»Ich weiß nicht wann dieses Gefühl anfing, dieser unglaubliche Hass auf alles und jeden. Und immer wenn ich mich frage wodurch dieses Gefühl verursacht wird, komme ich auf meine Mutter zurück. Elyse McDorthon ist eine hübsche Frau von 43, sie ist etwas was andere eine Lady nennen, doch ich nenne sie eine verkommende Hure.
Nicht mehr und nicht weniger.
Sie hat meinen Vater schon betrogen, da war ich noch nicht mal ein Jahr alt. Natürlich, mein Vater ist auch kein Engel, doch mit meiner Mutter fing alles an.
Mein Vater besitzt einige Forschungsuniversitäten mit dem Namen McDorthon's Universal Sciences, er besitzt ebenfalls ein altes Stahlwerk, eine Erdölfarm und mehrere Apotheken. Das alles hat mein Vater von meinen Großeltern geerbt und erfolgreich weitergeführt.
Als mein Vater gerade einmal 19 Jahre alt war, traf er meine Mutter.
Der wahrscheinlich schlimmste Fehler seines Lebens. Meine Mutter ist ein Albtraum. Sie wollte, wie viele andere einfach nur sein beschissenes Geld.«, las ich mit einem dramatischen Unterton vor und blickte grinsend auf die schön geschwungene Handschrift.
»Scheiße Alice, wenn Jack McDorthon herausfindet das du sein verdammtes Tagebuch hast, bist du gefickt.«
Ich sah mich noch einmal nach links und rechts um und schloss dann das kleine schwarze Buch wieder, welches das Tagebuch des begehrtesten Jungens der Highschool darstellte.
Ich übertrieb nicht, denn Jack Mc Dorthon war erstens unglaublich heiß und zweitens besaß er so viel Geld, dass man hätte darin schwimmen können.
»Der Typ schreibt hier wirklich seine Lebensgeschichte rein.«, kicherte ich, »Das hätte ich gar nicht von ihm erwartet, er scheint mir eher immer sehr gefühlskalt.«
»Alice, das ist kein bisschen witzig! Woher hast du das Buch überhaupt?«
Ich zuckte mit den Schultern und sah wieder hinunter auf den Schatz in meinen Händen.
»Haha, Claire, du weißt nicht wie viel Glück ich mit dem Buch habe! Ein paar Mädchen an unserer Schule würden eine Menge Geld für den Schrott hier ausgeben! Und weißt du was wir uns von dem Geld kaufen könnten?«, redete ich ohne auf Claires Frage einzugehen.
Sie runzelte die Stirn.
»Nein, was?«
»Koks, Koks, Koks«, grinste ich und hielt sein Tagebuch wie eine Trophäe in den Händen.
Claire verdrehte die Augen.
»Alice du bist verdammt naiv. Der wird das merken und wenn Jack das gemerkt hat, kannst du dir gleich ein Grab schaufeln.«
»Der merkt das nicht. Was ist er auch so blöd und legt es so offensichtlich in seinen Spind.«
»Hast du seinen Spind geknackt?!«, fragte Claire geschockt.
»Ja schon, aber das hab ich schon bei vielen gemacht. Ist total einfach.«
Claire schlug sich die flache Hand gegen die Stirn.
»Alice Peters, es war nett dich gekannt zu haben.«
Ich grinste und als es klingelte machte ich mich wie alle anderen auch, auf den Weg in den Unterricht.
Dabei klebte mein Blick auf den zahlreichen Schließfächer die, von dem Licht der Sonne die durch die vordere Fensterfront schien, zu glitzern begannen.
Neben mir lief Patrick, wir hatten den gleichen Mathekurs und er war dadurch ein guter Freund geworden. Er war nicht so wie die anderen Jungs, er war nicht überheblich und versuchte nicht so viele Mädchen wie nur möglich flachzulegen.
Er war genauso sympathisch wie er auch aussah, mit ein paar Sommersprossen, rot-braunem Haar und einem strahlend-weißen Lächeln.
»Hey Pat?«
»Hm?«
»Steht deine Schwester nicht auf Jack McDorthon?«
Er zuckte mit den Schultern.
»Welches Mädchen tut das nicht, Alice?«
»So einige. Klar, alle finden ihn scharf und ziemlich begehrenswert, aber so richtig verliebt ist da schon was Anderes. Also ist deine Schwester in ihn verliebt?«
»Schon möglich. Aber was interessiert es dich?«
Ich grinste und hielt dann das Buch in die Höhe.
»Was ist das?«
»Jack McDorthons Tagebuch, mein Freund. Und ich bin bereit es für eine gewisse Summe an deine Schwester zu verkaufen.«
Patrick verdrehte die Augen.
»Denkst du meine Schwester ist wirklich so dumm und kauft irgendein Tagebuch für viel Geld?«
Es stellte sich heraus das sie so dumm war, denn als ich seiner Schwester an der Bushaltestelle davon erzählte, war sie ganz und gar nicht abgeneigt.
»Hey, Emily!«, rief ich Patricks kleinen Schwester zu und Patrick verdrehte bloß wieder die Augen.
»Das wird sie nicht machen.«, beteuerte er.
Emily kam, mit drei ihrer Freundinnen, zu mir und sah mich neugierig an.
»Ja?«
»Du stehst doch auf Jack, nicht?«, fragte ich sie ungeniert und legte meinen Kopf schief. Das arme Mädchen wurde hochrot und ihre Freundinnen begannen zu kichern, doch sie nickte.
»Wieso fragst du?«
Ich holte das Tagebuch aus meiner schwarzen Umhängetasche und wedelte damit vor ihrer Nase herum.
»Weißt du was das ist?«
Sie schüttelte mit dem Kopf.
»Das hier meine Liebe, ist Jack McDorthons Tagebuch!«
Emily Hall machte große Augen und griff danach, doch ich zog es weg.
»Willst du es haben?«
Sie nickte und sah mich mit einem Dackelblick aus rehbraunen Augen an.
»Wie viel kannst du zahlen?«
Sie runzelte die Stirn und schien ernsthaft zu überlegen.
»Beweise uns das es sein Tagebuch ist!«, meinte eine ihrer Freundinnen und ich zeigte ihnen die erste Seite. Alle vier begannen freudig in die Hände zu klatschen und Emily meinte dann:
»Ich komme heute um 17 Uhr zu dir, mit Geld natürlich.«
Sie drehte sich kichernd um und ging quatschend mit ihren Freundinnen in den Bus.
»Du Tagebuchdealerin«, murmelte Patrick, sichtlich enttäuscht von seiner Schwester.
»Tja, ich weiß halt womit man echtes Geld verdient.«, witztelte ich, stieg in den Bus und setzte mich auf den letzten Platz neben einem dicken, stinkenden Jungen, welcher mich ansah als könnte man mich essen.
Wir fuhren den üblichen Weg durch Belle Haven, einer Kleinstadt mitten in Virginia (meinem Geburtsort von dem ich immer noch nicht weg kam), hier kannte jeder Jeden. Es gab nur wenige Läden und unglaublich viel Klatsch und Tratsch.
Der meiste Klatsch und Tratsch wurde über die Familie McDorthon verbreitet. Über die gutaussehende und mysteriöse Elyse McDorthon ihrem Mann Jeff McDorthon und natürlich über deren gutaussehenden Sohn Jack McDorthon. Dieser hatte 2 Geschwister, eine dickliche Schwester namens Judith und einen Bruder namens Josh.
Josh war in meinem Jahrgang und der sympathischste aus der Familie McDorthon. Er war nicht so protzig und arrogant, aber er sah auch nicht so gut aus wie sein älterer Bruder. Ehrlich gesagt wurde Josh auch schon mal ein paar Jahre gemobbt. In meinem Jahrgang war ein Junge namens Billy Neff, dessen Vater hatte seinen Job und sein Haus wegen den McDorthons verloren, da diese auch viele Immobilien in der Gegend rund um Belle Haven besaßen, deswegen mobbte dieser Josh auch. Natürlich fingen auch Billys Freunde an ihn zu ärgern und zu beleidigen, er war der schwächste Punkt der Familie, er war schmächtig, hatte eine Brille auf der Nase, hatte Asthma und war ein "Streber".
Als jedoch Jack mitbekam das Billy seinen Bruder mobbte, fing wiederum Jack an Billy fertig zu machen und das so heftig das Billy Selbstmord begangen hat.
Er hatte sich mit Schlaftabletten das Leben genommen.
Natürlich gab es für Jack keine Konsequenzen, immerhin trauten sich nicht einmal die Lehrer etwas gegen ihn zu sagen.
»Du bist wunderhübsch«
Ich blinzelte über den apruppten Abbruch meiner Gedanken und sah zu dem dicken Jungen hinüber, der die Worte eben noch gestottert hatte.
»Wie bitte?«
»Du bist wunderhübsch«
Seine Stimme war leise und er fuhr sich mit der Hand nervös durch das fettige Haar.
Wahrscheinlich war dieser Junge der Einzige der mich wunderhübsch fand. Versteht mich nicht falsch ich war nicht hässlich, ich war normal. Aber normale Mädchen waren eben einfach...normal.
»Oh, danke«, meinte ich und brachte ein halbes Lächeln zustande. Irgendwie tat mir der Junge leid und wenn er sich die Haare waschen, andere Klamotten anziehen und ein bisschen Deo auftragen würde, wäre sein Aussehen vermutlich halb so schlimm.
»Wie heißt du?«, fragte ich gleich im Anschluss und versuchte mit einer sanften Gestik den nervösen Jungen zu beruhigen.
»Ich bin Oliver, Oliver Daoud. War klar das du dich nicht an mich erinnern kannst, wir waren zusammen in der Junior High.«
»Oh, ich erinnere mich aber an viele aus der Junior High nicht mehr.«, winkte ich ab und schaute aus dem Fenster.
»Ja, klar. Ähm...hast du vielleicht m-morgen Zeit? Wir könnten ins Kino gehen...«
»Oh«
Ich wollte ja nicht gemein sein, aber auf ein Date mit ihm hatte ich wirklich keine Lust, zumal ich mein erstes richtiges Date nicht mit ihm haben wollte.
»Nein, tut mir wirklich leid. Ein anderes Mal vielleicht.«
Er nickte und schaute traurig zu Boden.
Ich seufzte.
»Aber vielleicht willst du ja mit zu Claires Geburtstagsparty, sie wird 16.«, nuschelte ich.
Oliver fing an heftig zu grinsen und zu nicken, jeden Tag eine gute Tat.
Ich war froh als ich aussteigen konnte und ging mit der schweren Tasche in der Hand den Weg hinunter zu unserem Haus.
Unser Haus, was ich mir nur mit meiner Tante Jessica, einem weißen Schäferhund und einer schwarzen Katze teilte, war nur ziemlich klein, doch für uns reichte es alle Mal und ich war froh das meine Tante mich aufgenommen hatte.
Meine Mutter hatte mich bekommen als sie erst 13 Jahre alt war. Zudem muss man sagen, dass sie vergewaltigt wurde.
Jedenfalls hat Mom angefangen mich zu hassen, weil ich meinem Dad, ihrem Vergewaltiger, sehr ähnlich sah und als Mom dann versucht hat mich umzubringen, kam das Jugendamt ins Spiel und meine Tante wollte mich sofort. Damals war ich 4 Jahre alt und ich erinnerte mich zum Glück nicht, doch weh tat es trotzdem. Ich war nicht der Typ für Mitleid, deswegen wussten nicht viele von meinem Schicksal. Aber ich fand es mitlerweile halb so schlimm. Ich liebte meine Tante und war glücklich bei ihr.
Als ich die Haustür öffnete strömte der Geruch von Essen in meine Nase und lächelnd folgte ich ihm.
Jessica stand am Herd und mischte Spaghetti mit der zugehörigen Tomatensauce.
Sie lächelte mich warm an, als ich die Küche betrat und neben ihr saß Bernie, unser Schäferhund, und bettelte nach Essen.
Ich setzte mich an den Küchentisch und holte das schwarze Tagebuch aus meiner Tasche. Ob ich es bevor ich es verkaufte noch lesen sollte?
Neugierig war ich, aber irgendwie hatte ich ein mieses Gefühl dabei. War es vielleicht ein schlechtes Gewissen?
Ich schüttelte kaum merklich den Kopf. Jack McDorthon hatte es nicht anders verdient! Er hatte einen Jungen zum Selbstmord getrieben und unzählige Mädchenherzen gebrochen!
Trotzdem brachte ich es nicht über mich es zu lesen und schmiss es unschlüssig zurück in meine Tasche.
»Heute Abend kommt Patricks Schwester Emily zu mir.«, informierte ich meine Tante als diese das Essen auf den Tisch stellte und es auf zwei Teller füllte.
»Oh das ist schön«
Ich nickte.
Wir aßen schweigend und ich sah dabei zu wie unsere Katze Luna versuchte einen Goldfisch aus dem Aquarium auf der Fensterbank zu fischen.
Seufzend stand ich auf und verscheuchte Luna.
»Ich verstehe immer noch nicht warum du Fische kaufen musstest.«, brummte ich.
Jessica hob kauend ihre Schultern und schmatzte: »Ich mag sie.«
»Ja, Luna mag sie auch.«
Sie schmunzelte.
»Ja das tut sie. Sie hat die Fische zum fressen gerne.«
»Ja und wenn du deine Fischen behalten willst, solltest du ein Netz kaufen.«
Als wir aufgegessen hatten spülte ich die Teller ab und begann dann Hausaufgaben zu machen.
Um 17 Uhr klingelte es an der Haustür. Emily.
Sie hatte ihre blonden Haare zu einem Zopf gebunden und ihre Sommersprossen, die auch Patrick hatte, wirkten süß und kindlich.
Emily war 15 Jahre alt, ein Jahr jünger als ich, und eine Stufe unter mir. Sie war ein süßes Mädchen.
»Hey«, murmelte sie und wedelte mit einem Umschlag vor meiner Nase herum.
»Lass uns nach oben gehen«, meinte ich nur und mein Blick war verräterisch auf den Umschlag geheftet.
Wir stiegen die Eichenholztreppe hoch, die immer so gemütlich knautschte und gingen an Badezimmer und Esszimmer vorbei in mein Reich.
Mein Zimmer war ziemlich mädchenhaft gestaltet. Obwohl ich gar nicht so mädchenhaft war. Aber meine Tante hatte das Zimmer dekoriert.
»Wow, wie süß eine pastellrosa Wand! Das ist niedlich.«, meinte Emily mit einem Kichern und setzte sich auf mein weißes Doppelbett. Mit verträumten Augen blickte sie auf meinen großen Kleiderschrank und auf meine Schminksachen.
»Mom erlaubt mir nicht mich zu schminken.«, erzählte sie und schaute mich traurig an.
Ich runzelte die Stirn.»Warum nicht?«
»Naja, sie meint Make-Up macht Frauen künstlich und falsch.«
»Hm, ein bisschen hat sie ja Recht.«
»Hm vielleicht, es nervt einfach...wo ist das Buch?«
Ich lächelte und holte das Tagebuch aus meiner Schultasche.
»Ich hätte nicht gedacht das Jack Tagebuch schreibt.«, kicherte Emily und sah dann mit großen Augen auf das schwarze Buch, welches ich ihr entgegen streckte.
»Hast du es gelesen?«, fragte sie und nahm es bedächtig in die rechte Hand.
Ich schüttelte den Kopf und kassierte einen ungläubigen Blick von Emily.
»Wieso nicht?«
»Mich interessiert es nicht so.«, log ich.
Ich wollte nicht sagen das ich mich deswegen schlecht fühlte. Am Ende hatte sie auch noch ein schlechtes Gewissen und wollte es nicht mehr kaufen.
»Wie viel Geld kannst du bezahlen?«, fragte ich nach einer Weile.
»200 Dollar, das ist alles was ich habe, aber ich denke es reicht.«
Ich grinste, mit so viel hatte ich nicht gerechnet. Wer gab schon 200 Dollar für irgendein Tagebuch aus?! Natürlich, es stammte von einem reichen, scharfen Kerl, aber trotzdem war es viel Geld für ein gestohlenes Tagebuch.
Aber Mädchen taten viel Dummes, wenn sie verliebt waren.
Ich nahm das Geld und verabschiedete mich von Emily.
Sie wirkte unglaublich glücklich.
Als sie weg war ging ich duschen und rief dann sofort Claire an.
»Hey, mein Schatz.«, begrüßte ich sie, »Rate mal wie viel Geld ich von Emily bekommen habe.«
»Sag«, lachte Claire.
»200 Dollar«
Ich hörte ein Gluksen, dann brach Claire in Gelächter aus.»Dieses dumme Miststück hat dir wirklich 200 Dollar für so ein behindertes Tagebuch gegeben?!«
»Jap. Ich frag mich ob der liebe Jack McDorthon schon verzweifelt sucht und schon in Tränen ausgebrochen ist.«
Ein düsteres Kichern ertönte am anderen Ende der Leitung.»Du Claire?«, fragte ich.
»Hm?«
»Ich besorg den Stoff diesen Freitag bei Fat Mick und...ich bring einen...Freund mit zu deiner Party.«
»Oh mein Gott! Du hast ein Freund!«
»Er ist nicht mein Freund!«, zischte ich und blickte kopfschüttelnd auf den abgeblätterten Nagellack auf meinen viel zu kurzen Fingernägeln, »Ich hab ihn im Bus getroffen, sein Name war...«
Stille.
»Scheiße Alice! Du hast seinen Namen vergessen!«, hörte ich sie lachen.
»Nein, nein er hieß Oliver!«, die Erleuchtung traf mich wie ein Schlag, »Auf jeden Fall wollte er ein Date mit mir. Aber der Typ war abnormal ekelhaft und dann hab ich Nein gesagt und dann...naja dann hab ich ein schlechtes Gewissen bekommen und sagte er soll mit auf deine Party kommen.«
»Du bist unverbesserlich, Alice.«
Ich wog meinen Kopf hin und her, als würde ich abschätzen inwiefern sie recht hatte, dann nickte ich und sagte: »Wahrscheinlich, hör mal Claire, ich muss Schluss machen. Ich bin unheimlich müde.«
»Okay bis morgen, mein Schatz!«
»Bis morgen!«
Ich, ein gelangweilter, phasendepressiver Teenager, beteuerte dass die Welt durch und durch scheiße war und die Menschen die auf ihr lebten gar noch mehr.
Ich sagte dies nicht weil ich meine Tage hatte, sondern weil ich einfach nur drauf und dran war alles zu beenden.
Man könnte mich als Jammerlappen bezeichnen, doch seien wir mal ehrlich. Niemand, aber auch wirklich niemand, hatte Bock auf diesen verkorksten Alltag. Jeden morgen um halb 6 aufstehen, duschen Zähne putzen, Busfahren, in die Schule, lernen, die gleichen verdammt langweiligen Leute wie die Tage davor treffen, nachhause, lernen, schlafen und das gleiche von vorne. Wie in einer verfickten Dauerschleife.
Und wenn man erwachsen wird? Ja dann wird die Scheiße erst recht so richtig schlimm. Man steht noch früher auf, man arbeitet den ganzen Tag und hat praktisch nichts mehr vom Leben, weil man den Rest seines Lebens damit verbringt...ja genau zu arbeiten. Und wenn man denkt man hätte sich daran gewöhnt, kommen Babys dazu. Heulende, stinkende, rotzende Babys die einem den Schlaf versauen und einem zu einem verstörten Wrack machen, welches extra Sicherheitsairbags ins Auto einbauen lässt und sich ein Buch über die Gefahren im Alltag anschafft. Und wenn das dann endlich um Gottes Willen vorbei ist, dann ist man alt. Alt und depressiv und letztendlich nur am Jammern.
Und weil man so unzufrieden und verbittert ist, sieht man sich im Fernsehen andere unzufriedene und verbitterte Menschen an.
Dann kommt immer das gleiche, traurige Gesprächsthema was vor kurzen noch in den verdammten News war.
Vergewaltigung, Krieg, Nazis, der Unfall auf der 50th Avenue letzten Monat, Drogendealer, Babyschwarzmarkt und der andere kranke Scheiß von dem man eigentlich gar nichts wissen will.
Und wenn das dann vorbei ist, stirbt man. Aurevoir geliebtes Leben, Salut kalter Tod.
Ich weiß das meine Gedanken schwarz malerisch gewesen waren, aber genau das war es doch wovor jeder angst hatte. Tief im Inneren jedenfalls.
Also sollte ich meinem Leben nicht einfach ein Ende setzen? Ich meine ich war nur gelangweilt und müde von den so endlos erscheinenden 16 Jahren meines Lebens.
Aber in erster Linie hatte ich angst, dass ich das Abbild der genannten Voraussage des Lebens war.
Ich blickte starr aus dem Fenster, blendete die anderen Stimmen im Klassenraum aus und kam zu einem wichtigen Entschluss. Es war doch so einfach. Ich würde den Alltag besiegen, aus meinem Leben ein Abenteuer machen, was mich bis ans Ende glücklich und zufrieden machte! Doch es war nicht leicht den Alltag zu durchbrechen, das wusste ich.
Ich drehte mich zu Claire welche neben mir saß und anscheinend gespannt dem Matheunterricht lauschte.
Gespannt allerdings nur weil unser Mathelehrer einen beachtlichen Bizeps hatte.
»Claire?«
Als sie sich zu mir drehte erzählte ich von meinem Vorhaben.
Tatsächlich sah Claire es genauso wie ich...
»Sag mir ein paar verrückte Dinge.«
Skeptisch sah ich Claire an. Wie kindlich sie aussah so im Schneidersitz auf grünem Gras mit einer leichten Brise die ihre Haare wehen ließen.
»Ich will auch Locken.«, meinte ich und deutete auf ihre Haare.
»Lenk nicht ab, Alice. Du wolltest ab und zu dem grausamen Alltag entgehen und nun mache ich einen Plan.«
»Ich lenke nicht ab.«, schmollte ich, »Nur du machst nur für alles einen Plan.«
Claire zuckte mit den Schultern.
»Mit Plänen funktioniert es am Besten.«
Ich ließ mich nach hinten ins Gras fallen und betrachtete Claires und mein Lieblingsplatz als würde ich ihn zum ersten Mal richtig sehen. Die kleine Lichtung hinter Claires Haus war schon immer ein Ort mit viel Sonne gewesen, vielleicht mochten wir diesen Ort ja deswegen so gerne. Weil hier der Ort des Lichtes war, weil in dieser Lichtung durch die Sonne als erstes in ganz Belle Haven im Frühjahr Blumen zu sehen waren und weil hier so viele Geheimnisse von uns erzählt wurden, dass ich es nicht mehr zählen konnte.
Hier war der Ort an dem wir Probleme lösten.
»Ich denke etwas Spannendes ist, wenn du einen Typen der dich hasst und du auch ihn, dazu bringst das er sich in die verliebt.«
Ich rümpfte die Nase.
»Das ist blöd und klingt nach Wahrheit oder Pflicht.«
»Du findest es doch nur blöd, weil du dann Jace Pattens dazu bringen müsstest dich zu lieben.«
Oh Jace Pattens, wie ich diesen Bastard hasste.
Es fing schon in der Junior High an das er mir ein Kaugummi in die Haare klebte und ich mir einen Jungenhaarschnitt schneiden musste.
Aber als er auch noch meine Unterwäsche, Gott weiß wie er da heran gekommen war, auf dem ganzen Schulhof verteilt hatte und ich ein verdammtes halbes Jahr Schlüpfer-Alice genannt wurde, war der Bock so fett, dass ich ihm mit einem gezieltem Schlag die Nase brach.
Dabei riss dieser verdammte Mistkerl mein Top weg und jeder sah meine verdammten Brüste. Ja, es war Teenager-Müll, aber es tat damals verdammt weh.
»Nein«, log ich, »Es ist nur kindisch.«
»Ich verwette 2 Gramm bestes Koks, dass du Jace nicht mal rumkriegen könntest, wenn du es versuchen würdest.«
Meine Augen verengten sich zu Schlitzen.
Claire wusste genau das ich es hasste, wenn man mir sagte ich könne etwas nicht schaffen. So etwas provozierte mich.
»Einverstanden«
»Und wenn du es nicht schaffst, sagst du Jack McDorthon das du sein Tagebuch gestohlen und verkauft hast.«
Meine Augen wurden groß.
»A-Also das ist...«
»Du hast schon einverstanden gesagt, Alice.«
Scheiße nochmal, ich musste diese beschissene Wette gewinnen!
»Glaub mir Claire, ich werde gewinnen!«
Claire lachte.
»Ja, ja. Und jetzt fahr schon los und hol den Stoff für meinen Geburtstag.«
Ich grinste.
»Ich hole den Besten!«
Ich erhob mich und schlenderte gemächlich über das satte Grün.
Vor Claires geräumigen Einfamilienhaus, stand Jessicas dunkel blauer Van. Ich hatte ihn mir ausgeliehen da Jessica heute Abend frei hatte.
Normalerweise arbeitete sie in einer kleinen Bar, in einem nicht weit entfernten Ort namens Peters Ville. Dort war auch der Dealer mit dem ich mich letzten Sommer schon einmal getroffen hatte um Koks zu kaufen.
Es musste sich schrecklich anhören, das ganze Gerede über Koks, aber wir waren keines Falls abhängig es war nur etwas...was einem Abwechslung vom Kleinstadtleben bot. Ich stieg ins Auto und winkte Claire, zum Abschied, welche mir hinterher gekommen war.
Im Radio lief irgendeine Oldie-Scheiße, also schaltete ich mehrmals durch die Sender ohne wirklich was zu finden und landete letztendlich wieder bei den Oldies.
Irgendwie spürte ich Aufregung in mir keimen, was wie ich hoffte nur eine kurze Reaktion auf den Drogenkauf war.
Doch die Aufregung hielt an und als ich in dieser kleinen Gasse, in der eine Menge Dealer ihre Drogen verkauften, war hatte ich ein echt mieses Gefühl in der Magengegend.
Fat Mick war nirgends zu sehen und der Geruch von Kotze, Schweiß und Pisse drang in meine Nase. Ein ekelerregender Geruchscocktail der mich zum schwanken brachte, ich beschloss einfach weiter durch den Mund zu atmen, was nicht weniger eklig aber wenigstens erträglicher war. Mir war schlecht und die mit Graffiti beschmierten Hauswände schienen Näher zu kommen. Auch die aufgequollenen, zahnlosen Gesichter der Dealer drehten sich im Kreis. Ich blinzelte um dieses Gefühl wegzubekommen und tippte ein junges Mädchen an, dessen Haut aber die einer 50-Jährigen hätte sein können. Sie hatte blondes, durchscheinendes Haar, eine Narbe zog sich über ihr halbes Gesicht und in ihrem Mundwinkel, zwischen ihren dünnen, kaputten Lippen gepresst, war eine unangezündete Zigarette.
Zudem trug sie noch eine Jogginghose und ein Top mit Unmengen an Dekolleté.
»Was willst du?«, krächzte sie wütend.
»Weißt du wo Fat Mick ist?«
Das Drogen-Mädchen deutete auf einen schwarzen Mercedes welcher unheimlich teuer zu sein schien.
»Da drin, aber klopf nicht an, warte bis Fat Mick draußen ist. Kleiner Rat von Frau zu Frau.«
Ich nickte und ging ein Stück auf den Mercedes zu.
Ich wartete keine Minute, da stieg Fat Mick dicht gefolgt von einem blonden Jungen aus dem Wagen. Halt...war das etwa Jack McDorthon hinter ihm?!
Ja...das musste Jack sein.
Diese große Statur und die eisblauen Augen waren unverkennbar.
Zum Glück schien es als würde er mich nicht erkennen, er schenkte Fat Mick ein kaltes Nicken zum Abschied und stieg dann wieder in seinen Wagen.
Fat Mick beachtete dies nicht, sondern ging direkt auf mich zu.
Der farbige, dicke Junge grinste schäbig und meinte: »Du musst dein Koks nicht unbedingt mit Geld bezahlen...«
Ich schüttelte angewidert den Kopf und sah starr auf seine halb herausgewachsenen Dreadlocks, um ihn nicht ins Gesicht sehen zu müssen.
»Wie viel?«
Ich sagte ihm wie viel ich wollte und musste dafür die ganzen 200 Dollar zahlen, doch das war es wert.
Denn das schneeweiße Koks sah echt hochwertig aus.
Zufrieden ging ich durch die stinkende Gasse zurück zu Jessicas Auto.
Am nächsten Tag in der Schule sprang Claire wie von einer Tarantal gestochen auf mich zu.
»Ich hab morgen Geburtstag! Ich hab morgen Geburtstag!«, sang sie und wippte hin und her.
Die ganzen Schüler welche im Flur bei ihren Schließfächern standen, sahen sie skeptisch an. Doch das störte Claire nicht, fröhlich hakte sie sich bei mir unter und zählten in einer überdimensional großen Liste auf, was sie sich alles wünschte und was sie an ihrem 16. Geburtstag alles machen würde.
Sie stoppte als ich in den Chemieraum wechselte und huschte dann mit hopsenden Schritte in ihren Mathekurs.
Ich seufzte. Die Plätze im Chemieraum waren nur noch sehr beschaulich und so kam es das ich mich neben Josh McDorthon setzen musste.
Ich hatte nichts gegen ihn, wie schon mal gesagt, er war noch mit der Netteste seiner Familie. Doch ich hielt lieber einen Sicherheitsabstand um die Familie McDorthon.Man wusste nie, was einen bei ihnen erwartete und es war besser, es niemals heraus zu finden.
Josh lächelte mich leicht an und ich brachte ein zittriges Nicken mit einem kleinen Lächeln bestückt zustande.
Da es in Chemie Dreiertische gab, hoffte ich sehnlichst jemand würde sich zu uns setzten mit dem ich gut klar kam.
Neben mir war nun der einzige freie Platz im Raum frei und obwohl es eigentlich nur eine Kleinigkeit war, war ich gespannt wer dort sitzen würde.
Und wer kam verschwitzt und mit einem genervten Blick in den Chemieraum? Genau, Jace...
Er sah mich mit einem vernichtenden Blick an und setzte sich dann grummelnd neben mich.
Verzweifelt sah ich zur Tafel. Ich würde es doch nie schaffen ihn dazu zu bringen sich in mich zu verlieben.
Als die Schule zu Ende war, fuhr ich schlecht gelaunt mit dem Bus nachhause.
Dort angekommen, suchte ich im Internet genervt nach »Wie bekomme ich einen Jungen herum«, doch die Antworten darauf waren entweder: »Wenn er dich nicht mag, mag er dich nicht« oder irgendein sinnloser Quatsch.
Verzweifelt ließ ich mich in mein Bett fallen und starrte auf die weiß gestrichene Zimmerdecke.
Es verging nicht viel Zeit als Bernie, unser Hund, auf mein Bett sprang und sich neben mich legte.
Ich schloss die Augen und glitt in einen seichten Schlaf.
~
Es war ein schönes Messer gewesen. Normalerweise benutzte er nur ein Stück Seil zum töten oder einen stumpfen Gegenstand mit dem er das Opfer erschlug.
Doch für diesen besonderen Kunden hatte er nur die besten Utensilien mit. Eine CZ 75 Pistole aus Edelstahl und das schönste Messer, das er je gesehen hatte. Es war aus Stahl geschmiedet, vergoldet und hatte einen verschnörkelten Holzgriff, außerdem war es so scharf, dass wenn er mit der Schneide über die Haut seines Arms fuhr, die feinen Härchen dort abgetrennt wurden.
Er packte das Messer, sowie die Pistole in eine schwarze große Tasche und hängte sie sich um. Dann trat er aus seinem schäbigen VW-Bus und ging ins Recie Lue, einem Gourmer Restaurant in dem er diesen besonderen Kunden traf. Es war eines dieser Restaurants welches man nur mit Anzug und einer riesigen Brieftasche betrat.
Als er eintrat wurde ihm sofort von einem grau haarigen Mann mit einem ebenso grauen Schnurrbart die Lederjacke abgenommen.
Er fühlte sich sofort unwohl unter den so gut gekleideten Menschen. Seine Augen huschten nach links und rechts, bis er ihn endlich fand. Seinen Auftraggeber.
Lässig saß er an einem Zweiertisch und starrte auf das mit Whiskey gefüllte Kristallglas vor ihm. Als sein Auftraggeber ihn bemerkte hob er den Blick und starrte ihn kalt an.
Er holte tief Luft und setzte sich zu ihm, er seufzte und fragte sofort: »Wen soll ich umbringen?«
Sein Auftraggeber nahm ein Schluck des Whiskeys und antwortete dann:
»Sie heißt Emily Hall. Sie hat ein Buch, dieses Buch gehört ihr nicht. Töte sie und finde heraus wer es ihr gegeben hat.«
Partys, was feierte man auf Partys? Geburtstage, eine Geburt, vielleicht sogar den Tod oder einfach nur das Leben?
Eigentlich war es auch egal. Denn eigentlich tat man es nur wegen dem Spaß, den man auf Partys hatte. Es war etwas was das Leben bereichern konnte.
Und etwas was man in meinem Alter tat um dazuzugehören.
Auf Partys musste man gut aussehen, betrunken oder angetrunken sein und jeden Spaß mit machen, das waren unausgesprochene Regeln.
Kritisch starrte ich in den Spiegel und schminkte mich ab, um mich danach für Claires Geburtstag frisch zu schminken.
Als das hautverfeinernde Gemisch von meiner Haut herunter war, sah man meine roten Wangen, ein paar Hautunreinheiten und meine grünen Augen, die ohne Mascara unheimlich klein wirkten.
Einerseits hatte ich es satt Make-Up zu verwenden, nur damit ich mich schön fühlte, aber andererseits logen die anderen wenn sie sagten sie fänden natürliche Mädchen schöner.
Denn ganz im Ernst, wer zog schon ein Mädchen mit Pickeln und kleinen Augen, einem mit toller Haut und perfekten und groß geschminkten Augen vor?
Genau, die traurige Wahrheit war: Niemand.
Und deswegen trug ich eine fette Schicht der hautfarbenen Creme auf, machte ein bisschen Puder auf Stirn und Wangen, bedeckte meine Lippen mit einem Lipgloss und schminkte mehrere Schichten Mascara auf meine Wimpern.
Dann holte ich ein Glätteisen aus der unteren Schublade meines Schminktisches heraus und glättete mein braunes Haar.
Eigentlich eine blöde Farbe, dachte ich mir. Vielleicht sollte ich sie mir färben? Vielleicht blond oder schwarz?
Ich verzog meinen Mund, im Moment war ich so schrecklich unzufrieden mit mir selbst.
Seufzend stand ich auf und öffnete lustlos meinen weißen Kleiderschrank.
»Was zum Teufel soll ich anziehen«, murmelte ich und setzte mich im Schneidersitz vor meinen Kleiderschrank der einen Haufen unnütze Kleidung in sich trug.
Nach etwa 30 Minuten des Suchens kam ich auf ein viel zu nuttiges, schwarzes Kleid welches ich in den Tiefen meiner Kleider-Hölle gefunden hatte. Es war trägerlos, ging gerade bis unter meinen Po und ich sah darin aus wie eine Cracknutte.
Ich legte meinen Kopf schief und betrachtete mich. Ich sah schlimm aus, wie eine Barbie nur die blonden Haare und die blauen Augen fehlten noch.
Und obwohl ich aussah wie die Schulschlampe hoch 3, fühlte ich mich unheimlich wohl. Ich zog mir noch schwarze High Heels an und steckte das Koks und Claires Geschenk in eine große, weiße Tasche.
Dann ging ich aus meinem Zimmer hinunter in den Flur.
Patrick hatte heute in der Schule angeboten mich abzuholen, weil er ein Auto hatte, er würde mich auch wieder mit nachhause nehmen.
Zum Glück war Jessica nicht zuhause, denn hätte sie mich in diesem Kleid gesehen, hätte sie gesagt ich solle mich umziehen.
Meine liebe Tante hatte nämlich ein Date mit dem Sheriff dieser Stadt. Er war gut 15 Jahre älter als sie, doch das störte sie anscheinend kaum.
Mich auch nicht, so war es nicht. Ich gönnte es ihr, nur war der Sheriff, meiner Meinung nach, ein echt schräger Vogel und erinnerte mich an eine Figur aus einem Stephen King-Roman.
Es klingelte an der Tür und ich öffnete sie schnell und lächelte Patrick an.
»Hey, Pat«
»Hey«
Patrick lächelte, er hatte ein enges T-Shirt an und eine Bluejeans, er sah also aus wie immer und wie immer klebte der Geruch von getrocknetem Blut an ihm. Ich weiß nicht warum Patrick immer so nach Eisen roch, aber das tat er eben und irgendwann mochte man diesen Geruch an ihm sogar.
»Können wir los?«, fragte er.
Ich nickte und bemerkte wie Patrick mich eingehend musterte.
Sein Blick fing an meinen Beinen an und blieb an meinen Brüsten hängen, wobei er mir danach schnell reumütig ins Gesicht sah.
Und obwohl er wahrscheinlich lieber gesagt hätte: »Mein Gott, Alice, du siehst aus wie eine Schlampe«, sagte er: »Du siehst hübsch aus.«
Ich lächelte.
Patrick war eben ein echt netter Kerl.
Ich stieg in seinen alten VW und lehnte mich etwas schlapp in den Sitz. Im Radio lief ein langsamer Jazz-Mix.
»Und freust du dich schon?«, fragte Patrick und starrte auf die Straße.
»Natürlich«, log ich.
Dabei war mir heute irgendwie gar nicht nach feiern. Wir schwiegen.
»Was schenkst du Claire?«, fragte er, wahrscheinlich weil ihm die Stille unangenehm wurde.
Ich schmunzelte.
In dem Schuhkarton den ich mit Geschenken befüllt und mit Geschenkpapier eingewickelt hatte befanden sich ein Fotobuch, eine zehner Verpackung Zigaretten, eine Flasche Whiskey und das Koks.
Ich zählte sie auf und er fing an zu lächeln.
»Ich schenke ihr nur Alkohol und 10 Dollar.«
Ich nickte.
Patrick würde es nie zugeben, aber wenn er ehrlich war mochte er Claire nicht mal. Claire aber ihn, und da Patrick so ein unheimlich netter Kerl war, war er genauso nett zu ihr, wie sie zu ihm.
Patrick parkte am Straßenrand vor Claires Haus und wir stiegen aus.
Wir waren fast die Ersten und Claire stand schon draußen, verschwitzt und völlig fertig winkte sie uns zu.
»Meinst du June Meyer ist auch da?«, fragte Patrick plötzlich als wir auf den Hof gingen.
Ich zuckte mit den Schultern.
»Wahrscheinlich, wieso?«
Patrick wurde rot und ich stöhnte.
»Oh Patrick! Sie ist vom anderen Ufer, wenn du verstehst was ich meine.«
»Sie ist lesbisch?!«
Ich grinste kopfschüttelnd.
»Ja«
»Sie sieht gar nicht danach aus.«, meinte er enttäuscht.
»Tja, nicht alle Lesben laufen in Armyhosen herum und haben einen Kurzhaarschnitt.«
Tatsächlich war June sogar unheimlich hübsch. Sie hatte blonde, unendlich lange Haare und einen geraden Pony der ihre riesigen Manga-Augen etwas kaschierte, außerdem war sie sehr dünn und klein und hatte die reinste, weiße Haut die ich je gesehen hatte.
Ich klopfte Patrick auf die Schulter und gesellte mich dann zu Claire.
»Hey, Schatz. Wie fühlt man sich so mit 16.«
Sie grinste.
»Gut! Ist mein Make-Up verlaufen?«
Ich schüttelte den Kopf und wir gingen ins Haus.
Claires Eltern und ihr kleiner Bruder waren nicht da, also hatten wir das ganze Haus zum feiern.
Und es war ein großes Haus, Claires Eltern waren ganz gut verdienende Unternehmer.
Im Haus lief laute Musik und alles war ziemlich hübsch hergerichtet, überall waren Knabbersachen und Alkohol sowie Pappbecher.
Claire seufzte.
»Ich hoffe heute habe ich noch mein erstes Mal.«, grinste sie.
Ich runzelte die Stirn und sah zu Patrick sich ein Pappbecher mit Cola befüllte.
»Trink doch Alkohol Patrick«, meinte Claire, »Das hier ist eine Party«
Er hob einen Finger und schüttelte ihn, was ziemlich seltsam aussah.
»Ich muss noch fahren«
Claire verdrehte die Augen.
»Du Spießer«
Dafür kassierte sie einen bösen Blick von Patrick.
So war Patrick halt, absolut vorbildlich.
»Ich muss zwischendurch einmal gehen.«, meinte Patrick plötzlich.
»Warum?«, fragte Claire und füllte sich einen Becher voll mit irgendeinem Partygetränk, welches wahrscheinlich völlig übersüßt war, damit man den Alkohol nicht schmeckte.
»Ich hab Mom versprochen nochmal bei Emily zuhause vorbei zu schauen. Mom und Dad sind nicht da und Emily und ihre Freunde sind dann alleine im Haus. Mom hat Angst das sie Mist machen.«
Ich schmunzelte.
»Emily ist ein kleines Monster«, lachte Patrick und füllte sich erneut Cola nach.
Es dauerte keine Stunde da war Claires Haus völlig überfüllt und ich war schon angetrunken und tanzte mit irgendeinem Typen der sich Mr. Bombastic nannte.
Ich war noch nie so tief gesunken, aber ich hatte Spaß.
Der allerdings aufhörte als der Typ versuchte mich zu begrabschen. Patrick war natürlich wieder zur Stelle, was er eigentlich immer war, wenn man Probleme hatte, und hielt den Typen von mir fern.
Als es schon die frühen Morgenstunden dämmerten, packte Claire mein Geschenk aus und wir verkrochen uns in ihrem Zimmer.
»Scheiße«, lallte sie, »Das Fotobuch ist ja süß.«
Sie kicherte und stützte sich an mir ab.
»Oh da ist er ja...der weiße Schnee.«
Sie nahm die 10 Dollar von Patrick und rollte sie zusammen.
Dann machte sie einen notdürftigen Streifen auf ihrem Schreibtisch und zog sich den Stoff tief in die Nase.
Sie machte mir einen erneuten Streifen und grinste mich auch.
Auch ich zog es mir in die Nase und begann zu schniefen.
Es dauerte nicht lange bis das Koks wirkte und wir besser drauf waren als wir es jemals waren.
Stolpernd und lachend suchten wir uns einen Weg nach draußen und schwankten Arm in Arm eine verlassene Landstraße hinunter. Ich wusste nicht mal mehr warum wir hier hin gegangen waren.
Sie war schmal und neben uns waren nur Felder, langsam ging die Sonne auf und tauchte alles in ein dunkles Orange.
»Scheiße, Alice. Seit wann ist die verdammte Sonne violett?«
Ich kicherte und Claire streckte ihren dünnen, langen Arm zur Sonne.
Sie lachte und wankte danach, sodass sie fast hingefallen wäre.
»Das Leben ist schön, es ist perfekt! Und weißt du auch warum?«
»Hm?«, grunzte ich.
»Weil ich Koks habe«
Wir lachten und plötzlich sah ich eine Gestalt, die vor der Sonne stand und uns die Sicht versperrte.
»Hey!«, keifte Claire, »Geh da weg du blödes Miststück.«
Sie war völlig von Sinnen.
»Scheiße, ist das Emily?«, kicherte ich und schwankte auf Patricks Schwester zu.
»Oh hey, Emily!«, schrie Claire und stolperte mir hinterher.
Obwohl ich ziemlich benebelt war, erinnerte ich mich an Emilys Gesichtsausdruck, als wäre es gestern gewesen.
Ihre Augen waren schreckgeweitet und gerötet, ihr ganzes Gesicht drückte pure Angst aus und in ihren zittrigen Händen lag das Tagebuch was ich ihr vorher für viel zu viel Geld verkauft hatte.
»Ay«, murmelte Claire, »Das Geld für das beschissene Tagebuch bekommst du aber nicht wieder.«
Auch ich dachte sie hätte gemerkt wie dumm sie gewesen war, doch Emily schüttelte den Kopf und drückte es mir in die Hand.
»Ich will kein Geld dafür, ich will es einfach nur nicht mehr haben.«
»Warum?«, lachte ich.
»D-da stehen sch-schreckliche Sachen drin. U-und seit dem ich es ha-habe fühle ich mich, nun, be-beobachtet.«, stotterte sie.
Claire brach in schallendes Gelächter aus.
»Oh du Kleinkind! Steht da etwa drin wie er sich einen runter geholt hat und jetzt bist du verstört, hm?«
Wütend schüttelte Emily den Kopf.
»Nein! Liest doch selbst, wenn ihr mir nicht glaubt! Da stehen schreckliche Sachen drin! Nein! Am besten ihr verbrennt dieses scheiß Buch!«
»Ist ja gut«, brummte ich, »Geh nachhause, Patrick wollte eh nochmal nach dir schauen«
Sie nickte und Tränen rannen über ihr Gesicht.
Ich tätschelte ihr die Schulter.
»Ist ja gut. Ich hab das Buch ja jetzt.«
»Ich hab Angst«, murmelte sie gepresst.
»Wovor?«, fragte Claire und konnte sich ein Kichern nicht verkneifen.
Emily schüttelte nur geknickt den Kopf und drehte um.
»An wen verkaufen wir das Buch jetzt?«, grinste ich.
Claire fing an breit zu Grinsen, was schon etwas teuflisches an sich hatte.
»Joline Matthews, die steht echt richtig auf Jack McDorthon.«
Ich lachte und legte meinen Arm um Claires Schulter.
Hochmut kommt vor dem Fall.
~
Er saß bereits im Haus der Halls, als die Tür aufging und Emily hinein kam, paranoid über ihre Schulter blickte und die Tür hinter sich zittrig abschloss.
Er hatte die Sicherungen gekappt und nun versuchte Emily panisch den Lichtschalter zu betätigen, doch es blieb dunkel. Im ganzen Haus waren die Jalousien herunter gelassen und diese ließen sich nur mit Strom öffnen. Sie versuchte auch den Schalter für die Jalousien umzulegen, doch nichts tat sich. Wie auch.
Panisch ging sie in den Flur und dann ins Wohnzimmer, anscheinend um nach einer Taschenlampe zu suchen.
Dummes Mädchen, dachte er und stieß einen Pfiff aus.
Sofort und mit blanker Angst im Gesicht drehte sich Emily um und quiekte:
»I-ist da wer?!«
Klar, als würde er sagen: »Ja, klar. Geh zur Couch, da sitze ich und will dich töten.«
Er war ganz still und wartete bis sie nah genug war, dann sprang er auf sie wie ein Raubtier und packte sie an den Haaren.
Sofort brach das Mädchen in Geschrei aus und versuchte sich erfolglos aus seinem Griff zu befreien.
Das Messer was er bereits in der Hand hielt presste er an ihre Kehle und machte ein leises: »Pscht«
Was sie natürlich nicht beruhigte, sie brach eher noch mehr in Tränen aus und schlug um sich. Ohne zu zögern rammte er das Messer zwischen ihre Brüste und zog es bis zu ihrem Bauchnabel.
Trotz der Dunkelheit sah er wie die Gedärme aus ihrem Bauch hingen, wie Seile aus einer kaputten Tasche.
Sie war schon tot, dennoch rammte er das Messer weiter in ihren Oberkörper bis dieser und ihr Gesicht unkenntlich wurden und an ihrem Unterkörper nur ein roter Fleischklops hing.
Dann vergewaltigte er sie, denn er kannte sie.
»Entschuldige Täubchen«, murmelte er und übergoss das was noch von Emily Hall übrig blieb mit Benzin.
Er zündete ein Streichholz an und schmiss es auf sie.
Als das ganze Haus in Flammen stand, zündete er sich an dem Feuer eine Zigarette an und zog fest an ihr.
Üble Kopfschmerzen weckten mich, es war ein starkes Ziepen in meiner rechten Schläfe mit einem Geräusch das all diesen Schmerz ausdrückt standte ich von meinem Bett auf und stöhnte.
Wie zum Teufel war ich nachhause gekommen?
»Scheiß drauf«, murmelte ich und stolperte die Treppe hinunter, um mir in der Küche eine Kopfschmerztablette ein warf.
Ich stützte mich an der Küchenanzeige ab und stöhnte vor Schmerz auf als das Telefon klingelte. Das Geräusch war einfach unerträglich.
Ich ging genervt ran und grummelte ein »Hallo?!«.
»Hey, Alice. Ich bins Claire. Weißt du noch wie wir beredet haben das du aus deinem Leben ein Abenteuer machen willst und ich gesagt habe, dass es spannend wäre wenn du versuchst dir Jace klar zu machen?«, fragte sie fröhlich.
»Scheiße Claire, wie kannst du jetzt so gut drauf sein. Bist du immer noch high?«
Sie kicherte.
»Möglich. Aber willst du die Idee gar nicht hören?«
»Ich will im Moment nur weiter schlafen.«
»Tja, ich habe mir aber überlegt das es spannender wäre, wenn du dir Jace und Jack McDorthon klar machst. Und im Gegenzug kaufe ich dir Koks und laufe nackt durch die Schule.«
»Das ist absolut dämlich, Claire. Wie soll ich bitte an den ran kommen.«
»Weiß nicht. Aber du wolltest doch ein tolles Leben. Stimmst du zu?«
»Nein«
»Oh du Spießer! Warum nicht!?«
»Weil...weil es dämlich ist.«
»Du wolltest doch ein spannendes Leben! Ich will dir doch nur helfen!«
Tatsächlich hatte sie recht. Ich wollte dem Alltag entgehen und wie tat man es besser als mit so etwas?!
»Schön«
»Wirklich?!«
»Ja«
»Und Alice?«
»Hm?«
»Ich hab das Tagebuch wieder verkauft. An Joline! Allerdings nur für 60 Dollar, aber die war schon ein bisschen schlauer als Emily.«
Ich lachte.
»Wenigstens sind wir es wieder los.«
Wir quatschten noch ein bisschen über ihren Geburtstag, dann legte ich erschöpft auf.
Doch erneut klingelte das Telefon und mit genervter Stimme murmelte ich: »Hallo«
Es ertönte ein tiefes Schluchzen, dann fing eine männliche Stimme an zu weinen und zu stottern. Ich erkannte sie sofort.
»Patrick?! Was ist los?«
»M-Meine Schwester, sie ist...sie ist tot!«
»Was?!
»Emily Hall war ein aufgewecktes Mädchen, ein Mädchen mit Courage und ein Mädchen mit einer unglaublich großen Lebensfreude. Meine Schwester war der Inbegriff der Bezeichnung "Gut".«
Patrick unterbrach die Rede mit einem tiefen Schluchzen, welcher durch die Kirche hallte und mir eine üble Gänsehaut verpasste.
»Scheiße«, murmelte ich und sah zu Claire welche neben mir saß und aufsteigene Tränen unterdrückte.
»Das ist verdammt noch mal unsere Schuld.«, zischte ich.
Claire runzelte die Stirn.
»Wieso das denn?! Was können wir dafür das hier irgendein Leichen fickender Perversling herum läuft?!«
»Das Tagebuch! Wir haben Emily ausgelacht als sie gesagt hat in dem Tagebuch stehen komische Sachen drin und das sie sich verfolgt fühle. Wir haben gelacht.«
»Na und, das hatte sicher nichts mit dem Tagebuch zu tun! Verdammt ich lasse mir wegen Emilys Hirngespinst doch nicht die Schuld in die Schuhe schieben!«
Ich sah gen Boden.
Ich übertreibe, redete ich mir ein. Es war doch verrückt das ich dachte ich hatte mit Schuld an Emilys Tod, nicht?
Was sollte ihr grausamer Tod mit einem gewöhnlichen Tagebuch zutun haben?!
Ich versuchte mich zu entspannen, doch ich konnte nicht anders als Jack McDorthons Hinterkopf mit meinem Blick zu fixieren.
Es war sein Tagebuch, und seitdem Emily von mir das Tagebuch gekauft hatte, fühlte sie sich beobachtet.
Was wenn es Jack war?!
Ich kratzte mich nervös am Hinterkopf und versuchte nicht mit meinem Finger auf Jack zu zeigen und zu schreien: »Er ist ein verdammter Mörder!!«
Zumal ich nicht mal wusste, ob mein Verdacht sich bestätigte.
Claire bemerkte meine Blick Richtung und fing an anzüglich zu grinsen.
»Ich habe gehört in der Schule machen sie einen Spendenmarathon und das Mädchen was gewinnt darf Jack McDorthon daten, weil er der begehrteste Junge an unserer Schule ist. Interesse? Du hast immerhin eine Wette zu gewinnen.«
»Das gehört nicht auf eine Beerdigung.«, zischte ich, dann grinste ich, »Wenn ich gewinne musst du nackt durch die Schule rennen.«
»Das ist es mir wert.«, lachte sie, »Ich will sehen wie du Jace und Jack gleichzeitig hast und wie es dir gelingt.«
Ich verdrängte jegliche Schuldgefühle für die nächsten Wochen und trainierte ziemlich hart für den Spendenlauf.
Was schwer war, da ich echt unsportlich und zu dem echt faul war.
Ich hatte schnell Seitenstiche und kaum Durchhaltevermögen, doch irgendwann schaffte ich es wenigstens ein paar Kilometer durch zu laufen.
Was ich allerdings nicht mit berechnet hatte, waren die vielen anderen Mädchen die ebenfalls ein Date mit Jack haben wollten.
Für die Jungs an unserer Schule hatte man im Übrigen Claire nominiert, was sie ziemlich überrascht hatte, dabei war das blonde Mädchen mit den schönen Locken, den vollen Lippen, der dünnen Statur und den großen Brüsten, wirklich hübsch.
Manchmal beneidete ich sie.
Ebenfalls waren nominiert Logan Long und Emma Simsen, aber nur für die zweiten Plätze.
Am Tag des Marathons war ich ergeiziger denn je und bereit diese Loser zu schlagen.
Es zählte immerhin nur wie lange man durchhielt, nicht wie schnell man rannte.
Unvorteilhaft war allerdings das es ziemlich heiß draußen war. Die Marathon-Strecke war in einer Acht ausgelegt und um sie herum waren nur wenige Bäume das hieß, dass die Sonne ziemlich drauf knallte.
Ich begann schon nach einer Stunde langsamen Joggens zu fluchen, und zwar ziemlich übel zu fluchen.
Claire an der Seite feuerte mich zwar an, doch irgendwie hatte ich meinen Ehrgeiz verloren und der Sportmuffel machte sich in mir breit.
Zudem kam erniedrigender Weise dazu, dass Joline, dem Mädchen welches Claire das Tagebuch noch mal verkauft hatte, leider nicht wie Emily eingeschüchtert von dem schwarzen Büchlein war, sondern ziemlich darauf bedacht zu gewinnen.
Was stand also in dem Tagebuch drin, dass Emily abgeschreckt war, Joline aber noch mehr davon überzeugt das sie Jack wollte?
Ich runzelte die Stirn und steckte mir meine Kopfhörer in die Ohren, dann drehte ich meine Musik voll auf und hoffte noch mal eine Stunde zu überstehen, ohne wie ein Wrack hechelnd in die Knie zu gehen.
Bei den Zuschauern, ganz am Rand, stand Oliver Daoud, der Junge der mich im Bus nach einem Date gefragt hatte.
Mir fiel auf, dass er gar nicht auf Claires Party war, obwohl ich ihm gesagt hatte er könne kommen.
Als er meinen Blick bemerkte, lächelte er und winkte mir schüchtern zu. Ich winkte nachdenklich zurück und spürte wie mir immer mehr die Luft aus ging.
Wie lange hielten diese Schlampen eigentlich noch durch, fragte ich mich sauer.
Ich war völlig am Ende als wir endlich nur noch 5 waren und schließlich nur noch 3.
Joline, eine von Emilys früheren Freunden und ich.
Doch auch Emilys Freundin gab auf und letztendlich waren es nur noch Joline und ich.
Ich musste zugeben Joline war unheimlich sportlich, was ihr nicht unbedingt stand.
Joline Chester hatte kaum Brüste, ihr Gesicht war viel zu dünn und unter ihrem T-Shirt zeichnete sich ein leichter Six-Pack ab. Außerdem waren ihre Beine so dünn, dass sie Zahnstochern glichen.
Ich hielt noch eine viertel Stunde durch doch, dann sah ich mich geschlagen. Mit einen Keuchend fiel ich auf meine Knie und atmete hektisch.
Nach einer Weile stapfte ich wütend zu der Wasserausgabe und taxierte Claire mit bösen Blicken, welche mich ungeniert auslachte.
»Verfluchte Scheiße«, schnaufte ich und sah zu wie Logan grinsend auf mich zu kam.
»Glückwunsch«, meinte er.
Ich schüttelte nur den Kopf.
»Du kannst das Date einem anderen Mädchen schenken.«, meinte ich nüchtern und kippte das Wasser herunter als wäre ich eine Alkoholabhänige und das in meiner Hand pures Vodka.
Er schüttelte den Kopf.
»Nein, du bist jetzt mein Date. Ich hole dich heute um 18 Uhr ab und dann fahren wir in ein echt schickes Restaurant.«
Ich runzelte die Stirn.
»Meinetwegen«, grunzte ich.
Ich meine Logan sah ja nicht schlecht aus, ein muskelbepackter Footballspieler halt, aber mit ihm verschwendete ich meine Zeit!
Immerhin hatte ich diesen ganzen Sport-Quatsch nur mitgemacht um eine Wette zu gewinnen und mit Logan kam ich einem Erfolg der Wette ganz und gar nicht nah.
Wütend machte ich kehrt und ging davon aus, dass Logan wusste wo ich wohnte und eigentlich hoffte ich sogar das er es nicht wusste, aber ich wohnte halt in einer Kleinstadt.
Zu meinem Bedauern.
Als ich am Nachmittag nachhause kam, hatte Jessica ein riesiges gesundes Essen vorbereitet, mit Salat, Putenfleisch und allem drum und dran.
»Na Siegerin«, strahlte sie, »Wie war es?«
»Ich bin nur Zweite«, grummelte ich und setzte mich schmollend an den Tisch.
Jessica wuschelte mir durch die Haare.
»Das ich doch nicht schlimm. Ich hätte nie gedacht das du jemals an etwas Sportlichen freiwillig teilnimmst.«
Ich zuckte mit den Schultern und würgte den Salat hinunter.
Wie Lust ich doch jetzt auf einen fettigen mit Pommes überschütteten Burger hatte...
»Woher kommt denn der plötzliche Sinneswandel.«
Meine Tante strich sich neugierig die Haare aus ihrem wie immer etwas geröteten Gesicht.
»Ich wollte auch mal gewinnen.«, meinte ich gleichgültig und schmiss den Rest des Salates in den Müll.
»Ich geh für die Schule lernen...und danach geh ich noch weg. Für den zweiten Platz gab es ein Date.«
Der Mund von Jessica formte sich zu einem O, dann begann sie zu grinsen.
»Sieht er gut aus?«
Wieder zuckte ich bloß mit den Schultern.
Meine Zukunft war geplant. Ich musste besser in der Schule werden, dann würde ich Virologie oder Psychologie studieren und dann würde ich die Welt bereisen.
Ich weiß nicht was ich danach machte. Vielleicht Kinder kriegen? Aber ich hasste Kinder. Heiraten? Ich war nicht besonders erfreut über den Gedanken an einen Mann gebunden zu sein. Wahrscheinlich würde ich einsam sterben, mit ein paar Katzen und einem riesigen Kampfhund, ich würde jeden Tag betrunken sein und kleine Kinder an Halloween erschrecken.
Egal wozu ich mich entschied, es waren meine Entscheidungen die etwas verändern würden und das faszinierte mich irgendwie.
Ich hievte mich aus meinem Bett, in das ich mich nach dem Lernen erschöpft gelegt hatte und zog mir eine Bluejeans und ein übergroßes T-Shirt an auf dem fett in gelber Schrift »Rocket Man« stand.
Der Inbegriff von Geschmacklosigkeit und es sollte sagen: »Mir ist das Date egal, Logan. Ich will eigentlich nur ins Bett.«
Ich machte mir noch einen Zopf und schlich die Treppe hinunter.
»Scheiße«, grunzte ich.
Ich hatte jetzt schon Muskelkater und sogar die Muskeln in meinem Arsch taten höllisch weh.
Als ich meine ausgetretenen, alten Turnschuhe übergezog, klingelte es bereits an der Tür und ein grinsender Logan stand vor meiner Haustür.
Er hatte seine dunklen Haare mit viel zu viel Gel bedeckt und er hatte sogar einen Anzug an.
»Hi«, meinte er und lächelte.
»Hey«
Er reichte mir seinen Arm, welchen ich schlechtgelaunt ablehnte und zusammen gingen wir zu Logans alten Toyota.
Wir setzten uns hinein und Logan begann mich über Football zu zu texten.
Ich hörte nicht zu, zumal ich nicht mal verstand was er da sagte.
Außerdem war ich zu geschockt, denn wir steuerten wirklich auf ein echt schickes Restaurant zu. Es war das Recie Lue, vor dem wir parkten und ich hatte panik.
Dadrin würden haufenweise Leute in schicken Anzügen und unheimlich teuren Kleider sitzen.
Und ich? Tja ich hatte ein Riesenshirt und kaputte Turnschuhe an.
Logan, und ich bezweifelte kein Stück das er ein primitiver Affe sein könnte, hatte nicht mal mein Outfit bemerkt und zog mich mit einer schrecklich guten Laune in das Restaurant hinein.
Natürlich wurde ich angestarrt und natürlich nicht auf eine positive Weise.
Ich war erst einmal im Recie Lue gewesen und auch nur weile meine Tante befördert worden war und schon damals sah es aus wie heute.
Es war alles in weiß und gold gehalten, überall saßen reiche Leute und es stank nach Champagner.
Neben den Tischen war jeweils eine original griechische Statur aufgestellt und in der Mitte des Saals war ein großes Auquarium mit vielen ziemlich exotischen Fischen.
Logan und ich hatte einen Tisch genau neben diesem und Logan bestellte sich als erstes ein ziemlich blutiges Steak, ich tat es ihm einfach nach. Mein Blick glitt in Richtung einer Kellnerin mit riesigen Vorbau die gerade einen Jungen und sein Date bediente, beide Personen waren mir ziemlich bekannt. Jack und Joline.
Meine Mundwinkel zogen sich nach unten. Miststück, wegen ihr würde ich noch meine Wette verlieren!
Logans Blick folgte meinem, aber anscheinend nur wegen den Titten der Kellnerin.
»Mann, das sind Dinger, nicht wahr?«
Kurz dachte ich, ich hatte mich verhört. Doch diese Worte hatten Logans Mund gerade im Ernst verlassen.
Ich fing an zu lachen, ohne aufhören zu können.
»Oh nein! Das tut mir leid! Das wollte ich nicht sagen, wir haben ja immerhin ein Date!«
»Schon gut«
Ich schlug ihm freundschaftlich gegen die Schulter.
Logan begann ein wenig zu schwitzen und lächelte dann leicht.
»Das hier ist nicht mein schlimmstes Date.«, versicherte ich.
»Was war dein Schlimmstes?«, fragte er grinsend.
»Ich hatte ein Date im Kino, wir hatten eine Maxi-Tüten Popkorn und in der Mitte des Films wollte er mich küssen und wollte mir, anscheinend sexy, sein Popkorn in den Mund schieben. Es war so eklig, ich musste kotzen.«
Er lachte.
»Das ist noch gar nichts! Ich hatte mal ein Date mit einem Mädchen, was Haare auf der Brust hatte!«
Ich konnte nicht mehr vor lachen.
»Im Ernst?«
Er nickte ernst, musste dann aber auch lachen.
»Jetzt mal ohne Spaß«, er beugte sich zu mir rüber, »Was findet ihr alle so toll an Jack McDorthon?«
Logan deutete auf den blonden Jungen welcher vor Joline saß und einen Whiskey trank.
»Ich weiß nicht. Vielleicht wegen seinem Geld und dieser mysteriösen Art an ihm.«
»Genau wegen dieser mysteriösen Art, denke ich das er der Mörder von Emily Hall ist.«
Ja, das dachte ich auch.
»Ach was! Das ist unsinnig.«
»Warum? Er sieht mir total nach einem Mörder aus!«
Ich zuckte mit den Schultern und aß ein Stück von meinem Steak.
~
»Joline Chester. Sie hat das Tagebuch. Du musst sie töten.«
Sein Auftraggeber klang gereizt, ja geradezu wütend.
»Ich will auch das du denjenigen endlich findest der das Tagebuch gestohlen hast. Ich will das du denjenigen auf bestialische Art tötest.«
Er runzelte die Stirn.
»Noch bestialischer?«
»Lass dir etwas einfallen. Ich bezahle dich schließlich. Ich verstehe übrigens nicht, warum du so lange brauchst um herauszufinden wer es gestohlen hatte.
»Ich werde es schon noch herausfinden.«
»Das hoffe ich.«
»Belle Haven – Ein Städtchen mit Herz und Schönheit, geprägt von den netten Bewohnern.«, säuselte Claire, »Das steht hier tatsächlich auf dem Reiseführer von Virginias schönsten und stillsten Orten. Die stellen Belle Haven als etwas Tolles da, aber weißt du was Belle Haven eigentlich ist? Langweilig. Einzig und allein langweilig. Und die Bewohner hier? Alles Hintlerwälder mit einem schon ungesund starken Glauben an Gott. Ich meine, sogar meine Mom betet nach dem Sex mit meinem Dad um Vergebung. Das ist krank, Alice. Dieser Ort hier ist krank. Und alle sind so geschockt von dem Mord an Emily, doch eigentlich reiben sich die alten Klatschtanten hier doch die Hände, weil sie dann endlich wieder etwas zum tratschen haben.
Kommen wir aber noch mal zu Mom zurück. Ich weiß nicht was in sie gefahren ist, seit Emilys Tod findet sie Sex ist eine Sünde und das ich warten soll bis ich verheiratet bin! Kannst du dir das vorstellen?«
Als Claire ihre Hassrede beendet hatte, saugte sie am Strohhalm ihrer Cola und gab ein unzufriedenes Grunzen von sich.
»Was ist mit der denn los?«, fragte ich überrascht und sah mich im Creamy`s Dream genau um. Creamy`s Dream war das genau einzige Café in Belle Haven und noch nicht mal gut besucht, obwohl es sehr gemütlich war mit einem 50iger Jahre Touch und leiser Rock`n´Roll Musik im Hintergrund.
Claire und ich saßen an dem großen Frontfenster und beobachteten wie Jonathan Kamps der Bürgermeister von Belle Haven sich mit June McDorthon stritt, der Großmutter von Jack McDorthon und seinen Geschwistern.
Worum es ging konnten wir nicht erkennen, aber es war uns auch so ziemlich egal. Der der Bürgerrat und die McDorthons stritten echt oft.
»Ich weiß es nicht, Alice. Fakt ist, ich halte es zuhause nicht mehr aus. Sogar mein kleiner Bruder schläft nur noch bei Grandma. Dad hat wieder angefangen zu trinken und ist höchst wahrscheinlich frustriert keinen Sex mehr zu haben. Mom ist praktisch kirchensüchtig. So wie die anderen verdammten Leute hier. Pass auf, bald zwingt Jessica dich auch in die Kirche zu gehen!«
»Apropros Jessica, Jessica hat im Moment ziemlich viele Dates mit einem McDorthon.«, meinte ich mit großen Augen, »Ich habe es heute morgen erfahren. Mit Ash McDorthon, er ist vor eine Woche wieder in die Stadt gezogen und Jessica hatte vorher schon mal etwas mit ihm.«
»Oh Mann, dann kommst du vielleicht leichter an Jack ran.«
»Hm, ich habe gar keine Lust mehr auf die Wette.«, meinte ich und stach lustlos auf meinen Schokokuchen ein.
»Das heißt du gibst auf?«
Auf Claires Gesicht bildete sich ein hämischen Grinsen.
Ich schüttelte schnell den Kopf.
»Niemals! Wie lange habe ich eigentlich Zeit?«
»Bis nächsten Sommer, ich will ja das es machbar bleibt.«
Claire grinste und nahm einen erneuten Schluck ihrer Cola.
Mit einem leisen Klingeln ging die Eingangstür des kleinen Cafés auf und es betrat kein anderer als Oliver Daoud das Café.
Er lächelte mich schüchtern an und ich war von mir selbst überrascht, als ich ihn zu mir winkte.
Claire runzelte die Stirn und sah mich etwas leidig an.
»Ich bitte dich, er stinkt und ist eklig.«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Er ist auch nur ein Mensch.«
Ich beobachtete wie Oliver sich zögerlich neben mich setzte und unsicher lächelte. Ich hatte schon fast angst er würde sich einpissen.
»Was machst du hier so allein?«, fragte Claire und malte mit ihren langen dünnen Fingern imaginäre Bäume auf den Holztisch.
»Ähm«, stotterte er, »Das ist der Laden von meinem Dad.«
Ich lächelte.
»Wirklich? Wir sind hier echt gerne.«
»Allerdings«, meinte Claire und versuchte Oliver freundlich anzusehen und nicht angewidert.
Manchmal war Claire eine Schlampe, aber ich musste zugeben das Olivers Gestank echt übel roch.
»Hey Oliver?«, fragte Claire und wartete erst gar nicht auf eine Antwort, »Du wirst doch gemobbt oder?«
Man sah Oliver an das es ihm äußerst unangenehm war darüber zu reden und es kam mir so vor als würde der arme Junge gleich anfangen zu weinen.
»Ja«, meinte er mit bröckelnder Stimme. Am Liebsten hätte ich mich schützend vor ihn gestellt und auch Claire ging es anscheinend nicht anders, denn ihre Gesichtszüge wurden weich und voller Mitleid.
»Ich habe eine Idee Oliver, wir werden dir helfen beliebter zu werden.«
Claire knallte einen 20 Dollar Schein auf den Tisch und bedeutete uns aufzustehen und ihr zu folgen.
Oliver warf mir einen fragenen Blick zu, doch ich zuckte nichts ahnend mit den Schultern.
Dabei war mir klar was Claire ansteuerte: Die kleine Shopping-Meile von Belle Haven, sie war nicht groß, aber das Nötigste fand man dort.
Zuerst führte Claire uns zu einem kleinen Friseurladen, in dem wir aus Olivers ekelhaften Schmalzlocken die ihm schon bis zu den Schultern gingen, einen ziemlich coolen Jugenhaarschnitt machten.
Danach gings in einen Modeladen für Frauen und Männer, in welchen wir Olivers ranzige Jogginghosen in ein paar Blue Jeans tauschten und sein vergilbtes T-Shirt wurde von mehreren farbigen Shirts ersetzt.
Wir kauften ihm noch ein gutes Deo und eine Antipickelcreme und waren dann echt zufrieden mit unserem Werk.
»Jetzt musst du nur noch hoffen etwas größer zu werden, dann bist du eine richtige Schnitte.«, meinte Claire lächelnd, dass er dafür auch 20kg abnehmen musste, erwähnte sie dabei nicht.
Von dem Tag an hielt Oliver mir immer einen Platz im Bus frei und wir freundeten uns sogar an.
Als ich am Abend ins Bett ging war ich glücklich etwas Gutes getan zu haben und ich war ebenfalls glücklich das Oliver nun sicher nicht mehr so hart gemobbt wurde.
»Alice? Kommst du nochmal runter?«, schrie Jessica von unter.
Müde und etwas genervt schwang ich mich aus dem Bett, wobei ich Luna vom Bett schmiss und ein wütendes Fauchen kassierte, und rannte die Treppe hinunter.
Unten stand ein Junge der ungefähr so alt wie ich war oder 3-4 Jahre älter, er war zudem noch extrem gutausehend und hatte blaue fast silberne Augen, er war groß und seine Haare hatten die Farbe von getrocknetem Blut.
Neben ihm stand lächelnd Jessica und hatte sich bei ihm untergehakt.
»Das ist Ash McDorthon«, meinte sie glücklich.
Ich konnte es nicht verhindern, ich fing einfach an zu lachen.
»Guter Witz, Jessica. Das ist bestimmt sein Sohn oder?«
Jessica runzelte die Stirn.
»Nein, wie kommst du darauf.«
Dieser Ash begann zu lächeln.
»Ach du scheiße. Na weil das dein Neffe sein könnte! Ihr seid doch mindesten 15, 20 Jahre auseinander.«
»Ich bin 19«, antwortete der Junge.
»Toll, noch nicht mal volljährig! Jessica!«
Ich war völlig geschockt.
Meine Tante, 31 Jahre alt, hatte sich doch tatsächlich einen 19 Jährigen geangelt!
»Die Hauptsache ist doch, dass ich glücklich bin, Alice. Ash gibt mir das Gefühl etwas besonderes zu sein.«
Verliebt sah sie ihn an.
»A-Aber das kann ich auch! Ich kauf dir eine nette Halskette und sag dir das du die besonderste Frau auf der Welt bist!«, versuchte ich sie hilflos zu überzeugen.
Sie schüttelte bloß den Kopf.
»Das ist doch nicht dasselbe.«
»Was ist aus dem netten Officer geworden?«
»Der war eklig.«
»Eklig ist nicht gleich eklig.«
Ich hob den Finger und senkte ihn wieder.
Ich dachte Ash McDorthon war vielleicht ein netter, reicher Mitvierziger der schon einmal geschieden war, so wie die anderen McDorthons und nicht einer der mein Bruder sein könnte.
»Ich...ähm...das wird doch jetzt nicht mein Onkel.«, stotterte ich.
Ash lachte und klopfte mir auf die Schulter, ich zuckte zusammen.
»Scheiße«, quiekte ich, »Ich denke ich geh jetzt erstmal schlafen.«
Geknickt ging ich zurück in mein Bett und an schlafen war gar nicht zu denken.
Etwa um 4 Uhr morgens nach etwa 6 Stunden grübeln, kam ich zu dem Schluss, dass es doch gar nicht so schlimm war.
»Hauptsache sie ist glücklich.«, versicherte ich mir selbst und glitt dann für zwei, kurze Stunden in einen traumlosen Schlaf.
Als ich aufwachte, sah ich aus wie einer der Zombies aus The Walking Dead, ich hätte mir nur ein paar Gliedmaßen abtrennen müssen und ich hätte mitspielen können.
Deswegen klatschte ich mir auch so viel Make-Up ins Gesicht, dass ich aussah wie ein bröselnder Clown, aber durch das viele Make-Up fühlte ich mich besser, auch wenn ich wahrscheinlich schlimmer aussah als vorher.
Ja, das war krank.
Mit einem Nicken gen Spiegel, zu meinem überschminkten Gesicht, machte ich mich bereit für das Schlachtfeld names Schule und ging aus dem Haus.
Schon im Bus wurde ich wegen meinem übergeschminkten Gesicht angestarrt, was mich wenig störte, ich nahm neben Oliver platz.
Dem ich zufrieden zu nickte, da seine Haare gewaschen waren, er nicht stank und ordentliche Klamotten anhatte.
Den Ruf »Oliver die stinkende Olive« hatte er wohl los.
Niemand mochte Oliven, außer mir, ich mochte sie auch wenn sie nach zu viel Genuss anfingen bitter zu schmecken.
Oliver zeigte auf mein Gesicht.
»Du hast ein Haar auf deinem Gesicht und...auf deinen Klamotten.«
Ich runzelte die Stirn und sah an mir runter.
Überall waren Katzenhaare, ich hätte schreien können!
»Scheiße was mach ich denn jetzt?! Hast du eine Fusselrolle?«
»Fusselrolle?«
»Vergiss es«, meinte ich und spürte wie meine Mundwinkel sich nach unten zogen.
Verzweifelt versuchte ich die schwarzen Haare loszuwerden und verfluchte meine Katze für ihre Gewohnheit auf meinen Klamotten zu schlafen.
Leider waren meine Klamotten wie ein Magnetfeld und die Haare wie tausend kleine Mangneten, die nur so an mir klebten.
»Ich sehe aus wie ein Mammut.«, meinte ich weinerlich, »Wie ein überschminktes Mammut.«
Olivers Augen wurden groß.
»Nein! Ach was! Du siehst immer noch wunderschön aus!«
Er zupfte das Haar von meinem Gesicht und mit dem Haar rieselte etwas Puder von meinem Gesicht.
Na wunderbar.
In der ersten Pause bekam ich übrigens meine Tage und hatte absolut nichts dabei. Auch Claire hatte nichts und die gefühlten tausend anderen Mädchen die ich fragte.
Also musste ich Klopapier in meinen Slip stopfen, was ziemlich ekelhaft war.
Heute war einfach nicht mein Tag.
»Ich will sterben«, meinte ich an meinen Spind gelehnt und sah zu wie Claire lustlos ihre Sportsachen aus ihrem nahm.
»Ach was«
»Bitte töte mich«, unterstützte ich meine erste Aussage noch.
»Ach komm schon Alice! Du bist ein starkes Mädchen!«
Ich nickte.
»Ja, es kann nicht mehr schlimmer werden«
Doch es wurde schlimmer.
Nach Claire hatte ich auch Sport. Wir spielten Völkerball und ich wurde so hart von einem Ball getroffen das ich Nasenbluten bekam und ein Make-Up Abdruck auf dem Ball blieb.Natürlich lachten alle und natürlich war ich ziemlich geknickt.
Mit ganz viel Klopapier bewaffnet stolperte ich nach draußen und versorgte meine blutende Nase.
Ich setzte mich auf eine Bank auf dem Schulhof und beobachtete wie Jack McDorthon genau vor dem Lehrerzimmer eine rauchte.
Eigentlich durfte man in der Schule nicht rauchen und die Lehrer mussten es sehen, da einige noch in ihrem Büro waren, doch niemand griff ein.
Immerhin war Jack ein McDorthon.
Wie ich diese Familie hasste!
Und zu allem Überfluss kam Jack auch noch gezielt auf mich zu.
Bitte bleib stehen, dachte ich gequält, bleib einfach stehen.
Doch das tat er nicht und ich hatte bloß angst, dass wenn er mich so sah, ich die Wette gleich verlor.
Jack setzte sich neben mich und pustete mir seinen Rauch ins Gesicht, sodass ich anfing ein wenig zu husten.
»Du musst dir etwas kalten in den Nacken legen.«, meinte er.
»Ich hab nichts kaltes.«, meinte ich und da ich mir Klopapier auf die Nase presste hörte ich mich ziemlich komisch an.
Ohne ein Wort legte er mir seine Hand in den Nacken, die übrigens eiskalt war.
Ich zuckte kurz zusammen, was ihn kaum interessierte.
»Du bist doch Alice Peters, nicht?«
Ich nickte und versuchte nicht seine Hand von meinem Nacken zu reißen, da diese wirklich unheimlich kalt war.
»Dann ist deine Tante mit meinem Cousin zusammen.«
Oh mann, er hörte sich unheimlich spöttisch an.
»Scheint so«, meinte ich zögerlich.
Ich hatte zuvor noch nie ein Wort mit Jack geredet und irgendwie bereute ich es in dem Moment nicht sein Tagebuch gelesen zu haben.
»Ich habe nichts gegen deine Tante. Aber ich hoffe sie weiß das sie Erstens viel zu alt für meinen Cousin ist und Zweitens ist sie eine arme Schluckerin, nichts was wir gebrauchen können und nichts was wir dulden.«
»Hey!«, meinte ich was ihn endlich dazu veranlasste mir ins Gesicht zu sehen, »Meine Tante ist nicht reich, aber sie hat ein warmes Herz!«
»Das bezweifle ich nicht«, meinte er gefährlich ruhig, »Auch deswegen hat sie in unserer Familie nichts zu suchen, aber mein Cousin scheint ziemlich verliebt zu sein. Deswegen musst du die Beiden auseinander bringen.«
Meine Augen verengten sich und plötzlich war ich für die Beziehung der Beiden.
»Warum sollte ich?!«
Jacks Gesicht zeigte keine Regung.
»Weil ich dir das Leben in dieser Stadt ziemlich zur Hölle machen könnte. Die Schule zum Beispiel, das Gebäude hier gehört meinen Eltern, die Lehrer hören auf mich als wären sie meine Hunde und die Schüler hier sind viel zu eingeschüchtert von mir. Erinnerst du dich an den Jungen der Selbstmord wegen mir begangen hat? Willst du auch so enden?«
Die Hand die er mir in den Nacken gelegt hatte, fühlte sich auf einmal ziemlich heiß an fast als würde sie brennen. Ehrlich ich stand ziemlich kurz davor mir aus Angst vor diesen Typen in mein Höschen zu machen.
Also fügte ich mich, denn ich wusste nur zu gut was Jack alles konnte.
»Wie soll ich das machen?«, meinte ich mit brüchiger Stimme.
»Was weiß ich? Mit deinem Charme? Bring in dazu dich zu küssen, dann will deine Tante ihn sicher nicht.«
Ich schluckte.
»Das kann ich nicht machen! Ich liebe meine Tante.«
Er zuckte mit den Schulter und musterte mich süffisant.
»Mir ist egal wie du das machst. Aber ich will nicht mehr das deine Drecksfamilie und meine, etwas miteinander zu tun haben.«
Mit diesen Worten stand er auf und ließ mich zitternd alleine.
Heute war wirklich nicht mein Glückstag.
»Wie war die Schule?«
Ich verschluckte mich an Jessicas Hühnersuppe und Ash, den ich nicht mal ansehen konnte ohne rot zu werden, klopfte mir auf den Rücken.
»Ach g-ganz gut, wir hatten Sport und ja...hat sogar Spaß gemacht.«, log ich.
Ash und Jessica lächelten mich gleichermaßen glücklich an, was mir wirkliche Schuldgefühle verursachte.
»Heute stelle ich euch Beide meiner Familie vor.«
Mir wurde übel und ich hatte das Gefühl die Suppe würde wieder hoch kommen.
»A-Ach wirklich?«
Jessica runzelte die Stirn und streckte ihre Hand aus um meine Stirn zu befühlen.
»Gehts dir gut? Du bist so heiß.«
Das war meine Chance.
»Ja es geht mir furchtbar schlecht! Kann ich vielleicht zuhause bleiben?«
Jessica schüttelte den Kopf.
»Ach was. Wir bleiben auch nur kurz.«
»Oh ja klar, ich werde es schon überleben.«
»Zieh dir am Besten etwas Schickes an.«, meinte meine Tante noch als ich nach oben flüchtete.
Tatsächlich übergab ich mich auf dem Klo und fing dann an die Massen an Make-Up von meinem Gesicht zu entfernen.
»Was lässt du dich so einschüchtern?«, fragte ich mich selbst im Spiegel, »Ach ja, weil Jack McDorthon jemand zum Selbstmord getrieben hat und vielleicht sogar Emily auf dem Gewissen hat.«
Ich atmete zitternd aus und zog mir dann ein ziemlich schickes, weißes Sommerkleid an. Dann ging ich wieder nach unten.
Ash und Jessica standen bereits Arm in Arm im Flur und schlabberten sich ab wie zwei Hunde.
Alles in mir zog sich zusammen, wenn ich daran dachte sie auseinander zu bringen.
Aber was mir noch viel mehr angst machte, war die Wette.
Ich würde sie wohl abbrechen müssen, immerhin hasste Jack mich und ich verabscheute ihn.
Man musste ihn irgendwie auch einfach hassen.
Allerdings hasste ich es aufzugeben.
Wir fuhren mit Ashs Auto und Ashs Auto war ein unheimlich toller, blauer Mercedes.
Ich genoss die Fahrt, doch als wir am Anwesen der McDorthons ankamen rutschte mein Herz in die Hose.
Die Villa war mindestens so groß wie drei Fußballfelder und eindeutig angsteinflößend.
Um das Gebäude herum befand sich ein gigantisches Grundstück und als Ash vor dem Tor stand, dem einzigen Weg in das McDorthon Anwesen, erkannte die Camera sein Nummernschild und das Tor öffnete sich.
Meine Hand fing an etwas zu zittern und ich schluckte hart.
Ash parkte vor der großen Haustür und wir stiegen aus.
»Bevor wir rein gehen, solltet ihr wissen das meine Familie etwas gewöhnungsbedürftig ist und überall sind Überwachungskameras, das heißt ich würde hier auch nicht unbedingt aufs Klo gehen.«
Ich kratzte mich nervös am Kopf und versuchte mich nicht nochmal zu übergeben.
Ich fragte mich wie es Jessica jetzt wohl ging, ob sie wohl doll aufgeregt war?
»Ich hab Kopfschmerzen«, jammerte ich als Ash die Klingel betätigte und die Tür von einem großgewachsenem Butler geöffnet wurde.
»Guten Tag, Mr McDorthon.«, grüßte er Ash und nickte uns zu.
Nun waren wir in einem riesigen Eingangsbereich welcher mit zwei Treppen und teurer Dekoration gespickt war.
Ich fühlte mich nicht besonders wohl. Und es war Elyse McDorthon die als Erstes wie eine Königin durch den Flur auf uns zu schrat.
Sie begrüßte uns ziemlich scheinheilig und überfreundlich. Sie war wahrlich wunderschön und hatte ziemlich arrogante Gesichtszüge, welche eingerahmt von rot-braunen Locken waren.
»Hallo«, sie lächelte und schüttelte meine Hand, »Du musst Ashs Freundin sein?«
Meine Augen wurden groß und von hinten kam ein großgewachsener Mann der aussah wie eine ältere Version von Jack.
»Du liegst falsch Elyse. Die Ältere ist Ash Freundin.«
Elyse Augen wurden groß und kurz entglitten ihre Gesichtszüge zu einer Maske des Zorns, dann hatte sie sich wieder im Griff und lächelte wieder.
Sie gab meiner Tante die Hand und Jacks Vater tat es ihr gleich.
Als nächstes begrüßte uns Ash Mutter, eine ebenfalls wunderschöne Frau mit roten Haaren, sie sah auch etwas arrogant aus, aber war deutlich netter als Elyse.
Jack und seine Geschwister hielten sich im Hintergrund, genau wie Ashs Schwester Leah. Mir entfiel allerdings nicht der warnende Blick mit dem Jack mich taxierte.
Mir war als würde mit erneut alles hochkommen.
Jacks Mutter führte uns in einen Saal mit einem großen Tisch, welcher mit Kaffee und Kuchen gedeckt war.
Wir nahmen platz und begangen zunächst mit belanglosen Dingen über die wir uns unterhielten.
Irgendwann fragte eine ältere Dame in Kostüm, die erst später dazu gekommen war: »Und Alice? Du gehst mit Jack, Judith und Josh in eine Schule, nicht? Wie alt bist?«
Ich schluckte den Kuchen schwerfällig hinunter und antwortete heiser: »16«
Sie nickte und lächelte.
»Ein Jahr jünger als Jack.«
Jack blickte auf und sah mich mit einem kalten Blick an.
Ich bekam eine Gänsehaut und versteckte meine Arme unter dem großen Mahagoni-Tisch.
Als ich aufblickte formte Jack mit seinen Lippen die Worte: Trenn die Beiden.
Plötzlich wurde mir wieder schlecht und ich fragte Ash leise nach dem Klo, als ich es fand war ich geschockt.
Die Toilette war in mehere Räume geteilt. In einen Raum mit Waschbecken, einen mit dem Klo und einem mit Dusche und Badewanne.
Ich stürmte zum Klo und kotzte den ganzen Kuchen aus, den ich vorhin noch so zwanghaft in mich hinein geschaufelt hatte.
Als ich völlig fertig aus dem Bad kam, stand Jack an einem der zwei Waschbecken gelehnt und rauchte eine Zigarette.
Ich wäre am Liebsten schreiend weggerannt.
Ohne auf ein Wort seinerseits zu warten, meinte ich hastig:
»Ich mach es ja so schnell ich kann, aber ich muss einen guten Moment abwarten.«
»Weißt du warum ich euch mittelständigen Leute so hasse?«
»Ich möchte es ehrlich gesagt gar nicht wissen.«, meinte ich und spritzte mir Wasser ins Gesicht.
»Weil ihr so verdammt faul seit.«
Wie ich diesen Arsch hasste!
»Hm«, brummte ich und trat aus dem Bad, er kam hinter mir her und kurz bevor wir den Salon betraten legte er einen Arm um mich und lachte als hätte ich den witzigsten Witz der Welt erzählt.
Natürlich waren seine Verwandten ziemlich angetan von ihrem super freundlichen Jack, doch ich kannte sein wahres Gesicht!
Wütend setzte ich mich zurück auf meinen Platz.
»Deine Tante sagte uns du wärst ziemlich sportlich?«, fragte Jacks Mutter.
Meine Augen wurden groß und meine Tante sah mich entschuldigend an.
»Euh... klar«, log ich.
»Du läufst gerne Marathon, nicht wahr? Das machen Jack und Josh auch immer ziemlich gerne, vielleicht willst du ja mal mit beim Sansio Marathon mit machen? Ich wette Jack und Josh nehmen dich gerne mit.«
Jack Mund formte sich zu einem fiesen Grinsen und er meinte: »Mit größtem Vergnügen«
Josh lächelte und schien wenigstens ehrlich erfreut.
Ich versuchte mich heraus zu reden.
»Ach was, Sie müssen mich nicht extra mit nehmen.«
»Es wäre uns doch ein Vergnügen«
Verdammt.
»Wie wäre es mit diesem Wochenende, Mom?«, fragte Jack, der meine Unsportlichkeit wohl witterte.
Seine Mutter nickte.
»Ash? Kommst du auch mit?«, fragte seine Mutter nach kurzer Zeit.
Ash nickte.
»Klar, Sansio ist eine echt schöne Gegend«, stimmte dieser zu.
~
Joline Chester war sportversessen. Sie trainierte jeden Tag, meistens ging sie im Ten Lake schwimmen und auch heute schwamm sie in dem kleinen See in der Nähe der Stadt. Seit dem sie mit Jack McDorthon ausgegangen war, bekam sie den hübschen Jungen nicht mehr aus dem Kopf und auch sein Tagebuch hatte sie fasziniert. Auch die grauenvollen Dinge die dort drin gestanden hatten, hatten sie nicht eingeschüchtert, sie hatten nur noch mehr das Feuer in ihr geschürt, Feuer dass unbedingt wissen wollte was hinter Jack McDorthon steckte.
Doch nun, seit einer kurzen Weile, fühlte sie sich beobachtet. Sie vermutete das es an dem Tagebuch lag und als sie aus dem Wasser kam, beschloss sie es zu nehmen und zu verbrennen.
Sie zückte ein Feuerzeug und wollte es anzünden, doch das Buch war von ihren Händen zu nass um zu brennen, also legte sie es auf den Boden und setzte sich daneben.
Sie sah zu wie die Sonne unterging.
»Hey, Joline!«
Sie drehte sich lächelnd um.
»Hey! Was machst du denn hier?«
»Spazieren und du? Treibst du wieder Sport?«
Sie nickte und klopfte neben sich, er setzte sich neben sie und lächelte.
Dann plötzlich packte er sie wie aus dem Nichts an den Haaren und zog sie mit sich zum Wasser.
Sie schrie wie am Spieß und wehrte sich heftig, doch gegen ihn hatte sie keine Chance.
Sie biss ihn und kurz ließ er sie los. Sie versuchte nun wegzuschwimmen, doch er packte sie an den Beinen. Dann rammte er ein Messer in ihren Rücken und schon bald war das Wasser rot gefärbt.
Doch er tötete sie in dem er das Messer in ihre Brust rammte und ihr Herz heraus schnitt. Als sie tot war schnitt er sie mit einer gewöhnlichen Axt in zwei Hälften und legte sie in seinen Kofferraum.
Zuhause angekommen löste er sie in einer Chemiewanne mit Salzsäure auf, bis von Joline nur eine fleischige Masse übrig blieb.
»Gehst du auch heute Blutspenden?«, fragte mich Patrick.
Er kam aus dem Chemieraum, mit einer Hand voller Flyer vom örtlichen Krankenhaus. Er nahm mir mein schweres Mathematikbuch ab und gab mir stattdessen einen der Flyer.
»Weiß nicht«, meinte ich.
»Es ist wichtig Blutspenden zu gehen. Es gibt Leute die brauchen dringend Spenderblut.«
»Ja du hast Recht«, manchmal hatte ich das Gefühl Patrick war zu gut für diese Welt, »Ich gehe heute auch hin.«
Patrick schenkte mir ein ehrlich erfreutes Lächeln und gab mir dann mein Mathebuch zurück.
»Viel Spaß bei Mathe«, grinste er.
Hatte ich schon mal erwähnt das ich Mathe hasste? Mein Hass richtete sich nicht nur gegen Sport, schleimige Sachen und Snobs sondern auch gegen Mathe und jegliche Zahlen.
Zahlen waren einfach nicht mein Ding. Ich konnte es nicht, egal wie sehr ich mich anstrengte.
Deswegen war ich auch froh als mein Mathe-Förderkurs vorbei war. Als ich auf den Gang trat waren alle anderen Schüler entweder schon zuhause oder hatten noch Unterricht, also kam ich mir vor wie in einem Horrorfilm. Es war ziemlich ungewohnt den Gang so leer zu sehen.
Plötzlich rammte mich jemand von hinten, sodass ich den Wälzer von Schulbuch fallen ließ und ich genau nach dem Buch auf den Boden flog.
Ich hörte eine dunkle Lache und ich wusste ohne mich umzusehen von wem sie stammte.
»Was soll das Jack?!«, fauchte ich und rappelte mich wieder auf.
Wütend ging ich schneller, um bloß weg von diesem Verrückten zu kommen, doch er lief einfach hinter mir her.
»Und?«, fragte er genervt.
»Was und?!«
»Wie läuft es zwischen meinem Cousin und deiner erbärmlichen Tante?«
»Kannst du aufhören meine Tante zu beleidigen!«
Dieser verdammte Tyran!
»Bring mich dazu«
Wütend ließ ich mein Buch fallen und packte Jack am Kragen, wobei ich nach oben fassen musste um daran zu kommen. Mit ganzer Kraft versuchte ich Jack an die Wand zu drücken, doch dieser blieb ohne eine Regung einfach stehen.
Dann brach er in schallendes Gelächter aus.
Ich wurde rot wie eine Tomate und sammelte wütend mein Buch vom Boden, dann ging ich in schnellen Schritten aus dem Schulgebäude.
Doch er und sein Lachen verfolgten mich bis zu meiner Bushaltestelle.
Peinlichkeit kannte keine Grenzen.
»Soll ich dich nachhause fahren?«, lachte er.
»Ach? Damit alle wieder denken du wärst ein super netter Junge?!«
»Ich bin ein super netter Junge.«
»Genau«, meinte ich voller Sarkasmus, »Deswegen erpresst du mich auch.«
»Eigentlich habe ich ja nichts gegen dich, Alice.«
Ich sah ihn erstaunt an.
»Ich finde du bist nur ein wenig...erbärmlich.«
Pure Wut machte sich in mir breit und ich konnte nicht anders, ich klatschte ihm meine flache Hand ins Gesicht, sodass es ein schönes platschendes Geräusch gab.
Doch im nächsten Moment bereute ich es auch sofort.
In Jacks Augen lag pure Gehässigkeit und Wut, er kam näher, dann packte er mich am Hals und hob mich einfach hoch.
Ich begann zu röcheln, versuchte mich zu befreien und fing an zu weinen, da meine Kehle sich immer weiter zuschnürte.
Es interessierte ihn kein bisschen und er ließ mich erst los, als Josh von hinten angerannt kam und seinen Bruder von mir wegriss.
»Scheiße Jack! Lass sie los!«, schrie er dabei und es schien so als käme Jack erst ab dem Zeitpunkt wieder so richtig zu sich.
Jack sah mich geschockt, erschreckt und eindeutig überrascht von sich selbst an.
Dann drehte er sich um und ging in großen Schritten einfach davon.
Josh sah mich schwer atmend an und nahm dann hastig sein Astma-Spray.
»Es tut mir schrecklich Leid, Alice.«
Er drückte mir einen 500 Dollar-Schein in die Hand.
»Ich hoffe du vergisst die Sache wieder.«, meinte er noch, dann lief er atemlos seinem Bruder hinter her.
Ich stützte mich am Bushalteschild ab und begann dann hemmungslos zu weinen.
Mein Hals tat immer noch weh und mein Schluchzen wurde immer lauter.
Vielleicht war ich wirklich erbärmlich, aber eines war klar: Jack McDorthon war 10 Mal erbärmlicher als ich.
~
»Meredith! Meredith!«
Meredith Langdon drehte sich lächelnd zu ihrer Freundin um und blinzelte gegen das helle Licht im Raum.
»Sieh mal was ich am Ten Lake gefunden habe!«
Meredith sah neugierig zu dem Buch hinüber, welches ihre Freundin in der Luft herum wirbelte.
»Was ist das?«
»Ein Tagebuch!«
Meredith runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf.
»Von wem ist es? Warum hast du es demjenigen nicht zurückgegeben? Du weißt doch, es ist unmoralisch und ziemlich fies einfach ein fremdes Tagebuch ohne Erlaubnis zu nehmen.«
»Ja, ja. Halte deine Moralpredigt noch mal, wenn ich dir erzähle von wem es ist.«
»Mach es nicht so spannend. Von wem ist es?«
»Jack McDorthon.«
Meredith begann aufgeregt zu kreischen und nahm ihrer Freundin das Buch weg.
»Darf ich es haben?«, fragte sie begeistert.
»Klar«, meinte ihre Freundin, »Ich weiß doch wie sehr du auf ihn stehst, Meredith.«
Meredith verzog den Mund.
»Meinst du er könnte sich vorstellen mit mir zusammen zu sein, obwohl ich erst 13 bin?«
Ihre Freundin zuckte mit den Schultern und verabschiedete sich schnell als ihre Mutter sie vom Belle Haven-Jugentreff abholte.
Meredith blieb noch etwas in dem kleinen Gebäude in dem man schwimmen und sich anderweitig sportlich betätigen konnte.
Sie setzte sich an eines der Tische und schlug das Buch auf.
Der Anfang langweilte sie und da ihre Mutter sie zwingte Bücher zu lesen, wusste sie das, das Ende immer spannender war als der Anfang.
Sie schlug die letzten Seiten auf und begann zu lesen.
»Ich glaube Mom und Dad glauben nicht an Gott. Ich denke sie gehen nur in die Kirche weil sie nun mal »McDorthon Church« heißt und weil alle hier in die Kirche gehen. Eigentlich glauben sie an das Gegenteil, denke ich.
Ich habe sie schon öfters dabei beobachtet wie sie ritualähnliche Dinge betrieben, die mir ganz und gar nicht freundlich gesinnt erschienen. Sie opfern auch in regelmäßigen Abständen Lebewesen. Mal eine Ratte, mal eines von Judiths Haustieren und selten auch mal einen Menschen.
Einmal wollten sie das ich es mit ihnen mache, doch ich weigerte mich.
Sie wollten mich zwingen, doch ich ging einfach weg. Seitdem fühle ich mich komisch...ich fühle mich böse, als wäre da etwas in mir, etwas was dort nicht sein sollte...«
»Meredith!«
Das Mädchen drehte sich um und konnte sich kaum von diesem Buch lösen.
Sie lächelte ihre Mutter an und lobte sich selbst, sie hatte Recht gehabt, das Ende war immer das Beste an einem Buch.
»Wie war es heute beim Turnen?«, fragte ihre Mom.
»Großartig«
Drei Tage später fand man Meredith Langdon zerstückelt und verbrannt im alten Stahlwerk der McDorthons.
»Ich kann es kaum glauben. Erst wird Emily Hall brutal ermordet, dann wird Joline Chester vermisst und jetzt findet man ein 13-jähriges Mädchen tot in einem McDorthon Anwesen.«
Meine Tante schüttelte den Kopf und Ash neben ihr schaute sie ernst an.
»Belle Haven mutiert zu einer ziemlich kranken Stadt.«, meinte ich leise.
Ash nickte, doch Jessica hatte mich nicht gehört und schaufelte wütend Pizza in sich hinein.
»Alice ich will das du nach 18 Uhr nicht mehr draußen bist.«, meinte sie ernst.
Ich nickte schulterzuckend.
»Wann fahrt ihr zu dem Marathon?«, fragte meine Tante nach einer Weile.
Fast hätte ich meine Salami-Pizza ausgekotzt, ich machte mir jetzt schon bei dem Gedanken mit Jack Zeit verbringen zu müssen beinahe in die Hosen. Der Typ machte mir eine verdammte Angst.
»Samstag«, meinte Ash und sah mich aufmuntert an, »Keine Sorge, wenn du nicht so schnell läufst passe ich mich dir an.«
Das war verdammt noch mal mein kleinstes Problem.
Dennoch lächelte ich und murmelte eine leises »Danke«.
Am Nachmittag traf ich mich mit Claire bei ihr zuhause.
Wir gingen in ihr Zimmer, welches wie immer unordentlich war, überall lagen Klamotten und Essensreste.
Wir saßen mitten drin auf ihrem Bett und ich erzählte alles haarklein, über Jack und die Scheiße die mir Jessicas Freund eingebracht hatte.
Ja, ich gab Ash die Schuld, ich brauchte meinen Sündenbock und da ich Ash etwas Schlimmes antun musste, kam es mir nur Recht so zu tun als hätte er es verdient.
Im Gegensatz zu mir fand Claire mein Leben gerade nicht schrecklich, sondern äußerst spannend.
Ich zitiere: »Das ist doch das was du gewünscht hast!«
Das war ganz und gar nicht das was ich mir gewünscht hatte! Ich hab mir Spannung gewünscht, ein aufregendes Leben und kein schreckliches Leben.
Claire hatte Null Mitleid und da ich jetzt ganz dringend Mitleid brauchte, rief ich am Abend Patrick an und erzählte ihm noch mal alles.
Und nein, ehrlich gesagt hatte ich kein schlechtes Gewissen ihn damit zu belasten, mit dem Wissen das er immer noch fertig wegen seiner Schwester war. Sowas lenkte Patrick immer eher ab.
Patrick regte das ganze ziemlich auf und da er eben Patrick war, ein hilfsbereiter Junge, schlug er mir vor Jack mal ordentlich in Gesicht zu schlagen. Doch ich lehnte schmunzelnd ab. Ich wollte nicht das Patrick auch noch in die Scheiße mit hinein geriet.
~ Cathrine
»Sie ist günstig und sexy.«, meinte James Hamilton und zeigte auf die Hure vor den Dreien.
Sie war sehr hübsch und sehr gut gebaut.
Cathrines Partner grinste und schliff sie mit sich in das dreckige Motel.
Cathrine seufzte lautstark und sah dann zu James.
»Also was suchen wir in dieser dreckigen Kleinstadt hier?«
»Morde«, meinte James einfach und sah zu wie die Sonne sich zum Himmel erhob.
»Morde? Ich löse keine Morde, ich bekämpfe die Schweine die meinen ihren Körper und ihre Seele an Satan zu verkaufen.«
James zuckte die Schultern.
»Tu nicht so als wärst du Gottes Kriegerin, Cathrine. Ich weiß das ihr Kirchenleute vor anderen so tut, als ob ihr die glücklichsten und vernüftigsten Menschen der Welt seid, doch im Hintergrund ermordet ihr Homos, habt einen Hass gegen andere Religionen und vergewaltigt wie die Tiere.«
»Ich glaube nicht an Gott«, fauchte Cathrine.
»Aber dein Vater Cathy und für den arbeitest du immerhin.«
Cathrine verschränkte ihre Arme vor der Brust, als hätte sie eine Wahl gehabt. In ihrer Familie wird man eben in den Beruf hinein geboren! Um genau zu sein hatte sie eigentlich überhaupt nichts mit der ganzen Scheiße zu tun!
»Weißt du James, manchmal denke ich die Welt ist falsch.«, meinte sie und sah auf den Platz auf dem die Hure eben gelegen hatte.
Mitten im Dreck.
James Blick folgte ihr. Der etwa 50-jährige Mann mit der Glatze und einem Tattoo über dem rechten Auge, legte abschätzig den Kopf zur Seite.
»Das ist sie, das ist eine Tatsache.«, meinte er.
Vielleicht hatte James recht, dachte sie, aber vielleicht war er auch nur ein schwarzmalerischer Idiot.
Als Cathrines Partner aus dem Motel kam, hatte der Werwolf einen unzufriedenen Ausdruck im Gesicht.
»Und? Hattest du Spaß?«, fragte James ihn und grinste abfällig.
Luke Pierce, Cathrines übernatürlicher Partner, schüttelte den Kopf.
»Die Frau hat eine Familie, ich hab ihr ein bisschen mehr Geld gegeben.«
James prustete los.
»Luke, dein warmes Herz wird dich noch umbringen.«
Cathrine, welche Luke noch nicht lange kannte, runzelte die Stirn. Sie war überrascht das der bärtige, junge Mann überhaupt ein Gewissen besaß. Doch es beruhigte sie ungemein, da sie von nun an mit dem Werwolf viel Zeit verbringen musste.
Sie packte Luke wortlos am Arm und zog sie zu ihrem schwarzen Ford.
Das hätte ich schon lange machen sollen, dachte sie genervt und fuhr mit ihr zum Zentrum der Stadt, dem Rathaus.
Die Beiden stiegen aus und gingen, immer noch wortlos, zu dem großen Haus welches im viktorianischem Stil gehalten war und mit ein paar Staturen versehen war.
Hier lag die Magie von Belle Haven, und mit Magie war wirkliche Magie gemeint. Es gab nicht viele Städte deren unterirdische Verwurzelungen etwas mit Magie zu tun hatten und das es ausgerechnet in Belle Haven, einem unheimlich christlichen Ort, eine solche unterirdische Verzweigung gab war erstaunlich.
Cathrine besuchte solche Orte oft, denn sie war ein Schatten, ein Wesen dessen Bestimmung es war Magie zu stehlen.
Ehrlich gesagt war es kein richtiges Stehlen mehr, denn solche magischen Quellen wurden nur noch selten benutzt.
Cathrine öffnete die große, gläserne Tür und trat gefolgt von Luke hinein.
»Meine Eltern haben etwas gegen euch.«
Cathrine drehte sich zu Luke um und runzelte die Stirn, der bärtige Werwolf zuckte nur mit den Schultern.»Gegen wen?«
»Na gegen euch Schatten. Sie meinen ihr beschmutzt die Magiequellen.«
Cathrine seufzte. Das sagte ihr Dad auch immer, doch im Nachhinein musste sowohl er, ihre Mutter und ihr Bruder Jace eine der Magiequellen aufsuchen um Kraft und vorallem Macht in sich aufzunehmen.
Ein Rätsel war ihr jedoch das ihr Bruder, obwohl er schon seit Jahren in Belle Haven bei ihren Großeltern lebte, immer eine Magiequelle außerhalb der Stadt aufgesucht hatte.
Bei dem Gedanken an ihren Bruder musste Cathrine seufzten, der Arme, er war nach seinem 16. Lebensjahr von Großmutter Erica auf die dunkle Seite der Schatten gezogen wurden. Denn nach dem 16. Geburtstag konnten Schatten entscheiden, welchen Weg sie einschlugen und Jace war zu fasziniert von der dunklen Seite der Magie gewesen.
Luke holte sie aus ihren Gedanken indem er sie anstieß. »Hey? Alles in Ordnung? Es tut mir leid, wenn ich dich mit der Meinung meiner Eltern aus der Fassung gebracht habe, ich sehe es auch gar nicht so.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Nein, nein. Darüber habe ich gar nicht weiter nachgedacht. Das sagen immerhin viele.«
Luke sah sie voller Mitleid an und gemeinsam gingen sie zu der Sekretärin, welche ihren Schreibtisch mitten in der großen Eingangshalle aus Ebenholz hatte.
Sie hatte ein Kostüm an und ihre braunen Haare waren zu einem strengen Zopf gebunden. Obwohl sie wohl ziemlich jung war, machte dieses Outfit sie ziemlich alt und ernst.
»Guten Tag«, sagte Cathrine und fragte dann: »Ich habe gehört hier kann man unterirdische Gänge besichtigen?«
Das war er, der Satz dem man sagen musste um die magischen Quellen zu besuchen.
Die junge Frau blickte aufgeregt hoch und richtete zitternd ihre Brille.
Sie nickte schnell und Cathrine folgerte aus der Unsicherheit und der Aufregung die die Frau wie eine zweite Haut ummantelten, das nicht oft Wesen hier her kamen um diese magische Quelle besuchten.
Die Frau nahm schnell einen alt aussehenden Schlüsselbund aus einer Schublade ihres Schreibtisches und bedeute Cathrine und Luke ihr zu folgen.
Luke vergrub seine Hände in den Hosentasche und schlenderte hinterher.
Cathrine schüttelte den Kopf, sie konnte nicht fassen das Luke alles fickte was nicht bei drei auf den Bäumen war, er schien so verantwortungsbewusst.
Aber es war bekannt das Werwölfe sehr viel Sex brauchten, sie waren eben doch Tiere.
Die Sekretärin führte sie durch einen dunklen Korridor mit Gemälden von den Gründern der Stadt, alle trugen den Nachnamen McDorthon. Cathrine kannte diesen Nachnamen, früher hatte ihr Dad ihr immer von dem großen Albus McDorthon erzählt, welcher eines der schwärzesten Wesen der Welt gewesen war, doch bis zum letzten Atemzug gegen das pure Böse in sich selbst gekämpft hatte. Was für ein Wesen Albus McDorthon gewesen war, hatte ihr Dad allerdings nicht erzählt.
Cathrine war jedoch ziemliche neugierig darauf was sich hinter dem Namen McDorthon verbarg.
Sie gingen durch einen größeren Korridor, welcher in einer Steinwand endete, diese war von einer schwarzen, schweren Tür gespickt.
Auf ihr war ein weißer, mächtiger Raubkatzenkopf abgebildet.
Die junge Frau suchte an ihrem Schlüsselbund einen silbernen Schlüssel heraus und öffnete die Tür. Dann trat sie zur Seite um uns den Weg freizugeben, sie lächelte leicht und einen Moment glaubte Cathrine Bedauern in ihren grauen Augen zu sehen.
Ohne weiter darauf zu achten traten sie und Luke in den steinigen, schmalen Gang vor ihnen.
Es gab kein Licht in dem Gang welcher folgend immer weiter nach unten führte, doch sie brauchten auch kein Licht. Cathrines Augen waren scharf, vergleichbar mit denen eines Aldlers und Lukes Augen waren halb die eines Wolfes, also sah er im dunkeln sogar deutlich besser als in der Helligkeit des Tages.
Cathrine stoppte an einer Gabelung, sie runzelte die Stirn. Der Gestank von altem, magischen Blut und Tod war deutlich riechbar und auch Luke rümpfte angewidert die Nase. Sie entschlossen sich für den Weg der weniger stank und gingen so lange weiter, bis die Steinwand sich in eine edle Marmorwand verwandelte und Lichter in Sicht kamen.
Cathrine lächelte, der Gestank war verschwunden und nun öffnete sich ihnen ein wunderschöner Anblick, direkt unter der Stadt befand sich eine andere, eine Verlassene, mit einem riesigen Brunnen voller heiligem Wasser, mit tanzenden Lichtern und leerstehenden, edlen Häusern aus Marmor und Mondstein.
»Die Meisten Magischen Quellen sind bewohnt.«, meinte Luke stirnrunzelnd.
Cathrine zuckte die Schultern.
»Magische Wesen sind vom Aussterben bedroht, Luke, wir sind weniger geworden und wer weiß, vielleicht gibt es uns in tausend Jahren gar nicht mehr?«
Ihre Stimme klang traurig, auch ein bisschen verbittert.
Luke versuchte schnell das Thema zu wechseln und fragte:
»Wie stehlst du jetzt eigentlich Magie?«
Cathrine deutete auf den Brunnen und Luke nickte abschätzig, als plötzlich ein lautes Knallen ertönte, aus einem der leeren Gebäuden kroch eine Kreatur.
Sie hatte riesige, lange Beine, die eigentlich nur aus Haut und Knochen bestanden, auch ihre Arme waren so und mindestens genauso lang, ihre Füße waren ebenfalls riesig und merkwürdig gekrümmt und die Kreatur war nackt, jedoch war das nicht weiter schlimm da dieses Wesen gar nichts verstecken musste, es hatte keine Genitalien, aber das Beängstigenste an ihr war ihr Gesicht, es war erstens viel zu groß für den abgemagerten Körper und zweitens waren die Augen und der Mund der Kreatur in groben Stichen zugenäht und sie besaß weder Nase noch Ohren.
Geschockt sah Cathrine es an, doch Luke erkannte was es war.
»Ein Mogul«, meinte er monoton.
Cathrines Augen wurden groß und sie beobachte wie das Wesen sich schwerfällig auf den Boden setzte und anfing zu beten, jedenfalls sah es so aus.
»Das kann kein Mogul sein.«, flüsterte sie.
Sie hatte die Mogule ganz anders in Erinnerung. Eigentlich waren es alienähnliche Geschöpfe, okay das Ding vor ihnen war auch in gewisser Weise alienähnlich, jedoch waren die Mogule in ihrer Erinnerung in ein weißes Gewand gehüllt, sie besaßen sehr wohl Nase und Ohren und ihre Augen und Münder waren keines Falls zugenäht sondern offen und sie besaßen die schönsten, hellsten Stimmen, die Cathrine je vernommen hatte.
»Das ist einer«, wiedersprach Luke, »So sieht ein Mogul aus wenn er auf die dunkle Seite gebracht wurde, meist geschieht es unfreiwillig und danach kann der Mogul nie wieder zurück zu seiner Familie.«
»Das ist schrecklich«, flüsterte Cathrine.
Luke nickte.
»Lass uns umdrehen, er könnte uns gefährlich werden.«
Cathrine schüttelte den Kopf.
»Nein! Ich brauche jetzt Magie.«
Sie schlich, ziemlich auf der Hut, an dem merkwürdigen Mogul vorbei, sie konnte nicht anders und fragte bedauerlich: »Was ist bloß mit dir passiert?«
Zu ihrer Überraschung drehte der Mogul seinen Kopf, es schien als würde er schreien wollen und etwas Blut floss aus seinem linken, zugenähten Augen, dann hob er seinen dünnen, langen Finger und zeigte zitternd auf Cathrine. Nein. Halt. Er zeigte nicht auf Cathrine, er zeigte auf etwas hinter ihr.
Ich packte meine Laufschuhe in einen weißen Beutel, darauf stopfte ich meine kurze Sporthose die ich mir erst Letztens für den Marathon von Ellie`s And Wallflower`s gekauft hatte. Sie war schweineteuer gewesen und ich musste dafür mein ganzes Monatstaschengeld hinblättern, aber ich mochte die Marke.
Krank, wenn ich genau darüber nachdachte, ich hätte genauso gut eine Discounter Sporthose kaufen können und der einzige Unterschied wäre gewesen, dass auf der Sporthose dann kein Name drauf stand.
Als Letztes stopfte ich noch ein T-Shirt in den Beutel und schmiss ihn mir über die Schulter. Meine Haare band ich noch schnell zu einem lockeren Zopf und dann schnürte sich meine Kehle zusammen, als hätte man einen Strick um sie gebunden und ihn zugezogen. Ich wollte nicht los. Ich hätte schreien können. Immerhin war Jack dabei und Jack war ein verdammter Arsch! Außerdem war er gewalttätig! Ein gewalttätiger Arsch eben! Ich werde die Wette mit Claire verlieren, dachte ich geknickt und schlurfte die Treppe hinunter. Jack war ganz sicher dieser Irre der mordend durch die Stadt lief und ich hatte unheimliche Angst, dass ich die Nächste bin.
Unten stand schon Ash, er hatte bereits Sportbekleidung an und sie stand ihm ziemlich gut, er fuhr sich durch die gegelten Haare und lächelte mich an.
Mann, dachte ich, Jessica hatte ein riesen Glück mit ihm. Sofort bereitete sich ein übles Gefühl in meiner Magengegend aus, ein Glück was ich zerstören musste.
Konnte man das eigenlich egoistisch nennen? Ich meine von mir? Nein, man konnte es nicht nur so nennen, es war einfach so. Ich war egoistisch. Und ein mutiges Mädchen hätte sich nicht von Jack erpressen lassen, aber ich war kein mutiges Mädchen. Ich war ängstlich und gehörte nicht unbedingt zu den Leuten zu denen man aufblicken konnte. Ich war eben kein Patrick der sich für jeden einsetzte und immer das Richtige tat.
Ich stellte mich neben Ash und Jessica winkte uns grinsend zum Abschied.
»Sansio wird heiß, hast du etwas zum trinken mit?«
Ich schüttelte den Kopf, doch in diesem Moment warf mir Jessica eine Wasserflasche zu, grinsend fing ich sie und Ash und ich stiegen in seinen Mercedes.
Als er los fuhr wurde mir echt schlecht. Was würde mich erwarten?
Würde Jack mich anspringen und zerstückeln? Mit was würde er als Nächstes drohen? Vielleicht meine Freunde und meine Familie zu vernichten?
Ich holte tief Luft und sah dann eingehend zu Ash.
Seine silbernen Augen beobachteten aufmerksam die Straße und obwohl er erst 19 war, wirkte er auf mich sehr, sehr erfahren und weise.
Es war zum Heulen das ich ihn meiner Tante ausspannen musste.
Aber eigentlich hatte ich doch eine Wahl, oder nicht? Immerhin könnte ich mich auch dafür entscheiden von Jack fertig gemacht zu werden.
Bei dem Gedanken bekam ich Gänsehaut. Ich hatte angst vor Jack, richtige reale Angst. Mein Blick wanderte wieder zu Ash. Ich sollte anfangen mich an ihn ranzumachen, dachte ich schluckend, ich war eine verdammte Hure. Warum tat ich meiner Tante so etwas Schreckliches an? War ich denn wirklich so egoistisch?
Ja, das war ich leider und ich irgendwie hoffte ich das Ash nicht auf mich ein ging.
Aber warum sollte er auch? Er war wunderschön und er war in meine Tante verliebt. Er hatte so etwas gar nicht nötig!
Ash bemerkte meinen Blick und sah mir für einen langen Augenblick tief in die Augen. Ich erschauderte unwillkürlich und er lächelte.
Er bog auf einen Highway in Richtung Küste und bald schon sah man ein Schild mit der Aufschrift »Welcome To Sansio«.
Ich fühlte mich ganz und gar nicht Willkommen, dennoch versuchte ich ruhig zu bleiben und nicht eingeschüchtert zu werden. Aber was redete ich da? Ich war doch längst eingeschüchtert und am Liebsten hätte ich absolut nichts mehr mit der Familie McDorthon zu tun gehabt!
Ash hielt an einem Parkplatz am Strand und wir stiegen aus.
Jack stand bereits neben seinem ziemlich teueraussehenden Jeep mit einer Kippe in der Hand und inhalierte den Rauch wie Sauerstoff. Dabei wirkte er ziemlich lässig und sah mich nicht mal an.
Auch er hatte bereits Sportkleidung an und sah zugeben ziemlich scharf darin aus. Aber dieser blöde Idiot sah eigentlich immer scharf aus.
Josh stand neben ihm bewaffnet mit einer riesigen Wasserflasche und seinem Astma-Spray, er lächelte mich an und Gott sei Dank hatte er auch noch keine Sportkleidung an.
»Hey«, meinte Josh und Ash und ich grüßten zurück.
»Wir müssen uns hinter ein paar Bäumen oder im Auto umziehen.«, meinte Josh zu mir und lächelte schüchtern. Da Ashs Auto hinten getönte scheiben hatte, zog ich mich auf der Rückbank um und trat dann sorgenvoll aus dem Auto.
Ich würde das heute nicht überleben, ich hasste Sport. Mein Gott wahrscheinlich war ich mit der unsportlichste Mensch der Schule! Das mit dem Wohltätigkeitsmarathon war reine Glücksache gewesen. Und nun, nun musste ich einen ganzen Tag laufen, dabei hätte ich so schön einen Tag zu Hause auf der Couch verbringen können.
»Seit ihr bereit?«, fragte Ash lächelnd.
Alle nickten, außer mir.
Ich überlegte allen Ernstens ob ich nicht ausversehen stolperte und so tat als hätte ich mich furchtbar verletzt.
Wir gingen an den Strand, wo die anderen Teilnehmer bereits freudig und ergeizig standen. An der Startlinie war eine Flagge gespannt mit der Aufschrift: »Saniso Marathon – Sport für den Gutenzweck«
Wir stellten uns hinter die Menschenmasse und ich steckte schon meine Kopfhörer fest in meine Ohren, als der Startschuss ertönte, alle rannten sofort los und ich versuchte so gut wie möglich mitzuhalten.
Das Ash mein Tempo hielt war eine glatte Lüge gewesen, denn er rannte genauso schnell wie die anderen.
Und ich? Ich versuchte natürlich mitzuhalten und drehte meine Musik immer lauter damit ich nicht hörte wie meine Lungen explodierten.
Ich war ziemlich überrascht das Josh so gut mithalten konnte, immerhin hatte der Junge Astma.
Und dann kam auch noch dazu das Jack mich ständig so merkwürdig ansah. Es war eine Mischung aus Hass, Furcht und ein wenig... ja was war es?
Ich sah mit einem grimmigen Gesichtsausdruck zurück und wäre ich nicht am Joggen, hätte ich wohl meine Arme vor meiner Brust verschränkt.
Als ich nach etwa nur einem Viertel der gesamten Strecke nicht mehr konnte, beschloss ich meinen Stolpertrick wirklich anzuwenden und stolperte absichtlich an einem mittelgroßen Stein in der Nähe des Wassers was sich zu meiner rechten Seite unendlich gen Horizont erstreckte. Das Problem war das ich so ungeschickt war und wirklich stolperte, es ertönte ein fürchterliches Knacken und ich starrte perplex auf mein blutendes Bein.
»Scheiße«, fauchte ich.
Am Liebsten hätte ich angefangen zu heulen, aber ich riss mich zusammen und sah mit großen Augen auf Jack, Josh und Ash die umdrehten da sie meinen ziemlich peinlichen Schmerzensschrei gehört hatten.
Ash war noch etwas weiter hinten, als Josh Jack fragte ob er mich tragen könne ohne mich überhaupt danach zu fragen ob ich noch gehen konnte.
Jack verschränkte bloß seine Arme vor der Brust und sah gen Meer.
Dann kam Ash endlich und sah mich ziemlich besorgt an.
»Was ist passiert?«, fragte er.
»Ich bin gestolpert«, antwortete ich trotzig, fast wie eine 3-Jährige.
»Kannst du dein Bein bewegen?«, fragte er und nahm die Sache selbst in die Hand als ich nicht reagierte.
Er nahm mein blutendes Bein in die Hand und bewegte es vorsichtig.
Ich begann zu wimmern.
»Scheiße«, meinte Josh und sah mich mitleidig an.
»Was ist sie auch so dumm und stolpert über einen verdammten Stein.«, knurrte Jack und steckte sich eine Zigarette an. Der Typ war so süchtig das er sie selbst noch in seine Sporthose gepackt hatte.
Ich hoffe er stirbt an Lungenkrebs, dachte ich wütend und sah dann überrascht auf Ashs Arme die sich um mich schlangen und mich hoch hoben.
Er tat es als wäre es selbstverständlich mich den ganzen Weg zurück zu tragen.
Nach der halben Strecke sah Ash besorgt auf mein Bein und sagte zu Jack:
»Kannst du sie nehmen? Dann laufe ich vor und rufe einen Krankenwagen.«
»Das ist doch nicht nötig!«, meinte ich sofort, »So schlimm ist es nicht, ein bisschen kühlen und dann...«
»Alice«, unterbrach mich Ash, »Vielleicht ist dein Bein gebrochen.«
Ash setzte mich ab und rannte los und das ziemlich schnell.
Staunend und schwankend sah ich hinterher.
Grob schloss sich Jacks Arm um mich und hob mich hoch, er vermied dabei mir in die Augen zu sehen und ich fragte mich warum Ash nicht Jack zum Auto rennen ließ.
»Und?«, fragte Jack nach einer Weile, er rang sich durch und sah mir in die Augen.
Mir war es nie aufgefallen, aber Jacks Augen waren wie Kaleidoskope sie schimmerten in verschiedenen Farben und manchmal waren sie einfach nur in einem tiefen, dunklen Blau.
»Was und?«, knurrte ich.
»Wie weit sind du und Ash?«, fragte er wütend, »Es zieht sich ziemlich lange hin findest du nicht?«
»Entschuldige das ich damit zögere meine Tante zu betrügen.«
Schnell huschte mein Blick zu Josh der gespannt unser Gespräch beobachete.
»Keine Sorge«, meinte Jack und blickte zu Josh, »Josh weiß das ich dich erpresse und er weiß auch was du machen musst. Er ist aber zu feige um es jemanden zu sagen.«
Ich war ziemlich geschockt wie Jack über seinen Bruder redete. Eigentlich schien es mir immer so als würden sie ziemlich gut miteinander klarkommen, da Jack ihn auch immer verteidigte.
Doch vielleicht war Josh Jack auch einfach nur lästig?
»Du solltest dich beeilen«, meinte Jack, »Ich will dich und deine armselige Tante nicht die ganze Zeit in meiner Nähe haben.«
»Was ist so schlimm an mir und meiner Tante?«
Jack sah wütend auf mich herunter.
»Ihr seid armselig, hast du das nicht verstanden? Ihr seid wie Ratten...«
»Lass mich sofort runter!«, kreischte ich.
»Alice sei nicht dumm«, meinte Josh von hinten, doch er war mir egal.
»Lass mich runter!«, wiederholte ich und funkelte Jack wütend an.
Er ließ mich runter und schüttelte den Kopf.
»Ich versteh nicht was Ash an deiner Tante...«
»Halt deinen Mund! Hör auf ständig meine Familie zu beleidigen! Meine Tante ist gütig und nett! Das kennst du vielleicht nicht, aber ich bin damit aufgewachsen und ich liebe sie sehr!«
Tränen glitten mein Gesicht hinunter und es war schrecklich mir diese Peinlichkeit zu geben. Doch es ging nicht anders der ganze Stress von heute glitt in flüssiger Form meine Wangen hinunter. Ich erwartete Jack würde mich auslachen, oder Fotos von meinem heulenden Gesicht für sein sadistisches Fotoalbum machen. Doch nichts der Gleichen geschah und als ich nach endlos erscheinender Zeit hoch zu Jack sah, lag etwas komisches in seinem Gesicht.
War es Reue? Oder Wut? Beides liegt nicht nahe bei einander, doch in seinem Gesicht war beides zu finden.
»Hör bitte auf zu weinen.«
Seine Stimme hörte sich nicht spöttisch an oder süfisant, sondern bittend, ehrlich bittend an.
Ich wischte mir die Tränen mit meinem Handrücken ab und sah zu Boden. Mir war das Ganze sehr peinlich.
Jack sah mir lange in die Augen, ein grimmiger Ausdruck lag in seinem Gesicht, dann sah er einfach weg und hob mich wieder hoch.
Den Rest des Weges schwiegen alle und es war ziemlich unangenehm.
Umso froher war ich als ich, unnötiger Weise, im Krankenwagen lag und mit Sirenengeheul in das nächste Krankenhaus gefahren wurde.
Es kam heraus das ich bloß eine harmlose Prellung hatte und mein Bein einfach eine Weile schonen musste. Das war ja auch gar nicht peinlich oder so...
Wenigstens ein Bruch hätte schon rausspringen sollen, um mein Gejammer weniger peinlich zu machen.
Ich legte meine Beine auf Claires Oberschenkel und starrte auf ihren kleinen Fernseher, welcher schräg gegenüber von Claires Couch stand, die neben ihrem Einzelbett platziert war.
Wir saßen darauf und Claire lackierte sich die Fingernägel, während wir einen Horrorfilm schauten und ich ihr meine unendlich langen Probleme schilderte.
Claires anfängliche, gute Laune über diese Probleme, weil sie diese Probleme spannend gefunden hatte, waren gelegt und nun war sie besorgt.
»Hör mal, Alice.«, sie räusperte sich und pustete gegen ihre frischlackierten Nägel, »Das mit der Wette können wir auch abblasen, ich meine wenn Jack so ein Arsch ist und so weiter, ich will dir nicht noch mehr Probleme machen.«
Kurz war ich erfreut das zu hören, doch auf einmal kam mir ein Gedanke.
Trotzig verschränkte ich meine Arme vor der Brust und schüttelte den Kopf.
»Nein«, meinte ich, »Ich will das Jack leidet, ich bringe ihn dazu das er sich in mich verliebt und Jace auch, ich weiß zwar nicht wie, aber irgendwie bekomme ich das schon hin, und dann werde ich Jack das Herz brechen.«
Auf Claires Geischt zierte sich ein gemeines Lächeln.
»Das ist meine Freundin«, verkündete sie und sah mich feierlich an.
»Außerdem will ich nicht verpassen wie du nackt durch die Schule rennst.«
Claire lachte.
»Aber mal im Ernst. Wie soll ich meine Tante und Ash auseinander bringen? Meinst du ich sollte mich nicht lieber von Jack fertigmachen lassen?«
»Bist du verrückt! Willst du das er dich auch zum Selbstmord treibt?! Du machst es ganz einfach, du ziehst dir was Nuttiges an, wenn du mit Ash alleine bist, was sich sicherlich ergibt, dann küsst du ihn, bringst ihn dazu dich ein wenig auszuziehen und dann kaltscht du ihm eine, kratzt dich selbst und verwuschelst deine Haare und dann sagst du deiner Tante er hat versucht dich zu vergewaltigen. Dadurch macht sie sicher mit ihm Schluss und ist gleichzeitig nicht enttäuscht von dir.«
»Claire, du bist echt hinterfotzig.«, bemerkte ich stirnrunzelnd, »Aber wenn ich ihn küssen würde wäre das mein erster Kuss. Außerdem ist es fragwürdig ob es überhaupt funktioniert. Was wenn er mich von sich stößt.«
Ich sah gen Boden.
»Na und? Dieser Ash, ich habe ihn mal in der Stadt gesehen mit seinem Bruder, beide sind richtige Schnitten und das du deinen ersten Kuss an einen heißen Kerl verlierst ist doch nicht schlimm. Und zu deinen Zweifeln, was bleibt dir schon anderes übrig, hm?«
»Du verstehst nicht, ich will einen romantischen ersten Kuss und wenn ich das vermassele, dann kann ich mir gleich ein Grab schaufeln.«
Claire verdrehte die Augen.
»Schön von mir aus kannst du es auch sein lassen und wir lassen uns was Neues einfallen wie wir die Beiden trennen, aber dann hast du nachher noch ein schlechteres Gewissen, weil du ihn anschuldigst obwohl er überhaupt nichts gemacht hat. Wenn du ihn küsst und er es erwidert und dich ein bisschen auszieht ist es allerdings gerechtfertigt das du die Beziehung deiner Tante zerstörst.«
»Irgendwie hast du recht. Aber das mit der Vergewaltigung ist doch zu heftig...ich will ja nicht gleich sein Leben zerstören und was ist wenn meine Tante die Polizei ruft?«
»Du gehst gleich vom Schlimmsten aus, Alice. Ich wette es läuft glatt.«
~
Caroline war froh das sie entkommen konnten, hinter ihr war ein Allicanto gewesen. Ein Vogeldämon mit goldenen Flügeln und roten Augen, dessen Gesang so schön war das er Menschen beeinflussen konnte und sie Zwang sich selbst umzubringen. Wie jeder Dämon ergötzte sich der Allicanto an dem Leid anderer, es war sein einziges Lebensglück andere zu verletzten und genau wie jeder Dämon hörte er nur auf die Teufel. Es war ein Irrtum das die Leute dachten, wenn sie daran glaubten, es gäbe nur einen Teufel. Es gab mehrere. Und sie waren schlimm, sie waren die grausamsten Geschöpfe die Caroline kannte und sie versuchte sie zu beseitigen und ihre Anhänger ebenfalls. Und obwohl sie seit sie 16 war Teufel und deren elendige Gefolgschaft jagte. Hatte sie es noch nie geschafft einen Teufel zu erledigen. Immer nur niedere Dämonen und ein paar Menschen die sich den Teufeln verpflichtet hatten. Caroline gierte nach mehr Macht, nur um diese grauenvollen Geschöpfe zu beseitigen und sie leiden zu sehen. Sie hatten Carolines Mutter auf dem Gewissen und sie wollte nicht wissen wen diese dreckigen Biester noch alles auf dem Gewissen hatten. Leider waren Teufel unheimlich mächtig und Caroline fragte sich was der Gegenpol zu den Teufeln war. Immerhin war es doch immer so? Wenn es das reine Böse gab, musste es auch das reine Gute geben. Wenn es Licht gab, gab es auch Schatten und anders herum.
Gab es vielleicht Engel? Caroline hoffte es, doch sie glaubte nicht daran. Teufel hatte sie schon gesehen, jede Menge gar, doch nie einen einzigen Engel.
Caroline drückte ein Taschentuch gegen die kleine Wunde an ihrem Kopf die ihr der Allicanto verpasst hatte, sie war einfach losgerannt und Luke ihr hinterher.
Caroline hatte gespürt das noch mehr in der Magie Quelle von Belle Haven lauerte, dunkle Gestalten die diese Quelle besetzt hatten, doch warum? Was war in dieser Stadt, dass all das Böse herlockte.
Luke setzte sich neben sie auf die Beifahrerseite und atmete unruhig.
»Was machen wir jetzt? Hast du dieses Ding gesehen, ich dachte es will dich fressen.«
»Das wollte es wahrscheinlich sogar. Ich denke wir fahren erstmal zu Creek Briar, dort gibt es ebenfalls eine Magie Quelle und die Stadt es nicht weit weg, ich brauche die Macht schnellstmöglich.«
Luke nickte und streckte seine langen Beine.
»Meinst du hier ist ein Teufel? Da drin war immerhin viel mehr an bösem, übernatürlichen Ungeziefer, ich konnte das Böse dadrin förmlich riechen und wo so viel Böses ist, muss etwas Großes sein, was diese Biester anzieht.«
Caroline nickte.
»Ich denke, Luke, hier ist auf jeden Fall ein Teufel.«
»Deine Tante hat gesagt du wärst das Wichtigste in ihrem Leben und das ich keine Chance bei ihr habe wenn du mich nicht magst.«
Ich schluckte und sah Ash in seine kalten, silbernen Augen.
»Also wollte ich fragen, ob wir nicht mal etwas zusammen machen wollen? Um uns besser kennenzulernen, dass mit deiner Tante und mir ist nämlich sehr ernst, Alice. Ich weiß das ich viel jünger bin als sie und das du vermutlich denkst ich meine es nicht ernst mit ihr, aber das stimmt nicht. Es wäre also toll, wenn wir uns gut verstehen, vielleicht können wir ja ins Kino gehen? Ich habe heute sehr viel Zeit.«
Ein dicker, fetter Kloß bildete sich in meinem Hals und kurz dachte ich, ich müsse weinen, doch ich schluckte meine Tränen eisern hinunter.
»Alles in Ordnung, Alice?«, fragte Ash etwas besorgt und legte seinen Kopf schief.
»Ja, ja.«, ich räusperte mich, meine Stimme zitterte, »Kino klingt echt gut.«
Seit einer Woche hatte ich auf diesen Moment gewartet, mit Ash allein zu sein, und nun war er gekommen. Mir war schlecht und meine Hände zitterten bei dem Gedanken meiner Tante wehzutun.
Als wir im Kino waren schwörte ich bei dem verdammten Hass auf meine Mutter, dass ich es bei meiner Tante wieder gut machen würde.
Wie wusste ich nicht, doch ich würde es tun!
»Entschuldige«, meinte Ash als wir bereits im Kino saßen, »Es lief kein besserer Film«
Ich zuckte mit den Achseln und lächelte leicht.
Wir sahen uns einen echt üblen Film an, er nannte sich BAL-T und es ging um Vergewaltigung, Hass und Tod.
Einer der Art Filme nach denen man am Liebsten reiern und nie wieder über die Handlung des Filmes nachdenken wollte, weil man eben genau wusste das so etwas wirklich passierte.
Ash hatte alles bezahlt, mein Popcorn, mein Tickett, meine Cherry Coke und sogar mein Klogang für zwei Dollar in der Mitte des Films.
Er bestand darauf und wollte sich höchst wahrscheinlich einschleimen.
Am Ende des Films war mir bewusst, dass ich es bald hinter mich bringen musste.
Ich musste ihn küssen, die Situation verleugnen und ihn anschuldigen versucht zu haben mich zu vergewaltigen. Ich war ein verdammtes Miststück und ich hoffte ich würde dafür in der Hölle schmoren.
Als wir aus dem Kino kamen war es bereits dunkel und Ash hatte seine Hände tief in den Taschen seiner Jacke vergraben. Wir gingen einen Asphaltweg hinunter der zu einem kleinen Parkplatz führte auf dem Ashs Auto stand.
Plötzlich blieb ich stehen und hielt seinen Arm fest.
Überrascht drehte Ash sich um und sah mir fragend in die Augen. Ich schluckte trocken und meine Hand wanderte zum Kragen seiner Jacke, ich zog ihn zu mir runter und meine andere Hand legte ich ihm in seinen Nacken.
Er war völlig regungslos und ich bekam angst. Dennoch konnte ich einfach keinen Rückzug machen, ich hatte zu sehr angst vor Jack, ich war ein Feigling.
Ich schloss die Augen und ohne mir weiter Gedanken zu machen, presste ich meine Lippen auf seine.
Mir rutschte mein Herz in die Hose, als seine Lippen sich aufeinander pressten und seine Augen sich vor Schock weiteten, doch ich wich nicht zurück, ich verharrte in einer Art Starre.
Aus einem mir unerklärlichen Grund erwiderte er auf einmal meinen Kuss und etwas Seltsames geschah.
Es fühlte sich an als würde Strom durch meinen Körper fahren und es war als würde ich Ash meine Seele öffnen, auch ihm schien das aufzufallen, doch im Gegensatz zu mir verunsicherte es ihn nicht.
Er intensivierte den Kuss gar und ich hätte nie gedacht das Küssen so einfach war.
Seine Arme legten sich um mich und in dem Moment fiel meine Angst.
Immerhin erwiderte er meinen Kuss! Trotzdem fühlte ich mich schlecht und als Ash von mir abließ, senkte sich sein Blick auf mich herab wie eine Mantel.
Kalter Schweiß lief mir den Rücken hinunter, als er mich einfach nicht losließ und mich anstarrte als wäre ich ein Fisch mit Beinen oder ein fliegender Ochse. Unsicher wandte ich den Blick ab, doch seine Finger die sich sofort auf mein Kinn legten, hinderten mich daran.
Er sah mir fest in die Augen und meinte dann: »Merkwürdig«
Sein Mund verzog sich zu einem schiefen Lächeln und irgendwie machte mir das angst. Angst war wohl ein beständiger Teil dieser Situation.
Ich machte mich von ihm los und ging dann rückwärts zurück. Mir wuchs die Situation über den Kopf und ich meinte hastig mit zitternder Stimme: »Vergessen wir das e-einfach«
»Vergessen«, wiederholte er und eine kleine, schwache Falte bildete sich auf seinem schönen Geischt.
Ich nickte unruhig.
»E-Es ist besser w-wenn ich mit dem Bus nachhause fahre.«, meinte ich schnell und drehte mich dann eilig um. An eine vorgetäuschte Vergewaltigung war nun gar nicht mehr zu denken! Ich konnte das nicht.
Beinahe rannte ich weg und stützte mich, als er außer Sichtweite war, an einer Parkbank ab.
Mein Atem ging schnell.
»Scheiße«, fluchte ich, »Was habe ich mir bloß dabei gedacht?!«
Ich vergrub meine Hände in meinen Hosentaschen und Tränen begannen aus meinen Augen zu fließen, wie Wasserfälle die einfach nicht austrocknen wollten.
An der nächsten Bushaltestelle stieg ich einfach ein und ich war froh das der Bus hier nach 22 Uhr für Minderjährige kostenlos war.
Der Bus war von oben bis unten mit Graffiti beschmiert und ich setzte mich neben ein Fenster auf dem fett in rot "Furcht" stand.
Zitternd wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht. Was würde Ash meiner Tante sagen? Ich hätte ihn geküsst und versuch ihn meiner Tante auszuspannen? Sie würde mich hassen und als undankbar bezeichnen.
Aber war ich das nicht auch? Sie hatte mich großgezogen wie eine Tochter und dann tat ich so etwas?Mein Blick wanderte zu einem schwarzen Mann mit großen Narben im Gesicht, er beobachtete mich und ein bisschen Mitleid schwang in seinem Blick mit.
Ich ignorierte ihn und schreckte zusammen als mein Handy anfing zu klingeln.
War das jetzt Ash? Oder meine Tante?!
Panik stieg in mir auf und als ich sah das die Nummer unbekannt war, vermutete ich stark das es Ash war.
Ich ging ran und falls es sich wirklich um Ash handeln sollte, würde ich auflegen.
»Hallo, hier ist Jack«
»Jack?«, meine Stimme klang müde, doch ehrlich überrascht.
»Ich hab es mir anders überlegt.«
Er klang aufgebracht.
»Woher hast du meine Nummer?«
Die Hand in der mein Handy lag zitterte.
»Hat mir Josh gegeben, er hat sie für die Telefonkette in deinem Jahrgang, aber das ist ja auch egal. Jedenfalls habe ich es mir anders überlegt, lass es einfach.«, murmelte er etwas genervt.
»Was lassen?«
»Na die ganze Aktion mit deiner Tante und Ash.«
»Was?!«
»Du sollst ihn nicht küssen oder so, hörst du? Mir ist es egal, lass die Beiden.«
Ich schluckte und brach dann in Tränen aus.
»Was ist los?«, fragte er misstrauisch.
»Es ist zu spät.«, schluchzte ich.
Verdammt! Warum hatte er das nicht früher entschieden, aus welchem Grund auch immer!
Ich weinte vor Wut und Verzweiflung.
»Wie es ist zu spät? Sind die Beiden auseinander?«, zischte es aus meinem Handy.
»I-Ich weiß nicht genau«
»Wie hast du es gemacht.«
»Ich...ich hab gesagt was du mir geraten hast, ich hab ihn geküsst und...«
Er unterbrach mich.
»Du hast was?!«
Blanke Wut.
»Ich hab ihn geküsst!«, schrie ich und achtete nicht auf den Farbigen der nun die Stirn runzelte, »Ich hab nur getan was du gesagt hast!«
»Schön«, knurrte Jack und legte dann einfach auf.
Ich begann heftiger zu weinen und fragte mich was Jack auf einmal hatte. Er wollte es doch so! Es war so, als hätte sich die ganze Welt gegen mich verschworen! Er war doch an allem schuld!
»Stress mit deinem Freund?«, fragte der Farbige und lächelte ermutigend wobei sich weiße, schöne zeigten, »Eifersucht legt sich wieder und manchmal geht man fremd, aber es wird einem verziehen. Und ein Kuss ist kein Weltuntergang.«
Mehr Tränen rollten über mein Gesicht.
Er dachte wirklich ich hätte mit meinem Freund telefoniert. Aber eigentlich hörte es sich auch so an, wenn man die Situation nicht kannte.
»Danke«, meinte ich schluchzend und als der Bus hielt und ich endlich aussteigen konnte, seufzte ich erleichtert.
Doch die Erleichterung hielt nicht lange an, denn nun stand ich allein in der Nacht und von weitem konnte ich schon unserer Haus erkennen, in dem noch ein wenig Licht brannte.
»Sie wird mich hassen«, flüsterte ich zu mir selbst und brach erneut in Tränen aus.
Ich hätte den Plan zuende führen sollen! Ich hatte kalte Füße bekommen und es war der bisher schlimmste Fehler meines Lebens gewesen!
Nach einem kleinen Fußmarsch schloss ich ängstlich die Tür auf und sah in das grelle Licht unseres Flurs.
Ein paar Kerzen standen auf der Kommode neben mir und meine Tante saß auf der Holztreppe und weinte schrecklich.
Er hatte es ihr also gesagt.
»Scheiße«, schluchzte ich, »Es tut mir so leid.«
Meine Tante sah auf und ihre blauen Augen zeigten pure Trauer, sie stand auf und umarmte mich fest.
Sie versteckte ihren Kopf in meinen Haaren und schluchzte in sie hinein.
»Was tut dir leid?«, fragte sie leise, »Ash ist eben zu mir gekommen und hat gesagt er liebt mich nicht und er würde mich verlassen. Ich kann es nicht fassen das er dich einfach am Kino stehen lassen hat!«
Sie schluchzte und ihr zierlicher Körper zitterte.
»Er ist so ein Arsch! Alle McDorthon sind doch...Ärsche!«
Mit großen Augen blickte ich gegen das Foto von mir und meiner Tante an der Wand.
Ein riesiger Stein fiel von meinem Herz.
Ich konnte nicht fassen wie viel Glück ich gehabt hatte.
Ash hatte ich tatsächlich nichts gesagt, aber warum hatte er sie verlassen? Hatte er sie noch nie geliebt? Hatte mein Kuss ihn etwas umgestimmt?
Ich runzelte die Stirn, das konnte nicht sein.
Schluckend fuhr ich mit meiner Hand über den Rücken von Jessica und versuchte ihr Trost zu spenden.
Trost den ich selber so bitter nötig hatte.
Alles war umsonst gewesen, ich hatte meinen ersten Kuss umsonst verschwendet, ich hatte das Herz meiner Tante umsonst gebrochen und ich hasste Jack dafür.
Woher kam dieser Sinneswandel? Hatte er Ärger von seiner Mami bekommen? Unwahrscheinlich die Schlampe hasste mich und meine Tante wahrscheinlich noch mehr als er selbst.
Aber warum hatte er denn sonst seine Meinung geändert?
Ich griff nach der Hand meiner Tante und führte sie ins Wohnzimmer.
Sie setzte sich auf unsere violette Couch mit dem schrecklichen rosa Herzchenmuster, die sie so toll fand und ich ziemlich hässlich.
Ich ging in die Küche und holte die Maxi-Packung Schokoladeneis aus dem Tiefkühler, die wir immer für Notfälle parat hatten.
Als ich ins Wohnzimmer zurück kam lag Jessica ausgestreckt auf der Couch und wimmerte, ihr Kopf war in einem großen, flauschigen Kissen versteckt und ihre Hand baumelte über dem dunklen Holzboden.
In dem Moment sah sie nicht mehr aus wie eine verantwortungsbewusste über 30-jährige Frau, sondern wie ein Teenager der von seiner großen Liebe abserviert worden war und nun Trost von einer Freundin und einer kalorienreichen Süßigkeit brauchte.
Ich stellte das Eis vor ihr ab und setzte mich an ihr Fußende.
»Er hat dich nicht verdient«, meinte ich.
Der Standartsatz.
Sie schluchzte und streckte einen Arm nach mir aus.
Ich nahm ihre Hand.
»Vermutlich hast du Recht! Außerdem ist er auch eigentlich viel zu jung! Ich verstehe bloß nicht was in ihn gefahren ist! Gestern hat er noch gesagt er liebt mich und würde alles für mich tun und er wollte sogar ein gutes Verhältnis zu dir aufbauen! Und heute? Heute verlässt er mich einfach ohne eine vernünftige Erklärung. Ich glaube er hat mich nie geliebt.«
»Er hat dich geliebt!«, beteuerte ich, »Er hat vielleicht kalte Füße bekommen, vielleicht hat seine Familie ihn dazu getrieben? Ich meine komm, die McDorthons sind schnöselige Ratten und dazu noch total egoistische Leute!«
Sie nickte, dann entglitt mir ihre Hand und sie griff nach dem Eis.
»Die Welt ist doch schrecklich.«, murmelte sie, »Warum kann es nicht das pure Glück geben?«
»Wir würden nicht mehr merken das wir glücklich sind.«
»Das ist doch behindert! Ich sag dir meine Mutter lässt sich nicht mal mehr von meinem Dad anfassen! Und das alles hat mit unserer neuen Pfarrerin angefangen, Alice! Wirklich, ich dachte es hat mit Emilys Tod zutun gehabt, aber es ist diese Pfarrerin, Ms Young ist ihr Name, kennst du sie?«
Ich zuckte mit den Schultern und sah auf die Tischplatte vor mir. Claire und ich waren umringt von anderen Schülern in der Mensa welche lauthals über Football, schlimme Lehrer und den neuesten Videospielen diskutierten.
Claire und ich saßen mittendrin und schütteten uns gegenseitig unsere Probleme aus.
Erst war ich dran gewesen und hatte die ganze schlimme Geschichte vom Wochenende erzählt und nun war sie dran.
»Und weißt du was?«, keifte Claire, »Diese Schachtel hat sie nicht mehr alle, sie redet mit mir als wäre ich drei Jahre alt! Und meine Mom kontrolliert sie wie sonst was! Ich weiß echt nicht was die von uns will!«
Ich runzelte die Stirn. So kannte ich Ms. Hutch, Claires Mutter, gar nicht, sie schien mir eigentlich nie manipulierbar.
»Und so etwas nennt sich Christ! Die hat sich in unsere Familie eingenistet als würde sie zu uns gehören!«
»Hm«, machte ich, »Das ist echt merkwürdig.«
Claire beugte sich zu mir rüber.
»Du müsstest die mal sehen, sie lächelt die ganze Zeit, aber in ihren Augen spiegelt sich etwas hm...Böses wieder. Sie ist glaube ich eine Psychopathin oder so.«
Ich legte meine Hand auf Claires Arm.
»Wir werden sie schon gemeinsam los.«, meinte ich zuversichtlich.
»Wehe wenn nicht«
Nach der Pause gingen wir zurück in den Unterricht und erstaunlicher Weise verging dieser recht schnell.
Nach dem normalen Unterricht, hatte ich allerdings noch meinen Matheförderkurs. Patrick saß neben mir und malte mit einem Bleistift kleine Kreise auf seinen Block.
Er versteckte seine Trauer über Emilys Tod immer recht gut, doch wenn man ihn kannte, wusste man das er sich wahrscheinlich jede Nacht in den Schlaf weinte und nicht wirklich mit dem ganzen klar kam.
Nach dem ihr Haus abgebrannt war, hatte sich die Familie Hall ein neues Haus am Stadtrand gekauft, es war etwa genauso groß wie das vorherige, doch Patrick war nicht zufrieden damit. Er sagte immer es fühlte sich darin leer an, kalt.
Ich legte meine Hand auf seinen Unterarm, welcher krampfhaft auf seinen Pult lag und lächelte ihn an.
Er brachte ebenfalls ein kleines Lächeln zustande und sein Blick glitt gedankenlos auf mich.
Als Mathe endlich zu Ende war, schlenderte ich mit Patrick zur Bushaltestelle und er verabschiedete sich von mir.
Nun war ich alleine an der kleinen Bushaltestelle unserer Schule und blickte seufzend zum blauen Himmel über mir.
Ich hatte gestern doch tatsächlich meinen ersten Kuss verschwendet und es war merkwürdig gewesen, es war wie Stromschläge als ich ihn küsste.
Ob es wohl bei jedem Kuss so war?
Ich hoffte nicht, denn es war etwas unangenehm gewesen.
Ich zuckte zusammen, als sich eine Hand auf meine Schulter legte und mich unsanft aus meinen Gedanken holte. Immer wenn ich allein an der Bushaltestelle stand schien das die McDorthons anzuziehen wie Licht Mücken.
Mein Blick wanderte hoch und ich sah in silberne Augen, sie sahen mich etwas zornig an und kalter Schweiß sammelte sich in meinem Nacken. Sichtlich nervös begann ich zu stottern:
»A-Ash...w-was machst du hier?«
Er sah mich still an und deutete dann auf seinen Mercedes den er neben der Bushalte geparkt hatte.
»Ich fahr dich nachhause.«
»N-Nein!«, protestierte ich, »Ich nehme den Bus«
»Ich fahr dich«, wiederholte er, »Wir müssen eh noch reden.«
»Reden? Ich wüsste nicht was wir reden sollten. Hör mal, das was am Wochenende geschehen ist, tut mir schrecklich leid! Ich wollte dich nicht küssen, aber ich verstehe nicht warum du meine Tante verlassen hast.«
»Steig in den Wagen«
Er klang genervt, ja beinahe schon wütend und ich kannte Ash nicht gut, aber so habe ich ihn noch nie erlebt.
Eingeschüchtert setzte ich mich in seinen Wagen und zuckte zusammen als er mir die Tür vor der Nase zu schlug.
»Scheiße«, flüsterte ich und sah zu wie Ash auf der Fahrerseite einstieg und losfuhr.
Ich schluckte, als sich Schweigen im Auto ausbreitete.
»Warum hast du mich geküsst?«, fragte er mich nach einer Weile.
Ich kratzte mich nervös am Arm und fragte mich was ich ihm sagen sollte.
Dann beschloss ich stirnrunzelnd, einfach die Wahrheit zu sagen, was mich selbst ein wenig überraschte.
»Es war wegen Jack. Er hat mich erpresst, er meinte ich soll dich und Jessica auseinander bringen, weil er es nicht akzeptiert das sie nicht gerade viel Geld hat und das sie älter ist und dann habe ich dich geküsst, ich wollte dich dazu bringen das du anfängst zu...fummeln und ich nachher meiner Tante sagen kann, dass du mich vergewaltigen wolltest, aber ich habe kalte Füße bekommen. Und es tut mir auch schrecklich leid.«
Ich sah auf dem Fenster und schluckte hörbar. Ich hatte gehofft er hätte nicht verstanden was ich genuschelt hatte, doch sein scharfer Blick bewies das Gegenteil.
Kurz sah ich sogar etwas wie Enttäuschung in seinen Gesichtszügen.
»Zu meiner Verteidigung«, fing ich an und ich spürte wie meine Hände vor Nervosität zu zittern begannen, »Jack war ziemlich überzeugend als er meinte er macht mir mein Leben zur Hölle, wenn ich euch nicht auseinander bringe.«
Ash umfasste sein Lenkrad so stark, dass seine Knochen weiß hervor traten und ich meinte etwas knacken zu hören.
Irgendwie fühlte ich mich unbehaglich und mein Blick glitt immer wieder nervös zu dem Griff der Autotür. Mein einziger Fluchtweg...aber was dachte ich da? Ash war vielleicht ein bisschen sauer, aber er war ja kein Mörder.
Mörder...
Mein Blick huschte zu ihm wie das eines Rehs und mein Herz begann schneller zu schlagen.
Was war wenn es Ash gewesen war?
Immerhin war es das Tagebuch seines Cousins und vielleicht standen in diesem Tagebuch ja schreckliche Sachen über Ash drin. Sachen die er behüten wollte?
Ich könnte mich ohrfeigen für meine Paranoia, doch irgendwie konnte ich nicht anders als das zu denken.
»War es dein erster Kuss?«, fragte er mich plötzlich.
Ich schluckte trocken und sah ihn kurz von der Seite an.
Ich nickte.
Eine Weile herrschte schweigen, dann hielt er plötzlich einfach an.
Er beugte sich zu mir rüber und nahm mein Gesicht in seine Hände. Verschreckt wollte ich ihm ausweichen, doch er ließ mich nicht. Ash drückte seinen Lippen auf meine, ich versuchte ihn wegzudrücken, ihn zu treten, doch er ließ es nicht zu und diese unangenehmen Stromschläge kamen erneut zum Vorschein. Unerträglich langsam fuhren sie durch meinen Körper, bedeckten meinen Körper mit einer unangenehmen Gänsehaut und machten mir Kopfschmerzen.
Als Ash von mir abließ, tastete ich nach dem Griff der Beifahrertür und drückte sie nach unten.
Heilige Scheiße. Die Tür war abgeschlossen.
Was mach ich jetzt bloß, dachte ich panisch, sollte ich einfach die Scheibe einschlagen?
Ash fing an zu fluchen und sah mich wütend an.
Ash, der mir so nett erschienen war, bei dem ich pure Reue gefühlt hatte aufgrund meines Plans, stellte sich als ein kleiner Psychopath da.
Er war es, redete mir mein Gefühl ein, er hat Emily getötet und auch die anderen Mädchen. Er war der Belle Haven Killer, er musste es sein.
Schluckend sah ich zu Ash der mich anstarrte als wäre ich ein Alien, dann fuhr er ohne ein weiteres Wort einfach wieder los.
»W-Warum...«
Weiter kam ich nicht, denn Ash hob abwehrend seine Hand und sah starr auf die Straße vor ihm.
Ich war heilfroh als wir bei Jessicas Haus ankamen und ich aus seinem Auto rannte wie eine Irre.
Ohne ein Blick zurück, schloss ich zittrig die Haustür auf und knallte sie hinter mir wieder zu. Schwer atmend lehnte ich mich an das kühle Holz der Tür und sah zu wie Luna ganz gemächlich aus der Küche kam und sich die Pfoten leckte.
An ihrem Hals hing ein Zettel, ich riss ihn ab.
Ich bin arbeiten. Essen steht in der Mikrowelle. Hab dich lieb, Jessica.
Ich zerknüllte den Zettel und warf ihn wütend ihn eine Ecke. Luna verstand es als Aufforderung zum Spielen und rannte aufgeregt hinterher.
»Verdammte McDorthons«, fluchte ich, »Die denken wohl ihnen gehört die Welt!«
Ich trat wütend gegen die Küchentür und stellte die Mikrowelle an.
»Er hat mich doch tatsächlich einfach geküsst.«, ich sah Luna an als könne sie mich verstehen, »Und ich wollte das noch nicht mal.«
Als ich sah was in der Mikrowelle war, rümpfte ich die Nase. Bohneneintopf. Oh wie ich Bohnen hasste und besonders hasste ich Eintopf.
Ich ließ mein Essen einfach in der Mikrowelle stehen und nahm mir stattdessen einen Apfel. Ich hob Luna hoch und stapfte ins Wohnzimmer in dem ich mich kraftlos auf die Couch fallen ließ.
Wisst ihr noch wie ich mich über mein langweiliges Standartleben beschwert hatte? Ich wollte es verdammt noch mal zurück.
Seufzend schaltete ich unseren Fernseher an und sah mir irgendeinen alten Film an der im Pay-TV lief.
Damals hatte uns Onkel Russel illegal Pay-TV angezapft und ich war ihm bis heute ehrlich dankbar.
~
»Weißt du was so überhaupt nicht witzig ist?«
Logan Long klemmte sein Telefon zwischen sein Ohr und seine Schulter.
Am anderen Ende war Simon, ein Freund aus seiner Football-Mannschaft.
»Ich glaube Jack McDorthon ist das Böse in Person, heute habe ich ihn...«
»Stopp«, Simons klobige Stimme ertönte und Logan vernahm eine Art klacken, vielleicht eine Autotür oder Ähnliches, »Du verrennst dich da in was. Ich weiß das du die McDorthons hasst, aber einem von ihnen zu unterstellen an den Morden schuld zu sein, dass ist schon ein bisschen zu heftig, Mann.«
Logan ballte seine rechte Hand zu einer Faust.
»Es ist unvorstellbar was Jeff McDorthon meiner Mutter angetan hat.«, zischte er in das Telefon.
»Ich weiß, Logan, ich weiß.«, meinte Simon beschwichtigend leise, »Genau deswegen musst du dich zusammenreißen, lass dich nicht von deiner Wut beherrschen.«
»Du hast ja schon Recht«, meinte Logan heiser.
Ohne ein weiteres Wort legte er auf und lehnte sich an die Umzäunung der Veranda seiner Grandma.
Seine Grandma Lillian, hatte ein riesiges Grundstück mit vielen Bäumen, ein paar Klettergerüsten und einer Schaukel auf der er früher immer gespielt hatte, nun ließ Lillian hier auch andere Kinder aus Belle Haven spielen.
Er lächelte seine Grandma war eine herzensgute Frau.
Stirnrunzelnd sah er auf ein schwarzes Etwas, welches bedeckt von ein wenig Blättern im saftigen Gras lag.
Neugierig stieß er sich von der Umzäunung ab und ging mit schief geneigtem Gesicht auf das Ding zu.
Als er genau davor stand wischte er mit seinem Fuß die Blätter ab und erkannte das es sich um ein kleines Büchlein handelte, er hob es auf. Vielleicht hat Granny ihr Kochbuch hier vergessen, immerhin wird sie ein bisschen senil, dachte er etwas bedauerlich und schlug es auf.
Seine Augen überflogen die Zeilen und sein Gesicht spiegelte pure Überraschung wieder.
»Das muss Schicksal sein«, flüsterte er.
Manchmal war es doch einfach besser zu vergessen? Nicht wahr? Einfach nicht mehr daran zu denken und so tun als wäre es nie geschehen.
Und genau das tat ich, jedenfalls versuchte ich es. Ich tat so als würde nie etwas zwischen mir und Ash vorgefallen, genauso wie ich so tat als ob Jack mich nie erpresst hatte. Obwohl ich ihn unheimlich gerne darauf angesprochen hätte warum er seine Meinung so schnell geändert hatte. Aber mir konnte es nun eigentlich egal sein, ich konnte die Vergangenheit nicht mehr ändern, aber die Zukunft hatte ich sehr wohl in meinen Händen.
Ich beschloss meine Rache zu beginnen, in dem ich schon mal bei Jace anfangen würde.
Und obwohl ich vor ein paar Wochen noch gedacht hatte ich würde niemanden mehr hassen als Jace, hatte sich das geändert. Ich hasste Jack und Ash. Ich hasste die ganze verdammte Familie McDorthon, Jace mochte ich nicht, das stimmte, aber Jack und Ash hasste ich.
Ich beobachtete wie Logan und Jace aus der Umkleide des Footballteams kamen und sah das Logan vertieft in ein kleines Buch war, welches er in der Hand hielt als wäre es ein Schatz.
Meine Augen verengten sich. War das nicht...oh mein Gott. Das Tagebuch!
Wenn das Tagebuch wirklich etwas mit den Morden zu tun hatte, dann musste ich ihn warnen! Ich stürmte auf die Beiden zu und packte das Buch. Es geschah wie in Trance, ich dachte nicht mehr nach und presste es an meine Brust.
Sofort nahm Logan eine ziemlich deutliche Angriffshaltung an und nahm es mir aus der Hand.
»Was soll das, Alice?«, fragte er scharf.
»D-Das gehörte Emily Hall«, meinte ich schnell, meine Hände zitterten leicht.
Er schüttelte den Kopf.
»Nein, ich weiß zufällig ganz genau wem das gehört.«
Jace musterte mich spöttisch.
»Auch scharf auf Jack McDorthon?«
Wusste er das es sein Tagebuch war...aber natürlich. Jace und Logan waren ja schon seit der Junior High Freunde.
»Nein«, protestierte ich und verschränkte meine Arme vor der Brust.
Logan schien nicht wirklich in der Realität zu sein, denn er starrte nur auf das kleine Buch, als würde dort drin stehen wie er ein großer Footballstar werden kann oder wie er so viele Mädchen abschleppen konnte wie nur irgendwie möglich.
Er ging auch einfach ohne ein Wort und ließ mich allein mit Jace zurück.
Vielleicht bildete ich mir auch einfach ein, dass das Tagebuch etwas mit Emilys Tod und dem Tod der anderen Mädchen zutun hatte und Logan war gar nicht in Gefahr...
Ich räusperte mich.
»Ähm Jace«, meinte ich, er sah mich gelangweilt an.
»Was?«
»Ich habe mich gefragt ob wir nicht Frieden schließen wollen? Ich meine wir haben uns ja ziemlich lange gehasst und ich weiß auch gar nicht warum eigentlich...«
Ich kratzte mich nervös am Arm und sah in Jaces verschwitztes Gesicht, welches wahrscheinlich noch vom Training so aussah.
Jace war ein guter Footballspieler und so sah er auch aus. Er hatte einen schrankartigen Körperbau, war groß, hatte Muskeln und kurze braune Haare.
Zu meiner Verwunderung lächelte er.
»Klar«
Klar? Das war's?
»Oh...cool. Und ich habe mich gefragt ob du wohl auch zum Gründungsfest von Belle Haven gehst?«
»Ja, wieso?«
Seine Stimme wurde heiser.
»Wollen wir zusammen hin gehen?«
Es kostete mich echt verdammt viel Überwindung ihn zu fragen.
Er nickte.
»Warum nicht?«
Warum nicht?! Das ging echt einfacher als ich dachte...
Misstrauen machte sich in mir breit.
Ich schluckte es so gut es ging hinunter und sah ihn mit einem erzwungenem Lächeln an.
»Also sehen wir uns am Wochenende.«
Er nickte und ich machte schnell kehrt um auf den Schulhof zu gehen.
Die Schule war längst vorbei und kein Schüler war mehr auf dem Schulhof, nur Claire die anscheinend auf mich wartete.
Lächelnd ging auf sie zu und...stoppte. Zu Claire war ein Junge gestoßen, den sie mit einem wildem Kuss begrüßte. Geschockt sah ich ihr dabei zu und versteckte mich hinter der Schulmauer. Vorsichtig schielte ich zu den Beiden rüber. Claire hatte sich neben den Jungen gestellt, welcher vielleicht so alt war wie sie, oder ein, zwei Jahre älter. Der Junge hatte dunkel braune Haare, er war ziemlich groß, hatte strahlend blaue Augen und ein Lippenpiercing was ihn irgendwie verwegen aussehen ließ.
Er drückte Claire noch einen Kuss auf den Haaransatz und dann redeten die Beiden eine Weile. Nach ein paar Minuten ging er wieder und ließ eine strahlende Claire zurück.
Stirnrunzelnd sah ich starr zu einer besprayten Bank hinüber.
Warum hatte sie mir nicht gesagt das sie einen Freund hatte? Und dazu noch einen so heißen. Wir sagten uns doch eigentlich alles.
Ich holte tief Luft und drehte mich zu ihr um, mit festen Schritten trat ich auf sie zu.
Sollte ich sie darauf ansprechen? Noch nicht, sagte mir meine innere Stimme.
Doch meine Gefühlswelt sagte: Frag sie, verdammt!
Ich weiß es war kindisch, doch irgendwie war ich enttäuscht von ihr. Ich dachte sie hatte keine Geheimnisse vor mir und ich sagte ihr doch auch immer alles, auch wenn es schwer für mich war darüber zu reden. Sie war auch die Einzige mit der ich über meine Mutter reden konnte. Wenn ich mit anderen darüber redete fühlte ich mich oft sehr...unwohl.
Sie lächelte als sie mich sah und winkte mir zu. Schweigend trat ich neben sie und da ich mit ihr nach der Schule verabredet war, trottete ich ihr langsam hinterher. Sie wohnte ganz in der Nähe, also mussten wir nicht mit dem Bus fahren.
»Und? Was hast er geantwortet.
Sie klang ehrlich gespannt.
»Er hat ja gesagt.«
»Tatsächlich?«, sagte sie überrascht und schenkte mir ein anerkennendes Nicken.
Ich zuckte mit den Schultern.
»Da ist sie«, zischte Claire und deutete auf eine dickliche Frau mit schulterlangen, rotblonden Haaren und einer dicken Brille auf der Nase.
»Oh Claire! Du hast einen Gast mitgebracht!«
Die Frau lächelte, ein lebloses und alles andere als warmherziges Lächeln. Das war dann wohl Ms. Young. Sie war gruseliger als ich gedacht hatte, in ihrer schwarzen Kluft und der dicken Kreuzkette um ihrem Hals.
»Sie wohnt jetzt hier«, flüsterte mir Claire ins Ohr.
Ich war ziemlich geschockt.
Claires Mom kam in die kleine Küche der Hutchs und stellte sie lächelnd neben Ms. Young. Mir entging dabei nicht wie die dicke Hand der Pastorin über den Hintern von Claires Mom fuhr und dort ziemlich anmaßend verweilte. Claire schien es nicht zu bemerken, sie holte Tiefkühlpizza aus dem Tiefkühler und legte sie in die schon gelbliche Mikrowelle.
»Und?«, fragte Ms. Young und auf ihrem Gesicht erschien ein gruseliges Lächeln, während sie kreisförmige Bewegungen über den Hinter von Ms. Hutch machte, »Wie ist dein Name?«
Ich schluckte.
»Alice...Alice Peters«
Sie nickte und dabei hörte sie nicht damit auf den Arsch von Ms. Hutch zu betatschen.
»Und Alice? Glaubst du an Gott?«
Ich wendete meinen Blick von Ms. Hutchs zierlichen Hinterteil und befeuchtete meine trockenen Lippen mit meiner Zunge.
Claire drehte sie zu mir um und formte mit ihren Lippen: »Sag Ja«
Doch irgendwie konnte ich bei so einem Thema nicht lügen. Wir wären kein freies Land, wenn man nicht seine Meinung sagen könnte.
»Nein«
Die Augen der Pastorin verengten sich und ein gehässiger Ausdruck machte sich auf ihrem Gesicht breit.
»Nein?«
Ich nickte.
»Du kommst in die Hölle«, flüsterte Claires Mutter.
Geschockt sah ich zu Ms. Hutch die ihren Arsch an die Pastorin rieb und mich dabei völlig ernst ansah.
»W-Was haben Sie gesagt?«
»Du kommst in die Hölle«, meinte nun auch Ms. Young und ein Lächeln zierte ihr dickes Gesicht.
Das alles kam mir ziemlich bizarr vor, also wandte ich mich zu Claire, die mich flehend ansah.
Alles in ihrem Gesicht schrie: Bitte geh nicht.
Und ich gab nach, ich stellte mich neben sie und beschloss es einfach über mich ergehen zu lassen.
»Claire?«
Claire zuckte zusammen, als sie die Stimme ihrer Mutter hörte und drehte sie vorsichtig um.
»Warum gehst du jetzt nicht beten, wir haben 15 Uhr? Du solltest um die verlorene Seele deiner Freundin beten und um deren Seelen die sich einer falschen Religion angeschlossen haben. Denn sie sind der Hölle geweiht.«
Ms. Young lächelte unterstützend.
Ich konnte es nicht fassen. Was redete sie für einen Blödsinn?!
»Mom, ich will jetzt nicht beten. Ich habe Hunger.«
»Willst du etwa in die Hölle kommen?«, fragte sie die Pastorin nun und sah sie scharf an.
Claire griff nach meinem Arm und packte sich die Pizza, dann zog sie mich mit sich nach oben.
»Verdammte Scheiße«, stieß ich hervor, als Claire die Tür hinter uns geschlossen hatte und sah meine Freundin mit großen Augen an.
»Was war das denn bitte?! Ist deine Mom nun lesbisch und was zum Teufel reden die da?«
»Pscht«
»Was?«
»Wenn Mom hört das du gerade Teufel gesagt hast, dürfen wir uns sicher nicht mehr treffen.«
Sie sprach Teufel ganz leise aus.
»Was geht hier ab?«
»Glaub mir das frage ich mich auch. Aber bald ist diese Hölle hier vorbei, Dad will sich von meiner Mom trennen und dann ziehen wir aus diesem Haus.«
Hölle sprach sie ebenfalls sehr leise aus.
Ich kratzte mich am Arm und setzte mich neben sie auf ihr Bett.
»Was ist eigentlich mit diesem Typen auf dem Schulhof gewesen...«
Claire starrte mich...entsetzt an. Ich hätte mich ohrfeigen können, eigentlich wollte ich sie doch gar nicht darauf ansprechen...
»Das...das ist nichts...«
»Sah aber nicht nach nichts aus.«, meinte ich beleidigt.
Sie seufzte und streckte ihre langen Beine aus.
»Das war Larken...wir sind seit einem Monat zusammen.«
»Ein Monat?«
Ich war geschockt.
Sie nickte.
»Ich muss es geheim halten verstehst du? Laut meiner Mom darf ich noch keinen Freund.«
Sie verdrehte die Augen.
»Habt ihr schon...«, fragte ich und sah sie mit großen Augen an.
Claire schüttelte den Kopf.
»Ich will, aber er nicht.«
Meine Augen wurden groß.
»Er will nicht?«
Sie nickte.
»Ja, ich weiß, das ist komisch, nicht?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Ach nur ein bisschen...«
~
Caroline beugte sich nach vorne und legte ihren Kopf auf ihre Beine, vor ihr an der grauen Wand lief eine dicke Spinne hoch und schien sie verspotten zu wollen.
Zugegeben das Belle Motel war kein schöner Ort, aber es würde reichen bis sie und Luke herausgefunden hatten, was in Belle Haven vor sich ging.
Luke saß neben ihr und las in einem alten Buch, welches mit vielen Runen und Verschnörkelungen verziert war. Das Buch der Engel.
»Glaubst du an Engel?«, fragte Caroline ihn nach einiger Zeit.
Luke blickte hoch und hob eine buschige Augenbraue.
»Natürlich. Wenn es Teufel gibt, muss es auch Engel geben. Vielleicht gibt es sogar Gott?«
»Wenn es Gott gibt, dann muss es doch auch eine unheimlich böse Schattenseite geben, das Gegenteil von Gott.«
»Es muss nicht immer alles etwas Böses haben.«
»Was Licht wirft, wirft auch Schatten.«
Luke zuckte mit den Schultern und versank dann nach einiger Zeit wieder in seinem Buch.
»An irgendwas muss man glauben.«, meinte er schließlich und blätterte ziemlich geräuschvoll um.
Caroline, welche gerade ihren Silberdolch schärfte, sah zu ihm rüber.
»Ich glaube an nichts.«
»Du kannst nicht, an nichts glauben.«
Sie sah ihn so emotionslos und hoffnungslos an, das er kurz zusammen zuckte und dann sein Buch schloss.
»Hör mal...«
Sie unterbrach ihm in dem sie die Hand hob.
»Ich habe einen Verdächtigen«, meinte Caroline nach einiger Zeit und hob ein noch älteres Buch als das von Luke vom Boden, sie hatte es in der Magie Quelle von Belle Haven mitgehen lassen. Caroline öffnete die erste Seite und sah auf den Namen, welcher fein säuberlich in schwarzer Tinte hinein geschrieben worden war.
»Alice Peters«, meinte Caroline, »Sie könnte das Böse in dieser Stadt sein was die anderen bösen Dinge hier anzieht. Immerhin steht kein Name einfach in einem Buch für die dunkelste Magie die es gibt.«
Ich mochte das Gründerfest schon immer, es gab Paraden, bunte Kostüme, Zuckerwatte und viele Fahrgeschäfte. Aber vor allem zeigten solche Feste Abwechslung, in einer Kleinstadt etwas Wertvolles.
Jace hatte mich um 20 Uhr von zuhause abgeholt und mir war es nie aufgefallen, doch Jace war wirklich unheimlich hübsch und zudem besaß er noch ein echt gutes Auto. Unsicher öffnete ich die Tür der Beifahrerseite seines Cabrios und ließ mich in den weichen Sitz sinken. Wir schwiegen. Es war ein unangenehmes Schweigen und ich hatte das Gefühl ich müsste irgendetwas sagen um die Stimmung aufzulockern, doch ich ließ es bleiben und richtete mein Blick zum schwarzen Sternenhimmel. Er war wunderschön und die Sterne funkelten als würden sie mir Mut zusprechen wollen.
Als wir ankamen, parkte Jace auf einer Art Kiesweg und sah mich gründlich an. Ich hatte ein süßes Sommerkleid an und dazu Dr. Martens, welche etwas zu warm für das Wetter waren, aber ich konnte nicht auf sie verzichten.
»Ich gebe zu«, Jace kratzte sich nervös am Arm, »Ich wollte dich erst verarschen weißt du, ich hab es als Chance gesehen, dir mal richtig eins auszuwischen...«
Deswegen hatte er so schnell zugesagt. Ich war ein wenig enttäuscht...nein ich war am Boden zerstört. Ich hasste so etwas. So etwas Scheinheiliges.
Er sah mir meine Wut und Enttäuschung an und hob abwehrend die Hände.
»Ich bin noch nicht fertig!«, meinte er hastig, »Aber dann dachte ich mir das ich ja eigentlich überhaupt nichts gegen dich habe, weißt du? Ich mag dich eigentlich und ich finde du hast eine gute Persönlichkeit.«
»Wenigstens bist du ehrlich.«, meinte ich und verschränkte meine Arme vor der Brust.
Reumütig nahm er meine Hand und zog mich hinter sich her.
»Komm ich kauf dir eine Zuckerwatte.«
Ich liebte Zuckerwatte, Zuckerwatte war eindeutig eine der besten Süßigkeiten. Dabei bestand Zuckerwatte ja nur aus purem Zucker.
»Woher kommt eigentlich dein Sinneswandel? Warum hast du mich gefragt ob ich mit dir hier her gehen will?«, fragte er.
Plötzlich fühlte ich mich schuldig, immerhin tat ich es nur wegen einer Wette und er tat es aus Einsicht, über den eigentlich unbegründeten Hass aufeinander.
»Ach...ich dachte mir das die Streitereien mal aufhören sollten. Wir sind nicht mehr in der Junior High, weißt du?«
Ich sah auf meine blasse Hand, die umschlossen von seiner Sonnengebräunten war. Irgendwie fühlte sich das hier mächtig falsch an.
Doch als Jace mir ein Nicken und ein darauffolgendes Lächeln schenkte, schob ich die Zweifel beiseite und ließ mir von ihm eine riesige Zuckerwatte kaufen.
Nach der Hälfte des Abends war mir klar, das ich falsch lag. Jace war kein fieser, gemeiner, oberflächlicher Footballspieler, sondern etwas was meine Tante wohl als guten Jungen bezeichnen würde.
Er achtete sogar darauf das ich nicht zu viel trank, doch unser, ich musste zugeben, amüsanter Abend, wurde von einem betrunkenen Logan gestört welcher ziemlich fies Randale machte.
Jace musste einschreiten, gab mir aber Geld für ein Taxi und umarmte mich zum Abschied. Ich konnte nicht fassen das der Jace, der meine Unterwäsche auf dem ganzen Schulhof verteilt hatte, eigentlich echt nett war.
Ich lehnte mich gegen einen Teddybärenstand und nahm eine Stimme hinter mir wahr.
»Ich bin begeistert, Alice. Du mutierst zur Stadtschlampe.«
Vorsichtig drehte ich mich um und sah Jack auf einer kleinen Treppe zu einem Fahrgeschäft namens Scooter Drive sitzen, es war ziemlich leer und Jack hatte einen Joint in der Hand, an dem er ein paar mal zog.
»Autsch. Jetzt bin ich aber beleidigt.«, meinte ich sarkastisch.
Er lächelte bitter.
»Jace also? Der dumme Footballer, der es nicht mal schafft eine Drei in einem Deutschaufsatz zu schreiben?«
Er machte ein gespieltes, anerkennendes Nicken.
Ich schüttelte den Kopf.
»Weißt du deine Visage muss ich mir nicht geben.«, knurrte ich und machte auf dem Absatz kehrt.
Ich ging irgendwo hinter ein Fahrgeschäft wo es etwas leiser für meine von dem Fest demolierten Ohren war und Jack folgte mir doch tatsächlich.
»Warum musstest du meinem Cousin so den Kopf verdrehten.«, fragte Jack hinter mir. Er klang doch tatsächlich wütend! Ich drehte mich zu ihm um und schüttelte den Kopf.
»Wessen Idee war es denn ihn zu verführen?«
»Ich hab doch gesagt du sollst es nicht mehr machen«, meinte er wütend.
»Leider zu spät.«, nuschelte ich, »Weißt du dein Cousin ist wirklich gruselig. Er hat darauf bestanden mich von der Schule mitzunehmen und hat mich dann zu einem Kuss gezwungen. Ich fand das nicht gerade witzig und weißt du was...«
»Das tut mir leid.«
Er ließ sein Joint auf das feuchte Gras fallen und ich sah mich um.
»Scheiße, wo sind wir eigentlich?«
Um uns herum waren nur noch ein paar Bäume und die Rückseite einer Pommesbude.
»Hier riecht es komisch«, meinte Jack und verzog das Gesicht.
Sein Blick richtete sich auf etwas zwischen zwei Bäumen und ich folgte seinem Blick, ein spitzer Schrei entfuhr mir. Es war ein Kopf, bloß ein Kopf der wie ein verstecktes Osterei im Moos bettete. Fleisch hing an der Unterseite des Kopfes und das Gesicht, es war vermutlich das eines Mannes, war voller eingeritzter Kreuze die es mir unmöglich machten zu erkennen wem dieser Kopf gehört hatte.
Plötzlich legte sich Jacks Hand auf meine Augen und er flüsterte mit zittriger Stimme:
»Sieh nicht hin«
Ich hatte das Gefühl mich übergeben zu müssen und irgendwie war ich froh das Jack seine Hand auf meine Augen gelegt hatte.
Ich hatte angst, wollte mich in meinem Bett verstecken, ich wollte weinen.
Eine Zeit lang standen wir nur da. Jacks Hand lag immer noch auf meinen Augen und versperrte mir die Sicht, doch ich wusste das er den Kopf eingehend betrachtete, ich wusste es eben. Es fühlte sich so an, als würde er es tun.
Jack löste sich aus seiner Starre und ohne seine Hand von meinen Augen zu nehmen, telefonierte er, anscheinend mit der Polizei.
Danach ging er rückwärts mit mir von diesem schrecklichen Ort.
»Du kannst mich jetzt loslassen«, meinte ich zitternd, doch Jack ignorierte das, er ließ mir erst los als wir etwas weiter weg waren. Er drückte mich auf die Treppe, auf der er vorher noch gesessen hatte und kaufte mir eine Flasche Wasser. Wortlos drückte er sie mir in die Hand und erst jetzt bemerkte ich, dass ich geweint hatte. Tränen rannen wie Wasserfälle aus meinen Augen und ich zitterte nach wie vor.
Der Anblick dieser toten Fratze mit den weit geöffneten Augen, dem offenen, verzerrten Mund und den eingeritzten Kreuzen auf der fahlen Haut war ekelerregend gewesen, einfach nur schrecklich.
Es dauerte nicht lange, etwa eine Stunde, da war das ganze Gründungsfest gesperrt und Beamte wuselten wie Ameisen um mich und Jack herum.
Wir wurden noch hier befragt, doch wirklich viel konnten wir nicht beantworten, wir hatten kein Zeitgefühl gehabt und wussten nicht wann wir den Kopf gefunden hatten und wir konnten ihn auch nicht identifizieren. Als sie fertig waren, durften wir nachhause. Es war bereits 3 Uhr morgens und Jack bot mir sogar an mich nachhause zu fahren. So viel Nettigkeit hatte ich ihm nie zugetraut.
Als wir schweigend in seinem Mercedes saßen, bemerkte ich erst wie fertig Jack war. Er war blass wie ein Blatt Papier und sein Körper zitterte. Er ist nicht der Mörder, schoss es mir durch den Kopf, wenn er so auf eine Leiche reagierte konnte er nicht der Mörder sein. Mit grimmigen Gesicht stellte ich fest, dass es doch nur Ash sein konnte. Immerhin hatte er anscheinend eine ziemlich schlechte Seite und wer aus einer kleinen, verschlafenen Kleinstadt sollte es sonst sein?
Mein Körper begann ein wenig mehr zu zittern und als Jack hielt, drehte er seinen Kopf ein paar Zentimeter zu mir herüber.
»Pass auf dich auf, Alice.«
Ich schluckte trocken und rang mir ein unsicheres Nicken ab. Dann stieg ich aus und ging schwankend zu unserer Haustür.
Meine aufgelöste Tante lief mir entgegen, sie sah verschlafen und besorgt aus und sie nahm mich fest in den Arm.
»Die Polizei hat...angerufen. Du...du hast eine Leiche gefunden?«
Ich nickte dann brach ich erneut in Tränen aus. Jack der noch nicht losgefahren war, sah zu uns hinüber.
Obwohl Jessica nicht gut auf die McDorthons zu sprechen war, kam die Freundlichkeit meiner Tante durch und sie winkte Jack zu. Zu meiner Überraschung, winkte er sogar zurück.
Ich lag in meinem Bett und weinte. Weinte wegen dem Bild eines abgetrennten Kopfes und ich weinte wegen dem Anruf von vorhin. Es war Claire gewesen, eine weinende, aufgelöste Claire, die mir gesagt hatte welchen Kopf ich vor wenigen Stunden gesehen hatte.
Es war der Kopf ihres Vaters gewesen und nun wo ich wusste das es sein Kopf gewesen war, erkannte ich ihn auch.
»Wer tut so etwas?«, wimmerte ich und versteckte meinen Kopf in meinem Kissen.
Ich kannte ihren Vater schon so lange und es war schrecklich nun zu wissen, dass er tot war. Kein Atemzug würde je wieder durch seinen Mund dringen, er war tot, unwiederbringlich tot. Wie es wohl war zu sterben? Ob es friedlich war? Vielleicht sogar erstrebenswert?
~
»Du hättest ihn nicht gleich töten müssen.«
Sein Blick glitt über die beiden Personen vor ihm in der Dunkelheit.
Rebecca Young neigte ihren Kopf und sah zu dem jungen Mann, der bereits Emily Hall und Joline auf dem Gewissen hatte.
»Doch, er hat mich gestört.«, sie verschränkte die Arme vor der Brust, »Ich mag seine Frau.«
Der Auftraggeber, der neben den Beiden stand, stieß ein abfälliges Lachen hervor und schüttelte den Kopf, dann sah er auf den jungen Mann neben Rebecca Young.
»Und du! Finde endlich denjenigen der das Tagebuch im Umlauf gebracht hat, ich will das du ihn leiden lässt!«
Der junge Mann nickte, er wusste schon lange wer es war. Alice Peters. Er würde sie nicht töten.
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Ein weiser Mann sagte einmal: Feiere den Tod, begrüße ihn wie einen alten Freund und gehe mit ihm in ein besseres Dasein.
Mein Grandpa war dieser weise Mann gewesen und er verstarb an einem Gehirntumor, ich hatte ihn sehr geliebt und ich fand dieser Satz passte gut zu dieser Situation. Denn Morgan Hutch wurde beerdigt und die Beerdigung war getränkt von purer Trauer, nur seine Frau vergoss keine Träne und ich fand es gerade zu abartig, dass Ms Young die Beerdigung durchführte.
Claire war nur am Weinen und Patrick und ich versuchten sie irgendwie zu trösten. Doch es misslang uns.
Traurig sah ich meine Freundin an und konnte nicht verhindern das einzelne Tränen auch meine Wangen hinunter liefen.
Claires Freund war nicht bei der Beerdigung gewesen, doch er kam danach. Claire und ich saßen in ihrem Zimmer, ich hatte eine Kerze angezündet und im Fernsehen lief eine dumme Teenager-Komödie. Während Claire zitternd Tee trank und froh war, dass wir allein bei ihr waren, da ihre Mom und Ms Young noch bei der Trauerfeier waren, vernahm ich ein Klingeln an der Tür.
Ich opferte mich und stand auf, um im nächsten Moment in strahlend blaue Augen zu sehen.
Claires Freund streckte mir seine Hand aus.
»Hallo, ich bin Claires Freund, ich heiße Larken McDorthon.«
Sein Nachname traf mich wie ein Schlag, unwillkürlich stolperte ich zurück und sah ihn mit schreckgeweiteten Augen an.
Claires Freund gehörte doch tatsächlich zu den McDorthon. Es war schrecklich. Als würde diese schreckliche Familie mich verfolgen. Konnte sie verdammt nochmal nicht einfach mal wegbleiben!?
Ich fasste mich, als ich seinen fragenden Blick vernahm und ergriff seine große, blasse Hand.
»Ich bin Alice, Alice Peters...«
Sein Gesichtsausdruck wurde wissend.
»Aah, deine Tante war doch vor kurzem noch mit meinem Bruder zusammen?«
Ich nickte, zu mehr war ich nicht imstande.
Er war also Ashs Bruder?
Ich trat ein Stückchen zurück um ihm Platz zu machen.
»Weißt du«, fing Larken an, »Ash redet ziemlich viel von dir, ich weiß das es schwierig wegen deiner Tante ist, aber vielleicht gibst du ihm ja sogar noch eine Chance?«
Den Teufel werde ich tun.
»Joa, ich weiß nicht so recht.«
Wir gingen hoch zu Claire und den Rest des Tages musste ich dabei zusehen, wie die beiden sich ab schlabberten wie die Hunde. Dieser kleine dreckige Bastard. Ich mochte ihn schon jetzt nicht und das...ja und das nur aufgrund seines Nachnamens!
Als ich am Abend wieder nachhause kam fiel ich müde ins Bett und schloss die Augen, doch ich konnte nicht schlafen.
Seufzend schaltete ich das Licht wieder an und blickte mein müdes Gesicht im Spiegel an. Ich wusste nicht wie es weiter gehen sollte und es frustrierte mich ungemein.
Als der nächste Tag endlich anbrach und ich wie eine Leiche und unheimlich müde die Treppen hinunter kam, beschloss meine Tante mich zuhause zu lassen, was mir ganz recht kam. Ich sah aus...ja wie eine Leiche und mir stand nicht der Sinn nach Schule und meinen nervigen, oberflächlichen Mitschülern.
Meine Generation war schlimm was Nervig- und Oberflächlichkeit betraf und ich wünschte mich manchmal zurück in die 80iger oder 70iger Jahre, obwohl es wohl töricht war zu denken dort wäre es besser gelaufen.
Ich schlurfte in die Küche und ich hatte so einen Heißhunger das ich Nutella Toasts, Pfannkuchen und Croissants aß.
Tag der Veröffentlichung: 26.07.2014
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