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--- Weil du schön bist, Mädchen ---




Eben noch lag ich im Bett, wollte eigentlich schlafen, wollte möglichst schnell schlafen, aber all die Gedanken in meinem Kopf haben mich kirre gemacht. Ich habe mich hin und her gewälzt, wollte vergessen, die Augen zu machen und im Schlaf vergessen, aber ich kann nicht. Alles stresst mich so. Es ist so ein permanenter Stress, es raubt mir den Schlaf, es bringt mich um die Nächte, es strengt mich an und raubt mir die Kraft. Die Angst im Dunkeln, der Drang nach der Schönheit, nach der Perfektion, den Zwang sich zu bewegen, sportlich zu sein, durchtrainiert, lebendig. Die ellenlangen To-do-Listen, die Aufgaben, die Menschen, die ich anrufen muss, die eine Karte von mir erwarten oder einen Brief, die mit mir reden wollen, smalltalk mit mir abhandeln wollen, wenn sie mich sehen. Nein, nein. Ich schaffe das nicht. Die Frage, wo ich eigentlich hingehöre, was verdammt nochmal mal aus mir werden soll und wo mich all das hinführt. Dieses sinnlose Studium, diese Jahre der Verdummung. Schlafen und Schreiben. Und Aufstehen. Möglichst sofort perfekt aus dem Bett aufstehen. Frischer Duft, frische Note, gesundes Essen und möglichst die passendste Hintergrundsmusik, der Soundtrack meines Lebens. Melancholie und Euphorie. Und ich. Immer ich, die nicht rasten kann, die niemals rastet, deren Kopf explodiert, implodiert.


--- Weil du lebendig bist, Mädchen ---




Vielleicht sollte ich immer im Rausch schreiben. Oder mich einfach immer in Rausch versetzen damit ich immer schreiben kann.

Das wäre gut.


Meine Finger wären schon ganz verkrampft und dick vielleicht, abgenutzt, abgewetzt. Mein Kopf wäre leer. Vollkommen leer. Irgendwann müsste ich ihn doch leer kriegen. Irgendwann müsste er doch leer sein.


--- Weil du einfach bist, Mädchen ---




Ich werfe alles ab. Ich ziehe an Wiesen vorbei und werfe alles ab. Nichts will ich mehr haben. Weg. Weg damit. Ich werfe dich weg, meine Liebe, dich, mein Herz und auch endlich dich, meine Abhängigkeit.
Alles Unglück, die Magersucht, die Sehnsucht, jedes verschenkte Kompliment, jeden Moment, den ein Danke hätte retten können, es aber nicht getan hat.
Ich schmeiße alles weg. Alle Narben, alle Schmerzen, die Ärzte schubse ich in den Graben, die Frauen an der Anmeldung, jeden verbalen Schlag, jede Träne, jedes Gedicht. Amerika und jeden Kilometer, den ich gelaufen bin. Schimmel, die Übelkeit, jedes Zittern, die Suche nach jemanden, der das Loch füllt. Das Loch werfe ich auch weg. Alles. Alles. Alles. Ich will es nicht mehr!


Und diese Frauen. Schminke, hochhackige Schuhe, Tanga und Pushup, Haarspray. Haben die schon mal im Regen getanzt? Oder den Wind in den Haaren gespürt? Sind die mal barfuß durch den Schnee gelaufen? Wollen die gar nicht wissen, wie sich Freiheit anfühlt?


--- Weil du extravagant bist, Mädchen ---




Ich habe zu wenig geschlafen und mal wieder zu viel gesoffen. Mein Magen spielt verrückt und seilt Dünnflüssiges ab.


Wir sind verrückt oder? Mir ist schlecht.
Wir fügen uns alle irgendwelchen Dingen zu, die uns krank machen, die uns nicht gut tun. Aber trotzdem tun sie uns irgendwie gut. Oder zumindest denken wir das. Wir sind leben. Wir sind jung und gebrochen. Und niemand kann daran etwas ändern.




Weil du schön bist, Mädchen
Lebendig quicklebendig, zum Leben gemacht
Weil du extravagant bist, Mädchen
Jemand Großes, Mädchen
Weil du weinst und weil du lachst




Da ist immer diese Angst. Da ist immer dieser Druck. Da ist immer das Gefühl, nicht genug zu tun, nicht genug zu sein. Nicht gut genug zu sein.




Nicht gut genug zu sein.



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Tag der Veröffentlichung: 14.07.2011

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