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INHALTSVERZEICHNIS


7 Nun öffne deine Schleier, Weide...
10 Spinnweben, wassernah
12 Am grünen Fluss
14 An der Urft in der Eifel
16 Zwischendurch notiert
21 (Un)gereimte Weidenballade
28 Zwischendurch notiert 2
30 Es schwimmt im Grün...
32 Flussgeschichte 1
34 Flussgeschichte 2
36 blass und vereist
38 Was ist Lust fragt das Sandkorn den Strand
40 Vergissmeinnicht
42 Augenblickgedanken
44 Abendfantasie am Wasser
46 Zeitzeichen
48 Es klagt der Wind ein altes Lied
50 Gesichte





Nun öffne deine Schleier, Weide
und lass im lichten Grün
mich Wasser fließen sehn
und Glanz in Augen
Wolken schauen
es spiegelt Seele, Seidengras
und zwischen fischerblühten Kreisen
lässt Zeit ihr Antlitz träumen
verborgen hinter Blätterranken
vergess ich alles, selbstvergessen





SPINNWEBEN, WASSERNAH


Ach Spinnchen mein
du webst so fein
dein Netz aus Seide
ist mit Augenweide

versilberte Perlen
tauen Lcht ins Gespinst
der Wasserfloh grinst
wenn Sonnen strahlen

doch hast du bedacht
dass der Wind ganz sacht
das Filigran zerweht
wenn er heute geht?





Am grünen Fluss unter den Weiden dämmert es schon
eine Maid
biegsam und zart wie die bäumernen Schwestern am Inselstrand
sitzt auf dem Stein, still und versunken
und lauscht dem hypnotischen Wassergesang
letztes Licht vergoldet ihr Kringelhaar
glitzernde Funken reiten auf Wellen
und sie greift nach den Zügeln, die Maid
trabt und stiebt davon mit Wasser und Wind hinaus und über den Ozean in ein fernes Land dorthin, wo der Liebste für immer ruht
dort, wo in Samarkand die Totenstadt ruft
unter blauornamental gefliesten Kuppeln
und das Morgenland von der Liebe erzählt

Jenseits von dort
wo es schwelt und brennt unter Hitze und reifen Düften,
fallen Tränen gleich Tauperlen
ins fließende Gemach
und schwimmen ins Nichts





AN DER URFT IN DER EIFEL


Es spiegeln Gräser sich im Fluss
so biegsam schlingelnd und bizarr
es kräuseln Wurzeln sich am Grund
wo zwischen Gänsekresse
die Steine ewig träumen
Gedanken laufen kreuz und quer
Sie fallen tief ins Wasser
und gründeln bei den Fischen





ZWISCHENDURCH NOTIERT

Der Fluss, das Fliessen; das Strömen und Rinnen; all das beseelt mich im Augenblick sehr. Ich finde zu Ruhe und Zentrierung darin.

Heute saß ich auf einer Holzbank zwischen Bäumen an einem wunderschönen Ort. Rund um mich herum blühten weiße und gelbe Narzissen in dicken Büscheln, Vergissmeinnicht, Leberblümchen, Blausterne, Schachbrettblumen, Sumpfdotterblumen, Bärlauch dazwischen - und vieles mehr. Zwischendrin fand ich Polster aus winzigkleinen gelben Sternen mit acht bis neun fedrigen Blütenblättern, das Scharbockskraut; natürlich auch Löwenzahn und Gänseblümchen.

Ich sah dem kleinen Fluss Erft beim Spielen zu. Es war am Nachmittag das Sonnenlicht und der blaue Himmel mit seinen Schäfchenwolken spiegelte sich im Wasser. Das Flüsschen floss hier schnell, war ein munterer Geselle. Zufließendes Wasser aus der Uferböschung trieb Schabernack mit den heraneilenden Wellen, die sich brachen und in Spiralen wirbelten.
Und was er alles mitbrachte und verschenkte: ganze Blütenteppiche, Blätter, Stöcke und darüber das wechselnde Licht. Unter meinem Blicken formierte es sich wie die gläsernen Scherben eines Kaleidoskops immer wieder neu. Von einer hölzernen Brücke fiel ein künstliches "Yves-Klein-Blau" ins Wasser und schwamm eine Weile mit.








(UN)GEREIMTE WEIDEN-BALLADE

1. Strophe


Es sprach die junge Weide
zu ihrem grünen Bruder:

"Warum nur neigst du traurig
dein Haupt zum Wasser hin
verborgen hinter Schleiern
tropft tränenreiches Kreisen
ins fließende Gemach
Es spiegelt sich im Fluss
das reiche Algenhaar
und Wind weht liebliche Gesänge
vom braunen Ufer her
doch Bruder bleibt gefangen
mit Herzweh in den fFechten
und seine kleine Schwester
steht still am Inselrand
sie kann ihn nicht erreichen
er bleibt in sich verfangen
und hört die Stimme nicht"


2. Strophe


Es sprach die junge Weide
zu ihrem Vater Wind:

„Wo bleibt mit frischer Brise
dein windbetörtes Lied
es regnet Brudertränen
ins tiefe kühle Grab
du bist heut ganz woanders
umschmeichelst lieber Herzen
von fremder Väter Mädchen
derweil ich ringe ängstlich
bin der Verzweiflung nah
zerrauf mit Blätterfingern
mir Haare, Flechten, Zopf
und bin in heller Not
mein Bruder liegt im Sterben
es finden seine Wurzeln
in dieser Erde keinen Halt"


3. Strophe


Es sprach der Vater Wind
zu seinem Weidenkind:

„Lieb Tochter lass dir sagen
ich will ein Lied dir wagen
bleib dennoch windiger geselle
und wehe nie an einer Stelle
es treibt in meinem Traume
mich weg vom Blattgeraune
mein Sohn, der bleibt mir fremd
mit seiner Wurzel, die ihn hemmt
ich würd ihn gern verstehen
doch lässt er stumm mich gehen
was nützt das Händeringen
kann keine Hilfe bringen
mein Wispern will verstummen
hör nur noch Mücken summen
sprich schnell mit Mutter Welle
sie ist im Kopf doch helle"


4. Strophe


Es sprach die junge Weide
zur weisen Mutter Welle:

„Ach mutter mein, ich bin allein
und sorge mich gar sehr
der Bruder ist so traurig
und findet keinen Halt
die Wurzeln ragen luftwärts
kein grünes Blatt wächst an den Zweigen
sein Herz schlägt nur noch leise
längst meiden Vögel ihn
mein Vater Wind weht kreuz und quer
und treibt zum Sturm die Wolken an
ist selber längst schon durch den Wind
und purzelt Brisenstiebe
ins unsichtbare Blau
was kann ich tun für meinen Baumgefährten
es schmerzt, mitanzusehn
das endlos lange Sterben


5. Strophe


Es sprach zur jungen Weide
die weise Mutter Welle:

„Ach Kind, es ist ein Jammer
mit dieser Schreckenskammer
es wächst ihm eine Seele
im Fluss und auf der Wasserreise
dein Vater bläst zum Sturm
es kippt der Bruder Baum
und stürzt in Mutter Welles Reich
ich bin im Kopf ja helle
und ruf ganz auf die Schnelle
die wilden Schwesterwellen
wir schwemmen ihn ganz sacht
hinaus zu neuen Ufern
dort wird er fest verankern
und schon im neuen jahr
wird grünes Haar
das Wasser küssen“


6. Strophe


Es sang die junge Weide
ein letztes Klagelied:

„Schon träumen meine Blätter
vom Sommersonnenschein
du wirst mir fehlen Bruder
Vertrauter und Gefährte
all meiner Jugend Jahre
nun heißt es abschied nehmen
so fließ mit Mutter Fluss
hinaus zu neuen Zielen
es tropfen meine Tränen
goldgelbes Harz ins weiche Moos
und schick mit einem Lied
den Vater Wind als Boten her
wenn deinen Hafen du gefunden
Ich wünsch dir glück und viele Wurzelkinder
und seh dein lichtes Haar
das Wasser wieder kosen“





ZWISCHENDURCH NOTIERT 2


Ich schenke dir einen Fluss, dachte ich - und es war, als würdest du lächeln und deiner Freude Ausdruck verleihen - oder besser gesagt ich schenke dir ein Gedicht vom Fluss, doch jetzt will mir keins einfallen. Das braucht Zeit. Muss alles erst sacken. Von den Weiden mit ihren biegsamen Zweigen und den koboldhaft beschnittenen Kopfweiden und den ersten blühenden Apfelbäumen will ich jetzt gar nicht erzählen. Ach, all die Enten, Blesshühner und Kanadagänse so munter und frühlingsfroh, und der Fasan, der Reiher und die wilden Kaninchen; selbst die Fische schnappten ab und zu nach Luft.
Mir wurde bewusst, warum wohl schon die Urmenschen Sonnenrädchen und Spiralen gezeichnet, gemalten und in Holz gekerbt hatten; sie folgten immer den Flüssen - wo Wasser rann, war Leben. Sicher beobachteten sie genau, schon wegen der Gefahren. Sie sahen diese Zeichen im fließendem Wasser, lange bevor sie sesshaft wurden.





es schwimmt im Grün die Barke Zeit
sie trägt ein Nichts hinaus zum Meer
und zwischen Werden und Vergehen
spiegelt wasserflirrend Licht
als sei vom Zahn der Zeit
kein Holz vermodert und geborsten
flussabwärts wurzelt festverankert
ein Lotos rosenrot
und spricht bered und weise
vom ewiglichen Kreisen





FLUSSGESCHICHTE 1

Komm Schwester, wir gehen zum Fluss
hörst du ihn rufen?
Allein mag ich nicht gehn, es gruselt das Dämmerlicht
Sieh nur die tanzenden Nebelgestalten
so schmerzhaft schrill, das Sirenensingen
Halt mich fest, es zieht mich mit
Auf wilden Wellenpferden reitet Gelächter kalt wie der Tod
Angst galoppiert mit klappernden Knochen

Ruh dich aus Schwester, vergiss den Fluss
Sein Wogen bringt heut keinen Trost
Lass ihn nur rufen
Er zieht weiter - fließt zum Meer - auch ohne dich
Aus Wolken fallen Nebel watteweich
verbergen das ferne Wasserbett

Zwischen Fieberschübe gleitet kühles Leinen
tröstet mit blauen Lavendelduft
Durch das geöffnete Fenster bläst der Wind
und trocknet die heiße verschwitzte Stirn
Schlaf trägt dich im wiegenden Boot
hinaus zu den heilenden Träumen




FLUSSGESCHICHTE 2


es schmerzt den Bach
dass er zum Fluss
den Weg noch nicht gesichtet

zwar hüpft er über Steine
und spielt mit kleinen Wellen
ein kühnes Wasserspiel
er tanzt mit den Forellen
und lockt mit Entengrütze
Libellen grün und zart
doch wird zum Rinnsal er im Sande
versickert in der Erde
nun muss er unterirdisch graben
und blind Verbindung suchen
ob er den Fluss wohl findet?





blass und vereist der kahle Steg
wo sommers bunte Boote tändeln
verstummt die Zeit im Kreuz der Stadt





WAS IST LUST
FRAGT DAS SANDKORN DEN STRAND

Lust, flüstert der Strand, ist
wenn bei Ebbe die Möwen Spuren hinterlassen
und bei Flut die Wellen mich erfrischen

Lust, dröhnen die Wellen, ist
wenn der Wind das Wasser kräuselt
und der Sturm uns Schaumkronen malt

Lust, wispert der Wind, ist
wenn meine Brise wie ein Vogel
mit dem Licht segelt

Lust, sagt das Licht, ist
wenn ich zwischen Wogen funkle
und den Strand erwärme

ah, ich verstehe, antwortet das Sandkorn

Lust ist, wenn ein Kind mit nackten Füßen durch den Sand läuft
und es lacht, weil ich seine Zehen kitzele
der Wind durch sein Haar streicht
und plötzlich eine neckische Welle
bis zum Knie hochspringt





Vergiss-Mein-Nicht

Sternchen verweht
leuchtet so blau
Himmels-Au
wenn Liebes geht
bleibt Sanftes treu
herzerfreu
bleibt Sanftes treu
Wenn Liebes geht
Himmels-Au
Leuchtet so blau
Sternchen verweht

Vergiss-Mein-Nicht





AUGENBLICKGEDANKEN


Wie blau der See doch scheint
und grün der Blätter Wunsch
nur nah zu sein dem klaren Nass.
sie recken, strecken ducken sich
und wachsen nah am Uferrand,
es scheint, als lauschten sie
der Wind-und Wassermelodie
und stimmten mit den Fischen ein
in den Gesang der Welt.





ABENDFANTASIE AM WASSER


Es rieselt Gold
im letzten Sonnenlicht
Schon trägt der Abend Samt
und bringt dem Wind
ein Wiegenliedchen bei
es flüstern Wolken mit den Wellen
und in dem hohlen Stamm
an dem ich lehne
schlafen Vogelkinder schon
vom See steigt Nebel
und dahinter Nixen
die ungestört im Wasser spielen
bis in den Traum
ihr silberhelles Lachen klingt





ZEITZEICHEN

Ich nahm deine zögernde Hand
und führte dich
dessen Augen blind
an den grünen Fluss
jenseits der roten Berge
ich bat dich vertrauen
und du ließest dich nieder
am Fuß einer uralten Eiche
ins Moos gebettet dein heller Kopf
ich hieß dich, zu lauschen

und nach einer Weile
als der Wind in den Blättern
dir sein Flüstern schenkte
Vögel sangen, während sie in den Zweigen wippten
und der Fluss mit kleinen Wellen ans Ufer perlte
wisperte ich deinen Namen

und du setztest dich auf
schlugst die Augen auf
sehend
und in ihrer dunkelblauen Schönheit
spiegelte sich mein Gesicht





ES KLAGT DER WIND EIN ALTES LIED


Wir waren Schwestern, fast
und trafen abends uns am Fluss
behütet unter Trauerweiden
warst du im Licht und ich im Schatten
wie golden glänzte dort dein Haar
und mich im Schatten, sah man nicht
das Wasser küsste schmeichelnd deine Füße
und ich erkannte seine wilde Seele

wo bist im Morgenrot du hingegangen
als Wellen Kronen trugen
und erste Boote Segel setzten
ich hör sie noch, die Nachtigall
und fern ein Rauschen, wie am meer
allein bin ich nicht heil und ohne Seele du





GESICHTE


Es malt das Licht mit Wolkenstücken
Wasserzeichen in den See
und in den Wellen runengleich
zerfließen Farben wie ein Aquarell
ich sehe ein Gesicht
ganz blass
bekränzt mit Blütenblättern
und unter einer hohen Stirn
verschlafen Puppenaugen
wie Algen kringeln
schwarze Locken sich um Schläfen
und ich erkenne mit Erstaunen
ein fast vergessnes Traumgesicht





Impressum

Texte: Text, Foto und Gestaltung: Angelika Röhrig außer: "Das erste Vergissmeinnicht" von tibi (www.pixelio.de)S.41
Tag der Veröffentlichung: 09.03.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
für Undinen, Wassernixen,Wassermänner und alle jene, die das Wasser lieben

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