Cover

Inhalt:

Der Kranich
Die Asche
Ein Buddah lächelt
Drachenhahn
Idylle täuscht


Der Kranich




Glück soll er bringen
und langes Leben
wer ihn faltet
ORIGAMI, tausendmal
hat einen Wunsch frei
vor den Göttern


Laut hör ich die Wünsche zum Himmel steigen, tausendfach: nach dem Beben der Erde, der Flut und dem nuklearen Schrecken
Die Katastrophe von Hirohima und Nagasaki ist nicht vergessen, und Tschernobyl ganz nah, die Folgen längst nicht ermessen.
Vor Katastrophen schützen Wünsche wohl nicht.







Die Asche?




wo wird sie hin getragen
wo versenkt
Wer zähmt den hitzigen Drachen?
Welcher Gott wird sie empfangen?


Was die Natur an Schrecken bietet, wird weit übertroffen vom Versuch des Menschen, den Göttern gleich zu sein. Sieht er nicht, wie klein er ist? Ein Rädchen nur im großen Spiel aus Raum und Zeit.







Ein Buddah lächelt




In den steinernen Händen trägt er Blüten
der junge Frühling brachte sie hervor
Nun trübt die Sonne
ein Schleier aus Angst
Zum Himmel erhoben der Blick
Lässt Gleichmut die Dinge geschehen


Mit euch vernetzt sind wir, Brüder und Schwestern aus Japan, vernetzt über Wasser und Luft und über die Seele







Drachenhahn




Krähst du fröhlich heute den Morgen ein?
Oder läutest du dem neuen Bewusstsein heim
das wir brauchen, um zu überleben
Kraft liegt in dem Schuppenpanzer
Ein Drachen hält die Welt zusammen,
seien wir vorsichtig mit ihm
und reizen ihn nicht



Wenn wir alle uns in Frieden rüsten, die Hand einander reichen werden uns die Schuppen von den Augen fallen, werden wir erfassen und begreifen, was wirklich wichtig ist. Sehend werden wir die Zukunft gestalten.
Wenn wir uns in Demut kleiden und der Erde zu Füßen liegen, sind wir Diener und Herr, die drachenstark gemeinsam aus der Fülle schöpfen.








Idylle täuscht




Die Natur lässt sich nicht stören hier
es blüht weiter im japanischen Garten
und anderswo
der Frühling ist längst eingeläutet
Tröstend, das junge Grün und die vielen Pastell
weiß, rosa und gelb
doch die Stimme, die im Untergrund warnt
lässt sich nicht belügen
die Erde braucht uns Menschen nicht
wir aber die Erde


Etwas war über ihren vergessenen Körper gelaufen. Eine zarte, ja geradezu flüchtige Berührung kitzelte sie. Was war das?
Mutter Gaja erwachte.
Vorsichtig öffnete sie die verklebten Augen. Das Licht traf sie wie eine Keule. Schnell schloss sie wieder die Augen. Aber langsam genug, um noch zu sehen, dass da gerade eine Frau mit zwei Kindern aus ihrem Blinkwinkel flüchtete.
Während sich Gaja ihres Körpers erinnerte und die eigene Haut als eine dicke, lederne Hülle spürte, begann sie sich aufzusetzen. Der Körper war aufgedunsen und steif. In den Gelenken knirschte es, so als seien darin ineinander greifende Zahnräder, die lange nicht geschmiert zu verrosten begannen.
Vorsichtig drehte sie den Kopf hin und her, schüttelte schließlich die langen, verfilzten Haare. Die Haut kribbelte. Gaja sah an sich hinunter, registrierte die vielen kleinen Stichwunden, deren Oberfläche nun verkrustet war.







Impressum

Texte: Text, Cover& Bilder: Angelika Röhrig Die verwendeten Fotos entstanden am 26.3.2011 im Japanischen Garten Leverkusen
Tag der Veröffentlichung: 27.03.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
für Japan

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