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Leseprobe

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

© der überarbeiteten Neuauflage 2022 Brina Gold/Laura Gambrinus

 

 

 

 

 

c/o Die Bücherfee Karina Reiß

Heiligenhöfe 15c

37345 Am Ohmberg

autorin(at)brina-gold.de

 

 

 

 

Umschlaggestaltung:

Laura Gambrinus mit Elementen von Canva

 

 

 

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch in Auszügen, nur mit schriftlicher Genehmigung.

Alle in dieser Geschichte vorkommenden Ereignisse, Handlungen und Personen sind ausschließlich fiktiv und frei erfunden. Sollten dennoch Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen und ihren Lebensläufen bestehen, so sind diese rein zufällig und keineswegs Absicht.

 

 

Das Buch

 

Es funkt sofort zwischen Giorgia und Ric, doch nach dem ersten, leidenschaftlichen Kuss verschwindet sie spurlos.

 

Der Zufall führt sie wieder zusammen, und Giorgia macht ihrem hartnäckigen Verehrer einen Vorschlag: Sie wird fünf Tage und fünf Nächte mit ihm verbringen – nach ihren Regeln!

 

Ric geht darauf ein und verfällt der jungen Frau mit Haut und Haar – bis sie eines Morgens ohne Vorwarnung erneut aus seinem Leben verschwindet …

 

 

 

 

Die Autorin

 

Brina Gold ist das Pseudonym der Bestsellerautorin Laura Gambrinus. Unter dem Label »Brina Gold HOT« veröffentlicht sie ihre erotischen Liebesromane und Kurzgeschichten.

 

Der vorliegende Roman erschien erstmals unter dem Pseudonym D. L. Alessi.

 

 

 

Prolog

 

»Das kann doch nur ein schlechter Witz sein, oder? Du nimmst mich auf den Arm, aber ich finde das nicht besonders lustig!«

Die Stimme am anderen Ende der Leitung klang vorwurfsvoll und ungeduldig – vor allen Dingen jedoch ungläubig.

»Nein. Kein Witz. Das ist mein voller Ernst.«

Die Antwort kam ruhig und beherrscht. Der, der sie gab, schien ganz genau zu wissen, was er wollte und dass er damit Recht hatte.

»Du hast sie doch nicht mehr alle! Wie lange kennst du sie jetzt?«

»Zwei Jahre, aber das tut nichts zur Sache!«

»Und ob das was zur Sache tut!« Jetzt wurde die Stimme etwas lauter. »Die Lady hat dich um den kleinen Finger gewickelt und nimmt dich aus wie eine Weihnachtsgans! Siehst du denn nicht, was hier vorgeht?«

»Was geht denn deiner Meinung nach vor?«

»Du sitzt einer kleinen, geldgeilen Göre auf und merkst es nicht einmal: Das geht hier vor! Und da soll ich mich nicht aufregen? Eine Erbschleicherin ist sie, sonst nichts!«

»Du hast doch nur Angst, dass dir die Felle davonschwimmen, gib es ruhig zu.«

Einen Augenblick lang war es still in der Leitung. Man hörte nichts außer dem Atem zweier Männer, von denen der jüngere mühsam um Beherrschung rang und der ältere allmählich müde wurde, sich zu verteidigen.

»Soll ich dir mal was sagen?« Der jüngere von beiden schien seine Fassung wiedergewonnen zu haben. Er klang nun fast schon gefährlich ruhig, als er weitersprach. »Weder brauche ich diese Felle, noch will ich sie. Das weißt du ganz genau. Und du weißt auch, dass es darum nicht geht. Du sperrst dich gegen die Wahrheit und willst es einfach nicht begreifen. Glaub doch einfach, dass es da draußen tatsächlich Menschen gibt, die solche Sachen mit Absicht machen.«

»Wie klug du bist.« Der Ältere klang nun beinahe schon mitleidig. »Dafür, dass du sie noch nie gesehen hast, kennst du sie aber erstaunlich gut. Glückwunsch zur psychologischen Ferndiagnose.«

»Du kannst spotten, so viel du willst, das interessiert mich nicht. Was mich interessiert, ist die Tatsache, dass dir nicht zu helfen ist. Du lässt dich ausnutzen und belohnst diese Tussi auch noch dafür!«

»Weißt du was?«

»Nein – was?« Wut und Frustration waren deutlich aus der Stimme des Jüngeren herauszuhören.

»Du hast nicht den geringsten Hauch einer Ahnung. Du weißt nichts. Nicht von mir und nicht von ihr. Aber du denkst, du kannst dir ein Urteil anmaßen. Das nenne ich ignorant.«

»Ach, nenne es doch wie du willst, was kümmert’s mich! Wenn du dich vor aller Welt zum Narren machen willst, tu es ruhig. Aber komm dann nicht zu mir, wenn dir irgendwann doch noch die Augen aufgehen!«

Der Ältere seufzte. »Du wolltest die Wahrheit von Anfang an nicht hören. Und du willst sie auch jetzt nicht hören, ist es nicht so?«

»Deine Wahrheit interessiert mich nicht, ich weiß, wie so was abläuft.«

»Nur weil du enttäuscht worden bist, müssen noch lange nicht alle Frauen so sein. Der Schein kann trügen.«

»Nicht mich!«

Resigniertes Lachen war die Antwort. »Wie du meinst. Nur eins noch – falls du ihr jemals begegnen solltest, dann erwarte ich von dir wenigstens ein Mindestmaß an Erziehung und Höflichkeit, ist das klar?«

»Ich werde ihr gar nicht erst begegnen – ist das klar?«

 

 

Eins

 

Das Treiben war bunt und bewegt. Es war Freitagabend, eine dieser üblichen »White Nights«, dieser langen Sommernächte an den endlosen Sandstränden der Adria, in denen gefeiert wurde, bis die Sonne aufging.

Als er sie das erste Mal sah, schien sie unentschlossen, ob sie bleiben sollte. Sie war zuerst zielstrebig näher gekommen, doch dann sah er, wie sich ihre Schritte verlangsamten. Schließlich blieb sie sogar stehen, als kämpfe sie noch mit sich selbst. Da er sich einen Platz hinter einer Gruppe von Topfpalmen gesichert, und von dort aus einen perfekten Überblick über das Kommen und Gehen hatte, bemerkte sie ihn nicht. Einen Augenblick lang war er versucht, mit sich selbst zu wetten, ob sie bleiben oder umkehren würde, doch dann ging sie weiter.

Er schmunzelte.

Sie sah nicht so aus, als müsse sie unter mangelndem Selbstbewusstsein leiden: groß, interessantes Gesicht, die dunklen Haare etwas verwuschelt auf die Schulter fallend, dunkelblaues, fast bodenlanges fließendes Sommerkleid, das ihre Bräune betonte – was also hatte sie zögern lassen?

Als sie langsam an ihm vorbeiging, immer noch, ohne ihn wahrzunehmen, fiel ihm ihr Gang auf.

Sie bewegte sich fließend und elegant wie eine Raubkatze, so als schwebe sie mit Highheels über einen Laufsteg. Dabei stellte er mit Verblüffung fest, dass sie nur Flip-Flops trug, also so gut wie barfuß war. Echt gekonnt, stellte er anerkennend fest.

Er war ein guter Beobachter und beobachtete alles und jeden, besonders gern natürlich Frauen. Er konnte durchaus mitreden, wenn es um Eleganz, Stil, Kleidung und ähnliches ging. Diese Leidenschaft hatte über die Jahre hinweg seinen Blick für interessante Persönlichkeiten geschärft. Das hier war gerade ganz entschieden eine gewesen, dachte er und erhob sich. Wenn sie nicht ans Meer hinunter und den Strand entlang wieder gegangen war, dann würde er sie früher oder später irgendwo finden. Schade nur, dachte er bedauernd, dass sie so dürr war, sonst hätte sie ihm noch besser gefallen.

Zeit, etwas zu trinken. Er schlängelte sich an ein paar Mädels vorbei an eine der drei Theken und bestellte ein Bier.

»Flasche, kein Glas«, rief er dem Barista zu, der ihn erkannte und mit einem Nicken zeigte, dass er verstanden hatte.

Er nahm sein Bier entgegen, kehrte der Bar den Rücken und ging ein paar Schritte den Strand hinunter, bis der gepflasterte Weg endete und er den Sand unter seinen Sohlen spürte. Rechts und links von ihm Reihen von kunterbunten Liegestühlen, ordentlich zusammengefaltet und immer schön paarweise gegen den dazugehörigen Sonnenschirm gelehnt. Hier und dort knutschende Pärchen, vom schwindenden Licht des untergehenden Tages gnädig in Ruhe gelassen. Die Spots der Tanzfläche reichten sowieso nicht bis hierher. In einiger Entfernung hörte er gedämpftes Kreischen und Johlen – ein paar Jugendliche nutzten wohl die laue Nacht zu einem späten Bad.

Er gestand sich ein, dass er nach ihr Ausschau hielt, doch hier unten am Wasser war sie anscheinend nicht. Sie musste wohl oben im Lokal oder auf einer der Terrassen geblieben sein.

Er kehrte um und schlenderte langsam zurück.

Als er sie schließlich wieder fand, war sie definitiv in Verlegenheit. Sie stand mit dem Rücken zu ihm nicht weit von der Cocktailbar entfernt und hatte wohl anscheinend schon einen Verehrer gefunden. Einen ziemlich jungen Spund, wie ihm schien, und dieser konnte ganz offensichtlich seine Hände nicht bei sich halten. Ein paar Momente lang gönnte er sich das Schauspiel, das sie bei dem Versuch bot, sich der aufdringlich tatschenden Hände zu erwehren, doch dann reichte es ihm und er setzte sich entschlossen in Bewegung.

Im Vorbeigehen schnappte er sich zwei Gläser vom Tablett einer Bedienung, die kurz protestierte. Er ignorierte sie und beschleunigte seine Schritte. Schließlich hatte er sie erreicht. Mit einem der Cocktails in der Hand schob er von hinten den Arm zwischen den beiden hindurch und drängte sie so auseinander.

»Tschuldigung – darf ich mal? Süße, es ging leider nicht schneller, hier ist dein Drink! Und du«, wandte er sich an den Burschen, der aus der Nähe sogar noch jünger aussah, als er gedacht hatte und mit Sicherheit noch keine zwanzig war, »lass die Finger von meiner Freundin, sonst werd‹ ich sauer. Und zwar stinksauer, ist das klar?«

Sie nahm verdutzt das Glas entgegen, schaltete aber dann doch ziemlich schnell.

»Danke, Schatz! Wurde aber auch Zeit!«

Sein »Rivale« stutzte einen Moment. So ganz wollte er die Geschichte wohl noch nicht schlucken.

»Deine Freundin? Die steht schon seit ›ner halben Stunde allein hier rum und auf einmal regst du dich auf?«

»Schon mal die Schlange an der Cocktailbar gesehen?«, versetzte er ungerührt. »Nein? Dann geh mal nachsehen. Und jetzt lass uns vorbei, wir Erwachsenen wollen uns unterhalten!«

Entschlossen fasste er sie um die Taille und zog sie mit sich fort. Sie folgte ihm, ohne zu zögern. Noch während er Ausschau nach einer etwas ruhigeren Ecke hielt, spürte er, wie sie sich an seinem Arm entspannte und geschmeidig dem Druck seiner Hand nachgab. Sie war fast so groß wie er und er revidierte sein Urteil: Sie war ganz entschieden nicht mager. Unter dem fließenden Stoff konnte er eindeutig Kurven spüren. Also hatte ihn ihr Kleid genarrt, das ihre Konturen so raffiniert verbarg.

Sie ließ sich von ihm widerspruchslos zu seinem Aussichtsplatz hinter den Palmen führen und legte ihm auf dem Weg dorthin sogar von sich aus ihren Arm um die Taille. Erstaunt suchte er ihren Blick und versank in zwei leicht schräg stehenden Augen von undefinierbarer Farbe. Sie bedachte ihn mit einem Lächeln, das ihn schon jetzt vollkommen für seinen Auftritt entschädigte.

»Die Tarnung sollte doch wohl überzeugend sein, oder nicht?«

In ihrer Stimme schwang unüberhörbar Belustigung mit, sie hatte wohl seine Überraschung registriert. Er bugsierte sie zu den Hockern, von denen aus er vorher die Lage überblickt hatte, und sie setzten sich. Sie wandte sich zu ihm und redete weiter.

»Vielen Dank, du hast mir da gerade aus einer echten Patsche geholfen. So was Peinliches ist mir schon lange nicht mehr passiert!« Sie schüttelte den Kopf und sah verlegen zu Boden. »Und dann rettet mich auch noch der Zwillingsbruder von Hugh Jackman …«

»Gern geschehen.« Er blieb einsilbig und runzelte die Stirn. »Aber Hugh Jackman? Hat mir auch noch keiner gesagt!«

»Stört dich hoffentlich nicht! Schließlich ist das nun ja echt keine Beleidigung!« Sie betrachtete ihn kurz mit leicht schief gelegtem Kopf und nickte dann. »Naja – irgendwie… deine Haare sind vielleicht ein bisschen dunkler als seine, und dieses Grübchen da… aber sonst? Nicht schlecht!«

Er hörte wohl nicht richtig! Flirtete sie mit ihm oder überspielte sie nur ihre Unsicherheit?

»Aber sonst? Zwei Augen, eine Nase, ein Mund und zwei Ohren, die das ganze einrahmen – hm! Ja, ich finde auch, dass ich Hugh Jackman ähnlich sehe!«

Sie lachte verlegen und hielt sich an ihrem Cocktailglas fest. Er beschloss, sie endlich aus ihrer Verwirrung zu befreien und stieß sachte sein Glas gegen das ihre.

»Zum Wohl!«

Sie nickte erleichtert

»Ja, genau! Und auch noch danke für den Drink!«

Sie nahm den Strohhalm heraus und trank aus dem Glas. Und begann zu husten. Ihre Augen tränten und sie rang um Fassung.

»Oh Gott«, keuchte sie, »was ist denn das?«

Er war später dran gewesen als sie, doch nun hatte er sie eingeholt. Und schluckte ebenfalls heftig.

»Tut mir leid, das waren die ersten, die mir unter die Finger kamen. Schmeckt nach Negroni, glaube ich!«

»Wow, das haut mich aber echt um!« Sie rang nach Luft, nahm aber sofort noch einen Schluck. Einen kleineren diesmal. »Schmeckt eigentlich gar nicht so schlecht, wenn man erst mal vorgewarnt ist!«

Sie grinste ihn an. Aus der Nähe fand er sie noch anziehender als zuvor schon aus der Ferne. Da sie sich nun ein paar Momente lang auf die Szene vor ihren Augen konzentrierte und die Tänzer beobachtete, hatte er Zeit, sie etwas näher in Augenschein zu nehmen. Er schätzte sie ungefähr auf Anfang zwanzig. Sie hatte ein ansteckendes Lachen und einen offenen, unbefangenen Gesichtsausdruck. Ihre Zehen mit den blau lackierten Nägeln – passend zum Kleid – wippten im Takt der Musik. Schade fand er nur, dass der Rest total unter diesem dämlichen Kleid verschwand, aber immerhin bot ihm ihr Dekolleté einen äußerst reizvollen Anblick.

Als er die Augen hob, begegnete er unerwartet ihrem direkten, klaren Blick, der ihn ruhig fixierte. Sie schürzte ein wenig amüsiert die Lippen.

»Ich werde hier doch wohl nicht vom Regen in die Traufe kommen, hoffe ich!«

»Ertappt!« Er legte den Kopf leicht schief und begutachtete sie nun offiziell. So leicht ließ er sich nicht aus dem Konzept oder in Verlegenheit bringen, auch nicht von ihr! »Aber als Entschädigung für die soeben erfolgte Rettungsaktion kannst du mir diesen Anblick schon gönnen, findest du nicht?«

»Da hast du allerdings Recht, das muss ich dir lassen. Ich hätte bald nicht mehr gewusst, was ich mit dem Kerl noch tun sollte. Er hatte Arme wie ein Krake, mindestens zwanzig. Kaum hatte ich eine Hand abgewehrt, war da schon wieder die nächste irgendwo auf mir!«

Sie lachte, was ihn sofort zu einem breiten Grinsen veranlasste. Humor hatte sie immerhin.

Sie nahm noch einen vorsichtigen Schluck. »Was hältst du von einem Tänzchen als Belohnung? Genug Mut hätte ich mir nun angetrunken.« Sie klimperte ihn bewusst übertrieben mit den Wimpern an. »Oder gehörst du zu den Männern, für die Tanzen eher eine Bestrafung darstellt?«

»Nein, gar nicht – gute Idee!«

Er stand sofort auf und führte sie zur Tanzfläche. Sie gefiel ihm. Hatte das gewisse Etwas und war auch optisch keineswegs zu verachten. Als bei ihren Bewegungen einer der Träger ihres Kleides verrutschte, schob er ihn sanft zurecht und beobachtete dabei neugierig ihre Reaktion. Wenn er etwas anderes als ein fragendes Lächeln erwartet hatte, wurde er eines Besseren belehrt.

Dann wechselte die Musik und ein paar sanfte Schwof-Nummern folgten. Er rechnete damit, dass sie sofort die Tanzfläche verlassen würde, um den bei dieser Tanzerei zwangsläufigen Körperkontakt zu vermeiden. Doch sie schien mehr getrunken zu haben, als er geglaubt hatte, denn sie kam ohne zu zögern näher und ließ es überraschenderweise widerstandslos zu, dass er sie enger an sich zog. Zumindest hatte ihr Rhythmusgefühl unter dem Einfluss des Negroni nicht gelitten.

Es ging alles gut.

Bis Carlos Santana kam.

Es gab ein paar Lieder, die mit der richtigen Frau im Arm eine verheerende Wirkung auf ihn hatten und ›Samba Pa Ti‹ gehörte ganz eindeutig dazu. Er hatte nur nicht erwartet, dass er mit ihr im Arm so schnell und so heftig reagieren würde, wie er es tat.

Er zog sich sofort etwas zurück, doch wie er feststellen musste, war es bereits zu spät. Sie hatte seine Erektion offensichtlich bemerkt und reagierte auf eine Art und Weise, die ihn vollkommen aus den Schuhen kippen ließ.

Anstatt sich von ihm zu lösen und peinlich berührt das Weite zu suchen, presste sie sich mit ihrem ganzen Körper an ihn, verstärkte ihrerseits den Druck ihrer Arme um seinen Nacken und legte den Kopf leicht zurück. Im verschwommenen Halbdunkel der Tanzfläche begegnete er ihrem Blick, der sich intensiv in den seinen versenkte. Er konnte geradezu spüren, wie sich all die feinen Härchen an seinen Armen aufstellten und hörte gleichzeitig, wie sie mit einem leisen Keuchen die Luft ausstieß.

Und dann küsste sie ihn.

Ihm war plötzlich, als sei er splitternackt, so deutlich konnte er ihre sich aufrichtenden Brustwarzen durch den dünnen Stoff fühlen und in Sekundenschnelle stand sein ganzer Körper in Flammen. Ihr Kuss war leidenschaftlich und heftig, sie schien vergessen zu haben, wo sie waren, schien keinerlei Hemmungen zu haben, mitten auf einer Tanzfläche mit einem ihr wildfremden Mann zu knutschen, als sei sie ein hoffnungslos verliebter Teenager.

Es schien eine Ewigkeit zu dauern. Eine Ewigkeit, die immerhin lang genug war, dass er seine Arme noch enger um sie schlingen konnte. Eine Ewigkeit, in der er nebenbei, während er sie mit geschlossenen Augen wiederküsste, ihren leichten Duft wahrnehmen konnte, der irgendwie nach Sommerblüten und Bergamotte roch. Und sie dauerte lang genug, dass er auch die zarte Haut an ihren Fingerspitzen erspüren konnte, mit denen sie sanft wie ein Lufthauch über seine Wange strich.

Santanas Schlussakkorde rissen sie aus ihrer Trance. Sie machte sich von ihm los und blieb einen Moment lang reglos inmitten all der tanzenden Körper stehen. Ihr Atem ging schnell und sie sah ihn mit weit aufgerissenen Augen schockiert an.

»Tut mir leid – tut mir wirklich leid!« stammelte sie atemlos, noch ehe er Zeit zu irgendeiner Reaktion hatte. »Das wollte ich nicht! Bitte entschuldige!«

Er wollte gerade dazu ansetzen, sie zu beruhigen und ihr irgendeine unverzeihliche Banalität zu sagen, etwas wie »Die Freude war ganz meinerseits« oder so ähnlich, da drängte sie sich auch schon an ihm vorbei.

»Ich muss gehen, jetzt sofort«, hörte er noch, ehe die Musik wieder so laut wurde, dass er nichts mehr verstand.

So wollte er sie nun auch nicht davon stürmen lassen, mit langen Schritten stellte er ihr nach und bekam sie am Handgelenk zu fassen. Widerstrebend wandte sie sich noch einmal zu ihm um, sah ihn jedoch nicht an. Sogar bei dieser Beleuchtung konnte er die verräterische Röte erkennen, die sich bis hinunter über ihr Dekolleté zog.

»Warte, warum läufst du denn jetzt einfach davon? So schlimm war das doch auch wieder nicht, es ist doch keiner gestorben, oder?«

Kaum hatte er diese Grobheit von sich gegeben, da hätte er sich am liebsten die Zunge abgebissen. Aber er war mit einem Mal so maßlos enttäuscht darüber, sie davonlaufen zu sehen, dass er nicht mehr wusste, was er noch sagen oder tun konnte, um sie aufzuhalten.

»Tut mir leid!«, wiederholte sie leise, »das war nicht gut und das hätte nicht passieren dürfen!«

»Aber es ist passiert! Und es war verdammt gut, das weißt du!«

Nun sah sie ihn an. Fast kam es ihm vor, als läse er Panik in ihren Augen. Sie zerrte an seinen Fingern, um ihr Handgelenk frei zu bekommen und er ließ sie widerwillig los.

»Dann sag mir wenigstens, wie du heißt!«

Im nächsten Moment wurde sie von einer Woge die Tanzfläche verlassender Körper davon geschwemmt.

»…heiße Gi…a…«, hörte er noch, dann war sie fort.

Als ihm endlich auffiel, dass er mitten auf der Terrasse stand und wahrscheinlich aussah wie ein Idiot, gab er sich einen Ruck und zog sich wieder zurück auf seinen Stammplatz. Auf dem Rand der Pflanztröge standen noch die beiden Gläser mit ihren Drinks. Ihrer war der ohne Strohhalm, fiel ihm ein.

Scheiße!

Mit Mühe widerstand er der Versuchung, die Gläser quer durch die Bar zu schleudern. Da begegnete er der ersten Frau seit Jahren, die in ihm vielleicht mehr hätte auslösen können als oberflächliches, sexuelles Interesse – und das ganz nebenbei allerdings auch noch im Überfluss – und sie verschwand einfach ohne ein weiteres Wort von der Bildfläche.

Übellaunig stieß er nun doch die beiden Gläser wenigstens um, so dass sie ihren restlichen Inhalt in die Blumenerde ergossen. Grimmige Freude durchzuckte ihn, doch dann schämte er sich dafür und wandte sich ab. Diese Ecke hier war nun auch nicht mehr dazu angetan, ihm einen Moment der Ruhe zu vermitteln.

Was war nur in ihn gefahren?

Noch immer schlecht gelaunt ging er mit langen Schritten zurück in Richtung Meer und ließ sich in einen der wenigen einladend aufgestellten Liegestühle fallen. Er konnte nicht so recht fassen, was da gerade passiert war. Ihm passiert war!

Ihre scherzhafte Frage von vorhin schoss ihm durch den leicht benebelten Geist: ›Ich bin doch hoffentlich nicht vom Regen in die Traufe geraten?‹

Verdammt noch mal, nein! Schließlich hatte ja sie ihn

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 19.09.2022
ISBN: 978-3-7554-2090-3

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