Beim Liebesspiel ist es wie beim Autofahren. Die Frauen mögen die Umleitung; die Männer die Abkürzung. (Jeanne Moreau)
Viele von euch kennen ihn noch nicht richtig, meinen Mann. Spontan, nicht immer, aber immer öfter, Autonarr, und sein Motto lautet: Bloß keine Zeit verlieren, die könnte man für etwas anderes gebrauchen. Ich liebe ihn trotzdem, obwohl ihr euch nach diesem Bericht fragen werdet: Was hat der Mann, was ich nicht habe? Es war ein schöner Sommertag und der Urlaub stand kurz vor der Tür. Mein Göttergatte:
»Eigentlich könnten wir mal wieder zusammen in den Urlaub fahren. Da habe ich Lust drauf. Wo könnte man denn mal hinfahren? Weißt du etwas?«
Ich: »Was hältst du vom Lago Maggiore?« Er: »Zeig mal die Karte.« Ich, ihm die Karte gebend: »Hier.« Er: »Oh auf dem Weg liegt ja auch der Rheinfall. Da war ich vor Jahren, aber die Bilder sind nicht so gut geworden.« Ich: »Da können wir ja auf unserem Wege zum Lago Maggiore stoppen.« Er: »Oh guck mal, gleich hinterm Lago Maggiore beginnt Italien. Und dann Frankreich. Ich wollte schon immer mal an die Côte d’Azur.«
Ich: »Meinst du nicht, jetzt wird es langsam genug? Wie viel Zeit hast du eigentlich eingeplant?« Er: »Eine Woche.« Ich: »Na, dann machen wir es so.« Der Urlaub fing also an. Wir wählten meinen Wagen, einen bequemen Golf mit Klimaanlage, es konnte ja warm werden im Süden.
1.Tag:
Um die Mittagszeit kamen wir am Rheinfall an. Wir parkten ca. 1 Km entfernt und wanderten zum Objekt seiner Fotografierbegierde. Ungefähr 40 Minuten und 350 Bilder später, es lebe die Digitalkamera, machten wir uns auf den Rückweg zum Auto.
Kurz vorm Brenner packte uns der Hunger und unsern Tank die Leere. An einer Tankstelle stillten wir unser aller Bedürfnisse, tankten den Wagen und füllten unsere Mägen mit Sandwiches. Dank eines Staus vor dem Tunnel benötigten wir länger als geplant zum Lago Maggiore.
Es war schon Abend, als wir dort ankamen und trotz der Dunkelheit war es ein wunderschöner Anblick. In Locarno fanden wir ein nettes Hotel direkt am See und hatten ein Zimmer mit Seeblick, das auch noch in unser Hotelbudget von 100 Euro am Tag passte. Wir aßen zu Abend, wanderten am See entlang und verbrachten den Rest des Abends auf unserem kleinen Balkon mit Seeblick, Kerzenlicht und Zigarettenqualm.
2.Tag:
Nach dem Frühstück sollte es gleich weitergehen. Einfach am Rande der Côte d'Azur entlangfahren, hatten wir uns vorgenommen aber der Opa der Geschäftsleitung empfahl uns einen anderen wunderschönen Flecken, noch in Italien gelegen, auf den mein Mann natürlich auch sofort ansprang. »Warum an der Riviera entlang, Porto Fino ist viel hübscher?«
Da wir genügend Zeit für den Trip eingeplant hatten, entschlossen wir uns bzw. er, das Örtchen nehmen wir gleich auch noch mit. Ab in den Golf und Richtung Porto Fino.
Man kann ja unterwegs ein Hotel suchen, war die Ansicht meines Hasen. Die vorherige Planung wurde umgeschmissen und los. Vorher aber noch ein letzter Blick über den See und dann ab nach Italien.
Bemerkung: Zwei Länder und ca. 500 Digitalfotos innerhalb von nicht einmal 24 Stunden erreicht.
Porto Fino ist wirklich ein wunderhübsches Städtchen, das ich aber leider nur aus dem Auto begutachten konnte bzw. durfte, da es aufgrund von Parkplatzproblemen nicht möglich war, dort einzukehren. Wir durchfuhren das komplette Städtchen, der Fahrer fotografierte im Vorbeifahren die Sehenswürdigkeiten, wendeten, fuhren zurück und weiter entlang der ehemals geplanten Tour.
Welch Wunder, meinem Mann fiel doch tatsächlich auf, dass wir Monaco kreuzten. Also auf ins Vergnügen. Gegen Mittag kamen wir in Monte Carlo an und fanden sofort einen Parkplatz. Wir erkundeten die Stadt ein bisschen. Welch Stolz in den Augen meines Mannes, als er auf dem Startplatz von Michael Schumacher stand und das Schwimmbad entdeckte, an dem die Formel 1 Boliden immer vorbeikommen. Natürlich musste ich ihn fotografieren, als er dort so ehrfürchtig auf der Nr. 1 stand. Noch schnell ein paar Schnappschüsse und weiter ging es. Er musste erst einmal Rennfahrer spielen und die F1 Strecke abfahren.
Im Anschluss weiter Richtung Frankreich. Wir fuhren die Küste entlang. Wegen eines Feiertages in Italien, Monaco und Frankreich gab es keine Parkplätze mehr an der Straße. Ergo beschloss mein Mann, wir fahren so lange, bis wir einen finden. Den fanden wir am Ende auch in San Remo, wo wir am Abend ankamen.
Niedliches kleines Hotel, alte Villa, sah von innen aus wie die Villa Kunterbunt. Um es vorwegzunehmen, das Frühstück war mies und ich werde nie die BH-lose und Trägerrunterrutschende Hotelwirtin vergessen, die rauchend im Frühstücksraum saß. Bemerkung: Bitte beachten: 4 Länder und ca. 1000 Digitalfotos innerhalb von 36 Stunden.
3.Tag:
Auf nach Frankreich hieß es nun, denn meinem Hasen war eingefallen, dass der Mann meiner Freundin noch einen guten Tipp gegeben hatte; die Camargue mit dem wunderschönen Örtchen Les Saintes-Maries-de-la-Mer, sowie die Provence mit den blühenden Lavendelsträuchern. Nun hielt ihn nichts mehr in San Remo. Ab ins Auto und Stoff gegeben. Immer an der Küste entlang, nichts kann schöner sein, als Autofahren.
Bei der Fahrt durch die Camargue entwich der erwartungsvolle Blick meines Mannes. Wo waren all die wundervollen Dinge, von denen Ulf so geschwärmt hatte, wo nur, wo? Na ja, wir waren noch nicht in SaintesMaries-de-la-Mer. Was nicht war, konnte ja noch kommen. Das Örtchen ist wirklich wunderschön und alt, aber leider im Sommer von Touristen überfüllt. An einem Sonntag kommen die Franzosen dazu.
Wir machten eine einstündige Rast und verließen dieses traumhafte Örtchen, um uns auf den Weg in die Provence zu machen. Gegen Abend kamen wir in Avignon an. Auch hier aufgrund eines Festivals keine Möglichkeiten, das Auto zu parken. Außerdem waren wir erschöpft. Wir suchten uns ein Hotel am Rande von Avignon. Es sollte unser erstes 5-Sterne Hotels sein und der Service war grandios, leider auch der Preis für das romantische Candle-Light-Dinner bei Grillenzirpen. Nicht zu vergessen, dass die Übernachtung unser Budget für Hotels um einiges sprengte, aber der Fahrer war müde und sein Fotografier-Zeigefinger tat weh.
Bemerkung: 5 Länder und eine volle 4 GB Speicherkarte in 54 Stunden.
4.Tag:
Nun waren wir nach Ansicht meines Mannes nicht mehr weit von Paris entfernt. Zu dieser Aussage braucht man nur mal einen Blick auf die Landkarte zuwerfen und man ist bestens informiert. Wir fuhren weiter gen Paris und erreichten die Stadt der Liebenden am frühen Nachmittag, nachdem mein Mann festgestellt hatte, dass in der Provence noch nicht die Zeit der Lavendelblüte war. Wie sollten wir es schaffen, alles zu besichtigen, was ich gern gesehen hätte? Diesmal liegt die Betonung auf ich. Diesen Wunsch wollte mein Mann mir erfüllen.
Wir fanden einen Parkplatz 200 Meter vom Eiffelturm entfernt. Ganz einfach, Geld hatten wir genug, also Paris per Taxi. Zuerst Eiffelturm, im Anschluss Louvre, danach Notre Dame und am Schluss Arc de Triomphe. Okay ich gestehe, auf dem Eiffelturm waren wir nicht, nachdem eine Anzeige uns angekündigt hatte, dass eine zweistündige Wartezeit vor uns liegen würde, aber auch von außen war er sehenswert und ein selbst fotografiertes Bild der Mona Lisa hatte mein Mann auch auf seiner Speicherkarte.
Am Arc de Triomphe beobachtete er den Kreisverkehr und sagte plötzlich: »Hoffentlich führt mich das Navi da nicht rein, aber ich weiß, wie es geht, voll beschleunigen, Augen zu und einfach rein, dann kann nichts passieren.«
Tja, was soll ich sagen, natürlich geleitete uns das Navi auf die Champs-Élysées, direkt in den Kreisverkehr und um diesen fast rum. Mein Mann meisterte die Situation ohne Probleme, dank seiner schnellen Auffassungsgabe schien er das System durchschaut zu haben. Mittlerweile war es halb Acht und Damian meinte, wir suchen uns ein Hotel außerhalb von Paris, da ist es billiger und außerdem sei er noch nicht zu müde zum Fahren. Er wurde auch nicht müde. Ich kann noch, jetzt ist es zu spät und wir versuchen es irgendwo anders, waren seine Standardbemerkungen auf meine Frage nach einem Hotel. Irgendwann schlief ich ein und erwachte erst wieder in Belgien.
»Ich habe mir überlegt, dass ich gerne einmal das Atomium bei Nacht fotografieren möchte«, hörte ich kurze Zeit später von meinem Mann.« Warum auch nicht. Nach einigen Tausend Kilometern war mir mittlerweile fast alles egal. Unter Aufsicht der Polizei, die wohl nicht glauben konnte, dass es Verrückte der Art meines Mannes gab und uns für Kriminelle hielt, setzte er seinen Plan in die Tat um und fotografierte das Atomium bei strömendem Regen und Nacht.
Von Belgien ging es dann in die Niederlande und von dort aus über Bremen nach Hamburg. Ich vergaß zu erwähnen, mit einem kleinen Zwischenstopp bei seinem Autotuner, liegt ja auf dem Weg. Gegen Elf erreichten wir müde aber zufrieden unser Ziel und hatten unsere Europarundreise beendet
Cover: Bedanke dich bei Manuel-H Pixabay
Tag der Veröffentlichung: 08.01.2024
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