Cover

- Widmung und Andenken

FRIEDRICH SCHNOOR - PLATTDEUTSCH (Original)

 FREDDY SCHNOOR - HOCHDEUTSCH (Übersetzung)

 

In diesem Buch sind alle mit * versehenen Texte auch sehr gut für die eigene Verwendung geeignet.

 

 

Dieses Buch widme ich meinem Vater zum 50 jährigen Todestag am 25.Juni 2016

Friedrich Schnoor  in Lauenburg vor seinem Bücherschrank.

Alles doppelreihig, die anderen Bücher sind in der Wohnung in Hamburg geblieben

 Am 25.Juni 1966 verstarb mein Vater im Alter von 87 Jahren in Hamburg

******* 

Der Lieblings Spruch meines Vaters:

 

 "Un sünd ok Liev un Seel di wund, lach di gesund!" 

(Und sind auch Leib und Seele dir wund, lache dich gesund!")

 

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Einige Gedichte und Kurzgeschichten sind, ebenfalls in den anderen E-Büchern von Friedrich Schnoor, schon erschienen.

Aber da sie viel gewünscht wurden habe ich sie auch in diesem Buch nochmals zusätzlich veröffentlicht.

 

Mein Vater liebte "sein" Hamburg ("Hamborger Leed") und dann auch Lauenburg/Elbe ("Uns Lau`nborg") wo wir über 10 Jahre wohnten (Eltern mit Kleinkindern mußten Hamburg 1943 wegen der Luftangriffe verlassen) und trotz unseres uralten Hauses ("Mien lütte Kot") in dem wir eine Bleibe gefunden hatten, fühlten wir uns dort sehr wohl (trotz der Armut und des Hungers). Bei den Gedichten sind auch "Bettelbriefe", wie sie von meinem Vater genannt wurden. Wir sind den Lauenburgern, genau wie alle Flüchtlinge die von den Lauenburgern herzlich aufgenommen wurden, immer noch sehr dankbar!

 

Zu mir: Ich möchte noch einmal darauf hinweisen das ich als Handwerker über 50 Jahre gearbeitet habe und  jetzt erst dazu komme die Gedichte und Geschichten meines Vaters zu sichten und teilweise aus alten, in deutscher Schrift verfassten Dokumenten, abzuschreiben und auch teilweise aus alten Zeitungen einzuscannen und zu bearbeiten. Es ist mir ein Anliegen die  hinterlassenen Unterlagen meines Vaters der Nachwelt zu hinterlassen um die schöne Plattdeutsche Sprache hoffentlich noch lange überleben zu lassen.

 

Uns plattdütsche Modersprak dörf nich unnergohn!

 

 Ich habe erlebt wie karg und schwer das Brot als Künstler zu verdienen ist. Auch ein Grund das ich Handwerker geworden bin, nach dem Krieg das einzige was ich lernen konnte, das Geld für die höhere Schule hatten meine Eltern nicht und an Zuschüsse war in der Zeit nicht zu denken. Mein Vater und nachher meine Eltern haben immer von der Hand in den Mund gelebt und trotzdem hat mein Vater seinen Beruf als Berufung angesehen und sein langes Leben, bis zuletzt, für die Erhaltung des Plattdeutschen gearbeitet  und gelebt. Darum habe ich es mir zur Aufgabe gemacht soweit es mir mit meinen, nur angenommenen Wissen des Plattdeutschen und des Schreibens, weiterzumachen so lange ich noch kann und neue Unterlagen finde. Entschuldigen möchte ich mich falls sich in die Rechtschreibung Fehler eingeschlichen haben. Es geht mir auch nur darum die plattdeutschen Gedichte möglichst Wortgetreu zu übersetzen. Danken möchte ich meiner Frau Ingrid  für die Geduld mit mir, da ich immer sehr viele Stunden am PC verbringe um die Sachen meines Vaters zu sichten und zu bearbeiten.  

Ein großes DANKE an Frau Marlou Lessing für das tolle In-Szene-setzen und die wunderbaren Texte zu den Gedichten und Geschichten meines Vaters, da kann und will ich gar nicht erst mithalten!

Freddy Schnoor im Mai 2016 - Ergänzt am 14.02.2019 Zum 140. Geburtstag meines Vaters und im Oktober 2022

Hardlichen Dank  an alle Plattdütsch Leser

seggt Freddy Schnoor . 

 

 

 

Hamburger Abendblatt 14. Februar 1959

 

 

Liebe Marlou, ich danke Dir für die Genehmigung zur Verwendung Deiner wunderbaren Texte in den Büchern!

 

Und hier der Briefwechsel mit Frau Lessing. In der Mail bat ich um die Benutzung der Texte in "plattpartu" von Frau Lessing  für die e-Bücher, 

 

Am 17.02.2016 um 14:43 schrieb fiete.s@gmx.de:
Leeve Marlou dörf ick dat so loten? Kannst` bi Gelegenheit villicht jo mol rinlesen. Wenn Di dat nich toseggt nehm ick dat wedder rut. Allns leeve vun Freddy

 

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Lieber Freddy, das ist ganz liebevoll gemacht auch mit den Bildern, zeitgenössisch oder lustig, aber doch respektvoll. Nur mit der Webadresse von Plattpartu hast Du zu viel getan, da steht noch was von /bilder/start_link.gif dran, das braucht man nicht. Schreib einfach nur plattpartu.de, auch ohne http und so. Das finden die Leute eher!
Liebe Grüße
Marlou

 

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 Und für das vorliegende Buch habe ich Fau Lessing ebenfalls um die Genehmigung zur Benutzung ihrer so wunderbaren Texte bei plattpartu.de gebeten.

Von:M.-L. Lessing 12.05.2016 

Lieber Freddy,  -- NATÜRLICH kannst Du meine Texte weiter nutzen, es ist mir eine Ehre. Viel Erfolg mit Deinen Publikationen!

                                                                 Liebe Grüße
                                                                         Marlou

Biografie:

  

Mein Name ist Freddy (Friedrich-Karl)  Schnoor;

geb. 1938 in Hamburg

 

 

Ich versuche auf diesem Weg die Erinnerung an meinen Vater wachzuhalten. Mien Vadder weer Friedrich Schnoor, ut Hamborg geb.14.02.1879 gest. 25.06.1966; in Hamborg.
He weer plattdütscher Rezitator (Vordragskünstler) un plattdütscher Schriftsteller, unner sien Pseudonym "Fiete Lüttenhus" hett he ok schreeven un in verschiedene Zeitungen hett he seine Geschichten un Riemels veröffentlicht.

Er war in seiner Jugend oft bei seinen  Großeltern in Gadebusch oder Kl. Hundorf und nachher bei Verwandten in Rhena. Mein Großvater ist nach Hamburg gezogen und hat dort dann 1876 ein Geschäft eröffnet.

Mein Vater wurde 1879 geboren verbrachte aber  auch als junger Mann viele Jahre in Mecklenburg, daher diese Verbundenheit, die er auch in seinen Gedichten und Geschichten oft erwähnt hat.

Den 1. Weltkrieg erlebte er in Frankreich, an der Somme` wurde er verwundet. Und hat dann nach seiner Genesung an verschiedenen Lazaretten plattdeutsche Vorträge gehalten.Gefreiter, Schriftsteller Schnoor wird gebeten Vorträge zu halten 26.Oktober bis 10.November 1916

Braun Rittmeister

 

 

Mein Vater beherrschte sehr viele plattdeutsche Dialekte in Wort und Schrift und in seinen Rezitationen stellte er alle Personen in ihren Sprachen und Dialekten dar. Wenn man mit geschlossenen Augen den Rezitationen lauschte meinte man den Personen gegenüber zu sitzen, so die Meinungen von vielen u.a. von Rudolf Kinau, Fritz Lau und vielen Anderen. Leider wurde keine Tonaufnahme von ihm gefunden auch nicht im Archiv vom NWDR (NDR) die Nachfolger Anstalten von der "NORAG" Nordische Rundfunk AG, Hamburg. Dort hat mein Vater in den Anfängen des Rundfunks, ab 1924/25 mit ca. 45 Jahren,  zusammen mit Rudolf Kinau, Plattdeutsche Vorträge gehalten, ohne Publikum! Mein Vater war aber leider der Ansicht das Rezitationen nur vor Publikum stattfinden sollten und nicht im Studio vor dem Mikrofon, da fehlte ihm die Resonanz des Publikums. Das war sein größter Fehler, wie er später selber sagte. Im 2. Weltkrieg wurde er dank seines Alters nicht mehr eingezogen, da er sich weigerte der Partei beizutreten wurde er im Arbeitsdienst in der Heimat eingesetzt. Meine Mutter mußte mit uns Kindern aus Hamburg und wir kamen so nach Lauenburg/Elbe und blieben dort 12 Jahre, daher die vielen Geschichten meines Vaters auch aus der Lauenburger Gegend.

Evtl. ist ja auch Plattdeutsch bei Ihnen noch von Interesse?  

 

Die Lauenburger Zeitung schreibt am 13. Februar 1954 zum 75.Geburtstag über Friedrich Schnoor:

Am heutigen Sonntag, den 14.Februar 1954, feiert der in Hamburg geborene, seit 1943 in Lauenburg wohnende plattdeutsche Rezitator Friedrich Schnoor seinen 75. Geburtstag. Man sieht ihm sein hohes Alter nicht an und in der Unterhaltung gar offenbart sich eine geistige Beweglichkeit und Aufgeschlossenheit, die in Erstaunen versetzt. Dem Plattdeutschen mit Leib und Seele verfallen - könnte man dem heutigen Jubilar ins Lebensbuch schreiben. Im Hamburger Elternhaus kam er bereits in jungen Jahren durch die Lübecker plattdeutschen Schriftsteller Karl Kindermann und Gustav Falke mit der „ plattdeutschen Bewegung“ in Berührung.Sie erkannten seine rezitatorische Begabung und seine Liebe zum plattdeutschen und bestärkten ihn in den Entschluss, sich ganz der Vortragstätigkeit und der plattdeutschen Bewegung zu widmen. So begann Friedrich Schnoor mit Vorträgen und Rezitationen, er bereiste Stadt und Land, verfasste auch selbst viele plattdeutsche Erzählungen und Gedichte und stand im Jahre 1910 zum 100. Geburtstag Fritz Reuters, als Onkel Bräsig auf der Bühne. Ein besonderer Höhepunkt seines Lebens war eine Reise nach Amerika im Jahre 1912, wo er in New York aus Anlass des dort gefeierten Volksfestes mit Vorträgen und Rezitationen große Begeisterung auslöste. Der erste Weltkrieg unterbrach dann vorerst seine Vortragsreisen. Nach einer schweren Gasvergiftung, die er im Kampf an der Somme erlitt, wurde er nach seiner Genesung zur Lazarettbetreuung eingesetzt und konnte die Verwundeten mit köstlichen plattdeutschen Erzählungen erfreuen. Sein ganzes Leben war dem plattdeutschen Sprachgut und dem Dichterwerk gewidmet - ja auch heute noch!

 

Nachsatz aus den Erzählungen meines Vaters:

Auf jeden Fall wäre mit Sicherheit alles anders verlaufen wenn mein Vater 1912, wie er es vorhatte als Bibliothekar auf der „Titanic"von England nach Amerika gefahren wäre, eine Einladung und Passage dafür hatte er schon. Zu seinem Glück bekam er einen Tag vor der Abreise nach England so starke Zahnschmerzen das der Zahnarzt ihm verbot damit zu reisen, daraufhin mußte er zu seinem Bedauern abtelegrafieren und fuhr später, ebenfalls als Bibliothekar mit der Kaiserin Auguste Victoria (siehe Umschlagbild) der Hamburg-Amerikanische- Paketfahrt Aktiengesellschft, HAPAG (später Hapag Lloyd). Von dem Unglück des Untergangs der „Titanic“ erfuhr er erst in Amerika. (Alles aus der Erinnerung, nach den Erzählungen meines Vaters).

 

             Eine wahre Begebenheit aus dem Leben meines Vaters, Friedrich Schnoor         

                  Diese Geschichte gehört im weitesten Sinn zu seiner Biografie!                                                

                                                   Der Leichenkutscher

                                                    (Mein Traumerlebnis)

             Es war einige Jahre vor dem ersten Weltkrieg, da hatte ich einen sonderbaren Traum.

 

Mir war, als wenn es Abend wäre, und ich mich im Hinterzimmer meiner elterlichen Wohnung befand. Ich stand vor dem Fenster und sah hinaus in den Garten, der ziemlich groß, und rings herum von Tannen umgeben war. Zwischen diesen Tannen führte nach beiden Seiten hin ein breiter Weg, der nach der Landstraße zulief. Es war heller Mondschein, und wie ich so stehe und hinausschaue, sehe ich, wie sich zwischen den Tannen, auf dem Wege langsam etwas auf mich zubewegt, doch konnte ich nicht feststellen was es sei, die Tannen nahmen mir noch die Sicht. Plötzlich trat das, was ich wahrgenommen hatte, zwischen den Tannen hervor und bewegte sich auf unseren, vor mir liegenden Garten zu, und nun konnte ich genau sehen, was ich vor mir hatte; es war ein Leichenzug. Voran fuhr der Leichenwagen, der Kutscher hielt die Zügel des linken Pferdes in der Hand und ging nebenbei. Hinter dem Wagen schritt langsam das Gefolge. Dicht vor meinem Fenster stockte der Zug und der Leichenkutscher blickte scharf zu mir hinauf, so, daß ich sein Gesicht deutlich erkennen konnte. Darauf setzte sich das Ganze wieder langsam in Bewegung und verschwand auf dem entgegengesetzten Wege zwischen den Tannen. —

Wie in Schweiß gebadet wachte ich auf und war froh, daß dies grauenhafte nur im Traum gewesen war.

Wohl dachte ich noch lange Zeit über diesen Traum nach und fragte mich auch oft, ob er wohl Bedeutung für mich haben könnte, da ich schon viel gehört hatte, daß Träume eine Vorbedeutung in sich tragen, doch da sich nichts Nachteiliges für mich  ereignete, kam auch der Traum schließlich in Vergessenheit.

 

Im Jahre 1913 fuhr ich von Hamburg aus dienstlich nach New York, und wollte in einem der dortigen großen Warenhäuser etwas einkaufen. Da die Abteilung, zu der ich mußte, sich im sechsten Stock befand, mußte ich mit dem Fahrstuhl hinauffahren. Vor mir stiegen eine Menge Leute in den Fahrstuhl. Ich war gerade im Begriff einzusteigen, als ich zufällig noch einen Blick auf den Führer des Fahrstuhls warf; sein Gesicht kam mir bekannt vor, doch konnte ich mich nicht erinnern, wo ich den Mann gesehen hatte.—

Da, -- plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen; es war der Leichenkutscher, den ich vor Jahren im Traum gesehen hatte! —

Dies ist eine Vorbedeutung, schoß es mir in den Sinn,-- fahre nicht mit! -- Und ich blieb als einziger von den Fahrgästen zurück.

Dadurch habe ich mein Leben gerettet! — Einige Minuten später sauste der Fahrstuhl mit den Fahrgästen und dem Führer in die Tiefe...

Alle kamen ums Leben, ich war gerettet! —

Es war eine der größten Fahrstuhlkatastrophen Amerikas und der Zeit vor dem ersten Weltkriege.

 

Ab hier ist das Schreiben auf einem anderen Blatt fast nicht mehr lesbar mit Blei geschrieben,

 

Und für mich, das zweite mal eine Lebensrettung. Nach dem großen Glück das ich bei der ersten Reise, (ebenfalls dienstlich) im April 1912 hatte, und das ich wahrscheinlich nur überlebte weil ich in Hamburg, kurz vor der Abreise nach Southampton, wo ich eine Stelle als Bibliothekar für die deutsche Bibliothek auf der Titanic angenommen hatte, ausgemustert wurde da ich Zahnschmerzen hatte. Ich war am Boden zerstört. Da ich aber einer Einladung nach New York nachkommen mußte, suchte ich mir ein anderes Schiff und fuhr, ebenfalls als Bibliothekar, mit der „Kaiserin Auguste Victoria “, kurze Zeit später nach  New York.

Erst in Amerika erfuhren wir von dem tragischen Unglück der Titanic.

Ich bin kein strenggläubiger Mensch, glaube aber an Gott und ging zum Gebet erst einmal in eine Kirche um zu Danken.

                                       

    Friedrich Schnoor  Hamburg 1928

 

Eine Grußkarte von Heidi Kabel, sie wollte in den Nachkriegsjahren versuchen eine Geschichte meies Vaters im Ohnsorg Theater auf die Bühne zu bringen (Ut de Chronik von den`n olln Dörpschoolmeister).

Mein Vater konnte aber aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr an einer Bühnenfassung mitarbeiten. 

 

 

“Nu segg mi blot warum“ 1948

 

“Snackt mi nich von Gerechtigkeit,“

Seggt Schostermeister Krull,
„Wat gistern mit mien`n Jung passieert,
Is würklich mehr as dull.
Dor geiht he morgens in de School,
Ganz ruhig sien`n Gang,
Dor süht he kott vörd Schoolhus stohn
Den`n Greunwornhändler Hank,
De vör sien lütte Equipoosch*,
Dat is jo Stadtbekannt,
siet Johrn hett, as ji woll weet,
Son lütten Esel spannt.
Anstatt nu ruhig jemmern Wegg
No`d Schoolhus langtogohn,
Blieft bald son Dutzend von de Göörn
Rund um den`n Esel stohn,
de Slimmsten riet em in den`n Steert,
De Annern in de Been,
Se piert dat Veeh op alle Ort,
Et sull „I.A.“ mol schreen.
Mien Max, de kümmt nu ok vörbie,
Neeschierig, ganz alleen
Blifft he ganz ruhig achtern stohn,
Dat Spillwark antosehn.
De Jungs weern grod in`n besten Toch,
Dor kümmt ganz ielig ut de Schooldör
Von de Lehrers een, Konrekter Jahn herrut.
He süht de Jungs, begrippt ok gliek,
dat hier Unfug dreben ward,
Un dat verschiedene von de Jungs
Den`n Esel gräßlich piert.“
Ohn gornich ers to frogen,
Gifft he slangweg mien` Max,
weil de em grod an neuchsten stunn,
Geheurig een`n Backs,
Un geiht dunn wieder.
Na, mien Jung mokt een versteurt Gesich,
Weil he nich weet, weßwegen he de Muulschell egentlich krigg.
Dor löppt he no de School herin,
Un brüllt ganz schauderhaft,
Un dröppt dor boben op de Trepp
Den`n Herrn Direkter Kraft.
De harr, wat op de Stroot passiert,
natürlich gornich sehn,
Un wunnert sick de Dod´s,
Dat de Jung so schrecklich ween.
He krigg den`n Jung bie`n Arm tofot,
He red em fründlich to,
Un fröggt, „Nun Max, was ist denn los,
Sag warum weinst du so?“
Dunn seggt mien Jung, „Ich hab´n Backs gekriggt 
Von Herrn Konrekter Jahn,
Und das ist Ungerecht, ich hab doch dem Esel nichts getan“.
Kuum hett dat Wort he rut,
Pardauz, dor krigg mien Max
Ok von den´n Herrn Reckter noch
Een`n ganzen glubschen Backs.
Dat`s man so huul un brumm,
-„Ick meen, is dat Gerechtigkeit? 
Kriggt he twee Muulschelln morgens all,
Un weet nich mol warum!“
* Equipoosch- / Kutsche / kleiner Pferdewagen

„Nun sag mir bloß warum"

  „Sprech mir nicht von Gerechtigkeit,“

Sagt Schustermeister Krull,

„Was gestern mit meinem Jungen passiert,

Ist wirklich mehr als doll.

Da geht er morgens in die Schul´,

Ganz ruhig seinen Gang,

Da sieht er kurz vor`m Schulhaus stehn

Den Grünwarenhändler Hank,

Der vor seiner kleinen Kutsche,

Das ist ja Stadtbekannt,

Seit Jahren hat, als ihr wohl wißt,

So`n kleinen Esel gespannt.

Anstatt nun ruhig ihren Weg

Zum Schulhaus längszugeh`n,

Bleibt bald ein Dutzend von den Görn*

Rund um den Esel steh`n,

Die Schlimmsten reißen ihm am Schwanz

Die Andern an den Bein`,

Sie quälen das Tier auf alle Art,

Es sollt` „I. A.“ mal schrei`n.

Mein Max, der kommt nun auch vorbei,

Neugierig, ganz allein

Bleibt er ganz ruhig hinten steh`n,

Das Spielwerk anzuseh`n.

Die Jungs waren gerad` im besten Zug,

                        Da kommt ganz eilig aus der Tür (Schultür)

Von den Lehrern einer, Konrektor Jahn heraus.

Er sieht die Jungs, begreift auch gleich,

Das hier Unfug getrieben wird,

Und das verschiedene von den Jungs

Den Esel gräßlich quäl`n“.

Ohne gar nicht erst zu fragen,

Gibt er schlankweg meinen Max,

weil der ihm gleich am nächsten stand,

gehörig einen Backs,**

Und geht dann wieder.

Na, mein Jung` macht ein verstört` Gesicht,

Weil er nicht weiß, warum er die Backpfeife eigentlich gekriegt.

Er läuft nun in die Schule rein

Und brüllt ganz schauderhaft,

Und trifft ganz oben auf der Trepp`

Den Herrn Direktor Kraft.

Der hatte, was auf der Straße passiert,

Natürlich nicht geseh`n,

Und wundert sich gewaltig,

Das der Jung` so schrecklich weint.

Er kriegt den Jung` am Arm zufassen,

Und spricht ihm freundlich zu,

Und fragt: „Nun Max, was ist denn los,

Sag warum weinst Du so?“

Da sagt mein Sohn: „Ich habe einen Backs gekriegt,

Von Herrn Konrektor Jahn,

Und das ist Ungerecht, ich habe doch dem Esel nichts getan“.

Kaum hat das Wort er raus,

Pardauz da kriegt mein Max

Auch vom Herrn Direktor noch

Einen ganz gehörigen Backs,

Das es man so heulte brummte.

-„Ich mein, ist das Gerechtigkeit?

Kriegt er zwei Maulschellen morgens schon,

Und weiß nicht mal warum!“
 
Nach: “Nu segg mi blot warum“ Gedicht von Friedrich Schnoor; 1948

 Übersetzt von Freddy Schnoor 2016

* Kinder, ** Backpfeife, Schlag.

 

Erinnerung ut miene Schooltied (ca.1885-1890)

In de achziger Johrn, as ick jung weur, geef dat in Hamborg noch de Kirchenschooln. Ick gung in de Jacobi-Kirchenschool bi Hauptlehrer Dunker. Wi wohnten in St. Georg, in de Baumeisterstroot un op mien Schoolweg mußt ick immer öbern Georgsplatz und von de Lilienstroot dorch'n Barkhoff. Dormols worr de Barkhoff en smalle Stroot 

 mit ohle und scheebe  Hüüs. Hier wohn`n Lüüd, de keen, hoge Mieten betohln kunn, eenfache un orndliche Arbeiters, ober ook allerhand Husch-Nusch. Wenn wi Jungs morgens op unsern Schoolweg dorch düsse Stroot gung`n, den heuern wir dor in dat een oder anner Huus meist immer Larm und Spektokel. Manchmol kunn wi sehn, wie sick Mann und Froo sleugen und dorbi bannig gröhln dähn. Ob mit Steebelknecht, Füertang oder Nachtputt--

mit allns hauten se sick und ballerten sick dormit gegensiedig an den Kopp. For uns Jungs weur dat immer en Gaudium, dat mit antokieken und dat Geschimp mit antoheurn. Dordorch keum wi ober ook oft to spät in de School, und denn geef dat'n dorchwussen Jackvull. Op den Platz twüschen de Jacobikirch und de Hüüs von de veer Pasters Röpe,Bröker, Rothlieb und Vett gung`n wi Jungs in de Pausen een achter den annern spaziern. Een Lehrer harr de Opsicht und holl streng op Ordnung.

 Eenmol hebbt se an de een Siet von düssen Platz, de in de Franzosentied en Kirchhoff west sien sull, opgroben um nees Plooster to leggen, Bi de Groberee hebbt se Skelette, Minschenschädels, Knooken, franzeusche Uniformstücke, Tschakkos und veel Waffen funn. Dat weur wat for uns Jungs; in de Stünn passen wi gor nich mehr op, und de Pausen kunn wi kuum afteuben. Mit den Dood von unsern allverehrten Hauptlehrer Dunker gung de Jacobi-Kirchenschool in.

Erinnerung aus meiner Schulzeit (ca.1885-1890)

 In den achtziger Jahren (1880), als ich jung war, gab das in Hamburg noch die Kirchenschulen. Ich gingin die Jacobi-Kirchenschule bei Hauptlehrer Dunker. Wir wohnten in St. Georg, in der Baumeisterstraße und auf meinem Schulweg mußte ich immer über den Georgsplatz und von der Lilienstraße durch den Barkhof.

 

 

Damals war der Barkhof eine schmale Straße mit alten und schiefen Häusern. Hier wohnten Leute, die keine hohen Mieten bezahlen konnten, einfache und ordentliche Arbeiter, aber auch allerhand „Gesindel.“ Wenn wir Jung`s morgens auf dem Schulweg durch diese Straße gingen, dann hörten wir aus dem einen und anderen Haus meistens immer Lärm und Spektakel. Manches mal konnten wir sehen wie sich Mann und Frau schlugen und dabei fürchterlich gröhlten (schrien).

 

Ob mit Besen, Stiefelknecht, Feuerzange oder Nachttopf - mit allem hauten sie sich und schlugen sich damit gegenseitig an den Kopf. Für uns Jungs war das immer ein großer Spaß das mit anzusehen und das Geschimpfe mit anzuhören. Dadurch kamen wir aber auch oft zu spät in die Schule und dann gab das ein ordentliches Fell voll.

 

Auf dem Platz zwischen der Jakobikirche und den Häusern von den vier Pastoren Röpe, Bröker, Rothlieb und Vett gingen wir Jungen in den Pausen, Einer hinter dem Anderen spazieren. Ein Lehrer hatte die Aufsicht und hielt streng auf Ordnung.

Einmal haben sie an der einen Seite von dem Platz, der in der Franzosenzeit ein Kirchhof (Friedhof) gewesen sein soll,aufgegraben um neues Pflaster zu legen, bei der graberei haben sie Skelette, Menschenschädel, Knochen, französische Uniformstücke, Tschakkos (Helme)und viele Waffen gefunden. Das war was für uns Jungs; in den nStunden passten wir garnicht mehr aufund die Pausen konnten wir kaum abwarten. Mit dem Tod von unserem allseits verehrten Hauptlehrer Dunker ging die Jacobi

Mang de Stickelbeeren

Mang de Stickelbeeren

 

 

 Froo Ehlers weer in ehrn Goorn bid Stickbeernplücken togang'n. Bi ehr rümm speel ehr lütt Peter, een Jung von'n Johrer veer, een'n lütten driftigen un'n drulligen Bengel. Bald lööp he den'n Goornstieg lang, denn weer he wedder op de Beeten togangn, un as Mudder an to schimpen fung un em dor runnerjöög, keum he bi ehr an un seed, „Peter ganz ortig sien will, Peter will Mudder helpen."

„Ne, mien lütten Peter", seed sien Mudder to em, „dat kans Du noch nich, denn müßt Du eers grötter warrn, denn kanns Du Mudder dorbi helpen. Kiek, de ooln Büsche sünd scharp un steekt Di in Dien lütten Finger, denn fangs Du an to ween'n. Kumm, holl mol Dien lütten Hann' op; hier hest Du Stickbeern, de Mudder all plückt hett, un denn goh man no de Stroot henn, dor is Dien lütt Fründ Fiete Repenn, mit den'n kanns Du speeln. Ober sie ok rech ortig un verdreegt Jug ok, heurs Du!" Na, de lütt Peter trudelt sick denn jo ok no de Stroot henn, un hett bi sien Toowen mit Fiete Repenn sien Mudder bald vergeten.

Nu is dat jo ober so in'n Leben: man kann sick süns gesund feuhln, un sien Arbeit dohn, un in'n nächsten Ogenblick liggt man all to Bedd. So keum dat ok mit Mudder Ehlers. Wenn se ok nich grod krank weer, ober to Bedd muß se doch. Fieken, wat ehr Deensdeern weer, muß lopen, un de Hebamm'n hooln, denn bi Mudder Ehlers süll wat Lütts koom'n, un et wör heuchste Tied!

Dat duur denn ok nich lang'n, weer de Hebamm'n all dor, un, se harr gornich später koom'n dörft, denn`n veddelstünn noher heur man in de Stuuw all Kinnerquarrn.

Ditmol weer et een lütt Deern worrn. Dat wör een Freid för Vadder warrn! Nu harr he doch endlich, wat he sick all ümmer wünscht harr: een'n Jung un een Deern! Ober Vadder weer man nich to Hus, he weer op'n Felln togang'n un wüß noch von nix. Dor sull Peter, de jo op de Stroot speel, em gliek Order bring'n, dat he koom'n sull. „Fieken", seggt Froo Ehlers to ehr Mäken, „roop Peter mol, un schick em gliek no sien'n Vadder henn, dat he koom'n deit, un segg den'n Jung ok, dat he 'n lütt Swester kregen haar."

Na, Fieken jo rut un röppt em. „Peter", seggt se, „loop snell no Vadder, he is op'n Felln, un segg em, dat de Adebor bi uns in'd Hus west is, he harr Di'n lütt Swester bröcht. Dat weer'n lütt feine Deern, segg em man, un Vadder sull gliek no Hus koom'n."

De Lütt stünn dor un reet sien lütt Muul sparrwied op. Dat Kunn he gornich gleuwen, wat Fieken em vertell. Süll dat ok wohr sien? He harr jo gorkeen'n Adebor flegen sehn!

As Fieken em ober nochmol seggen deh, he süll snell toloopen, birrs he los, un lööp, all wat he kunn, de Stroot lang un no'n Felln henn, wo sien Vadder weer.

Ganz ut de Puust keum he dor an, un rööp all von wieden: „Vadder, Du sast ganz schnell no Hus koom'n! De Adebor is bi uns west un hett mi'n lütt Swester bröcht."

„Wat is dat?", seggt sien Vadder, ,,'n lütt Deern hett he uns bröcht? — Jung, dat is jowoll nich meuglich! — Wer hett Di dat seggt?" „Fieken hett mi herschickt un seed, dat weern lütt feine Deern, un Du süst gliek no Hus koom'n."

„Jo, dat mutt ick denn jowoll", seggt sien Vadder. „Ober, segg mi mol, wat hett denn Mudder to de lütt Deern seggt, hett de sick nich dorto freit?

„Ne, Vadder", seggt de Jung, „wo kann de sick frein, de weet jo noch gornix von de Deern. De is jo bi uns in'n Goorn togangn un plückt dor Stickelbeern."

 © Friedrich Schnoor 1950

Zwischen den Stachelbeeren

 Übersetzt aus dem Plattdeutschen

Mang de Stickelbeeren

 

 Frau Ehlers war in ihrem Garten beim Stachelbeeren pflücken (zugange). Bei ihr (herum) spielte ihr kleiner Peter, ein Junge von vier Jahren, ein kleiner lebhafter und süßer Junge. Mal lief er den Gartenweg entlang, dann war er wieder auf den Beeten zugange und als seine Mutter an zu schimpfen fing und ihn dort runterjagte, kam er bei ihr an und sagte: „Peter ganz artig sein will, Peter will Mutti helfen.“ 

 

„Nein mein kleiner Peter“, sagte seine Mutter zu ihm, „das kannst Du noch nicht, dafür mußt Du noch größer werden, dann kannst Du Mutter dabei helfen. Guck, die alten Büsche sind scharf und stecken Dich in Deine kleinen Finger, dann fängst Du an zu weinen. Komm , halt mal Deine kleinen Hände auf; hier hast Du Stachelbeeren, die Mutti schon gepflückt hat und dann gehe man zur Straße hin, da ist Dein kleiner Freund

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Friedrich Schnoor/ Begleit-Texte Marlou Lessing
Bildmaterialien: Die Bilder sind aus dem Fundus meiner Eltern, alten Postkarten, eigenen Fotos und in den Zusammenstellungen von Frau Lessing unter den Bildern angegeben
Cover: Freddy Schnoor
Lektorat: Freddy Schnoor
Übersetzung: Translation copyright © by Freddy Schnoor E-mail queries for permission to reproduce translations to: fiete.s (at) gmx.de
Satz: Freddy Schnoor
Tag der Veröffentlichung: 15.05.2016
ISBN: 978-3-7396-5522-2

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme dieses Buch als Andenken meinem Vater, der am 25.Juni 1966 - also vor fast genau 50 Jahren - im Alter von 87 Jahren verstorben ist. Er hat immer daran geglaubt und dafür gestrebt, dass unsere heimische Sprache Plattdeutsch in ihren vielen Dialekten überlebt. Ein Lieblingsspruch meines Vaters, den er auch auf seinen alten Programmen und Visitenkarten hatte, lautet: "De sien Heimatland nich ehrt, Un sien Moderspraak verlehrt, De is kee`n Schuß Pulver wert." Widmen möchte ich das Buch auch meiner Frau Ingrid, für ihre Geduld mit mir, es war doch eine ungewohnte Tätigkeit als ehemaliger Handwerker, entsprechend lange haben die Arbeiten an den Büchern gedauert.

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