Cover

Introduction und Inhalt

 

 Elvi Mad

Lass uns tanzen, Simonetta

Pole Poppenspäler, die reiche Kollegin und die Kunst

Erzählung

 

 

Art is the only way to run away
without leaving home.

 Twyla Tharp

 „Simonetta, du bist wunderschön.“ hauchte er ihr zu,
während er einen Finger über ihre rechte Augenbraue
fahren ließ und beim an­deren Auge den Pony
zu Seite schob. Simonetta warf ihn aufs Bett und meinte:
„Nachthemden also, Negligés die bringen's bei dir.
Nur sonst trag ich die gar nicht.“ lachte sie.
„Du siehst darin wundervoll aus. Eigentlich viel zu schade,
um damit ins Bett zu gehen.“ erklärte Paul.
„Und was kann man sonst im Negligé machen?“
fragte Simonetta launig lächelnd. „Tanzen,“ meinte Paul,
„ja lass uns tanzen.“ „Du nackt und ich im Negligé?“
fragte Simonetta zweifelnd lächelnd nach.
„Ja warum nicht? Komm Simonetta, lass uns tanzen.“

 

Lass uns tanzen, Simonetta - Inhalt

Lass uns tanzen, Simonetta 5

Lehrergruppe 5

Paul sucht eine Wohnung 5

Hausbesichtigung 6

Bleib Paul 7

Wie weiter? 8

Simonetta geht schlafen 9

Simonettas Negligé 9

Fragen am Nachmittag 10

Pauls Bild 11

Renées Besuch 12

Annelie besichtigt Paul 13

Simonettas Kinder 13

Paul will Miete zahlen 14

Arbeit und Leben 14

Kunst Kultur 15

Nach zwei Jahren 16

Belastung für Paul 17

Neue Herausforderung 17

Paul allein 18

Claudias erster Unterricht 18

Gemeinsame Besprechungen 19

Besuch bei Claudia 20

Examen und Abschied 22

Claudias Besuch 22

Pauls Qualen 24

Die Beichte 25

Simonettas Einschätzungen 25

Erklärungsversuche mit der Konkurrentin 26

Verliebt in Paul 27

Claudias Beziehungen 28

Komm fette Sommerblume 29

Claudias Träume 29

Fotokunst 31

Bitte, komm mit Paul 32

Frauen im Lande 33

Versetzung nach Köln 33

Neues Studio 34

Claudia studiert 35

Claudias neuer Bekannter 35

Zerwürfnisse 36

Weitere Pläne 37

Heiratsantrag 37

Le Mariage 38

Gewerschaftsbankett 38

Lass uns tanzen, Simonetta

Simonetta und Paul kennen sich aus einer Lehrergruppe. Obwohl beide sehr unterschiedliche Persönlichkeiten sind, scheint es Verbindendes zu geben.

Lehrergruppe


Die Lehrerinnen und Lehrer hatten sich heute Abend wieder zu einem ihrer re­gelmäßig stattfindenden Treffen versammelt. Lehrkräfte aus Gymnasien und Gesamtschulen, die anderen trafen sich auch in für ihre Belange spezifischen Gruppierungen. Hauptthema bildete heute eine Demonstration, die der Landes­verband in Düsseldorf, dem Sitz des Landtags und der Landesregierung durch­führen wollte. Es ging um die Personalvertretungsrechte der Beamten und spe­ziell auch der Lehrer. Gravierende Änderungen waren geplant, die eine weitere Einschränkung ihrer Rechte und durch die Umstrukturierung eine Verschlechte­rung ihrer Wahrnehmungsmöglichkeiten mit sich bringen würden. Simonetta, eine Philologin, war nicht nur die, die sich am meisten darüber echauffierte, sie war es auch, die, wie so oft, am schärfsten und eloquentesten dagegen argu­mentieren konnte. Man hatte sie schon öfter dazu drängen wollen, sich für die Wahl zur Personalvertretung aufstellen zu lassen, aber sie hatte immer abge­lehnt. Das sei ja keine richtige Arbeitnehmervertretung, es ginge ja nicht um die Mitbestimmung der abhängig Beschäftigten, die Diener des Fürsten dürften da ein wenig untereinander diskutieren, hatte sie scherzhaft lächelnd argumen­tiert. Simonetta vertrat fast immer die radikalsten Positionen. Es war keine pseudorevolutionäre Aufmachung mit der sie kokettierte, sie verfügte über profunde Kenntnisse und umfangreiches Wissen. Zu ihrer Persönlichkeit schien das in Widerspruch zu stehen. Sie strahlte Wärme und Sanftheit aus und zeigte sich meist freundlich und lustig. Ein Kind aus der Arbeiterklasse, das jetzt de­ren Interessen zu vertreten hatte, war sie mit Sicherheit nicht. Sie war immer herausragend chic gekleidet, nie overdressed immer dezent, aber wenn sie nicht selbst über ein hervorragendes Empfinden für Styling verfügte, hätte man denken können, dass sie jeden Morgen einen Designer konsultiere. Was sie trug, stammte nicht aus den Modehäusern, in denen sich die anderen mit Kleidung versorgten, aber das hielt man nicht für etwas Besonderes. Ihr Mann, von dem sie sich getrennt hatte, war Vorstandsvorsitzender eines großen Glo­balplayer-Unternehmens und sollte eben sehr reich sein. Simonetta war eine kleine Diva, die aber wegen der Auffassungen, die sie vertrat und ihrer Freund­lichkeit und Herzlichkeit keineswegs eine Außenseiterrolle einnahm, sondern von allen geschätzt und gemocht wurde.


Paul sucht eine Wohnung


Nach dem offiziellen Teil des Treffens ging ein Teil der Gruppe, die Kern- oder Stammmannschaft, diejenigen, die bei jedem Meeting anwesend waren und durch ihre Aktivitäten die Kontinuität gewährleisteten, zu Ramiro, einem italie­nischen Restaurant neben dem Gewerkschaftshaus. Für die meisten war das persönlich wohl genauso wichtig wie der offizielle Teil. Hier konnte man sich mit Gleichgesinnten vertrauensvoll über schulische Probleme und Ereignisse unterhalten, die nicht in den Rahmen der Gewerkschaftsarbeit passten. Aber man sprach nicht nur über Schule, allgemeine politische Fragen konnten eben­so Thema sein wie die Pubertätsprobleme des Sohnes. Paul hatte es endlich geschafft, die Beziehung mit seiner Frau zu lösen. Sie hatten sich einvernehm­lich getrennt, da keiner von ihnen mehr eine Hoffnung auf irgendeine gemein­same Perspektive sah. Das Haus wollten sie verkaufen, aber seine Frau sollte so lange dort wohnen bleiben. Er suchte jetzt direkt eine neu Wohnung und fragte die Kolleginnen und Kollegen, ob zufällig jemandem von ihnen etwas be­kannt sei. „Kannst doch bei mir wohnen, Paolo.“ meinte Simonetta, die ihn im­mer außer in ernsthaften Diskussionen Paolo nannte, scherzhaft lächelnd, „vor­übergehend jedenfalls. Nein im Ernst, das ganze Haus steht doch leer. Darfst mir nur nicht immer etwas von den Problemen mit deiner Frau vorheulen. Dann schmeiß ich dich wieder raus.“ Allgemeines Lächeln, aber Paul war nicht sicher, ob sie es wirklich ernst gemeint hatte. Er schaute Simonetta an. Die schien seine Unsicherheit zu spüren und erläuterte: „Ja, das Haus hat keine abgeschlossene Wohnung, die man vermieten könnte, wir würden dann so ähnlich wie in einer WG leben müssen, oder hast du Verhaltensattitüden, die dich WG-untauglich machen?“ fragte sie und lachte. „Wir können ja gleich mal zu mir fahren. Du kannst es dir mal anschauen, dann weißt du, ob es für dich in Frage käme, ja?“ Damit hatte Paul allerdings nicht gerechnet, als er zum Ge­werkschaftstreffen gefahren war. Er eventuell bei Simonetta wohnen? Das wäre mehr als eine neue Wohnmöglichkeit. Er würde ja auch in gewisser Weise in Si­monettas Welt leben. Was das konkret bedeuten würde, konnte er sich nicht ausmalen, dass es eine ganz andere Welt wäre, als seine jetzige, war ihm aber klar. Ob er das wollte? Er fand keine Kriterien, nach denen er sich hätte ent­scheiden können. Er persönlich mochte Simonetta schon. Nicht nur weil sie ein nettes, freundliches Mitglied der Gewerkschaftsgruppe war. Er bewunderte ihre Eloquenz und ihre Argumentationsstärke, aber viel mehr hatte ihn beeindruckt, dass sie eine ganz normale kluge Frau war, wie sie seiner Meinung nach in ih­rer Upperclass gar nicht vorkommen konnte. Es drängte sich ihm seltsamer Weise immer wieder auf, und wenn er mit reichen Eltern von Schülerinnen oder Schülern sprach, war Simonetta immer zugegen. Es schien ihn aber in der An­nahme zu bestätigen, dass es sich bei Simonetta um eine rühmliche Ausnah­meerscheinung handele. Etwas angenehm Besonderes war sie auch deshalb für ihn.


Hausbesichtigung


Die Hausbesichtigung bei Simonetta gestaltete sich äußerst lustig. Simonetta führte Paul in fast alberner Weise die Räume vor und gab in lustig ironischer Art Erläuterungen dazu. Anschließend scherzten sie im Wohnbereich weiter. Si­monetta schien sich sehr zu freuen, sie lachte ständig. „Sollen wir nicht etwas trinken?“ schlug sie vor, „Du fährst gleich mit dem Taxi nach Hause, und ich komme morgen nach dem Unterricht an deiner Schule vorbei und nehme dich wieder mit zu deinem Auto.“ Es gab Simonettas Lieblingswein, und sie erklärte, wie sie ihn entdeckt hätten. Sie bekäme ihn immer persönlich vom Weingut aus Italien geschickt, ob er nach den Kriterien der offiziellen Weinbewertung auch etwas Besonderes darstelle, wisse sie nicht, sei ihr auch gleichgültig. Sie sei es ja schließlich, der er gefallen müsse. Und ob ihr ein Wein gefiele oder nicht, dafür habe sie ihre Geschmackskriterien und nicht die irgendwelcher Dégustateurs. Paul wollte wissen, welche das denn seien. „Erzähl ich dir später mal. Habe ich jetzt keine Lust zu.“ bekam er als Antwort von Simonetta. Sie scherzten weiter über zukünftige WG-Regelungen und mögliche zu erwartende Ereignisse. „Ich habe eine Putzfrau, aber ich würde dir vielleicht auch mal in deiner Woche beim Wischen ein wenig helfen, wenn's all zu schwer wird.“ scherzte Simonetta.


Bleib Paul


Dann sagte für einen Moment keiner von beiden etwas und Simonetta blickte Paul an. „Bleib Paul.“ sagte sie jetzt ernst, und fügte nach kurzer Pause ein „Bitte“ hinzu. Paul war nicht klar, was er gehört hatte. Wollte Simonetta, dass sie zusammen ins Bett gingen. Eigentlich glaubte er das eher nicht. Meinte sie mit 'bleiben', dass er hier einziehen und wohnen bleiben sollte? Dafür war es sehr sonderbar formuliert. Simonetta schien Pauls Unsicherheit zu spüren. „Heute Nacht.“ fügte sie erklärend hinzu. Niemand sagte etwas. Paul saß starr in seinem Sessel und schaute Simonetta an, Simonetta wartete auf Pauls Re­aktion. In Paul kamen alle Gedanken, die mit Simonetta, seiner Perspektive, seines Verhältnisses zu Frauen, seiner sexuellen Position, alles was sich zu der Vorstellung mit Simonetta ins Bett zu gehen in irgendeiner Weise assoziieren ließ, gemeinsam im Kopf zusammen. Wie eine große Mischmaschine kam es ihm vor, die keine klare Gedankenentwicklung zuließ. Am wenigsten konnte er jetzt ein Ja oder Nein formulieren. „Was ist, Paule? Du musst mir etwas sagen. Ich habe dich doch um etwas gebeten.“ sprach Simonetta in die Stille. Paule, das hörte er zu ersten Mal, aber es interessierte ihn auch nicht. „Simonetta,“ begann Paul, „aber im gleichen Moment wusste er auch schon nicht mehr, was er eigentlich hatte sagen wollen, „du verwirrst mich.“ brachte er nur hervor. „Was lässt es für dich so verwirrend erscheinen, Paolo, sag mir was dazu.“ for­derte ihn Simonetta auf. „Na ja, ich meine, eigentlich kennen wir uns doch kaum. Wir kennen uns zwar durch die Gewerkschaftsarbeit, aber persönlich sind wir uns doch ziemlich unbekannt.“ erklärte Paul leicht stotternd, und es war ja auch nicht das, was seine Verwirrung bewirkte. Es war schon so, dass sexuelle Kontakte für ihn immer an gute persönliche Beziehungen geknüpft sein mussten. Auch wenn der Sexualtrieb und das Soziale eigenständige Berei­che waren, für ihn existierten da schon immer starke unüberwindliche Verbin­dungen. Mit einer Frau schlafen, die er nicht kannte, war für ihn unvorstellbar. Wieso Menschen ins Bordell gehen oder Ähnliches machen konnten, war für ihn nicht nachvollziehbar. Schon wenn er als Jugendlicher masturbiert hatte, war die imaginierte Frau immer seine beste Freundin. Für Paul war Liebe beim Sex unverzichtbar. Aber jetzt waren es mehr die ganzen anderen Komponenten, die ihn verwirrten. Simonetta hatte nie irgendeinen Vorstellungsbereich seiner erotischen Begehrlichkeiten tangiert. Sie wahr äußert schön, auch in ihrem Al­ter zwischen fünfundvierzig und fünfzig, jeder hätte sie bestimmt für sehr at­traktiv gehalten, aber für Pauls Gedanken war das ein unreflektiertes Tabu. Vielleicht weil alles andere für ihn einem illusionären Traum gleichgekommen wäre. Jetzt sah er sich plötzlich damit konfrontiert, dass sie es von ihm wollte. Aber auch die Frage nach den Konsequenzen beunruhigte ihn. Würde er dann überhaupt noch bei Simonetta einziehen können? Oder sollte heute Nacht eine neue Beziehung beginnen. Einfach so auf gut Glück mit Simonetta, die er kaum kannte? „Hast du nur gehört, was ich zu gewerkschaftlichen Fragen zu sagen hatte? Hast du mich sonst gar nicht wahr genommen? Ich dich schon. Ich mag dich schon immer, du gefielst mir schon immer gut. Ich halte dich für einen sehr netten, sensiblen, witzigen und klugen Mann. An eine mögliche Beziehung zwischen uns habe ich allerdings nie gedacht, selbst nicht mal, als ich dir angeboten habe, hier zu wohnen, aber gemocht habe ich dich schon. Hast du das denn nie gemerkt?“ äußerte sich Simonetta zum gegenseitigen Verhältnis. Auf Pauls verneinendes Kopfschütteln reagierte sie leicht erbost: „All meine freundlichen Minen, meine Lächeln, die ich dir geschenkt habe, alles umsonst? Du hast von alledem nichts gemerkt. Paul, das macht mich traurig.“ Paul erklärte, er habe es für Zeichen ihrer allgemeinen Freundlichkeit gehalten und nicht damit gerechnet, dass es speziell seiner Person gelten sollte.


Wie weiter?


Weit voneinander entfernt sitzend unterhielten Paul und Simonetta sich dar­über, ob es eine Grundlage dafür gebe, dass sie heute Nacht miteinander schliefen, worin sie bestehe und was dem abträglich sei. „Paule komm zu mir. Das ist ja absurdes Theater. So können wir doch nicht miteinander reden.“ for­derte Simonetta ihn auf, zu ihr auf die Couch zu kommen. „Seit wann bin ich denn der 'Paule' für dich?“ erkundigte sich Paul jetzt. „Ich weiß nicht.“ antwor­te Simonetta, „Ich finde Paul ist ein sehr schöner Name. Er gefällt mir. Ich mag ihn gern. Es reizt mich, damit zu spielen, aber Paule ist sehr lieb, liebkosend gemeint, du kleiner Poppenspäler.“ scherzte sie und gab Paul dabei einen Stubs mit ihrem Mittelfinger auf die Nasenspitze. Wie sie in näheren körperli­chen Kontakt mit Paul kommen sollte, wusste sie auch nicht direkt, aber wenn man miteinander schlafen wollte, wäre das doch eigentlich schon angebracht. Ihm einfach um den Hals fallen und ihn küssen, das passte auch nicht. Simo­netta merkte wie unerfahren und unbeholfen sie in solchen Dingen war. Ei­gentlich hatte sie von Paul Initiativen erwartet, sie selbst war ja auch noch nie in einer derartigen Position gewesen. Dass sie mit einem Mann schlafen wollte, das Bedürfnis und die Lust dazu waren ihr seit der Trennung von ihrem Mann zum ersten Mal jetzt bei Paul gekommen. Es war schon etwas Besonderes für sie. Paul musste etwas Bedeutsames in ihr ansprechen. Einfach zur Seite le­gen, weil Paul so rumdruckste wollte sie es nicht. Aber Paul quälte sich weiter. „Und was wird aus uns, wenn ich dann bei dir wohne?“ fragte er. „Mein lieber Paulinho, so etwas fragt man doch nicht, wenn man Lust aufeinander hat. Viel­leicht gibt es ja Leute, die mit jemandem schlafen, weil sie ein Ziel damit ver­folgen, ich möchte es jedenfalls nur, weil ich jetzt Lust dazu verspüre. Aber wir zerreden es, und das erwürgt die Lust. Du musst dich einfach klar entschei­den.“ meinte Simonetta dazu. Paul musste zunächst mal zur Toilette. Als er zu­rückkam erklärte Simonetta: „Paolo ich glaube du hast recht. Vielleicht sollten wir doch besser noch warten, uns erst mal besser kennenlernen. Mich ist es einfach so überkommen. Hat man ja manchmal, oder?“ Simonetta lächelte und fuhr fort, „Du wahrscheinlich nicht, wirst es immer nur nach grundsätzlichen Abschätzungen des Für und Wider machen, wie ich heute Abend erfahren habe. So hätte ich dich überhaupt nicht eingeschätzt.“ meinte sie und lachte laut. „Bitte, Simonetta, mach dich nicht über mich lustig. Dass du mit mir ins Bett wolltest hat mich nur verwirrt, ein wenig konfus werden lassen. Das ist zwar nicht mehr so, aber es scheint mich in gewisser Weise immer noch zu blockieren, meine Gefühlslage zu dominieren. Ich möchte es ja auch gern, nur irgendwie will sich die Lust darauf gar nicht richtig einstellen.“ erklärte Paul ihr.


Simonetta geht schlafen


Simonetta erklärte kurz darauf, dass es sehr schön gewesen sei heute Abend. Sie sei sehr gut drauf gewesen, richtig happy, aber jetzt empfände sie es nicht mehr so. Es käme ihr eher leicht quälend vor, und sie würde jetzt am liebsten zu Bett gehen. Paul stünde es ja frei zu entscheiden was er mache. Er könne sich ein Taxi bestellen, hier in einem anderen Zimmer oder auch bei ihr im Bett schlafen. Sie verspreche, dass sie ihn nicht anrühre. Mit ihm zu schlafen, wenn er keine Lust dazu habe, reize sie selbstverständlich auch nicht. Paul wollte wieder etwas erklären, aber Simonetta unterbrach ihn: „Paul alles ist o. k., nur eins nicht, jetzt noch weiter darüber zu reden. Ich kann nichts mehr hören. Ich hatte Lust auf dich, aber du scheinst alles tun zu wollen, um sie mir auszutrei­ben. Also entscheide dich was du tun willst, und damit ist es in Ordnung. Bitte, sei mir nicht böse Poppenspäler.“ und jetzt küsste sie ihn doch, zunächst nur auf die Stirn, und nachdem sie sich kurz angeschaut hatten, küssten die beiden sich richtig.


Simonettas Negligé


Natürlich blieb Paul, bei Simonetta im Bett selbstverständlich. Er hatte sich schon ausgezogen und lag im Bett als Simonetta aus dem Bad kam. Ihr schwarzes schulterlanges Haar, das er nur mit einem Bändchen als kurzen Pferdeschwanz kannte, trug sie offen und mit ihrem asymmetrischen Langpo­ny, der sonst eher leicht störend wirkte, erweckte sie jetzt einen fast verwege­nen Eindruck. Ihr süffisantes Lächeln unterstützte das, bezog sich aber wohl eher auf ihr verzauberndes burgunderfarbenes Seidennegligé. Die Ränder mar­kierten unregelmäßige breitflächige schwarze Stickereien, die von der Brust seit­wärts nach unten verliefen und den freien Rücken tief am Po umrahmten. Wie eine Prinzessin aus Tausendundeinernacht erschien sie Paul. Nachdem er Si­monetta kurz staunend im Bett wahrgenommen hatte, sprang er auf, um­armte und küsste sie. „Simonetta, du bist wunderschön.“ haucht er ihr zu, während er einen Finger über ihre rechte Augenbraue fahren ließ und beim an­deren Auge den Pony zu Seite schob. Simonetta warf ihn aufs Bett und meinte: „Nachthemden also, Negligés die bringen's bei dir. Nur sonst trag ich die gar nicht.“ lachte sie, weil ihr natürlich Pauls Erektion nicht verborgen geblieben war. „Nein, nein, du bist es, vielleicht unterstrichen und verstärkt durch das Negligé. Du siehst darin wundervoll aus. Eigentlich viel zu schade, um damit ins Bett zu gehen.“ erklärte Paul. „Und was kann man sonst darin machen?“ fragte Simonetta launig lächelnd. „Tanzen,“ meinte Paul, „ja lass uns tanzen.“ „Du nackt und ich im Negligé?“ fragte Simonetta zweifelnd lächelnd nach. „Ja warum nicht? Komm Simonetta, lass uns tanzen.“ Zur Rose of Spanish Harlem von Rebecca Pidgeon zärtlich vorgetragen tanzten sie eng umschlungen schmusend im Wohnraum. Immer wieder von Lachen über sich selbst unter­brochen, meinte Simonetta zu Paul: „Ich glaube du bist doch der verrückte, nette lustige Junge, den ich in dir gesehen habe. Küss mich nochmal.“ Rebecca Pidgeon musste noch einmal singen, und die zarten Bändchen des Negligés über Simonettas Rücken waren durch Pauls Streichelaktivitäten schon zur Seite gerutscht, so dass auch das gesamte Negligé sich nach unten bewegte. Die beiden lachten sich tot, ließen Frau Pidgeon weiter singen und rannten zum Bett. Als wenn es all das Zögern, die Unsicherheit und das quälende Gerede nicht gegeben hätte, liebten sie sich wie frisch verliebt. „Du kannst es ja doch.“ versuchte Simonetta Paul anschließend zu ärgern, aber der lächelte nur. Sie küsste ihn immer wieder mit ihrem verschwitzen Gesicht und meinte: „Paule,“ das e fragend lang dehnend, „ich glaube da ist mehr, als dass es schön war, mit dir zu schlafen.“ Paul sah das für sich auch so. Darüber und die Konse­quenzen daraus gab es natürlich viel zu reden. Von Streicheln und Liebkosun­gen begleitet, machten sie sich gegenseitig Komplimente und schmiedeten Plä­ne für ihr zukünftiges gemeinsames Leben. Also doch eine neue Beziehung durch eine gemeinsame Nacht, aber daran dachte Paul jetzt gar nicht mehr. Er schien einfach auf wonnigen Wolken zu schweben wie Simonetta auch. Er sollte sofort bei ihr bleiben. Morgen schon das Allernotwendigste rüberholen und nach und nach mehr. Simonetta wollte keine Tage mehr ohne ihren geliebten Paule verbringen, und Paul freute sich auch darauf, Simonetta ständig in seiner Nähe zu wissen. Nur weil Simonetta meinte, dass sie ohne ein wenig Schlaf den Tag in der Schule morgen nicht überstehen werde, schliefen sie in den Morgenstunden eng aneinander liegend ein. Miteinander schmusend reden hät­ten sie endlos können. Simonetta war am Morgen nicht schlecht gelaunt, aber eine breite Schnute zog sie: „Ich bin müde, Schatz. Wenn ich zurückkomme werde ich mich erst mal hinlegen müssen. Ich bin schließlich keine fünfund­zwanzig mehr. Wildes Leben ist auch jetzt noch schön, aber verkraften kann man's, glaube ich, besser am Wochenende.“ erklärte sie und bevor sie in die Autos stiegen, um zu ihren jeweiligen Schulen zu fahren, verabschiedeten sie sich innig küssend, als ob es für sehr lange Zeit sein sollte, aber es waren wohl eher die ihr Leben verändernden Erfahrungen der letzten Nacht, die in diesem Kuss kulminierten.


Fragen am Nachmittag


„Weißt du Schatz,“ erklärte Simonetta, nach dem sie ausgeschlafen hatte und mit Paul bei einer Tasse Kaffee saß, „ich komme mir richtig verrückt vor, ver­liebt wie ein kleines Kind, ein Teeny. In der Schule falle ich schon auf, weil ich irgendwelchen albernen Quatsch mache, und zu Hause möchte ich trällern und tanzen. An so etwas denke ich. Wie geht denn Verliebtsein mit siebenundvierzig? Oder ist das zwangsläufig immer das Gleiche, egal wie alt man ist?“ Paul lachte. „Ich weiß nicht Simonetta, ein wenig wird das sicher immer vom Typ, von der jeweiligen Persönlichkeit abhängig sein, aber es ist immer ein sehr gutes wohliges, glücklich machendes Gefühl, das sehr dominant ist, und manches andere verdrängen oder ausblenden kann.“ antwortete ihr Paul. „Und meinst du das bleibt jetzt so, so lange wir uns lieben?“ fragte Simonetta leicht naiv nach, aber Paul hatte auch das Empfinden, dass es ihr weniger um sachliche Informationen ging, als um die Lust, darüber zu reden. Er meinte lächelnd zu Simonetta: „Weißt du, ich finde, solche Fragen lassen sich viel besser bei einem Glas Wein im Liegen klären.“ „Jetzt? Am Nachmittag?“ fragte die erstaunt, „Ich muss noch für den Unterricht morgen etwas vorbereiten.“ „Das kommt ja darauf an, wie viele und wie schwere Fragen du hast, ob du das noch geregelt bekommst.“ reagierte Paul lächelnd. „Aber Paul, wir gehen doch heute Abend sowieso gemeinsam ins Bett.“ meinte Simonetta. Doch an der Art wie sie es sagte, merkte man, dass es sich nicht um eine grundsätzliche Ablehnung handelte. Jetzt war sie ein wenig verwirrt. Nachmittags zum Sex ins Bett gehen, das hatte sie noch nie erlebt. Im Grunde war es ja gleichgültig, wo die Zeiger der Uhr standen, aber für sie war es immer mit einer gewissen Abendstimmung verbunden gewesen. Sicher machten viele Menschen so etwas, aber für sie war es eben etwas Neues. Sie hielt sich sowieso für sexuell sehr unerfahren, aber auch nicht besonders interessiert. Dass sie jetzt fast ständig ein Bedürfnis nach Paul verspürte, hielt sie auch für ein Zeichen ihrer augenblicklichen Verrücktheit. Mit Simonettas gespannter Erwartung gingen sie ins Bett. „Soll ich wieder ein Negligé anziehen, oder kann man die Fragen auch so beantworten?“ fragte sie Paul und dann erklärte sie Paul, dass es für sie sehr ungewöhnlich sei, und bat ihn, doch sehr einfühlsam zu sein.


Pauls Bild


Das war er sowieso, und vielleicht hatte Simonetta das ja auch in ihm erkannt, denn männliches Selbstdarstellungsbedürfnis und protzige Attitüden oder Ähn­liches waren ihr zutiefst zuwider. Sie hatte immer davon geträumt, sich in einen Musiker oder Balletttänzer zu verlieben, aber bei denen sind Feinfühlig­keit und rücksichtsvolles Verhalten im Sozialbereich wohl ebenso wenig garan­tiert, wie bei anderen Menschen auch. Ralf, ihr Mann war immer sehr einfühl­sam und rücksichtsvoll gewesen, obwohl das zu seinem Alltag im Beruf über­haupt nicht passte. Simonetta sah in Paul vieles, was ihren Träumen ent­sprach, einen Bruder, einen Freund, einen gleichgesinnten Partner, den sie so nie gehabt hatte. Sie war in liebevoller, behüteter Kindheit allein aufgewach­sen. Freundinnen und Freunde hatte sie immer gehabt, aber das große Glück, das ihr versagt geblieben war, wäre für sie ein Bruder gewesen. Das das nicht zwangsläufig großes Glück bedeuten musste, wusste sie zwar von anderen, aber trotzdem hielt sie an ihrem Traum fest. Es war wohl eher das, was sie in diesen Traum hineinlegte. Die familiäre Nähe und Wärme, das unbedingte Ver­trauen, das gegenseitige Verständnis und Verstehen wollen. Wahrscheinlich al­les nur eine Illusion, aber ihr imaginierter Bruder verkörperte es. Vielmehr hat­te es verkörpert. Heute dachte sie natürlich nicht an so etwas, Aber das Be­dürfnis, der Wunsch, die Sehnsucht, die sie dieses Bild hatte gestalten lassen, waren nicht verschwunden.

Alles was mit Paul zusammenhing empfand Simonetta als kitzlig, spannend und aufregend. Sie meinte, immer seine Haut spüren und seine Stimme hören zu können. Auch wenn sie ihn in machen Situationen für ein wenig tollpatschig hielt, beschädigte das nicht sein Bild in ihr, sondern ließ ihn für sie eher noch liebreizender erscheinen. Sie wusste, dass dies ein Empfinden mit zeitlicher Begrenzung war, dass sie sich weiter lieben, aber die Empfindungen von jetzt verschwinden würden. Sie bedauerte es, hätte es gern perpetuierend festge­schrieben, dieses Hochgefühl des Glücks, obwohl es ihren gesitteten Tagesab­lauf manchmal nicht unerheblich beeinträchtigte.


Renées Besuch


Seit Simonetta allein wohnte, kamen an den Wochenenden regelmäßig ab­wechselnd ihr Sohn oder ihre Tochter sie besuchen. Ihre Tochter kam auch in­nerhalb der Woche schon mal vorbei. Sie studierte hier in Köln, während es für ihren Sohn immer von Frankfurt aus ein Wochenendausflug mit seiner Freundin war. Jetzt war plötzlich Paul da. Simonetta erklärte Renée, ihrem Sohn, und Manon, seiner Freundin, dass Paul ein Gewerkschaftskollege sei, der ganz drin­gend eine Wohnmöglichkeit gesucht, und sie ihm zunächst mal Unterkunft ge­boten habe. Sie erklärte immer weiter, wie getrennt sie in dieser Art WG leb­ten, und wurde erst dadurch gebremst, das Renée ihr ins Wort fiel und lachend erklärte: „Mom, ich glaub dir nicht, kein Wort.“ Simonetta grinste. Warum sie den beiden diesen Unsinn aufgetischt hatte, wusste sie eigentlich selber nicht. „Aber ein Gewerkschaftskollege ist er, das stimmt.“ verkündete sie lächelnd, „ja, und beabsichtigt, so wie ich's erzählt habe, hatten wir's auch, aber dann habe ich mich leider sofort in ihn verliebt. Warum ich das nicht gleich gesagt habe, ist mir selbst schleierhaft. Tut mir leid. Entschuldigung. Vielleicht fällt es mir unbewusst schwer zu sagen, das die Mutter sich verliebt hat, weil sich so etwas für die eigentlich nicht gehört. Trotzdem ist es schön, göttlich schön. Du kannst es dir nicht vorstellen.“ Jetzt mussten alle lachen und Renée fragte Ma­non, ob sie sich so etwas vielleicht vorstellen könne. „Mit Paul eventuell schon ...“ weiter sprach sie nicht. Sie scherzten länger, und als Paul zum Abendbrot aus seinem Zimmer kam, saß man immer noch an der Kaffeetafel. „Ich würde gern gemeinsam etwas essen gehen.“ erklärte Simonetta, „Ich fin­de, dass heute ein besonderer Tag ist.“ „Weil du erklärt hast, dass du dich ver­liebt hast?“ erkundigte sich Renée. „Nein,“ gab ihm Simonetta zurück, „weil ich heute zum ersten Mal versucht habe, meinen Sohn zu belügen. Natürlich leider erfolglos.“ und sie lachte. Beim Essen unterhielt sich Simonetta mit Renée an­geregt über Liebesfragen nach dem anfänglichen Berauschtsein, während sich Paul vornehmlich um Manon kümmerte. Die mochte ihn nicht nur gut leiden, sondern war auch über seine Bildung und sein Wissen erstaunt. Sie bewunder­te, wie viel er aus der La main zu den verschiedenen Manons und besonders zu Manon Lescaut wusste und unterhaltsam vermitteln konnte. Er habe aus ihrem Wochenendausflug einen kleinen Bildungsurlaub gemacht, scherzte sie. Simonetta freute sich, dass man sich gut verstand, und Renée ihre neue Liebe für ein 'tolles Geschenk' hielt.


Annelie besichtigt Paul


Dass sie Annelie, ihre Tochter noch nicht informiert hatte, fiel ihr erst jetzt als sträfliche Vernachlässigung auf, aber in ihrem Liebesrausch war das, wie ande­res auch schon, wohl untergegangen. Annelie wollte Paul natürlich sofort se­hen, aber Simonetta gefiel es nicht, wenn sie direkt nur zum Paulbeschauen käme. „Wenn du mich besuchst, wirst du ihn sehen. Ich hoffe stark, dass er auch am nächsten Wochenende noch hier sein wird.“ reagierte Simonetta iro­nisch. Unter einem Vorwand kam Annelie aber doch schon am Donnerstag mal kurz vorbei. „Mami hat mir gesagt, dass sie sehr verliebt ist in sie.“ meinte sie zu Paul, der nicht wusste, wie er Annelie gegenüber richtig darauf reagieren sollte. Simonetta lachte sich halb tot und meinte: „Ja, Herr Krohn, jetzt neh­men sie mal Stellung dazu. Mensch Annelie, Liebes, das ist Paule, Mamis Sweetheart, das ist einer von uns, auch wenn du ihn gerade erst kennen­lernst.“ Es sei alles so ungewohnt und überraschend neu, entschuldigte die sich. Aber sie habe Simonetta ja schon am Telefon gesagt, das sie es prima fände und sich für sie darüber freue. „Ob du der richtige für Mami bist, Paul, das weiß ich natürlich noch nicht. Das muss ich erst testen.“ meinte Annelie scherzend und fügte dem hinzu, „aber die lässt sich von mir ja sowieso nichts sagen, außer bei Rezepten, weiß selber alles besser.“ Ob sie das bei Paul auch so mache, wollte sie noch wissen.


Simonettas Kinder


Beide Kinder liebten und verehrten Simonetta. Im Grunde stellte sie immer noch das Zuhause für beide dar, und Simonetta freute sich über ihre Liebe und Zuneigung. Die Beziehung zu ihren Kindern hatte auch in den letzten Jahren den Schwerpunkt ihrer emotionalen Basis gebildet. Sie mochte Renée sehr und liebte ihn, aber die Beziehung zu Annelie hatte einen etwas anderen Touch. Was es genau war konnte Simonetta gar nicht benennen. Die Beziehung zu Annelie war von mehr Selbstverständlichkeit geprägt, sie schien ihr offener, war in gewisser Weise schwesterlich. Sie meinte auch, dass Annelie sehr an ihr hänge. Nicht zu Hause wohnen zu bleiben, sondern sich eine eigene Wohnung zu nehmen, war sicherlich nicht emotional, sondern ausschließlich rational ent­schieden worden. Dass sie in Köln studieren wollte, war bestimmt auch im Zu­sammenhang mit Simonetta zu sehen. Sie hatte auch keine feste Beziehung, was man mit zwanzig zwar nicht unbedingt haben muss, aber ihre Probleme mit Männerbekanntschaften waren schon deutlich. Es schien, als ob sie sich im Grunde von zu Hause noch nicht richtig abgenabelt hätte. Simonetta sah das auch, nur was sie daran hätte ändern können, war für sie nicht zu erkennen.


Paul will Miete zahlen


Dass Paul Miete bezahlte, oder sich an irgendwelchen Angelegenheiten finanzi­ell beteiligte, lehnte Simonetta strikt ab. Es stellte sich heraus, dass nicht ihr Mann es war, der über das große Geld verfügte, sondern Simonetta selbst. Sie war Alleinerbin eines großen Unternehmens. Ihre Eltern hatten sich zurückge­zogen und verbrachten ihren Lebensabend in der Provence. Sie hatte dafür ge­sorgt, dass das Unternehmen an der Börse notiert wurde, weil sie selbst mit dem Geschäftlichen nichts zu tun haben wollte. Nur einmal im Jahr musste sie zur Vollversammlung erscheinen und machte auch sonst schon mal ab und an bei vermeintlichen Fehlentscheidungen ihren Einfluss geltend. Ihr Mann hatte ihr im Rahmen der Trennung einige Wertpapiere und Beteiligungen überlassen, aber das Haus hatte schon immer ihr gehört. Sie war im Rahmen der Studen­tenbewegung politisch sehr aktiv gewesen, und es war ihr festes Ziel, später einmal alles zu verkaufen, und das Geld politischen Bewegungen zu schenken. Nur die gab es nicht mehr, zumindest nicht mit vernünftiger vertrauensvoller Basis. Sie war auch der Ansicht es sei sinnvoller, ein Unternehmen zu behalten und sich um eine anständige Entwicklung zu kümmern, als es irgendwelchen Finanzjongleuren zu überlassen. Im geschäftlichen Bereich selbst konnte sie aber nicht leben. Mit den Fächern Deutsch und besonders Geschichte/Politik fühlte sie sich in der Schule sehr wohl. Der Umgang mit den Kindern und Ju­gendlichen bereitete ihr Freude und war ihr ein wichtiges Bedürfnis, auf das sie nicht verzichten wollte. „Paule, das hält mich am leben, das sorgt dafür, das ich die sein kann, die ich sein möchte, die ganz normal menschlich ist, und die du lieben kannst.Das bin ich, das macht mich aus und nicht meine Aktienpake­te. Aber dass du hier etwas bezahlst, kommt doch wohl nicht in Frage.“ erklär­te sie Paul, der das unangenehme Empfinden hatte sich aushalten zu lassen. „Simonetta ich sehe ja ein, das es für dich Lappalien sind, trotzdem kränkt es irgendwie mein Ego, ganz auf deine Kosten zu leben.“ meinte Paul. „Mein lieber Paulemann, was sollen wir tun, willst du die Straßenreinigungskosten überneh­men? Stärkt das dein Ego?“ antwortete Simonetta und lachte, „Lass es doch Paul, das sind doch Albernheiten. Mein Leben hier ist durch dich um nichts teu­rer geworden. Außerdem langweilt es mich, darüber reden zu müssen, Schatz. Aber bitte zu niemandem ein Wort darüber, was ich dir gerade erzählt habe. Das ist mir sehr wichtig. Auch wenn es ja eigentlich kein Geheimnis ist. Es steht ja überall geschrieben, aber dass ein normaler Lehrer sich da informiert, ist unwahrscheinlicher als ein Lottogewinn.“


Arbeit und Leben


Simonettas Bild hatte sich für Paul verändert, nicht dadurch, dass er von ihren Besitztümern erfahren hatte, sondern dadurch, wie sie damit umging. Sie hätte doch überhaupt nicht zu arbeiten brauchen. Ob er das machen würde, wenn sein Gehalt für ihn nur unbedeutende Minimalbeträge auf seinem großen Konto bedeuteten, wohl eher nicht. Sicher gefielen im seine Fächer Englisch und Französisch, aber selbstverständlich hatte er immer gearbeitet, weil er das Geld zum Lebensunterhalt brauchte, andere Gedanken hatten sich bei ihm nie eingestellt. Dass er arbeiten ging, weil das sein Leben, sein Denken seine Welt gestaltete, so wie sie ihm gefiel? Eine sonderbare Idee, die ihm noch nie ge­kommen war. Wahrscheinlich verhielt es sich faktisch aber auch wohl so, nur Simonetta konnte es aus freien Stücken tun, ohne auf das Geld angewiesen zu sein. Und dann saß diese kapitalistische Unternehmerin eifrig in den kleinen Gewerkschaftszirkeln. Simonetta war nicht mehr nur Pauls wunderschöne, in­nig geliebte Freundin, er bewunderte die umfängliche Klugheit der Entschei­dungen, die sie für ihr Leben getroffen hatte, und deren Umsetzung sie tagtäglich praktizierte.


Kunst Kultur


Als L' art pour l'art erschien Simonetta ihre schulische Tätigkeit überhaupt nicht. Sie wollte ein eigenes Leben haben, und das bestand aus ihrer schuli­schen Aktivität und der Beschäftigung mit den Inhalten, die sie den Schülern zu vermitteln versuchte. Schon in der Schule hatte sie sich sehr für Politik in­teressiert. Dass sie etwas in der Richtung studieren würde, stand für sie fest. Es Schülern in der Schule in Verbindung mit Geschichte vermitteln zu können, war eine Vorstellung, die ihr gefiel. Dass sie Deutsch als Fach dazu genommen hatte, lag nicht daran, dass sie sich für anderes nicht fähig hielt. Sie war eine gute Schülerin gewesen und hatte in fast allen Fächern gute Noten, nur ihre emotionalen Affinitäten lagen bei der Literatur. Sie las viel, liebte Gedichte und ging gern ins Theater. Dass sie Germanistik als zweites Fach genommen hatte, war daher naheliegend. Persönlich hatte sie starke Interessen im künstlerisch-musischen Bereich, nur bei der Studienwahl war das nicht zum Tragen gekom­men. Sie sah sich auch vornehmlich als Konsumentin. Sie liebte es, Ausstellun­gen oder Konzerte zu besuchen, aber war selber in keiner Weise aktiv. Den Geigenunterricht hatte man nach zwei verweinten Stunden abgebrochen, und auf ihren Wunsch, nicht zum Ballettunterricht zu gehen, hatten die Eltern kei­nen Einfluss zu nehmen versucht. Heute bedauerte sie es, aber sie hatte spä­ter selbst auch keine Initiative ergriffen, um daran etwas zu ändern. Paul sollte immer Klavier spielen. Simonetta sah und hörte es gern, aber zum überwie­genden Teil war es auch der Spaß, den es beiden machte, wenn Pauls Proble­me dabei evident wurden. Paul hatte nur in seiner Jugend als Schüler Klavier­unterricht bekommen. Er konnte Einiges leidlich spielen, aber all zu große Vir­tuosität hatte er dabei nicht entwickelt. Für Paul hatte sein Klavierunterricht nichts Zwanghaftes gehabt, er hatte es gern gemacht, aber dass es bei Stu­dienbeginn plötzlich zu Ende war, hatte ihn auch nicht weiter gestört. Simonet­ta verspürte für sich eher einen Mangel. Freude auf einen Ausstellungsbesuch bewegte sie emotional sehr. Kunstgeschichte studiert zu haben, wäre für sie ein Traum gewesen. Noch stärker aber war ihre Affinität zu Modedesign. Nicht dem üblichen Haute Couture Business, ihr Interesse galt dem künstlerischen Bereich. Sie hatte es schon als Kind geliebt, mit Kleidung zu spielen, und sich später auch tiefer mit Funktion und Bedeutung der Wahrnehmung von Klei­dung beschäftigt. Sie kannte mehrere Modedesignerinnen, und womit sie sich kleidete, war zum überwiegenden Teil in Geschäften nicht zu kaufen.

Für Simonetta bildete die Beschäftigung mit Künstlerisch-Kulturellem neben der Schule einen zweiten Schwerpunkt in ihrem Leben. Es war für sie mehr als eine angenehme Beschäftigung, ein starkes emotionales Bedürfnis veranlasste sie, und das Empfinden von Glück und Freude waren damit verbunden. Des­halb störte sie, die eine ganz normale Kollegin sein wollte, auch die Diskrepanz zwischen ihrer Kleidung und der anderer nicht. Es hätte ihr weh getan, sich mit den Klamotten aus dem nächsten Kaufhaus umhüllen zu müssen. Paul war bei weitem keine Kulturbanause. Natürlich ging er auch gern ins Theater, besuchte Konzerte oder Ausstellungen, aber das emotional tiefe Verlangen, das Simo­netta bewegte, verspürte er bei sich nicht. Er hörte Simonetta gern zu, ließ sich von ihr etwas zeigen und erklären, aber die Bewegtheit, die Simonetta da­bei empfand, konnte sie in Paul nicht wecken.


Nach zwei Jahren


Die Liebe und das Glück beschwingten ihre Tage, brachten ihnen viele neue Er­lebnisse und ließen die Zeit vorüber rauschen. Zwei Jahre lebten Paul und Si­monetta jetzt schon zusammen. Auch wenn der große Rausch vorüber, vieles selbstverständlich war und immer wiederkehrte, und man das Gefühl hatte, sich gegenseitig sehr genau zu kennen, die Lust aneinander und die gegensei­tige Zuneigung hatten in Paul und Simonettas Beziehung keine Einbußen erlit­ten. Wenn es auch nicht mehr so crazy und spannend war, wie in der ersten Zeit, Simonetta bedauerte es nicht. Sie meinte, ihre Beziehung habe an Tiefe gewonnen und für ihre Liebe habe sich eine fundiertere Grundlage entwickelt. Auch ihre Lust auf Paul, ihre Libido hatte zwar zu erträglicheren Formen gefun­den, aber die grundsätzliche Änderung war nicht verschwunden. Früher war sie nie ins Bett gegangen, weil sie sexuelle Lust auf ihren Mann hatte, es hatte sich immer aus guter Stimmung und den weiteren Aktivitäten so entwickelt. Bei Paul war das zum ersten Mal anders. Er hatte anscheinend in ihr etwas an­gesprochen, was sie bis dahin nicht kannte. Das war auch heute noch so. Sie empfand sexuelle Lust auf Paul. Zwar nicht mehr so verrückt wie zu Beginn, als sie meinte es ständig zu spüren, aber grundsätzlich hatte sich das nicht ge­ändert.


Auch mussten sie sich nicht mehr ständig in der Nähe des anderen bewegen. Sie konnten ihre Angelegenheiten auch ohne die Anwesenheit des anderen re­geln. Simonetta hatte akzeptiert, dass der ästhetisch-musische und Modebe­reich eher ihre Domäne waren, für den sie bei Paul keine entsprechende Faszi­nation wecken konnte. Sie fand es zwar schade, aber auf ihre Liebe hatte das keinen Einfluss. Paul kam es schon so vor, dass Simonetta ein reichhaltigeres Leben führte als er. Ihm war die Beschäftigung mit französischer und engli­scher Literatur, die Vermittlung der Sprache in der Schule, und die Organisati­on von Schüleraustauschen immer als komplexes umfangreiches Leben er­schienen, jetzt empfand er es manchmal als klein, eng und begrenzt. Simonet­ta hatte mehr, hatte etwas das ihm fehlte. Er entwickelte keine Minderwertig­keitsgefühle gegenüber Simonetta, aber als der Gewöhnlichere, der Schlichtere von beiden kam er sich schon manchmal vor.


In der Gewerkschaftsgruppe war ihre Akzeptanz durch ihre Beziehung eindeu­tig gestiegen. Als ob sich alle für Paul und Simonetta über ihr gemeinsames Glück freuten. Wenn bei Diskussionen Paul und Simonetta unterschiedliche Standpunkte vertraten, schwiegen alle, und hörten amüsiert zu. Es war kein Familienstreit, es war sanft und freundlich, aber sehr familiäre Züge hatte es schon. Die beiden beeinflussten durch ihr Verhalt und ihren Umgang miteinan­der, das Klima der gesamten Gruppe. Sie stärkten das Zusammengehörigkeits­gefühl und erhöhten das Maß an Vertrauen untereinander. Man mochte sie und liebte sie.


Belastung für Paul


In der Schule wurde Paul mit einem für ihn unangenehmen Problem belästigt. Er sollte mit seinen fast dreiundfünfzig Jahren einen Referendar in Englisch nehmen. Im Prinzip hatte er es nie als lästig empfunden Referendare zu haben, auch wenn es mit erheblicher zusätzlicher Arbeit verbunden war, nur er hatte es doch jetzt schon über zehn Jahre nicht mehr gemacht. Er versuchte dem Schulleiter, mit dem er sich persönlich sehr gut verstand, zu verdeutlichen, warum er keine gute Wahl sei: „Hans, du weißt, dass ich mich nie dagegen ge­sträubt habe, ich hab' es immer gern gemacht, aber jetzt bin ich da raus. Ich kenn mich doch mit vielem, was heute in den Seminaren läuft, gar nicht mehr aus. Zudem ist mein Englisch noch britisch fundiert und heute läuft doch alles auf ausschließlich amerikanischer Basis. Ich möchte nicht, das der Referendar meinetwegen Schwierigkeiten bekommt.“ erklärte Paul dem Chef. „Paul es geht um etwas anderes. Der Referendar ist eine junge Frau. Sie erschien mir sehr schlicht und empfindsam. Wenn die es schaffen will, braucht die Hilfe, war mein erster Gedanke, und als ich überlegte, wer das machen könnte, fielst du mir als erster ein und sonst auch kein weiterer anderer. Ich bitte dich, das zu machen, nicht obwohl sie Schwierigkeiten bekommen könnte, wie du meinst, sondern damit sie keine Schwierigkeiten bekommt, wie ich meine. Dass du das schaffen wirst, dessen bin ich mir sicher. Wer denn sonst, wenn nicht du.“ Na ja, Hans einen Gefallen tun, wenn es damit verbunden war, wusste Paul nicht, wie er sich weiter dagegen wehren sollte.


Neue Herausforderung


Allerdings, Claudia war ein schlichtes blondes Mädchen, eine junge Frau natür­lich, sie war ja fünfundzwanzig, aber sie wirkte äußerst jung. Zunächst schaute sie mal im Unterricht bei Paul zu. Im anschließenden Gespräch äußerte sie ganz unbefangen, was sie zu kritisieren fand, sprach Paul aber ebenso Lob und Bewunderung für seinen Unterricht aus. Es brauche bestimmt viel Erfahrung, bis sie selbst dazu in der Lage sei. Claudia machte einen sehr offen und unbe­fangen Eindruck. Sie meinte mit der Amerikanisierung des Englischen sei es nicht so schlimm bestellt. Ihr Fachleiter sei auch nur mal für einen kurzen Be­such in den USA gewesen, studiert habe er ein Semester in Edinburgh. Paul und sie würden das schon schaffen, wenn er sie unterstütze. Paul lächelte, eine kuriose, eine lustige junge Frau. Sie kam vom Lande, einem Bauernhof, meinte aber, das seien heute auch nur große Betriebe, aber die ganze ländliche Umge­bung, und mit Pferden aufzuwachsen, präge schon ein wenig und sei doch sehr stark unterschiedlich vom Leben in der Stadt.


Simonetta meinte, Paul solle sich doch freuen, es täte ihm sicher gut, sich mit jungen Menschen zu befassen. Er solle es doch als eine Herausforderung be­trachten, die ihm frische Kraft verleihe. So sah es Paul mittlerweile auch. Aus der problembehafteten Belastung war eine interessante Herausforderung ge­worden. Er hatte eine neue Aufgabe und vertiefte sich darin.


Paul allein


Die Besuche von Simonettas Kindern waren seltener geworden. Annelie kam zwar genauso häufig vorbei, aber verbrachte nicht mehr die ganzen Wochen­enden bei der Mutter, und Renée hatte seine Besuche langsam reduziert. Si­monetta fuhr ihn schon mal besuchen. Beim ersten Mal hatten sie einen ge­meinsamen Ausflug nach Frankfurt gemacht, aber jetzt fuhr Simonetta allein. Zu Veranstaltungen mit Mode oder Modedesign nahm sie Paul sowieso nicht mit, aber auch wenn sie wegen einer Ausstellung nach Berlin flog, nahm sie Paul nur mit, wenn er es ausdrücklich wünschte. Zu Beginn wollte sie Paul im­mer bei sich haben, wenn sie etwas Angenehmes erlebte, aber sie hatte akzep­tieren gelernt, dass es Dinge gab, die Paul nicht im gleiche Maße bewegten wie sie. Auch zu politischen Veranstaltungen fuhr Simonetta häufiger. Das interes­sierte Paul ja auch, aber wegen eines Vortags mit Podiumsdiskussion nach Mai­land zu fliegen, bedeutete für Paul eher übertriebenen Aufwand als freudige Er­wartung. Simonetta teilte ihm nur noch mit, was sie vorhabe und fragte, ob es ihn auch interessiere, versuchen es ihm schmackhaft zu machen, und ihn ani­mieren mitzukommen, tat sie nicht mehr. So war Simonetta häufig allein un­terwegs und Paul allein zu Hause. Simonetta hätte es zwar lieber gesehen, wenn Paul auch diese Interessen geteilt hätte, aber das hielt sie nicht für einen entscheidenden Bereich ihrer Beziehungen. Sie kümmerte sich eben weiter al­lein darum wie bisher auch.

Paul vermittelte das Alleinsein eher ein anderes Gefühl. Er war der kleinkarier­te Spießbürger der brav zu Hause saß, während die Grande Dame die Welt be­reiste. Er hätte ja mitfahren können, nur dass es ihn nicht bewegte war eben das Problem, dass ihm das Bild eigener Beschränktheit vermittelte. Etwas An­deres, Gleichbedeutendes hatte er auch nicht vorzuweisen. Außer ihrer guten Beziehung habe er Simonetta nichts zu bieten, war seine Ansicht. Für Pauls Selbstwertgefühl war es sehr abträglich, das Simonetta so viele eigene Aktivi­täten entwickelte.


Claudias erster Unterricht


Die Arbeit in der Schule machte ihm zunehmend Freude. Mit der neuen Refe­rendarin gab es viel zu schmunzeln und zu lachen. Frau Claudia Kruifs Verhal­ten war nicht tollpatschig, aber unbekümmert offen. Sie erklärte, dass sie grundsätzlich keine Befürchtungen habe, aber sie habe schon ein wenig Angst, dass die Schüler sie nicht respektieren würden, zumal jetzt auch noch in der Oberstufe. Sie habe schon im Praktikum Probleme damit gehabt, aber jetzt sähen ja manche Schülerinnen älter aus als sie. „Die werden sich doch von mir Kindergesicht nichts sagen lassen wollen.“ befürchtete sie. Paul lachte und meinte: „Claudia ich denke, da wird es keine Probleme für sie geben, wenn man die Angst davor nicht ständig in ihrer Stimme hört. Versuchen sie nicht an so etwas zu denken. Ich werde sie bei ihrer ersten Stunde kurz vorstellen, und sie können sicher sein, dass es keine Probleme geben wird.“ Paul zeichnete bei seiner Vorstellung ein tolles Bild von Frau Kruif und wusste, sie den Schülern in launigen Worten sympathisch zu machen. Eigentlich hätte das schon gereicht, aber er appellierte noch mal an ihr Alter und gewisse Höflichkeitsformen, dass sich blamiert hätte, wer sich bei Frau Kruif daneben benähme. Paul hatte das Vertrauen der Schüler, und seine Worte wurden respektiert. „Danke, danke, danke, Paul. Sie sind wunderbar.“ fiel ihm Claudia nach der Stunde um den Hals, „Ich glaube die Schüler mögen mich durch das, was sie erzählt haben. Sie sind ein Zauberer, ich bewundere sie, Paul.“ „Na für Zauberer ist das eben ein Klacks.“ reagierte Paul, „Ich kenne die Schüler ja und weiß ein wenig was sie hören wollen, was bei ihnen ankommt. Mehr steckt nicht dahinter.“ „Ja sie haben sich nachher erkundigt, wo ich denn in den USA war, und ob sie das jetzt auch noch machen könnten. Ein Mädchen wollte wissen, wie man denn Mitglied bei den Grünen werden könne. Alles nur, was etwas mit ihrer Einführung zu tun hatte, im Unterricht kam davon ja nichts vor.“ „Sollen wir denn nicht mal etwas über Idaho machen, das liegt doch in den Rockys, da gibt es doch bestimmt irgendwelche Anknüpfungspunkte.“ überlegte Paul. „Ja natürlich der Yellowstone, da waren meine Gasteltern ja beschäftigt. Da habe ich sogar ganz viel persönlichen Krempel.“ ergänzte Claudia begeistert, „Wir werden uns mal etwas überlegen, wie wir das richtlinienkompatibel machen.“


Gemeinsame Besprechungen


Claudia Kruifs Start war ein Erfolg gewesen, und ihre kindlich unbedarft wir­kende Erscheinung wurde nach Pauls Respekt vermittelnder Einführung nicht als ausnutzbare Naivität gesehen, sondern vermittelte den Schülern eher das Gefühl, leichter Zugang zu ihr bekommen zu können. Es kam ihnen vor, als ob sie mit ihr auf ähnlicher Ebene reden könnten, und besonders bei den jungen Damen war sie schon nach kurzer Zeit sehr beliebt und genoss deren vollstes Vertrauen. Sie meinte, es sei nicht schlecht, wenn Paul mal mit ihrem Fachlei­ter sprechen würde. Der würde ihm bestimmt erklären, wo welche Schwer­punkte zu setzen seien, und worauf es ihm besonders ankäme. „Ah, da kommt ja der tolle Pädagoge. Ja, Frau Kruif ist total begeistert von ihnen. Wenn man sie erzählen hört, kann man richtig neidisch werden.“ Paul versuchte alles run­terzuschrauben, aber der Fachleiter war ausnehmend freundlich zu ihm. Sprach wie mit einem alten Bekannten, obwohl sie sich ja noch nie begegnet waren. Dass für Claudia alles gelaufen war, wenn sich nicht etwas unverhält­nismäßig Widriges ereignen sollte, war Paul jetzt schon klar.


Pauls und Claudias freie Zeiten in der Schule harmonierten überhaupt nicht miteinander, und so kam Claudia zu Besprechungen nachmittags zu Paul nach Hause. „Sie sind die junge Lehrkraft vom Lande.“ scherzte Simonetta als sie Claudia begrüßte, „Paul hat mir schon öfter von ihnen erzählt.“ „Ja, findet er mich so aufregend?“ fragte Claudia und alle lachten. „Wer sind sie denn genau, Claudia oder Frau Kruif?“ wollte Simonetta wissen. Simonetta fand es daneben, in der Schule könne man das ja ihretwegen so machen, aber hier müsse sie sich für Claudia ohne Sie oder Frau Kruif mit Sie entscheiden. Natürlich war sie ab jetzt Claudia, und Simonetta bat sie, doch zum Abendessen zu bleiben. Im Raum umschauend meinte Claudia: „Das ist aber ein ganz schöner Prachtbun­ker hier. Als Lehrer muss man da sicher lange für sparen.“ „Ja, ja meinte Si­monetta, „wir sind eben sehr sparsame Lehrer.“ und fügte dem hinzu, „Nein das kommt woanders her. Als Lehrer kann man das sicher nicht bezahlen.“ Dann unterhielten sie sich über Claudias Arbeit bei den Grünen und Simonettas Begründung, warum sie nicht Mitglied sei. Claudia meinte, dass es bei aller Kri­tik dazu aber keine Alternative gebe, während Simonetta die Ansicht vertrat, es sei sinnvoller andere Basisaktivitäten zu unterstützen. Claudia argumentier­te ohne Zweifel geschickt und kenntnisreich, aber Simonetta war sie natürlich in manchen Aspekten nicht gewachsen. Paul hielt sich raus, ihn faszinierte mehr das Bild, die junge strohblonde und die ältere schwarzhaarige Frau gesti­kulierend am Küchentisch sich unterhalten zu sehen. Sie diskutierten lange und wollten es fortsetzen. Als Claudia nach Hause fuhr meinte sie: „Paul, mein Lieber, du bist nicht nur ein toller Lehrer, du hast auch eine ganz, ganz tolle Frau.“ Dass Claudia damit nicht Simonettas äußeres Erscheinungsbild meine, brauchte nicht erwähnt zu werden. Paul gefiel Simonettas Chic, Claudia würde sicher nichts davon wahrgenommen haben. Wenn sie einige Jahre früher gebo­ren wäre, würde sie sicher Latzhosen getragen haben, jetzt hatte sie meist zu weite Pullover und schlabbrige Hosen an. Dazu trug sie meist Turnschuhe oder Boots. Irgendwelche Attitüden, die weiblichen Charme hätten vermitteln kön­nen, schienen ihr fremd zu sein, obwohl ihre naturkindhafte Erscheinung auch nicht jeden erotischen Reizes entbehrte. Bei Paul und Simonetta war sie die Referendarin mit Familienanschluss. Immer, wenn es etwas mit Paul zu be­sprechen gab, war Claudia auch zum Abendbrot da. Simonetta mochte sie sehr gern, und hatte immer das Bedürfnis, sie irgendwomit zu verwöhnen oder ihr irgendetwas Gutes zu tun. Nur wusste sie eigentlich nicht, wodurch. Sie forder­te sie immer wieder auf, doch noch etwas zu nehmen, als ob sie sonst nicht satt würde, und als sie mal Simonettas Lieblingswein probiert hatte und ihn sehr lecker fand, wurde sie gleich mit zwei Flaschen bedacht, um ihr die einsa­men Abende ein wenig zu versüßen.


Besuch bei Claudia


Auch wenn sie Simonetta sehr gut leiden mochte, schwerpunktmäßig wurde al­les Paul zugeordnet, Claudias unglaublich tollem Ausbildungslehrer. Sie bat ihn, doch auch mal eine Besprechung bei ihr zu machen, damit er sehe wie sie lebe, und außerdem liege ihre Wohnung ja auf dem Weg. „Ich bin sofort fer­tig.“ rief sie aus dem Mansardenfenster als Paul vor der Haustür stand. Der Türöffner wurde gedrückt und Claudias Wohnungstür stand offen, aber von Claudia war nichts zu sehen. Plötzlich erschien sie mit krausen nassen Haaren. „Ich war gerade unter der Dusche. Ich schwitze immer so viel, oder ich bilde mir das zumindest ein. Kann man sich eigentlich Schwitzen einbilden?“ fragte sie und lachte. „Paul Entschuldigung, ich hab's nicht extra für dich schön ordentlich gemacht. Jetzt siehst du original, wie deine verschlampte Referendarin lebt.“ erklärte Claudia zu ihrer Wohnung. In der Tat, Ordnen, Sortieren und Aufräumen schienen in Claudias Prioritätenliste keinen der vorderen Plätze zu belegen. „Paul, das ist doch nicht schlimm,“ meinte Claudia als ob sie Paul mit seinem erstaunt skeptisch lächelnden Blick trösten wollte, „Ich weiß wo alles ist. Ich hab' noch nie etwas nicht wiedergefunden, und Platz zum Sitzen haben wir auch noch genug. Aus der gemeinsamen Besprechung wurde heute nichts. Claudia musste Paul alles zeigen und vorführen. Ihr ganzes Leben kannte er jetzt, in Bildern und Beschreibungen. „Männer haben alle Macken, ich werde später ein Pferd heiraten.“ verkündete sie lachend als Erklärung dafür, dass sie keinen Freund habe. „Ja, ich weiß es auch nicht, ich glaube, ich bin sehr wählerisch und mit jemandem zusammen sein, bei dem ich vorher schon weiß, was mir stinkt, wie soll das denn gehen? Ich glaube du, du hast keine Macken, nur Bewundernswertes, in so etwas wie dich hätte ich mich gut verlieben können. Aber so ein toller Mann ist mir leider bisher noch nicht begegnet.“ schloss Claudia ihre Bewunderung für und Liebeserklärung an Paul. „Claudia, ich bin einfach nur schlicht dein Ausbildungslehrer, auch wenn wir uns persönlich gut verstehen, und menschlich gesehen bin ich genauso eine Ameise, genauso ein kleines Würstchen wie alle andere auch.“ äußerte sich Paul zu Claudias Verehrungen und Avancen. „Sprich nicht so, Paul, das hört sich böse, trostlos und verzweifelt an. Natürlich wird es uns alle mal nicht mehr geben und geschichtlich sind wir vielleicht ein Sandkorn oder eine Ameise, wie du sagst, aber das bist du doch nicht, du bist doch nicht ein isoliertes Objekt, von dir geht doch etwas aus, das andere beeinflusst, glücklich oder traurig machen kann. Du musst dein Leben doch heute und jetzt sehen, das ist doch das Entscheidende und nicht welche historische Bedeutung oder Rolle im Universum ihm zukommt. Wen soll das denn interessieren. Wenn du denken willst, es ist sowieso alles umsonst, dann ist das vielleicht 'ne Ebene. Ist aber nicht umsonst. Was du tust ist nicht umsonst. Du machst mich glücklich mit meiner Schule und mehr. Das allein ist schon viel, sehr viel. Ich könnte dir noch mehr sagen, tu ich aber nicht, auf jeden Fall bist du für mich keine Ameise, kein unbedeutendes Würstchen. Lass dir das mal gesagt sein, von deiner Azubi.“ schloss sie scherzend. Nach einer Pause, in der niemand etwas sagte, meinte Paul: „Claudia, ich mag dich doch auch, mir gefällt alles, auch was du mir heute alles erzählt hast, nur du vergötterst mich ein wenig und scheinst mich ein bisschen sehr zu mögen, das ist mir zu persönlich, so möchte ich das eigentlich nicht, deswegen habe ich erklärt, das ich ein ganz normaler Typ bin.“ Sie schauten sich an, der alte Mann und das Mädchen. „Entschuldige Paul,“ sagte Claudia, „ich wollte dir nicht zu nahe treten, aber du gefällst mir schon. Darf ich das nicht einfach sagen, wenn's so ist? Muss ich das dir gegenüber verschweigen? Muss ich versuchen, mir solche Empfindungen auszutreiben?“ „Na schön,“ erwiderte Paul, „aber du musst bei deinen Empfindungen auch wissen, das das niemals irgendwelche Konsequenzen haben kann und wird. Sieh es so, als ob dir der Papst gefiele.“ „Paul, du bist mir jetzt böse, nicht war? Dabei war es so schön. Du wirst sicher nicht mehr zu mir kommen, oder?“ fragte Claudia beim Abschied. „Claudia, sei beruhigt, alles bleibt beim Alten. Wie sollte ich dir denn böse sein?“ entkräftete Paul lächelnd Claudias Befürchtungen.


Examen und Abschied


Verändert hatte sich für Paul aber schon etwas. Auch wenn er sich nicht in so ruhmreichen pädagogischen Höhen sah, wie Claudia ihn wähnte, Selbstbestäti­gung und Anerkennung vermittelte Claudia ihm schon. Er kam sich nicht klein und unbedeutend vor, wie er Claudia zu vermitteln versucht hatte. Er wusste mittlerweile auch, das Claudia keineswegs naiv und unerfahren war, wie es ihr äußeres Erscheinungsbild vortäuschte. Er sah in ihr schon eine nette, kompe­tente junge Frau, die er mochte. Das sie ihn so toll fand, ließ ihn bei dem Al­tersunterschied schmunzeln, schien ihm aber doch ein wenig zu schmeicheln. Keinesfalls war sie mehr das Mädchen vom Lande, das Unterstützung, Hilfe und Schutz brauchte, weil sie es sonst nicht schaffen würde. Sie war eine tolle Kollegin, auf deren Anwesenheit Paul sich freute, und zu der er den engsten persönlichen Kontakt hatte. Für ihre Examensarbeit zur Geschichte, Kultur und Literatur des amerikanischen Nordostens in der Oberstufe bekam sie die beste Note. Bei der Entwicklung der Unterrichtsreihe dazu hatte Paul selbst am meis­ten gelernt. Auch für ihre Prüfungsstunden erhielt sie die Bestnoten. „Hans, arm schwach und hilfsbedürftig?“ hatte Paul den Schulleiter schon vorher mal aufgeklärt, „die Frau ist klasse, super.“ „Ja weil sie bei dir ist.“ hatte der nur lakonisch lächelnd kommentiert. Dass Claudias Abschied in der Schule, nicht der Abschied von Paul sein konnte war klar. Sie meinte Simonetta und Paul zu sich einladen zu wollen, aber sie kam dann doch zu den beiden und übernach­tete dort. Ohne Familie, vom Lande kommend werde sie sich bestimmt weit entfernt von Köln in einer Kleinstadt wiederfinden. Das gefiele ihr gar nicht, aber sie habe sich ja hier so viel Kraft geholt, dass sie hoffe, mit Einigem fertig zu werden. Und sonst käme sie einfach hier her. Paul könne ihr bestimmt hel­fen. Der Abend verging schnell mit vielen Scherzen und Lobeshymnen auf Paul, und Claudia weinte. So nette Menschen, wie Paul und Simonetta habe sie noch nie gefunden, außer vielleicht mit ihren Gasteltern in Idaho, aber das sei ja auch schon sehr lange her. Natürlich wollte man in Kontakt bleiben, sie seien ja ihre Ausbildungseltern, meinte Claudia scherzend.


Claudias Besuch


Einige Monate später rief Claudia Samstagmittags an, wollte wissen, ob es aus­käme, sie sei in Köln und würde gerne vorbei kommen. Natürlich, Simonetta sei zwar nicht da, aber er würde sich freuen, erklärte Paul. Freundliche Begrü­ßung und bei einem Kaffee saßen die beiden auf der Couch. „Und, haste Pro­bleme?“ erkundigte sich Paul bei Claudia, die ihn unentwegt lächelnd anschau­te, „Nö, wieso?“ antwortete die lakonisch. „Du lachst immer, was ist los, Clau­dia?“ fragte Paul. „Nix, ich freu mich nur, dich wiederzusehen.“ antwortete sie. Paul wusste nicht recht, wie er das einschätzen sollte und sagte: „Ja, ich freue mich auch. Ist ja auch schon ne ganze Zeit her. Erzähl doch mal, wie's dir geht.“ „Ich hab' von dir geträumt, Paul.“ erklärte sie jetzt nicht mehr lächelnd, sondern Paul ernst fixierend, „Ich musste dich wiedersehen. Ich hab's nicht mehr ausgehalten. Ich liebe dich Paul, ich liebe dich sehr.“ „Claudia,“ stöhnte Paul fassungslos auf, „was soll das?“ und nach einer kurzen Pause, „du bist jünger als mein Sohn, und dazu habe ich eine feste Freundin, ich brauche keine weitere.“ „Ja, vielleicht bin ich verrückt, trotzdem ist es einfach so.“ erklärte Claudia, „Was soll ich machen, soll ich mir sagen: 'Das geht nicht. Das ist dumm und unvernünftig. Lass es sein.' und dann ist es weg? Obwohl ich weiß dass es Unsinn ist, hab ich's trotzdem versucht. Es hilft nix. Du bleibst einfach da, Paul.“ Claudia war unmerklich langsam auf der Couch näher zu Paul gerückt. Sie berührte ihn zwar noch nicht, aber ganz dicht neben ihm saß sie. Hatte ihre Schuhe ausgezogen und ihre Unterschenkel schräg unter sich gewinkelt auf die Couch gelegt.“Küss mich, einmal, bitte, Paul“ brachte sie fast flehentlich hervor. Sie war jetzt mit ihrem Oberkörper noch näher zu Paul gekommen, der abwehrend jammerte: „Claudia, das hat doch keinen Sinn.“ „Bitte, Paul, einmal.“wiederholte Claudia. „Wenn sie dann zufrieden ist, na gut einmal.“dachte Paul und sagte „Ja gut, o.k.“ Claudia saß jetzt fast auf seinem Schoß. Paul wusste gar nicht, wo er sie anfassen sollte. Sie hatte nur ein hauchdünnes fast durchsichtiges Sommerkleidchen mit einem Bändchen um den Hals und freiem Rücken an. Zwangsläufig musste er seine Hände auf ihre nackte Haut legen. Sie rieb ihre Brüste an seinem Oberkörper und schien mit dem Küssen nicht wieder aufhören zu wollen. Als Claudia versuchte Paul das Hemd aus der Hose zu ziehen und sich an seiner Gürtelschnalle zu schaffen machte, stieß Paul sie zurück. „Claudia, bitte, lass es. Einmal küssen, mehr nicht.“ Die saß tief atmend und mit errötetem Gesicht auf Pauls Schoß und schaute ihn an. „Paul, tut das denn nicht gut, magst du so etwas nicht? Aber mich magst du doch.“ fragte sie rhetorisch. Paul hätte einfach aufstehen können und sagen: „Claudia, ich will das nicht, das geht mir zu weit. Mit deiner Verliebtheit kannst du zum Therapeuten gehen, aber ich kann dir nicht helfen.“ Das tat er aber nicht. Er blieb immer in der Position, die ihn einerseits sicher quälte, aber es musste auch etwas geben, das ihn darin verharren ließ. Claudia schaute ihn schweigend an, sie streichelte seine Brust und Tränen begannen ihre Augenlieder zu benetzen. Sie vergrub ihr Gesicht in Pauls Schulter und ihre Arme umschlangen seinen Hals. Nach kurzer Zeit flüstere Claudia Paul mit weinerlicher Stimme ins Ohr: „Lass uns doch einmal lieben Paul. Niemand weiß etwas, niemand erfährt etwas, hinterher ist es, als ob es nicht gewesen wäre. Es stört doch niemanden Es ist nur schön für uns beide. „Claudia, trotzdem will ich es nicht.“ sagte Paul, der eigentlich hätte anfügen müssen: „Würde aber schon ganz gern.“ Claudia war ihm ja nicht unangenehm. Sie war auch kein Kind, das auf seinem Schoß saß, sie war eine junge attraktive Frau, die er sehr mochte und mit der er die ganze Zeit schon direkten Körperkontakt hatte. Kalt ließ es ihn nicht und Claudia merkte es. „Aber du möchtest doch auch schon, oder?“ fragte sie, ihn ein wenig schelmisch lächelnd anschauend. Paul grinste verlegen und mit einem „Claudia, Claudia!“ gab er sich geschlagen. Sie liebten sich auf der Couch, im Sitzen und im Liegen. Claudia hatte nur ihr dünnes Flittchen an. Sie wirkte wie Eva aus dem Paradis. Einen Apfel hatte sie zwar nicht gebraucht, um Paul zu verführen, aber einfach war es auch nicht gewesen. „Du wirst es wieder wollen.“ meinte Paul als sie halb neben- halb aufeinander auf der Couch lagen, „Aber, Claudia, es wird kein zweite Mal geben. Du braust es nicht zu versuchen.“ „War es denn nicht schön, Paul, sei doch lieb zu mir, küss mich.“ äußerte sich die. „Darum geht es nicht.“ verdeutlichte Paul, „es ist verrückt was wir machen, es gibt keinen Hauch einer irgendwie gearteten Perspektive und ich will es nicht.“ „Aber wenn man Lust hat, Sehnsucht, das Verlangen, das reicht doch.“ meinte Claudia, mit der man im Moment anscheinend kein vernünftiges Gespräch führen konnte, die nur beseelt halb unter Paul auf dem Rücken auf der Couch lag. „Ich muss mal schnell zur Toilette, sonst versaue ich eure Couch.“ sprang sie auf und rannte dort hin. Sie zog sich auch wieder an und meinte zu Paul: „Ich weiß, dass es meschugge ist. Am allerletzten will ich bei euch etwas zerstören, ich möchte Simonetta keinesfalls weh tun. Ich hab's nur einfach nicht mehr ausgehalten. Ich werde wohl um eine Therapie nicht herum kommen, höchstens wenn mir vielleicht ein Mann wie du, Paul, über den Weg laufen sollte. Trotzdem war es wunderschön. Küss mich zum Abschied noch mal, Paul, und drück mich ganz feste.“


Pauls Qualen


Für Paul war Claudias Besuch noch nicht abgeschlossen. Was hatte er ge­macht. Er hätte es sich nicht träumen lassen, dass er dazu in der Lage gewe­sen wäre. Auch wenn er meinte, Claudia habe ihn verführt, sie hatte ihn ja nicht gezwungen, er hatte es ja freiwillig getan. Was war denn überhaupt pas­siert? Eine Frau, die er gut leiden mag, sagt, dass sie mit ihm ficken möchte, und er kann nicht nein sagen. Außer bei Simonetta damals und jetzt bei Clau­dia war ihm das ja noch nie passiert. Wie war es denn mit seiner Liebe, die er zum Sex brauchte? Er mochte Claudia schon sehr gut leiden. Sie hatte nicht unerheblich sein Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl gestärkt, während er sich gegenüber Simonetta immer als der Kleinere, Beschränktere empfand. Vielleicht war es so, dass nur der Altersunterschied jegliche andere Gedanken im Zusammenhang mit Claudia blockierte. Er, der alte Bock, der scharf auf et­was Junges ist. Dieses Bild ließ erotische und mehr als freundliche Gedanken nicht zu. Paul wusste es nicht. Er kannte sich bei seinen Emotionen nicht mehr aus.

Aber Paul quälten nicht nur Fragen seiner emotionalen Konstitution. Der Kon­takt mit Claudia war dadurch beendet. Sie würde nicht kommen können, und hier sitzen, als ob nichts geschehen sei, das wollte er nicht und könnte es nicht ertragen. Er wollte keine verlogenen Atmosphären mit Heimlichtuereien. In so einer Welt wollte er nicht leben. Dass er es Simonetta sagen würde, war für ihn selbstverständlich. Wie sie reagieren würde, konnte er sich nicht ausmalen, aber selbst die unangenehmsten Konsequenzen, würde er eben ertragen müs­sen. Er hatte es ja getan, obwohl er es hätte verhindern können. In der Atmo­sphäre vor Simonetta Geheimnisse zu haben, konnte er nicht frei und glücklich mit ihr leben. Ob sich etwas und was sich wie verändern würde, stand eben in den Sternen.


Die Beichte


Als sie am Sonntagabend zusammen Abendbrot gegessen hatten, erklärte Paul: „Simonetta ich muss dir etwas Unangenehmes, sehr Unangenehmes sa­gen.“ „Hast du mit einer anderen Frau geschlafen?“ unterbrach sie ihn sofort spontan. „Claudia war am Samstag da,“ begann Paul zu berichten. „Du hast mit Claudia geschlafen?“ fiel Simonetta ihm wieder erstaunt fragend ins Wort, „Ja natürlich. Sie ist eine erwachsene Frau, sieht eben nur sehr jung aus.“ „Bit­te, Simonetta, hör mir doch erst mal zu, lass mich doch mal ausreden.“ bat Paul. Und er berichtete, dass Claudia mit der gezielten Absicht, mit ihm zu schlafen gekommen sei. Ihn aber nach und nach immer weiter gelockt und er es schließlich mitgemacht mitgemacht habe. Er habe es immer weiterkommen lassen und nicht strick von Anfang an alles abgelehnt. Warum das so gewesen sei, wisse er nicht. Er habe es auch schon versucht zu ergründen, aber keine Antwort gefunden. Simonetta schaute Paul tief an. Nach einer längeren Schweigezeit stöhnte sie auf: „Mein Paule, fickt mit jungen Mädels, was soll ich denn davon halten?“ „Simonetta, bitte, mach dich nicht lustig über mich.“ rea­gierte Paul. „Paul, wie soll ich dich denn ganz ernst nehmen? Der vierundfünf­zigjährige Mann weiß sich nicht zu helfen, wenn das fünfundzwanzigjährige Mä­del ihn verführen will. Entweder bist du schrecklich unbedarft, oder dir war es selbst nicht unangenehm. Mir hast du mal erzählt, du müsstest immer verliebt sein für so etwas. Bist du denn in Claudia verliebt?“ antwortete ihm Simonetta. „Ich weiß auch alles nicht. Ich habe auch schon versucht meinen Kopf zu mar­tern, aber ich weiß nur, dass ich es nicht wollte und doch getan habe, warum und was sich da bei mir abgespielt hat, weiß ich nicht.“ erklärte Paul. „Weißt du Paul, ich möchte keinen Freund haben, der scharf auf junge Mädels ist und auch keinen, der heimlich eine andere liebt. Das wirst du verstehen, wenn das wirklich ein einmaliger Patzer war, ist das schnell vergessen, aber das ist mir noch nicht klar. Ich denke, wir sollten alle drei mal darüber sprechen. Ich will da nicht über jemanden richten, ich möchte nur gern für mich Klarheit haben. Zusätzlich finde ich es schade, wenn es nicht geklärt wird, und die Beziehung zu Claudia einfach zu Ende ist. Ganz schönen Mist habt ihr beiden da an einem Samstagnachmittag angerichtet.“


Simonettas Einschätzungen


Simonetta war es nicht gleichgültig und es ließ sie auch nicht cool, aber sie mochte ja beide. Dass Paul nicht anfing fremd zu gehen und begann mit ande­ren Frauen zu schlafen, stand für sie fest, das wäre nicht Paul gewesen. Eher dass er es überhaupt getan hatte, erstaunte sie, besonders wenn sie an den Abend dachte, als sie zusammen kamen, welche Mühe sie da hatte, ihn ins Bett zu zerren. Damals hatte für ihn beziehungsmässig ja nichts im Wege ge­standen. Und jetzt macht er es so relativ locker mit der kleinen Süßen, obwohl er mit Simonetta liiert war. Was sprach sie in ihm an, was bedeutete sie für ihn. War es vielleicht eine heimliche Liebe, die er sich selbst nicht eingestehen und erlauben konnte, und wie könnte man feststellen, ob es so wäre. Das Claudia Paul vergötterte, war für Simonetta nichts Ungewöhnliches. Es kam ja häufiger vor, dass sich junge Frauen in ältere Männer vergafften, die freundlich zu ihnen waren. Für Frauen spielt eben das sexuell attraktive Äußere bei Männern nicht so eine entscheidende Rolle, sonst wären die meisten Männer ja zum Single-Dasein verurteilt, meinte sie. Abgesehen davon fand sie persönlich Paul mit seinen vierundfünfzig Jahren auch immer noch attraktiv. Ob das die Attraktivität war, die junge Mädels betören konnte, wagte sie allerdings zu bezweifeln. „Paul, du kannst heute Abend gern in unserem gemeinsamen Bett schlafen, aber ich möchte nicht mit dir schmusen, dann habe ich immer Claudia vor Augen, das kann ich nicht.“ erklärte sie Paul, der meinte, dass es dadurch ja relativ glimpflich für ihn verlaufen sei.


Simonetta rief Claudia noch am Sonntagabend an. Als Claudia Simonettas Na­men am Telefon hörte, brauste sie gleich mit immer wiederkehrenden Ent­schuldigungen und Selbstbezichtigungen los und ließ Simonetta gar nicht zu Wort kommen. Erst als die ein strenges „Claudia!“ ins Telefon rief, hörte sie auf. „Lass doch mal mit dir reden. Krieg dich mal wieder ein. Ich will keine Ent­schuldigungen von dir hören und jetzt am Telefon erst recht nicht. Paul hat es mir gesagt, und ich und Paul selbst verstehen es nicht, was euch dazu getrie­ben hat.“ „Es ist alles ganz allein meine Schuld, Simonetta. Ich bin die Wahn­sinnige.“ erklärte Claudia. „Das kann ich nicht ganz so sehen.“ erwiderte Simo­netta, „aber lass uns das nicht jetzt unter uns beiden am Telefon klären. Ich wollte dich fragen, ob wir das nicht gemeinsam bei uns am Wochenende be­sprechen sollten, und ob du kommen würdest.“ Natürlich kam sie.


Erklärungsversuche mit der Konkurrentin


Simonetta und Claudia umarmten sich als sie am Freitagnachmittag zur Kaf­feezeit erschien. „Da ist also meine verführerische Konkurrentin.“ scherzte Si­monetta „Bitte, sieh das nicht so, Simonetta. Mir ist das unendlich peinlich und unangenehm, und es tut mir schrecklich leid.“ reagierte Claudia. Als sie beim Kaffee darüber redeten, versuchte Claudia immer wieder sich als die einzig Verantwortliche für diesen Vorfall hinzustellen. „Claudia ich kann das so nicht sehen. Du warst ja nicht allein. Paul hat doch letztendlich mitgemacht, auch wenn er noch so oft erklärt hat, dass er eigentlich nicht wolle.“ meinte Simo­netta. „Ja, aber er ist eben auch nur ein Mann.“ reagierte Claudia darauf, und meinte damit, dass Männer bei einem genügend großen Reizpotential eben nicht anders könnten. „Dann müsste ich also damit rechnen, dass Paul sich auch von anderen Frauen verführen lässt, wenn sie ihn nur scharf genug ma­chen? Paul, wird das so sein?“ fragte sie zu Paul gewandt. Der musste nur La­chen und die anderen schmunzelten auch. „Ich denke ehr, das Paul dich sehr mag, und sich deshalb emotional nicht entschieden dagegen wehren wollte, aber da müsstest du etwas zu sagen, Paul.“ meinte Simonetta. „Ich habe dir ja schon gesagt, Simonetta, dass ich es nicht weiß, und dass mir der Gedanke, dass es so etwas geben könnte zum ersten Mal im Nachhinein erschienen ist. Irgendeinen Gedanken, dass ich Claudia liebe und sexuell Lust auf sie habe, hat es nie gegeben. Zumindest ist mir nie etwas bewusst geworden. Ich habe nie von Claudia geträumt oder dergleichen. Mehr kann ich dazu gar nicht sa­gen.“ stellte Paul dar. „Und du meinst, wenn es allein deine Schuld war, so könntest du jeden Mann rum kriegen?“ fragte Simonetta an Claudia gerichtet. Die überlegte kurz und meinte lächelnd: „Ich weiß nicht. So eine Situation hat es noch nie gegeben, hab' ich auch noch nie dran gedacht. Aber es war mit Paul sicher schon eine besondere Lage. Er war ja unabhängig davon, dass ich in ihn verknallt war, mein guter, sehr, sehr guter Freund. Es gab ja, unabhängig von dem was hinterher passiert ist, ein äußerst großes gegenseitiges Vertrauen, wie zu dir auch Simonetta. Das ich ihn liebte und Sex mit ihm wollte hat sich auf dieser Basis zugetragen. Das war schon eine besondere Situation. Wie Männer rumkriegen im Allgemeinen geht, weiß ich gar nicht, ich kenne ja nur Paul.“ erklärte Claudia scherzend. Dann redeten sie weiter über Claudias Beziehungs- und Liebesleben, und während Claudia immer wieder erklären wollte, warum Paul so ein herausragender Mensch sei und was sie an ihm so bewundere, unterbrach sie Simonetta: „Claudia, ich weiß das doch alles. Ich kenne und liebe ihn doch auch, und außerdem hier in Pauls Anwesenheit, der kriegt sich ja gar nicht wieder ein.“


Verliebt in Paul


„Wann hat es denn eigentlich bei dir angefangen, dass du dich in Paul verliebt hast?“ „Das weiß ich nicht ganz genau, das hat sich wohl so entwickelt. Mir ist nur irgendwann – ziemlich zu Anfang schon – aufgefallen, dass ich ihn gern be­rührt und geküsst hätte, und das ist ja nicht nur, sich gut leiden mögen. Ich hätte auch gern mit ihm gekuschelt und im Bett gelegen, aber das waren ja Il­lusionen, und dadurch dass wir uns so häufig sahen, miteinander redeten, freundlich zueinander waren, wurden die Bedürfnisse überwiegend befriedigt. Wenn es gar keine Chance mehr gäbe, Paul zu sehen oder mit ihm zu tun zu haben, würde auch das Bild verschwinden, weil es ja unsinnig wäre, dachte ich. Lief aber gar nicht so. Paul war immer da, immer häufiger sogar. Das Bild stand nicht still, es arbeitete. Die tatsächlichen Erinnerungen, wurden um Wünsche ergänzt. Bei einer Verabschiedung umarmten wir uns nicht nur, wir küssten uns. So entwickelte es sich immer weiter. Neue Szenen und ganze Storys wurden hinzu phantasiert. Trotzdem gab es nie Ruhe, es wollte immer mehr, wollte auf einem neuen Level gespielt werden, und es ließ mich nicht los, es zwang mich. Ich konnte es nicht ertragen, Paul jetzt nicht sehen zu können. Und wenn du das Objekt deiner Begierde dann vor Augen hast, steu­ert alles automatisch auf sein Ziel zu. Du kannst zwar normal sprechen, hören und dich bewegen, aber alle Gedanken, die dich dabei stören könnten, haben keinen Zugang zu deiner Bewusstseinsebene. Du willst es rational vor dir selbst nicht wahrhaben, aber es ist schon so, dass du das Gefühl hattest, dich nicht dagegen wehren zu können.“ erklärte Claudia ihr Verhältnis zu Paul. „Und was soll jetzt werden? Wird das alle zwei Monate wiederkommen?“ fragte Si­monetta die Claudias Darstellung interessiert verfolgt hatte. „Ich weiß es doch auch nicht. Ich will das selber alles überhaupt nicht. Ich möchte das Paul mein guter Freund ist. Das wäre viel und schön, alles andere zerstört es nur. Das scheint mein Gefühlsleben aber nicht einsehen zu wollen. Es berücksichtigt nicht meine Wünsche und widersetzt sich meinen Forderungen.“ antwortete Claudia.


Claudias Beziehungen


Simonetta wollte wissen, ob ihr denn so etwas Ähnliches schon einmal passiert sei. „Mir?“ fragte fragte Claudia und lachte, „wie denn, wo denn, wann denn? So richtig verliebt, so verknallt, so versessen, zumindest wie jetzt, war ich noch nie. Das war alles eher so ein flaues Sich-ganz-nett-finden. Ich meine ei­gentlich gar nicht etwas Besonderes haben zu müssen, ich habe auch kein fes­tes Bild von einem Mann, und Kontaktschwierigkeiten sehe ich auch nicht. Ich denke schon, dass ich ganz nett sein kann. Nur der überwiegend größte Teil der Männer hat eben diese typisch männliche emotionale Basis. Die scheinen schon als Baby internalisiert zu haben, dass Glücklichsein, damit verbunden ist, etwas Besonders zu sein, der Größte zu sein, Sieger oder Gewinner sein zu müssen, und das kriegst du niemals wider raus. Es müssen keine Machos sein, aber ich mag es trotzdem nicht, und sehe für eine Beziehung mit mir auf dieser Ebene keine Basis. Mit einem Gockel, den ich immer bewundern muss oder je­manden, den ich beim Mensch-ärgere-dich- nicht gewinnen lasse, damit er glücklich ist, kann ich nicht leben. Auch das massive Interesse am Sport, ba­siert doch zum überwiegenden Teil darauf, dass sich die Jungs mit den Siegern identifizieren können.

Die anderen, bei denen das nicht so ist, stellen bestimmt die Minderheit dar, aber das garantiert ja noch lange nicht, dass man sich deshalb in sie verlieben kann. Die ich kennengelernt habe, führten meiner Ansicht nach so ein schma­les Leben. Es war so wenig, so dünn und da verlierst du schnell das Interesse. Außer lieb und nett sein hatten sie eigentlich nicht viel zu bieten. Sie interes­sierten sich für ihr Studium, hatten noch ein Hobby und gingen mal in die Knei­pe. Etwas über physikalische Entwicklungen zu hören, ist eben nicht dauerhaft und ausschließlich unterhaltend. Sie setzten das, was sie da machten, über­haupt nicht in Beziehung zu der Welt in der sie lebten. Sie sahen sie gar nicht, sie lebten auch nicht in der komplexen bunten Vielfalt der sie umgebende Welt mit ihrem Teilbereich, sondern isoliert in ihrem begrenzten Rahmen, die Welt machten andere außerhalb von ihnen. Ich kam mir immer vor wie eine große fette Sommerblume neben einem Grashalm. Und das ist bei Paul eben alles ganz anders. Er ist keine isolierte Pflanze in einem Gewächshaus, er lebt mit­ten in der bunten Pracht der Natur. Allein schon, wenn du hörst, wie der mit den Schülern spricht, merkst du, dass er voll mitten drin ist, ohne dass du et­was von seinem politischen und gewerkschaftlichen Engagement weißt. Und mit Englisch und Französisch steht ihm doch sowieso die ganze Welt offen. Das sind doch unendlich weite Felder, in denen er sich bewegt, und er bewegt sich, er weiß unglaublich viel. Ja das ist schon ein tolles Bild, dass macht einem Lust, die Strahlen der Sonne mit beiden Blütenkelchen gemeinsam aufzuneh­men, zumal Paul dazu noch so ein außerordentlich netter Mensch ist. Das ist ein Bild vom Glück, dass sich mir zeichnet, das ich sehr, sehr liebe. So etwas habe ich noch nie erlebt, dieses Gefühl habe ich noch nie gehabt. Vielleicht fällt es mir deshalb so schwer, es loszulassen.“ Bei den letzten Worten kamen Clau­dia die Tränen.


Simonetta und Paul hatten angeregt zugehört. Besonders Paul hatte es sehr in­teressiert, was Claudia sagte. Ja wie der Grashalm neben der großen Sommer­blume Simonetta, so ähnlich war er sich oft vorgekommen, aber Claudia sah ihn völlig anders. Bestimmt hatte er es verspürt, hatte wahrgenommen, dass sie ihm mehr Anerkennung zukommen ließ als Simonetta, hatte es seine be­wussten und unbewussten Empfindungen für Claudia prägen lassen. Vielleicht hatte sie einen so bedeutsamen Platz, dass es ihm äußerst schwer fiele, ihr et­was zu verwehren. Simonetta hatte auch registriert, was Claudia zu ihren Be­ziehungsproblemen formuliert hatte. Vielleicht bliebe es doch nicht ohne Aus­wirkungen auf ihre Beziehung zu Paul, dass sie so viel alleine unternahm, In­teressen hatte, die er nicht teilte. Sie würde sich damit näher auseinanderset­zen müssen.


Mit Simonettas Erklärung, dass sie Claudia sehr gern möge, und sie sich wün­sche, enge Kontakte mit ihr zu haben, gingen sie zum Abendbrot. „Nur mit der fetten Sommerblume Paulinho, das müssen wir geregelt bekommen. Sonst kann da nichts laufen. Das würde alles zerstören, was ich für ungeheuer scha­de hielte.“ fügte Simonetta hinzu.


Komm fette Sommerblume


Im Grunde war Simonetta zufrieden. Sie hatte Claudia gut verstanden und sie lieb gewonnen. Ihr machte sie keine Vorwürfe. Dass in ihrer Beziehung zu Paul sich schleichend Entwicklungen ergeben hatten, die ihrer Liebe nicht förderlich waren, sah sie auch. Wie sie dem genau entgegenwirken sollte, wusste sie zwar noch nicht, aber Claudias Sichtweisen könnten Anregendes enthalten. Dass sie nicht mehr so oft für sich etwas unternehmen, und Paul allein zu Hau­se sitzen lassen würde, stand fest. „Komm du fette Sommerblume, ich freu mich auf dich.“ erwartete Simonetta Paul mit ausgebreiteten Armen lachend im Bett. Sie wollte noch etwas sagen, aber Paul erstickte ihre Sprechversuche mit seinen Küssen.

Anschließend sprachen sie noch über Claudia. „Ich denke sie ist sehr sensibel, eine wundervolle Frau. Sie hat meiner Ansicht nach viel mehr drauf, als sich in neurotischen Verstrickungen mit dir zu befassen.“ meinte Simonetta. „Und was soll das sein?“ wollte Paul wissen. „Genau kann ich das auch nicht erklären,“ antwortete Simonetta, „aber wenn ich ihr zuhöre ist mein erster Gedanke: die denkt anders, die empfindet anders, die spricht anders, als wir es in unserem üblichen Alltag gewohnt sind, es korrespondiert zwar damit, hat aber eine an­dere Basis. Die hat etwas anderes erlebt. Ich könnte sie mir viel eher als Künstlerin vorstellen, wie als Beamtin. „Sie macht aber nichts in der Richtung, so weit ich weiß.“ reagierte Paul, „aber frag sie doch mal.“ Weiter miteinander schmusend schliefen Simonetta und Paul aneinander gekuschelt ein.


Claudias Träume


„Den Paul an sich gibt es ja eigentlich gar nicht.“ meinte Simonetta am Früh­stückstisch. Claudia schaute Paul mitleidsvoll grinsend an und streichelte ihm trostspendend über die Wange. „Das ist ja nur ein Bild, dass er in dir wachruft, was schon vorher in dir war. Vielleicht in einer neuen Konstellation, vielleicht ist es dir überhaupt nicht mehr bewusst, aber vorhanden ist es schon.“ fuhr Simonetta fort. „Aber wer soll das denn sein? Also mein Dad ist es bestimmt nicht, obwohl ich den sehr mag. Ich könnte mich da an keinen erinnern, mit dem das irgendwelche Ähnlichkeiten hätte.“ meinte Claudia. „Nein, nein, das müssen ja auch nicht irgendwelche konkreten Personen sein. Meistens sind das eher Wünsche, Träume, Sehnsüchte, die man in irgendwelche imaginären Bilder gelegt hat. Du sprichst ja auch sehr bildreich, was mir übrigens gut gefällt, ich könnte mir vorstellen, dass es so etwas mit starker emotionaler Belegung bei dir gibt.“ erläuterte Simonetta. Claudia überlegte. „Also gut drauf war ich immer bei den Pferden. Da hab ich mich immer sehr wohl gefühlt. Paul, könnte da etwas in der Richtung sein?“ fragte sie und lachte, „Was war denn sonst immer sehr schön?“ überlegte Claudia weiter, „Ja, ja ich habe eigentlich viel geträumt. Fand ich sehr schön, draußen irgendwo zu sitzen, den Blick auf die Apfelbäume, die weite Landschaft und den Waldrand im Hintergrund zu haben, Aber es ist ja noch viel mehr da. Mit einem kurzen Blick würdest du das vielleicht als plattes Bild so sehen, aber wenn du dich darauf einlässt, ist es eine riesig große, volle Komposition, die lebt. Ja diese Fülle, dieses Zusammenspiel untereinander, das macht schon ein sehr schönes Gefühl. Das kannst du stundenlang betrachten. Und es ist ja nicht etwas außerhalb von dir, du siehst dich nicht, aber du weißt und empfindest, dass du mit dazu gehörst, ein Teil davon bist. Und das ist überall so, ob du in die weite Landschaft blickst oder auf das kleine Stückchen Wiese, das unter dir liegt, diese großartige Fülle, dieser Überfuss und das Zusammenspiel, wollüstig schön und faszinierend. Ich hab das sehr gemocht, mag ich auch heute noch. Ein Spaziergang ist für mich immer, als ob ich im Film gewesen wäre. Ich glaube Natur lässt mich als Betrachterin sehr glücklich sein. Ich liebe das Gefühl, das mir Natur vermittelt.“ „Und könntest du da irgendwelche Assoziationen zu deinem Bild von Paul entdecken?“ wollte Simonetta wissen. Claudia schaute zweifelnd überlegend und meinte: „Ich glaube schon, dass es sich dabei um einen Teil meiner Persönlichkeit handelt, um einen wichtigen, mir bedeutsamen, aber mit Paul, das müsste doch eher im sozialen Bereich liegen, aber da war außer mit meinen Eltern nichts Bewegendes, Freundinnen und Freunde habe ich zwar gehabt, aber meine besten Freunde waren die Pferde. Die können wirklich Freunde sein, die mögen dich, die sind keine Arschkriecher wie Hunde, die haben einen eigenen Charakter. Ja, ja, könnte ich jetzt den ganzen Tag von erzählen, was man damit alles für schöne Erlebnisse haben kann. Geträumt davon habe ich allerdings nie. So ein Hottemax verliebtes Tussimädchen war ich nicht, ich glaube, ich habe das realistischer gesehen. Geträumt habe ich eher von Märchen und Wäldern und Geschichten, die ich gelesen hatte. Das geht mir heute noch so. Wenn ich von etwas träume, das ich gelesen habe, denke ich, es muss ein guter Autor sein. Der hat es geschafft, mich tief zu bewegen.“ Klar verorten ließ sich Pauls Bild in Claudias emotionaler Landschaft also nicht, aber Assoziationen zwischen den Bildern, die sie liebte, und wie sie Paul beschrieb, waren schon zu erkennen.


Fotokunst


Ob sie denn auch fotografiere, wenn ihr die Bilder der Natur so viel bedeute­ten, wollte Paul wissen. Das sei ja etwas völlig Anderes, Natur erleben oder ein plattes totes Bild davon zu haben. Das sah Simonetta aber überhaupt nicht so. Ein Foto sei ja kein Scannerabzug, und alle Fotos seien die gleichen, weil sie die gleichen Landschaften oder Personen darstellten. Wenn das so wäre, hätte Claudia recht, aber so sei es eben überhaupt nicht. In einem Foto drücke sich der Fotograf doch aus, erzähle er doch, was er empfinde, was er dem Betrach­ter vermitteln wolle, wie seine Sicht dessen sei, was er darstelle. Es sei doch eine Kunst, sich durch das Foto auszudrücken und mit dem Betrachter zu Kom­munizieren. Dann verschwanden die beiden für viele Stunden in Simonettas Zimmer, wälzten Kunst- und Fotobände, diskutierten über Wahrnehmung, Dar­stellung, Kommunikation und ästhetisches Empfinden und waren anschließend fest entschlossen, Diskussionen und Gespräche darüber fortzuführen, gemein­sam etwas zu unternehmen und vor allem selber Aktivitäten zu entwickeln. Am Nachmittag wurde überlegt, wo man welche Möglichkeiten und Chancen dazu sah, und wie es mit den persönlichen Bedürfnissen korrespondierte, und am Abend stand fest, dass man George, einen Simonetta bekannten Modefotogra­fen konsultieren wollte, um für Claudia eine optimale Kamera zu finden. Die beiden waren angetan und erfüllt von ihren zu erwartenden gemeinsamen Ak­tivitäten. Claudia, weil sich für sie unverhofft ein neues Feld eröffnet hatte, dessen neue Erfahrungen sie mit gespannter Vorfreude erwartete und Simo­netta, die eine Freundin gefunden zu haben schien, die ihre Begeisterung in ei­nem künstlerischen Bereich teilen wollte.

Man saß bei Simonettas Lieblingswein. „Claudia, ich kann das sehr gut verste­hen und nachvollziehen, was du heute morgen von deiner Liebe zum und Freu­de am Träumen erzählt hast. Mir geht es nicht viel anders. Ich sehe das bei mir nur nicht als Träumen, sondern als Ausmalen, Bilder gestalten, etwas mit meinen Assoziationen lebendig werden lassen, Beziehungen zu mir selbst ent­decken. Im Grunde genau das, was du beschrieben hast, nur ist es mir im Zu­sammenhang mit der Natur noch nie so aufgefallen. Eigentlich tun wir das ja in gewisser Weise alle. Was wir wahrnehmen, setzen wir ja in Bilder um, damit es für uns erkenntlich und erinnerbar bleibt, aber das geschieht eben selbstver­ständlich und unbewusste, man nimmt es gar nicht wahr. Das ist sehr schade, es können so wundervolle, so lebendige Bilder sein, die dir Geschichten erzäh­len, mit denen du lebst und in denen du selbst enthalten bist. Du bist immer ein Teil des Bildes, die Imaginationen sind ja von dir, aus deinen Erlebnissen, aus deinen Erfahrungen. Du bist mitten drin, wie du gesagt hast. Träumen hat immer eine Nähe zu Illusionen, sich phantastische Wunschgebilde imaginieren, ich sehe das eher so, dass ich die Bilder betrachte, die sich in mir bilden, und das kann man genießen, und das liebe ich. Wie du beim Spaziergang, du nimmst nicht tote Fakten war, sondern empfindest dich wie im Film, wie du es beschreibst.

Zum Beispiel bei dem Wein hier. Ob mich der Geschmack an Brombeere, Wall­nuss oder Maiglöckchenduft erinnert, weiß ich gar nicht, interessiert mich auch nicht. Das sind nicht die Fragen, nach denen sich für mich entscheidet, ob der Wein zu mir passt, ob er mein Freund ist, oder ob es mit uns nichts werden kann. Ob das Trinken des Weines für mich zum Genuss wird, oder mehr einem Flüssigkeitsverzehr ähnelt, entscheidet sich für mich nach ganz anderen Kriterien, nach den Bildern, die er mich assoziieren lässt. Der Wein sollte mich freudig stimmen. Ich trinke ihn, wenn ich froh sein will. Dann will ich nicht schmecken, dass das Leben schwer und voller Lasten ist. Flatterhaft albern soll er er mir aber auch nicht vorkommen, ernst möchte ich ihn schon haben. Er soll nicht den Eindruck erwecken, dass er alle Arbeit, die man im Boden, bei der Lese und Reife mit ihm gehabt hat, scherzhaft übertüncht. Vor allem aber will ich spüren, dass er lebt, lebendig ist, ein gewachsenes Wesen der Natur, das mit mir kommuniziert, das mich spüren lässt, ich habe dir etwas zu sagen, und zwar mehr als dass ich nach Himbeere, Kirsche oder Holunder schmecken könnte. Sein Geschmack sollte mir Anregungen vermitteln, aber keine dominanten Befehle. Dass seine vielfältigen Aspekte miteinander harmonisieren, ein gemeinsames Klangbild hervorrufen ist die besondere Auszeichnung des Weines, nicht der mir gut schmeckt, sondern den ich mag, weil er mich zu lieben scheint, weil er spürt, wodurch er mich glücklich macht. Wenn ein Wein für mich zum Genuss wird, ist er mehr als ein Getränk, er verkörpert etwas Lebendiges, das Anteil hat am Gesprächsverlauf oder dem Wesen glücklicher Stunden.

Alles Verbindungen zwischen meinen Geschmacksknospen, was der Kopf damit macht, und den Assoziationen, die ich dazu entwickeln kann. Das wahrzuneh­men und bewusst werden zu lassen, ist immer eine tolle Erfahrung. Deine Sin­neseindrücke kommen dir nicht mehr wie platte Folien vor, du lebst in und mit ihnen, sie malen Bilder und erzählen Geschichten, du musst dich nur darauf einlassen, wie du unterm Apfelbaum. Du hast recht. Wunderschön ist das. Ich möchte es nicht missen, und ein bedeutsamer Teil meiner Persönlichkeit ist es, glaube ich, auch.

Paul hatte nachdenklich zugehört und schaute Simonetta an. Sie lächelte ihm zu. Er meinte vieles verstanden zu haben, was ihm sonst nicht offensichtlich war. Sie schien tiefer, umfänglicher wahrzunehmen und es anders zu verarbei­ten als er. Simonettas Sicht beeindruckte ihn, und machte ihm deutlich, was die Grundlage für ihre emotional tiefe Faszination für künstlerische Themen sein konnte. Er hatte das Gefühl, sie besser zu verstehen, und was er verstan­den zu haben glaubte, war ihm sehr sympathisch. Paul sinnierte weiter und überlegte, ob und welchen Einfuss es auf ihr Verhalten und ihren Umgang mit­einander haben könnte.


Bitte, komm mit Paul


Beim Spaziergang am Sonntagmorgen überlegte man, sich nach Fotoausstel­lungen zu erkundigen und sie gemeinsam zu besuchen. Als Claudia am frühen Sonntagnachmittag nach Hause fuhr, war die Verabschiedung von Simonetta weitaus herzlicher und überschwänglicher als von Paul. Es war weniger die Dankbarkeit dafür, wie sie die Angelegenheit ihres Dates mit Paul geregelt hat­te, als die Freude über den Zugang zu einer für sie neuen Welt, die sie zusam­men mit Simonetta jetzt erwartungsfroh erkunden wollte. Am Abend rief sie schon an, um Simonetta mitzuteilen, was sie über Fotoausstellungen im Inter­net gefunden hätte. „Jetzt läuft eine noch bis nächsten Sonntag im Trocadero in Paris. Scheint ganz interessant zu sein, aber ist ja zu kurzfristig und zu weit.“ meinte sie. Simonetta machte ihr klar, dass beides überhaupt nicht zu­treffend sei. Sie und Paul würden alles organisieren und sie wieder informieren. „Bitte, fahr mit, Paul.“ bat Simonetta, „Du kannst mit deinem Französisch si­cher eine Hilfe sein, und für Claudia ist es auch gut. Wenn sie dich sieht, ist al­les o. k.. Da kommen keine dummen Gedanken auf. Und überhaupt, ein Paris­wochenende mit mir, bist du da denn nicht scharf drauf?“

Es wurde ein wunderschönes Wochenende, das allen Freude bereitete.


Frauen im Lande


Sie machten jetzt öfter zu dritt Ausflüge, und mit Claudia stand Simonetta ständig in Kontakt. Sie hatten eine Kamera gekauft, die wegen ihrer Objektive für Claudia unerschwinglich war, aber nach fast halbtägiger Diskussion war sie damit einverstanden, dass Simonetta sie bezahlte. Die Diskussion mit George dem Fotografen, hatte bewirkt, das Simonetta sich selbst auch eine Kamera besorgte, und die beiden jetzt ihre Fotos vergleichen und gegenseitig kritisie­ren konnten. Sie wollten gemeinsam eine Fotoserie in der Landsaft machen in der Claudia sich auskannte, in der sie aufgewachsen war und zu der sie über Bilder, Geschichten, und Imaginationen verfügte. Es stellte sich heraus, dass Claudias Eltern gar keine ausgebildeten Landwirte, sondern studierte Akademi­ker waren, und sich, entgegen ihrer ursprünglichen Absicht, später doch ent­schlossen hatten, den elterlichen Hof zu übernehmen. Beim ersten Besuch musste Paul der hochgelobte Ausbildungslehrer natürlich auch persönlich mit­kommen, aber auch später war seine Anwesenheit als Kameraassistent schon mal unverzichtbar. Nach zirka einem Jahr hatten sie eine unübersehbare Men­ge an Fotos aus allen Jahreszeiten und mit allen Witterungsbedingungen ge­sammelt, und George der Fotograf nahm sich einen Ganzen Tag Zeit, um mit ihnen die besten und eindrucksvollsten auszusuchen. Der Fußboden im ganzen Wohnbereich war bedeckt, und George hielt sie für so gut, dass er meinte, sie müssten die Fotos unbedingt in einer Ausstellung zeigen. „Frauen im Lande“ war das Thema, und die Schülerinnen und Schüler sowie die Kolleginnen und Kollegen an Simonettas und Pauls Schule waren begeistert. Viele sehr ein­drucksvolle Aufnahmen, aber auch Einiges, dass zum Schmunzeln Anlass bot, und jedes mal mit oder von der bekannten Lehrerin fotografiert. Später wurde sie auch noch im Gewerkschaftshaus und im Museum gezeigt und Simonetta dazu in der Zeitung interviewt.


Versetzung nach Köln


Dass Claudia immer so weit anreisen musste, war mehr als störend, zumal die beiden im Garten ein Atelier errichten wollten, weil es im Wohnraum bei ihren Aktivitäten äußerst störend wurde. Claudia und Simonetta überlegten lange, welche Möglichkeiten es für Claudia gebe nach Köln zu kommen, aber außer Mann und Kind in Köln oder pflegebedürftige Mutter gab es nichts. Simonetta hätte über Umwege aus ihren geschäftlichen Zusammenhängen Verbindungen zum Schulbereich beim Regierungspräsidenten herstellen können, aber so et­was wollte sie aus grundsätzlichen Erwägungen eigentlich nie tun. War die Ver­setzung Claudias nach Köln es wert, diesen Grundsatz zu brechen. Dass sie sich über ihr Geld irgendwelche beruflichen Vorteile verschaffen würde, galt ihr als striktes Tabu, aber jetzt ging es ja um Claudia und nicht um berufliche Vor­teile sondern die Fotografie. Sie entschied sich, die Kröte zu schlucken, und Claudias Versetzungsantrag wurde bewilligt. Jetzt war Claudia fast Familienmit­glied. Die Möglichkeit, dass sie auch im Haus hätte wohnen können, was we­gen der Räumlichkeiten kein Problem dargestellt hätte, wurde aber von nie­mandem in Erwägung gezogen. Auch wenn irgendwelche Annäherungsversu­che für Claudia selbst strikt tabu, und wegen ihres Verhältnisses zu Simonetta absolut ausgeschlossen waren, hatte ihre Liebe zu Paul nicht abgenommen, und ihre Gefühle für ihn waren nicht erloschen. Es belästigte und störte sie aber nicht. Sie konnte damit leben, Paul eben öfter sehen und mit ihm reden zu können. Durch die gemeinsamen Aktivitäten mit Simonetta hatte sie viele neue Leute kennengelernt, und ihr waren auch schon mehrfach Avancen gemacht worden, aber einen Mann, der sie persönlich näher interessiert hätte, war nicht darunter gewesen. Die komplexe Welt der Sommerblume war durch ihre Fotokunst ja auch noch reichhaltiger geworden, und konnte ehr die Diskrepanz zwischen ihr und den schmalen Pflänzchen noch vergrößern.


Neues Studio


Simonetta und Claudia stimmte ihre neue Situation der einfachen und häufigen Zusammenarbeit fast ausgelassen glücklich. Beide waren im Grunde ein wenig selbstverliebte Frauen, die zwar völlig unterschiedlich in Erscheinung traten, die aber in ihrer emotionalen Struktur sehr vieles verband. Es hatte sich eine tiefe Liebe zwischen den beiden entwickelt, die zwar außer intensiven Küssen und leichtem Streicheln keine körperlichen Formen kannte, sie aber unzer­trennlich machte und nach außen oft wie ein Paar auftreten ließ. Es hatte ihnen schon damals im Bergischen große Freude gemacht, sich gegenseitig in der Landschaft zu fotografieren und zu sehen, wie die andere einen sah und dar­stellen konnte, jetzt mit noch viel intensiverer Beziehung und eigenem Studio tobten sie sich aus in der Ablichtung der jeweils anderen. Simonetta die ele­gante leicht mondäne Frau mit den markanten Gesichtszügen und Claudia, das Naturwesen, eine Quellnymphe, die allerdings mittlerweile auch schon dreißig war. Sie betrieben es zwar ernsthaft, aber hatten auch endlos Spaß dabei. Paul, der das Kompendium zur Beschreibung seiner Eindrücke und Wahrneh­mungen, seiner Assoziationen und affinen Impressionen mittlerweile beträcht­lich erweitert hatte, wurde häufig als außenstehender, betrachtender Interpret konsultiert, und nach einiger Zeit hatten sich so viele Fotos angesammelt, dass sie der Ansicht waren, es seien hinreichend viele sehr gute Fotos darunter, um eine Ausstellung damit zu komponieren. Eine Professorin für Fotodesign wurde konsultiert. Sie war erstaunt und von vielem begeistert, bewirkte aber auch kleine Änderungen von Simonettas und Claudias Vorstellungen. Sie gab ihnen hilfreiche Tips und vermittelte ihnen Adressen. Die Ausstellung, die sich schlicht „Zwei Frauen“ mit dem Untertitel „Gegenseitig gesehen“ nannte, sollte auf jeden Fall in der Fachhochschule gezeigt werden. Weiter tingelte sie über fast zwei Jahre durch die Lande, und häufig mussten beide, oder einer von ih­nen zu den Eröffnungen anreisen.


Claudia studiert


„Wir sind gut, Claudia, sehr gut als Laien, nur manchmal habe ich das Empfin­den, an einem Punkt zu sein, an dem es nicht mehr weiter geht. Es kommt mir vor, als ob wir uns wiederholten. Was es Neues gibt, sind organisatorische und äußere Angelegenheiten, aber künstlerische Entwicklungen sehe ich kaum noch. Wir haben uns alles nur angelesen, angeschaut, nachgemacht und aus­probiert. Wir sind technisch vielleicht gar nicht mal so schlecht, aber ich habe das Gefühl mir fehlt etwas, mir fehlt so etwas wie eine thematische Grundaus­sage. Mir kommt es manchmal vor, als ob wir spielen. Unsere Grundaussage ist allenfalls, „Zwei Frauen können sich gut leiden und freuen sich darüber.“ Ich selbst meine doch mehr zu sein und das möchte ich kommunizieren und ver­mitteln können. Unsere Bilder sind schön und eindrucksvoll, aber unsere „Frau­en im Lande“ sind nicht die „Frauen von Tehuantepec“. Uns mangelt es an der Fähigkeit sich so thematisch vermitteln zu können. Ich denke uns fehlen pro­funde Kompetenzen, um darauf etwas weiterentwickeln zu können.“ meinte Si­monetta eines Tages. Claudia versuchte nachzuvollziehen, was Simonetta ge­sagt hatte und meinte dann scherzhaft: „Musst dir was suchen, Hartz IV Fami­lien fotografieren, Tina Simonetta Modotti. Aber im Ernst, ich denke das sehr gut verstanden zu haben, was du meinst, mir selbst ist das nur noch nicht be­wusst geworden, aber ich sehe das auch so wie du. Ich habe Lust, es zu än­dern, weil ich überzeugt bin, dass wir sonst irgendwann die Lust verlieren wer­den, wenn wir uns nicht darum kümmern.“ Nach langen Überlegungen und Ab­wägung aller Möglichkeiten, die in Betracht kämen, war klar, dass Claudia sich in der Schule freistellen lassen und versuchen wollte, in Düsseldorf, lieber noch in Essen, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Sie musste sich noch um die Er­füllung der formalen Voraussetzungen kümmern, und weil sie Probleme bei der Zusammenstellung der Mappe sah, rief sie in Essen an. Nachdem sie mit einer Professorin ihre Ausstellungsfotos betrachtet und sich länger mit ihr un­terhalten hatte, erhielt sie tatsächlich einen Studienplatz an der Folkwang Hochschu­le in Essen. Beide, nicht nur Claudia, waren außer sich vor Freude, auch wenn Claudia jetzt regelmässig einige Tag der Woche in Essen verbringen würde.


Claudias neuer Bekannter


Claudia fand einen Dozenten „irgendwie ganz in Ordnung“. Er sie wohl ein biss­chen mehr, aber Claudia war sehr zurückhaltend und sich völlig unsicher, ob sie mehr wollte und wenn ja mit welcher Tendenz. Er war Gastdozent und wür­de im nächsten Semester wieder in Berlin sein. Es bestand zwar nicht ein so großer Altersunterschied wie zwischen Paul und ihr, aber er war auch schon vierzig. Was diese beziehungsähnliche Bekanntschaft betraf, besprach Claudia immer ausführlich mit Paul, seltsamer Weise nicht mit Simonetta, ihrer Busen­freundin. Paul kannte fast jedes von Michas, des neuen Bekannten, Worten, wie bei Unterrichtsbesprechung, wollte sie nach jedem Zusammentreffen Pauls Meinung hören. Simonetta bekam nur mitgeteilt, wenn sich ihrer Meinung nach Entscheidendes verändert hatte. Sie schien Pauls Zustimmung und Einver­ständnis in der Beziehung zu Micha zu brauchen. Von Beziehung konnte man im Grunde dabei gar nicht sprechen. Sie mochten sich, unterhielten sich gern miteinander und gingen ab und zu gemeinsam essen. Micha drängte es nach mehr, obwohl er selbst eine feste Freundin in Berlin hatte. So störte es Clau­dia nicht, aber als Ersatzfreundin in Essen zu fungieren, dazu war sie nicht be­reit. Dass er derartiges vorzuhaben schien, beeinträchtigte Claudias Bild von ihm auch erheblich. Entscheidendes veränderte sich auch nicht. Als die Semesterfe­rien begannen, und sie sich künftig nicht mehr sehen würden, hatte sich in ih­rer Beziehung nichts weiter entwickelt. Sie hatten ihre E-Mail-Adressen ausge­tauscht und wollten sich schreiben. Claudia ging davon aus, dass es im Sande verlaufen würde, wenn sie sich nicht mehr sähen, und er sich wieder in seinen gewohnten Zusammenhängen bewegte. Dem war aber überhaupt nicht so. Das Gegenteil war der Fall. Ihre Mails kamen immer häufiger, bis sie sich fast täg­lich schrieben. Für Claudia schien ihr Micha in seinen Briefen liebens- und be­gehrenswerter als in der realen Begegnung. Trotzdem entwickelte sich alles sehr zögerlich. Micha hatte das Verhältnis mit seiner Freundin beendet, ohne dass Claudia sich je mit einem Wort dazu geäußert hatte, trotzdem durfte Micha Claudia erst nach fast einem Jahr besuchen kommen. „Paul, ich glaube du bist erlöst.“ verkündete sie lachend und glücklich, „Ich fühl mich sehr gut. Obwohl verschwinden wirst du nicht. Micha wird dich nicht auslöschen oder er­setzen können. Bleiben wirst du immer in mir, davon bin ich fest überzeugt, das ist zu tief eingebrannt. Das geht nicht mehr weg. Vielleicht so ähnlich wie eine ewig unerfüllte Liebe. Sie schaute Paul an und ihre Augen begannen feucht zu werden. Mit einem „Paul“ warf sie sich um seinen Hals und weinte.


Zerwürfnisse


Die Entwicklung ihrer Beziehung zu Micha verlief keineswegs so komplikations­los los, wie Claudia es sich gewünscht hätte. Als beide den Wunsch hatten zu­sammen zu leben, kam es zu heftigen Auseinandersetzungen. Micha schien Claudias strickte unumstößliche Ablehnung einer Trennung von Simonetta gar nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen, und verhielt sich so, als ob er davon aus­ginge, Claudia irgendwann schon dazu rumkriegen zu können, dass sie zu ihm nach Berlin zöge. Claudia versuchte, es ihm mehrfach klar zu machen und auch, dass und warum sie sich durch sein Verhalten beleidigt fühle, bis sie ihm schließlich erklärte, er müsse einfach akzeptieren, dass Simonetta ihr mehr be­deute als er. Da er das nicht zu verstehen scheine, und es nicht für nötig halte, ihre Einstellung zu berücksichtigen, sehe sie keine Basis für eine weitere Bezie­hung mehr mit ihm. Claudia war traurig, wütend und enttäuscht. Sie war rat­los, wusste nicht, ob es wirklich zu Ende sein würde, ob Micha sich dadurch nicht als jemand offenbart hatte, den sie so nicht wollte, dass er Verhaltens­möglichkeiten gezeigt, die sie nicht erwartet hätte und bisher nicht kannte. Vielleicht war da ja auch noch etwas anderes, dass sie nicht kannte. Auch wenn er alles bereute, und bereit wäre nach Köln zu ziehen, auf ein Zusam­menleben konnte sie sich nicht unbeschwert freuen. Seine Mails ließ sie unbe­antwortet, ja las sie nicht einmal. Claudia meinte, sie müsse erst mal Abstand gewinnen und wolle jetzt von Micha nichts hören. Sie fühlte sich durch ihn ge­kränkt, nicht für voll genommen, das tat weh. Als er nach drei Wochen an ei­nem Samstagnachmittag vor der Tür stand, empfing sie ihn mit: „Was willst du.“. Natürlich ließ sie ihn herein und alles wurde das ganze Wochenende über aufgearbeitet. Sie vertrugen sich wieder, Micha wollte nach Köln ziehen, aber erlöst glücklich fühlte sich Claudia noch nicht. Obwohl Semesterferien waren sollte Micha erst zum Ende kommenden Semesters nach Köln kommen.


Weitere Pläne


Die Kontakte wurden natürlich intensiver und Micha verbrachte fast jedes Wo­chenende in Köln. Die meiste Zeit waren sie bei Paul und Simonetta. Fragen zur Fotografie von Simonettas und Claudias konkreter Arbeit bis zu theoreti­schen Diskussionen über Kommunikation und Wahrnehmung waren natürlich häufigster Gegenstand der Unterhaltung, aber Micha war auch zum selbstver­ständlichen Familienmitglied geworden, der bei der Zubereitung des Abendbro­tes ebenso half, wie er auch die Mülltüten rausbringen konnte.

Sie überlegten, mit Michas Unterstützung in der Stadt ein Studio für Foto­design einzurichten, in dem auch Ausstellungen veranstaltet werden sollten. Claudia ließ Simonetta die Erkenntnisse ihres Studiums miterleben, und auch die Diskussionen mit Micha brachten eine Vielzahl neuer Gesichtspunkte. Die beiden Frauen, die nach Möglichkeiten gesucht hatten ihre emotionalen Wahr­nehmungen und ästhetischen Empfindungen praktisch gestaltend in der Frei­zeit äußern zu können, hatten sich zu Fotokünstlerinnen mit profundem Hinter­grund entwickelt.


Heiratsantrag


Obwohl Paul schon lange die Organisation aller finanziellen Angelegenheit mit Simonettas Vollmachten übernommen hatte und auch sonst das meiste Orga­nisatorische regelte, wurde Simonetta die Belastung durch Schule und Foto­grafie zu viel. Sie verringerte ihre Stundenzahl, um nicht ihre fotografischen Aktivitäten einschränken zu müssen. Eines Abends im Bett meinte sie: „Paule, ich glaube, jetzt hat sich unser Leben wirklich zu einer großen bunten Blumen­wiese entwickelt. Prall gefüllt und alles zu einander in Beziehung stehend; und obwohl alles total busy ist, fühle ich mich pudelwohl, rund um glücklich und zu­frieden. So breit und rund und umfassend war das eigentlich noch nie bei mir. Paule, das ist sehr, sehr schön wie ich das jetzt mit meinen zweiundfünfzig Jahren zum ersten mal erfahren kann. Dass es dazu gekommen ist habe ich ja nicht allein gemacht. Mit mir allein gäbe es das nicht, da sind alle dran beteiligt mit denen es vernetzt ist, ganz herausragend natürlich Claudia und du. Dass du bei mir einziehen solltest, und wir uns verliebt haben, damit hat der Verän­derungsprozess in meinem Leben begonnen, und unsere Liebe ist nicht lang­sam dahinsiechend verödet und vertrocknet. Anstatt es langweilg werden zu lassen haben wir uns neue Welten erschlossen, statt des grauen Alltags hat sich für uns ein buntes Universum aufgetan. Für mich gehört das alles mit dir und meiner Liebe zu dir zusammen. Du hast mich glücklich werden lassen, nicht nur eine Nacht.

Nur offiziell rechtlich gesehen haben wir nichts miteinander zu tun. Wenn mir mal etwas zustoßen sollte, bist du ein völlig Unbekannter. Man sagte dir im Krankenhaus nicht mal, wie's mir geht. Umgekehrt auch nicht. Wenn ich es nicht überleben sollte, müsstest du wie ein Fremder, den ich nie gekannt habe, das Haus verlassen. Paule, das ist eine unerträgliche Vorstellung für mich. Lass uns heiraten.“ „Und Annelie und Renée, was werden die dazu sagen?“ fragte Paul. „Paule, ob ich heiraten will oder nicht, gehört doch wohl in meinen Zu­ständigkeitsbereich und nicht den der Kinder, aber unabhängig davon bin ich felsenfest überzeugt davon, dass sie es so sehen wie ich, und nicht gierig auf das Erbe schauen und mich hassen werden, weil es durch meine Heirat eventuell beschnitten werden könnte.


Le Mariage


Sie küssten und liebten sich, und als sie es Claudia am darauffolgenden Tag mitteilten, wurde ein kleines Fest veranstaltet. Simonetta legte die Rose of Spanish Harlem auf. Sie lachten sich halb tot und Claudia sollte aufpassen, dass Paul ihr nicht beim Tanzen das Kleid runterrutschen ließ. Auch mit Claudia konnte Paul jetzt tanzen. Mit zunehmender Stabilisierung ihres Verhältnisses zu Micha, hatten sich die körperlichen Tabugrenzen zu Paul gelockert. Claudia konnte ihn anfassen, streicheln und küssen, ohne befürchten zu müssen, sich dadurch erotischen Anwandlungen auszusetzen. Es zog sich alles hin, weil Paul noch gar nicht geschieden war. Im Standesamt brachte Simonetta noch als sie sich zum Hochzeitkuss anschauten, ein für alle vernehmliches: „Paule“ hervor. Was für sie alles darin lag, konnte nur sie selbst erfassen, Paul sah es so, dass er für sie einen Teil ihrer selbst bedeutete. Das Fest war so groß geworden, wie Simonetta es eigentlich gar nicht wollte, aber bei den vielen Leuten, die sie kannten, wollten sie auch niemanden unberücksichtigt lassen. Einmal zu vor­gerückter Stunde musste die Band auch nur für das Brautpaar Spanish Harlem spielen, und niemand außer Claudia verstand, warum Simonetta und Paul da­bei nicht ernst blieben, sondern sich immer wieder lachend um den Hals fielen.


Gewerschaftsbankett


Das nächste Gewerkschaftstreffen fand ausschließlich bei Ramiro statt. Und obwohl die meisten Mitglieder der Gruppe an der Hochzeitsfeier teilgenommen hatten, standen heute weniger gewerkschaftliche Themen im Vordergrund als der Verzehr der Speisen des von Simonetta und Paul spendierten kleinen Hochzeitsbanketts. Claudia war extra mitgekommen, um Erinnerungsfotos von den Jungvermählten mit den Gruppenmitgliedern zu machen. Es sollte ja nie­mand zum Fotografieren fehlen, und ordentlich sollten die Bilder auch schon werden, daran war Simonetta gelegen. Bei diesem schummerigen Restaurant­licht war das gar nicht so einfach. Paul und Simonetta waren nicht mehr nur die einfachen, netten Gewerkschaftsmitglieder mit fundiertem politischen Back­ground, sie hatten sich zu geschätzten Persönlichkeiten mit umfänglichen Kenntnissen und Erfahrungen in vielen Bereichen entwickelt. Warum Paul sich nicht nur in französischer und englischer Literatur auskannte, sondern auch fi­nanztechnische Tips geben konnte, war den anderen Mitgliedern unerklärlich.



Fin




Art is the only way to run away without leaving home.


Twyla Tharp


„Simonetta, du bist wunderschön.“ hauchte er ihr zu, während er einen Finger über ihre rechte Augenbraue fahren ließ und beim an­deren Auge den Pony zu Seite schob. Simonetta warf ihn aufs Bett und meinte: „Nachthemden also, Negligés die bringen's bei dir. Nur sonst trag ich die gar nicht.“ lachte sie. „Du siehst darin wundervoll aus. Eigentlich viel zu schade, um damit ins Bett zu gehen.“ erklärte Paul. „Und was kann man sonst im Negligé machen?“ fragte Simonetta launig lächelnd. „Tanzen,“ meinte Paul, „ja lass uns tanzen.“ „Du nackt und ich im Negligé?“ fragte Simonetta zweifelnd lächelnd nach. „Ja warum nicht? Komm Simonetta, lass uns tanzen.“




Lass uns tanzen,Simonetta – Seite 36 von 36

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 09.04.2013

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