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Der Sommer

Der Sommer

Von Karl Hannauer

1

Der Sommer hatte begonnen und wie jedes Jahr, wenn es warm ist, fast heiß, beginnt in Europa die Zeit des kollektiven Wahnsinns. Menschenmassen strömen aus dem Norden gegen den Süden, von der Kälte in die Wärme, von einem bedeckten Himmel zur Sonne, von einem hellen Teint zur Bräune. Es ist wie jedes Jahr, die Urlauber fallen in die entsprechenden Länder ein, wie die Heuschrecken über die grünen Blätter. Sie kommen mit allen Fahrzeugen, mit Autos, Mit der Bahn, mit dem Flugzeug, einige wenige kommen zu Fuß, aber sie kommen. Nichts kann sie aufhalten.

Dieses Jahr kommt auch Gerhard mit seinen Eltern. Sie wollen, so wie alle anderen auch, Urlaub machen. Sie sind mit dem Flugzeug gekommen, haben einen Pauschalurlaub gebucht, wollen sich um nichts kümmern, wollen sich nur ins kühle Meer legen und die Seele baumeln lassen.

Als sie aus dem Flugzeug aussteigen, merken sie sofort den Unterschied zu ihrem Heimatland. Es drückend heiß. Sofort tritt der Schweiß auf ihre Stirn. Die Mutter von Gerhard stöhnt: "So eine Hitze! Warum mussten wir hierherkommen?"

Der Vater verzieht das Gesicht. "Sei doch froh! Endlich ist es warm." Er ist etwas genervt, er kann es nicht leiden, wenn seine Frau solche Stellungnahmen abgibt. Er ist auch genervt von den Vorbereitungen zur Reise, die eigentlich seine Frau machen sollte, aber alles war an ihm hängengeblieben.

Und auch Gerhard ist genervt. Er hat sich so gefreut an den Strand zu kommen und jetzt musste er hören was seine Mutter gesagt hatte. "Aber Mama! Es ist doch schön hier. Endlich einmal Sonne!"

"Ach Gerhard!", stöhnte seine Mutter.

Endlich sitzen sie im Bus, der ist mit einer Aircondition ausgestattet, es ist kühl im Bus und Gerhard fröstelt leicht. Sie müssen noch warten, noch sind nicht alle Urlauber im Bus. Aufgeregt läuft der Reiseleiter herum, er versucht die restlichen Urlauber zu finden. Er hat nicht ewig Zeit, der nächste Flieger ist schon im Anflug.

Der Bus ist voll, alle Plätze belegt. Neben Gerhard sitzt ein Mädchen. Gerhard wurde es ungemütlich. Warum muss sie sich unbedingt neben ihn setzten? Es war noch genügend Platz vorhanden! Der Bus fährt an, der Reiseleiter ergreift das Mikrofon, er begrüßt die Gäste. Für den Reiseleiter eine Pflicht, für die Urlauber eine nützliche Information. Alle hören gespannt zu, auch Gerhard versucht zuzuhören.

"Woher kommst du?", fragt das Mädchen neben ihm.

Gerhard ist überrascht. Er stottert, etwas verlegen, er spürt wie ihm das Blut in den Kopf steigt. "Ich komme aus München."

"Ich auch! Ist das nicht eine Überraschung?", antwortet freudig das Mädchen.

"Wie ist dein Name?", fragt sie auch noch.

Gerhard sagt ihr seinen Namen. "Und wie ist dein Name?" Er hat sich zu fragen getraut!

"Mein Name ist Beatrice, aber alle nennen mich Bea."

"Gut."

"In welche Klasse gehst du?", fragt ihn Bea.

"In die 13.", antwortet Gerhard.

"Ich auch!", ruft Bea erfreut aus. Sie hat rote Wangen bekommen. "Was ist dein Lieblingsfach?"

"Turnen." Gerhard wartet auf das immer kehrende 'meins auch', aber diesmal kommt es nicht.

"Meines ist Physik."

Gerhard ist fast enttäuscht. Er sagt und zeigt es aber nicht.

Am Ende der Busfahrt sind Gerhard und Bea befreundet. Die Fahrt hat zwei Stunden gedauert, da war genügend Zeit um sich zu unterhalten und sich anzufreunden.

Im Hotel fragt die Mutter ihn dann: "Du hast schon eine Freundin gefunden?"

Gerhard mag diese Frage nicht. Der Vater kommt ihm zu Hilfe: "Lass den Jungen", sagt er zu seiner Frau und wirft ihr einen bösen Blick zu.

 

2

 

Der Urlaub hatte schön begonnen, wie die meisten Urlaube. Die Familie von Gerhard verbrachte ihre Tage am Strand, beim Meer und im Meer. Gerhard war ganz angetan vom Meer, von der Sonne und vom Strand. Auch Gerhards Vater genoss den Urlaub. Die Mutter lag den ganzen Tag in der Sonne, ließ sich gehen, dachte an nichts und das war ein Fehler. Am Abend sah sie aus als wäre sie ein roter Krebs oder ein Bewohner des 'Roten Planeten'.

Sie jammerte fürchterlich. Der Vater ging in die Apotheke und holte eine Brandsalbe, damit salbte er seine Gattin ein. Das tat ihr nicht gerade gut, sie wand sich hin und her.

"Morgen müssen wir was anderes unternehmen", sagte sie schließlich.

Sofort stellten sich die Haare bei Gerhard auf, wie ein Igel seine Stacheln aufstellt, wenn er in Gefahr ist. "Was meinst du damit?", fragte er furchtsam.

"Ich habe mir gedacht, wir machen etwas für unsere Bildung. Gehen wir ins Museum."

"Aber Mutter ...", stöhnte Gerhard.

"Das kann dir nicht schaden", antwortete seine Mutter. "Und was meinst du dazu?", fragte sie ihren Gatten.

"Ich gebe dir recht", antwortet dieser.

Das war für Gerhard zu viel. "Du gibst ihr immer recht!", rief Gerhard zornig aus.

"Aber das stimmt doch gar nicht!", versuchte sich der Vater zu verteidigen.

"Du kannst ja deine Freundin fragen ob sie mitkommen möchte", schlug die Mutter vor.

"Das glaube ich nicht ... nach einem Jahr Schule ... wieder ins Museum ... wer möchte das schon." Gerhard murmelte das vor sich hin.

"Du kannst sie ja fragen, dann weißt du es", sagte der Vater.

Und Gerhard hatte sie gefragt. Er staunte nicht schlecht, als sie freudig zustimmte.

 

3

 

Jetzt stehen sie vor dem Museum. Fast alle sind froh, nur Gerhard schmollt ein wenig. Seine Mutter ist angezogen wie im Sommer, sie muss sich vor der Sonne schützen.

"Seht euch doch mal dieses beeindruckende Gebäude an", sagt der Vater staunend.

Alle sehen sich das Gebäude an, ihre Blicke versuchen alle Eindrücke aufzunehmen.

"Wirklich großartig", stimmt Bea zu.

"Gehen wir hinein?", fragt die

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 17.07.2016
ISBN: 978-3-7396-6487-3

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