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VORWORT



Vor fünf Jahren endete plötzlich und ohne Vorankündigung mein gewohntes, sicheres Leben. Ich verlor meinen Mann, mit dem ich 23 Jahre eine glückliche, liebevolle Ehe geführt hatte.
Eine dunkle, schmerzvolle Zeit begann für mich, in der ich jeden Halt verloren hatte. Hilflos trieb ich in einem Chaos von Gefühlen. Immer wieder versuchte ich meiner Familie und meinen Freunden zu erklären, wie es in mir aussah, doch ich fand nie die richtigen Worte dafür.
Nur, wenn ich mich hingesetzt habe und das, was ich fühlte niederschrieb, konnte ich mit wenigen Worten mein Innerstes verständlich nach außen bringen.
In den folgenden Jahren lernte ich viele Menschen und ihre Schicksale kennen. Hierbei musste ich feststellen, dass nicht nur ich leidvolles erlebt habe, sondern auch andere Menschen von Kummer und Leid nicht verschont bleiben. Durch diese Erkenntnis änderte sich mein Leben und meine innere Einstellung zu den Mitmenschen.
Hatte ich mich zunächst in Trauer und Selbstmitleid vergraben, so ging ich jetzt offen auf die Menschen zu. Jetzt sprach ich nicht immer nur von mir, sondern hörte ihnen zu, wenn sie mir von ihrem Leben berichteten. Vieles berührte mich tief und ich versuchte das Gehörte zu verarbeiten. Und wie stets, wenn mich etwas tief bewegt hat, schrieb ich mir alles von der Seele. Auch, was ich in dieser Zeit selbst erlebt und an Erfahrungen gesammelt habe, fasste ich in Versen zusammen.
So entstanden meine ersten Gedichte und Kurzgeschichten. Sie handeln vom Abschied und der Trauer, welche ich zum damaligen Zeitpunkt empfunden habe.
Mit der Zeit entstanden weitere Gedichte und Geschichten. Sie beschreiben die Gefühle, die unser Leben bewegen: Abschied, Trauer, Schmerz und Einsamkeit, doch zunehmend Verständnis, Hoffnung, Freundschaft und … Am meisten von der Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit.
Sehnsucht nach einem Menschen und einem Ort, wo ein unruhiges Herz ein Zuhause finden kann. Sehnsucht nach einem Herzen, welches Liebe, Verständnis, Wärme und Geborgenheit einer einsamen Seele geben kann.
Sehnsucht nach Freunden, um mit ihnen zu lachen und zu scherzen, mit denen man seinen Kummer und seine Sorgen besprechen kann.
Sehnsucht danach, nie wieder Einsamkeit zu spüren!



Abschied




Zögernd betrete ich den Raum, hoffe, dich hier wiederzufinden. Doch nur ein Blick genügt, lässt alle Hoffnung zusammensinken!

Ich sehe dich an, schaue forschend in dein geliebtes Gesicht, suche darin Vertrautes, Gewohntes, doch ich finde es nicht!

Ich warte auf den warmherzigen, zärtlichen Blick deiner Augen, warte darauf, dass sie mir sagen: Du kannst mir vertrauen!

Ich blicke auf deinen Mund, der liebevolle Worte zu mir sprach, in meinen Erinnerungen, klingt ihr warmer Ton immer noch nach!

Ich möchte mich an deine Brust schmiegen, ins Vergessen tauchen, möchte dem kraftvollen Pochen deines Herzschlages lauschen!


Ich schaue auf deine kräftigen Hände, kenne ihre zupackende Art, für mich waren sie weich wie Samt, berührten mich immer zart!

Ich stehe vor dir, möchte dich sehnsüchtig in die Arme schließen. Will DICH, deine Nähe, deine Wärme, dein Lachen genießen!

Ich möchte dir noch so vieles, bisher unausgesprochenes, sagen, möchte dir noch so vieles, so unendlich für uns Wichtiges, fragen!

Ich nähere mich dir – möchte dich berühren – und wage es nicht, denn vor mir liegt nur deine leblose Hülle – du bist es nicht!

Deine Seele, dein ICH, weilt schon längst nicht mehr hier, nur die Erinnerung daran wer DU für mich warst – die bleibt mir!

Ich wende mich voller Trauer ab – Tränen verschleiern meinen Blick. Ich nehm Abschied für immer – denn DU kehrst nie zurück!




Du hast mich verlassen




Mit einem leisen Lachen gingst du fort
und ich blieb allein zurück an jenem Ort,
an dem wir solange gemeinsam lebten
und die Vollendung des Glücks anstrebten.

Mit dir ging der Kamerad, dem ich vertraute,
dessen Rat und Hilfe ich so oft brauchte,
den ich zu jeder Zeit an meiner Seite fand,
mit dem ich so manche Hürde überwand.

Mit dir ging der Freund, mit dem ich lachte,
der gemeinsam mit mir oft Späße machte,
mit dem ich stundenlang konnte diskutieren,
oder gar weise, tiefsinnige Gespräche führen.

Mit dir ging der Geliebte, der mich begehrte,
nach dessen Leidenschaft ich mich verzehrte,
den ich niemals fragte : „Liebst du mich?“
Der so oft zu mir sagte: „Ich liebe nur dich!“

Mit dir ging der Mann, zu dem ich aufschaute,
mit dem ich mein Leben gemeinsam aufbaute,
mit dir ging unsere Liebe und auch mein Herz,
geblieben sind Trauer, Tränen und Schmerz.




Schrei der Verzweiflung




Die milde Herbstluft lud an diesem Sonntag viele Menschen zu einem Spaziergang ein. Die Rheinauenlandschaft am Niederrhein war ein heißbegehrtes Wanderziel für viele, von der Großstadtluft genervten Bewohner dieser Region. Obwohl die Parkplätze mit Kraftfahrzeugen jeglicher Bauart überfüllt waren, lagen streckenweise die Wanderwege einsam und verlassen da. Dieses lag an ihrer Weitläufigkeit und der großen Ausdehnung der Auenlandschaft. Hier war in vielen Jahren der Unberührbarkeit und mit der sachten Hilfe der Naturschützer ein Paradies für Wildenten, Gänse und Schwäne entstanden, wie man es niemals in dieser, von der Industrie geprägten Gegend, vermutet hätte.
Vor der Kulisse eines Kohlekraftwerkes breiteten sich im unregelmäßigen Wechsel Wiesen und Seenlandschaften aus, welche von alten Kopfweiden, Sträuchern, Ginster- und Brombeerbüschen eingesäumt waren. Zur Straße hin, welche am Rand dieses Gebietes entlang führte, hatte sich ein kleiner Wald gebildet, in dem sich Füchse, Wildkaninchen und allerlei Kleintier wohlfühlten. Sogar Rehe waren schon ab und an gesichtet worden.
Hier konnte man noch die Natur pur erleben, während man auf den sorgfältig angelegten Wegen spazieren ging oder sich auf einer jener Bänke niederließ, die an besonders prägnanten Punkten der Landschaft aufgestellt waren.
Auch Ina, eine schlanke, dunkelhaarige Frau mittleren Alters, hatte sich an diesem Sonntag für einen Spaziergang in der Rheinaue entschieden.
Ihr war in der Stille des Hauses die Decke fast auf den Kopf gefallen und sie hatte nur noch das Bedürfnis verspürt, hinauszulaufen. Sie wollte die schmerzliche Einsamkeit hinter sich lassen und die Kälte des Verlassenseins durch die wärmenden Strahlen der Herbstsonne ersetzen. Doch gleichzeitig scheute sie Menschenansammlungen, wollte sich nicht in überfüllten Eisdielen oder Ausflugslokalen niederlassen. Sie wollte auch nicht zu ihren Freunden fahren und deren bohrende Fragen nach ihrem Gemütszustand beantworten, oder gar ihre kleinen und großen Probleme erörtern. Das Einzigste, was sie wollte, war fortzukommen aus dem Haus, in dem die Erinnerungen der Vergangenheit sie fast erdrückten.
Obwohl gerade in den Rheinauen war das geschehen, was ihr Leben verändert und umgekrempelt hatte. Hier hatte das Schicksal massiv in ihr Leben eingegriffen und sie aus der Sicherheit ihres geordneten Lebens herausgeschleudert, in eine ungewisse Zukunft!
Aber wie magisch zog es sie immer wieder dorthin. Zwar ging sie nie zum Ort des Geschehens, umlief diesen stets weitläufig und fühlte sich wie durch ein unsichtbares Band damit verbunden. Ina klammerte sich förmlich an dieses Gebiet war es doch der einzigste Bezugspunkt zu ihrem früheren Leben, ein Verbindungsstück zwischen Gestern und Heute!
Langsam schritt Ina die Wege entlang, blieb zwischendurch immer wieder stehen und suchte mit den Augen nach einem besonderen Fixpunkt eine Stelle am Horizont, die ihr genau zeigte, wo es geschehen war. Schnell hatte sie den hohen Stromleitungsmast, der weit in den herbstlich-blauen Himmel hineinragte, entdeckt.
Im Geiste sah sie die sich darunter befindliche grüne Wiese, welche von einer Anzahl Kopfweiden eingesäumt wurde. Und dort, genau neben diesen Weiden, war es geschehen an einem wunderschönen, sonnigen Vorfrühlingstag!
Auch damals hatte sich der Strommast in den blauen Himmel gereckt, war die Wiese von einem satten Grün, welches den nahenden Frühling ankündigte, obwohl es erst Mitte Februar war. Aber das hatte an dem milden Winter gelegen, einer der wärmsten seit Jahren. Jener Winter, der für sie mit Liebe und Glück erfüllt war und der an diesem Tag mit Schmerz, Leid und Tränen endete.
Sie wandte den Blick ab und schritt weiter den Weg entlang. Wie viel hatte sich seit jenem Tag für sie verändert! Trotz der wärmenden Sonnenstrahlen fröstelte es Ina und sie zog ihre Schultern unter der leichten Tuchjacke, die ihren Körper lässig umhüllte, zusammen. Die Jacke war ihr zu weit geworden, so wie viele ihrer Kleidungsstücke. Aber das war ihr egal. Sie legte keinen Wert mehr auf ihr Äußeres. Nur noch wenig war von der gepflegten Frau, die an jenem Morgen so fröhlich den Sonnenschein begrüßt hatte, übriggeblieben.
Aus der emsigen Ehefrau und Mutter, deren Tage mit allerlei Verpflichtungen, die ein gut geführter Haushalt mit sich bringt, ausgefüllt waren, war eine einsame, innerlich leere Frau geworden. Ihre Gedanken befanden sich meist in der Vergangenheit und innerlich sträubte sie sich das Geschehene als Wahrheit zu akzeptieren. Immer noch hoffte sie, in einem bösen Traum gefangen zu sein, aus dem es für sie niemals ein Erwachen geben würde.
Es war gut, dass Ina niemand auf ihrem Spaziergang begegnete. Man hätte sich bestimmt gewundert, dass ein Mensch mit Tränen auf den Wangen, inmitten dieser herrlichen in allen Farben des Herbstes schillernden Natur die Wege entlang schritt.
Ina bemerkte diese Tränen nicht mehr. Sie hatte in den letzten Monaten soviel geweint, dass Tränen schon fast zu ihrem Leben gehörten. Selten kam es vor, dass sie nicht mit rotgeweinten Augen umherging. Und immer wieder geschah es, das sie aus nichtigen Anlässen heraus in Weinkrämpfe ausbrach und sich nur sehr schwer beruhigen konnte.
Viele ihrer ehemaligen Freunde und Bekannten hielten sie für wehleidig, manche sogar für hysterisch. Man wandte sich von ihr ab, wollte nicht mit ihrem Schmerz konfrontiert werden. Andere sprachen sie offen darauf an, stellten an sie die Forderung, sich endlich mit ihrem Schicksal abzufinden und in die Normalität zurückzukehren. Doch, was war für sie noch normal?
Konnte den niemand nachempfinden, wie es in ihrem Inneren aussah? Was wussten denn diese klugen Sprücheklopfer, die mit einem banalen: »Das Leben geht weiter«, alle Gefühle zur Seite schieben wollten, wirklich von ihrem tiefen Schmerz? Was wussten sie schon von der inneren Leere, die sie seit jenem Tag verspürte; von der Einsamkeit, die sie seit Monaten umgab, und die auch nicht durch die gelegentlichen Besuche ihrer Kinder vertrieben werden konnte?
Nichts! Rein gar nichts!
Ina lief immer weiter und achtete nicht auf ihre Umgebung. Sie bemerkte nicht, dass die Sonne unterging, die Wärme der Kühle und einer langsam einsetzenden Dämmerung wich. Über den kleinen Seen bildeten sich milchig-weiße Schleier, die sich langsam auf die Wiesen ausdehnten, allem einen unwirklichen, mystischen Hauch gaben.
Sie war mit ihren Gedanken weit fort und dachte an die Jahre, die hinter ihr lagen. Es war eine Zeit des Lachens und der Liebe gewesen, in der sie anstehende Aufgaben mit Lebenslust und -freude erledigt hatte immer in der Gewissheit, in ihrer Familie einen sicheren, ruhigen Hort zu haben einen Ruhepunkt voller Harmonie und Liebe. All das hatte sie innerhalb weniger Sekunden verloren. Drei Worte hatten alles ausgelöscht: Er ist tot!!!
Seit jenem Augenblick hallten diese Worte immer und immer wieder in ihrem Kopf. Sie waren da, wenn sie morgens nach unruhigem Schlaf die Augen aufschlug, wenn sie notgedrungen ihre Hausarbeit erledigte und verließen sie auch nicht, wenn sie sich abends erschöpft und ausgelaugt in ihr Bett legte. Auch jetzt, inmitten der Rheinauen, waren sie zugegen und erhielten durch die Umgebung noch zusätzliches Gewicht.
Hier, in der freien Natur, hatte ihr das Schicksal den Mittelpunkt des Lebens genommen ohne Vorwarnung, ohne die geringste Chance auf Abwendung des Unvermeidbaren. Hart und unbarmherzig hatte es zum Schlag gegen sie ausgeholt und ihr bisheriges Leben mit einem Streich vernichtet.
Inas Fuß stieß gegen einen größeren Stein.
Sie blieb stehen und hob, wie aus einem Traum erwachend, den Kopf. Erstaunt schaute sie sich um.
Längst hatte die Dämmerung die Rheinauen überzogen. Am immer dunkler werdenden Himmel begannen die ersten Sterne zu leuchten. Der weiße Nebelschleier über Wiesen und Seen hatte sich verdichtet, sah aus wie ein riesiges Federbett, unter der sich die Natur zur Ruhe begab. Aus einem nahen Brombeergebüsch ertönte der melodische Gesang einer Nachtigall, in den eine weitere in der Nähe einstimmte.
Ina erschauderte.

...wie geht es weiter?


Schicksalsperlen



Blätter fallen Tränen gleich
von den Bäumen der Sehnsucht.
Im verwelkenden Laub suche ich
nach dem verlorengegangenen Traum:
unserer Liebe!

In den kahlen Ästen
hängen spinnwebenzart,
Erinnerungen an Stunden mit dir,
überzogen mit gefrorenen Reiftropfen:
der Wehmut!

Der bleiche Schein
einer kraftlosen Herbstsonne,
spiegelt den letzten Versuch wider,
aus matten Augen Spuren zu tilgen:
der Trauer!

Der Abschiedswind
weht ungezähmt über die
abgeernteten Felder gemeinsamen Lebens,
verwischt auch noch die letzten Spuren:
unseres Glücks!

In der frostigen Einsamkeit
eines müden, verwundeten Herzens,
bilden sich Blutstropfen, rubinengleich,
zu gefrorenen Perlen:
des Schicksals!




Sehnsucht nach Frieden




Der Schmerz in ihr saß tief tief in ihrem Herzen und in ihrer Seele!
Mal war er nur schwach zu spüren wie ein leichtes Zie-hen, dann aber wieder stark und mächtig wie ein Sturm, der über sie hinweg brauste, alles in ihr aufwühlte und dafür sorgte, dass sie fast unter der Wucht seiner Stärke zusammenbrach. Doch sie kämpfte immer wieder gegen ihn an, denn sie wollte diesem Schmerz nicht erliegen. Und für einige Zeit gelang es ihr auch.
Sie führte ein erfülltes, bewegtes, fast schmerzfreies Le-ben. Nur manchmal, in wenigen Augenblicken der inne-ren Schwäche, war der Schmerz wieder fühlbar. In diesen Momenten besaß sie ein Gegenmittel, welches ihn schnell wieder vertrieb die Liebe eines Menschen, der ihr zugetan war, an ihrer Seite stand und die Schatten der Vergangenheit erfolgreich bekämpfte.
Aber, aus einer Laune heraus, nahm das Schicksal ihr diesen Menschen. Der Schmerz kam zurück mächtiger und kraftvoller als jemals zuvor!!!
Und sie, jetzt einsam und verlassen, hatte dem nichts mehr entgegenzusetzen. Sie, die immer bereit war, den Kampf des Lebens zu bestehen, hatte all' ihre Kraft verlo-ren. Jetzt war sie müde, ausgehöhlt und leer.
Ich stelle hier einige Sätze um, damit nicht so viele Sätze mit „Sie“ anfangen.
Nun sehnte sie sich nur noch nach Ruhe und Frieden. Nach innerem Frieden!
Doch er blieb ihr verwehrt.
.Ob sie wollte oder nicht, sie musste das Leben ihr Le-ben meistern; musste wichtige Aufgaben erfüllen und ihren Pflichten nachkommen, so schwer es ihr auch fiel.
Alles in ihr wehrte sich dagegen.
Da begehrte sie auf, weil sie nicht in purer Pflichterfül-lung ihr Dasein fristen wollte.
Verzweifelt suchte sie nach Lösungen, meinte den er-sehnten Ausweg gefunden zu haben flüchtete sich in eine Märchenwelt, in der es keine Schmerzen und keine Tränen gab.
Dort suchte sie nach Wärme, Herzlichkeit, Verständnis und ihren verlorengegangenen Kräften zum Leben.
Doch ihre Flucht scheiterte!
Vor ihrem Schicksal konnte sie nicht davonlaufen.
Sie resignierte und gab den Kampf auf!
In ihr machte sich eine tiefe Einsamkeit breit, füllte ihr ganzes Sein aus und verschlang jedes Gefühl von Güte und Wärme zu sich selbst.
Eine eisige Kälte breitete sich in ihrem Inneren aus.
Ihr Herz erstarrte zu Eis!
Dabei nahm es ihre zarte Seele gefangen und lag wie ein großer Stein in ihrer Brust.
Aus ihren Augen wichen Glanz und Wärme und sie wur-den matt.
Ihre Tränen versiegten und nie wieder sah ein Mensch sie weinen.
Aber, weil sie den Menschen gleichgültig war, bemerkte niemand diese Veränderungen, die in ihr vorgingen.
Ein jeder ging davon aus, dass sie endlich ihre Trauer überwunden und wieder vernünftig geworden war, ihre Pflichten und Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit aller erfüllen würde.
Und sie machte ihre Sache gut vielleicht zu gut!
Lächelnd und scherzend ging sie durch die Welt.
Ihren Pflichten kam sie sorgfältig nach und löste sämtli-che Aufgaben, die man ihr stellte.
Immer gab sie ihr Bestes zum Wohle der anderen und klagte nie.
Jedoch in ihrem eisigen Herzen schrie eine gequälte, ge-fangene Seele immer wieder gepeinigt auf, verlangte nach Freiheit und Frieden.
Zwar versuchte sie diesen Ruf zu ignorieren, zu verdrän-gen und nicht wahrzunehmen, aber manchmal, in stillen Abendstunden, konnte sie diese Rufe nicht mehr überhö-ren.
Sie klangen laut wie ein Donnerhall in ihr und waren nicht mehr zum Schweigen zu bringen. Dann schaute sie sehnsüchtig zum Sternenhimmel empor, dachte an die glücklichen Stunden voller Wärme und Herzlichkeit, die sie erleben durfte und an die Zeit ohne Schmerz und Pein.
Dabei leuchteten verlockend die Sterne im samtenen Dunkel der Nacht, verhießen ihr Ruhe und Frieden den Frieden, nach dem sie sich so sehnte. Aber pflichtbe-wusst, wie sie nun mal war, dachte sie auch an die uner-füllten Aufgaben, welche noch vor ihr lagen.
Diese letzten Aufgaben und Pflichten musste sie noch erfüllen, durfte davor nicht zurückschrecken und sich nicht davor drücken.
Doch dann es war wie eine liebevolle Verheißung an ihre gequälte Seele durfte sie den verlockenden Ruf der Sterne folgen.
Alles Irdische würde sie abstreifen und sich hinauf-schwingen in die samtene Dunkelheit.
Und im strahlenden Glanz der Sterne würde das Eis um ihre Seele tauen, sie freigeben und ihr den alles umfas-senden Frieden schenken.



Warum nur?




Warum
wärmt die warme Frühlingssonne nicht mein kaltes Herz,
hält noch immer mich umfangen dieser tiefe Schmerz?
Warum
kann ich nicht dem heiteren Gesang der Vögel lauschen,
nicht endlich die Wehmut gegen Frohsinn eintauschen?
Warum
kann ich nicht wieder so wie einst leben, lieben, lachen,
nicht all’ die frohen, heiteren Dinge des Lebens machen?
Warum
finde ich nicht heraus aus dieser kalten, tiefen Dunkelheit,
versinke ich immer mehr in selbstgewählte Einsamkeit?

Warum???

Ich finde auf meine Fragen keine Antworten mehr –
denn in meinem Herzen ist es dunkel, einsam und leer!
Verschwunden sind die Träume von Zukunft und Glück,
Resignation, Schwermut kehrten dafür zu mir zurück!
Verzweifelt suche ich den Weg aus der Dunkelheit ins Licht,
doch so sehr ich mich auch bemühe – ich finde ihn nicht!
Ich wünschte, ich könnte endlich meinen Frieden finden,
meine Gedanken abstellen und in das Vergessen sinken!
Nie wieder Schmerzen, Tränen, Enttäuschung und Leid,
nur noch Ruhe und Frieden Vergessenheit!



Morgen




Gefühle der Sehnsucht,
welche tief in mir verborgen,
wie die Hoffnung auf Glück,
immer wieder verschoben auf morgen.

Morgen gibt es einen Arm,
der mich umfängt,
gibt es Worte der Liebe,
ein Herz, das an mich denkt.

Morgen zaubert das Glück
ein Lächeln auf meinem Gesicht,
morgen sagt jemand vielleicht:
Ich liebe dich!

Morgen warte ich weiter,
das Lächeln auf meinem Gesicht
wirkt heiter.




Ich gebe nicht auf!


Träume zerbrochen in einem Augenblick
und was war, kehrte nie wieder zurück.
Doch, auch wenn es mich fast zerbrach,
ich vor Verzweiflung im Staube lag:
Ich gab nie auf!

Stunden voll Tränen und voller Leid,
Tage und Nächte voller Einsamkeit,
Gedanken, die im Kreis sich drehten,
Todessehnsüchte die mich quälten:
Ich gab nie auf!

Versuche ein neues Leben zu beginnen,
Vergangenes mit Neuem zu verbinden,
Träume, die wie Seifenblasen zerplatzten,
Rückschläge, die an meinem Ego kratzten:
Ich gab nie auf!

Was die Zukunft in sich verborgen hält,
wie sich auch entwickelt, unsere Welt.
Ich werde meinen Weg durchs Leben gehen,
und irgendwann den tiefen Sinn darin sehen:
Ich gebe nicht auf!

Ich gebe mich nicht auf!


Freundschaftsband


Als zwei fremde Blicke sich trafen,
ein unsichtbares, festes Band entstand,
gewebt aus den feinen, zarten Fäden
von Vertrauen, Verständnis und Toleranz.

Fremde, vom Zufall zusammengeführt,
zwei Seelen, die sich ganz sanft berührt.
Vertrautheit ohne einander nie gekannt,
der Beginn einer tiefen Freundschaft:
verbunden durch der Freundschaft Band


Zwei Worte nur




Der Vollmond stand milchigweiß, einem runden Stein gleich, am dunklen Nachthimmel.
Obwohl keinerlei Wolken zu sehen waren, kam das Licht der Sterne nicht richtig durch.
Es war, als ob sich der Himmel in dünne Schleier gehüllt hatte, welche das Strahlen der Sterne dämpfte oder ganz verdeckte.
Eine seltsame Stimmung lag über der Gegend, als ob die Welt sich in sich selbst zurückgezogen hatte, um sich vor den Gefühlen der Menschen zu schützen.
Am Rande der Autobahn standen auf dem Parkplatz zahl-reiche Lastkraftwagen ordnungsgemäß nebeneinander geparkt.
In vielen von ihnen waren die Gardinen zugezogen.
Die Fahrer hatten sich zum wohlverdienten Schlaf nie-dergelegt, sammelten Kräfte für die Weiterfahrt, welche am frühen Morgen beginnen sollte.
In einigen Fahrerkabinen aber sah man noch Licht. Die Fenster waren geöffnet, um die frische Nachtluft herein-zulassen. Bei den meisten von ihnen sah man das Flim-mern eines Fernsehers. Für die Fahrer die einzige Ab-wechslung nach langer Tour.
Langsam, mit abgeblendeten Scheinwerfern, fuhr ein PKW die Reihe der geparkten Fahrzeuge ab.
Er bog auf den PKW-Parkplatz ein und kam in einer dunklen, etwas abseits gelegenen Parkbucht zum Stehen.
Das leise Geräusch des Motors erstarb und die Lichter am Fahrzeug erloschen.
Langsam öffnete sich die Fahrertür und mit einer müden Bewegung schob sich eine Frau aus dem Fahrzeug.
Sie streckte sich kurz und sah zu den geparkten LKWs hinüber.
Sie schob sich einige vorwitzigen Haarsträhnen aus dem Gesicht.
Fröstelnd zog sie die Schultern hoch und knöpfte ihre Jacke zu.
Ihrer Haltung sah man an, wie erschöpft sie war.
Trotz der Nachtkühle lehnte sie sich an ihr Auto und zündete mit langsamen Bewegungen eine Zigarette an.
Nachdenklich schaute sie zum Himmel empor. Über ihr Gesicht rannen Tränen der Enttäuschung und des Schmerzes.
Fast sechs Stunden Autofahrt lagen hinter ihr. Über 500 Kilometer war sie ohne Unterbrechung gefahren. Es war eine Fahrt gewesen, die all' ihr Können gefordert und ihr alle Begleiterscheinungen der heutigen, schnelllebigen Zeit beschert hatte: endlose Staus, Drängler auf der Fahr-bahn denen sie nicht schnell genug die Fahrspur frei-gemacht hatte riskante Überholmanöver und derglei-chen. Durch mehrere Staus war sie zwar später ange-kommen als geplant, aber sie hatte die lange Reise be-wältigt und ihr Ziel unbeschadet erreicht.
Und wozu? Nur um mit zwei Worten abgespeist zu wer-den?
Zwei Worte, die vielleicht das Ende einer schönen Freundschaft bedeuteten. Zwei Worte, die sich tief und schmerzvoll in ihr Herz eingebrannt hatten. Nie wieder würde sie diese Worte vergessen!
Dabei hatte sie es nur gut gemeint.
....was hatte sie gut gemeint?


Komm zu mir




Komm zu mir, mein Freund,
dein Herz ist schwer und voller Sorgen,
die Probleme wachsen über deinen Kopf,
findest deinen eigenen Weg nicht mehr?

Komm zu mir, mein Freund,
gemeinsam teilen wir die Sorgen,
finden Lösungen für viele Probleme,
suchen den rechten Weg für dich.

Komm zu mir, mein Freund,
lege deinen Kopf an meine Schulter,
lausche dem Herzschlag der Freundschaft,
vertraue auf die Kraft, die in ihr wohnt.



Sehnsuchtsfeuer




Sanft glühend
In der Hoffnung auf Liebe
***
Neu entfacht
In dem Glauben an Liebe
***
Hell auflodernd
In dem Wissen um Liebe
****
Nie verlöschend
Aus Sehnsucht nach Liebe





Lachen




Meine Liebe
trage ich im Herzen.

Meine Sehnsucht
bleibt in mir verborgen.

Meine Träume
sende ich zu den Sternen.

Meine Tränen
trocknet der Morgenwind.

Mein Lachen
zeige ich der ganzen Welt.




Der Morgen danach




Sie schaute in den großen Spiegel und was sie dort sah, erschreckte sie.
Eine müde, alternde Frau mit tiefen dunklen Schatten unter den Augen blickte ihr entgegen.
Die Haare lagen, notdürftig gekämmt, um ihren Kopf, hatten einen Teil ihrer Spannkraft verloren, wirkten fettig und strähnig.
Um ihre Augen traten deutlich feine Fältchen zutage und ihre Mundwinkel hingen herunter, zeugten von der Re-signation, die sie in diesen Momenten umfasst hielt.
Ihre sonst strahlenden Augen blickten matt und müde. Sogar ihre Körperhaltung hatte sich verändert. Kraftlos hingen unter der leicht zerknitterten Bluse die Schultern herab und der Rücken war gebeugt wie unter einer schweren Last. Die Arme hingen schwunglos herab und ihre Hände öffneten und schlossen sich immer wieder in einer hilflosen Geste.
Nur allzu deutlich traten die Spuren der wild durchlebten Nacht zu Tage.
Erst vor wenigen Minuten war sie, im Licht der Morgen-sonne, nach Hause gekommen. Sie hatte sich ins Haus geschlichen, damit niemand es merken konnte, dass sie die Nacht außerhalb verbracht hatte. Ihre nächtliche Es-kapade sollte unbemerkt bleiben.
Vor dem Spiegel begann sie mit einer müden Geste sich auszukleiden. Als sie ihre Bluse abgestreift hatte, fielen ihr zwei rote Flecken ins Auge. Sie befanden sich ober-halb des Brustansatzes und leuchteten wie ein Fanal der Lust und Leidenschaft auf ihrer sonst blassen Haut.
Sie seufzte auf und trat näher an den Spiegel heran. For-schend betrachtete sie ihren Körper und hoffte, nicht noch mehr Spuren vorzufinden.
Nein, nur diese zwei Rötungen und ihr müder Körper zeugten davon, dass sie die Nacht voll zügelloser Leiden-schaft in den Armen eines Mannes verbracht hatte. Er-leichtert atmete sie auf. Sie wandte sich vom Spiegel ab und ging ins Badezimmer, um zu duschen.
Verzweifelt ließ sie den reinigenden Strahl des heißen Wassers auf ihren Körper prasseln. Sie wollte den Ge-ruch des Mannes, die Erinnerungen an diese Nacht von sich abwaschen und fortspülen. Aber es wollte ihr nicht gelingen.
Immer wieder tauchten Szenen, Bilder und erlebte Ge-fühle in ihr auf. Sie hatte sich einfach in die Arme des Mannes fallen lassen und sich einer zügellosen Leiden-schaft hingegeben, die ihr fremd und unbekannt war.


In der Nacht




In der Nacht,
wenn die Lichter verlöschen,
spüre ich die Sehnsucht nach dir,
in meinem Herzen.

In der Nacht,
darf ich in meinen Träumen,
dir sagen, was ich für dich empfinde,
in meinem Herzen.

In der Nacht,
siegt Liebe über Vernunft,
lässt alle Zweifel verstummen,
in meinem Herzen.

In der Nacht,
fühle ich mich nicht mehr allein,
darf in Gedanken bei dir sein,
mit meinem Herzen.


Das waren Auschnitte aus dem Buch "Sehnsuchstfeuer".


Kurz-Vita Marlies Woywod


Marlies Woywod, geb. 10.Mai 1956 am Rande des Ruhrgebietes, Mutter von drei Kindern,
verwitwet, als Verkäuferin im Einzelhandel tätig. In ihrer Freizeit schreibt sie Gedichte, Kurzgeschichten und an einem Science-Fiction Roman
Ihre Gedichte und Kurzgeschichten veröffentlichte sie meist im Internet auf der Lyrikecke unter dem Nicknamen „ Firelady“ und erzielt dort eine sehr gute Resonanz auf ihre Beiträge.
September 2008 erschien das Buch „ Sehnsuchtsfeuer“ Gedichte und Kurzgeschichten von Marlies Woywod.
Weitere Veröffentlichungen ihrer Gedichte erschienen November 2008 in zwei Anthologien.
Für März und April 2009 sind weitere Buchveröffentlichungen geplant.


Impressum

Texte: Text & Inhalt Marlies Woywod Covergestaltung Uwe Czseskleba ISBN: 978-3-939822-31-8
Tag der Veröffentlichung: 22.10.2008

Alle Rechte vorbehalten

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