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Epilog




„Aber Herr Doktor, sie können das arme Mädchen doch nicht einfach so sterben lassen!“ Die Krankenschwester starrte ihren Vorgesetzten entsetzt, mit großen Augen an. Seit ihrer Geburt an lebte das Kind im Krankenhaus. Sie hatte eine schwere Krankheit die sich nicht heilen ließ. Die Ärzte hatten so etwas noch nie, bei einem anderen Patienten festgestellt. Man hatte es gleich nach der Geburt bemerkt und die Eltern informiert. Sie hatten ihre kleine Tochter abgeschoben. Hatten sie einfach im Krankenhaus gelassen und waren verschwunden. Man hatte sie weder über Telefon, noch in ihrem Heim erreichen können. Sie waren einfach verschwunden. Das Jugendschutzamt hatte sich geweigert, ein solches Kind an zu nehmen das jeden Tag von Ärzten untersucht und versorgt werden musste. Niemand wollte die Kleine. Also hatte das Krankenhaus die Verantwortung übernommen und sie hier wohnen lassen. Elf Jahre lang.
„Das Mädchen hat niemanden! Wenn sie ihr Blut aus ihrem eigenen Körper spenden möchten, nur zu! Aber ich weigere mich auch nur eine weitere Blutkonserve für eine Waise zu verschwenden, die sowieso keine Chancen auf Genesung hat! Wir wussten das es eines Tages dazu kommen würde. Unser Krankenhaus hat bald nicht mehr das Geld, um weiterhin für sie zu sorgen.“ Die Schwester senkte den Kopf und nickte schweigsam, währen sie mit den Tränen kämpfte. Sie hatte gewusst das es dazu kommen würde. Alle hatten es gewusst. Doch dann kam ihr ein Gedanke und sie schlug voller Hoffnung die geröteten Augen wieder auf, um sich ihrem Vorgesetzten entgegen zu stellen.
„Wir dürfen sie nicht auf die Straße setzen!“
„Warum denn nicht?“ fragte der Oberarzt genervt.
Die Schwester lächelte ihn an. Der Arzt merkte zum Glück nicht, dass sich hinter dieser Geste purer Sarkasmus versteckte.
„Sie ist noch nicht Volljährig. Und wenn sie das arme Kind auf die Straße setzen werde ich sie wegen unterlassener Hilfeleistung einer Minderjährigen und Schutzbefohlenen anklagen.“
Sie hatte das Mädchen von Anfang an gekannt und war dabei gewesen, als entschieden werden sollte, ob man sie im Krankenhaus aufnahm. Der Name der Schwester war Elisa. Sie arbeitete nun schon seit achtundzwanzig Jahren im Allgemeinen Krankenhaus Wien. Sie lebte alleine in einer kleinen Wohnung in einem Gemeindebau, zehn Minuten mit der Ubahn vom Krankenhaus entfernt. Leider konnte sie keine Kinder bekommen. Als Teenager hatte sie ein Junge mit einem Messer attackiert und dabei ihre Gebärmutter verletzt. Sie war mit dem Mädchen von Anfang an gut befreundet gewesen.


-I-




Ich schlug meine Augen auf und starrte an die Decke. Es war beinahe Vollmond, somit ließ das Licht der runden Scheibe, mein Schlafzimmer hell leuchten, so dass ich das Licht nicht anschalten musste um zu sehen, dass die Uhr, die gegenüber von mir an der Wand hing, beinahe drei Uhr Nachts anzeigte. Um Mitternacht war ich schlafen gegangen. Ich fluchte innerlich und schlug die Decke beiseite. Ich hatte schon immer Schlafstörungen gehabt. Doch so schlimm wie in der letzten Woche waren sie noch nie gewesen. Normal weckte mich mein Körper nach fünf Stunden auf. Dann stand ich auf, ging ein wenig herum, vielleicht an die kühle Luft oder trank und aß eine Kleinigkeit. Danach versuchte ich wieder ein zu schlafen. Es klappte selten dass ich dann wieder Schlaf fand, doch setzte ich meine Hoffnungen immer in dieses vielleicht. Denn wenn mein Geist gewillt war, gewährte er mir ein paar weitere Stunden ruhe, bis ich wieder geweckt wurde. Doch heute wusste ich, dass ich nicht mehr schlafen würde.
Ich setzte mich auf, und schob meine Beine über die Bettkante, bis sich meine Zehen in den weichen Kunst-Fell-Teppich unter mir graben konnten. Der Kontrast zwischen dem dunklen Holzboden, und dem weißen Fellteppich, hatte mir schon immer gefallen. Genauso wie die grauen Wände mit den hellen Möbeln. Ich mochte die Kontraste. Die weichen Haare, die sich um meine Zehen schmiegten, beruhigten mich, ließen mir einen Moment ruhe von der aufregenden Welt um mich herum. Ein Anflug von Entspannung, der meine Mundwinkel kurz nach oben zucken ließ.
Blödsinn! Wütend stand ich auf und ging durch die helle Wohnung, an der Küche vorbei ins Badezimmer. Ich stützte mich am Waschbeckenrand ab und ließ den Kopf kurz hängen um zu versuchen, einen klaren Gedanken zu fassen. Mein Kopf waren in vergangenen Zeiten gefangen, die in mir altbekannte, und immer wiederkehrenden Träume wach gerufen hatte. Das kleine Mädchen, das verängstigt um die Ecke in den Flur blickt, und mitanhört, wie einer der Ärzte sich mehr als deutlich für ihren Tod ausspricht. Die Hände verkrampft um das Geländer geschlossen, und Tränen, die kurz davor waren über ihre Wange zu gleiten. Umhüllt vom vertrauten, sie seit ihrer Geburt umgebenden Krankenhaus Geruch, dessen Desinfektionsmittel sie nun in der Nase zwickten, und sie den Niser, nur mit großer Müh unterdrücken konnte.
Das eiskalte Wasser dass mir ins Gesicht spritzte, riss mich zurück in die Gegenwart. Und als meine Augen sich öffneten, blickte mir eine jämmerliche Gestalt entgegen. Eingefallene Wangen, fahle Augen wo eines beinahe schon den Tod sehen konnte, leichenblasse Haut und dünnes, schlaff herab hängendes schwarzes Haar. Ich schlug mit den Fäusten auf den Spiegel. Der Tod als wandelnde Gestalt auf Erden, hätte Elisa mich genannt würde sie mich jetzt sehen. Natürlich brach der Spiegel nicht. Warum sollte man mir auch ein klein wenig Glück gönnen. Elisa hatte mir einmal gesagt Scherben bringen Glück. Ich war neun. Am selben Tag noch, wurde die Hälfte meines Flügels durch das klirren vieler Scherben geweckt. Als Elisa in mein Zimmer kam, stand ich mit Blutverschmierten Gesicht, und einem Stein aus dem Garten in der Hand, vor einem Loch in der Wand, das einmal mein Fenster gewesen war und um mich herum lag ein Meer aus Scherben. Elisa hatte mir im Nachhinein erzählt, sie hatte mich noch nie so lächeln sehen. Ich konnte mich an diesen Vorfall nicht mehr erinnern. Ich hatte durch die Scherben so tiefe Schnittwunden erhalten, dass ich eine Menge Blut verloren hatte.
Die Scherben hatten mir Glück gebracht. Ich war in dem Moment, wo ich es schaffte das Glas zu zerbrechen, glücklich gewesen, durch den Gedanken, dass ich durch sie Glück erfahren würde. Doch hatte mir das ganze im nach hinein, doch nur Pech gebracht. Wenn man einbezieht dass ich mich an diesen Glücksmoment nicht einmal mehr erinnern kann, war es einfach nur pures Unglück. Jemand wie ich sollte einfach keine Freude erfahren.
Abwesend strich an den stellen über den Spiegel, wo ich zwei Narben in meinem Gesicht sehen konnte. Als ich hinab auf meine Handflächen blickte, sah ich drei weitere. Vor Wut presste ich sie zusammen, so dass die Knöchel weiß hervor traten. Dann hielt ich die Hände ein weiteres mal unter den kalten Wasserstrahl um mir das kühle nass ins Gesicht zu spritzen, bis ich den Hahn abdrehte, mein Gesicht mit einem weichen Handtuch abwischte und dann schließlich aus dem kleinen Bad, hinaus in die Küche ging.
Die Küche war nicht groß, doch für Elisa und mich hatte sie ausgereicht. Letzte Woche hatte sie mir Palastschinken gekocht. Ihr lachen hatte mich verzaubert, als sie versucht hatte, eine im Wurf zu wenden. Sie war am Boden, genau neben Felix gelandet. Der Kater hatte einen Schock bekommen und war einen Meter hoch gesprungen. Im Nachhinein hatte er sie aber dann gefressen. Es war so friedlich gewesen. Das Lachen der alten Dame hatte die ganze Wohnung erfüllt. Natürlich. Nachdem wir gegessen hatten, waren wir mit dem zufriedenen, satten und etwas zu dicken Felix zwischen uns, auf der Couch gesessen und hatten Schokoladeneis gegessen. Ich hatte mich geborgen gefühlt. So wie es immer hätte sein sollen. So wie jedes Kind aufwachsen sollte.
Als ich den Kühlschrank öffnete, blickte mir gähnende leere entgegen. Ich schloss ihn wieder, und nahm mir einfach ein Glas mit Leitungswasser. Elisa hatte immer gesagt, das Wiener Leitungswasser sei das beste der Welt. Ich hatte stumm genickt, konnte ich dies doch nicht bewerten da ich noch nie woanders war.
Ich ließ mich auf der Couch auf meinem Stammplatz nieder und schaltete den Fernseher ein. Es lief eine Talkshow, die mich mehr langweilte, als sie mich unterhalten sollte. Da ich jedoch wusste, das es auf den anderen Kanälen nichts besseres spielte, gab ich mich damit zufrieden. Seitdem ich das Krankenhaus verlassen hatte, war dies zu meiner Lieblingsbeschäftigung, in schlaflosen Nächten geworden. Jahrelang hatte ich in der Nacht Bücher gelesen. Ich hatte eine vorliebe für Fantasie Bücher entwickelt. Sie führen mich in eine andere Welt. Eine, in der ich nicht eingesperrt, in einem zum baldigen Tode verurteilten Körper festsaß. Wo es noch Wunder gab. Glückliche Enden. Und Liebe. Sie hatten mich glücklich gemacht. Ein lächeln auf meine sonst vor Kummer verzerrten Lippen gezaubert. Sie hatten das Leben erträglicher gemacht. Erträglicher. Jedoch noch nicht annähernd lebenswert. Denn irgendwann, zerbricht auch die stabilste, selbst errichtete Welt, wenn sie nur auf deiner Fantasie beruht. Irgendwann zerstört sie dich. Wenn man so lange zeit, dem Glauben an etwa erlegen war, dass er zur eigenen Realität geworden ist, trifft es einen umso härter, wenn dieser Glaube, in sich zusammen fällt. Denn das reale Leben übersieht nichts, keine selbst erbaute Welt, keinen Glauben an eine Illusion, nichts kann sich an der Wahrheit vorbei schleichen. Und das Leben ist auch nicht gnädig oder nachsichtig. Genauso wenig wie die Wahrheit. Denn irgendwann trifft sich dich, in einem ungeschützten und schwachen Moment, direkt ins Herz.
So hatte ich eines Tages alle Bücher verbrannt. Sie hatten mir Hoffnung und Glauben, für so lange Zeit gespendet, und dann hatten sie mich tiefer verletzt, als Körperliche Wundes es könnten. Denn die zauberhafte Welt, von der ich gelesen hatte, war in dem Moment in sich eingestürzt, als meine einzige Hoffnung auf ein normales Leben von mir ging. Ich wandte den Blick vom Fernseher ab, und streckte die Hand, nach links von mir aus.
„Warum hast du mir das angetan?“ Langsam strich ich ihr über die Wange.
„Wieso musstest du mich verlassen?“ Die Haut war kalt und bleich. Die Totenstarre fing schon an, nach zu lassen. Ihre Augen starrten ins leere. Als meine Finger über die Hände glitten, fühlten sie sich an wie Marmor. Eiskalt. Steinhart. Totenbleich. Ich ließ mich nach vorne kippen und kniete mich zwischen ihre Beine. Dann nahm umfasste ich ihre Hände mit meinen, und legte meinen Kopf darauf. Normalerweise würden mir diese Hände, jetzt über den Kopf streicheln. Ich wartete noch einige Sekunden, dann hob ich den Kopf empor, und blickte ihr ins Gesicht. Sie sah einfach durch mich hindurch.
„Warum bist du gegangen?“ Unbewusst strich ich immer wieder über die kalten Hände.
„Das war zu früh!“ Meine Augen füllten sich mit Tränen.
„Ich muss doch noch so viel lernen!“ Als ich Salz auf meinen Lippen schmeckte, war es aus mit meiner Beherrschung und ich sackte auf ihrem Schoß zusammen, wären ich von lautem schluchzen, leichten Krämpfen und einem Tränenausbruch beherrscht wurde. Es kam eine Flut von Erinnerungen in mir hoch. Wie alles begonnen hatte. Die Blicke der Ärzte. Das Getuschel der Schwestern das begann, sobald ich außer Hörweite hätte sein sollen. Und die offenen Anspielungen auf meine Unnatürlichkeit, und dass wiederholte darauf hinweisen, das ich nicht erwünscht war. Doch nicht von Seitens Elisas. Sie hatte mich wie eine Tochter behandelt, und sogar noch besser. Hatte sich für mich eingesetzt, für mich gesorgt, mich bei sich aufgenommen, mir gezeigt wie das Leben außerhalb dieser sterilen und sauberen Wände funktionierte, und wie ich überlebte. Und dann war sie gegangen. Einfach so.
„Warum tust du mir das an!“ Tränen überströmt, verlassen vom meiner Beherrschung, und gepeinigt von der Einsicht, sackte ich in mich zusammen. Ja, ich wusste es. Ich würde sterben.


Als ich erwachte, wurde das Zimmer gerade in gold/gelbes Licht getaucht. Der Morgen war angebrochen, und die leichten Sonnenstrahlen streichelten mein Gesicht. Ich lag, in Embryo Haltung, zusammengerollt auf dem Boden. Der Teppich war weich und ich schmiegte meine Wange daran. Meine Augen schmerzten, da sie vom langen Weinen ganz ausgetrocknet waren. Der Schlaf war nicht erholsam gewesen, und hatte nur wenige Stunden gedauert. Aber ich hatte geschlafen, und das alleine zählte.
Ich rieb meine müden Augen und setzte mich langsam auf. Ich drehte den Kopf in Richtung des Fernsehers. Hatte ich ihn ausgeschaltet? Ich wusste es nicht mehr, aber jetzt war es. Mein Glas stand noch auf dem kleinen Tisch neben mir. Ich hatte es nicht einmal angerührt. Als ich das kühle, klare nass sah, das sich in diesem Glas befand, fing meine Kehle an zu kratzen und ich griff hastig danach. Das Weinen hatte meine Kehle Staub trocken werden lassen. Als ich das Glas hob und an meine Lippen führte, spritzten mir kleine Wassertropfen auf den Handrücken und auf den Boden. Nachdem ich zaghaft den ersten Schluck getan hatte, stürzte ich den Rest meine Kehle hinunter. Ich fühlte mich wie ausgetrocknet. Doch lag dies nicht an der Hitze, die überall, dank eines wiedereinmal sehr heißen Sommers herrschte, sondern daran das ich krank war. Nicht eine Erkältung oder dergleichen. Krank. Manche hatten gesagt ich sei verflucht. Vielleicht war es so, ich wusste es nicht. Aber ich musste so schnell wie möglich wieder beginnen, die einzig hilfreiche Medizin zu mir zu nehmen, die mich retten konnte. Oder meinen Tod einfach nur hinaus zögerte.
Doch wusste ich nicht wie ich den besorgen sollte. Ich hatte sie nun schon seit fünf Tagen nicht mehr zu mir genommen.
„Elisa was soll ich tun?“ Ich drehte den Kopf in ihre Richtung und sah sie an. Natürlich erwiderte sie meinen Blick nicht. Sie würde mir auch nicht antworten. Aber ich wusste was sie sagen würde. Sie hatte es mir schon einige male erklärt gehabt, doch konnte ich mich dazu nicht durchringen. Ich stand auf und brachte das Glas in die Küche, wo ich es in die Abwasch stellte.
Ich konnte nicht noch einen weiteren Tag nur zuhause sitzen. Doch was sollte ich sonst tun? Ich hatte keinerlei Freunde. Auch keine Verwandten. Elisa war meine Familie. Gewesen. Ich lies auf den Boden gleiten, lehnte den Rücken an den Herd und stellte die Knie auf. Dann legte ich meine Arme darauf und den Kopf darüber. Ich weinte. Doch es wollte keine Tränen kommen. Jedes Schluchzen kratzte in meiner Kehle, und mein Bauch fing schon wieder an, sich vor Hunger zu verkrampfen. Ich ignorierte all das. Schloss einfach die Augen. Vielleicht konnte ich einfach auf das Ende warten. Womöglich kam es so einfach und schnell wie bei Elisa. Dann hätte all der Schmerz ein ende. Mich wollte sowieso keiner haben. Ich war nur eine last in dieser Welt die keiner wollte. Ich würde es versuchen. Ich dachte angestrengt an das Ende das Elisa gefunden hatte, und versuchte meinem Körper zu befehlen das selbe zu tun.
Doch dann wurde ich aus meiner Konzentration gerissen, als fest gegen die Eingangstüre geklopft wurde. Ich schlang die Arme um meinen Körper und presste die Augen zusammen. Egal wer es war, ich wollte ihn nicht sehen. Doch das Klopfen wiederholte sich. Und es wurde immer lauter. Ich war gerade aufgestanden um ins Bad zu gehen, da mir das Leute geklopft Kopfschmerzen verursachte und ich sie dort nicht hören würde, als eine tiefe Männerstimme von draußen erklang und mich zusammenzucken lies.
„Öffnen sie sofort diese Türe. Ich weiß dass sie da drinnen sind.“ Ich ging langsam zur Türe und wartete darauf dass er noch etwas sagen würde.
„Wenn sie diese Türe nicht öffnen, werde ich gewaltsam eindringen müssen!“ Das geklopft wurde lauter. Dies war eine dicke Holztüre, die Elisa mit zwei Schlössern, und einer Kette versehen hatte. Er konnte da nicht hinein kommen.
„Machen sie auf! Es ist nur zu ihrem besten!“ Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und spähte durch den Spion. Der Mann war gewaltig! Ich würde es nicht schaffen meine Hände um seinen Oberarm zu legen. Er hatte eine Glatze auf der sich Schweißperlen von der Hitze gebildet hatten, und einen Anzug an. Dieser versteckte seine Muskeln in keinster weise. Sie zeichneten sich überall deutlich am schwarzen Stoff ab. Es sah aus als würde der Anzug gleich überall reißen.
„Öffnen sie diese Türe!“ Ich schwieg einfach und starrte ihn weiter an. Er beendete das gegen die Türe schlagen kurz. Gerade als ich dachte er würde sich umdrehen und gehen, griff er in seine Innentasche und holte eine Marke heraus. Dann war es als würde er mich direkt durch den Spion hindurch anstarren. Und dann hielt er mir die Marke genau vor die Linse.
„Polizei! Öffnen sie sofort die Türe Miss Cypryn! Dies ist die letzte Warnung bevor ich gewaltsam eindringen werde. Und dann droht ihnen eine Anzeige wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt!“
„Was wollen sie?“ Meine Worte waren zu leise und zaghaft gewesen als dass er sie gehört hätte. Denn er fing an mit der Schulter gegen die Türe zu stoßen. Beim ersten Aufprall wurde ich nach hinten gestoßen, da ich mich an der Türe angelehnt hatte. Ich landete auf dem Boden.
Die Türe gab mehr nach als ich gedacht hatte. Er würde durch kommen. Ich wusste nicht was er wollte. Aber er klang nicht nett. Ich würde nicht zulassen dass sie mich von hier wegbrachten. Dies war mein und Luisa ihr Zuhause. Das erste Zuhause nach achtzehn Jahren.
Schnell lief ich in die Küche, und nahm mir das erste was meine Hände ergriffen. Sofort rannte ich zurück zur Türe. Sie fing schon an zu ächzten unter dem Gewicht des Polizisten, und bog sich immer mehr in meine Richtung. Ich kletterte auf das Regal, das neben der Türe stand. Es war schwer hoch zu kommen, da es so hoch war wie mein Becken reichte, aber ich schaffte es. Dann stellte ich mich hin und schloss die Hände um meine potentielle Waffe. Da fiel mein Blick das erste mal darauf. Ich hatte nach einem Wok gegriffen. Doch hatte ich keine Zeit mehr ihn jetzt noch aus zu tauschen.
Plötzlich gab es ein lautes krachen, und die Türe sprang in zwei Teilen aus ihren Angeln und landete auf dem Boden. Auf ihr drauf der Polizist. Aus schock, und Reaktion, schlug ich sofort zu. Ich traf ihn am Hinterkopf und er schrie auf. Ich erschreckte mich bei dem lauten Geräusch, und schlug noch einmal zu. Doch hatte er sich umgedreht und ich traf ihn genau im Gesicht. Das Blut spritze zu den Seiten weg und er ging zu Boden. Ich schrie auf. Ich hatte einen Menschen getötet!
Mein eigentlicher Plan war gewesen ihm Fragen zu stellen und mich nur falls nötig mit der Pfanne zu verteidigen. Meine Nerfen lagen blank. Ich kletterte sehr unbeholfen vom Kasten hinunter und ging langsam auf den leblos am Boden liegenden Polizisten zu.
„Geht es ihnen gut?“ Er bewegte sich. Ein Seufzer der Erleichterung entrann sich meiner Kehle und ich kniete mich neben ihn.
„Ogott! Es tut mir ja so leid! Bitte verzeihen sie mir, ich wollte das nicht. Ich hatte mich erschreckt, bitte sterben sie nicht!“ Ich saß verzweifelt neben ihm und wusste nicht was ich tun sollte.
„Kann ich ihnen helfen?“ Meine Stimme versagte. Plötzlich bewegte er sich wieder. Seine riesige Hand hob sich und er strich sich über das Gesicht, um seine Hand darauf hin zu betrachte. Sie war scharlachrot. Mit hektischen Bewegungen versuchte er auf zu kommen. Dabei gab er ein schnaufendes Geräusch von sich.
„Miss Cypryn, ich werde sie wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt und Körperverletzung anklagen. Sie werden jetzt sofort mit mir ins Revier kommen. Sollten sie erneut Widerstand leisten, wird das folgen für sie haben die nicht vor dem Richterpult vollzogen werden. Außerdem nehme ich sie fest wegen Mordes.“ Er torkelte rückwärts, stützte sich an der Wand ab, und rieb sich mit der anderen Hand den dröhnenden Schädel. Doch das bemerkte ich nicht. Mir wurde alles schwarz vor Augen. Sie dachten ich hätte Elisa getötet. Doch das stimmte nicht. Nur konnte ich das nicht beweisen. Sie würden mich einsperren. Leider gab es in Österreich die Todesstrafe nicht. Ich wusste das man sie in Amerika hatte. Dies würde alles schnell beenden. Doch ich würde mich nicht noch einmal einsperren lassen. Ich war achtzehn Jahre eingesperrt gewesen. Nicht noch einmal. Nie wieder!
Ich bemerkte dass ich den Wok noch immer krampfhaft umklammert hielt. Das war meine letzte Möglichkeit. Ich hob ihn und lies ihn auf den Mann nieder krachen der sich immer noch den schmerzenden Kopf rieb. Ich traf seinen Kopf nur da er in gebückter Haltung stand. Er schrie und ging zu Boden. Doch versuchte er erneut auf zu stehen. Ich lies meine Waffe erneut hinunter krachen, dann noch drei weitere male um sicher zu gehen. Beim letzten Schlag ertönte ein Krachen dass mir eine Gänsehaut über den Rücken jagte. Ich lies den Wok fallen und starrte den Mann an. Der Boden war überströmt mit Blut und es breitete sich immer weiter aus. Ich fiel zitternd auf die Knie, schloss meine Hände um meinen Mund um nicht los zu schreien, und legte den Kopf zitternd auf den Boden.
Jetzt konnten sie mich wegen Mordes anklagen.


-II-



Ich wurde aus meinem Schlaf gerissen, als nebenan, plötzlich lautes Geschreie und Krach ertönte. Ich war sofort auf den Füßen und eilte aus meinem Zimmer in Richtung Eingangstüre. Plötzlich wurden mir jedoch die Füße weggerissen, und ich krachte mit dem Gesicht voran auf den Boden. Glücklicherweise hatte ich richtiges Fallen gelernt, und drehte mir im Fall so, dass der Aufprall nicht allzu schmerzhaft war. Als ich mich aufstützte um hinter mich zu blicken, gab Keks gerade ein grummelndes Geräusch von sich und rappelte sich auf. Der Riesen Berner Sennenhund war am Boden gelegen und ich hatte ihn übersehen. Im Gegensatz zu mir, hatten ihn die lauten Geräusche am Gang nicht geweckt, doch da er sie jetzt vernahm, stellte er die Ohren auf und trotte in Richtung Eingangstüre.
Ich ergriff den Baseballschläger, der neben der Türe stand und öffnete sie vorsichtig. Ich hatte ihn als Kind geschenkt bekommen. Es war ein Geburtstagsgeschenk meines Vaters. Zwei Wochen vor seinem Tod. Ich hatte ihn danach nie wieder verwendet, doch konnte ich mich nicht von ihm trennen.
Plötzlich war alles still. Ich trat hinaus, und suchte nach der Quelle von wo der Lärm ausgegangen war. Ich brauchte nicht lange zu suchen, denn die Türe meiner Nachbarin war eingetreten, und lag in Stücken am Boden verteilt. Auf ihr ein großer, schwer blutender Mann. Und daneben ein Mädchen das am Boden kauerte. Ich ging langsam auf die beiden zu, und streckte vorsichtig eine Hand nach ihr aus. Als ich sie vorsichtig berührte, kippte sie zur Seite. Ein griff an ihre Halsschlagader, bestätigte mir jedoch, dass sie nur Ohnmächtig war. Der Mann war tot. Das hatte ich mir aber schon gedacht, da sein Blut das nun den Boden färbte immer mehr wurde, und kein Mensch einen so enormen Blutverlust überleben konnte. Womöglich doch, ich wusste es nicht genau, ich war kein Arzt. Aber ich hatte sehr damit gerechnet. Ich ging zu dem Mädchen und hob es hoch. Sie konnte keine vierzig Kilo wiegen, doch musste sie schon um die sechzehn herum sein. Ihre Haut war Kreidebleich. Sie sah aus wie ein Geist. Das musste der Schock gewesen sein. Wer weiß was dieser Mann ihr antun wollte. Ich trug sie in ihre Wohnung hinein und wollte sie gerade auf die Couch legen, als mich ein Schock durchfuhr, und ich sie beinahe fallen lies. Ich erstarrte, und war mir zuerst nicht sicher ob ich meinen Augen trauen konnte.
Auf der Couch saß eine Frau. Ihr blick, vollkommen leer. Die Haut weiß und kalt. Diese Frau war Tod. Als ich sie vorsichtig berührte, nickte ihr Kopf zur Seite und die Augen vielen ihr zu. Keine Totenstarre. Sie musste schon mehr als vierundzwanzig stunden Tod sein. Wo war ich hier verdammt noch einmal gelandet?
Ich verließ die Wohnung so schnell wie möglich und brachte das Mädchen in meine Wohnung. Keks hatte in der Türe gewartet und blickte mich nun fragend an.
„Ja ich weiß das das keine gute Idee ist. Aber was soll ich sonnst tun?“ Er schnaubte und ich legte sie auf mein Bett. Es widerstrebte mir dies zu tun, doch war meine Couch mit Büchern voll geräumt, und ich konnte sie doch nicht einfach auf den Boden legen.
Ich ging zurück um die Eingangstüre zu schließen, und holte dann aus meinem Wohnzimmer, aus einer Kommode, zwei Seile und ging damit zurück ins Schlafzimmer. Keks hatte sich neben das Bett gestellt, und beschnüffelte das Gesicht des Mädchens. Ein lauter Nießer entfuhr ihm, und er drehte sich weg um sich ans andere ende des Raumes zu setzen und mich zu beobachten. Er schien sie nicht sonderlich zu mögen. Ich hatte ihn als Welpen auf den Straßen Lyons gefunden und gerettet. Das war vor zwei Jahren gewesen. Er war nie besonders aufregend gewesen. Er hatte geschlafen und gefressen. Aber das war schon in Ordnung für mich. Ich mochte so viel Aufregung nicht. Er war der perfekte Hund für mich. Er verlangte nicht mehr als zwei Mahlzeiten am Tag, drei Spätziergänge, und einen platz in meinem Bett. Er war glücklich, und ich war es auch.
Ich nahm eine ihrer Hände, und zog sie über ihren Kopf um sie mit der Schnur am oberen Bettpfosten zu befestigen. Keks gab ein Schnauben von sich.
„Wenn ich sie schon in meine Wohnung lasse, will ich wenigstens sicher gehen. Ich möchte nicht mit einem Messer im Bauch aufwachen. Wir wissen nicht welche Rolle sie in diesem Kampf gespielt hat.“ Ich zog die Schnur fest. Nicht zu eng, damit ich ihr das Blut nicht abschnürte, doch trotzdem so eng, dass sie nicht auskommen würde. Das selbe tat ich mit der anderen Hand. Keks beäugte mich die ganze Zeit kritisch und verfolgte jede meiner Bewegungen. Zuletzt band ich noch eine kleine Glocke, die nebenan auf meinem Nachttisch stand, an die Schnur ihres rechten Handgelenkes.
„Komm Keks. Lass uns hinüber gehen. Vielleicht finden wir heraus was geschehen ist.“ Er grunzte zustimmend, und rappelte sich auf. Ich ließ die Türe geöffnet, damit ich hören würde, sollt sie aufwachen. Glücklicherweise lebten in diesem Altbau sonst nur noch alte Leute. Da die Hauptstraße nebenan war, nahmen sie immer Schlaftabletten, und stopften sich die Ohren mit Watte um nicht bei jedem Geräusch auf zu wachen.
Ich trat über die Holzbretter die im Eingang lagen und suchte das Badezimmer. Dort nahm ich einige Handtücher – natürlich mussten sie weiß sein – und bedeckte mit ihnen den Boden um den toten Mann herum. Ich hoffte das Blut würde nicht durch den Boden hindurch sickern. Der alten Frau Gruber würde das Herz stehen bleiben.
Ich durchsuchte die Taschen des Mannes, und fand einen Polizeiausweis. Ich hatte den Jackpot gewonnen. Man könnte mich verhaften. Ich hatte einer Kriminellen Zuflucht geboten. Sie hatte den Polizisten, und wahrscheinlich auch die alte Dame im Wohnzimmer getötet. Und ich wusste nicht einmal was sie noch alles getan hatte. Anscheinend hatte ich es hier mir einer Kriminellen zu tun. Ich ging zurück in meine Wohnung um mein Handy zu holen. Es war vier Uhr Morgens. Die anderen Mieter – die alle bereits Senioren waren – würden erst um neun herum aufstehen. Ihre Schlaftabletten wirkten bis um halb acht herum. Bis dahin sollte es für die Polizei möglich sein, das Mädchen aufs Revier zu bringen, die zwei Leichen in die Pathologie und die Wohnung irgendwie zu verschließen um sie vor neugierigen blicken zu schützen. Und das alles ohne dass einer meiner Nachbarn etwas davon mitbekam.
Ich hatte die Nummer bereits gewählt, als Schreie aus meinem Schlafzimmer erklangen.



Fortsetzung folgt...

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Texte: Alle Rechte liegen beim Autor
Tag der Veröffentlichung: 04.06.2012

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