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Ich wachte auf und wusste, heute ist der große Tag. Heute werden andere meine Zukunft entscheiden. Ich weckte behutsam meine Frau >> Guten Morgen, Liebling! Wie geht es dir denn heute?<< Meine Euphorie konnte meine Frau gar nicht überhören, doch sie sprach matt: >> Morgen, Schatz. << Ich versuchte, sie mit meiner Freude auf den Tag anzustecken und entschied mich, aus dem Bett zu steigen und ihr Frühstück ans Bett zu bringen. Gesagt, getan. Ich ging aus dem Schlafzimmer und rief durch die Räume >> Die Freude hat dich umstellt, du solltest dringend konvertieren! << Nun ja, Humor war nicht unbedingt meine Stärke. Ich redete mir Mut zu, man könne doch beim Frühstück keine großen Fehler machen. Meine Frau war jedoch anderer Meinung, nachdem ich ihr Frühstück machte. Es schien trotzdem, sie würde meine Arbeit schätzen und bedankte sich. Dann setzte ich mich auf mein Bett und realisierte plötzlich, dass ich auf dem Sofa saß. Ich sah mich um und sprach >> Na Rita, wie geht’s dir denn << >> Wie geht bei mir was? <<, fragte sie. Meine Frau war also wohlauf.
Ich begab mich nach draußen, um Briefe zur Nachrichtenversendeanstalt, die seit der Friedensrevolution die Post abgelöst hatte, zu überbringen.
Ich warf die Briefe in den Briefkasten, blieb stehen und dachte darüber nach, was bisher geschah und was noch alles passieren könnte. Geboren vor 41 Jahren und aufgewachsen in der beschaulichen Kleinstadt Kanei, lernte ich schnell das System der Wissenspolitik kennen, eine Mischung aus Demokratie, Monarchie und Diktatur. Die 10 Politiker die am längsten im Parlament sind, erklären einen Diktator auf Lebenszeit, sofern nicht vom Casir, der in der Friedensrevolution den König ablöste, ein Misstrauensvotum berufen wird. Das Dreigestirn kann jeweils selbst Gesetze vorschlagen, die von 2 der 3 Staatschefs akzeptiert werden müssen. Das Interesse daran ließ mich nicht mehr los.
Mit 24 begann ich mit Studium im Rücken mich mit den Parteien zu befassen. Von den fünf Parlamentsparteien war ich unbeeindruckt. Ich suchte weiter und stieß auf das STAAT, das Sichere Toleranzalternative Anzuna Team. Eine Partei, die Anzuna stabil und tolerant auf langfristige Zeit leiten wollte. Mit 26 trat ich bei und gründete in Kanei schnell eine eigene Gruppe mit STAAT-Mitgliedern. Als ich 29 war, wurde in Kanei, Leain, Unaf, Zarken und Wenissa ein eigenes Regionalparlament zum Regionalcasir und Regionaldiktator gewählt. Tatsächlich schafften wir es als erster Teil des STAAT in ein Parlament und die Leitung wurde schnell aufmerksam auf mich. Auch wenn wir nur eine kleine Nebenrolle hatten, war die Resonanz groß. Mit 32 heiratete ich dann Rita, die ich im Studium kennengelernt hatte. Die nächsten beiden Wahlen waren für uns ein Riesenerfolg und so wurde ich mit 39, direkt nach der zweiten Wahl in den Vorstand der STAAT einberufen und auf die Staatswahlen von Anzuna vorbereitet.
Heute ist der Große Wahltag. Wenn wir es wirklich in das Parlament schaffen werden, dann werde ich Fraktionschef. Die Ziele des STAAT werden gesehen und wir gewinnen an Zustimmung. Ich werde vielleicht mit der STAAT in die Regierung kommen und…
immer noch stehe ich neben der Nachrichtenvermittlungsanstalt und vor mir nun Garnik Johadda, der Fraktionsvorsitzende der STAAT in unserer Region und Mitbegründer der STAAT in Kanei. Ich grüßte ihn und wir unterhielten uns über die Wahl. >> Die viereinhalb Prozent werdet ihr kriegen. Du bist unser Star! << begann Garnik, >> Sieht doch echt gut aus. Komm lass uns wählen gehen. << Ich hatte zwar eigentlich vor mit Rita zu gehen, sah es aber als gute Möglichkeit mich zu meinen Parteifreunden zu gesellen. Ich entschied mich dafür, nach Hause zu gehen und dann mit meiner Frau zur Parteizentrale. Die Wahl glich einem Fest. Einen Zettel in einen Kasten zu werfen und dann dafür Applaus bekommen, dass ist, würde ein Kritiker sagen, eine Darstellung der Intelligenz der Menschen.
Die Intelligenz des Menschen ist eine sehr interessante Sache über die ich wohl 1000 Seiten schreiben könnte, beginnend damit, womit ich bei jedem anderen Menschen als verrückt gelten würde, was mich wiederum darin bestätigte. Darin, damit meine ich, dass ich glaube, dass die Menschen nicht einmal einen Ansatz von Intelligenz haben. Als Beweis könnte ich so viel sagen, aber ein ziemlich einfacher Beweis ist, wenn man nur bedenkt, was der Mensch eigenständig geleistet hat. Er hat exakt nichts geleistet. Der Mensch ist allein ein schlechter Nachmacher. Schon in der Steinzeit hat der Mensch nichts anderes getan als nachmachen. Das Rad, beispielsweise, nutzten schon immer Gürteltiere und Igel. Als einfaches Beispiel für schlechtes Nachmachen kann man das Flugzeug nennen. Andere Lebewesen fliegen selbstständig und die, die nicht fliegen, sind trotzdem zufrieden. Der Mensch hingegen muss einen Koloss bauen, der tödlich ist, die Natur verpestet und zu allem Überfluss auch noch anderen Lebewesen ihren Raum nimmt und tötet. Man könnte sagen, der Mensch ist nicht nur dumm, sondern auch überflüssig. Die Menschheit ist sozusagen der Müll der Erde. Wichtig ist es nur, die Menschheit zu vernichten, um das Leben der Lebewesen zu erhalten und die Erde zu einem wahren, menschenlosen Paradies zu machen. Aber dies den Menschen beizubringen ist eine Kunst, die selbst verschiedene Propheten und Denker nicht hinkriegen, wie soll dann nur ich es klar machen?
Wenn ich die Chance hätte, würde ich es jedem klar machen, aber die Gelegenheit hatte ich bisher nicht und daher fixierte ich mich vorerst auf die Wahl. Ich ging also nach der Wahl mit meiner Frau nach Hause und ich sah etwas fern. Überall berichtete man über die Wahl, über die Regierungsparteien, aber nicht ein einziges Mal wurde das STAAT erwähnt. Deprimierend war es nicht. Ich hatte nichts anderes erwartet, aber als die “kleinen” Parteien genannt wurden, wurden das STAAT nur als Beispiel dieser Parteien und ihr ewiger Kampf um eine Fraktion im Parlament, die sie eh nicht bekommen werden, erwähnt. Es enttäuschte mich, das alle Bemühungen verniedlicht wurden. Ich wollte es ihnen zeigen.
Kurz vor Schließung der Wahlurnen ging ich zu meinem Wahllokal, setzte mich und wartete auf den Moment, an denen die Wahlurnen geschlossen werden. Ich ging zu jedem Wahlhelfer hin und bedankte mich für ihre Arbeit, die sie für Anzuna und ihre Bürger taten. Ich ging in alle 21 Wahllokale in Kanei und bedankte mich. Alle Wahlhelfer waren erstaunt und glücklich, nicht einer konnte mir sagen, wann ein Politiker dies getan hat. Inzwischen hoffte ich darauf, dass das STAAT nicht in das Parlament kommt, denn ich wusste, dass die Parteien, die im Parlament sind, nur noch an sich denken, und dabei Anzuna vergessen. Als ich mich in der Parteizentrale einfand kam gerade die erste Hochrechnung.
Es war wie immer. Die Friedensrevolutionären waren deutlich die Stärksten, die Sozialen liegen knapp hinter den Neuintelligenten und die Liberalen knapp vor den Radikalen. Die Friedensrevolutionären und die Liberalen haben eine klare Mehrheit und der Fraktionsvorsitzender der Friedensrevolutionären wird zum zwölften mal die selbe Regierung stellen. Dann kam das STAAT. Alle hofften auf den Einzug, nur ich nicht. Ich sagte es nicht, machte es aber durch Desinteresse deutlich. Die erste Hochrechnung ergab 4%. Die erste Enttäuschung war groß, Ganik aber hat, was eine seiner größten Fähigkeiten war, schnell die Euphorie zurückgebracht. Die erste Hochrechnung konnte sich vom Endergebnis weit unterscheiden. Ich steigerte die Euphorie ebenso alleine mit der Tatsache, dass ich mich freute, den Grund meiner Freude, dass wir nicht sicher drin waren, wusste keiner.
Diese Freude konnte ich nicht einfach ignorieren. Hoffnung und Freude füllten den Raum in dem Maß, dass ich das, was ich als Ziel gehabt hatte, was das Gegenteil meines ursprünglichen Zieles war, nicht mehr mein Ziel war. Ich vergas alle Kritik gegenüber der Demokratie und des Parlamentes. Es war mir plötzlich sogar egal, was der Mensch in Wirklichkeit ist. Ich wollte ins Parlament. Dieses Ziel bildete einen derartigen Tunnelblick, dass ich nicht mitbekommen hätte, wenn das Haus brenne. Die nächste Hochrechnung: 4,2% Nun war ich mir sicher, das STAAT wird Partei im Parlament, obwohl laut neuester Hochrechnung 0,3% fehlten. Die Erfahrung sagte mir, die erste Hochrechnung ist eine Schätzung. Je nach dem wie nah diese an der Realität ist, ist in der zweiten Hochrechnung die Richtung klar und 0,2% sind ein klares Zeichen, dass das Endergebnis an die 5% kommen werde.
Ich wartete noch Hochrechnung 3 ab und sah mit Entsetzen, dass das STAAT stagnierte. Ungläubig knallte ich auf den Boden der Tatsachen auf. Sollte ich mich geirrt haben? Sollte ich tatsächlich mein Leben verschwendet haben? - Ja gut, ich bin ein Mensch, aber ich meine diese Frage rein menschlich - Ich zweifelte an mir und die Euphorie erlosch vor der Wahrheit. Demokratie ist nichts anderes als Verachtung und Unterdrückung von Minderheiten. Demokratie ist nicht etwa die ultimative Staatsform, sondern ein weiterer Beweis wie Menschen andere Staatformen miserabel kopieren. Vor Jahren sprach ein Freund und Gleichdenkender zu mir:,, Das was der Mensch kopiert, ist nicht ansatzweise so viel wert, wie für einen Elefant ein Gramm Gewicht wichtig ist.” Natürlich konnte dies nur ein Mensch sagen. 40 Minuten nach der dritten Hochrechnung kam die vierte. Alle guckten auf die Tafel und das Ergebnis des STAAT. Mein:,, NEIN!” wurde durch unbändigen Jubel erstickt. 4,8% nach 75% aller Stimmen.
Ich ging zu Ganik, der Metropole der Freude war. >> Wir müssen reden. << Ganik nickte nur und folgte mir. Auf den Weg in ein Besprechungszimmer sammelten wir noch mehrere wichtige Persönlichkeiten des STAAT ein. Im Saal sprach ich dann offen über das Ergebnis >> Werte Parteifreunde, wir haben es geschafft. Wir sind im Parlament und haben unser Ziel erreicht. Natürlich ist es ein Riesenerfolg, der gebührend gefeiert gehört, jedoch muss ich mit ihnen ernsthaft über unsere Zukunft in Anzuna und der Region um Kanei reden. Diese Region ist unsere einzige Hochburg und es muss unser Ziel sein, diese Region als unsere Region zu behalten. Daher ist es wichtiger Kanei und Umgebung zu halten, als sich im Parlament zu befinden. Aus diesem Grund muss ich ihnen leider mitteilen, dass ich nicht für das STAAT in Anzuna zur Verfügung stehe. Ich werde mich weiterhin als Fraktionsvorsitzender der genannten Region für das STAAT einsetzen. << Ich sah in erstaunte, ratlose und verwirrte Gesichter. Keiner, weder Ganik, Parteichefin Zukalla Erukandi, Generalsekretär Jaksan Tunefadi noch ein anderer Anwesender sprachen. Ich sah mich daher gezwungen weiterzureden, obwohl ich selbst erstaunt war, denn eigentlich war ich nicht unbedingt der Mensch, - wie ich dieses Wort langsam lernte zu hassen, ist schon etwas angsteinflößend - der gut reden kann. >> Als Vertreter meines eigentlichen Posten als Fraktionsvorsitzender würde ich gerne Ganik Johadda, den Fähigsten, Intelligentesten, Weisesten und Rednerstärksten Menschen, den ich je kennengelernt habe, vorschlagen. << Dieser Satz schlug bei Ganik ein wie ein Hammer auf einen Amboß. Es begannen ein paar Zuhörer zu klatschen, welches sich schnell im Raum verbreitete. Die Parteichefin stand auf und sprach: >> Sofern keiner ein Veto einlegen will, nehme ich ihren Vorschlag an. << Keiner hatte etwas dagegen und so ging nach kurzen Debatten die Gruppe auseinander.
Inzwischen war Hochrechnung 6 gekommen die mit 5,2% einen klaren Einzug in das Parlament darstellte. Ich ging gemeinsam mit Ganik, Zukulla und Jaksan auf ein Podium, von den wir sprechen wollten. Ich begann bescheiden >> Liebe Parteifreunde und Parteifreundinnen, wir haben, wie man so schön sagt, die Wahl gewonnen. 5,2% aktuell zeigen klar, das das STAAT von den Bürgern in ganz Anzuna gefunden und als richtig gesehen wird. Wir ziehen ins Parlament ein, jedoch <<, ich pausierte kurz. >> jedoch werde ich nicht im Parlament von Anzuna sein. Statt mir übernimmt Ganik Johadda diese ehrvolle Aufgabe. Für weitere Fragen stehe ich in einer baldigen Pressekonferenz zu Verfügung. << Applaus regte sich und es schien, als ob man Ganik als Vertretung akzeptabel fand.
Ich ging von der Bühne und dachte über das nach, was ich getan hatte. Ich hatte eigenständig meinen Traum weggestoßen, aus dem Grund, dass das Gebiet von Kanei mir wichtiger war? Nein. Weil ich das Parlament von Anzuna verachte, da es nicht mehr die Bürger zentriert. Ich wollte nicht Teil von dem sein, was ich hasste. Auf einmal musste ich schmunzeln. Ich hatte Ganik als intelligenten Menschen bezeichnet. Es ist nicht leicht viel zu sagen, ohne dabei den Menschen zu “verklugen”.
Sich selbst als Mensch zu sehen ist eine Herausforderung, die fast so schwer ist, wie jemanden von dieser Wahrheit zu überzeugen. Die Wahrheit ist zusätzlich so schwer zu verstehen und verständlich zu machen, da niemand die wahre Wahrheit wissen will, weil, obwohl er weiß, dass sie nicht wahr ist, die falsche Wahrheit viel angenehmer ist. Wahr ist nur das, was der Mensch für wahr hält und damit ist nur das wahr, was die dümmsten Lebewesen der Erde verstehen. Die Sicht des Menschen ist menschlich, wie man unschwer erkennen könnte, wäre man selbst kein Mensch.
Die meisten Menschen haben inzwischen die Parteizentrale verlassen und ich halte mich immer noch stehend an der Seite auf und verstand, wie automatisiert die Menschheit sich verhält, wie weit die Wahrheit von der wahren Wahrheit entfernt ist. Alleine in den Interessen gibt es Welten. In Anzuna beispielsweise ist jeder in Medien wie Bildüberträger oder Arbeitsrechner interessiert. In Kle Janfu, einem recht großen Staat an der Ostseite unseres Kontinents, geht es einzig und allein um Essen und Trinken. Das Schlimme ist, dass die Wahrheit die Menschheit selbst dann verherrlicht, wenn die Menschen sich selbst gegenseitig aufhetzen. Beispielsweise ist in einer Familie ein Streitpunkt, wie viel der Sohn mithilft. Die Wahrheit des Sohnes sieht so aus, dass er gelernt hat und so nicht mithelfen konnte, während die Wahrheit der Eltern so aussieht, dass der Sohn die gesamte Zeit keine Lust hat und deswegen nicht mithelfen wollte und so der Vater fast alles allein machen musste. Aus der Sicht der Eltern ist zwar der Sohn nicht derart verherrlicht, aber dafür der Vater umso höher. Die wahre Wahrheit ist jedoch, dass der Sohn etwas gelernt hat, aber auch wenig mithilft, weil er keine Lust hat. Diese Wahrheit widerspricht jedoch den beiden falschen Wahrheiten, und verherrlicht auch den Menschen und die Menschheit kaum bis gar nicht.
Mitten im Gedanken über der wahren Wahrheit stieß ein Reporter zu mir und wollte mich interviewen. Ich willigte ein und er begann zu fragen >> Zuerst einmal herzlichen Glückwunsch zu 5,3% und somit den Einzug in das Parlament. Wie schwer und wie wichtig ist dieser Erfolg für sie und für das STAAT? << >>Danke zuerst einmal. Natürlich ist es ein Riesenerfolg für mich und vor allem für das STAAT, mit 5,3% haben wir nicht nur den Einzug sondern auch ein gutes Polster. Das STAAT kann seine Ziele nun veröffentlichen und mehr und mehr an Zustimmung gewinnen. Es war zwar sehr harte und lange Arbeit, die sich jetzt aber gelohnt hat. Für mich ist es aber vor allem eine Bestätigung und Versicherung, dass ich mit der Partei die Ziele und die wahre Wahrheit verdeutlichen kann. << Obwohl der Reporter in seiner nächsten Frage den Kern des Interviews befragen wollte, stutzte er und fragte spontan >> Die wahre Wahrheit? Bedeutet dass, das es eine falsche Wahrheit gibt? <<
>> Durchaus habe ich dazu eine feste Meinung, diese werden sie jedoch in einer Pressekonferenz in der nächsten Zeit erfahren. Zu dieser sind sie natürlich herzlich eingeladen.<<, sprach ich völlig von der Frage überrascht. dachte aber, dass ich die Frage durchaus gut gemeistert habe. Der Reporter gab sich damit zufrieden und fragte, warum ich zurückgetreten war. Ich erklärte ihm dass ich dies auf der Pressekonferenz erläutern werde, aber versichern könne dass es keine innerparteilichen Probleme waren und dass Garnik Johadda von mir vorgeschlagen wurde und mein Rücktritt im Einverständnis mit dem Vorstand stattfand. Mir war klar, wie gefährlich und wie wichtig diese Pressekonferenz sein konnte und entschied mich nach Hause zu gehen und mich gedanklich vorzubereiten.
Als ich Zuhause ankam schlief meine Frau bereits und da ich mich schon auf den Weg nach Hause derart in die kommende Pressekonferenz reingesteigert habe, dass ich zweimal über eine rote Ampel lief, legte ich mich auch direkt in mein Bett und schlief übermüdet ein.

Die Gedanken, die ich seit Ewigen hatte, könnte ich heute endlich sagen. Der erste Schritt mein Ziel zu erreichen, könnte diese Pressekonferenz sein und für immer mein Leben als Menschen verfolgen. Voller Hoffnung und Angst begab ich mich in Richtung Parteizentrale, nachdem der Vormittag völlig schief ging.
Ich wachte unsanft auf, als ich aus dem Bett fiel. Aufgestanden begab ich mich in die Küche, wo mich meine Frau mental aufbaute und mir ihr Vertrauen aussprach. Ich vertraute ihr blind, was mich an diesem Morgen dazu führte, den noch heißen Kaffee nicht zu trinken, sondern über meine Hose zu schütten und schmerzvoll aufzuschreien. Mit neuer Hose schaffte ich es dann, das Frühstück erfolgreich abzuschließen. Der Morgen blieb weiterhin euphorisierend, was mich vor der Pressekonferenz doch verängstigte.
In der Parteizentrale angekommen, fand ich große Unterstützung für meine Tat, obwohl es unübersehbar war, dass es große Unklarheit über die Gründe gab. Ich ging in das Vorstandsbüro, wo mein Freund Garnik, Generalsekretär Jaksan und Parteipräsidentin Zukulla sich unterhielten. Wir vier wollten gemeinsam vor der Pressekonferenz als geschlossenes Team auftreten. Während Garnik und Zukulla freundschaftlich und zustimmend auftraten, war Jaksan leichte Skepsis anzumerken. Sicher und selbstbewusst gingen wir langsam in Richtung des Pressekonferenzraumes. Mir war bewusst, das die Pressekonferenz sich auf meinen Rücktritt zentrieren wird, war aber dankbar und froh, dass meine Parteifreunde mich nicht alleine ließen.
Ich setzte mich auf meinen Platz zwischen Zukulla und Garnik und wartete auf die erste Frage. Ausgerechnet der Reporter von gestern erhielt die erste Frage, welche zu meiner Überraschung Zukulla und Jaksan über ihre Zufriedenheit über das Wahlergebnis befragte. Es erschien mir jedoch eher wie eine Formalität als wie eine ernst gemeinte Frage. Der nächste Reporter, der für die hoch angesehen Landeszeitung ,“Anzunas freie Zeitung” arbeitete, befragte mich direkt, weshalb ich zurückgetreten sei, und was mein gestriges Statement bedeuten solle. Ich wusste genau, dass er meine Meinung über die wahre Wahrheit wissen wollte. Ich antwortete >> Um bei der wahren Wahrheit zu bleiben, müssen sie wissen, dass ich in meinem Denken völlig anders denke als die meisten oder alle. Dieses Denken beinhaltet auch eine andere Meinung über die Wahrheit und genau so muss man es auch verstehen. << - begann ich meine Rede, während alle, selbst Garnik, verwundert mich mit ihren Blicken durchlöcherten. - >> Mein Denken beginnt damit, dass der Mensch nicht klug, sondern der dumme Abfall der Erde ist. Er ist ein schlechter Nachmacher, der zu allem Überfluss die Erde und seine Lebewesen vernichtet. <<
Große Empörung machte sich plötzlich breit, während ich weiterredete. Zwar konnte ich nicht alle sehen, aber von denen, die ich beobachten konnte, waren Garnik und, zu meiner Bewunderung, Jaksan die einzige, die relativ ruhig bleiben und mir weiter zuhörten. Zukulla ging zu mir und flüsterte mir, während ich begann die wahre Wahrheit und die falsche Wahrheit zu erklären, zu, dass ich sofort aufhören und in ihr Büro kommen sollte.
Ich redete weiter und erklärte meine Gedanken scheinbar so sachlich, verständlich und aufklärend, dass Garnik Zukulla davon abhielt, meine Rede abzubrechen. >> Die falsche Wahrheit ist daher nur deshalb die Wahrheit, weil die wahre Wahrheit unangenehmer ist. Ich sage nicht, das mein Denken die wahre Wahrheit ist, aber sie sagt, dass die Wahrheit die falsche Wahrheit ist, und die Wahrheit meiner Gedanken die wahrer ist. Daher ist mein finales Ziel, so absurd und verwirrend es klingen mag, mein Tod und das der Menschheit, um das Paradies der menschenlose Erde und das schöne Leben der Lebewesen. Es sollte so früh wie möglich passieren, trotzdem wäre ich durchaus zufrieden, wenn sich die Menschheit so verhält, wie vor zweitausend Jahren, da damals gutes Leben für die Erde möglich war.
Um nun dazu zu kommen, weshalb ich nicht ins Parlament nach Anzuna-City will: Natürlich hat mein Denken viel dazu beigetragen, jedoch hat mich etwas anderes letztendlich dazu bewegt, nicht nach Anzuna-City zu gehen. Ich ging am Wahlabend durch die Stadt und ging, als Vertreter des STAAT, in jedes Wahllokal von Kanei. Dort wurde ich jedes Mal mit derselben Tatsache begrüßt, dass ich der erste wäre, der zu einem Wahllokal nach der Wahl gegangen war, um sich bei den Wahlhelfern einfach zu bedanken, klar, dass ich in Anzuna-City die Realität und das Leben der Bürger verlieren würde. Dies konnte ich mit meinem Leben vereinbaren und lehnte so diesen Schritt ab.<< Ich stand auf, ging zu Garnik und Jaksan, bedankte mich bei ihnen und ging von der Bühne. Ein paar vereinzelte Klatscher konnte ich zwar erlauschen, jedoch war die Empörung und die Verachtung deutlich lauter.
Ich ging aus dem Parteigebäude und wollte mich gerade nach Hause begeben, als ein Mann auf mich zukam, mir eine Pistole vor der Brust hielt >> Du verrücktes Schwein! Du hast keine Ahnung! Lügner haben kein Recht zu Leben! Du Mensch! << Er schoss mir in die Brust und ich merkte wie ich zu Boden fiel. In meinen Gedanken kam ich zu den Schluss: Meine größte Hoffnung, zu Sterben hat sich erfüllt und, was mich stolz machte, Ich konnte der Menschheit meine Gedanken erklären, bevor meine Hoffnung sich erfüllte. Dass mein Mörder mein Leben mit “Du Mensch!” beendete, zeigte mir auch, dass ich eine Zielgruppe damit gefunden hatte. Mit diesem Gedanken starb ich.

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Tag der Veröffentlichung: 21.11.2010

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