmt. Schon hält er auf Reisen Ausschau nach reifer Saat von Sträuchern, Bäumen und Blütenpflanzen. Früchte werden akribisch auf Samen hin untersucht, um sie als Andenken mit nach Hause zu tragen und aus ihnen ein lebendes Urlaubssouvenir heranzuziehen, das sich anfassen, riechen und manchmal auch schmecken lässt.

 

Viele Pflanzen können vielseitig genutzt werden. Anders als Porzellanfiguren, Tassen mit lustigen Sprüchen oder gemalte Bilder verändern sie sich ständig und bleiben Zeit ihres Lebens interessant. Oft gelingt es, sie in immer neuen Generationen heranziehen. Das trägt zur Nachhaltigkeit und ein wenig auch zu unserem Glück bei. In kaum einer Zeit war es so wichtig wie heute, sich über die „kleinen Dinge“ des Lebens zu freuen. Genießen wir also jedwede Form der Zufriedenheit und tragen durch unser Hobby zur Entstehung neuen Lebens bei.

 

Gern wälzt der Pflanzenliebhaber Fachliteratur, informiert sich im Internet und experimentiert, um seinen Erfahrungsschatz immer weiter auszubauen. Eines lernt er zuerst: Geduld ist gefragt. Die Anzucht aus Samen braucht im Allgemeinen länger als die über Stecklinge oder Ableger, und sie ist mit etwas mehr Arbeit verbunden. Doch es lohnt sich. Das Auflaufen des ersten kleinen Keimblatts ist immer wieder eine Sensation und ein Beweis dafür, dass der Aufwand gerechtfertigt war.  

 

Letztlich braucht es für das Gelingen in der weiteren Pflege einer guten Beobachtungsgabe und eines speziellen Wissens. Anders als bei unseren dem Klima angepassten, heimischen Gewächsen können schon einmalige Fehler zum Totalausfall der empfindlichen Exoten führen. Nur wer bei der Aussaat richtig vorgeht und den natürlichen Lebensraum auch während des Wachstums der Jungpflanzen möglichst gut imitiert, wird lange Freude an seinen selbst gezogenen Gewächsen haben.

 

Die nachfolgenden Tipps beruhen auf Erfahrungen, die teilweise aus Familienwissen stammen und an Sie, liebe Leserinnen und Leser, gern weitergegeben werden.

 

Viel Spaß beim Lesen und Ausprobieren

 

wünscht Ihnen

Ihre Rike Sonnenschein

Die Keimfähigkeit

 

Als keimfähig gilt ein Samen, solange er die Fähigkeit besitzt, einen Keim auszubilden, um sich fortzupflanzen. In der Natur geschieht dies, wenn ausreichend Wasser, Nährstoffe und bei Lichtkeimern außerdem das Sonnenlicht zur Verfügung stehen. Darüber hinaus muss für die meisten Pflanzen der geeignete Boden vorhanden sein. Er verankert die Wurzeln und gibt die nötige Standfestigkeit. Auch speichert er Wasser und Nährstoffe, die für das Leben der Pflanze wichtig sind. Nur wenige Arten haften anderweitig und nehmen ihre Nahrung über die Umgebung auf, beispielsweise mithilfe von Luftwurzeln.

 

Bei einigen Samen beträgt die Keimfähigkeit nur wenige Wochen bis Monate. Das sind hauptsächlich diejenigen mit einer weichen Schale. Sie stammen von Pflanzen, die vorwiegend in feuchtwarmen Gebieten beheimatet sind. Es würde keinen Sinn machen, wenn diese über einen längeren Zeitraum in einer Ruhephase verharrten. Milde Temperaturen, eine hohe Feuchtigkeit und ein fast gleichbleibendes Nährstoffangebot garantieren, dass sich die Samen ganzjährig entwickeln können. Warum also warten? Eher ist es so, dass sich auf ungekeimter Saat unter feuchter Luft und hohen Temperaturen Schimmelpilze und andere Keime ansiedeln. Sie machen diese unbrauchbar. Zur Gruppe der Samen mit einer kurzen Keimfähigkeit gehören der Kaffee und der Kakao.  

 

Die meisten exotischen Samen können über mehrere Monate ruhen, bevor die Keimfähigkeit verloren geht. Insofern ähneln sie unseren heimischen Gewächsen. Einige Samen überdauern selbst Jahre. Sie gehören zu den Pflanzen aus trockenen Regionen, wo sich der nächste Niederschlag nicht zeitlich vorhersagen lässt. Es muss vom Samen der richtige Moment zur Keimung abgepasst werden, damit er sich nicht umsonst verausgabt. Viele Vorgänge sind in der Natur sind so ausgerichtet, dass sie sich mit wenig energetischem Aufwand erledigen lassen. Dann kann in schlechten Zeiten aus Kraftreserven geschöpft werden.

 

Erkennbar ist diese Gruppe der Samen an einer harten Schale, die das Innere vor der Austrocknung durch Sonneneinstrahlung sowie vor extrem hohen Temperaturen schützt. Nicht zuletzt ist die äußere Hülle gegen die Verdauungssäfte von Wildtieren resistent. Gar nicht so selten gelangen die Samen in die Nahrung von Wildvögeln und anderen Pflanzenfressern und werden an einem anderen Ort ausgeschieden. Auch das hat seinen Grund. Auf diese Weise ist unter natürlichen Bedingungen die Verbreitung von Pflanzen über große Distanzen möglich. Zur Gruppe dieser Samen gehören diverse Nachtschattengewächse.

 

Daneben gibt es Samen, die lange keimfähig bleiben und die zusätzliche Eigenschaft aufweisen, sich während der Keimung mächtig Zeit zu lassen. Der Hobbygärtner muss bei ihnen besonders geduldig sein. Es kommt durchaus vor, dass man schon gar nicht mehr an den Erfolg glaubt und die Anzuchtschale leeren will. Plötzlich zeigen sich doch noch die ersten Triebe. Zur Gruppe der langsam keimenden Samen mit einer langen Keimfähigkeit zählen beispielsweise die Kakteen. 

Der richtige Zeitpunkt für die Aussaat

 

Abgesehen von den Kaltkeimern, die zur Keimbildung Temperaturen um den Gefrierpunkt benötigen, gelingt die Aussaat der meisten heimischen Arten am besten im Frühjahr. Diejenigen, die etwas kälteempfindlicher sind und gleich an Ort und Stelle gesät werden, bringt man erst im Mai in den Boden, damit die Spätfröste vorbei sind, wenn sie auflaufen. Andere kommen mit etwas kühleren Temperaturen zurecht und überstehen auch den einen oder anderen Nachtfrost. Sie kommen etwa ab März in die Erde. Spätfruchtende Arten können durchaus noch im Juli oder August ausgesät werden.

 

Eine Möglichkeit, die Keimdauer und die Wachstumszeit bei den heimischen Gewächsen zu verkürzen und ihnen einen gewissen Vorsprung zu geben, ist die Anzucht auf der Fensterbank oder im Warmhaus. Diese Variante lässt sich auch auf die exotischen Samen mit einer längeren und langen Keimfähigkeit übertragen. Sie benötigen insbesondere in der Startphase ähnliche Temperaturen und Luftverhältnisse, wie sie in ihren heimatlichen Gefilden vorherrschen. Hauptsächlich sind dies Wärme und Feuchtigkeit. Genau diese lassen sich an den benannten Orten schnell erzeugen. Später dürfen viele der Jungpflanzen – teilweise in Kübeln und Töpfen – auf der Terrasse stehen, bevor sie vor dem Einsetzen der ersten Fröste ins Winterquartier gebracht oder im Freien mit einem Winterschutz versehen werden. Eine Grundregel ist die Aussaat der exotischen Samen im Frühjahr jedoch nicht.  

 

Samen mit einer kurzen Keimfähigkeit müssen umgehend nach der Reife ausgesät werden. Bei ihnen hängt der Aussaattermin von der Reife der Früchte ab. Der kann beispielsweise im Hochsommer oder im Herbst liegen. Und selbst, wenn es hierzulande Winter ist und die Natur ruht, geht die Erntesaison andernorts weiter beziehungsweise kommt gerade erst in Gang. Will man Samen aus diesen Gefilden bei uns zum Keimen bringen, muss eben in ungewöhnlichen Aussaatzeiten, beispielsweise im Winter gesät werden. Es macht keinen Sinn, die Saat bis zum kommenden Frühjahr aufzubewahren, dann wäre sie längst taub.

 

Einige Anbieter verkaufen ihr Saatgut rund um das Jahr, ohne auf die Keimfähigkeit hinzuweisen, geschweige denn, diese selbst zu beachten. Da braucht man sich nicht wundern, dass Misserfolge vorprogrammiert sind. Nur wenigen von ihnen ist bekannt, dass sich die Chancen durchaus verbessern ließen, wenn sie die Keimfähigkeit ihrer Saat künstlich verlängern würden. Dies gelingt durch ein chemisches Verfahren, bei dem ein Kalziumchlorid-Glycerin-Gemisch auf 160 Grad Celsius erhitzt wird. Dort hinein wird der Samen gegeben. Dadurch trocknet er schnell aus und bewahrt seine Keimfähigkeit über Jahre.

Das richtige Substrat wählen

Gerade dem Anfänger stellt sich die Frage, welches Substrat für die exotischen Samen am besten ist. Die Antwort lässt sich nicht verallgemeinern. Man wird sich an denjenigen Bodenverhältnissen orientieren müssen, die in etwa im Ursprungsgebiet gegeben sind. Als Richtlinie hat es sich bewährt, dass denjenigen Samen, die lange an ihren Samenschalen haften, ein durchlässiges und vor allem ungedüngtes

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 28.07.2016
ISBN: 978-3-7396-6616-7

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