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der traum hielt mich noch in wilder umarmung
befangen öffneten sich die augen
beim ersten amselruf
bemüht, den tag zu besiegen
der mit tränen begann
und zu meistern war
um wieder boden unter den füßen zu finden
und halt
im garten blüht schon der pflaumenbaum
und seine blätter fallen
wie schnee in den jungen tag


da war im traum ein ferner gott
dem ich mein herz zu füßen legte
und blut, so rot
ließ rosenblüten wachsen
im heißen sand der wüstenzone

es lief ein dornig zittern über meine haut
und winde hatten freies spiel
im atemzug der ewigkeit
wenn raum und zeit und klang
noch ungetrennte dinge sind


und immer sind da diese weiten
die zu überbrücken nur ein traum vermag
wenn ich mit meinem wolkenschiff an dir vorbei ziehe
wirst du mich sehen?
wirst du meinen traum ergreifen, wie ein seil
das verbindung schafft für einen augenblick
wissend, dass nur dieser moment
einer insel gleich im lebensozean der zeit
diese besonderen früchte zu tragen vermag


der traum sprach seine eigene sprache
und schenkte bilder voller farbe
langsam schälte sich ein bild heraus
ein mensch - nicht frau, noch mann
mit einem dritten auge auf der stirn
ein wesen, dessen namen ich nur ahnte
trug einen kranz aus rosen
im silbergrauen haar
der mund spricht stumm
ich fülle ihn mit worten
die über seine lippen rieseln
wie blüten aus dem apfelbaum
der tausend jahre schon
vergessen steht im heiligen hain


es tut noch weh




der schmerz staut sich am rande der nacht
und in die träume stielt sich bittersüß
ein hauch von überreifen früchten
wo doch der sommer fern sein spiel
mit blüten in den heckennischen treibt
und grüner klee nur kleinen wesen schatten gibt

ein wolkenengel trägt mich fort
in apfelblütenschäume
fern vom meer die amsel klagt
die nacht vergeht im morgenglühen
in meine händen bettet sich der traum


als ich einst träumte
in einer anderen nacht
erzähltest du mir von den farben
die in alten gärten zu blumen werden
eine bunte offenbarung hinter maigrünen hecken
und ich frage mich, was ich dir antworten soll
in dein unschuldiges herz
das nicht von schmerz und trauer weiß

sieh diesen knorrigen baum
eine alte olive - allein und übrig geblieben
aus visionen vom heiligen hain wuchs sie empor
sie webt die schatten in dein licht
und gibt dem leben tiefe


wir schaffen inseln aus licht
kleine oasen zwischen wüstengebirgen
sinnlicher früchte magischer raum
fruchtbarer sprache landschaft und gärten
sätze, wie burgen und schlösser auf hohen bergen
mit zimbelklang und schamanischen trommeln
worte gedüngt mit silbengold
weben geheimnisse
hinter hecken im schatten
mondsilber spinnt sich zwischen die zweige
und fern das lied vom meer
wellen die aufnehmen, leiten
wie der feuchte schoß einer rätselhaften göttin


Im Traum nahmst du meine Hand, drehtest sie langsam und vorsichtig um. Unendlich sanft streiften deine Lippen meine Handinnenfläche. Da war Hingabe an diesen Moment, der sich in die Unendlichkeit dehnte, bevor dein Blick sich hob und den meinen traf. Auf deine Stimme war ich nicht gefasst. Sie traf das Ohr, und eine Seite in mir vibrierte, die ich bisher nicht gekannt hatte.
Eine Sensation, die mich fast wanken ließ. Aber ich war stolz und willensstark, und so straffte ich meine Schultern, richtete mich auf, bog mich gerade, füllte mich mit Präsenz und widerstand dem Reiz deiner veilchenblauen Augen.

Ich baute eine innere Mauer, hinter der ich mich versteckte und weinte.




Sie lag noch wach. Ihre üppige Rubensfigur hatte sich bequem zwischen Leinentüchern ausgestreckt. Ihr Bett war breit. Viele bunte Kissen zierten die Seiten. Wie gut es war, bei dieser Hitze das Laken mit niemanden teilen zu müssen. Obwohl sie sich sonst häufig darüber grämte, so ganz allein zu sein. Über allem lag der kühlende Duft von Lavendel.
Warum nur wollte der Schlaf nicht kommen? Ein Traum der letzten Nacht drängte sich gierig in ihre Gedanken. Sie ließ sich in Besitz nehmen und spürte zu ihrem Erstaunen, wie die lippen sich zu einem Lächeln öffneten und auch ihr Schoß, der vernachlässigte, sich entspannte und freigab für dieses zärtliche Pulsieren, das ein Glücksgefühl begleitete. Der Kräuterduft mischte sich mit dem Rosenbalsam, dass sie fürsorglich in die weiche Haut ihres Körpers einmassiert hatte. Und schon marschierten Erinnerungen auf, die Augen fielen ihr zu und schon bald hatte sie die Sommernacht in den Schlaf gewiegt.




Ein verlorener Traum



Sie hatte den Traum in ihre Handtasche gepackt, zwischen Federmäppchen, Notizblock und Handy und schließlich den Reißverschluss entschieden und ruppig zu gezogen. Der Traum sollte nicht verloren gehen, sie für diesen Moment aber auch nicht weiter belästigen.
Sie fragte sich gerade, ob der Duft ihres Lieblingsparfums auf ihn abfärben würde?
Vielleicht hätte sie ihn besser doch gleich ins Notizbuch genagelt, denn so weggeschlossen und abgelegt, wollte er sich partout nicht erinnern lassen. Nur im Inneren der schwarzen Tasche aus weichem Leder tobte der Traum zwischen tausend Dingen mit Papiertüchern und einem roten Lippenstift, dem die Kappe entwichen war, um seinen Platz.
Einstweilen dachte die Frau an andere Dinge. Träume sind letztlich nur Schäume.
Woher aber kamen nur die nadelfeinen Dornen, die in ihre Gedanken pieksten, als sei da eine unsichtbare Hecke, die sie zu durchdringen hätte?




im traum




komm, wir gehen in den garten!
und betten uns im weichen moos
die köpfe beieinander schauen wir uns an
- auf augenhöhe -
staunen über jede falte, jede runzel
und das haar auf meinem kinn.
ein zauberhaar, so seidig glatt
und hexenseil ganz fest und stark
du glaubst es nicht?

der bäume zweige über uns
in denen noch der sommer lächelt
summen ihre leisen lieder
es streift ein gelbes blatt die haut
die bloß ist und so nackt
der wind verzwirbelt unsere haare

auf dem rücken einer amsel
fliegen wir hinauf ins nest
es ist ganz weich gepolstert
flaumdfedern kitzeln unsere zehen
wir lachen, bis uns flügel wachsen
und fliegen weiter über alle horizonte

wie kann der himmel nur so blau sein,
dass unsere seelen sich verlieren
eine herz und eine seele nur
fern von hier im träumeland.




Der Morgen, aus den Fängen der Nacht entwichen, legte Nebelschleier über sein Licht. Regentropfen hingen in den Dornen der Rosen, die aufblitzten kurz, wenn der Schleier sich hob.
Wie die Dornen aus dem nächtlichen Traum, an denen die Gedanken hängenblieben.
Ein spitzer Schmerz, der kaum lokalisiert schon vorüber war und einen Geschmack von Bitter-Süß auf den Lippen, der Zunge, im Gaumen zurückließen.
Wenn die Traumschleier sich lichten, wird der Mund klare Worte ausspucken.




Der vergessene Traum regte sich in der Hosentasche, in die der Träumer ihn am Morgen gesteckt hatte.
Es gefiel ihm gar nicht, so verborgen und eingequetscht zu werden. Ja, es war geradezu eine Frechheit, schimpfte er bei sich, ihn so zu ignorieren. Wer war er denn, dass man ihn behandelte, als sei er ein Kaugummipapierchen, für dass man keinen Abfalleimer gefunden hatte?
Ganz kribbelig wurde der Traum, und so begann er durch den Stoff der Hose ein bisschen zu pieksen.

Der Träumer war mit anderen Dingen beschäftigt, Gerade suchte er in der großen Stadt einen Parkplatz für sein Auto. Sieben Runden um die Altstadt hatte er bereits im Schneckentempo gedreht. Ohne Erfolg. Er schaute auf die Uhr und fluchte laut. Er würde zu spät zum Termin erscheinen. Im Geist sah er schon das Gesicht seines Chefs vor sich und dessen missbilligenden Blick.

Der vergessene Traum piekste nun ein bisschen mehr, um zum Träumer vorzudringen.
Aber der war viel zu laut mit seinen zornigen Gedanken beschäftigt.

Der Traum gab auf und legte sich nicht ohne Schadenfreude gemütlich zurück. Ach hätte der Träumer doch nur auf ihn und seine Botschaft gehört. Dann wäre er nicht mit dem Auto sondern mit der Bahn zur Arbeit. Eine menge Ärger wäre ihm erspart geblieben.




Der Mann, der wie ein Buddah saß


ewiger Kreislauf




der mann
der wie ein buddah sitzt
und dem ein fluss aus seinen händen sprudelt
sein kranz aus früchten lebt
verwächst mit haar und bart
er flüstert mit dem wind ein lied
die töne perlen mit dem strom
der sich zum meer hin schlängelt
dort, wo ein blauer fisch mäandert
der töne atmet durch die kiemen
er trägt sie fort zum fernen horizont
wo er sich aus dem wasser hebt
und als vogel durch die lüfte segelt
er trägt das lied zur insel
und legt es in die dünen
bis alles singt im großen chor
im kranz, der lebt
und auf des mannes kopf sich windet


abgenabelt




dem früchtekranz
vom kopf des mannes
der wie ein buddah sitzt
entfliegt mit gras im schnabel
ein zarter, kleiner vogel
und blau wie hoffnung
glänzen federn

flieg, flinker vogel
nimm streu und samen mit
wenn du in fernen hecken
dein neues nest gewoben
dann sing das große farbenlied
vom wind der dich durch welten trägt
und zärtlich dein gefieder zaust



was kommt und geht




das farbenlied
singt nun der herbst
und in den nestern ist es still
der mann, der wie ein buddah sitzt
in seinen augen glänzt die ewigkeit

die nacht wirkt über trocken blättern
ein knistern, rascheln und zerbröseln
es neigt das jahr sein haupt
im früchtekranz des sommers
und wispert mit den staren


Impressum

Texte: Bild und Text: Angelika Röhrig
Tag der Veröffentlichung: 20.10.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für alle, die ihre Träume lieben und zu schätzen wissen.

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