Die üblichen Suchtmittel verschmähe ich, beziehungsweise, zu denen kenne ich keine Sucht. Ich rauche nicht, ich trinke nicht, ich esse keine Chips und keine Süßigkeiten, nur bei Eis werde ich schon mal schwach. Eis geht immer.
Die einzigen Dinge, nach denen ich süchtig bin, sind Nordseekrabben und Männer die nach Cool-Water von Davidoff riechen. Bei Letzterem passieren komische Dinge, wenn ein so betankter Mann an mir vorbeigeht und der Geruch mir in die Nase zieht. In dem Moment beginnen mein Körper und seine Innereien zu reagieren. Ich sauge den Geruch ein, mein Gehirn schaltet auf irgendeinen weiblichen Notstand, die Alarmglocken da oben setzen aus, hört auf zu denken und hat nur noch einen höher gestellten Gedanken, wie mir scheint, >DEN MUSS ICH HABEN<: Sofort setzen sich meine Füße in Bewegung. Wie ferngesteuert trotte ich, wie künstliche Nichtintelligenz, hinter ihm her. Dieses, wohl umgeleitete, Grundverhalten eines norddeutschen Frauenkörpers hat schon zu so mancher witzigen Situation im Freundes- und Bekanntenkreis geführt. Da ist auch das Beuteschema egal, der riecht gut, das ist meiner.
Gegenstände, Lebensmittel, Tiere, nach dem ich süchtig bin, sind Nordseekrabben. Da könnte ich zur Mörderin werden. Ihr könnt mir Scampi, Shrimps, Südseekrabben vorsetzten, es wird nichts passieren. Ich werde sie verschmähen, bzw. höflich nur mal eine probieren, doch dann werden die gepullten Nordseekrabben vor mich gestellt, dieses rosafarbene feste Fleisch. Am besten noch, die ganz frischen, am Morgen aus der Nordsee gezogen.
Ich setze mich an den Tisch, benehme mich noch normal, sehe diese kleinen Meerestiere und starte mir der Verteidigung meiner Mahlzeit. Die Schale wird an meinen Essplatz gezogen. Der wirre Blick schweift umher, ist da ein Gegner, der mir die Mahlzeit abspenstig machen will? Wenn ja, kommt die Gabel in Stechhaltung, man muss zustechen können, wenn ein Lebensmitteldieb in die Nähe kommt. Die Augen feuern Blitze ab, der Hass spricht aus ihnen. Der Hass auf vermeintliche Gegner um das leibliche Wohl, das Messer im Anschlag, wartend auf den Beginn der Mahlzeit. Es herrscht absolutes Aufnahmeverbot von Krabbensalat, bis die Königin sich die erste Scheibe Brot damit belegt hat. Jeder weiß und respektiert es. Es kann dann auch schon mal einen Schlag auf die Hand geben, verbunden mit den Worten, >Hand ab<. Alter Familieninsider.
Die Liebe zum Krabbensalat liegt bestimmt in meiner Kindheit. Ich bin früher, mit meiner kleinen Schwester, mit einem Catcher und einen Sandeimer befüllt mit Seewasser, in die Ostsee gegangen und habe dort Ostseekrabben gecatcht. Meine Mutter hat diese frischen Krabben in einem Topf mit heißem Wasser zubereitet und abends hat die Familie im Zelt gemeinsam Krabben auf Brot gegessen. Eine Mahlzeit, die auch meine Schwester einmal mochte. Die, die sonst fast alles verschmähte.
Tag der Veröffentlichung: 14.10.2023
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