raureife schönheit
nach einer zerträumten nacht ohne klare bilder finde ich mich im morgen wieder. ein morgen, der eisige bilder raureifverzierter schönheit auf eine riesige leinwand gemalt hat. ein frösteln berührt die haut und die träume - nicht entschlüsselt - werden zu sternen, die immer da, aber nicht begreifbar sind. wirklich ist dieser moment, in dem ich mich spüre und die kälte, die meine haut berührt, sie prickeln lässt, mich die körperliche einfassung deutlich spüren lässt - das bin ich und alles was da drinnen ist, auch - die füße, die sich in den stiefeln bewegen, weil sich die zehen gegenseitig wärmen müssen. hände, die sich tief in die manteltaschen verkriechen und meine augen, die trunken sind von der blendenden schönheit um mich herum.
augenblicke, die zeit anhalten.
A.R.
R.K.
Raureif
Eigentlich ist er nur ein fester Niederschlag aus kalten Wassertropfen. Aber er verzaubert die Natur und die Sinne der Menschen, die sich auf diesen Zauber einlassen können. Er ist noch nicht der Schnee des Winters, aber er signalisiert den Sieg der Kälte über die Wärme.
Der erste Raureif des Jahres, er läßt kurz innehalten. Sind genug Kerzen im Haus gegen die Dunkelheit? Dieser wunderbar aromatische Tee, sollte er jetzt nicht gekauft werden? Duftet es nicht nach Kinderzeit, wenn jetzt die ersten Weihnachtsplätzchen gebacken werden?
Raureif, wenn Herbst und Winter sich umarmen. Eine Zeit der Erinnerung, eine Zeit des Inneren.
R.K.
Herbstliche Morgensonne mit Raureif von Reiner Sturm (http://www.pixelio.de)
der herbst legt lange schatten
in das satte grün
doch sticht mit kleinen stichen
der frost schon hier und da
und legt auf gras und bäume
den rauen reif
verzaubert feld und wiese
A.R.
Winterkinder lieben die Kälte und die Dunkelheit. Sie beginnen zu leben, wenn rings um sie die Natur in den Winterschlaf fällt.
Der erste Raureif, der Winterzuckerguss auf Laub und Wiese, er freut ihr Herz. Jetzt beginnt die Zeit der Mondgöttin. Es beginnt die Zeit der Ruhe, Ruhe vor der Reizüberflutung, der Hektik.
Winterkinder holen jetzt ihre Kerzen hervor, brauen wärmenden Kräutertee. Und lehnen sich zurück, genießen.
Wenn Herbst und Winter sich umarmen, beginnt ihre Zeit zu leben.
R.K.
im kranz aus blättern liegt ein apfel
noch grün und prall
klapphart ist er gefroren
es schmückt das stille leben
feinzisiliert
aus eiskristall ein muster
und prunkt mit schönheit in den winter
A.R.
Klapphart gefroren von maiha (http://www.pixelio.de)
R.K.
Eisblumen sind die großen Schwestern des Raureifs. Sie schlagen sich an Fensterscheiben nieder, wenn es draußen kalt und drinnen warm mit hoher Luftfeuchtigkeit ist. So die wissenschaftliche Beschreibung.
Aber in der Phantasie, da können sie Tore sein, Tore in eine andere, märchenhafte Welt.
Wenn man sie lange betrachtet, seinen Blick auf sie konzentriert, dann kann man sie vielleicht sehen, die Eisprinzessinnen hinter diesen Toren, die Eisbären, die Wölfe. Und vielleicht auch kleine bunte Eiswichtel.
Eins muss man sich allerdings bewahrt haben: Das innere Kind, das sich gern verzaubern läßt und dessen Augen noch andere Welten sehen können.
Text und Bild: R.K.
Raureife Rosen von Lisa marie(http://www.pixelio.de)
der himmel so hell
spiegelt frost auf asphalt
endlich winter
und rosa im morgengrauen
spiegelsee
mit splitterndem eis
silbern-zarte glöckchen
ein klirren
in der klaren trockene luft
so
als würde die welt
im ausatmen gesunden
die bäume schweigen
ruhen sich aus
atmpause
zwischen den jahren
A.R.
Wenn zwischen den Jahren Raureifnächte unsere Träume begleiten, dann stürmen die wilden Reiter den Himmel.
Für uns beginnt die Zeit, in der unsere Seelen herrschen.
Langsamkeit fordern sie, Innehalten. Nach-Denken über das, was war. Vor-denken für das, was kommt.
Wenn zwischen den Jahren unsere Seelen herrschen, tanken wir Kraft für neue Saat. Für neue Ernte.
RK
ein riss geht durch den tag
traurige gräser verdorren im gras
es wintert grau in weiß
durchbruch schon im spalt?
einer wunde gleich
die sich öffnet um den eiter zu entlassen
und zu heilen
Ein Riss im Eis von Moorhenne (http://www.pixelio.de)
Frostig war´s VIII von oparolf (http://www.pixelio.de)
begegnung mit....
im traum spazierte ich durch einen langen flur. auf beiden seiten türen, dazwischen gemälde, beleuchtet und angestrahlt. alle türen waren geschlossen, nur die eine nicht, am ende des korridors. so schaute ich hinein. in einem abgenutzten sessel saß eine kleine alte frau. sie strickte einen bunten strumpf.
sie blickte auf und lächelte mich an:
"komm herein!" sagte sie mit einer tiefen angenehmen stimme.
"ich bin frau holle und du kommst gerade recht."
ich trat ein und näherte mich dem sessel. die alte frau roch nach äpfeln und frischem brot. sofort erinnerte ich mich an die große küche meiner kindertage und fühlte mich geborgen.
"willkommen in meinem reich. ich habe schon auf dich gewartet."
sprach sie
"aber wieso?" fragte ich "ich besitze keine blutige spindel und alle brunnen sind längst ausgetrocknet."
"trotzdem, ich habe gerade auf dich gewartet, denn der strumpf ist fertig."
flüsterte sie sanft.
"muss ich nicht den apfelbaum schütteln auf der wiese? wartet kein brot, um aus dem backofen gezogen zu werden?"
"nichts ist mehr so, wie es einst war", sprach frau holle ernst, "doch die märchen bleiben und ihre botschaft auch. ich habe die alten märchenworte in dem strumpf verstrickt."
"warum?" fragte ich erstaunt.
"du wirst den strumpf mitnehmen in deine welt. du musst ihn den menschen zeigen und mit ihnen aus seinen mustern neue märchen erfinden."
plötzlich erwachte ich aus meinem traum. ich lag in meinem bett. durch das fenster lichtete es schon und so sah ich den bunten strumpf, der neben mir auf der weißen bettdecke lag.
Astwerk von eeb (http://www.pixelio.de)
am abend wehte ein kalter wind. jenseits der bäume, wo der weg sich hinauf auf einen kleinen hügel schlängelt, weht es eisig. unter dem gebüsch hat sich der raureif gehalten. ein komisches gefühl durch das gefrorene gras zu stapfen: es knirscht und fühlt sich beim auftreten unangenehm dumpf an. der fuß verliert leicht den halt. der weg führt mich zum see, über den das abendrot seine feuerfarben malt. es ist hier windstill. ich suche mir einen platz im schutz von drei weiden, die am ufer schon lange ihren platz behaupten und krieche unter ihre hängenden zweige, die wie ein dach sind ohne schindeln. ich warte auf den moment, in dem sich der himmel entschließt, mir die blaue stunde zu schenken kurz nachdem das licht hinter dem horizont verschwindet. ich halte den atem an - der bis gerade kleine rauchwölkchen zwischen die äste blies, berauscht von der schönheit dieses magischen moments.
schnell wird es dunkel. zum glück liegt in meiner manteltasche eine taschenlampe. es ist für eine weile unheimlich.
plötzlich ein geräusch, ein knistern im übrig gebliebenen trockenen laub - flügelflattern und das schilpen eines aufgeschreckten vogels, den ich im zwielicht nicht erkennen kann. etwas streift meine rechte hand: weich, Fell, sehnig; eine schwarze katze blickt mich mit neon-augen an. ich lache und entspanne. in der zwischenzeit sind die sterne erwacht. ich stehe auf, gehe zum saum des wassers, staune, wie die sterne sich spiegeln heute und denke, was wäre wenn die sterne, meine geschwister, nun einfach vom himmel gefallen wären, um mir vom grund des sees ihr leuchten zu schicken?
sie wären so nah, dass man sie aus der tiefe pflücken und heraufholen könnte. auch frage ich mich, wie ein solcher stern sich wohl anfühlen würde?
"unverbesserlich," schimpfe ich mich lachend aus,"immer diese verdammt spinnerten ideen.
nun, wer eine spindel benutzen kann, der spinnt halt gerne.
Tag der Veröffentlichung: 18.12.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Allen Winterkindern zum Gruß!