Tot im Kohlfeld.
An der Westküste von Schleswig Holstein liegt Dithmarschen, das Kohlanbaugebiet Deutschlands. Heute sah es nach einem schönen Tag aus, denn Kohlbauer Heinrich Hinrichsen wollte heute mit der Kohlernte beginnen. Kohl kann man nicht mit eine Maschine ernten, es geht nur mit der Hand, besser mit vielen Händen. Hinrichsen, sein Sohn Uwe und einige polnische Erntehelfer standen bereit und warteten das es los gehen sollte.
Das Kohlfeld lag ein paar Hundert Meter vom Hof entfernt, alle waren also schnell bei der Arbeit. Einer der Erntehelfer blieb plötzlich, mitten auf dem Feld, wie angewurzelt stehen und rief:“ Kommen, hier liegen ein Mann“! Er nahm die Hände auf den Rücken und trat einige Schritte zurück. „ Schnell kommen, Mann nix bewegen!“ Uwe Hinrichsen kam angelaufen, bückte sich und fasste dem Mann an die Halsschlagader, „ ich kann nichts fühlen!“ sagte er und angelte sein Handy aus der Tasche.
In der Polizeiwache in Meldorf war nie besonders viel los, höchsten einmal ein Verkehrsverstoß, eine gestohlenes Fahrrad oder ein weggelaufener Hund. Oberwachtmeister Walter Harmsen war heute nicht so gut drauf. Er hatte gesten seinen 50 Geburtstag gefeiert und es war recht spät geworden. Als das Telefon klingelte, sagte er:“Silke,“ eine Norddeutsche Schönheit“, gehe mal ran, wird schon nichts besonderes sein !“„Polizeistation Meldorf, Wachtmeisterin Silke Drossel“, meldete sie sich, „was kann ich für sie tun?“ Uwe Hinrichsen war hörbar aufgeregt und sprach etwas zu laut in sein Handy:“ Hinrichsen hier, hier liegt ein Mensch in unserem Kohlfeld, bitte sofort kommen!“ „Wo ist das genau?“ fragte Silke,“ bitte genau beschreiben.“ Uwe holte tief Luft und sagte:“ Hof Hinrichsen, Achterndick, Feld 5, am Hof kann man ihnen das Feld genau zeigen!“
Uwe holte ein paarmal tief Luft und sagte dann zu seinen Helfern!“ Weiter machen, wir müssen heute fertig werden, ich bleibe hier bei dem Mann!“ Irgendwie kommt mir der Mann bekannt vor, dachte er so bei sich, den habe ich schon einmal gesehen. Da kam schon der Polizeiwagen auf das Feld gefahren. Silke und der Polizeianwärter Reiner Fischer, der als Verstärkung mitgefahren war, kamen angelaufen und Silke kniete sich neben dem Mann, wurde blass wie eine Kalkwand, und stammelte undeutlich:“ Der Mann ist tot, das kann man gleich erkennen, aber ich kenne ihn, es ist der Bauunternehmen Claasen aus Meldorf“. Sie nahm ihr Funkgerät und sagte:“ Walter, hörst du, hier liegt Jürgen Claasen, vermutlich tot, schicke sofort einen Arzt und die Spusi (Spurensicherung) es sieht nicht nach einem natürlichem Tot aus“. Der Polizeianwärter Reiner kam etwas näher, war aber sehr blass, denn er hatte noch nie einen Toten gesehen. Silke fasste ihn an die Schulter und meinte.“Komm, wir warten im Wagen“.
Das Bauunternehmen Claasen gab es in Meldorf schon seit fast 100 Jahren. Jeder kannte die Firma im Ort und sie hatten die meisten Meldorfer Häuser auch gebaut. Er war verheiratet mit Maria, eine aus Bayern eingewanderte Schönheit. Sie hatten 2 Söhne, Knut und Sepp, die Beide in der Firma mit arbeiten. In der letzten Zeit gab es Gerüchte, dass die Firma vor vielen Jahren diverse Häuser ohne Baugenehmigung erstellt hatten. Nun waren einige Häuser angeblich wegen falscher Statik am zusammen brechen. Aber gesichert war das nicht, immer nur Gerede.
Im Hause des Bauunternehmers Claasen war um diese Zeit schon richtig etwas los. Maria Claasen machte die Buchhaltung, hatte sich aber schon gewundert, dass sie ihren Mann noch nicht gesehen hatte. Sie versuchte es noch einmal per Handy, aber er war nur die Mailbox zu hören. Da fuhr der Polizeiwagen auf den Hof, Silke stieg aus und Reiner blieb erst einmal sitzen. Sie ging direkt auf das Bürogebäude zu und weil sie die Maria recht gut kannte, gleich ins Büro. Die beiden Frauen umarmten sich und Silke sagte mit ernsten Gesicht:“ Du, Maria, ich muss dir eine unerfreuliche Mitteilung machen,“ weil sie schlucken musste, machte sie eine kleine Pause,“ dein Mann, der Jürgen, ist tot, wir haben ihn auf dem Kohlfeld von Hinrichsen bei Achterndick gefunden, wir können noch nicht sagen wie er gestorben ist“! Maria fiel auf den Stuhl zurück und starrte abwesend vor sich hin und murmelte,“ das musste ja so kommen!“ „Wieso das?“ fragte Silke, hast du einen Verdacht wer es gewesen sein kann?“
Maria Claasen war auf dem Stuhl zusammen gebrochen, hielt sich ein Taschentuch vor die Augen und weinte bitterlich. Silke nahm sich in den Arm und versuchte sie zu beruhigen. „Wir werden schon alles aufklären“.Sagte sie und ging mit schnellen Schritten zurück zu ihrem Polizeifahrzeug. Sie setzte sich ans Steuer und kämpfte auch mit den Tränen, schließlich kannte man sich schon lange. Polizeianwärter Reiner, der im Wagen sitzen geblieben war, versuchte sie in den Arm zu nehmen, nicht nur um sie zu trösten, nein er verehrte sie auch, wenn auch heimlich. Silke wehrte ihn verwundert ab, sie kannte Reiner nur als einen etwas trockenen Dithmarscher jungen Mann. Etwas verwirrt startete sie den Wagen und sie fuhren zur Wache zurück.
Auf dem Feld war man inzwischen mit der Spurensicherung fertig und die Leiche wurde gerade abtransportiert. Uwe beeilte sich wieder zu seinen Erntehelfern zu kommen und war erstaunt wie weit man schon gekommen war. Mehrere Fahrzeuge mit Kohlköpfen waren schon auf dem Hof abgeladen und der Bauer Hinrichsen sagte zu den gerade zurück kommenden Helfern:“ So, für Heute ist Feierabend, Morgen geht es weiter!“
Als Uwe schließlich auch zurück kam, haben sie einen Augenblick auf der Bank vor dem Haus zusammen gesessen und sich gefragt, wie kommt der tote Bauunternehmer Claasen ausgerechnet auf unser Feld ? Die Claasen hatten doch gar nichts mit uns zu tun.
In der Polizeistation hatte man sich wieder beruhigt. Walter ging es inzwischen besser und er war mit Silke am überlegen wer denn hier im Ort, so etwas tun könne. Reiner, der Polizeianwärter sagte:“ Diese Gerüchte, die in der letzten Zeit zu hören waren, sollte man schon beachten“. Dabei versuchte er immer wieder Silke in die Augen zu schauen. Silke bemerkte natürlich diese Blicke und sagte etwas zu forsch:“ Wir werden das schon heraus finden!“
Silke hatte etwas Rheinisches Blut in den Adern und konnte mit der trockenen Art von Reiner noch nicht so recht etwas anfangen. Sie hatte zwar zur Zeit einer Freund in der Ferne, von dem aber niemand etwas wusste, sie war aber im Moment nicht interessiert. Walter, hier der Chef, hatte es wohl bemerkt und nahm sich bei passender Gelegenheit den Reiner zur Seite und meinte: „ Wenn du bei der Silke landen willst, musst du etwas Spektakuläres vorzeigen wie zum Beispiel diesen Kohlkopffeldmord aufklären“. Er drehte sich um und grinste in sich rein und denkt, damit ist er erst einmal beschäftigt. Da meldet sich der Polizeicomputer, <sie haben eine Nachricht>. Silke öffnet die Mail und liest laut vor, Todesursache der Leiche vom Kohlfeld. Herzversagen vermutlich durch Alkohol und Überanstrengung und die Leiche hatte diverse Hämatome am Körper, vermutlich durch eine Art heftigen Ringkampf.
Maria Claasen war wieder in das Büro gegangen es musste ja weiter gehen mit der Firma. Ihr Herz war voller Trauer und sie zerbrach sich den Kopf wer ihr denn so etwas antun konnte. Sie hatte gar nicht gehört, dass Silke auf dem Hof war. Als sich die Frauen sahen, ging Maria auf den Hof und dann zu Silke.“Na, was Neues?“ fragte sie. „Silke sagte, wir haben die Todesursache. Vermutlich nach einer heftigen Rangelei tot durch Alkohol und Überanstrengung!“ Und leise fragte sie,“war Jürgen denn herzkrank Maria?“ „Ja, er war schon lange mit einer koronaren Schwäche in Behandlung,“ sagte Maria,“ ich habe ihn immer gewarnt sich zu überanstrengen!“ Die beiden Frauen umarmten sich und weinten. Ins geheim wunderte Maria sich, dass diese Sache also der Tot ihres Mannes der Silke so nahe ging.
Auf dem Hof von Bauer Hinrichsen saß man am Abend in der guten Stube zusammen und redete über dieses Unglück. Uwe meinte, dass es vorher zu einem Kampf gekommen sein müsste denn an der Fundstelle war alles zertrampelt. Vielleicht war es ja gar kein richtiger Mord eben nur ein dummer Unfall. „ Mit Kampf?“ fragte Uwe,“ das wäre doch sehr komisch“.
Als Silke am Abend nach Hause kam, warf sie sich aufs Bett und weinte wie ein Schlosshund, sie konnte sich überhaupt nicht beruhigen, da ging ihr Handy. Erst als sich der AB meldete, nahm sie das Gespräch an. Ihre allerbeste Freundin Ute Deichmann war am Telefon.“Wie geht es?“ fragte sie und wunderte sich, dass sie erst einmal keine Antwort bekam.“Was ist denn los, soll ich vorbei kommen?“ Ohne eine Antwort abzuwarten rief sie ins Handy,“ich komme sofort, Moment ich muss mir nur noch etwas anziehen!“
Polizeianwärter Reiner Fischer hatte sich vorgenommen, nicht nur um Eindruck bei seiner Kollegin Silke zu schinden sondern auch um ein gutes Zeugnis seines Chefs zu bekommen, den Fall möglichst alleine zu lösen und somit etwas Spektakuläres zu tun. Er lief Nachts mit einer starken Taschenlampe auf dem abgeernteten Kohlfeld herum und suchte nach eventuellen Spuren. Außer abgerissenen Kohlblätter konnte er aber nichts entdecken. Als er dann mit seinem Fahrrad zu dem Hof der Hinrichsen fuhr und sich ein wenig umsehen wollte, entdeckte ihn der Hofhund Harras, ein riesengroßer und auch nicht sehr freundlicher Schäferhund der in ein lautes Gebell ausbrach und ihn, wenn er ihn erwischt hätte, gerne in Stücke gerissen hätte. Da wollte Reiner, wenigstens für heute Nacht, die Sucherei aufgeben.
Ute war mit ihrem Wagen sehr schnell bei ihrer besten Freundin eingetroffen. Silke fiel ihr sofort um den Hals und weinte und schluchzte herzzerreißend. „Was ist denn los?“ fragte Silke,“ist was mit deinen Eltern?“ Silke stammelte ihr ins Ohr.“Er ist tot!“ „Wer ist tot?“ fragte Ute, „wovon redest du?“ „Jürgen ist ermordet worden, ich weiß gar nicht was ich machen soll!“ „Welcher Jürgen denn?“ fragte Ute,“kenne ich den?“ „Ich bin doch seit einem Jahr heimlich mit Jürgen Claasen zusammen, er wollte sich scheiden lassen und wir wollten im nächsten Jahr heiraten“. Uta stand wie eine Salzsäule da und sagte etwas schrill.“ Jürgen Claasen, der Baufritze, ich werd' verrückt!“
Im Büro der Firma Claasen war eine ziemlich gedrückte Stimmung, Die beiden Jungs hatte erst einmal die Geschäftsleitung übernommen und das einzige Thema unter der Belegschaft war der Tot vom Chef. Am Nachmittag kam Oberwachtmeister Harmsen mit einigen Kollegen vom Nachbarort auf den Betriebshof, ging direkt ins Büro und sagte ziemlich wichtig:“ Es liegt eine Anzeige gegen sie wegen Schwarzbau und Steuerbetrug vor, ich habe hier einen Durchsuchungsbeschluss, bitte verlassen sie das Büro, wir haben zu tun. Blankes Entsetzen bei den beiden Jungs, was war das denn? Das Personal versammelte sich auf dem Betriebshof und alle fragten sich, hat das etwas mit dem Tot des Chef's zu tun ?
Silke hatte sich krank gemeldet, sie wollte jetzt alleine sein. Sie konnte es immer noch nicht fassen, dass ihr Geliebter Jürgen einfach tot sein sollte. Sie hatten sich vor ca. einem Jahr bei einer Stadtveranstaltung besser kennen gelernt. Silke war damals in Zivil dabei gewesen und und sie hatten sich beim tanzen näher kennen gelernt. In den folgenden Monaten haben sie sich unsterblich in einander verliebt allerdings musste sie diese Verbindung geheim halten. Also trafen sie sich immer in der nächsten größeren Stadt und verbrachten dort verliebte Tage. Vor einer Woche waren sie noch zusammen gewesen und hatten Pläne geschmiedet. Jürgen wollte seine Firma seinen Jungs überlassen und mit Silke, in einer anderen Stadt ein neues Leben beginnen. Eine Sorge hatte Silke auch noch. In ihrer letzten Nacht war es besonders schön gewesen und Silke vermutete, besser befürchtete, Folgen.
Reiner, der Polizeianwärter wollte immer noch diesen Mord aufklären. Er vermutete Vieles und konnte doch nichts beweisen. Als sich nun Silke krank meldete ging er einfach an ihren Schreibtisch, der Chef war ja bei der Durchsuchung der Firma Claasen und so konnte ungestört etwas Verbotenes tun. Warum er in die Schubladen schaute wusste er selber nicht, eben Neugier weil er Silke verehrte. In einem Ordner, wo PRIVAT auf stand, sah er ein Bild vom Bauunternehmer Claasen. Er war etwas erstaunt und drehte das Bild hin und her. Auf der Rückseite stand in sauberer Schrift, meiner geliebten Silke. Erschrocken legte Reiner das Bild wieder zurück. Er wusste einfach nicht was er davon halten sollte, war das ein Scherz oder war das Ernst ?
Bei der Firma Claasen schleppten die Polizisten gerade Berge von Akten in ihre Fahrzeuge. Knut und Sepp, die Claasen Söhne, standen immer noch auf dem Hof und konnten sich die ganze Angelegenheit nicht erklären. Was hatte denn ihr Vater, ohne ihr Wissen, verbrochen? Da kam Oberwachtmeister Harmsen und fragte Knut:“ In einer Extraablage haben wir Hotelrechnungen von einem Hamburger Hotel für das Ehepaar Claasen gefunden. Können sie mir sagen ob das zu den Firmenunterlagen gehört?“ Knut ging damit zu seiner Mutter und fragte sie was sie denn mit Papa in Hamburg gemacht haben, sie hatten sich doch gar nicht abgemeldet. Maria Claasen wurde leichenblass, als sie die Rechnung sah und stammelte:“ Ich war sicher nie mit Papa in Hamburg!“
Auf dem Hof von Kohlbauer Hinrichsen sollten in den nächsten Tagen das nächste Feld abgeerntet werden. Das Wetter war gut geblieben und so war es ein idealer Tag. Der Bauer hatte wieder die gleichen polnischen Erntehelfer angefordert. Um sich zu informieren war der Vorarbeiter schon auf den Hof gekommen um den Einsatzplan zu besprechen. Der Bauer fragte ihn ob denn alle 5 Helfer wieder mitkämen und ob es die gleichen Männer sind. Ja, bis auf einen der sich etwas komisch benommen hätte, sollten alle wieder auf dem Hof erscheinen. „Wieso komisch?“ fragte Heinrich,“haben wir ihn verärgert oder hat er kein Geld bekommen?“ Nein er hat aber erzählt, dass er vor dem letzten Einsatz sich in der Nacht mit einem Unbekannten geprügelt hatte und nun Angst hätte diesen Mann wieder zu treffen“.“Aber man prügelt sich doch nicht so einfach,“sagte der Bauer,“das musste doch einen Grund haben!“ Der Helfer, Mirco hieß er, druckste etwas herum und erzählte,“Ich konnte nicht schlafen, bin aufgestanden und etwas auf der Straße herum gelaufen, da kam mir ein Mann entgegen, der war fürchterlich am schimpfen, schien betrunken zu sein und ist einfach über mich hergefallen und da musste ich mich doch wehren“. „Kanntest du denn Mann?“Fragte der Bauer,“ich zeige dir einmal ein Bild.“
Heinrich Hinrichsen holte eine Zeitung aus dem Haus, suchte das Bild vom Unternehmer Claasen und zeigte es dem Polen. „Ja, das war der Mann!“ und setzte etwas zögerlich hinzu,“glaube ich wenigstens“. „Der Mann schien fürchterlich ärgerlich zu sein, er lief dann in das Kohlfeld,stolperte ein paarmal und lief dann weiter und ich bin dann wieder zurück gegangen. Heinrich hielt ihm die Zeitung hin, zeigte auf einen Artikel und sagte,“der Mann ist tot aufgefunden worden, hast du etwas damit zu tun?“
Mirco, dem Erntehelfer war sichtlich unwohl und er sagte bestimmt:“ Ich haben nix damit zu tun, als Mann weglief hat er noch gelebt, bestimmt, ich gehen nach Polen, ich haben Angst!“ Da mischte sich der Bauer ein und sagte:“ Du bleibst hier und wir beiden gehen zur Polizei und klären das auf!“
Silke war wieder zum Dienst erschienen und fragte als erstes wie denn die Sache mit dem Herrn Claasen ausgegangen war. „Wie schon gesagt ist Claasen an einer Überanstrengung verstorben, also kein Mord aber woher die vielen Hämatome hatte ist immer noch ein Rätsel. Vielleicht lässt es sich nie klären“, sagte ihr Chef Walter Harmsen. Sie hatte ihre Trauer über den Tot ihres Geliebten immer noch nicht überwunden, sie konnte auch nicht darüber reden, auch wenn es ihr wie Steine auf der Seele lag. Ein Auto hielt vor der Wache und Bauer Hinrichsen kam mit einem seiner Erntehelfer in die Wache. „Wir wollen eine Meldung machen“, sagte Heinrich, mein polnischer Helfer hat etwas zu erzählen!“ Mirco druckste etwas herum, fing aber dann zu erzählen:“ Also, den toten Mann habe ich gemacht die blauen Flecke am Körper, er haben mich angegriffen und ich musste ihn dann verhauen, Ich nicht wissen warum, einfach nur so in der Nacht auf der Landstraße am Kohlfeld, ich das nicht wollen!“ Silke sammelte einen Vordruck aus dem Schreibtisch und wollte das Protokoll aufnehmen, doch der Pole war schon aus der Wache gelaufen, sprang blitzschnell in den Wagen von Hinrichsen und raste mit durchdrehenden Reifen los.
Rein äußerlich war auf dem Bauhof der Firma Claasen wieder Ruhe eingekehrt. Viele Unterlagen waren immer noch bei der Polizei oder beim Finanzamt. Die beiden neuen Chefs wollten erst einmal abwarten was bei der ganzen Sache herauskommen würde, die Auftragslage war ganz ordentlich und sie brauchten keine Leute zu entlassen. Maria ging völlig in schwarz und trauerte um ihren Mann. Sie hatte ihn immer wieder gebeten sich mehr zu schonen und kürzer zu treten denn die beiden Jungs hatten wirklich schon bewiesen, dass sie eine gute Nachfolger waren. Aber ihr war bis Heute schleierhaft was ihr Mann in der Nacht, ohne Auto auf der Landstraße beim Dorf Achterndiek zu suchen hatte.
Silke hatte sich durchgerungen reinen Tisch zu machen und Maria, mit der sie eigentlich befreundet war, die Wahrheit zu sagen. Für sie war das der einzige richtige Weg allen wieder ins Gesicht schauen können. Am Abend fuhr sie zu Maria die sehr erstaunt war, dass Silke so späht noch auf Besuch kam. „Komm rein!“ sagte sie zu Silke,“ magst du ein Glas Wein?“ fragte sie. „Nein Danke,“sagte Silke,“ich muss die etwas beichten.“ Am liebsten wäre sie jetzt wieder nach draußen gelaufen, aber irgendetwas in ihr erinnerte sie ehrlich zu sein.“ Maria,““sie schluckte trocken“,“ ich hatte ein Verhältnis mit deinem Mann, Am Tag seines Todes hatten wir uns getroffen und ich habe ihm gesagt das ich Schluss machen wollte, es ist ein Unrecht dir gegenüber so etwas zu machen“. Maria schluckte noch einmal und wollte was sagen, aber Silke fiel ihr gleich ins Wort. „ Wir waren in meinem Wagen unterwegs und Jürgen, der etwas getrunken hatte, war sehr, sehr wüten und hatte mir allerhand schlimme Dinge unterstellt, es kam so weit, dass er aus meinem Wagen sprang und einfach in die Nacht lief! “Ich war völlig durcheinander und bin dann nach Hause gefahren.
Maria war wie vom Donner gerührt, sie bekam keinen Ton heraus, schließlich kreischte sie fast:“ Raus hier, geh' mir aus den Augen, ich will dich nie wieder sehen!“ Augenblicklich brach sie in Tränen aus und warf sich förmlich auf das Sofa. Silke ließ den Kopf hängen, brach ebenfalls in Tränen aus und lief zu ihrem Wagen.
Nach der unerwartete Flucht des polnischen Erntehelfers Mirko Mickiwicz, wie er richtig hieß, hatte man von der Wache alle umliegenden Wachen über das Fluchtfahrzeug, ein auffallenden quitschgelben Wagen informiert und den Ausreißer auch 2 Orte weiter angehalten. Er ließ sich ohne weiteres festnehmen und wieder nach Melle bringen. Weil man in Melle keine Arrestzelle hatte wurde Mirco mit Handschellen einfach an einen Stuhl gefesselt. Oberwachtmeister Harmsen setzte sich ihm gegenüber und fragte:“ Was hast du denn die dabei gedacht, einfach abzuhauen ist doch keine Lösung und ich frage dich warum denn überhaupt du warst doch gar nicht in Verdacht etwas unrechtes zu tun!“ Mirco fragte kleinlaut:“ Darf ich rauchen hier ?“ „ Nein, auf keinen Fall, hier ist eine Nichtraucher Wache,“ sagte der Oberwachtmeister, „ hier wird nicht gequalmt, sage mir lieber warum du geflohen bist?“ Mirco druckste ein wenig herum und sagte:“ Ich dachte der Mann ist tot und da haben ich ihn in des Feld ein Stückchen rein getragen und einfach liegen gelassen,ich nicht wollen, dass Mann nicht überfahren wird, ich mich schämen!“ Wachtmeister Harmsen war erstaunt und meinte:“ Das ist doch höchstens so etwas wie Strafvereitelung oder unterlassene Hilfeleistung, aber das ist doch noch kein Mord!“ „ Hat er denn noch etwas gesagt?“,fragte der Polizist,“ Nee,nix!“ sagte Mirco,“ nur etwas gestöhnt!“ „Aha“, sagte der Oberwachtmeister,“ denn war er noch gar nicht tot? Ich verstehe das nicht, warum hast du denn keine Hilfe geholt?“Mirco,“ jetzt trotzig:“Ich sagen nix mehr, ich wollen nach Hause!“
Bei der Firma Claasen hat sich das Finanzamt gemeldet. Einige Unregelmäßigkeiten hatte man schon festgestellt aber die Schuld lag hauptsächlich beim Steuerberaterbüro. Gegen ein geringes Bußgeld wurde die Steuerschuld eingestellt und von der Firma nachgezahlt. Der Baupfusch stellte sich als eine normale Abnutzung heraus, einige ewig Unzufriedenen hatten übertrieben und aus einer Mücke einen Elefanten gemacht.
Claasens Leiche war frei gegeben und Heute sollte die Beerdigung sein. Maria und ihre beiden Söhne gingen hinter dem Sarg her und Maria konnte schon gar nicht mehr weinen.Trauer und die Enttäuschung mit ihrer Freundin Silke rüttelten doch sehr an ihrer Seele. Erstaunlich viele Leute aus den Ort waren erschienen um dem Unternehmer Claasen die letzte Ehre zu erweisen. Versteckt, hinter einem Baum stand Silke in Zivil und ihr war schwer uns Herz, nicht nur das sie einen Geliebten verloren hatte, nein auch noch eine Freundin. Sie wusste einfach nicht wie sie sich verhalten sollte. Da entdeckte sie den Reiner, ihren zukünftigen Kollegen. Reiner, dem es nicht vergönnt war den Fall des Toten im Kohlfeld zu lösen, wollte seine Kollegin Silke trösten. Er hatte mitbekommen, das ihr dieser Fall doch sehr nahe gegangen war. Warum, wusste er natürlich. Er tippte ihr von hinten auf die Schulter und war erstaunt, dass Silke ihm sofort um den Hals fiel und fürchterlich am weinen war.
Komm Reiner, lass' uns zusammen einen Kaffee trinken, ich bin richtig leer geweint. Reiner tat es nur zu gerne, war seine Verehrung für die Kollegin doch immer mehr geworden. Sie gingen in eines der Staßencafès und Silke, die ihren Kollegen auch sehr interessant fand, schüttete sie ihr Herz aus und sagte:“ Ich musste es einmal erzählen ich halte es sonst nicht aus, in ein paar Tagen weiß es sowieso die ganze Stadt, dass ich mit Jürgen Claasen zusammen war, jetzt ist es mir auch egal.“
Reiner war wie vom Donner gerührt, so eine Beichte hatte er nicht erwartet, Silke und Jürgen Claasen, das konnte ja nicht gut gehen. Silke ließ es zu, dass Reiner sie in den Arm nahm und ihr leicht über das Haar strich. „Lass und zusammen trauern, flüsterte er ihr ins Ohr, das Leben geht weiter, kommt Zeit, kommen auch neue Freunde!“ Wobei er sich in Gedanken in den Vordergrund stellte.“Bitte bringe mich nach Hause“,sagte sie und hatte so ein komisches kribbeln im Bauch,“ ich habe noch eine Flasche Rotwein im Hause!“
Man hatte doch tatsächlich den polnischen Erntehelfer Mirco Mickiewicz wegen unterlassener Hilfeleistung und Schlägerei angeklagt. Heute war nur die Verhandlung. Im Zuschauerraum saßen, weil ja involviert, Silke und ihr neuer Freund Reiner Fischer, der inzwischen als Polizist seinen Dienst in der Meler Wache machte, Bauer Heinrich Hinrichsen mit seinem Sohn Uwe und vor allen Maria, die inzwischen in eine Wohnung am anderen Ende der Stadt gezogen war und der inzwischen beförderte Kommissar Werner Harmsen.
Der Staatsanwalt sprach von versuchten Totschlag und der Verteidiger meinte wegen der Geringe der Tat Freispruch fordern zu können. Wie es eben in Gerichten so zugeht. Um es kurz zu machen, Mirco wurde zu einer Geldstrafe von 1000,00 ¤ verurteilt und ihm wurden die Kosten des Verfahrens aufgebürdet. Zu Silke sagte der Richter, sie als Polizistin sollte doch ihr Privatleben besser in den Griff bekommen, dann würde so etwas nicht passieren. Silke wurde tiefrot im Gesicht und drücke die Hand ihres Freundes Reiner das er aufstöhnte.
Draußen, vor dem Verhandlungsgebäude wartete Maria auf Silke. Sie ging auf sie zu und sagte:“Habt ihr Beiden heute Lust auf ein Glas Wein bei mir ?“
Silke war an diesem Abend glücklich wie nie zuvor!
Texte: Roland Rabenfroh
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Tag der Veröffentlichung: 11.02.2012
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Ich widme dieses Büchlein einer wundervollen Gegend die dafür sorgt, dass wir genug Gemüse im Lande haben