Vor fast zwei Jahrzehnten kam er auf die Welt. Geboren in einem Stall, geboren inmitten eines Haufens von Geschwistern. Dreifarbig, schwarz-weiß-braun, eines Teils keck und vorwitzig anderen Teils menschenscheu. Die ersten zwölf Wochen seines Katzenlebens wuchs er auf einem Bauernhof auf, inmitten von Schweinemist und Dung. Gefressen wurde, was abfiel oder von ihm persönlich erlegt wurde. Die Kinder der Bauernfamilie nannten ihn Mops und mit diesem Namen kam er zu uns. Eines Tages besuchte mein Mann seinen alten Kumpel auf dem Bauernhof, dabei lief ihm dieses Ungetüm von Kater über dem Weg. Wir nannten ihn später oft auch Kampfkater oder Atomkatze. Er war riesig, so riesig, dass man glauben konnte, da stecke noch eine Großkatze mit drin, wie Löwe, Panther oder irgend so etwas. Mein Mann und Mops freundeten sich sofort an. „Wenn wir nicht den Rudi hätten, würde ich den Kleinen hier sofort mitnehmen.
Lange Rede, kurzer Sinn, vier Wochen später verstarb Rudi, plötzlich und unerwartet an einer Rattengift-Vergiftung. Qualvoll ging er von uns. Meine Tochter und ich weinten ununterbrochen. Er war der kleine Star unserer Familie, meinem Mann fiel sofort etwas ein.
Er fuhr zum Bauernhof. Sie suchten Mops fast eine Stunde lang, fanden ihn unter Stroh versteckt, mit einer Maus im Mund. Mein Mann hob ihn auf, steckte ihn in seine Jackentasche, setzte sich in den Wagen, startete den Motor und fuhr los. Mops machte sich auf den Weg zu uns. Keine fünf Minuten unterwegs, kletterte er aus der Tasche heraus und auf das Lenkrad. Mit den Hinterbeinen stand er auf dem Lenkkranz mit den Vorderfüßen auf dem Lenkrad und schaute bei 200 Stundenkilometer frohen Mutes nach vorn, ein verwegener Kater halt.
Als es bei mir zu Hause klingelte und ich die Tür öffnete, schauten mich als Erstes zwei kleine verschmitzte Augen aus dem Aufschlag einer Jacke an. Die Liebe erblühte sofort.
Das erste Exemplar der Gattung Katze, unser Rudi, rührte keine menschlichen Lebensmittel an. Da konnte man alles auf dem Tisch liegen lassen, ob Wurst, Käse oder Brot. Anders Mops. Als Bauernhofkater war es ihm egal, von wem das Essen kam, Hauptsache es war etwas zu essen. Ich werde nur einmal drei Beispiele seiner Fressgier zum Besten geben.
Ich war einkaufen, ein Harry Brot Korn an Korn Vollkornbrot, zwei Rücker Alt-Mecklenburger Käse, eine Dose Corned-Beef und zwei Flaschen Cola-Light. Ich stellte die Tüte in die Küche auf den Boden. Es klingelte, wir bekamen Besuch und ich hatte die Tüte vergessen. Am nächsten Morgen 4:30 aufstehen. Wir fingen beide um 6:00 an zu arbeiten. Ich wollte meinem Mann ein paar Scheiben Brot zum Mitnehmen machen. Da fiel mir die Tüte ein. Ich warf einen Blick drauf, wieso lag die so umgeknickt da in der Ecke und bei der Gelegenheit, wieso war der Kater nicht da und stand vor seinem Fressnapf? Ich ging ins Wohnzimmer, er schlief seelenruhig auf dem Sofa. Dann zurück in die Küche, das Brot aus der Tüte holen, aber was war das. Wieso so leicht? Ich zog es heraus und dann sah ich den Schaden. Das halbe Schwarzbrot war weggefressen. Plastikverpackung aufgerissen und er hatte sich durchgefressen. Wir hatten mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass ein Kater 250 Gramm Vollkornbrot verputzt. Gut dass er eine Katzenklappe hatte, dadurch war es ihm möglich, auf seine Serviceplattform zu eilen, extra von meinem Mann angelegt, damit der geliebte Mops besser aus dem Gartenteich trinken konnte.
Dies war nicht das einzige Mal, dass uns das Tier einen Schrecken versetzte und die Plattform ihm das Leben rettete. Einige Zeit später sassen wir abends beim Fernsehen und naschten ein paar NicNacs, diese Erdnüsse mit der salzig knusprigen Kruste drum herum. Als wir ins Bett gingen, verschlossen wir die Tüte mit einem Clip, diese Platikclips, die immer wiederverwendbar sind und versteckten sie unter einem Sofakissen. Nicht fragen, warum wir sie nicht in einen Schrank packten, hätte aber auch keinen Einfluss auf unsere Fressmachine gehabt.
Am nächsten Morgen, es war noch dunkel, ich hatte Durst, ging ich ins Wohnzimmer. Ich trat auf etwas, haute mir etwas in die Fußsohle und das nicht nur einmal. Ich tastete mich zum Lichtschalter. Das grelle Licht flammte auf und ich sah das Desaster. Lauter NicNacs auf dem Fußboden oder sollte ich besser sagen, lauter Erdnüsse, denn Ähnlichkeiten mit NicNacs waren nicht mehr vorhanden. Mops hatte die Packung aufgerissen, die Kruste säuberlich von jeder Erdnuss abgefressen und die Reste auf dem Wohnzimmerteppich verteilt. Ich rief den Garten, keine Antwort. Ich öffnete die Terrassentür und machte das Gartenlicht an, da lag er, auf seiner Servicestation und trank. Er hatte den ganzen Tag über Durst.
Schrecken in der Morgenstunde konnte, nur, er uns versetzten. Eines Morgens komme ich nach unten, der Kater lethargisch auf dem Fußboden. Wir untersuchten ihn und entdeckten Reifenspuren auf seinem Fell. Ich ihn mir sofort geschnappt und ab zum Tierarzt. Drei Tage Krankenhaus und dann durfte er nach Hause. Er musste auf einem Autoreifen geschlafen haben und hatte Glück im Unglück, als dieser losfuhr und der Kater sich noch retten konnte.
Und last but not least, eine weitere Fressmachine Episode. Wieder kam ich morgens nach unten, der Kater blutete aus dem Mund, miaute und sah schrecklich aus. Es war Sonntag, wir zum Nottierarzt. Sie machten Röntgenbilder und stellten einen schweren Kieferbruch fest. Man fragte uns, ob man das operieren solle oder einschläfern. Natürlich entschieden wir uns für die OP, egal wie teuer. Eine Chance bestand, dass er überlebt. »Wenn er aber morgen früh nicht vom Löffel isst, dann müssen wir ihn einschläfern, dann hilft das nichts.« Mein Mann ganz zuversichtlich, »der wird fressen, sein Name ist nicht umsonst Fressmachine.«
Am nächsten Morgen rief der Tierarzt an, wir könnten den Kater abholen. Wir hätten recht gehabt. Es kam zur Futterausgabe und wer stand zuerst am Löffel, Fressmachine.
Wir mussten ihn dann auch vor drei Jahren einschläfern lassen, an einem Morgen zwei Tage vor Sylvester. Arthrose, er konnte nicht mehr laufen und quälte sich nur noch, das war dann der größte Schrecken am Morgen für uns.
Tag der Veröffentlichung: 12.08.2023
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