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deutsche-science-fiction.de ist das Portal für deutschsprachige Sciencefiction. Wir berichten über Bücher, Filme, Hörspiele, Veranstaltungen, Menschen. Aktuell, kompetent und mit dem nötigen Biss. Seit 2011 gibt es unsere Website nun schon. Unser Ziel war es von Anfang an, über deutschsprachige SF-Werke und -Autoren aufmerksam zu machen. In diesem eBook finden Sie die interessantesten, witzigsten und informativsten Artikel, Interviews und Berichte. Wir wünschen gute Unterhaltung!

 

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Kommende Klassiker? Anglizismen oder doch lieber Ur-Deutsch?Streitgespräch #1 (Uwe Post, Sven Klöpping) UP: Ist die angloamerikanische SF so viel besser als die deutsche oder warum zum Kuckuck erscheinen fast nur Übersetzungen? SK: Weil es viel mehr Ami-SFler gibt als Germano-SFler. Man mag es kaum glauben, aber in Übersee sollen sage und schreibe über hundert Autoren und Übersetzer von der SF leben! Ein wahres Eldorado! Selbst in den Achtzigern waren es in Deutschland gerade mal an die zwanzig SF-Profis, oder liege ich da falsch? UP: Also liegt es am Markt. Die bösen Verlage sind schuld daran, dass die SF-Autoren hierzulande am Hungertuch nagen müssen. Oder die Leser, die lieber FBI-Agenten mit Namen wie Smith und Wesson bei ihren Ermittlungen in L. A. beobachten als Herrn Steffens aus Feucht bei Nürnberg? Und ich dachte immer, Lokalkolorit kommt an. Aber, nein: Selbst in Bernhard Schneiders "Ardennen-Artefakt" rufen die Franzosen gleich mal die NSA zu Hilfe, damit bloß keine Europäer die Ermittlungen übernehmen müssen ... wäre ja auch uncool. SK: Ganz so dramatisch sehe ich das nicht. Gerade Regionalkrimis boomen in Deutschland. Die USA bilden nun mal traditionell den Welt-SF-Mittelpunkt. Vielleicht deshalb, weil sie Mitte des 20. Jahrhunderts das am meisten modernisierte Land der Welt waren. Eigentlich hätten die anderen Länder in den letzten Jahrzehnten kräftig aufholen müssen, aber die Sprachbarriere hindert viele Autoren immer noch am internationalen Durchbruch. Wer englischer Muttersprachler ist, hat weitaus größere Chancen, bei den großen SF-Verlagen anzukommen als jemand, der sich auf seinen Übersetzer verlassen muss. Deshalb übersetze ich ja auch meine Stories selbst. Für mich besteht darin eine gute Möglichkeit, dem Text kreativ noch einmal alles abzuverlangen. Oft habe ich während des Übersetzens ganz neue Ideen, die ich in die Handlung einfließen lasse, so dass am Ende eine völlig neue Story herauskommt. Da auch ich versuche, mich international ein wenig ins Gespräch zu bringen, weiß ich, wie schwierig es gerade in den USA oder in England ist, seine Story an den Mann zu bringen. Es wird viel zu sehr darauf geschaut, von wem kommt die Story, welcher Name zieht noch, und nicht: wen könnten wir mal pushen oder weiterbringen? Das ist der Denkfehler bei vielen Redakteuren und Verlegern, nicht nur in SF-Deutschland. Aber auch bei dir könnte ich mir eine Übersetzung deiner satirischen Romane gut vorstellen. Hast du schon mal daran gedacht? ((RRR hier könntest du noch Eigenwerbung platzieren und auf meine Frage eingehen wenn du willst)) UP: Traditionen sind wie alte Schuhe. Wenn sie undicht sind, wirft man sie in den Altkleider-Container. Während Leser hierzulande es anscheinend cool finden, wenn eine Geschichte in Amiland spielt (siehe auch Erfolg amerikanischer TV-Serien), kann ich mir das umgekehrt nicht vorstellen. Welcher Amerikaner weiß schon, wo Sylt liegt? Oder, dass wir hier keine Nazi-Diktatur mehr haben? Sehen amerikanische Leser nicht über den Tellerrand oder trauen ihnen ihre Verlage das nicht zu? US-SF aber funktioniert anscheinend überall ... Mit voller Absicht mache ich es anders. Mein erster Roman ("Symbiose") spielt konsequenterweise zum großen Teil in Deutschland, mein aktueller ("Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes") hauptsächlich auf dem Mars - er enthält zugegebenermaßen ziemlich viele Anspielungen auf US-Popkultur. Das würden also auch Amis verstehen. Obwohl... kennt man in den USA "Captain Future"? Wenn nicht, würden die da drüben schon mal den Schlussgag meines Prologs nicht kapieren. Genaugenommen nehme ich Popkultur ziemlich auf die Schippe. Es gibt in meinem Roman sogar ein gleichnamiges Fach in der Schule. Bloß mein Held hatte da immer schlechte Noten. Soviel Selbstironie darf sich Satire gönnen. Du schreibst ja oft Distant Future und musst dazu die Entwicklung kultureller Strömungen extrapolieren. Zum Beispiel Sprache. Müssten Menschen in der fernen Zukunft nicht ausschließlich in kleinbuchstabigem, abgekürztem Denglisch reden? Steht "funzen" eigentlich schon im Duden? (Ich hab dich dabei erwischt, wie du dieses schmerzhafte Wort benutzt hast...) SK: Also ich hatte meine Schuhe schon mal mit Heißkleber geflickt ;-) Soviel zu den Traditionen. Dass die USSF (hey, da könnte man prima ein neues Akronym à la UDSSR draus machen, etwa "United Social Soviet Freedom") überall funktioniert, liegt wohl an der von mir beschriebenen US-Dominanz der Vierziger und Fünfziger. In diesen Jahrzehnten wurde die SF entscheidend geprägt und die US-Städte waren damals eben die futuristischsten (ui, da bricht's mir ja die Zunge). Heute ist das anders, eigentlich schon seit den 80ern, aber die entsprechende Weiterentwicklung des Genres bleibt aus. Vielleicht sind die Strukturen einfach zu festgefahren. Es wird Zeit, dass ein wenig mehr Flexibilität reinkommt. Dafür sorge ich unter anderem durch meine Tätigkeit als Redakteur bei Internova, einem internationalen Nova-Ableger, herausgegeben von Michael Iwoleit (der übrigens alles kostenlos im Netz anbietet). Wir suchen speziell Stories von Autoren aus erklärten Nicht-SF-Märkten wie Osteuropa oder Arabien. Natürlich müssen auch wir auf Englisch als Sprachkrücke zurückgreifen, aber ehrlich gesagt finde ich Englisch gar nicht so schlecht als Lingua Franca der SF. Und ja, auch wir halten uns die Tür in die USA und ins UK offen, weil wir wissen, dass man ohne diese beiden Länder eben nicht so richtig weiterkommt (gerade was das Finanzielle angeht). Aber man sollte nicht vergessen, dass es neben dem Englischsprachigen noch weitere interessante und große SF-Märkte gibt: den spanischen und den französischen etwa. Da schlummern noch viele unentdeckte Perlen. Zur Standortfrage: In meiner MegaFusion-Welt spielen viele Stories und (projektierte) Romane zwar in den USA, aber z. B. auch in Südamerika, Asien, in Europa und sogar in Deutschland! Ich möchte eine gewisse Internationalität beibehalten, denn ich gehe davon aus, dass die Welt in Zukunft noch stärker zusammenwächst, wenn es auch viele Hürden zu überwinden gilt. Und der Weltraum ist ja sowieso für alle da. Hier habe ich mit meiner SF noch nicht so richtig Fuß gefasst - nur manchmal mache ich literarische Space Trips. Der Qualität meiner Werke tut das aber keinen Abbruch. Womit wir beim "Funzen" wären ;-) Ja, ich gebe zu, dass ich mitunter auch Slang verwende. Das haben viele auch an meinen frühen SF-Stories bemängelt (andere fanden es super). Mittlerweile schreibe ich beides: also richtig bissige, dreckige MegaFusion-SF ("Dirty MegaFusion") und die saubere Variante, mit viel Erzähltiefe und Ausschmückungen, ganz so wie der geneigte Leser es am liebsten hat ("MegaFusion Ultraclean"). Seltsamerweise fällt letztere Variante immer mindestens zwanzig Seiten länger aus ... Wie ist das bei dir eigentlich? Wie gehst du an ein neues Romanprojekt? Was du so alles in die Tasten haut, da kommt ja kein Kolibri hinterher ;-) UP (hebt den Zeigefinger): Lenk nicht von deiner offenbar tiefgreifenden Anglifizierungsindoktrinierung ab. Ich prangere an, dass selbst deutsche Autoren klassische Ami-Motive nachplappern. Dabei könnte man die genüsslich zerlegen: Landet ein UFO im Central Park, sagt das Alien: Bringt mich zur Bundeskanzlerin von Deutschland. Sagen die Amerikaner: Deutschland? Wir wissen nicht mal, wo das liegt. Aber wir kennen den Weg zur Erlösung, und falls du's noch nicht weißt - auch du wurdest von unserem Gott vor 7000 Jahren geschaffen. Mag sein, dass die Amis immer noch so eine Art Leitkultur sind, geprägt durch Hollywood, das sich seit Jahren nur noch selbst kopiert, um bloß kein Risiko einzugehen. Wir aber haben nichts zu verlieren! Wir können auch eine Zukunft zeigen, die anders ist - selbst wenn es nicht das wahrscheinlichste Szenario ist, dass mal eine Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Raumstation im Orbit schwebt. Ich glaube, dass es eine nationale und europäische Identität gibt, die glücklicherweise heutzutage nicht mehr mit Nazi-Ideologie verwechselt wird, und die durchaus eine Menge Leser ansprechen kann. Nicht umsonst hat Kollege van den Boom weit über 2000 mal seine "Kaiserkrieger" verkauft! Das ist SF ohne Raumschiffe, ohne Cyberpunk, ohne sinnloses Technobrabbel, das keiner versteht. Warum lassen wir nicht die Amis die Ami-SF schreiben und erschaffen selbst deutsche und europäische? Wer soll es denn sonst tun, wenn nicht wir, hm?  SK (hebt eine Augenbraue): Klar, lasst uns alle schöne neue europäische SF schreiben! Das klingt alles sehr optimistisch, in der Umsetzung hapert es aber an den oben erwähnten Strukturen. Woanders sind zwar die Strukturen vorhanden, diese sind dort aber viel zu unflexibel, weil Vitamin-B-gesteuert. Ich kann als deutscher Autor meine Werke zwar übersetzen - ob sie veröffentlicht werden steht in den Sternen und Bezahlung ist ein unerreichbarer Planet im Verlagsuniversum. Da kann die Story noch so gut sein - man bekommt immer dieselben Standardabsagen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir in Europa ein eigenes Selbstverständnis entwickeln, welches sich von alten Traditionen löst. Warum nicht einmal zusammen arbeiten anstatt alles totzudiskutieren? Das wäre schon mal ein Anfang. Aber wenn ich mir so manche Diskussion anschaue, die hierzulande geführt wird, ist auch das ein unerreichbares Etwas im Teleskop eines sehr unerfahrenen Astronomen ... Warum bezeichnest du mich eigentlich laufend als anglo-indoktriniert? Woran machst du das fest? Ich schreibe internationale SF, mit Hang zu Großstädten als Schauplatz. Aber dass ich zu anglophil wäre ist mir bislang nicht in den Sinn gekommen. Ich benutze genauso die französische oder spanische Sprache (weil es da die zweitgrößten SF-Märkte gibt, lol). Nein, im Ernst. International bedeutet für mich eben auch international. Nicht bloß europäisch. Da müsste ich mich schon sehr einschränken und das will ich nicht. Du kannst ja gerne deine Regional-SF verfassen und ich wünsche dir eine Menge Leser, aber ich bleibe was ich bin: ein Internationalist! UP: Deine Storys sind anglophiler als die der meisten anderen deutscher Autoren. Übrigens würde ich die amerikanische SF nicht als internationalistisch einordnen, insofern sind wir auf einer Wellenlänge. Zu mehr Zusammenarbeit würde ich auch aufrufen, wenn ich nicht wüsste, dass die meisten Individuen der hiesigen SF-Szene in einem Streitgespräch wie dem unsrigen schon längst mit Besserwisserei, Beleidigungen und Anwaltsdrohungen angefangen hätten. Und Streit gehört so zwingend zu Zusammenarbeit wie Zeitmaschinen nicht zur Science Fiction. SK: Ja, ich hatte auch mal mit Streit gemailt ;-) Nein, wirklich: Es könnte hierzulande viel besser für Autoren wie Verleger laufen, wenn gewisse Schranken in den Köpfen einfach mal eingerissen würden, notfalls mit einem Bestseller, idealerweise mit dem ständigen Tröpfeln verlässlicher Informationsquellen wie z. B. dem SF-Netzwerk. Ich kann allen Autoren nur empfehlen, zu schreiben wie es ihnen passt, nicht wie manche Leute sie biegen wollen. Notfalls steht das alles dann auf irgendwelchen Independent-Seiten kostenlos im Netz - jemand wie ich würde sie garantiert aufstöbern und jemand wie du auch nehme ich an. Ganz abgesehen davon empfehle ich jedem, mein neues Buch "Menschgrenzen" zu lesen, das bei p.machinery erschienen ist! *Eigenwerbung aus* ... Ich fühle mich aber geehrt, dass du mich als anglophilen Autor bezeichnest, das war ja auch irgendwie beabsichtigt. Stellenweise schreibe ich ganze Passagen in Englisch, obwohl es eine deutsche Story ist. Kommt aber nicht häufig vor. Ehrlich. Wirklich. Meine neuen Stories sind absolut straight! Ups, schon wieder ein Anglizismus ;-) So, Schluss jetzt mit Albernheiten! 

UP: Albern? Wir? Wir sind SF-Autoren des 21. Jahrhunderts!

 

 

Steampunk – nichts als bloßer Dampf?

(Sven Klöpping)

 

Es ist das neue Subgenre der SF, das neue Label, das Verlage auf ihre Bücher kleben. Aber was ist wirklich dran am Steampunk? Ist alles blauer Dunst, ähm, Dampf? Dazu werd’ ich jetzt mal ein wenig – sorry – Dampf ablassen. Denn beim Dort.con durfte ich endlich meine erste Steampunk-Lesung erleben. Es wurden Texte aus „Von Feuer und Dampf“ vorgetragen, eine Geschichtenweber-Anthologie, die hier bestimmt noch einmal ausführlicher besprochen wird. Worum es mir jetzt aber erst mal geht sind folgende wichtige Fragen: Was außer Dampfmaschinen prägt dieses Genre eigentlich? Welches Gefühl soll vermittelt werden? Und: Welche Innovationsfähigkeit schlummert noch in den Aufmerksamkeit heischenden Postpostulierungen der SF-Industrie (nicht böse sein wegen dem doppelten „post“, Uwe)? Bei der Lesung kamen viele Dampfmaschinen vor, fast schon zu viele für meinen Geschmack. Obwohl mir lediglich ein Text nicht gefallen hat, war auch kein echtes Highlight dabei. Bis auf dieses: Einer der  vortragenden Autoren hat am Ende dann doch eine Maschine beschrieben, die mich sehr faszinierte. Welche das war und wie die funktionierte, müsst ihr selbst im oben erwähnten Buch nachlesen.

Fazit: Für mich muss Steampunk mehr bieten als die bloße Erwähnung von „Dampf...“ vor irgendeinem Wortteil. Es kommt auf das richtige Feeling an, das im 19. Jahrhundert vorherrschte. Industrialisierung pur. Schwere Maschinen. Kriegsgerät. Naive Territorialansprüche, die mit schweren Kanonen irgendwie durchgesetzt werden wollen. Ein großes Manko des Steampunk: es wird oft nicht sauber genug recherchiert. Die Lesung war okay, ich kann nicht klagen. Aber wer den S-Punk noch weiter entwickeln möchte, darf sich hierzu herzlich eingeladen fühlen ...

 

 

Interview mit Frank Hebben

(Sven Klöpping)

 

Vor ca. zehn Jahren hast du noch im stillen Kämmerlein an deinem Schreibstil gefeilt. Dann erschienen deine bekannt gewordenen Storys bei Nova und in anderen Magazinen. Was, meinst du, unterscheidet deine Texte von allen anderen? Was ist ihre USP, um im Werbedeutsch zu sprechen, das Alleinstellungsmerkmal, ihre „Unique Selling Proposition“?

 

Ich baue in meinen Geschichten schnell Druck und Sogwirkung auf, indem ich einen reduzierten Schreibstil nutze: nur die Worte, die ich wirklich für die Geschichte brauche, und alles Beiwerk fliegt raus. So bleibt die Essenz einer Szene, eines Szenarios übrig: Lieber kurz und knackig; was mich natürlich nicht davon abhält, auch längere Storys zu schreiben, die den Leser so richtig beuteln! „Hebben zu lesen, ist, als ob man fliegt“, hat Michael Iwoleit einmal im Spaß gesagt. Denke, das trifft es genau. Also, das Besondere ist wohl der technische Stil, der super zu meinen technischen Welten passt.

 

2008 schriebst du: „Eine super Idee, ein toller Charakter und/oder ein tolles Szenario komprimiert auf den Punkt gebracht, das ist die große Kunst – das reizt mich an dieser Literaturgattung.“ Welche Autoren würdest du da als Vorbild anführen?

 

Keinen bestimmten. Wenn sich diese Grundelemente sauber zusammenfügen, dann hat man eben spannende Kurz(!)-Geschichten am Start und keine 500 Seiten dicken Ziegelsteine, mit denen man arme Leser bewirft.

 

 

Man munkelt, dass bald deine nächste Storysammlung erscheint. Wie viele Erstveröffentlichungen werden darin enthalten sein und gibt es signifikante Unterschiede zu deinem ersten Buch („Prothesengötter“)?

 

„Maschinenkinder“ heißt das Teil, und ist vom Wurdack-Verlag bereits offiziell für 2012 angekündigt: Mein Verleger kommt also aus der Sache so leicht nicht mehr heraus! Und ich freue mich riesig, dass beide Story-Sammlungen als Zwillinge beisammen sein können. Wie der Titel schon sagt, geht es vorrangig um Personen, die in direkter Abhängigkeit zu Maschinen bzw. -welten stehen, sei es, dass eine Maschine sie erzeugt hat und/oder kontrolliert oder eine Maschine in Stand gesetzt werden muss, um Schlimmeres zu verhindern. Und: Es gibt mehr Happy-Endings! Gut, okay, das war dreist gelogen …

 

 

In deinen Geschichten muss „jedes Wort an die richtige Stelle“. Das merkt man auch beim Lesen und diesem Anspruch wirst du auch locker gerecht. Besteht aber nicht die Gefahr, dass man mit diesem Vorgehen irgendwann zu pedantisch wird, sich zu sehr in schönen Worten verliert und den Inhalt vergisst?

 

Nö. Die Marschrichtung ist: Welche Worte sollte ich verwenden, um den Inhalt – den Plot sauber in Szene zu setzen? Ich verwende sie also nicht zum Selbstzweck, sondern als Werkzeuge, um „die Bilder im Kopf“ zu malen. Jeder Schwulst fliegt raus, es sei denn, ich kann dadurch eine passendere Stimmung erzeugen. Muss man im Einzelnen abwägen …

 

 

Bei Facebook sieht man häufiger mal deine Fotos von Friedhöfen. Es ist auch bekannt, dass du der Gothic-Szene ziemlich zugetan bist. Denkst du, der Gothic-Einfluss spielt eine Rolle bei der Wahl deiner Settings?

 

Mal abgesehen davon, dass wir gelegentlich beim „Fiesen Freitag“ im Ringlokschuppen zusammen die müden Knochen schütteln, habe ich wenig bis keinen Kontakt zur Szene hier, aber ja: Mein schwarzes Herz steht voll auf diesen ganzen Gothkrempel! Liebe, Tod und Teufel – und das schlägt sich natürlich auch in meinen Geschichten wieder, wovon viele doch recht düster und traurig erscheinen. Zum Trost ein paar nette Worte vom Sänger von Placebo: „Ich denke, wir können deshalb so fröhliche Menschen sein, weil wir diese Art von Musik machen.“ Das unterschreibe ich.

 

 

In deiner Story „Gelée Royale“ beschreibst du eine Welt, in der Insekten eine bedeutende Rolle spielen. Denkst du, dass unsere Gesellschaft ein wenig zu insektoid agiert, oder: Während wir noch denken es wäre ein Termitenhaufen in dem wir fleißig  buddeln, graben wir dabei nicht in Wahrheit unser eigenes Massengrab? Und: könnte man aus unserem Schwarmverhalten nicht auch Positives lernen?

 

Ich möchte meine Geschichten zwar nicht überinterpretieren, aber es gibt darin schon rote Signale, die z.B. auf die Gefahr hindeuten, dass der Einzelne sich immer mehr in der modernen Gesellschaft verliert. Weil er Zusammenhänge und Hintergründe nicht mehr versteht oder trotz digitaler Revolution und Web 2.0 in seiner 2-Zimmer-Wohnung mit Balkonpflanze vereinsamt. Lösungen biete ich keine an, ich beschreibe nur, wie es sich anfühlen könnte, bloß noch ein Zahnrad der Großen Maschine zu sein.

 

 

Mal was ganz anderes ... (180°-Turn in Richtung Fandom) ... Wie siehst du die deutsche SF-Szene? Was muss geschehen, damit Autoren und Übersetzer wieder angemessen für ihre Arbeit entlohnt werden?

 

Ob man überhaupt noch von einer „Szene“ sprechen darf? Mittlerweile wohl eher so eine Art Großfamilie, die sich aus wenigen treuen Lesern, vielen Autoren bzw. Übersetzern und ein paar Kleinverlegern zusammensetzt. Das ist mein, vielleicht auch schiefer, Eindruck. Viele Leute kenne ich mittlerweile persönlich, und so sind diese SF-Cons mehr ein „La Familia gibt sich ein Stelldichein“ als das große Sternenkino, dass es früher einmal gewesen sein muss. Ein bisschen muffig – das liegt an den ganzen Urgesteinen – aber gemütlich wie Ommas Sofa.

 

Hat aber Potential, diese „Szene“: viele gute Leute dabei. Wir müssen jetzt bloß auf einen Buch-Blockbuster wie „Biss in den Apfel des Melmac“ oder ähnlich Reißerisches warten. Papier ist ja bekanntlich geduldig, und wir sind es auch. Oder wir kriegen eines Tages den Arsch hoch und klingeln sonntags in aller Herrgottsfrühe an jeder Haustüre, um die deutsche SF zu preisen. Spread the Word!

 

Wenn man dir den Posten als Heyne-SF-Lektor anbieten würde, würdest du annehmen? Und was würdest du anders machen?

 

Was zahlen die so? Echt schwierig zu sagen, OB ich überhaupt was anders machen würde. Geschäft ist Geschäft und Schnaps ist Schnaps. Profi-Lektoren sind keine Blumenkinder, da müssen die Zahlen stimmen, sonst gibt’s Ärger vom Chef!

 

 

Nenne mir die drei größten Fehler, die die großen Verlage auf der Suche nach neuer SF machen.

 

Hübsch, diese Suggestivfragen, die erste habe ich eben schon elegant umschifft. Warum denn Fehler? Ich als Straßenpoet würde ihnen entgegen rufen: Aber was ist mit der KUNST! Und sie würden wohl müde lächeln, mit dem Finger auf ihre leeren Geldbeutel zeigen und sagen: Kunst kann man nicht essen. Die Frage ist eben nicht: Wie geil ist das denn? – sondern: Lässt es sich verkaufen?

 

 

Dein Buch „Prothesengötter“ erschien ja bei Wurdack. Meinst du, dass andere Verlage Wurdacks Beispiel folgen sollten? Er hat ja in den vergangenen Jahren einiges bewegt ...

 

 

Ich denke nicht, dass Ernst Wurdack auf einem goldenen Zauberesel morgens zum Verlag reitet. Wie so häufig ist der Schlüssel zum Erfolg zunächst einmal verflucht harte Arbeit! Um sich das anzutun, dazu braucht man Leidenschaft, Durchhaltevermögen, etwas Wahnsinn und eine gute Portion Idealismus; und ich hoffe doch sehr, dass Ernst sich diesen Idealismus bewahrt, um auch in Zukunft tolle, besondere Bücher zu machen, die sich manchmal eben nicht gleich wie geschnitten Brot verkaufen.

 

 

(180°-Turn in Richtung Fenster) ... Was ist dein Lieblingswetter und herrscht es gerade draußen?

 

Mein Lieblingswetter? Sagen wir es so: 10 Grad und Regen wie heute ist es definitiv NICHT!

 

 

(180°-Turn in Richtung HiFi-Anlage) ... Welche sind deine Lieblingsbands und warum werden sie viel zu selten in Discos gespielt?

 

Also, zurzeit habe ich mich an “The Birthday Massacre” festgebissen. Süß wie Zuckerwatte, aber die fetzen! Muss ich dann mal den DJ anhauen, ob er’s auf der Platte liegen hat … *3te Suggestivfrage halb ignorier*.

 

 

Vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast!

 

Klaro, gerne.

Nachbemerkung: Ich denke zwar nicht, dass "Was würdest du anders machen?" eine Suggestivfrage ist, das wäre dann eher "Was würdest du richtig machen?", aber das ist ja nicht weiter schlimm, bedenkt man, dass Frank einmal ein heißer Kandidat auf den Posten bei Heyne sein könnte und dementsprechend schon jetzt seine diversen Umschiffungen gewisser Interview-Klippen üben möchte ...

 

 

Interview mit Michael Haitel

(Sven Klöpping)

 

1) Mit viel Motivation hast du einen Kleinverlag aufgebaut (p.machinery) und gibst für den SFCD zwei Magazine heraus. "Nebenbei" fungierst du noch als Chefredakteur der Fantasia (oder eFantasia). Wie findest du neben deinem Brotjob noch genug Zeit und Inspiration für diese Tätigkeiten?

 

Du hast ja keine Ahnung :) Daneben mache ich ja noch die Layouts für »MAGIRA – JAHRBUCH ZUR FANTASY«, für »Phase X«, »Geisterspiegel – Das Magazin«, »Haller« (ein Literaturmagazin aus Monschau), und was sonst noch so an Layoutgelegenheiten anfällt.

Mein Brotjob erlaubt mir große Flexibilität. Einerseits bin ich durch den Umstand, dass ich dort, wo ich arbeite, auch wohne, für Kollegen und Probleme auch außerhalb meiner Arbeitszeiten erreichbar, andererseits habe ich dadurch auch während meiner Arbeitszeit Zugriff auf private Ressourcen. Es ist eine Frage des Gleichgewichts. Wenn es die Zeit erlaubt, wird mal während der Dienstzeit was Privates erledigt, wenn es nötig ist, wird nach Feierabend auch mal für den Brötchengeber gearbeitet.

Davon abgesehen finde ich nie genug Zeit. Ich bin Workaholic, habe seit Jahrzehnten einen ständig abschlägig beschiedenen Antrag auf Einführung eines 72-Stunden-Tages in rekursiver Neustellung laufen und würde gerne irgendein Mittel – egal, ob technisch, magisch oder was auch immer – haben, um aus 60 Minuten einer Stunde mehr herauszuholen. Ich arbeite immer. Im Gegensatz zu meiner Frau bin ich multitaskingfähig :) – und ich nutze das gnadenlos aus.

Und Inspiration … Der Grund, warum ich mich mit der Verlegerei beschäftige, und mit all den anderen Dingen, die damit zu tun haben, ist einerseits ein wenig Technikfreakery :) [nein, das Wort findest du in keinem Wörterbuch], andererseits vor allem die unbändige Leidenschaft, Layouts zu machen. Selbst das langweiligst scheinende Taschenbuchlayout – mit einfachem Textblock und Seitenzahlen am unteren Rand – macht mich ganz fürchterlich an.

Die Inspiration, so ich dafür überhaupt welche brauche, kommt von selbst. Nimm Storyprojekte, die ich mache. Die aktuellen. Metallica, Kate Bush, die beiden Projekte – sind im Grunde ja von der »Hinterland«-Anthologie geklaut, but who cares? Die Idee hat sich ja genau in dem Zusammenhang mit »Hinterland« überhaupt erst entwickelt. Oder »Blackburn«, das Ding, das mir dank exzessivem Genuss (!) des Filmes »Blackhawk Down« nicht mehr aus dem Kopf wollte. Tatsächlich habe ich sogar viel zu viele Ideen, und ich bin nicht ganz unfroh, dass ich manche einfach wieder vergesse, bevor ich sie auch nur aufschreiben kann.

 

2) Welche Argumente kontra deutsche SF lassen dich am meisten verzweifeln und wie entgegnest du ihnen standardmäßig?

 

Zwei Antworten: Gar keine. Gar nicht.

 

Es gibt keine Argumente gegen irgendeine Literaturgattung. Es gibt die Erkenntnis, dass alles Geschmackssache ist, und damit enden Argumentationen. Wer Literatur à la »Axolotl Roadkill« mag, liest, haben will, der mag das, liest das, will das haben. Das entbehrt jeder Grundlage für eine Argumentation dagegen. Man kann als Verfechter irgendeiner hochliterarischen Richtung solchen Leuten Vorwürfe machen, aber wer hat das Problem? Die Liebhaber von »Axolotl Roadkill« und ähnlichen Werk ganz sicher nicht.

Es gibt auch keine Argumente gegen deutsche SF. Wer solche sucht, findet, äußert, der zeigt damit eigentlich nur, dass er keine Ahnung hat. Es gibt in– ohne jede Ausnahme – jeder Literaturgattung und -richtung gutes und schlechtes Material. Die deutschen SF-Autoren – und ich nenne keine Namen, wir kennen sie alle (und wer sie nicht kennt, ist vermutlich einer von denen, die Argumente gegen deutsche SF zu haben meinen). Es gibt genug Beispiele in der deutschen SF, die sich mit Amerikanern und Engländern – gibt es bei denen eigentlich noch echte SF-Autoren, oder sind das nur Fantasyautoren, die die Tolkienviechereien weglassen? :) – lockerst messen können, die sich nicht nur nicht schämen müssen, sondern die sich mit stolzgeschwellter Brust hinstellen können und sagen sollten: »Ha, siagst, Dreggsbirschal …« :)

 

Und das ist auch das, was ich entgegnen würde, wenn ich was entgegnen müsste. Was ich nicht muss, wenn ich es mit messianischen Deutsche-SF-Gegnern zu tun habe. Das sind Leute, die es vermutlich nötig haben. Oder auch nicht. Keine Ahnung. Das ist einfach etwas, das mich nicht interessiert.

 

3) Welche Werke deutschsprachiger SF haben dich in den letzten Jahren am meisten fasziniert (und jetzt bitte nicht bloß Eigenwerbung machen)?

 

Schwere Frage. Und du wirst lachen, von meinen eigenen Büchern wollte ich eh nicht reden, nicht, weil sie nicht gut wären, d. h., weil ich sie nicht gut fände, aber die habe ich gemacht, die habe ich nicht als Konsument gelesen, sondern als Verleger, über die kann ich überhaupt nichts einigermaßen Objektives mehr sagen.

Mein eigentliches Problem bei der Beantwortung dieser Frage ist, dass ich eigentlich keine deutsche SF lese :) Nicht wirklich, nicht leidenschaftlich, nicht, weil sie mir wichtig wäre. Ich lese sie im Rahmen meiner Zugehörigkeit zum Komitee des Deutschen Science-Fiction-Preises (DSFP), aber da sind halt auch Sachen dabei …

Eigentlich habe ich erst 2010 wieder angefangen, gezielt SF zu lesen – und da durch den DSFP eben vor allem deutsche SF. Ich habe 2011 viele Kurzgeschichtensammlungen gelesen, darunter Nova 16 und 17, die beide recht gemischt waren (und in der 17 war es ausgerechnet der internationale Beitrag, der alle anderen geschlagen hat), und mein Highlight war eben »Hinterland« in diesem Bereich. Und bei den Romanen oder Novellen – die im DSFP zu den Kurzgeschichten gerechnet werden – war es vor allem die »Schaumschwester« und »Das Thüringen-Projekt«, zwei Werke, die eigentlich wohl eher in die Grenzbereiche der SF zu rechnen sind, die mir aber trotzdem über alle Maßen gut gemundet haben.

Ansonsten bin ich mehr so ein Autorenfan. Ich mag ein paar Autoren, von denen ich alles erstmal gerne lese, bevor ich mir ein Urteil bilde, aber selten in meinem Fansein enttäuscht werde. Arno Endler ist so jemand, ein Autor, der von Uwe Post gerne mal ein bisschen hingehängt wird, mit guten Argumenten, unbestritten, aber ich mag den Endler trotzdem gern lesen. Und so weiter. Und ansonsten bin ich einfach ein Leser, der sich gerne überraschen lässt, von neuen Namen, neuen Themen, neuen Genres. Oder anders ausgedrückt: Die ganzen großen Blockbuster deutscher SF habe ich gar nicht gelesen :)

 

4) Wieso kann die SF momentan so überhaupt nicht mit der Fantasy mithalten, die du ja auch mit in dein Verlagsprogramm aufgenommen hast?

 

Die Fantasy in meinem Verlagsprogramm hat einen nicht eindeutig erkennbaren, aber von mir eindeutig definierten Einschlag: Es müssen Märchen sein (oder doch Märchenhaftes), und es muss eine Jugendeignung haben, eine Zielrichtung auf die Jugend (ich sage mal 10–16 Jahre) in der Zielgruppenorientierung. Fantasy-Schwarten, X-Teiler und Tolkien-Viecharien wird es bei mir nicht geben; das ist eine Literatur, die mich selbst langweilt, ich werde mich hüten, mir so was als Korrektorat oder Lektorat an den Hals zu hängen.

 

Wenn ich es überhaupt entscheiden müsste, sähe ich zwei Gründe.

 

Der eine Grund ist die Marktmacht der »Media Fiction«, nennen wir es mal so. Star Trek – mit allen Ablegern –, Star Wars, Babylon 5, Stargate, lauter solche Serien, auch welche wie »Firefly« als Randbereich-SF-Media-Format … Diese Vertreter der medialen, der bewegten SF haben mit großem Eindruck, mit großer Wucht das Interesse eine seinerzeit – Star Trek ging in den 60ern los, Star Wars Ende der 70er – recht nischenhafte SF im deutschen Sprachraum einfach an die Wand gedrängt. Ich als deutscher Autor hätte mich damals ebenso wie heute gefragt, wozu ich gegen so was mit dem Ziel anzuschreiben versuchen sollte, berühmt werden zu wollen. Aussichtslos. Es gibt ja zu jeder Richtung der SF – wie auch zu allem anderen – genug Kritikpunkte, und Trek, Wars, Bab5, Stargate, das ist alles nicht das Ultimo, das Ende allen literarischen oder filmischen Seins. Aber es ist mächtig, und ich denke, es ist lange Zeit so übermächtig gewesen, dass die heutige Jugendgeneration, der Nachwuchs, einfach wieder erfahren muss, dass es mehr gibt, als das, was über den Bildschirm flimmert, und das nicht nur aus deutscher Feder, sondern überhaupt. Und das wird einfach insgesamt zu wenig promoted. Beim »Blade Runner« seinerzeit hat man noch mit Philip K. Dick geworben – heute? Niente.

 

Der zweite Grund in meinen Augen ist die Reaktion des Verlagsmarktes auf mediale Strömungen. Klar, es gibt Bücher aus dem Star-Trek-Universum, aber wie sehen die aus, wie werden die vermarktet? Nicht mal annähernd so mächtig wie die Filme. Oder Star Wars, genau dasselbe. Es gibt um beide Universen – Trek und Wars – jede Menge Drumherum, aber es bleibt zum Beispiel gerade in Deutschland wenig beachtet. Schaut man sich dagegen das … Entschuldigung … verf***te Sch***theater um die jämmerlichen Jackson-Verfilmungen des »Herrn der Ringe« an, und das, was das nach sich gezogen hat, muss man sich wirklich nicht wundern. Es ist eine Zeitfrage. Wann wurde der »Herr der Ringe« geschrieben? Und wann versau… äh, verfilmt? Die Zeitspanne dazwischen hatte zur Folge, dass es eine Riesenbevölkerungsschicht gab, die sich die Filme nach endlos lange zurückliegender Buchlektüre eingepfiffen hat, sowie eine ebenso große Bevölkerungsschicht, die überhaupt nicht wusste, wovon die Rede war, sondern nur dachte: »Wwuuuooooaaah, Ooooaaaaksss, hee, voll krass, odäää?« Und genau so hat sich die Fantasyliteraturszene danach auch entwickelt.

Was überraschenderweise bislang nur marginal ausgeschaltet wurde, sind zum Beispiel Einhörner. Katzen sind auch schon verarbeitet worden – siehe »Warrior Cats« –, Hunde nicht, die sind zu lieb, wie es scheint. Eichhörnchen fehlen noch völlig. Ratten eignen sich ja eh nur für Horrorfilme und »Ratatouille«, insofern.

 

Wäre ich SF-Autor oder SF-Verleger – hoppala, bin ich ja :) –, würde ich mir über die Übermacht der Fantasy keine großen Gedanken machen. Die Übermacht ist vermeintlich, scheinbar. Nur, weil ich fünfzig Tonnen Scheiße abkippe, ist der Diamant, der darunter zu liegen kommt, nicht auch Scheiße.

 

5) Von Uwe soll ich fragen, ob du wirklich glaubst, dass es Leute gibt, die die Unmengen lesen, die du so allmonatlich produzierst ...

 

Ich muss die Frage dahin gehend zurückreichen, dass ich nicht sicher weiß, was Uwe mit »Unmengen« meint. Ich mache einiges, ja, aber ich schaffe es nicht mal auf einen Buchtitel meines eigenen Verlages pro Monat, und die ANDROMEDA NACHRICHTEN mache ja eigentlich nicht ich, vor allem layoute ich sie. Und selbst wenn wir uns über Zahlen einigen könnten … Nein, ich glaube das nicht, und zwar nicht, weil man es mir nicht glaubhaft machen kann, sondern einfach, weil es mir egal ist. Wer das, was ich mache, egal in welcher Rolle, nicht lesen mag, mag es auch dann nicht lesen, wenn ich weniger mache.

 

6) Erzähl uns doch ein wenig vom Privatmensch Haitel. Wie sieht ein üblicher Arbeitstag bei dir aus?

 

Ein Werktag? Um 6 Uhr aufstehen, Schatzi wecken, ins Büro gehen (3 Minuten Arbeitsweg, komplett überdacht), Rechner hochfahren, Routinekram in Angriff nehmen, 7 Uhr heimgehen (3 Minuten Arbeitsweg, wie gehabt), Tee mit Schatzi trinken, 7.30 Uhr zurück ins Büro (3 Minuten Arbeitsweg, gähn …), das Tun und Lassen eines Netzwerkadmins zelebrieren, vermischt mit privaten Elementen (siehe oben), am späteren Vormittag gehe ich zum benachbarten Getränkemarkt, mich eindecken, mittags verziehe ich mich meist ins Home Office – ich lebe im gleichen Netzwerk, in dem ich arbeite, also ist es eigentlich wurscht, wo ich arbeite –, irgendwann mache ich dann nominell (durch die Zeiterfassung) Feierabend und bleibe i.d.R. bis gegen 19 Uhr am Rechner (und damit auch bei meinem Brötchengeber) oder auch an einem Buch aktiv, danach gibt es Abendessen und dann TV, gerne auch von der seichteren, deutschkomödiantischen Sorte. Während dieser geschilderten Schiene passieren noch so viele Sachen nebenher und parallel, dass ich zumindest eine Novelle darüber verfassen könnte. Meine Tage jedenfalls sind erfüllt. Und auch am Wochenende gibt es eigentlich nur Verschiebungen der jeweiligen Anteile. Ich arbeite auch am Wochenende immer wieder – und immer gerne, denn da gehört mein Netzwerk ganz mir allein! :) – für meinen Brötchengeber, und das Wichtigste ist für mich einfach, dass ich etwas zu tun habe.

 

7) Welchen Anteil haben deiner Meinung nach die beiden großen deutschen SF- Literaturpreise an der Marktfähigkeit deutschsprachiger SF?

 

Ehrlich? Gar keinen. Es mag einerseits daran liegen, dass die Vermarktungsbemühungen der Preisausrichter zu gering sind. Es liegt aber m. E. v. a. daran, dass die Verlage – und je größer sie sind, umso ignoranter sind sie – die Preise nicht wahrnehmen, nicht supporten, nicht unterstützen, selbst nicht nutzen. Die kleinen Verlage eher, die großen eben weniger. Das ändert für mich nichts daran, dass sie alle – nicht nur DSFP und DPP, auch der immer gern gebeutelte KLP – wichtig sind, in Deutschland eine Existenzberechtigung haben und auf gar keinen Fall aufgegeben werden sollten. Dass der Markt sie nicht annimmt, das ist wiederum ein Problem des Marktes. Wenn der Fan, der von ihnen erfährt, sie annimmt und auf sie reagiert, dann sind es die Marketingfuzzis in den Verlagen, die halt einfach mal nicht erklären können, wo der Rush in den Verkaufszahlen beim Titel XYZ herkommt. Schicksal. Da Marketingfuzzis in der Regel ihre Kohle eh für ihre dummen Sprüche bekommen, passt das schon. (Ich jedenfalls habe mich über den kleinen Schub nach dem DSFP-2010-Gewinn Matthias Falkes für seine Story »Boa Esperança« bei meinem Autoren noch mal bedankt.)

 

8) Zeit für Eigenwerbung. Welche Projekte stehen bei dir an und was möchtest du Autoren raten, die etwas zu diesen Projekten beisteuern möchten?

 

Das hab ich ja befürchtet :)

 

Wenn man es genau nimmt, habe ich rund zwanzig Bücher in der Pipeline, in unterschiedlichen Stadien. SF-seitig werden als nächstes »Die Seelentrinkerin«, ein SF-Horror-Projekt, kommen, ebenso der erste Band der von Alisha Bionda herausgegebenen »Dark Wor(l)ds«-Reihe, »Der perfekte Friede«. Eine ganze Reihe von Einzeltiteln steht an, dazu ein weiterer Episodenroman von Axel Kruse, »Astrominc«. Auch in den Nicht-SF-Reihen geht es weiter, überall liegen Titel vor, die zu verarbeiten sind, darunter z. B. eine Fortsetzung zu »Der letzte Ritter« von A.D.E.M., ein Tibet-Band von Matthias Falke in der Reihe »ErlebnisWelten«, ein Amerika-Band von Simone Vogel-Knels in der gleichen Reihe, und schon begonnene Reihen werden fortgeführt: Die Jungs und Mädels vom »fantasyguide.de« arbeiten an der nächsten Anthologie, ich hoffe, dass »Ben Ryker« 2011 fortgeführt wird. Und so weiter.

 

Autoren, die glauben, von mir verlegt werden zu wollen oder zu müssen, müssen eine einfache Entscheidung treffen. Ist Geld da? Dann veröffentliche ich jedes Buch in jeder gewünschten Form, nicht nur unter meinem Verlagslabel, auch unter anderen Umständen, sozusagen. Ist kein Geld da? Dann sollte der Autor sich anschauen, was ich für ein Programm habe. Was da nicht reinpasst, kann ggf. einer Prüfung unterzogen werden, aber die Wahrscheinlichkeit ist eher gering, dass ich einen neuen Reihenzweig aufmache. Ich erkenne längst die Notwendigkeit, mich zu konzentrieren.

Beste Chancen haben derzeit Autoren, die mir Bücher zum Thema Malta (incl. Malteser Ritterorden) liefern, ebenso das Thema Hunde (keine Ratgeber, sondern Erlebnisse) und – ganz wichtig – Ikebana!

 

9) Was mich persönlich jetzt mal interessiert: Wie kam es dazu, dass das "Story Center" des SFCD nach zehn Jahren wieder ins Leben gerufen wurde?

 

Das ist so nicht ganz richtig. Das letzte STORY CENTER der alten Bauweise war das 2007er, von Arno Behrendt und seiner Mannschaft zusammengestellt und produziert. Ende 2008, als die Vorstandswahlen zu einem neuen SFCD-Vorstand führten, wäre die nächste Ausgabe fällig gewesen, doch Arno hatte vorher schon abgewunken und der Vorstand hat die Entscheidung getroffen, STORY CENTER als SFCD-Publikation einzustellen. Ich bin damals insofern dazwischen gegangen, dass ich um Übergabe des Titels bat, um die Serie unter anderen Vorzeichen und Prämissen fortzuführen. Bis zur 2007er Ausgabe war STORY CENTER zuletzt ein A4-Magazin, ich habe halt mit dem 2009er Ziegelsteinpaket :) im Taschenbuchformat fortgesetzt. Absicht.

Die wichtigere Frage wäre, wie es dazu kommen konnte, dass ein Format wie STORY CENTER eingestellt werden sollte, aber das würde jetzt zu sehr in die Vereinstiefen des SFCD führen – und zwangsläufig dazu, dass ich schmutzige Wäsche auspacken müsste. Vielleicht lassen wir das lieber …

Wichtig zu wissen ist, dass STORY CENTER in seiner Intention als Veröffentlichungsplattform für junge, angehende und neue Autoren – aber auch für ältere Hasen, so ist es nicht – zur Verfügung steht und von meinem Verlag »für den SFCD« produziert und verlegt wird.

 

10) Und noch eine Frage zum aktuellen Story Center: Hat "Inzucht und die denkbare Gesellschaft" deiner Meinung nach genug Aufmerksamkeit erregt? Es war ja ein zugegeben ungewöhnliches Thema ... Und: Welche Anekdoten kannst oder willst du uns in diesem Zusammenhang zum Besten geben?

 

Das »Inzucht«-STORY CENTER hat Aufmerksamkeit erregt. Da ich noch Exemplare auf Lager habe, natürlich nicht genug :) Aber es gab schöne Reaktionen, es gab vor allem ehrliche Reaktionen, d. h., die Leser sind nicht hingegangen und haben versucht, mir aus welchem Grund auch immer Honig um den Bart zu schmieren, ich mag es schon, wenn man etwas, was ich mache, auch kritisiert, sofern es gut argumentiert ist, und das war es im Großen und Ganzen, und die Restunsicherheit ist dem jeweiligen Geschmack geschuldet.

Die Anthologie hat natürlich nichts verändert. Das kann sie auch nicht, nicht mit einer Auflage von derzeit unter 100 Exemplaren. Das war aber auch nicht meine Absicht. Meine Absicht bei dieser – wie auch anderen Anthologien, wie der »Seelentrinkerin«, der Metallica- und Kate-Bush-Anthologie, dem »Blackburn«-Projekt wie auch dem STORY CENTER 2011 in Sachen »Vatikan & Steampunk« – ist es, die Autoren herauszufordern. Die können was, alle, jeder, die können mehr, als sie denken. Ich bekomme nicht wie andere Anthologienausschreiber 200, 300, 500 Einsendungen, die sich rotzbonzig anhören, aber zu 95 % Schrott sind. Ich habe für »Inzucht« zwanzig Einsendungen bekommen und eine abgelehnt. Es ist natürlich, dass bei so einem Eingang die Wahrscheinlichkeit sehr groß ist, dass Material dabei ist, das halt nicht so gut ist, wie anderes. Aber das ist es nicht. Wichtig war und ist mir dabei die Erkenntnis, dass sich neunzehn Autoren – nur (!) neunzehn Autoren! – mit dem Thema so auseinandergesetzt haben, dass man bei diesen neunzehn Autoren sagen kann: Thema getroffen (auch wenn es Rezis gibt, die das Gegenteil behaupten). Und das auch noch in lesbarer Form gut, recht gut, sehr gut getroffen (Mark-Denis Leitner wird sich für seine Story vielleicht sogar vor Publikum zu verantworten haben).

Für das Projekt »Die Seelentrinkerin« sind 19 Storys gekommen. Eine muss ich ablehnen, weil sie den Ansprüchen nicht genügt; die Autorin ist 14 Jahre alt, da gibt es einfach technische, handwerkliche Gründe (aber ihre Richtung stimmt, das Mädel ist nicht verloren). Bei den anderen 18 Beiträgen sind zwei, drei Storys von Novellenlänge dabei, bei denen ich mir dachte: ›Heybloodyfuckingheavenlywelldonebaby!‹ Und da stehe ich auch zu.

 

Ungewöhnliche Themen werde ich jedenfalls weiter verfolgen. Die Metallica- und die Kate-Bush-Anthologie scheinen so ungewöhnlich erstmal nicht, aber wer beider Musik kennt, der wird ahnen, was da an Möglichkeiten drin steckt. »Blackburn« wird eine krasse Anthologie werden, ich weiß es. Ich stehe ja mit einigen meiner Autoren in regelmäßigem Kontakt. Und bei anderen weiß ich, was sie leisten können.

»Inzucht«, der ganze Ablauf, das war für mich der Beweis, dass ich richtig liege. Ich will mit meinen Büchern eh kein Geld verdienen. Kostendeckung ist nett, aber … scheiß drauf, Mann! Es gibt wichtigere Dinge …

 

Anekdoten kann ich im Zusammenhang mit »Inzucht« nicht erzählen. Die Entstehung des Buches war ganz normal, und dass Books on Demand so ein jämmerliches Bild abgegeben hat, finde ich eigentlich vor allem schade. Ich arbeite gerne mit denen – und werde das auch weiterhin tun –, nicht nur, aber auch, weil viele gute Gründe dafür sprechen, es zu tun, jedenfalls für mich. Dass der Laden einige Probleme hat, die man abstellen könnte – z. B. eine info@bod.de-Emailadresse, bei der man nach Tagen Antworten auf seine Mails bekommt, die dann auch aus Textbausteinen bestehen, oder schlimmer noch: per Snail Mail irgendwann –, das ist allzu offensichtlich. 2009 und anfangs 2010 hatten die Probleme mit ihren Druckdienstleistern, die inzwischen weitgehend behoben sind, es fehlt eigentlich nur noch daran, dass die Kommunikation nach außen insgesamt besser wird. Und der Ablauf, der zur Ablehnung von »Inzucht« als Druckprodukt – BoD war ja nicht mal der Verlag – führte, der ist so jämmerlich, dass man ihn nicht weiter ausführen sollte. Das ist auch kein BoD-spezifisches Verhaltensproblem. Das ist ein Abbild der deutschen Spießergesellschaft, die Titten-RTL und Fuck-Sat.1 braucht, aber ansonsten lieber die Eier auf Eis legt, weil sie dann mit einem rostigen Messer nicht so gut abgeschnitten werden können.

Naja.

Ei drüber. Das ist so wie mit den Leuten, die Argumente gegen deutsche SF haben. Muss ich mich damit mehr auseinandersetzen als nötig? Es ist schlimm genug, dass Fandom-Observer-MüllerManfred mir mit seinen Ausführungen in irgendeinem FO latent auch noch die Schuld an dem »Eklat« in die Schuhe schieben wollte. Auch so eine Deutschtümelei –

 

11) Wie heißt dein Lieblingsgetränk?

 

Weißbier. Vorzugsweise Hacker Pschorr, gerne auch Franziskaner und Paulaner, und ansonsten jedes Weißbier, das nich bei drei aufm Baum is. (Und du Arsch hast die Frage eh nur gestellt, weil du das weißt! <LOL>) – Und ich gebe es zu: Cisk mag ich auch.

 

12) Warum ist man in Bayern so gesellig?

 

Wer hat denn den Scheiß behauptet? Die Bayern sind nicht mehr und nicht weniger gesellig als irgendwelche anderen Deutschen. Die Bayern sind auch nicht mehr und nicht weniger peinlich in ihrer notdürftigen Geselligkeitsparanoia als andere Deutsche.

Bayern ist ein schönes Bundesland, Bayern ist eine schöne Gegend. Es wäre noch schöner, wenn es hier keine Menschen gäbe.

(Und wenn Bayern einen Mittelmeerstrand hätte <g>.)

 

13) Zum Schluss die Frage nach dem Michael Haitel in fünf Jahren. Wo siehst du dich?

 

Auf Malta, genauer auf Gozo. In einem hübschen kleinen Stadthaus in San Lawrenz oder Gharb, vielleicht auch in einem Farmhouse, oder vielleicht doch auf Malta in Mellieha. Mal sehen. Aber auf jeden Fall nicht mehr in Deutschland.

 

14) Danke für deine Antworten!

 

Gerne. Ich habe zu danken.

 

 

Interview mit Andreas Schütz

(Sven Klöpping)

 

Alle reden von der ISS – wir natürlich auch. Vor kurzem sollte wieder ein Space Shuttle (Endeavour) mit Roberto Vittori an Bord zur Internationalen Raumstation aufbrechen. Sagen Sie mal, wie viel Prozent Deutschland steckt eigentlich in der ISS? Oder sollte ich lieber fragen wie viel Prozent Europa drin steckt?

 

Deutschland ist über die europäische Raumfahrtagentur ESA an der ISS beteiligt. Von den gesamten Kosten der ISS trägt Europa rund vier Prozent und von diesen zahlt Deutschland etwas mehr als 20 Prozent. Nur für europäische Forschungslabor Columbus belaufen sich die Kosten, ohne Start, auf 880 Mio. EUR, von denen 51Prozent von Deutschland, 23Prozent von Italien, 18 Prozent von Frankreich und 8 Prozent von den USA und Kanada gemeinsam bereitgestellt werden.

 

Was sind die größten Argumente für die Raumfahrt? Ist es die wirtschaftliche Nutzung von Planeten und Monden? Oder doch das „große Experiment“, also das Überleben der Menschheit im All?

 

Es ist die Neugier des Menschen, die ihn immer getrieben hat, Neues zu entdecken, Grenzen zu überschreiten, zu neuen Horizonten aufzubrechen. Dieses Streben hat den Menschen auch ins Weltall gebracht. Als dieser Weg gegangen war, entstand die Frage, was machen wir da. Nach den Euphorien der 1950er und 1960er Jahre um die Fabriken und Hotels im All ist heute All-Tag eingekehrt. Ohne die Raumfahrt, ohne Navigation, ohne Erdbeobachtung und ohne Kommunikation ist heute das Funktionieren unserer modernen Gesellschaft nicht mehr denkbar. Somit hat die Raumfahrt auch die Kultur des Menschen beeinflusst, hat Veränderungen herbei geführt. Für die bemannte Raumfahrt ist das ebenso der Fall. Jeder Start von Menschen ins All löst eine Faszination aus. Es wird sicher noch Jahrzehnte dauern, bis es einem noch größeren Teil von Menschen möglich sein wird, in den Erdorbit zu fliegen, aber der Tag wird kommen. Denn wer hätte in den Anfangsjahren des 20. Jahrhunderts gedacht, dass es einmal ein Flugzeug wie den A 380 geben wird. Die Raumfahrt wird den gleichen Weg gehen.

 

Was hat „Mars Express“ bis heute an Daten geliefert und inwiefern sind sie wichtig für die hiesigen Konzerne und Regierungen (die Stereokamera HRSC wurde ja im DLR-Institut für Planetenforschung entwickelt)? Sie müssen hier natürlich nicht alle Geheimnisse verraten!

 

Der Mars ist heute zu fast 80 Prozent dreidimensional, farbig und in hoher Auflösung erfasst und kartiert. Das ist mehr als uns vom Mond bekannt ist und diese Art der Erfassung der Erde hat gerade erst begonnen. Wichtig sind diese Daten für die Wissenschaft. Sie tragen zum besseren Verständnis des Entstehens nicht nur unseres Sonnensystems bei, sondern auch unserer Erde.

 

Die Science Fiction beschäftigt sich ja literarisch mit den technischen Möglichkeiten der Zukunft. Ein zentrales Thema darin: eine Raumstation auf dem Mond oder sogar eine Mondstadt zu errichten. Wie realistisch ist eine dauerhafte Besiedlung des Mondes in den nächsten hundert Jahren?

 

Nach dem sich der Mensch mit der Internationalen Raumstation fest im Erdorbit etabliert hat, kann die Rückkehr zum Mond eine nächste Aufgabe sein. In den nächsten rund 30 Jahren wird der Mensch auf den Mond zurückkehren und dort „sein Lager aufschlagen“.

 

Und wie wird dieses Lager aller Voraussicht nach aussehen? Werden wir eine richtige kleine Stadt mit Bergwerken, Giftmülldepots etc. errichten oder wird es dann doch eher ein Basislager zur wissenschaftlichen Erkundung des Mondes sein?

 

„Lager“ meine ich hier im übertragenen Sinne. Als erstes kommt es darauf an, den Mond wissenschaftlich zu erkunden. Die ersten Schritte werden den Mond umkreisende Sonden und Roboter auf dessen Oberfläche sein. Dann folgt der Mensch. Natürlich wird dessen erste „Unterkunft“ ein Basislager sein. Alles was dann folgt wird sich aus den Notwendigkeiten und den Möglichkeiten ergeben. 

 

Lesen Sie eigentlich Science Fiction? Wenn ja, welche Autoren? Und ist es bei Ihrem Beruf überhaupt möglich, sich auch noch privat mit Weltraumthemen zu befassen?

 

Warum nicht? Ich finde es spannend, mich mit Gedanken auseinander zu setzen die mehr oder weniger weit in der Zukunft liegen. Angefangen habe ich mit Eberhard del Antonio, einem heute kaum noch bekannten deutschen Autoren. Zu meinen Lieblingsbüchern heute gehören „Menschen wie Götter“ von Sergej Snegow, aber auch die „Haarteppichknüpfer“ und „Raumststation“ sowie die Erzählungen von Andreas Eschbach. Nicht zu vergessen Frank Schätzing, den ich beim Entstehen von „Limit“ persönlich kennen lernen durfte.

 

„Die Haarteppichknüpfer“ gilt ja in der Szene als eines der besten Werke deutschsprachiger SF. Was macht Ihrer Meinung nach den Reiz dieses Buches aus?

 

Für mich sind „Die Haarteppichknüpfer“ eine Auseinandersetzung mit den Beziehungen die Kulturen zu einander pflegen. Wie kommen diese miteinander aus, wenn sie sich in verschiedenen technischen und kulturellen Entwicklungsstadien befinden? Eine Frage die sich auch heute noch auf der Erde aktuell stellt. Vielleicht ist es aber auch eine Frage, mit der sich die Menschheit irgendwann einmal auseinandersetzen muss. Wenn es zu Kontakten kommt, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können.

 

Ich persönlich glaube ja dass eine Besiedlung des Mars an den heftigen Winden und Wetterverhältnissen sowie an der Strahlung scheitern wird. Aber man wird ja häufig eines Besseren belehrt. Erforscht das DLR eigentlich auch, ob eine „Eroberung“ des Mars sinnvoll ist und wenn ja, wie es technisch machbar wäre?

 

Beim DLR beschäftigt man sich gegenwärtig mit der unbemannten Erforschung des Mars, mit neuen, größeren Landern und weiterführenden Experimenten. Auch werden schon die psychologischen Aspekte eines solch langen Fluges untersucht, gemeinsam mit den russischen Kollegen beim Experiment MARS500 in Moskau.

 

„Venus Express“ ist eine weitere spannende Mission an der das DLR beteiligt ist. Mal ganz ehrlich: Beim Mars kann ich eventuelle wirtschaftliche Komponenten ja noch nachvollziehen, aber ist gerade die Venus denn geeignet, von uns genutzt zu werden?

 

Wirtschaftliche Komponenten spielen bei den Forschungsarbeiten des DLR, speziell in der Planetenforschung, keine Rolle. Uns geht es um wissenschaftliche Erkenntnisse in der Grundlagenforschung. So ist erst in den letzten Jahren ist bekannt geworden, dass es auf der Venus einen Treibhauseffekt gab. Diesen zu untersuchen, kann uns helfen, ihn auf der Erde besser zu verstehen und ihn auch zu vermeiden.

 

Zum Schluss noch mal zur ISS: Glauben Sie, dass man in Zukunft auch Weltraumtouristen mit weniger Geld die Möglichkeit eines Kurzbesuches geben wird?

 

Ja, das glaube ich. Wenn die dafür notwendigen Transportmöglichkeiten vorhanden sind, dann wird es mehr Menschen möglich sein, sich die Erde von außen zu anzuschauen. Und auch das wird dazu führen, besser zu verstehen, was es heißt, auf der Erde zu leben und diese zu bewahren. Ein Wunsch den alle Astronauten äußern, wenn sie von ihren Missionen zurück kehren. 

 

Vielen Dank für Ihre Antworten!

 

 

Reingehört: Cungerlan 1

(Sven Klöpping)

Ein hoher Orden in der Welt von Cungerlan heißt “Shrill Itzu” – und shrill … ähm … schrill ist es denn auch, dieses Hörspiel von Jerry Marcs.

Da gibt es allerlei skurrile Gestalten, Lebewesen und Handlungsstränge. Etwa den ominösen Erzähler, der mangels erzählerischer Qualitäten eigentlich gar nichts in diesem Hörspiel zu suchen hätte und gleich zu Beginn auch schon von einem der Protagonisten harsch angegangen wird. Bunt und temporeich geht es dann weiter: eine Widerstandsbewegung will den mächtigen Kaiser Erzeboon II stürzen und gerät dabei in jede Menge Situationen, die manchmal so ausweglos erscheinen, dass nur noch ein guter Witz sie retten kann … Natürlich darf auch eine Liebesgeschichte nicht fehlen, die im Verlauf der Handlung zu Neid und so mancher Auseinandersetzung führt.

Diese SF-Parodie ist gespickt mit (Selbst-)Ironie und Situationskomik, wobei die einzelnen Witze nie aufgesetzt auf den Hörer wirken, sondern sich immer in die Handlung einfügen, so dass sie sich ganz selbstverständlich anhören. Klar: Douglas Adams kommt einem dabei in den Sinn, auch Terry Pratchett. Daneben gibt es aber noch eine durchaus spannende Handlung, die ihren (vorläufigen) Höhepunkt erreicht, als … ach nein, so weit wollte ich ja gar nicht gehen.

Die Soundeffekte werden professionell eingesetzt und klingen, wie echte Soundeffekte eines SF-Hörspiels eben klingen sollen. Unter den Sprechern befinden sich auch bekannte Schauspieler und Sprecher wie z. B. Peter Nottmeier, Heiko Obermöller oder Dustin Semmelrogge.

Auch wer Cungerlan schon kennt, möchte sich möglicherweise diese neu aufgenommenen Folgen zulegen, die den ursprünglichen “Spirit” von Jerry Marcs noch viel besser transportieren sollen. Außerdem gibt es noch mehr Szenen und ausführlichere Erzählertexte (in Unkenntnis der Vorgängerversion schreib ich das jetzt einfach mal so hin wie’s hier im Booklet steht) …

Fazit: Es lohnt sich bestimmt, da mal reinzuhören. Für ca. 5 EU (gebraucht) und 15 EU (neu) auch finanziell kein großes Risiko.


 

Deutsche SF vor 10 Jahren und heute

(Sven Klöpping)

 

Ich kann mich noch gut erinnern an die Zeit, als meine ersten SF-Storys bei Solar-X erschienen und ich mächtig stolz darauf war, bei einem der bekanntesten SF-Fanzines Deutschlands veröffentlicht worden zu sein ...

Mittlerweile hat sich einiges getan. Nova und phantastisch! wurden gegründet, Alien Contact hat die Printausgabe (leider) eingestellt, der Wurdack-Verlag macht erfolgreich vor, wie man deutsche SF professionell vermarktet. Außerdem haben sich die Kommunikationswege durch das verbesserte, schnellere Internet erheblich vereinfacht. Eigentlich könnten wir doch also alle ganz glücklich sein - es läuft. Gut, es läuft nicht superklasse, aber es läuft. Und das ist doch schon mal was. Statt ständig dieselben Diskussionen über Unveröffentlichbarkeit deutscher SF zu führen, sollten wir uns lieber darauf konzentrieren, das was vorhanden ist, auszubauen und auch weiterhin mutig und innovativ nach vorne zu schreiben und als Leser auch das zu kaufen, was da so alles angeboten wird.

Wisst ihr noch, wie kompliziert es vor zehn Jahren und gerade auch Ende der 90er noch war, Kontakt zu anderen aufzunehmen, weil man auf den umständlich designten Seiten nicht einmal einen Hauch von Kontaktmöglichkeit finden konnte? Oder diese schlecht gestalteten Textwüsten, die sich im Netz überall breit machten und wenn man sich dann doch entschloss, sie zu lesen, lohnte es sich meistens nicht? Das waren noch (Un)Zeiten!

Jawohl, Wordpress und Konsorten haben unser Internet-Leben verändert! Da können wir alle glücklich sein.

Trotzdem - irgendwie vermisse ich die alten Fanzine-Zeiten - wo man noch sehnsüchtig darauf wartete, dass der Postbote endlich die neue Ausgabe des Lieblingsmagazins vorbeibrachte und man extra ein Archiv anlegte, um auch ja kein Heft aus den Augen zu verlieren. Gut, ich war kein Sammler, aber ich habe schon nostalgische Gefühle, wenn ich an diese Zeit zurückdenke. Heute ist alles googliger - will sagen, man findet viel schneller, was man sucht. Aus den in mühevoller Heimarbeit gebastelten Fanzines sind multimediale E-Zines geworden, die alles bieten, was man als moderner Mensch erwartet. Sicher, das hat auch seine Vorteile. Aber irgendwie bleibt da dieses unbestimmte Gefühl des Vermissens ...

In diesem Sinne: Bastelt ruhig weiter an der Zukunft, auch wenn ihr jetzt keine Hefte mehr klebt sondern Digitales durch Memorychips jagt ;-)

 

 

Lesetipps: Die besten deutschsprachigen SF-Werke

(Sven Klöpping)

 

Laut einer Umfrage im SF-Netzwerk-Forum (www.sf-netzwerk.de) lohnt es sich, die folgenden Bücher einmal genauer zu lesen:

 

Am häufigsten genannt wurden:

Michael Marrak – Lord Gamma

Andreas Eschbach – Die Haarteppichknüpfer

Karsten Kruschel – Vilm

 

Allgemeine Zustimmung (bzw. keine Kritik) erhielten:

Dirk van den Boom – Tentakelkrieg- & Kaiserkrieger-Bände

Michael R. Baier – Coruum-Trilogie

Michael Marrak – Morphogenesis

Jan Gardemann – Der Remburg Report

Heinrich Steinfest – Gewitter über Pluto

Andreas Brandhorst – Diamant-Trilogie

Frank W. Haubold – Heimkehr (Story) & Die Schatten des Mars (Roman)

Mark Brandis – Weltraumpartisanen

Thomas R. P. Mielke – Das Sakriversum

Wolfgang Jeschke – Der letzte Tag der Schöpfung

Carl Amery – Der Untergang der Stadt Passau & Das Königsprojekt

Franz Fühmann – Saiäns Fiktschen (Erzählungen)

Gerd Prokop – Wer stiehlt schon Unterschenkel?

Kurt Mahr – Die Diktatorin der Welt

Angela & Karlheinz Steinmüller – Andymon

Ernst Vlcek: Sternensaga

Frank Borsch: Alien Earth Teil 1

Hans Kneifel: Der Einsame von Terra

Rainer Fuhrmann – Planet der Sirenen

Michael Szameit – Planet der Windharfen

Dietmar Dath – Phonon oder Staat ohne Namen

Thomas Ziegler – Unter Tage

Andreas Eschbach – Ausgebrannt

Christian Kracht – Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten

Michael K. Iwoleit – Psyhack

Anthologien

Karla Schmidt (Hrsg.) – Hinterland (Anthologie)

Wolfgang Jeschke (Hrsg.) – Das Auge des Phönix

Thomas Rabenstein (Hrsg.) – Nebular (Fan-Serie)

 

Erwähnt, aber kritisiert wurden:

Andreas Gruber – Das Eulentor

Herbert W. Franke – Ypsilon minus

 

 

Star Trek „Next Generation“: Das Erfolgsgeheimnis!

(Sven Klöpping)

 

Warum ist/war Star Trek eigentlich so erfolgreich? Das Original sicher deshalb, weil es zu dieser Zeit fast nichts Vergleichbares im Fernsehen gab. Es war neu, es war hip, es war Sciencefiction. Das wollte jeder sehen. In den Neunzigern dann, als Captain Picard auf der Brücke erschien, dachten viele, jetzt geht es mit der Serie bergab, denn alles schien schon gezeigt worden zu sein. Mitnichten! Neue Abenteuer, intelligente Spezies, interessante Entdeckungen überzeugten Millionen von der „Next Generation“. Was aber war das Rezept, die Geheimformel für den unglaublichen Erfolg der Serie, die bis heute noch Jung und Alt fasziniert?

 

Identifikationsfiguren

 

Ein wichtiger Grund ist sicherlich, dass beinah jeder Mensch sich mit mindestens einem Besatzungsmitglied der Enterprise identifizieren kann oder will. Welcher Mann möchte nicht gerne so sein wie Riker (Frauenheld und erfolgreicher Erster Offizier), welche Frau nicht so begehrt und einfühlsam wie Deeana Troi? Es geht aber noch weiter: denn die komplexe Völkergemeinschaft in der Föderation birgt sehr genaue Abbilder realer und fantastischer Völkermodelle: dabei werden zum Beispiel die (in der westlich-verklärten Vorstellung immer noch „wilden“) Afrikaner von den Klingonen repräsentiert, außerdem gibt es die über allem stehenden, elfengleichen Vulkanier (spitze Ohren, hoch gewachsene Statur) oder die an Zwerge erinnernden Ferengi (klein gewachsene Händler). Die Ähnlichkeiten sind verblüffend, oder? Tolkien würde sagen: das ist alles nur geklaut! Wir antworten: Ja, aber ziemlich gut.

 

Der Mix macht’s

 

In jeder Folge von „Next Generation“ gibt es zwei Handlungsstränge: der eine ist von großer Wichtigkeit für die Sternenflotte, es geht immer darum, einen Planeten zu retten, ein Volk vor der völligen Vernichtung zu bewahren und Ähnliches. Der andere stellt uns die einzelnen Besatzungsmitglieder vor: ihre Vorlieben, Beziehungen, Probleme. Durch diese Verknüpfung von „Privatem“ und „Globalem“ entstehen reizvolle Gegensätze – die Zuschauer werden mal in die eine, dann wieder in die andere Richtung „entführt“ und wissen, dass es in beiden interessante Entwicklungen gibt.

 

Das mystische Element

 

Natürlich spielt auch der Ideenreichtum eine große Rolle für den Erfolg der Serie: immer wieder gibt es besondere Highlights – Spezies und Entitäten, die so fremdartig sind dass es schon wieder ans Mystische grenzt. Fragen aus unserer Vergangenheit bzw. unserer Kultur werden mit ihrer Hilfe angerissen und manchmal auch beantwortet. Das, was wir eigentlich mit Sciencefiction verbinden – nämlich das Erforschen fremder Welten und Kulturen – wird hier exzellent vorexerziert. 

 

Dies alles trägt dazu bei, dass wir auch in Zukunft noch mit Begeisterung den Fernseher einschalten, wenn es heißt: „Die Enterprise dringt dabei in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat ...“

 

 

Vortex

(Sven KIöpping)

 

Dieser deutsche SF-Film von 2001 hatte beim Fantasy Filmfest überraschend gute Kritiken eingeheimst und es lohnt sich auch nach zehn Jahren noch ihn zu sehen.

Zum Inhalt: Vincent (Hardy Krüger jr.) wird überfallen und tötet seinen Angreifer aus Notwehr. Natürlich hat die Polizei keine Lust und Zeit zu recherchieren und buchtet ihn in “Vortex” ein, einem neuartigen System zur Behandlung Krimineller durch eine virtuelle Realität. In dieser muss Vincent verschiedene Aufgaben erfüllen, damit er am Leben bleibt. Die erste besteht z. B. darin, jemanden umzubringen …

Dass einige wenige Allgemeinplätze vorhanden sind, wird durch die schnelle und spannende Handlung mehr als wett gemacht. Die Zwischensequenzen, in denen Vincent wieder aus seiner Traumwelt erwacht und mit einem Psychologen sprechen darf, wurden geschickt in die Handlung eingefügt.

 

Die schauspielerische Leistung der Darsteller ist zwar nicht hollywoodreif, aber wird dem Zweck und der Story durchaus gerecht.

Insgesamt kann ich den Film nur empfehlen, stellt er doch ein interessantes Abbild unser Gesellschaft dar, in der schon heute viele Parallelen zum Film existieren, der erst Ende des 21. Jahrhunderts spielt.

 

Mehr Infos und einen Trailer gibt es unter http://www.video.de/videofilm/vortex-dvd-kauf/61737.

 

 

Interview mit Michael Marrak

(Sven Klöpping)

 

Zunächst die obligatorische Frage: Wie kamst du auf die Idee, die Backgroundstory zu einem Computerspiel zu verfassen? Zuviel Wii gezockt?

 

Im Gegenteil, zumal es die Konsole Anfang 2005 noch gar nicht gab. Ich erhielt damals eine Mail des Entwicklerstudios. Man wollte wissen, ob ich Interesse hätte, das Universum für ein SF-Computerspiel zu entwerfen und die Story dafür zu schreiben. Zu dieser Zeit wohnte ich kaum dreißig Kilometer entfernt von Hannover, dem Sitz des Entwicklerstudios, also sozusagen vor der Haustür. Zudem hatte ich damals gerade einen Roman beendet, in dem ich meinen Protagonisten über 600 Seiten durch eine Nanobot-Hölle scheuchte. Die Aussicht auf eine Space Opera bot eine willkommene Genre-Abwechslung und zugleich die Chance, Neuland zu betreten. Vor allem aber war es spannend, live mitzuerleben, wie ein Computerspiel entsteht, mit allen Höhen und Tiefen. Es ist für einen Autor nicht alltäglich Zeuge zu werden, wie seine Texte sich nach und nach in ein fast schon cineastisches Erlebnis verwandeln – und das in einer Qualität, für die vor 20 Jahren jeder SF-Regisseur wahrscheinlich seine Großmutter verkauft hätte.

 

 

Wie viel Mitspieler hat Black Prophecy eigentlich momentan?

 

Da fragst du leider den Falschen. Die genauen Zahlen – vor einigen Monaten kam ja der US-Markt hinzu – kennt wahrscheinlich nur das Product Management bei gamigo.

 

 

Ich habe mir die Online-Infos zum Buch angeschaut und auch die Leseproben angelesen. Klingt alles sehr gut, dein Schreibstil ist wie immer fantastisch. Was ist das Neue, auf das sich deine Leser bei Black Prophecy / Gambit freuen dürfen? Ich meine, eine Space Opera zu schreiben ist ja Neuland für dich ...

 

Zumindest in Sachen Romane. Einige in Space-Opera-Gefilden angesiedelte Kurzgeschichten waren bereits Mitte/Ende der 1990er-Jahre entstanden und teils im Magazin „Alien Contact“ veröffentlicht worden, von denen vor allem ASTROSAPIENS (1998) auch in GAMBIT eine tragende Rolle spielt.

 

Ohne die jahrelange Arbeit für BLACK PROPHECY hätte ich wahrscheinlich nie damit begonnen, eine Space Opera zu schreiben. Die Herausforderung, eine komplexe Zukunftswelt – oder besser gesagt: eine Zukunftsgalaxie – zu entwerfen, erschien mir lange Zeit zu groß. Überraschenderweise war der Entwurfs- und Schreibprozess schließlich weitaus weniger kompliziert als befürchtet. Viele Passagen, die auf Raumschiffen und Raumstationen spielen, hatten mich beim Schreiben an die Bunkerwelten in LORD GAMMA erinnert, was ausschlaggebend dafür war, dass das Schreiben nicht nur leicht von der Hand ging, sondern auch großen Spaß machte. Alle drei Lokalitäten bilden hermetisch von der Außenwelt abgeschirmte Habitate, die nur über Schleusen verlassen werden können. Zudem teilt die Figur des Jerome diverse Charaktereigenschaften mit Stan Ternasky, dem Protagonisten aus LORD GAMMA, wie auch Abhazia vieles mit Prill gemeinsam hat. Abgesehen davon waren fünf Jahre Storyentwicklung mehr als ausreichend, um ein in sich schlüssiges Zukunftsszenario zu entwickeln.

Der Titel GAMBIT ist im Grunde Programm, wobei der Begriff nicht allen Lesern geläufig sein dürfte. Als „Gambit“ bezeichnet man die Eröffnung eines Schachspiels, in deren Verlauf dem Gegner einige Figuren geopfert werden, um sich dadurch eine strategisch günstige und schlagkräftige Ausgangssituation zu verschaffen. Dementsprechend stellt auch der Roman eine Eröffnung dar; eine Ouvertüre dessen, was noch folgt.

 

 

In Black Prophecy gibt es verschiedene Arten von Menschen: die kybernetischen Tyi und die biogenetischen Geniden zum Beispiel. Was ist das Besondere an ihnen? Kannst du uns einen kurzen Einblick in Lebenswelt und

-weise dieser Menschen geben? Und welche Arten gibt es noch?

 

In den Romanen jedenfalls mehr als im Spiel. Das hat bereits für Verwirrung gesorgt bzw. zu Missverständnissen geführt, da einige Leser und Rezensenten die auf der neu erschlossenen Koloniewelt Triamon beheimatete Rasse der Arbu für die „finsteren“ Außerirdischen hielten. Das ist jedoch ein Trugschluss. Die so genannten „Restauratoren“ haben ihren Auftritt erst in Band 2. Mit den wurmartigen, auf Triamon heimischen Kreaturen, die in Band 1 ihr Unwesen treiben, hat es etwas ganz anderes auf sich.

Außer Tyi, Geniden und Sapiens existieren im BP-Universum noch diverse Organisationen wie die Jadd Baran, die Kirche der Bewahrer, die Andronische Garde oder das Cephalon.

Die Geniden wurden gezüchtet, um den menschlichen Körper zu optimieren und den spezifischen und oft lebensfeindlichen Umweltbedingungen fremder Welten anzupassen. Sie haben sich gänzlich den Möglichkeiten der Biogenese verschrieben, besitzen eine rasche Wundheilung und sind resistent gegen viele Krankheiten. Ihr Streben nach Unabhängigkeit entfachte auf der Kolonie Sabiador einst den ersten Art-Krieg.

Daneben existiert eine weitere biogenetische Lebensform, die nur in den Romanen in Erscheinung tritt: die sogenannten Neomorphe. Bei ihnen handelt es sich um eine von den Sapiens erschaffene Unterspezies der Geniden, die einst als Terraforming-Elite erschaffen wurde. Heute stehen sie auf der Abschussliste der Geniden und sind nahezu ausgerottet.

Eine weitere Instanz ist das Cephalon, eine Art Geheimrat, dessen Mitglieder im Spiel zwar als ominöse Auftraggeber agieren, aber physisch nie in Erscheinung treten. Man bekommt es nur mit ihren Vermittlern zu tun. In den Romanen hingegen besitzen sie eine tragende Rolle, und man erfährt viel über den Fluch und Segen ihrer Krankheit, die sie zu dem macht, was sie sind: Kreaturen mit enormen PSI-Fähigkeiten, deren Lebenserwartung aufgrund ihrer unkontrolliert wuchernden Parasitenhirne sehr begrenzt ist.

Die Tyi bilden neben den Geniden die zweite Übermenschen-Spezies. Im Gegensatz zu ihren genetisch veränderten Erzfeinden haben sie ihre Körper komplett der Kybernetik verschrieben. Tyi-Protektoren besitzen übermenschliche Kräfte, sind strahlenresistent, verfügen über unabhängige Blutkreisläufe und Zusatzorgane. Ihr Name ist ein Akronym der Bezeichnung „Tactical Yeomen Inhabitants“. Die meisten Tyi sind auf den ersten Blick kaum von „normalen“ Menschen zu unterscheiden, da sie endogene Implantate tragen.

Die Jadd Baran hingegen sind eine militante Splittergruppe der Sapiens mit einem wahnhaften Hass auf beide Superior-Spezies. Sie feierten ihre Gründung in den Unruhen des ersten Art-Krieges auf Sabiador und erweiterten ihren Aktionsradius nach der Diskriminierung der Sapiens auf so drastische Art und Weise, dass sie von der Kirche der Bewahrer geächtet wurden.

Einen bedeutenden Anteil im Black Prophecy-Universums besitzen KIs, Drohnen und Androiden. Letztere bilden die Belegschaft des freien Medienkonzerns Stellarvox Veritas und haben zudem wichtige Ämter in den Reihen der Uranir-Bewahrer inne.

Die Andronische Garde hingegen wurde als Reaktion auf die zunehmenden Jadd Baran-Attentate auf der Koloniewelt Nara ins Leben gerufen. Sie erfüllt eine Art Wach- und Verteidigungsfunktion der höchsten Kirchenwürdenträger sowie des Uranir-Schutztempels auf Tarras.

Es werden sowohl im Spiel als auch in den Romanen noch zwei weitere Spezies in Erscheinung treten, doch momentan ist es noch zu früh, um etwas über sie zu verraten.

 

 

 

Eine der Grundideen für Black Prophecy ist der Aufbruch der Humanoiden in ein Gebiet des Universums, wo eine absolutistische Rasse regiert. Welche Konflikte gibt es da? Kannst du uns schon Näheres verraten?

 

„Regiert“ ist das falsche Wort. „Wacht“ trifft es besser. Diese Spezies besitzt keinen Herrschaftsanspruch und hat im Grunde auch nichts gegen fremde Rassen – solange diese sich dort aufhalten, wohin sie deren Meinung nach gehören: auf ihre jeweiligen Heimatplaneten. Sobald sie jedoch mit interstellarer Raumfahrt beginnen, Ambitionen auf die Kolonisierung fremder Planeten hegen und „unkontrolliert“ zu expandieren beginnen, wird es problematisch ...

Ich könnte nun seitenweise über die Geheimnisse und Dogmen dieser geheimnisvollen Rasse plaudern, aber damit würde ich einen General-Plot verraten, und zwar nicht nur die Romane betreffend, sondern auch in Bezug auf das Spiel und die geplanten AddOns. Daher muss ich einen Großteil der Frage(n) noch unbeantwortet lassen. Irgendwann in den kommenden Wochen (Mitte/Ende November) wird es auf der Black Prophecy-Homepage jedoch ein umfangreiches Special zu den sogenannten „Restauratoren“ geben, in dem allen interessierten Spielern und Lesern endlich auch die „andere Seite“ und ihre Timeline vorgestellt werden. Ich habe es zwar schon verfasst, aber es muss noch übersetzt werden. Sobald es soweit ist, gebe ich Bescheid.

 

 

Wird es eigentlich viele Kampfszenen geben (die im Game ja durch detailreiche Raumschiffschlachten repräsentiert werden) oder werden Konflikte auch diplomatisch gelöst?

 

Die zahllosen Gefechte und Schlachten im Spiel sind ein reines Gameplay-Motivationselement. Ohne diese Herausforderungen gäbe es kaum einen Anreiz, Missionen zu spielen, und das Etikett „Action-MMO“ würde ad absurdum geführt werden. GAMBIT ist bodenständiger und insofern auch realistischer – falls man letzteres von einer Story, die über 500 Jahre in der Zukunft angesiedelt ist, überhaupt behaupten kann. Die Geschehnisse im Buch und im Spiel sind zwar relativ identisch, aber man erlebt sie im Roman aus einem ganz anderen Blickwinkel. Alles ist facettenreicher. Der Leser erfährt mehr über die Hintergründe und Zusammenhänge. GAMBIT gestaltet die Kulisse, etabliert das Universum und steckt die Fronten ab. Am Ende haben alle Protagonisten Stellung bezogen und befinden sich in ihren Ausgangspositionen, bereit für das, was folgen wird. Im zweiten Roman wird es heißer her gehen, da zum ersten Mal auch die sogenannten „Restauratoren“ auftauchen werden und keine historischen Rückblenden mehr nötig sind.

 

 

Wie würdest du einem eifrigen Black Prophecy Spieler deine Romane schmackhaft machen?

 

Lies sie. Sie werden dir gefallen. Es ist alles drin, was dir schadet und deinen Charakter versaut ...

Ernsthaft: „Eifrige Gamer“ sind nicht unbedingt als Leseratten bekannt. Es wäre großartig, wenn der Roman dennoch einige von ihnen aus dem Elfenbeinturm lockt und zum Schmökern animiert. Ich persönlich halte – optimistisch betrachtet – einen Leseranteil von einem, höchstens zwei Prozent der deutschsprachigen Spieler für realistisch. Zumindest von jenen, die das gedruckte Buch kaufen, nicht das eBook. Die Zielgruppe für letzteres kann ich überhaupt nicht einschätzen.

 

 

Gibt es im Roman besondere Elemente, die im Spiel fehlen? Ist die Storyline tiefgründiger?

 

Sowohl als auch. Alles sieht etwas anders aus, alles ist ein wenig komplexer, und diverse Zusammenhänge und Plots unterscheiden sich von denen des Spiels. Selbstverständlich ist auch die Story tiefgründiger, und auf Triamon existiert eine Alien-Rasse, die im Spiel nicht vorkommt. Letzteres bietet schöne Bilder und die Action, die Romane weben den intellektuellen Hintergrund.

 

 

Wirst du in den nächsten Jahren ausschließlich mit Black Prophecy beschäftigt sein oder gibt es auch andere Projekte?

 

Zumindest was das SF-Genre betrifft. Das hängt im Wesentlichen von den GAMBIT-Verkaufszahlen und dem Erfolg des Spiels ab. Ist alles im grünen Bereich, werde ich spätestens ab Oktober an Band 2 weiter schreiben. Daneben gibt es einige „reguläre“, verschleppte Romanprojekte, die durch die Arbeit für das Spiel und den privaten Trubel zwischen 2008 und 2010 leider ins Hintertreffen geraten sind. Dazu zählen zwei Dark-Fantasy- bzw. Horror-Romane, die jeweils zu etwa 75% vollendet sind und von den betreffenden Verlagen ohne Deadline erwartet werden, aber natürlich stehen auch die restlichen AION-Bände noch auf der Agenda.

 

 

Vielen Dank für das Interview!

 

Gern geschehen, und danke für das Interesse.

 

 

Metropolis

(Andreas Winterer)

In der futuristischen Großstadt Metropolis lassen es sich die Reichen und Schönen so richtig gut gehen – jedenfalls in den oberen Stockwerken ihrer Elfenbeintürme, in denen Joh Fredersen die politische und wirtschaftliche Macht in sich vereint. Doch es rumort schon im Untergrund, wo die Arbeiter unter schlimmsten Bedingungen schuften müssen, um den Laden am Laufen zu halten.

Sie vertrauen nur einer Person: der schönen Maria, die ihnen mit der Aussicht auf eine klassenlose Gesellschaft Hoffnung macht. Sie jedoch wird im Auftrage Fredersens vom skrupellosen Erfinder Rotwang durch einen Roboter ersetzt: Die seelenlose Doppelgängerin soll nach Willen des Superschurken einen Aufstand anzetteln und so Fredersen einen Vorwand liefern, die Arbeiterschaft mit Gewalt zu unterdrücken. Nur gut, dass sich ausgerechnet Fredersens feinsinniger Sohn Freder erstens in die Maria verguckt hat und zweitens findet, dass Arbeiter sich nicht im gnadenlosen Moloch zu Tode arbeiten dürfen – so können sie das Unheil vielleicht gemeinsam abwenden…

Städtischer Luftverkehr, künstliche Menschen, Video-Chats und eine in zwei Schichten gespaltene Gesellschaft – Metropolis geizte weder an Kitsch noch an spekulativen Visionen, die es tricktechnisch fulminant und architektonisch kolossal umsetzte. Filme wie „Das fünfte Element“ oder „Blade Runner“ haben sich ganz gewiss von der gezeigten Zukunft inspirieren lassen, selbst Madonna bediente sich am visuellen Konzept.

Dabei hat der frühe Science-Fiction-Stummfilm inzwischen über 80 Jahre auf dem Buckel. Immer wieder erschien Metropolis in neuen Fassungen, berühmt-berüchtigt etwa die Pop-Version von Georgio Moroder. Und immer wieder wurden Teile des Filmes gefunden, die jahrelang verschollen waren – zuletzt 2008 in Argentinien. Die dort auf 16-Millimeter-Zelluloid entdeckten Szenen  fanden 2010 ihren Weg in die neueste restaurierte Metropolis-Fassung der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, die nun am 28. Oktober bei Warner Home Video als DVD/BD erscheint.

Die Lauflänge dieser Version von “Metropolis” liegt bei 150 Minuten – das kommt inhaltlich und (auf Blu-ray) von der Bildqualität her dem, was die Premierenbesucher 1927 sehen durften, gewiss näher als alles bisher dagewesene. Der HD-Trailer gibt einen ersten Eindruck davon.

 

 

Friedrich Dürrenmatt: Das Unternehmen der Wega (1968)

(Sven Klöpping)

“Im Jahr 2068 hat sich das weltpolitische Machtgefüge auf eine östliche und eine westliche Weltregierung konzentriert. Beide Weltmächte benutzen den Planeten Venus als Internierungsort für Verbrecher und politische Häftlinge. Eine Delegation der westlichen Weltregierung reist nun in einem Raumschiff zur Venus, um die Kolonie für ihre Machtinteressen einzuspannen. Die Venusbewohner aber erweisen sich als resistent gegen militante Phrasen und totalitäre Vorstellungen von Volksbeglückung. Auch die Drohung mit einer Wasserstoffbombe, die sich an Bord des Raumschiffes befindet, lässt die Strafkolonisten kalt. Die Furcht vor der Erde, dem “Paradies, das eine Hölle ist”, erweist sich stärker als die Furcht vor der eigenen Auslöschung.” (drsmusikwelle.ch)

Direkt anhören: http://www.drsmusikwelle.ch/www/de/drsmusikwelle/sendungen/hoerspiel-drs-2/2668.sh10029603.html

Wikipedia-Eintrag zum Hörspiel: http://de.wikipedia.org/wiki/Das_Unternehmen_der_Wega

Dürrenmatt-Website: http://www.duerrenmatt.net/

 

 

Ijon Tichy: Verlorene Socken im Weltall

(Uwe Post)

Ab dem 4. November zeigt ZDF_neo die zweite Staffel von Ijon Tichy: Raumpilot. Klarer Fall: Das ist SF aus Deutschland – denn vom polnischen Original von Stanislav Lem ist nicht mehr viel übrig.
Wer sind die Macher? Wie kommt ein Schwarzes Loch in ein altes Ei? Was bringt eine Nora Tschirner dazu, erneut in die Rolle der “Analogen Halluzinelle” zu schlüpfen? Was hat das alles mit verlorenen Socken zu tun?
Genug Fragen, um einen ausführlichen Artikel auf dsf zu rechtfertigen. Hier ist er.
Anno 2007 gewannen Oliver Jahn, Randa Chahoud und Dennis Jakobsen den Förderpreis des Deutschen Fernsehpreises. Für eine trashige Science Fiction Serie, die selbst Produktionen wie Lexx: The Dark Zone wie ein Hochglanzformat aussehen lässt. Nach drei Jahren harter Arbeit kommt jetzt die zweite Staffel, und sie ist genauso trashig wie die erste, auch wenn es diesmal sogar sowas wie eine übergreifende Handlung gibt.

Die Kosmischen Kollegen, die gemeinsam mit Sabotage Films auch die neuen Folgen produzierten, wollen keineswegs typische Gebrauchs-SF produzieren, wie sie mehr als gelegentlich aus den USA zu uns herüber schwappt. Oliver Jahn, Darsteller des Ijon Tichy, sagt (akzentfrei): “Die Alltäglichkeit in der Science Fiction ist eigentlich das, was bei Ijon Tichy interessant ist.” Die Rettung des Kosmos gerät zur Nebensache, wenn die Eier fehlen, um neues Omlett zu braten. Oder, wenn Ijon Tichy so dringend zur Toilette muss, dass er gegen Hypnoseversuche einer obskuren Sekte immun ist.

“Des Menschen größter Gegner ist der Mensch selbst”, sagt Randa Chahoud, die Kamerafrau. Solche Themen stammen von Lem, und sie inspirieren die Serie. Keineswegs geht es den Machern darum, bestimmte Szenen aus den “Sterntagebüchern” nachzuspielen. Es ist der Geist philosophischer Fragen, die Lem aufwirft, die sich nun im trashigen Look der Serie wiederfinden.

Der Trash-Look ist übrigens keineswegs so improvisiert, wie er aussieht. Es steckt harte Arbeit dahinter, man überlässt nichts dem Zufall. Handarbeit mit Modellen statt digitaler Effekte. Oliver Jahn: “In unserem Kosmos sieht es eben aus, wie beim Zuschauer unterm Sofa…”

Die zweite Staffel “Ijon Tichy: Raumpilot” unterscheidet sich von der ersten. So sind die Folgen fast doppelt so lang (24 Minuten), außerdem gibt es eine ganze Reihe neuer Figuren, die mehr als Nebenrollen spielen: Da ist zum Beispiel das Fellwesen Mel, das sich in Folge 2 an Bord schleicht, und Professor Tarantoga, der sich bemüht, das Universum vor dem Schwarzen Loch zu retten, das Ijon Tichy versehentlich entfesselt hat.

Dennis Jacobsen, Autor und Regisseur, sagt: “Eine Riesenherausforderung beim Dreh der neuen Staffel war für uns, dass viel mehr Charaktere dazukamen.” Gleich in mehrere Rollen – meist von Aliens – schlüpft Peter Princz. Viele Verkleidungen sind deutlich aufwändiger als die des Dr. Spamy, die ihm nach eigener Aussage am meisten Spaß gemacht hat. “Die zum Teil sehr aufwändig gestalteten künstlichen Körper brachten michab und zu an den Rand meiner physischen Leistungsfähigkeit”, sagt der Schauspieler.

Die acht neuen Folgen von “Ijon Tichy: Raumpilot” laufen ab 4.11. freitags 21:00 Uhr in Double Features auf ZDFneo (siehe unser Kalender) und ab 28.11. im Nachtprogramm im ZDF, außerdem ist alles in der ZDF Mediathek verfügbar.

Wir berichten demnächst weiter über dieses epochale Fernsehereignis.

 

 

Ijon Tichy: Das Interview

(Uwe Post)

Auch am kommenden Freitag startet der Held von Kosmos auf ZDF.neo zu einem neuen Abenteuer. Wir haben ihn* kurz vorher in einer Kneipe auf Ganymed getroffen und mit vorgehaltener Waffe (um im Bild zu bleiben: Ein Dosenöffner) zu einem Interview gezwungen.

dsf: War es leicht, dem ZDF eine solche Serie zu “verkaufen”?

kk: Wir drei haben ja zusammen Regie studiert und als Team schon zwei Ijon Tichy – Kurzfilme an der Hochschule zusammen gedreht, die auf vielen Festivals und auch beim ZDF Aufmerksamkeit erregt haben. Trotzdem hat es Jahre gedauert, bis wir mit den ZDF endlich einen Partner gefunden hatten, der Tichy als Serie machen wollte.

dsf: Seit wann hat SF – noch dazu schräge – überhaupt ein Publikum?

kk: SF hat ein großes Publikum, wenn man mal über den deutschen Tellerrand hinausschaut. Aber es stimmt natürlich, dass man sich hierzulande allgemein etwas schwer tut, dem Zuschauer fantastische, schräge Filme zuzumuten. Das ist sehr schade, denn die Resonanz auf unsere Serie zeigt, dass das Publikum total dankbar ist für diesen frischen Wind!

dsf: Wird Ijon Tichy jemals sein Unterhemd waschen? Ein Hemd anziehen? Seine Bude aufräumen?

kk: Nein, um Himmels Willen, Ijon Tichy ist Wissenschaftler, Entdecker und Held von Kosmos! Geht James Bond etwa im Supermarkt einkaufen? Putzt sich Supermann vielleicht die Zähne?? Nein! Es gibt eben Leute, die sind zu Höherem bestimmt. Und dass Tichy dazugehört ist ja wohl klar. Zumindest für ihn.

dsf: Wann kommt endlich der Kinofilm?

kk: Die Idee ist ziemlich konkret im Raum, wir haben da sehr viel Lust drauf und hoffen natürlich, dass wir bald gute Partner finden und loslegen können.

dsf: Vielen Dank für das Gespräch.

Findige Klicker finden in der ZDF Mediathek übrigens nicht nur die bisher gesendeten Folgen beider Staffeln, sondern sogar ein “Making Of”.

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*Wie das Kürzel “kk” verrät, haben wir in Wirklichkeit natürlich nicht Ijon Tichy selbst, sondern seine Schöpfer, die Kosmischen Kollegen, befragt…

 

 

Interview mit Myra Çakan

(Sven Klöpping)

 

Du magst Musik, deine Romane tragen Titel wie „Downtown Blues“ und „When the Music’s over“. In deinem Facebookprofil steht, dass du u. a. Creedence Clearwater Revival favorisierst. Inwiefern spielt Musik beim Schreiben deiner Fiction eine Rolle? Und, weil auch ich ein Creedence-Fan bin: was ist dein Lieblinssong? Mein Lieblingsalbum: ganz klar „Willy and the Poorboys“ …

 

Früher habe ich nur bei Musik geschrieben. Es ist dann im laufe der Jahre immer weniger geworden. Mittlerweile höre ich dabei kaum noch Musik. Vielleicht liegt das daran, das ich den Groove inzwischen in meiner Schreibe habe „g“. Eine Zeitlang habe ich Musik auch dazu benutzt, um mich in eine bestimmte Stimmung zu versetzen. Vielleicht kommt das beim nächsten Buch wieder, wer weiß. CCR mag ich sehr, besonders die Songs die so richtig nach „Sumpf“ klingen, „Born in the Bayou“ – natürlich. Mein Musikgeschmack geht aber wirklich total Querbeet. In diesem Augenblick habe ich gerade „Calexico“ im cd-player.

 

Dein neuer Roman „Dreimal Proxima Centauri und zurück“ vereint Elemente aus Comic Novel, Space Opera und Steampunk. Aber wo ist eigentlich die Musik in diesem Werk? Oder müssen wir uns selbst auf die Suche nach den Zwischentönen begeben, die in den Durchschüssen verborgen liegen?

 

Nun, da es in einem der Handlungsstränge um die „traditionelle Bordrevue“ geht – die Geschichte spielt auf einem Kreuzfahrtraumschiff – ist die Musik offensichtlich. Es gibt sogar ein kleines Programmheft im Buch, mit den Liedtexten. Die neue Kindle-Version von WTMO hat übrigens auch einige Songtexte – von den Runners und den Masters.

 

Mal im Ernst: Es geht um eine galaktische Kreuzfahrt auf der „Stern von Beteigeuze“. Die Protagonistin lernt verschiedenste skurrile Charaktere kennen. Haben deine Figuren eigentlich reale Vorbilder? Und wenn ja, bist du ihnen schon persönlich begegnet oder siehst du sie „nur“ im TV oder in anderen Romanen?

 

Meine Figuren haben keine fremden Vorbilder (TV, Film, Roman). Meistens sind sie eine Mischung aus mehreren realen Personen, oder Realität und Phantasie sind sozusagen die Eltern. Oder alles ist ganz anders ... Banamarama Halcion hat z. B. viel von meiner alten Schauspiellehrerin. Was mir aber wichtig ist, die Figuren in „Dreimal Proxima...“ sind keine Karikaturen, in sich sind sie durchaus „echt“.

 

Im Pressetext zu „Dreimal Proxima …“ steht u. a.: „Auf dem luxuriösen Kreuzfahrtraumschiff ist kaum einer der Passagiere, was er vorgibt.“ Was hat dich an diesem Felixkrull’schen Plot besonders gereizt? Sind es die altbekannten Verwechslungsspielchen à la Hotel Paradiso? Oder zielt das Ganze auf eine überraschende Wendung, die du uns in diesem Interview natürlich vorenthalten musst?

 

Ich liebe alte Screwball-Komödien. „Dreimal Proxima Centauri und zurück“ ist ja zuerst als Hörspiel entstanden, die Dialoge gehen da auch mehr in die Richtung. Den Roman habe ich in einer Art Steampunk-Universum angesiedelt und die Sprache ist auch dementsprechend etwas gedrechselt. Zu deiner Frage, es ist eigentlich ein klassischer Screwball-Plot mit diversen anderen Genre-Einschlägen. Das war übrigens der Reiz, mal etwas ganz anderes zu machen. Und diese Worte, ich liebe diese altmodischen Worte – wenn du den Roman liest, wirst du wissen, was ich meine.

 

Bestimmt hast du auch diverse Comic Novels gelesen, oder? Mich haben die von Jerome K. Jerome besonders fasziniert wegen ihres einzigartigen Humors. Hast du Favoriten in dieser Richtung?

 

Da muss ich dich enttäuschen, Sven.

 

„When the Music’s over“ war ein Erfolg. Glaubst du, dass die allgemeine Angst vor der Klimakatastrophe dazu beigetragen hat? Immerhin gehen viele Wissenschaftler davon aus, dass (nicht nur) die Niederlande in diesem Jahrhundert ernsthaft bedroht sind vom Ansteigen des Meeresspiegels … Wie siehst du diese Problematik persönlich?

 

Ach nö, das glaube ich nicht. Da hat John Brunner mit „Schafe blicken auf“ doch die absolute Vorreiterstellung. Die Welt in Zeiten der akuten Klimakatastrophe bildet ja nur den Hintergrund von WTMO. Ich glaube, der große Erfolg (der Roman verkauft sich immer noch) liegt daran, dass es so unterschiedliche Charaktere und Handlungsstränge gibt. Meine Lieblingsfiguren sind z. B. Skadi und Pierce. Andere mögen Sunshine oder Blue besonders. Als ich damals das Drehbuch geschrieben habe, war einer der Produzenten ganz geknickt, dass ich Doc gekillt hatte. Meine Meinung zur Klimakatastrophe? Mit Energiesparlampen kann man keinen Planeten retten. Vor einigen Tagen ging durch die Nachrichten, dass 2010 so viel klimaschädliches CO2 in die Atmosphäre gelangte wie nie zuvor. An eine „allgemeine Angst“ glaube ich nicht, nur an eine „allgemeine Verdrängung“. Und deshalb wird sich auch nichts Grundsätzliches ändern. Auch wenn es mich natürlich freuen würde, wenn WTMO zu Denkanstößen geführt hätte, sehe ich die „Aufgabe“ eines Schriftstellers nicht in der Belehrung seiner Leser.

 

Ja, und woher kommt eigentlich dieser Spirit, der für deine Werke charakteristisch ist? Dieses morbide Gemisch aus sozialer Diskrepanz und individueller Power, die deinen Protagonisten immer wieder neues Leben einhaucht, auch wenn die Situation schon aussichtslos scheint? Gibt es da Parallelen zu deinem eigenen Leben?

 

In „Dreimal Proxima Centauri“ wirst du davon nicht so viel finden. Obwohl Fräulein Mimkovsky, die Protagonistin, in ihrem Leben auch schon mit allerlei Widrigkeiten zu kämpfen hatte. Für sie sind in solchem Fall solide Schuhe essentiell. Wer weiß? Wer kreativ arbeitet, muss schon hart im Nehmen sein. Gleichzeitig muss man sich seine Sensibilität bewahren. Ohne individuelle Power geht da gar nichts.

 

Als Autor interessiert mich natürlich auch, wie du handwerklich operierst. Sprich: Wie bereitest du dich auf ein neues Projekt vor? Gibt es da Standardprozeduren? Oder ist jedes Mal für dich wie das erste (bitte nicht falsch verstehen)?

 

Die Formel ist ganz simpel: Es gibt keine. Es macht „klick“ und dann weiß ich, das ist es. Ich schreibe auch recht unstrukturiert – ein Exposé mache ich nur für den Verkauf. Verstehe mich jetzt nicht falsch, ich weiß durchaus was ich tue und wie das fertige Buch, Hörspiel etc. aussehen soll. Ich recherchiere teilweise auch intensiv. Das fließt dann zwar nicht alles in den Text ein. Aber zu wissen worüber man schreibt gibt Sicherheit - denn wenn die Protagonisten erst übernehmen ist nichts mehr sicher „g“.

 

Deine Romane haben in Deutschland viel Beachtung gefunden. Planst du, auch Übersetzungen davon im Ausland zu veröffentlichen? Wie stehen da die Chancen? Und wirst du dann selbst übersetzen?

 

Selbst übersetzen bestimmt nicht. In der Vergangenheit gab es schon Interesse, besonders an WTMO. Mal sehen, was die Zukunft bringt.

 

Welche literarischen Projekte sind für die nahe Zukunft geplant (sorry, eine Standardfrage)?

 

Schwierige Frage. Ich jongliere immer mit mehreren Projekten. Es gibt zwei Romanprojekte, die schon seit längerem auf ihre Fertigstellung warten. Was Hörspiele anbelangt würde ich gerne mal wieder etwas in Richtung Krimi oder Thriller machen. True Crime, ähnlich wie „Tanzpartner“ reizt mich auch. Seit kurzem sagt da aber eine energische Stimme in meinem Kopf ständig „Cyberpunk“... und der dritte und abschließende „Luke Harrison“ will auch endlich geschrieben werden – ich lass mich überraschen.

 

Zum Schluss würde mich (und vielleicht auch andere) noch interessieren, wie du eigentlich ohne Sonnenbrille aussiehst. Welche Augenfarbe hast du? Oder besitzt du bereits Augenimplantate, von denen der Rest der Menschheit noch nichts weiß?

 

Surf mal durch meine Webseite – dardariee.de - da gibt es auch brillenfreie Fotos.

 

Vielen Dank für das Interview!

 

 

Hörspiel: Arno Schmidt, “Die Gelehrtenrepublik” (2003)

(Sven Klöpping)

INHALT

2008 – wenige Jahre nach einem Atomkrieg, Europa existiert nicht mehr – macht der US-amerikanische Reporter Charles Henry Winer zwei Reisereportagen. Er wird als Urgroßneffe von Schmidt vorgestellt, nicht ohne Realitätsbezug zum echten Großneffen Schmidts. Seine Erlebnisse sind so heikel, dass er sie in keiner lebenden Sprache veröffentlichen darf. Daher hat er alles von einem Gelehrten, der manches nicht recht verstanden zu haben scheint und in Fußnoten zu kommentieren versucht, ins ausgestorbene Deutsch übersetzen lassen. (Wikipedia)

LINK: http://www.amazon.de/gelehrtenrepublik-5-audio-cds-arno-schmidt-B%C3%BCcher/s?ie=UTF8&keywords=Die%20Gelehrtenrepublik%5Cc%205%20Audio-CDs%20Arno%20Schmidt&page=1&rh=n%3A186606%2Ck%3ADie%20Gelehrtenrepublik%5Cc%205%20Audio-CDs%20Arno%20Schmidt%2Cp_n_binding_browse-bin%3A308849031

 

                                                                           

Interview mit Nydenion-Regisseur Jack Moik

(Andreas Winterer)

Military-Sci-Fi und Space Opera sind nicht nur in der Literatur en vogue, auch im Film lassen sich spannende Abenteuer mit großem Hintergrund erzählen. deutsche-science-fiction.de fragte den aus Marburg stammenden Jack Moik zu seinem abendfüllenden Spielfilm „Nydenion – Krieg der Kolonien“, der am 7.11. auf DVD und Blu-rayerschienen ist.

Mir war der Film trotz klassischer 90 Minuten fast zu kurz, der hätte ruhig noch weitergehen können.

Der Film war in seiner ursprünglichen Schnittfassung über 100 Minuten lang, aber wir haben ihn etwas zeitgemäßer geschnitten und einige dialoglastigen Szenen herausgenommen. Ich denke, das hat dem Film gut getan.

Wie lange habt ihr gebraucht, um diesen Film auf die Beine zu stellen?

Man liest ja gelegentlich, wir hätten mehr als 10 Jahre gebraucht, um den Film zu drehen. Das trifft so nicht zu: Da Nydenion vom Grundkonzept her ein Independent-Projekt von Sci-Fi-Fans ist, haben wir den Film selbst finanziert und nebenbei in unserer Freizeit gedreht. Die relevanten Drehzeiten fanden hauptsächlich zwischen 2001 und 2005 statt.

Danach gab es eine längere Phase, in der wir eine Möglichkeit gesucht haben, die Postproduktion fertigzustellen. Mein Executive Producer Caspar Arnhold hatte dann die Idee, finanzielle Unterstützung bei der Investitionsbank Hessen zu beantragen. Der Antrag wurde genehmigt und wir haben in den letzten zwei Jahren die Postproduktion und damit den Film zu einem guten Ende gebracht.

Wie viele Leute waren letztlich daran beteiligt?

Man wird es kaum glauben, aber die Hauptcrew, die den Film gedreht hat, bestand aus gerade mal sieben Personen. Es kamen und gingen über die Jahre immer mal wieder ein paar Interessenten, aber diese sieben sind treu geblieben und haben mit ihrem unerschütterlichen Idealismus und Durchhaltevermögen dabei geholfen, den Dreh abzuschließen.

Natürlich hatten wir für die Postproduktion schon etwas mehr “Manpower”, das kann man aber nicht mit einer Hollywood-Produktion mit großem Budget vergleichen. Wir haben die Crew unserer Firma Magna Mana fast ein halbes Jahr lang verdoppelt und die hessischen Postproduktions-Firmen Upstart und 3D Maximal mit einigen Shots beauftragt. So waren an der Postproduktion etwa 50 Spezialisten beteiligt. Das ist eine Mini-Crew, wenn man bedenkt, dass wir über 700 FX Shots zu bewältigen hatten.

Auffällig ist die Mühe, die ihr in die Modelle gesteckt habt. Ist das eher den vor zehn Jahren noch eher engen Möglichkeiten der Technik geschuldet oder wolltest Du bewusst „den guten alten Modellbausatz-Look“?

Ich bin ein Kind der Modellbau Ära. Ich liebe es, mit Modellen zu arbeiten und herauszufinden, wie man sie in Szene setzt, damit das Ergebnis echt aussieht. Wir mussten mit dem verfügbaren Mini-Budget aber auch versuchen, alle Optionen zu nutzen.

Für mich gibt es nie ein „entweder/oder“, die besten Effekte entstehen dann, wenn man alle verfügbaren Möglichkeiten ausschöpft. Ein Modell-Shot kann unter Umständen günstiger sein als ein Computer-generierter, gleichzeitig sieht er oft sogar realistischer aus. Es ist sehr schade, dass diese Technik immer mehr in Vergessenheit gerät, wir wollten sie erhalten und sinnvoll einsetzen.

Tricktechnisch zieht Nydenion ja alle Register: Greenscreen, Modelle, CGI-Einstellungen, Matte-Landschaften, halb zerlegte Roboter-Mädels… habt ihr irgendeine Herausforderung ausgelassen?

Aliens! Wir haben keine Außerirdischen im Film, weil wir ursprünglich einfach niemanden in der Crew hatten, der sie überzeugend in Szene setzen konnte. Es kommen zwar nicht näher definierte Spezies in Textpassagen der Darsteller vor, aber wir überlassen es der Fantasie der Zuschauer wie sie aussehen könnten.

Was war oder ist denn Dein filmisches Vorbild, auch oder darüber hinaus wer in Sachen Effekte?

Es gibt einige Filmemacher, die ich sehr schätze. Ich denke, in manchen Szenen denkt man gleich an Ridley Scott, den habe ich gerne mal zitiert. Er hat meine Sehgewohnheiten sehr geprägt und ich freue mich schon sehr auf seinen neuen Alien-Film.

In Sachen Effekte bin ich ein leidenschaftlicher Fan von Derek Meddings. Seine komplett erschaffenen Miniatur-Sets sind legendär und seine Arbeiten für Bond, Superman und TV sind zeitlos schön.

Gibt es Entwicklungen in der SF, die Du so richtig nicht ausstehen kannst?

Ich finde es schade, dass die klassischen Sci-Fi-Geschichten in den letzten Jahren immer mehr von Superhelden in den Kinos verdrängt worden sind. Bitte nicht falsch verstehen, Ich liebe die Superman-, Spiderman- und X-Man-Filme. Aber es gibt einfach kaum noch richtig echte Science-Fiction Filme mit Raumschiffen, Aliens und allem was dazu gehört.

Du hast nicht nur Regie geführt, die Special Effects supervisiert und die Musik gemacht, sondern auch noch das Drehbuch geschrieben.

Das Drehbuch beruht auf einer Idee, die ich mir vor über 20 Jahren mit zwei Freunden zusammen ausgedacht habe. Anfang der 90er Jahre habe ich sie dann aufgeschrieben. Ich habe sogar noch eine uralte Fassung, die mit Schreibmaschine geschrieben wurde! Das waren damals knapp 60 Seiten. Im Laufe der Dreharbeiten haben wir die Story kontinuierlich ausgebaut und an unsere Möglichkeiten angepasst.

Wo liegt die größte Herausforderung dabei?

Wenn man Independent-Filmer ist, muss man seine Fantasie manchmal etwas bremsen, damit die Idee nicht das Machbare übertrifft. Zwischen 2001 und 2005 haben wir die Story immer wieder an unsere Möglichkeiten angepasst. Marcus Grebe und Alexander Röder haben sehr dabei geholfen. Unsere letzte Fassung war dann knapp 120 Seiten lang und die haben wir auch so verfilmt. Wir wollten in dem Drehbuch möglichst viele Anspielungen auf die von uns geliebten Blockbuster, ich sage nur, die Sequenz mit der Bombe sagt eigentlich alles, oder?

Wie besetzt man eigentlich einen Film ohne Budget?

Wenn man sich mit Nydenion beschäftigt, wird man feststellen, dass fast alle, die hinter der Kamera standen, auch vor der Kamera zu sehen sind. Wir haben Tests mit verschiedenen Menschen aus unserem Bekanntenkreis gemacht und waren uns einig, dass wir es auf diesem Weg versuchen sollten, die Rollen zu besetzen. Für die weibliche Hauptrolle der Cynthia Perkins konnte ich zudem meine Ehefrau Annette gewinnen. Wir sind ein eingespieltes Team und haben uns in all den Jahren zahlreiche freie Sonntage für Dreharbeiten reserviert.

Ein Dreh mit ausgebildeten Schauspielern war aus verschiedenen Gründen nicht möglich: Nicht nur das fehlende Budget, auch die Abgelegenheit unseres Studios in einer alten Fabrikhalle in der Nähe von Marburg sowie die lange Zeitspanne unserer Produktion, machten das so gut wie aussichtslos. Wir vergleichen uns nicht mit Produktionen auf internationalem Spielfilm-Niveau, hatten aber den Anspruch, uns als Laiendarsteller so gut wie möglich zu behaupten. Beim Nachdreh 2010 bekamen wir etwas Unterstützung von professionellen Schauspielern wie Richard van Weyden, das war eine sehr schöne Erfahrung.

Ist Science Fiction tot?

Science Fiction wird seit einigen Jahren immer mal wieder totgesagt, die Fans aber bleiben. Das ist völlig normal, die Star-Wars-Welle vor 35 Jahren konnte nicht ewig anhalten, musste irgendwann abebben und dann wieder mit etwas Neuem auftauchen. Irgendwann kommt immer wieder mal ein großer Sci-Fi-Film und mischt alles auf. Ich glaube, wenn man als Kind davon angesteckt wurde, lässt einen das ein Leben lang nicht mehr los und man möchte immer wieder in diese faszinierenden Welten eintauchen.

Was ist Deine persönliche Vision von der Zukunft der Erde? Megastädte? Roboterkriege? Frieden überall?

Das ist eine spannende Frage. Ich glaube, die Menschheit muss sich den ökologischen, sozialen und anderen Problemen, die sie verursacht hat, irgendwann in naher Zukunft stellen. Der Mensch ist eine ausgesprochen vielseitige und zähe, aber vor allem auch von Wissbegier und Forscherdrang gekennzeichnete Lebensform. Diese Energie drängt uns über unseren Planeten hinaus, um neue Welten entdecken. Megastädte haben wir ja schon, auch wenn ich die fliegenden Fahrzeuge noch vermisse. Aber man sollte optimistisch sein, trotz aller Horrorszenarien, die die Wissenschaft prognostiziert. Mit ziemlicher Sicherheit wird in 100 Jahren die Technik unseren Alltag noch viel stärker dominieren, aber auch entlasten, als heute. Ich stelle mir eine Welt zwischen Blade Runner und I-Robot vor. Megacities, Androiden und mittendrin sind wir irgendwo …

Bist Du froh, dass der Film endlich fertig ist?

Es ist ein gutes Gefühl, Nydenion nun als Film zum Abschluss gebracht zu haben. Manchmal vermisse ich aber die Zeit in unserem Studio, wo man sich richtig austoben konnte und Kulissen, Modelle und Ausstattungen bauen konnte. Wir konnten uns dabei stundenlang über neue Filme unterhalten, während im Hintergrund Filmmusik aus einem CD-Player dröhnte. Es war eine ganz besondere Zeit in meinem Leben, die ich niemals missen möchte.

Hast Du einen Ratschlag für andere, die an ihrem Groß-Projekt verzweifeln?

Niemals aufgeben! Ich habe viele Projekte über die Jahre laufen sehen, denen leider irgendwann die Puste ausging. Dafür gibt es verschiedene Gründe, solche Sachen passieren auch bei großen Studio-Produktionen. Allerdings gibt es solche Projekte wie Nydenion auch nicht oft. Entweder ist ein Film eine Independent-Produktion oder ein Fan-Film. Nydenion liegt irgendwo dazwischen.

Ein Film ist schon ein ziemliches Mammutprojekt. Wenn man ohne Plan an so etwas heran geht, wird man früher oder später vermutlich scheitern. Wichtig ist, dass die Crew immer spürt, dass sich etwas bewegt. Man muss bereit sein, an gemeinsamen Zielen und Visionen zu arbeiten, ganz gleich wie verrückt es möglicherweise klingt.

Was bringt Deine persönliche Zukunft?

Ich arbeite mit einem Kollegen an einem Treatment im Bereich Sci-Fi, wir werden zu gegebener Zeit mehr dazu sagen.

Wir haben Nydenion gemacht, um zu zeigen, dass es möglich ist, einen Science-Fiction-Film in Deutschland zu machen. Nicht mehr und nicht weniger. Ich denke, das haben wir geschafft – mit geringstem Budget. Es freut uns, dass wir mit Nydenion sowohl in Europa als auch international auf Resonanz getroffen sind. Ich hoffe, dass wir ein kleines Beispiel dafür geben konnten, was im Bereich Genrefilm möglich ist. Es wäre schön, wenn dies den Weg für andere Produktionen ebnet.

Danke für das Gespräch.

Infos und Trailer gibts im Review zu Nydenion – Krieg der Kolonien. Die Website nydenion.infoinformiert über den Film und hat unter anderem eine Galerie und Wallpaper. Auf YouTube gibt einenoffiziellen Nydenion-Channel mit vielen Clips zu Hintergrundinformationen, Making-of und so weiter – lohnt sich! Bei Amazon und anderen gibts DVD und Blu-ray, auch in Verleihvideotheken ist der Streifen zu haben.

 

 

Nydenion – Krieg der Kolonien

(Andreas Winterer)

Im deutschen SF-Film “Nydenion – Krieg der Kolonien” liegen 57 Jahre interstellaren Weltraumkrieges hinter uns. Das Ergebnis der Schlacht: Milliarden Tote auf beiden Seiten und keine Lösung in Sicht. Nur gut, dass die müden Kriegsparteien sich endlich auf Friedensverhandlungen einigen können.

Die Story beginnt, als der zynische, desillusionierte Ich-arbeite-nur-für-Geld-Captain Rick Walker (der Regisseur: Jack Moik) die geheimnisvolle Diplomatin Cynthia Perkins (Anette Schmiedel) zu einem wichtigen Meeting eskortieren soll. Das ist leichter gesagt als getan, denn auch die eigenen Leute stellen sich ihnen in den Weg… Es wird geflogen, gejagt, geschossen, getroffen, abgestürzt und explodiert, dass es eine wahre Freude ist. Und Cpt. Walker muss sich sputen, als Cynthia enthüllt, dass eine nukleare Bombe die Friedensverhandlungen sabotieren soll…

Fan-Filme haben nicht immer einen guten Ruf: Dürftige Storys plus hölzerne Darsteller, notdürftig von mit billigen und dennoch spärlichen Effekten zusammengeklebt, können meist nur Fans begeistern – und oft nicht mal die. Vergessen Sie solche Vorurteile, wenn Sie sich “Nydenion” ansehen: Diese deutsche Low-Budget-Produktion steckt nämlich locker jede B-Space-Opera der letzten 30 Jahre in die Tasche.

Zugegeben, Drehbuch und Dialoge haben hier und da klitzekleine Schwächen. Egal. Denn was bei “Nydenion” eine Handvoll von SF-Fans, Laiendarstellern und Modellbauern in vielen Jahren (sieheInterview) mühsamster und eigenfinanzierter Kleinarbeit in einer Halle im hessischen Niederweimar geleistet haben, das nötigt garantiert jedem kundigen Zuschauer den allergrößten Respekt ab. Schon die vielen Modelle (Landschaften, Raumstationen, Sternenzerstörer, Jagdflieger, Panzer, Walker…) machen diesen Weltraum-Reißer für jeden Fan zu einem wahren Augenschmaus.

Das ist keiner dieser nervtötenden Lowbudget-Streifen, die aus Ersparnisgründen 95 Prozent der Zeit im Wald spielen: Hier wird WELTRAUMABENTEUER noch mit Großbuchstaben geschrieben. Nydenion ist an keiner Stelle langweilig und macht, was ihm an Geld fehlt, mit Einfallsreichtum mit Engagement wett. Respekt!

Natürlich kann diese deutsche SF-Produktion ihre Produktionsbedingungen nicht verleugnen. Dennoch ist der effektreiche Leckerbissen ein Geheimtipp, liebevoll gemacht von Science-Fiction-Fans für Science-Fiction-Fans – und seit Oktober auf DVD und Blu-ray im Verleih, seit 7.11. im Verkauf zu haben.

Mehr Infos im Interview mit Nydenion-Regisseur Jack Moik. Die Website nydenion.info informiert über den Film und hat unter anderem eine Galerie und Wallpaper. Auf YouTube gibt einen offiziellen Nydenion-Channel mit vielen Clips zu Hintergrundinformationen, Making-of und so weiter – lohnt sich! Bei Amazon und anderen gibts DVD und Blu-ray, auch in Verleihvideotheken ist der Streifen zu haben.

 

 

Neues Hörspiel: “Die Schläfer”

(Sven Klöpping)

Torsten Gellrich heißt der Autor dieses SF-Hörspiels, das es seit neuestem käuflich zu erwerben gibt. Die Hörprobe klingt schon mal ganz interessant: in der Antarktis wird ein riesiger Süßwassersee entdeckt – aber das ist nicht das einzige …

Aus dem Inhalt:

“Unter dem von vier Kilometer Eis begrabenen Gewässer stößt ihre Sonde auf exotisch anmutende Lebensformen. Als der Tauchroboter mit den gesammelten Proben zurückkehrt, beginnt für die ehrgeizige Biologin Maja Jovanovic die aufregendste Zeit ihres Lebens.

Doch mit Einsetzen des antarktischen Winters schwindet die gute Laune der Besatzung. Anfänglich nur depressive Verstimmungen entwickeln sich zu beängstigenden Halluzinationen …

Erst als ein Mitglied ihres Teams spurlos verschwindet, dämmert ihnen, dass ihre Sonde auf eine Erfindung der Natur gestoßen sein muss, welche für sie, ja sogar für die gesamte Menschheit, den Untergang bedeuten könnte.”

Die Schläfer, von Torsten Gellrich (Spielzeit: 150 Minuten)

Website: http://www.dieschlaefer.de/

 

 

Iron Sky

(Andreas Winterer)

Der Mond umkreist die Erde auf eine etwas eigentümliche Weise: Er dreht sich während seiner Umlaufbahn um die Erde gerade so schnell um die eigene Achse, dass er uns stets die gleiche Seite zuwendet. Daher sehen wir immer nur die “Vorderseite” des Mondes, nie seine “Rückseite”.
Im kommenden SF-Film “Iron Sky” haben sich zu dieser Rückseite nach dem zweiten Weltkrieg die Nazis mit Reichsflugscheiben aufgemacht und in einer Weltraumfestung namens “Schwarze Sonne” verschanzt. Doch nun schrecken die Herren Kameraden aus ihrem Übermenschen-Schlaf: denn ein US-Space-Shuttle soll 2018 auf der “dunklen Seite des Mondes” landen – und könnte dabei die versprengten Reste des Deutschen Reiches aufspüren. Da hilft nur eins: Erstschlag gegen die Erde mit Meteorblitzkrieg!

Was als finnisches Fan-Projekt mit einem einfachen Trailer begann, ist inzwischen mit viel Mühe, Tricks und Crowdfunding eine Finnisch-Deutsch-Australische Koproduktion und soll am4.4.2012 als Science-Fiction-Komödie in die Kinos kommen.Also nicht wirklich hundertprozentig “reine” deutsche Science-Fiction, aber dank Schauspielern wie Julia Dietze (als Nazi-Agentin Renate Richter) und Götz Otto (als SS-Scherge Klaus Adler) sind wenigstens die Schurken blond & blauäugig besetzt.

Bei einem kolportierten Budget von 7,5 Mio US$ kann man keine Wunder erwarten, aber sicherlich mehr als den üblichen Direct-to-Video-Schund. Man darf außerdem sehr, sehr gespannt sein, wie man hierzulande auf den Versuch reagieren wird, sich auf garantiert unsubtile Weise über Nazis lustig zu machen, die zugleich (siehe Trailer, die einem schon etwas im Hals stecken bleiben) mit einer gewissen Ästhetik ins Bild gesetzt wurden; zumal wenn Udo Kier den Mond-Führer gibt und die Musik gerüchteweise von der umstrittenen Bürgerschreck-Band Laibach kommen wird.

Ganz harter Tobak also … mehr Infos auf www.ironsky.net.

 

 

Der EDFC – 33 Jahre für die Phantastik

(Sven Klöpping)

Obwohl der EDFC (Erster Deutscher Fantasy Club) "offiziell" erst 1978 gegründet wurde, kamen dessen Publikationen zuvor schon zwölf Jahre lang von privat heraus. So zeichnete diesen Verein also schon von Beginn an ein selbstloses Engagement für die deutschsprachige Phantastik aus, dessen Ziel es schon immer war, "der Fantasy-Literatur und artverwandten künstlerischen Bereichen allerorts Verständnis, allgemeine Verbreitung und Anerkennung zu schaffen, sowie Wissenschaft, Kunst und Kultur in Hinblick auf die Fantasy-Literatur zu fördern" (aus der Vereinssatzung). DSF verschafft euch jetzt einen Überblick, was der EDFC ist, was er macht, warum ihr ihn unterstützen solltet.

Mehr als Fantasy

Zunächst einmal müsste es eigentlich "EDPC" heißen, denn alle Bereiche der Phantastik kommen in diesem Verein ja zur Geltung und werden fast gleichberechtigt behandelt. Das freut uns SF-Fans natürlich. Aber mittlerweile ist ja auch die Schreibweise "Fantastik" möglich, also geht EDFC schon in Ordnung ;-)

Was die Vereinspublikationen angeht, kann ich aus eigener Erfahrung sprechen, denn Franz Schröpf, der Herausgeber der Fantasia, gab mir Ende der 90er die Möglichkeit, meine ersten Storys und Artikel einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Ich kann also nur bestätigen, dass der EDFC seinen o. a. Zweck durchaus ernst nimmt. Aber das Engagement geht noch weiter: So veranstaltet der EDFC alle vier Jahre einen "Kongress der Phantasie" in Passau - mit bekannten Referenten, Autoren und Gästen, die dort zusammen (und Ideen) finden. Bei dieser Gelegenheit wird auch der "Deutsche Fantasy Preis" an Verleger, Autoren, generell an Menschen vergeben, die sich um die deutschsprachige Phantastik verdient gemacht haben. Der nächste Kongress findet 2012 statt.

Für mich wie auch für viele andere ist aber die Fantasia (seit 2009: eFantasia) das eigentliche Zugpferd, die Galeonsfigur des EDFC. Denn hier wird vorgelebt, was in der Satzung verankert ist: Talentförderung, kreative Impulse für die Szene, interessante Texte. Demnächst soll - man höre und staune - alle zwei Wochen (!!!) ein neues eFantasia mit Storys herauskommen (siehe Interview mit Michael Haitel). Das finde ich schon bemerkenswert. Neben den "Fantastischen Erzählungen" lohnt es sich aber auch, einen Blick in die Rezensions-Ausgaben, die zahlreichen Neuerscheinungs-Bände ("Aus der Welt der Phantastik") oder ins Filmjahrbuch zu werfen. Fazit: Als Leser/Fan ist man in diesem Verein wahrlich bestens aufgehoben und erhält für einen geringen Mitgliedsbeitrag (aktuell 7 EU/Jahr) alle Infos die man braucht, um seine Abende mit gemütlichen Lesestunden zu füllen.

33 Jahre Liebe zur fantastischen Literatur

Gerade weil die Fantasia ein Amateur-Magazin ist, das vom Engagement und der Bereitschaft ihrer Mitarbeiter lebt, auf Honorare zu verzichten, bietet sich hier Newcomern und solchen, die "etwas andere" Texte verfassen, welche nicht bei den etablierten Verlagen unterkommen, ein ideales Forum. Wenn ihr also etwas Schönes in der Schublade habt, traut euch ruhig, es hinzuschicken. Mir hat es jedenfalls geholfen, meinen Weg zu finden.

Desweiteren habe ich mich im Zuge meiner Recherchen gefragt, was einen bei der Stange hält, um sich über einen so langen Zeitraum hinweg für eine Sache einzusetzen. Also habe ich Gustav Gaisbauer, ein Gründungsmitglied des EDFC und den Macher schlechthin dort, und Michael Haitel, den neuen eFantasia Storyredakteur, einmal interviewt (siehe unten).

Natürlich gehört zu einem "Ersten Deutschen Fantasy Club" auch ein Fantasygame, was uns als Sci-Fi'ler natürlich nicht so dolle interessiert, aber es muss schon erwähnt werden. Es heißt "Armageddon" und ist ein Fantasy-Strategiespiel, bei dem man die epochalen Schlachten aus dem Herrn der Ringe nachempfinden kann.

Zum Schluss darf der "Quarber Merkur" nicht fehlen, der bis 1997 in der Phantastischen Bibliothek bei Suhrkamp erschienen und seither beim EDFC zu finden ist. Herausgeber ist immer noch Franz Rottensteiner, der für seine Tätigkeit schon mehrfach ausgezeichnet wurde. Der Quarber Merkur ist eine sekundärliterarische Zeitschrift, die sich kritisch mit der Phantastik beschäftigt.

Und was bringt die Zukunft?

 

Seit 2009 wird die Fantasia als eBook herausgegeben und heißt seitdem "eFantasia" (das geschah u. a. wegen zurückgehender Mitgliederzahlen, was eine Finanzierung von Druckwerken nicht mehr ermöglichte). Im selben Jahr wurde auch die vorerst letzte von Frank W. Haubolds Jahresanthologien veröffentlicht, was ich persönlich sehr schade finde, weil hier immer eine gute Möglichkeit für Autoren bestand, ihre Storys in gepflegtem Ambiente zu präsentieren. ((RRR Info von Frank))

 

Eingefleischte Buchliebhaber weinen nun den alten Zeiten nach und sagen "Oh, schade, jetzt ist mein Fantasia-Buchregal plötzlich so einsam ..." - andere sehen es als Chance. Denn durch die Umstellung auf eBooks kann jetzt viel mehr und viel günstiger publiziert werden. So wird wohl auf Dauer sicher gestellt, dass der Vereinszweck auch weiterhin erfüllt werden kann - auch wenn man sich nun vor den Monitor bequemen muss, um die eFantasia zu lesen.

Ich wünsche dem Verein jedenfalls auch in Zukunft alles Gute und hoffe, dass noch mehr Menschen Interesse am EDFC und an phantastischer Literatur generell bekommen und evtl. Neumitglieder werden, denn wie schon erwähnt ist der Jahresbeitrag äußerst human.

 

 

Streitgespräch 2: Gibt es überhaupt so etwas wie „deutsche SF“?

(Uwe Post, Sven Klöpping)

 

Uwe: Jawollja, es gibt "deutsche" SF. Es meint die SF, die von neuen

deutschen Autoren produziert wird, die eine eigene Sprache gefunden

haben, und eigene Themen. Deutsche SF gibt es genauso wie es

amerikanische gibt und wie es, äh, saudi-arabische so gut wie nicht gibt.

 

Sven: Natürlich, das bestreitet ja auch niemand. Aber schon das Wort "Sciencefiction" kommt aus dem englischen Sprachraum, weist also deutlich auf eine enge Verwandtschaft mit dieser Sprache hin. Ist doch wohl klar, dass man sich als deutscher SF-Schreiber- oder -leserling frägt, ob es hierzulande überhaupt sinnvoll ist, sich mit dem Thema zu beschäftigen, wo doch fast alles aus Übersee importiert wird. Es ist meiner Meinung nach auch eine Generationenfrage. Wie wollen wir Nachwuchs in die "Szene" locken, ohne gleich mit USArgumenten daherzukommen?

 

Uwe: Wir sagen bloß Science-Fiction, weil es der übliche Aufkleber ist. Dabei ist der Begriff genauso unzutreffend wie Zukunftsroman oder Spekulative Fiktion (der trifft noch am häufigsten ins Schwarze). Die Historie der SF ist stark mit der Technologiegläubigkeit im Amerika des 20. Jahrhunderts verbunden. Aber von Vertrauen in Technologie kann insbesondere in Deutschland keine Rede mehr sein. In kaum einer Hinsicht sind die USA noch leuchtendes Vorbild. Die europäische, die deutsche SF hat sich emanzipiert. Klar gibt's immer noch rasende Raumschiffe, und daran ist nichts falsches. Aber die mitteleuropäische Gesellschaft interessiert sich auch für regionsspezifische Themen - und die kann Amiland naturgemäß nicht bieten. Da kommt mit "Julian Comstock" ein wirklich tolles Werk über ein fiktives Amerika im 22. Jahrhundert... das ist interessant, ja! Aber wäre nicht ein gutes Buch über ein fiktives Deutschland im 22. Jahrhundert noch viel spannender für Leser hierzulande?

 

Sven: Du gibst ja selbst zu, dass Science Fiction im 20. Jahrhundert hauptsächlich in den USA entstand und ähnlichen Gesellschaftssystemen (Kanada, Australien, ...). Also gibt es schon mal ganz klar "amerikanische SF". Die Frage war ja, ob es "deutsche SF" gibt. Überlegen wir mal: Welche Kriterien könnten die verschiedenen Richtungen denn trennen? Ist es lediglich der Schauplatz von Storys, oder vielleicht das Wertesystem, das den fiktiven Gesellschaften innewohnt? Oder bloß die Herkunft der Autoren? Letzteres halte ich für unangemessen. Ich würde Ronald Hahns "Socialdemokraten auf dem Monde" zum Beispiel ganz klar der "deutschen SF" zuordnen. In meinen MegaFusion-Storys versuche ich immer, eine möglichst

große Bandbreite an Personen und Orten aufzuzeigen. Natürlich überwiegt der spanische und englische Sprachraum, aber Deutschland möchte ich nicht ausschließen. Wie ist es eigentlich bei dir? Ich habe in deinen "Bikepunks" von einem postnuklearen Ruhrgebiet gelesen. Schreibst du eigentlich häufiger "deutsche SF"? Deinem Argument "Technologieungläubigkeit" kann ich übrigens ganz und gar nicht zustimmen. Denn wir sind gläubiger denn je. So sehr, dass sich unsere Gläubiger vor unserer Haustür versammeln, mit ihren Handyrechnungen winken und Inkassoparolen gegen uns anstimmen. Und ja - natürlich wäre ein Buch über ein fiktives Deutschland interessant. Aber verkauft sich das auch? Kommt wohl drauf an wer es schreibt ...

 

Uwe: Mit einem inhärenten Wertesystem wäre ich sehr, sehr vorsichtig. Was soll denn das sein, ein "deutsches Wertesystem"?Ich hoffe doch sehr, dass es dergleichen überhaupt nicht gibt! Es gibt bestenfalls Tendenzen, die Deutschen gerne zugewiesen werden: Nörgelei, preußische Genauigkeit ... ob sowas erbauliche Themen für SF-Texte sind, wage ich aber zu bezweifeln. Die äußerste Klammer ist trivial: Jedes in deutscher Sprache verfasste SF-Werk ist "deutsche SF". Darüber hinaus ... vielleicht könnte man zusätzlich in Deutschland spielende Werke als "regionale deutsche SF" bezeichnen. Wer in Deutschland lebt, kennt sich hier vergleichsweise gut aus und vermag vielleicht eine besonders authentische Atmosphäre zu vermitteln. Authentischer als wenn er einen Plot im Mittleren Westen ansiedelt und nie dort war, sondern nur ein paar TV-Serien geguckt hat. Deshalb spielt mein "Noware" in Düsseldorf und "Bikepunks" in Bochum. Mal sehen, wo der Schluss dieser Trilogie stattfindet ... Aber Lokalkolorit ist genausowenig ein Muss wie spezifisch deutsche Themen (was immer das sein mag). Es kann ohnehin nicht an uns sein, Vorgaben für Autoren zu machen. Die sollen gefälligst schreiben, wie ihnen die Schnauze gewachsen ist! Was ich persönlich mir wünsche, ist aber eine bewusste Abkehr von Standards, die von der amerikanischen Unterhaltungsindustrie geprägt wurden und werden. Es gibt noch andere Themen als Alien-Invasionen, Verschwörungstheorien und Generationsraumschiffe in Schwierigkeiten.

Möglicherweise gibt es Nischen, die ausländische Autoren auf dem hiesigen Markt schlicht und einfach nicht besetzen können - die also für deutsche Autoren frei sind.

 

Sven: Ja, ja, die deutschen Tugenden ... Wie gern erinnere ich mich noch daran, dass ich mir vor und nach jeder Mahlzeit die Hände waschen soll! Vielleicht gibt es irgendwo da draußen ja auch einen Planeten, auf dem alle nach diesen gut gemeinten Ratschlägen leben. De facto und realpolitisch bedeutet Deutschsein aber hauptsächlich, die eigenen Territorialansprüche zu verteidigen - vor Aliens, Zombies, Terroristenstaaten, was auch immer. Dazu kommen die Werte des goldenen Zeitalters (18./19. Jh.), die du hier nicht einfach so totschweigen kannst. Humanistische Werte wie Toleranz und Mitmenschlichkeit bildeten doch erst die Grundlage für unsere modernen Demokratien. Und in Ländern wie Deutschland (oder damals noch dem Hl. Römischen Reich Deutscher Nation) und Frankreich sind diese prägend entstanden. Insofern gibt es sehr wohl ein urdeutsches (von mir aus auch europäisches) Wertesystem. Neu hinzugekommen sind in meinen Augen noch

Weltoffenheit und eine gewisse Leidensfähigkeit, wenn es darum geht, die Unwissenheit von anderen zu ertragen. Mit "regionale deutsche SF" wäre ich auch vorsichtig - denn dass es zig unterschiedliche Regionen allein in Deutschland gibt, ist ja wohl offensichtlich. Daraus würde dann ein Sammelsurium unterschiedlichster Inhalte, die zwar "rheinisch", "bayrisch" oder "norddeutsch" sind, aber nicht im geringsten deutsch - oder siehst du das anders? Einigen wir uns doch auf Deutschland als Handlungsort. Das ist ja schon mal was. Wie im SF-

Netzwerk schon einmal richtig erwähnt wurde, schlägt das Herz ja schon viel höher, wenn der Kölner Dom in die Luft gesprengt wird als wenn irgendwo in Bangladesch eine Brücke einstürzt. So. Und wer überzeugt jetzt unsere Top-SF-Autoren, mal etwas in Deutschland spielen zu lassen?

 

Uwe: Die Leser. Leser, die dergleichen fordern. Die gibt's aber kaum,

denn sie nehmen, was ihnen angeboten wird. Was auch sonst? Der Buchmarkt

ist längst nicht so weit wie der Musikmarkt, wo es via Netz oft einen

direkten Draht zwischen Künstlern und Fans gibt. Ich denke, dass sich

dergleichen auch bei Büchern so entwickelt. Viele Autoren haben

Facebook-Seiten. Zwar wird dort selten konstruktives abgesondert, das

über eine virtuelle Verbeugung hinausgeht, aber was nicht ist, kann ja

noch werden. Und weil einer ja anfangen muss, schreibe ich gerade mal

wieder einen Roman, der hierzulande spielt ("Symbiose" tut's ja zum Teil

auch). Es kommt gar nicht so sehr aufs Wertesystem an. Welcher Leser würde

schon nach der Lektüre eines Romans das Fazit ziehen: Oh, hier wird aber

deutlich auf das typisch deutsche Wertesystem Bezug genommen!

Wenn, dann funktioniert das nur beim Aufeinandertreffen mit einem

anderen: Wenn beispielsweise die Chinesen ankommen und fragen, wann wir

denn endlich die kapitalistische Diktatur nach ihrem Vorbild einführen.

Was übrigens, wenn ich mich nicht irre, so ähnlich vor ein paar Tagen

den Amis passiert ist... aber das ist ein Thema für ein anderes

Streitgespräch.

 

Das Ende?

 

 

Streitgespräch 3: Hat SF einen Zeitgeist?

(Andreas Winterer, Uwe Post, Sven Klöpping)


Irgendwie hört man dauernd nur die Frage, ob Science Fiction “tot” sei. Was Anwesende Diskutanten natürlich heftig verneinen. Doch selten fragt einer: Hat Science Fiction einen Zeitgeist, und wenn ja, wie sieht der aus? Wir tun es.

Andreas: Kurd Laßwitz ist sicher keine „moderne“ Science Fiction, während Cory Doctorow sicher modern ist. Die SF kennt sichtlich Modeerscheinungen und einen Zeitgeist. Ist da was dran?

Sven: Klar. Zum einen wollen die Verlage verkaufen. Und das geht oft nur mit „moderner“ SF. Wer heutzutage nicht wenigstens schon mal das Wort Steampunk in einen Blog geschrieben hat, ist (auf Partys) ultra-out. Demgegenüber steht die Bewahrung von Traditionen. Ich finde, beides hat etwas für sich (Steampunk = schicke Mädels in engen Kostümen, Tradition = unumstößliche literarische Qualität). Aber ganz so extrem ist die Schere wahrscheinlich nicht. Ich als Erfinder von MegaFusion müsste ja eigentlich sagen: „Hey! Es geht nix über moderne SF.“ Tue ich aber nicht. Warum? Weil ich auch anders (schreiben) kann. Und ob es eine spezifische „deutsche moderne SF“ gibt, wage ich zu bezweifeln. Im Endeffekt passt sich auch die deutsche SF immer an gewisse internationale Strömungen an. Jedenfalls gibt es noch keinen „BerlinPunk“ oder „KanzlerPunk“. Oder hast du da was in der Schublade?

Andreas: Berlin hat schon genug Punks. Und der Angie stehen auch ohne Rasierschaum die Haare zu Berge. Aber im Ernst: Neulich gab es eine Ausschreibung zu Mythenpunk, die sich regionale Mythen wünschte. Kommt vielleicht parallel zum Boom der Regional-Krimis der Regional-Sci-Fi? Verrückte Wissenschaftler lassen Bielefeld verschwinden? Aliens laden im Ruhrpott? Ist das „modern“?

Uwe: Die Aliens sind schon längst und mehrfach im Ruhrpott gelandet, lies mal meine Geschichten. Ich habe mich neulich mit einem Jugendlichen unterhalten, der freiwillig SF-Romane liest. Ja, so was gibt’s! Ist aber selten, sagt er selbst. Er mag Otherland und Lukianenko. Von Asimov, Lem oder Clarke hat er noch nie was gehört. Das muss nicht heißen, dass ihm der Kram nicht gefällt. Aber machen wir mal ein Gedankenexperiment: Gib diesem Jungen die dicke Foundation-Trilogie mit Zigarre rauchenden Funktionären in knarzenden Ledersesseln, und gib ihm „Little Brother“ von Cory Doctorow, worin Spielekonsolen, Hacker und Privatsphäre thematisiert werden. Was wird ihm besser gefallen?

Andreas: Aber Klassiker haben doch unbestreitbare Qualitäten.

Uwe: Aber die wenigsten können heute aktuellen Themen gerecht werden. Wie auch? Die Zeiten ändern sich, also auch ihr „Geist“. Bloß kann den keiner ernsthaft vorhersagen. Aber wenn ein Autor ihn völlig ignoriert, und heute einen altbackenen Roman ohne Ideen des 21. Jahrhunderts schreibt, sollte er sich nicht wundern, wenn niemand sein Buch lesen will. Das betrifft sowohl inhaltliche Aspekte als auch die Sprache.

Sven: Och schade, jetzt muss ich meinen eben erst konzipierten Roswell-Atom-U-Boot-Roman wieder in der Schublade versenken Nein, im Ernst: Ich glaube nicht, dass es *den einen* Zeitgeist gibt. Natürlich sind gewisse Tendenzen im Kauf- und Meinungsverhalten klar erkennbar, aber deshalb gleich auf einen gemeinsamen Nenner zu schließen halte ich für falsch. Vielmehr müsste man mal sozialhistorisch belegen, welche Szenegänger vorzugsweise welche Bücher lesen. So lassen sich Gothics schon eher für Anti-Pop à la Bernemann oder Beigbeder begeistern und Techno-Fans sicher auch für Cyberpunk. Das bedarf aber alles erst einmal der näheren Analyse bevor man eine große Zeitgeist-Theorie postuliert. Ich z. B. kann nur für jene Gruppen sprechen denen ich mich zugehörig fühle bzw. gefühlt habe …

Uwe: Es gibt ganz sicher mehr als einen Zeitgeist. Ganz viele sogar, und hinzu kommt eine heterogene Zielgruppe. Oder ganz viele. Deshalb kann man Erfolg kaum vorhersagen. Da man also Autor ohnehin niemandem nach dem Mund schreiben sollte, bleibt nur eines, um die Chancen zu, äh, optimieren: Die Interessen möglicher Leser nicht vorsätzlich ignorieren.

Andreas: Ja, und was sind die die Interessen der modernen Leser in Sachen SF?

Sven *trinkt ein Bier*: Sex, Drugs & Rock’n Roll geht imma!

Andreas: Also am Ende doch: „Aliens! Titten! Raumschiffe!“? Vögelnde zugedröhnte Werwolf-Telepathinnen auf Kepler 22b?

Uwe: Genau, fragen wir doch unsere Leser! Welche Zeitgeister sind eurer Meinung nach in der SF aktuell relevant?

 

 

Interview mit Erik Schreiber

(Sven Klöpping)

 

Seit Mitte der 70er gibst du nun schon den „Phantastischen Bücherbrief“ heraus. Wie kam dir die Idee hierzu? Waren dir die offiziellen Verlagsankündigungen nicht ausreichend oder nicht ausreichend objektiv genug?

 

Buchbesprechungen hatte ich schon sehr lange geschrieben. Die Ersten waren so ausführlich wie: „Das war ein tolles Buch“ oder „Ein langweiliger Schmöker“. Da war ich gerade einmal sechs Jahre. Ende der 1970er brachte ich mein Fanmagazin „Land der dunklen Schatten“ heraus. Dort wurden meine Besprechungen schon länger und ausführlicher. Das Land der dunklen Schatten war damals das erste Fanmagazin mit dem Themenbereich Phantastik. Es gab Fanzines für SF, in den 1980ern für Horror und später sogar ein paar wenige für Fantasy. Für mich war  wichtig, alle Bereiche der Phantastik abzudecken, weil ich alles gelesen habe und mich so nicht auf ein Genre bei den Besprechungen einschränken musste.

Mit den offiziellen Verlagsankündigungen hat das nichts zu tun. Wenn man an die alten Prospekte und Verlagsvorschauen denkt, stand da wenig zum Buchinhalt und der Klappentext war sogar schlichtweg falsch. Ich hatte mal ein Heyne Taschenbuch, ich weiß leider nicht mehr welches, das hatte den Klappentext für den Drachenbeinthron von Tad William aus dem Krügerverlag. Oder vor ein paar Jahren von H. D. Klein das Buch Phainomenon, das mit einem Zitat der Nürnberger Nachrichten warb und die Nürnberger Nachrichten mir schrieben, sie hätten gar keinen Text dazu in ihrem Archiv. Daher bin ich bei den Klappentexten sehr vorsichtig geworden. Und von Objektivität kann man da nicht sprechen. Man will die Bücher verkaufen und daher die Käufer locken. Aber das ist Marketing. Ich glaube der Fernsehwerbung ja auch nicht.

 

Hattest du irgendwann im Verlauf dieser langen Zeit schon mal keine Lust mehr gehabt, wolltest alles hinschmeißen?

 

Nein. Mein Hobby ist lesen und weil ich gern und viel lese, ist mir meine Meinung zu den Büchern wichtig. Als ich die ersten Conan-Romane gelesen habe, gefielen sie mir nicht besonders. Dann kam die Zeit mit den Filmen und Schwarzenegger als Conan, da war ich hellauf begeistert. Und heute betrachte ich das gleiche Buch eher als durchschnittlich. So zeigt mir meine Buchbesprechung auch, wie sich mein Geschmack ändert, aber auch der sogenannte Zeitgeist. Aber hinschmeißen wollte ich nie. Nach der Einstellung von „Land der dunklen Schatten“ folgten „Echo“ und „X-Ray-Zone“ und andere Fanmagazine. Aber die Rezensionen blieben immer, bis der Phantastische Bücherbrief erschien. Er war der direkte Nachfolger von Land der dunklen Schatten und das einzige Beständige in meiner Fan-Magazin-Herausgabe.

 

Wie kommst du eigentlich an die ganzen Infos zu den Neuerscheinungen? Du hast hierfür doch auch bestimmt einige interessante Kontakte in die Verlagsszene geknüpft …

 

Über all die Jahrzehnte bauen sich mit den Presseabteilungen der Verlage gute Kontakte auf. Solange ich meine Kritik begründe, komme ich mit den Presseabteilungen gut aus. Ich bin dort so eine Art „durchlaufender Posten“. Ich sehe die Damen und Herren kommen und gehen. Je nachdem wie die Ausrichtung der Personen ist, sind Fans gerne oder nicht so gerne gesehen. Ärger gab es mit den Presseabteilungen, als ich meinen Club für phantastische Literatur führte. Plötzlich gab es einen Club für phantastische Literatur Minimurks. Der mit seinem Namen meinen inzwischen guten Namen missbrauchte. Aber nach einigen langen Briefen an die Verlage hatte sich das Problem auch erledigt. Der neue Club wurde weitgehend ignoriert.

Kontakte sind natürlich wichtig. Mit der Zeit bauten sich Kontakte zu Verlegern, Lektoren, Presseabteilungen, Autoren, Übersetzern etc. auf. Aber nicht zu vergessen, die vielen Kontakte zu den Fans und Gleichgesinnten. Der Gedankenaustausch ist mir wichtig um auch andere Meinungen kennenzulernen. Am liebsten sind mir natürlich Treffen von Angesicht zu Angesicht. Das Internet-Zeitalter ist da nicht geeignet.

 

Was ist für dich das Wichtigste beim Verfassen einer Rezension? Und welche Fehler sollte man bei einer aussagekräftigen Buchbesprechung auf keinen Fall machen?

 

Da fragst Du etwas. Ich bin mir gar nicht sicher, ob ich alles richtig mache bei den Besprechungen. Ich bin inzwischen recht „eingefahren“ und meine Besprechungen ähneln sich im Aufbau immer. Trotzdem versuche ich ab und zu, die Besprechung anders zu machen, und dann kommen die Fehler wieder.

Der größte Fehler jedoch ist, Kritik zu äußern und sie nicht zu begründen. Du kannst immer sagen, ein Buch sei grottenschlecht. Das nimmt man dir übel. Wenn aber die Begründung kommt, ist wieder alles in Ordnung. Und nie beleidigend werden. Keine Polemik oder ähnliches. Es erwartet niemand, eine objektive Buchbesprechung zu lesen. Das geht gar nicht. Aber es muss klar erkennbar werden, was Inhaltswiedergabe ist und was persönliche Meinung. Mir persönlich wäre es sehr angenehm, wenn ich neben meiner Buchbesprechung zum gleichen Buch eine abweichende Meinung veröffentlichen könnte. Dann hätte der Leser und die Leserin die Möglichkeit, besser zu entscheiden.

In dieser Hinsicht sind dann die Rückmeldungen nett. Sie kommen selten, aber daraus ergeben sich nette aber auch unschöne Kontakte. Nett war, als mir einmal eine E-Mail eines Übersetzers ins Haus flatterte, der mir zu meiner Buchbesprechung gratulierte, er würde meine Sicht teilen. Und es war nicht der Übersetzer des Buches. Weniger schöne sind solche, wenn der Autor nicht mehr will, dass ich seine Bücher bespreche. Dabei sind drei Smileys gutes Mittelmaß. Oder wenn eine Autorin historischer Romane sich beschwert (auch mit drei Smileys) ich hätte keine Ahnung von der Zeit Friedrich des II. Ich wäre gar nicht in der Lage die Arbeit, die sich Frau Doktor gemacht hat, zu würdigen. Sie hätte alles bestens recherchiert. Das war der Punkt, an dem ich lachen musste. Die Dame hatte knapp eineinhalb Jahre gebraucht, im phantastischen Bücherbrief meine Adresse zu recherchieren. Sie steht immer am Ende des Bücherbriefes!!!

 

Du arbeitest ja auch bei einer SF-Radiosendung mit. Was ist der größte Unterschied zwischen einem Printmedium wie dem Bücherbrief und einer Radiosendung? Muss man sich da kürzer fassen?

 

Radio ist viel einfacher zu machen und man kann viel leichter manipulieren. Es reicht, wenn man die Betonung anders legt. In der Schriftsprache geht das zwar auch, aber man muss mehr überlegen. Der größte Nachteil ist, wenn ich mit fertigen Manuskripten komme und plötzlich muss ich kürzen oder gar ganze Beiträge herausnehmen. Den Vorzug gebe ich hauptsächlich deutschen Autoren.

Um einen guten Beitrag zu gestalten, sollte er nicht länger als 30 Sekunden dauern. Dann sollte alles gesagt sein. Zumindest ist dies die Dauer bei Radiosendungen. Bei den Beiträgen, wie sie Deutschlandfunk und die ARD-Radiosender machen, sind es nicht mehr als drei Minuten. Aber auch hier kommt es auf das Radioformat an. Ich versuche mit meinen Beiträgen bei 3 Minuten zu bleiben. Ich habe aber auch selten mehr als acht Minuten Sendezeit für die Buchbesprechungen. Der größte Unterschied ist einfach Sprache und Schrift. Wo man viel und gut formulieren kann, ist nur die Schrift. Vorgelesen wirkt es ziemlich steif. Also versucht man es mit der Sprache. Aber eine falsche oder gar missverständliche Formulierung, gegebenenfalls mit falscher Betonung, und schon gibt es Ärger.

 

Welche Werke der deutschsprachigen SF zählen deiner Meinung nach zu den besten, die du je besprochen hast? Und welche zu den schlechtesten?

 

Das ist eine schwere Frage. Was ist in dreißig Jahren die beste SF? Nach welchem Gesichtspunkt soll ich das entscheiden? Nach dem Zeitgeist, der politischen Strömung, der sozialen Situation, dem Unterhaltungswert? Vielleicht ist es die Besprechung zu Herbert W. Frankes letztem Buch und dem Interview mit ihm? Ein Teil davon hat es in Arbeitshefte für Schulen geschafft. Nein ehrlich, kann ich nicht. Mir fällt Carl Amery ein mit der Untergang der Stadt Passau als gutes Buch, oder Bücher von Hans Dominik und Kurd Laßwitz. Nein, ich kann wirklich nichts als besonders gut oder schlecht bezeichnen. Bei den neuen Autoren sind es durchaus Leute wie Andreas Eschbach, Myra Cakan, Markus Hammerschmitt und andere, die mir gefallen. Aber auch die sind bereits seit einigen Jahren bekannt. Die nächste Generation wären Markus Heitz, Christoph Hardebusch, Thomas Plischke, Armin Rößler, Dirk van den Boom und andere.

 

Wie beurteilst du die Entwicklung der deutschen Verlagsszene in punkto SF? Wird sie ausreichend repräsentiert? Oder könnte alles noch besser sein?

 

Die SF in deutschen Verlagen ist gar nicht schlecht repräsentiert. Es kommt nur darauf an, was man sucht. Der Wilhelm Heyne Verlag hat seit Jahren seine SF heruntergefahren. Dennoch ist er mit dem Jahrbuch einer der aktivsten und interessantesten Verlage. Seit kurzem ist der Blanvalet Verlag dabei, sich der SF zu öffnen. Panini veröffentlicht SF zu Computerspielen und vor allem viele kleine Verlage sind auf dem Weg, die SF wieder hochzuhalten, aber auch neue Wege zu gehen. Als SF-Fan ist es mir aber zu wenig. Früher gab es weitaus mehr Abwechslung. Heute kommt nur noch das bei den großen Verlagen auf den Tisch, was im Ausland schon gute Verkaufszahlen zeigt.

 

Wer ist der Mensch hinter dem Bücherbrief? Erzähl uns doch mal ein wenig über dein Privatleben (wenn du magst) …

 

Warum glaubt mir niemand, wenn ich sage, ich bin ein armer, alter, relativ verbrauchter und gebeugt gehender Mann? Dabei bin ich Ü50 und über die Straße will mir auch keiner helfen. Aber mal im Ernst. Ich habe ein halbes Dutzend Berufe und arbeite gerade als Lehrer im Bereich Nachhilfe. Ich lebte in genau so vielen Städten und bin nun sesshaft geworden. Das heißt, ich habe vor ein paar Jahren ein Haus gekauft und muss es, wie so viele andere Eigenheimbesitzer noch die nächsten Jahre abbezahlen. Dafür habe ich jetzt viel Platz für Bücher. Ich lese durchaus ein Buch pro Tag. An Wochenenden, wenn ich nicht anderweitig eingespannt bin, auch mehr. Ansonsten spiele ich ganz gern. Entweder Tabletop oder Rollenspiel, aber auch einfach nur Brett- und Kartenspiele. Ab und zu schreibe ich Kurzgeschichten und Romane, die zum Teil veröffentlicht wurden. Dabei schreibe ich zum Spaß, weil ich weiß, dass ich nicht der Beste bin und damit nie Geld verdienen werde. Aber es freut mich zu sehen, wenn ich veröffentlicht werde mit meinen Beiträgen, dann kann ich gar nicht so schlecht sein. Vor zwei Jahren gründete ich den Verlag Saphir im Stahl, weil ich mit ein paar Verlagen und ihrer Arbeit, hauptsächlich Vertrieb und Werbung, nicht ganz zufrieden war. Zudem wollte ich meine eigenen Sachen veröffentlichen. Und bislang sind sechs Bücher erschienen. In den nächsten Monaten veröffentliche ich drei weitere. Und noch immer kein Roman von mir dabei. Die küssende Muse will einfach nicht vorbeischauen.

 

Wo willst du mit Saphir im Stahl noch hin? Welche Ziele verfolgst du mittel- und langfristig? Und welche Erfolge gab es schon?

 

Zu sagen, ich will mit dem Verlag an die Spitze, ist sicherlich übertrieben. Sollte es mir gelingen die ersten fünf Jahre nicht nur zu überleben, sondern Gewinne erwirtschaften, wäre der nächste Schritt, den Verlag aus der Nische Nebenerwerb herauszuholen. Ob es ein Hauptberuf wird, zeigt sich dann. Erfolge mit dem Verlag? Vielleicht den, Hanns Kneifel, der leider vor ein paar Tagen im Alter von 75 Jahren starb, dazu zu überreden, die Orion-Manuskripte zu überarbeiten und die sieben Manuskripte der Raumpatrouille in drei Hardcovern herauszubringen. Oder den Erfolg von fast allen Büchern in kurzer Zeit die Hälfte der Auflage zu verkaufen? Oder die, dass seither ständig Manuskripte eingereicht werden, weil viele Autoren meinen sie können schreiben (aber noch nicht mal das Anschreiben ist ohne Schreibfehler).

Ein Erfolg ist sicherlich, dass die Qualität der Bücher gut angekommen ist. Der positive Eindruck des Inhaltes überwiegt auch, mit der einer Ausnahme. Aber da geht es vor allem um die Form. Dennoch, ich sehe Fortschritte und hoffe weiter voranzukommen.

Meine Ziele: Mittelfristig ein paar gute Bücher herauszugeben und mit dem Verlag plus minus Null kaufmännisch herauszukommen. Langfristig wünsche ich mir natürlich auch finanzielle Erfolge, um weiter zu arbeiten. Ich habe so verschiedene Ideen, die ich umsetzen möchte. Etwa die Idee der Geheimnisvollen Geschichten. Kurzgeschichten mit Themen, die nicht so oft aufgegriffen werden oder gar neu sind.  Die Phantastik hat so viele Gesichter und ich bin gerade erst beim Janusgesicht.

 

Wie lange hältst du noch durch? Oder, anders formuliert: Wird es irgendwann einen Nachfolger für die Redaktion des Phantastischen Bücherbriefs geben?

 

Als ich jung war, habe ich mir vorgenommen, 120 Jahre alt zu werden. Ich habe also noch gut 70 Jahre Zeit. Ob es einen Nachfolger für den phantastischen Bücherbrief geben wird, kann ich nicht sagen. Ich mache ihn wohl solange, wie ich Spaß am Lesen habe und ich noch irgendein Wort schreiben kann. Und das ist das einzig beständige in meinem Leben. Die Freude an der Literatur. Auch wenn es den Anschein hat, ich würde nur Phantastik lesen, dann bezieht sich dies nur auf die Veröffentlichungen im phantastischen Bücherbrief. Ich lese durchaus Zeitpolitisches, etwa in Spiegel, Taz, www.nachdenkseiten.de und anderen. Ich mag Dokumentarsendungen über Land und Leute und lese gern mal ein Sach- und Fachbuch. Oder Comics. Oder eine Biographie … Die letzte war über Bismarck.

 

Zum Schluss würden wir gerne noch deine fachmännische Meinung zur deutschsprachigen Science Fiction hören. Was, glaubst du, ist ihre größte Chance, und was die größte Gefahr in Zukunft?

 

Die grösste Chance ist ihre Vielfältigkeit. Es kommt immer mehr auf den Markt, bis hin zu den Kleinauflagen bei BOD. Die größte Gefahr? Ich habe schon lange den Überblick verloren. Ich habe keine Ahnung, was wirklich überall erscheint. Selbst die ganzen Internet-Magazine und Newsletter können nur noch einen kleinen Teil abdecken und nicht alle Informationen bringen.

Chancen sehe ich bei solchen Projekten wie der Idee von Markus Heitz und seiner Justifers-Serie. Da könnte durchaus noch mehr kommen. Die neuen „jungen“ Autoren bieten viel Potenzial. Es müsste nur mehr Möglichkeiten geben, für diese Autoren Werbung zu machen. Ein schönes Projekt ist auch die Serie „Rettungskreuzer Ikarus“.

 

Also glaubst du nicht, dass allein die literarische Qualität für den Verkaufserfolg ausschlaggebend ist? Welche Wege müssten diese neuen Autoren denn marketingmäßig gehen? Selbst investieren? Oder ist es vielleicht doch der Netzwerk-Gedanke?

 

Ich bin fest davon überzeugt, dass sich die Qualität durchsetzt. Das Problem sehe ich eher darin, dass die Qualität nicht immer bekannt gemacht werden kann. Kleine Verlage, die ein oder zwei gute Autoren haben, können nicht so viel Geld in Werbung und Information stecken, damit sie bekannt werden. Die Autoren gehen ja schon neue Wege, sie lesen, sie sind über das Internet bekannt, weil sie eigene Seiten haben. Was fehlt sind etwa Auftritte bei Radiosendern, selbst wenn es nur private oder unabhängige Radios sind. Oder bei offenen Kanälen. Auch eine kurze Lesung aufgenommen und bei Youtube, Clipfish und anderen wären nicht verkehrt. Aber ich habe hier jetzt nicht vor, neue Wege zu erzählen. Da muss der jeweilige Autor und Verlag selbst den Grips in Gang setzen. Selbst investieren, Geld einsetzen, ist aber verkehrt. Dann braucht er aber keinen Verlag. Netzwerk-Gedanken sind gut, aber welches Netzwerk schwebt dir vor? Bei Facebook gibt es Ansätze in verschiedenen Gruppen, aber die sind nicht mehr als Ansätze. Ein reines Autorennetzwerk ist nicht hilfreich, da sich dort nur Autoren treffen würden. Seiten wie Phantastiknews, Fictionfantasy und andere sind Ansätze, aber auch dort findet man unbekanntere Schriftsteller nicht so schnell.

 

Vielen Dank dass du dir Zeit für uns genommen hast!

 

Gerne.

 

 

“Weil wir Science Fiction lieben”

(Andreas Winterer)

Mit ihrer Schundheftchen-Reihe „Super Pulp“ wollen die beiden Wiener Herausgeber namens „r.evolver” und „Dr. Trash” die Tradition der Schundliteratur in diesem ganz speziellen Format neu beleben. „Super Pulp” mischt dabei alle fantastische Genres von Horror bis SF und beeindruckt auch mit schaurigen Covern.

In der Ausgabe „Super Pulp 2” beackert der Österreicher Alex De das Cyberpunk-Genre mit seiner Story „Cooking Kangoo”, der Hamburger George T. Basier nimmt sich in einem Kurz-Psychothriller Superhelden-Fans vor und Helmuth Santler aus Wien treibt in „Suicide New!” das böse Spiel mit den Reality-Fernsehshows von Morgen auf die Spitze. Deutsche-science-fiction.de sprach mit dem Herausgeber Dr. Trash, zugleich einer der beiden Verleger bei Evolver Books.

Andreas Winterer: Science Fiction, erst recht im Heftchen-Format, hat einen ganz üblen Ruf im deutschsprachigen Raum. Zu Perry Rhodans 50sten wurden Fans der Hefte bei DIE ZEIT gar als ewig gestrige Vollpfosten abgestempelt. Wollt ihr da jetzt mit SUPER PULP den letzten Nagel in den Sarg der deutschsprachigen SF hauen?

Dr. Trash: Zu Sargnägeln aller Art haben wir ein harmonisches Verhältnis… und wer liest schon DIE ZEIT? Das sind doch genau die Leute, die auch Tarantino-Filme gut finden, sich all die langweiligen Mumblecore-Streifen vom Sundance-Festival anschauen (und dann zutiefst betroffen sind, weil sie schon wieder eineinhalb Stunden ihrer wertlosen Lebenszeit vergeudet haben). Überall erzählen sie herum, dass Fernsehen blöd ist, aber anschauen tun sie nur ARTE und 3SAT, wegen der Kultur und der intellektuell ansprechenden Qualität und so weiter und …

Äh, war das Ihre Frage, Herr Winterer?

aw: Nein, war sie nicht …

Dr. Trash: Also: Science Fiction hat seit jeher bei den Feuilleton-Deppen einen schlechten Ruf. Dessen ungeachtet geht sie (vor allem, wenn man den Young-Adult-Phantastik-Boom der letzten paar Jahre einrechnet) anscheinend ganz gut.
Und wir von EVOLVER BOOKS machen ja – bei SUPER PULP, aber auch unseren anderen Publikationen – nicht nur in Science Fiction, sondern (wie man unschwer am Titel unserer Heftchen erkennen kann) in gepflegtem Pulp. Also auch Horror, Phantastik generell, Thriller, Abenteuer – alles, was den Leser unterhält und ihm keine grauenhafte Selbstfindungs-Literatur vorsetzt.

aw: Wollt ihr mit diesen Heftchen der Genreliteratur ein Denkmal setzen?

Dr. Trash: Im Gegenteil. Wir wollen sie aktiv weiterführen. Wir wollen zeigen, dass es auch im deutschsprachigen Raum begabte Autoren auf diesem Gebiet gibt. Und interessierte Leser.
Und weil wir Science Fiction natürlich lieben – und daher immer ein Herz für solche Beiträge haben – gibt es nicht nur eine, sondern sogar gleich zwei SF-Geschichten in SUPER PULP 2, auch wenn „Suicide New!” nur die berühmten fünf Minuten in der Zukunft spielt.

aw: Die andere SF-Story, „Cooking Kangoo”, ist ausgerechnet Cyberpunk: Das Genre ist doch eigentlich töter als tot, oder?

Dr. Trash: Wenn es eine modernisierte Version von Cyberpunk ist, nur her damit! Schließlich war das ein Subgenre, das uns alle sozialisiert hat und uns hoffen ließ, dass die SF sich nicht ewig mit langweiligen „humanistischen” Gedankenexperimenten aufhalten muss.
Das ist wie beim Jazz oder in der Popmusik: Die einzelnen Stile und Genres sind dazu da, dass man sich ihrer heute bedient, sie verändert und darüber improvisiert.

aw: Klingt plausibel. Dennoch möchte man euch vor allem bei diesem Heftchen-Format fragen: Seid ihr noch bei Sinnen? Wie kam es dazu, dass ihr euch ausgerechnet dafür entschieden habt?

Dr. Trash: Weil wir in jungen Jahren Hefte gelesen und gesammelt haben, so wie die günstigen Krimi-Taschenbücher, die vielen Comics und alles andere, was verboten war. (Das heißt, in meiner Familie war das alles nicht verboten; meine Eltern gaben mich schon relativ früh ans Lesen verloren …) Und dann sind all diese Sammlungen beim ersten oder spätestens zweiten Umzug irgendwie verloren gegangen, wurden verkauft, verschenkt, vernichtet (und waren später natürlich zum Teil viel wert, wie das bei allem der Fall ist, was man weggibt). Und dann fingen wir doch wieder an, sie zu kaufen – neue Serien aus Neugier in der Bahnhofsbuchhandlung, alte Serien aus Nostalgie in der Romantauschzentrale, “Perry Rhodan” und “Jerry Cotton”, weil plötzlich Bekannte mitschrieben.

Als Marketing-Mensch würde ich sagen: ein erhaltenswertes Format. Als hoffnungsloser Pulp-Romantiker sage ich: niemals vergessen! Zumal das österreichische Romanheft ja einst von der staatlichen Zensur gekillt wurde – also lassen wir es jetzt wieder auferstehen. Zwar mit Kurzgeschichten statt Romanen, aber im traditionellen Stil und optisch möglichst den Originalen nachempfunden. Preisgünstig, zutiefst unterhaltsam und garantiert nicht recyclingfähig.

aw: Warum keine eBooks? Für Schund, oder sagen wir: unterhaltsame Weltraumabenteuer, Horror und andere Phantastik scheint das ja die kommende Plattform zu sein…

Dr. Trash: Wir brauchen für alles viel zu lange … und eigentlich nervt uns, dass E-Books anscheinend sein müssen. Weil wir ja eigentlich als erklärte Freunde des gedruckten Wortes mit dem Verlag angefangen haben. Aber: Wir werden E-Books machen, demnächst als Versuchsballon – da wird zum Erscheinen von POL POT POLKA, dem zweiten Abenteuer mit Kay Blanchard, der Vorgänger NAZI ISLAND MYSTERY elektrotechnisch erscheinen. Also: Modern, schön und gut, aber bitte keine Hektik!

aw: Wann gibt’s das nächste SUPER PULP, und wird wieder eine SF-Story dabei sein?

Dr. Trash: Wenn alles klappt (und wann hat es das jemals?) noch vor dem Weltuntergang zum Jahresende. Ob SF dabei sein wird, wissen wir noch nicht, weil wir noch auswählen – aber ohne Phantastik wird´s auch nächstes Mal nicht gehen.

aw: Und was ist mit diesem „Pol Pot Polka”? Klingt nicht nach Science Fiction…

Dr. Trash: So wie r.evolvers NAZI ISLAND MYSTERY spielt auch der neue, trashige Drugs & Sex & Rock’n’Roll-(und noch mehr Sex)-Thriller POL POT POLKA in der Zukunft. Oder in einer Parallelwelt, in der es eben geklonte Diktatoren, das Vierte Reich, Alien-Bolschewiken, Zombies und ähnliche Handlungselemente gibt. Das Buch wird übrigens demnächst erscheinen, dann kann jeder selber nachlesen, wie SF heute aussehen soll. Oder kann.

aw: Gibt es noch was, was die Welt wissen sollte?

Dr. Trash: Kauft dieses Heft – für euch selbst, eure Freunde und Ange/vertrauten oder am besten gleich für die ganze Firma/Schulklasse/Wohnanlage! Und wer zwei EVOLVER BOOKS kauft, kriegt ein SUPER PULP nach Wahl (also No. 1 oder 2) geschenkt!

aw: Wir danken für dieses Gespräch.

 

 

Herr aller Daten?

(Uwe Post)

10 Minuten in die Zukunft …?

Du schießt ein Foto mit dem Smartphone. Sekunden später ist es in der Cloud, damit du es später auf deinem Tablet oder PC betrachten kannst, ohne mit Kabel und Maus hantieren zu müssen. Ist das nicht wunderbar? Vor allem, wenn der Schnappschuss nackte Brüste enthält…Du selbst bist nicht der einzige, der sich gerne nackte Haut ansieht. Dein Cloud-Dienstleister steht dem in nichts nach, verfolgt allerdings andere Absichten. Er sperrt dir wegen Verstoßes gegen die AGB den Cloud-Space und bei der Gelegenheit auch den Email-Account, der zufällig beim gleichen Dienstleister liegt – Monopole sind ganz schön praktisch, oder? (Link zur wahren Geschichte: http://netzpolitik.org/2012/skydrive-microsoft-durchsucht-nutzer-daten-in-der-cloud-nach-agb-verletzungen-und-sperrt-accounts/)

Du bist nicht mehr Herr deiner Daten, wenn du sie um der Bequemlichkeit willen aus der Hand gibst. Du liest nicht die AGB, die ausgedruckt geeignet wären, ein ganzes Zimmer zu tapezieren, weil du deinem Gehirn nicht mehr als hundert Sätze Juristensprech zumuten kannst, ohne dass es dich nach der Wumme greifen lässt.

Dabei gibt es Cloud-Speicher, die Daten verschlüsselt speichern, aber nicht ganz so bequem und vor allem nicht kostenlos sind. Erlaubt sei außerdem der zugegebenermaßen rückwärtsgewandt erscheinende Verweis auf die durchaus noch vorhandene Möglichkeit, überhaupt keinen Cloud-Speicher für überall benötigte Daten zu verwenden, sondern etwa einen USB-Stick am Schüsselbund oder die SD-Karte im Handy. Größtmögliche Sicherheit bietet ohnehin nur eine Verschlüsselungssoftware wie Truecrypt – die ist Open Source und frei von Hintertüren. Und umständlich zu bedienen – jedenfalls im Vergleich zu einer Cloud-Software, die man überhaupt nicht bedienen muss, weil sie alles von alleine macht, selbst Dinge, von denen man vielleicht gar nichts weiß.

Noch nutzt längst nicht jeder die Cloud. Weitere Verbreitung von Smartphones wird die Rate automatisch erhöhen – angesichts der üblichen Lebensdauer von Handys in absehbarer Zeit. Welche Folgen wird das haben? Diese Frage zu beantworten, ist zweifellos eine interessante Herausforderung für SF-Autoren.

Es ist nicht verwunderlich, dass Menschen aufgrund von Bequemlichkeit ihre Privatsphäre aufgeben, das gab es schon vorher. So ist der Buchkauf im Laden anonym (sofern bar bezahlt), bei Amazon aber nicht. Dass Amazons Computer genau wissen, welche Bücher und Filme du zuletzt gekauft hast, ist offensichtlich, wenn du die Webseite aufsuchst. Stören tut es dich aber nicht, oder? Warum eigentlich nicht, hm? Weil sie diese Daten schon nicht missbrauchen werden? Blindes Vertrauen, Gedankenlosigkeit – mal im Ernst: kann das gut ausgehen?

Verwunderlich wenn nicht gar beängstigend finde ich, dass sogar Blogger und SF-Autoren, die in Texten ständig auf Missständen wie oben beschrieben herumreiten, keinen besonderen Wert auf Sicherheit ihrer Daten legen. Da wird fleißig via Facebook gechattet (unverschlüsselt – und bekanntermaßen - http://www.spiegel.de/netzwelt/web/facebook-algorithmus-sucht-nach-sexualstraftaetern-a-844714.html - liest FB mit) und Emails keinesfalls verschlüsselt. Verständlich: Weder werden die nötigen Krypto-Mechanismen bei typischer Email-Software mitgeliefert, noch ist die Technik besonders verständlich für normale Anwender. Ich habe letzte Woche mit einem befreundeten Autor die Probe aufs Exempel gemacht: Gechattet wird jetzt unbelauschbar über Pidgin mit OTR-Plugin und einem Jabber-Account beim Chaos Computer Club. Gemailt wird verschlüsselt mit PGP und dem Enigmail-Plugin für Thunderbird. Es hat uns Stunden gekostet, und das, obwohl ich selbst Kryptographie-Experte bin. Aber wir haben’s hingekriegt. Unsere Kommunikation liest keiner mehr mit. Deshalb dürfen wir in Zukunft besonders vergnügt über jene herziehen, die immer noch ihre Bequemlichkeit über die Kontrolle ihrer eigenen Daten stellen. Das war’s wert.

Übrigens: Wer mir eine verschlüsselte Email schicken möchte, findet meinen öffentlichen Schlüssel auf den in Enigmail vorkonfigurierten Schlüsselservern oder einfach hier (http://deutsche-science-fiction.de/wp-content/uploads/2012/07/Uwe-Post-PGP.asc). Wer verstehen möchte, wie das alles funktioniert, findet einen Artikel bei Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Pretty_Good_Privacy) und eine Anleitung für die Einrichtung und Benutzung von Enigmail hier (https://www.verbraucher-sicher-online.de/anleitung/e-mail-verschluesselung-mit-mozilla-thunderbird-und-gnupg).

 

 

SF auf der gamescom

(Uwe Post)

Jährlich treffen sich Hersteller, Spieler, Geeks, Hostessen, Cosplayer und noch mehr Geeks auf der Messe gamescom in Köln. Auch dsf hat vorbeigeschaut.

Es wirkt fast schon etwas verzweifelt, wenn Spiele wie Assassins Creed III die Fläche einer halben Messehalle in Beschlag nehmen. Fullprice-Games kosten in der Entwicklung Millionen, und die müssen irgendwie wieder reinkommen. Da zu allem Überfluss fast alle Games fast gleich aussehen und sehr ähnliche Themen haben, muss man eben protzen, um aufzufallen.
Und was soll ich sagen? Es funktioniert. Junge Leute stehen sich in Zickzack-Warteschlangen stundenlang die Beine in den Bauch, um 20 Minuten Doom 3 oder das neue WoW-Addon zocken zu dürfen. Bei anderen Games ist der Andrang überschauberer: Das neue XCOM spiele ich ohne Wartezeit, aber auch ohne großes Interesse: Das Spiel zeigt mir immer genau, wohin ich zielen muss. Ich fühle mich als Sklave des Tutorials.

Thematisch ist nichts neues zu erwarten. Aliens erobern wahlweise die Erde oder übernehmen gleich die menschlichen Körper mit ihren PSI-Kräften. Dann gibt es da natürlich die obligatorischen Zombies, aber eins ist immer gleich: Die rot markierten Wesen müssen mit möglichst klobigen Waffen niedergemäht werden.
A propos rote Markierung: Bei einem ungenannt bleiben wollenden Seeschlacht-Spiel bleibt es völlig ohne Folgen, wenn ich die blau markierten eigenen Schiffe bombardiere. Ich gehe spaßeshalber auf Kollisionskurs mit dem feindlichen Zerstörer – und beide Schiffe gleiten berührungslos durcheinander hindurch. Puh. Gut, dass ich dafür kein Geld ausgegeben habe. Dabei sieht’s irgendwie cool aus, mit den Feuerbällen und dem glitzernden Meer und den uniformierten Hostessen nebendran… ups.

Dann doch lieber retro: Dringend zu empfehlen ist ein Besuch in Halle 10, wo nahezu alle Homecomputer und Spielekonsolen der Anfangszeit ausgestellt sind und sogar bespielt werden können. Nicht weit entfernt wird gesägt und gebastelt, was das Zeug hält: Die Case Modder sind in Aktion.

Mehr Schein als Sein: Alles ist laut (Djs, Bühnenprogramme) und bunt (der größte Bildschirm ist geschätzte 20 Meter breit) und sieht wirklich beeindruckend aus, aber neue Spielkonzepte sind Mangelware. Der x. Klon von Starcraft wechselt sich ab mit dem typischen Egoshooter oder Farmville-Klon. Kein Wunder: Neue Konzepte sind riskant. Probiert man etwas aus, das die Spieler nicht mögen oder kapieren, sind die Entwicklungskosten futsch. Was man den Typen, die auf die durchgeknallte Idee gekommen sind, einen Oktoberfest-Manager zu entwickeln, irgendwie nicht wünschen mag.
Alles, was als Browser- oder online-Spiel durchgeht, muss eh kostenlos sein. Daher sucht man nach neuen Einnahmequellen, bisher mit wenig Erfolg. Bis auf World of Warcraft stoßen Abogebühren auf wenig Akzeptanz. So ist auch Star Wars – The Old Republic demnächst kostenlos spielbar, woran die missmutig dreinschauenden imperialen Truppen auch nichts ändern konnten.

Weit und breit nichts zu sehen von echten Cybergames, bloß LG versucht massiv mit riesigen 3D-Screens und passenden Spielen zu punkten, bloß kriegen die meisten Leute davon ziemlich schnell Kopfweh. Aber vielleicht ist das ein gutes Mittel gegen Spielsucht… die ja nicht zuletzt im Messe-Partnerland Korea ein Problem zu sein scheint. Thematisiert wurde das aber nicht groß. Aber das ist dann wohl auch eher der Job der SF-Autoren.

 

 

NOVA 20: Interview mit Olaf Hilscher und Michael Iwoleit

(Andreas Winterer)

Mitte Oktober feiert NOVA ein stolzes Jubiläum: 20 Ausgaben hat das SF-Storyzine dann geschafft. Bei soviel Atem können sich die Macher und ihre Grafiker und Autoren wirklich auf die Schulter klopfen. Wir haben Olaf G. Hilscher und Michael K. Iwoleit rund um vergangene und kommende NOVA-Ausgaben ein paar Fragen gestellt und klären, wie es mit eBooks weitergeht, was sich ab Ausgabe 20 ändern wird und wie NOVA künftig neue Leser und auch neue Autoren gewinnen will.

eBooks: „Man kommt
an Amazon nicht vorbei“

NOVA gibts nun auch als eBook. Warum zuerst auf Kindle bei Amazon?

Olaf: NOVA als eBook ist eigentlich schon länger geplant gewesen, scheiterte letztlich aber an meiner fehlenden Zeit. Ich musste ja erst einmal verschiedene Systeme und Reader testen. Den Kindle als Reader und Amazon als Vertrieb habe ich dann einfach als das beste Paket empfunden. Der Vorteil bei Amazon ist doch, dass sie neben den eBooks ein Vollsortimenter sind und du von jedem gefunden wirst, egal, ob der jetzt nach Print oder eBook gesucht hat.

Nicht jeder mag Amazon und seine Kindle-Restriktionen …

Olaf: Man kann über Amazon und ihre beherrschende Stellung auf dem Markt denken wie man will – aber man kommt heute nicht mehr an ihnen vorbei. Und natürlich wird es NOVA auch noch für andere Reader-Plattformen geben, mit einer zeitlichen Verzögerung.

Fiel euch der Schritt hin zu eBooks schwer?

Olaf: Wir haben in den letzten anderthalb Jahren immer wieder – und in letzter Zeit sehr massiv – Anfragen für eine eBook-Version von NOVA gekriegt. Ich musste mich als Extrem-Bibliophiler aber erst einmal selbst in das Medium eBook einarbeiten – früher hätte ich mir niemals träumen lassen, dass ich mal Bücher auf einem elektronischen Anzeigegerät lesen würde. Inzwischen ist das aber eine Selbstverständlichkeit, und die Download-Zahlen von NOVA 19 bestätigen das.

Kannst du was zu den Zahlen sagen?

Olaf: Während ich diese Frage beantworte ist die eBook-Version noch keine Woche online und schon über 500 Mal herunter geladen worden. Es scheint auf jeden Fall Interesse an SF-Kurzgeschichtensammlungen im Allgemeinen, und vielleicht sogar an NOVA im Besonderen zu geben. Das freut mich natürlich.

Prioritäten: „Fokus liegt weiter
auf der Print-Ausgabe“

Sind eBooks eine Chance, auch SF-Vielleser zu erreichen, die zunehmend mit 99-Cent-Serienschrott zugeschmissen werden?

Olaf: Mit „99-Cent-Serienschrott“ wollen wir uns natürlich weder messen noch vergleichen. Unser inhaltlicher Anspruch ist ein gänzlich anderer und ich bilde mir ein, dass wir mit NOVA auch einen höheren sprachlichen Anspruch transportieren als die vielen DIY-Veröffentlichungen, die es im eBook- beziehungsweise PoD-Bereich gibt.

Wird sich der Fokus hin zum eBook verschieben?

Olaf: Letztlich sind die NOVA-eBooks eine Zweitverwertung, der Fokus wird immer auf der Print-Ausgabe liegen. Ich habe zum Beispiel eine Idee für ein Grafik-Special in NOVA 21, die sich nur in der gedruckten Version wird umsetzen lassen, auf einem Reader aber nicht. Das ist dann halt Pech für den eBook-Leser, aber kein Grund für mich, das deswegen nicht zu machen.

Multimedia-eBooks:
„Ich brauche kein Geblinke“

Eigentlich ist ein Kindle ja nur eine karge Website ohne bunten Spaß. Für „Science Fiction“ würde sich ja anbieten, auch die Form den vorhandenen, gestern noch futuristischen Mitteln anzupassen, etwa auf der Plattform iBook als interaktives Multimedia-Werk, mit animierten audiovisuellen Illustrationen u.ä. Interessiert euch sowas?

Michael: eBooks sind sicher ein Medium, das noch etwas ausreifen muss, aber sie als „karge Website ohne bunten Spaß“ zu bezeichnen trifft sicher nicht bei eBook-Produzenten zu, die einen gewissen Qualitätsanspruch verfolgen. Literatur ist in erster Linie etwas, das gelesen werden soll und zwar um seiner selbst will. Dass eine Sache nur interessant ist, wenn sie mit bunten Effekten multimedial aufgepeppt wird, ist ein Klischee unserer schnelllebigen, von Reizüberflutung geprägten Zeit, das wir uns nicht zu eigen machen wollen.
Ich persönlich bin durchaus an der Kombination von Literatur mit audiovisuellen Medien interessiert und werde in dieser Richtung sicher mal experimentieren. Solche Dinge gehen aber über die Kapazitäten des kleinen Teams hinaus, das NOVA macht. Wir werden uns auch in Zukunft auf unsere Kernkompetenzen konzentrieren, das heißt: ein Magazin für aktuelle Kurzgeschichten zeitgenössischer deutschsprachige SF-Autoren herauszugeben, abgerundet mit Illustrationen, Artikel und Übersetzungen. Unsere Redaktion – gegenwärtig drei Mann – ist bereits voll damit ausgelastet, dieses Konzept in möglichst hoher Qualität zu verwirklichen. Mehr können wir uns nicht aufladen.

Olaf: Kernkompetenz ist hier tatsächlich das Stichwort. Meine Liebe galt immer der Science-Fiction-Literatur. Wichtig sind die Bilder, die beim Lesen im Kopf entstehen. Ich brauche kein Geblinke und kein Multimedia, das hat für mich nicht zwangsläufig was mit SF zu tun. eBooks haben den Vorteil der schnelleren Verfügbarkeit eines Textes und eines geringeren, ressourcenschonenderen Produktionsaufwands. Aber das eBook hat für mich letztlich die selbe Aufgabe wie ein gedrucktes Buch: Die Geschichten, die im Geist des Autoren entstanden sind, zum Leser zu transportieren und alles weitere dessen Fantasie zu überlassen. Das ist das, was wir mit NOVA primär erreichen wollen.

Das eBook hat ja kein Platzproblem, anders als das Holzbuch. Wäre eine im Vergleich zur gedruckten Version „umfangreichere“ eBook-Version denkbar?

Michael: Denkbar wäre es, ist aber aus den genannten Gründen für uns nicht machbar. Zwei Magazinausgaben pro Jahr sind eine Menge Arbeit, und wir werden froh sein, wenn NOVA in Zukunft, wie angekündigt, jeweils im Mai und Oktober pünktlich erscheinen kann. Sicher wird es, wie bisher, gelegentlich kleine Features auf unserer Website geben, die die aktuelle Ausgabe ergänzen, aber mehr nicht.

Olaf: Das NOVA-eBook ist eine Zweitverwertung und als solches bestenfalls ein Alternativmedium. Der Print-Ausgabe von NOVA wird immer das Hauptaugenmerk gelten.

Zehn Jahre Erfolg: „Das ist vor uns
noch niemandem gelungen“

Mit eBook kommen gewiss neue Zielgruppen hinzu. Schnell „messbar“ wäre dann, platt gesagt, dass „nackte Aliens, Wummen, Raumschiffe“ auf dem Titel mehr Käufer bringen. Könnt ihr dieser Versuchung widerstehen?

Michael: Wären wir daran interessiert, den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen und das zu produzieren, wonach der Markt gerade verlangt, hätten wir wohl gar nicht erst damit angefangen, deutschsprachige SF-Stories herauszugeben. Bei den großen Verlagen dominiert heute die Politik, nur noch das Gängige zu produzieren und Nischenmärkte zu vernachlässigen. Den Anspruch, den große Verleger früherer Zeiten einmal verfolgt haben – nämlich das zu produzieren, von dessen Qualität man überzeugt ist, und dafür ein Publikum zu finden – wird heute fast nur noch von Kleinverlegern und Herausgebern kleiner, unabhängiger Magazine wie dem unseren hochgehalten. Wir fühlen uns in dieser Partisanenrolle wohler.
Wir sind davon überzeugt, dass es deutsche SF-Autoren gibt, die Stories auf internationalem Niveau schreiben, und dass in der Szene immer wieder neue Talente auftauchen, die es verdienen, gelesen zu werden. Diese wollen wir an ein Publikum bringen, und das hat bisher immerhin so gut geklappt, dass wir seit inzwischen zehn Jahren ein deutsches SF-Storymagazin am Leben halten. Das ist vor uns noch niemandem gelungen und ein Erfolg für sich. Wenn sich die Chance bietet, ein größeres Publikum zu erreichen, werden wir sie wahrnehmen. Aber wir werden dafür unseren Qualitätsanspruch nicht aufgeben. Im Gegenteil: Wir wollen noch besser werden.

NOVA 20: „Eine
deutliche Weiterentwicklung des Magazins“

Kommen wir zur Jubiläumsausgabe…

Michael: NOVA 20 wird in neuer Aufmachung und in verbesserter Produktions- und Textqualität erscheinen. Man könnte sagen, was wir ab Nummer 20 produzieren, ist bereits NOVA 3.0 – wir haben ja schon mit Ausgabe 10 eine erste Verbesserung von Layout und Inhalt vorgenommen.

Was hat sich von Ausgabe 1 bis Ausgabe 20 geändert?

Michael: Wer Nummer 20 neben die ersten Ausgaben aus den Jahren 2002/2003 hält, müsste blind sein, um nicht eine deutliche Weiterentwicklung des Magazins festzustellen. Unser Ziel war es von Anfang an, ein Forum für die beste zeitgenössische deutschsprachige Science Fiction zu schaffen. Diesem Ziel haben wir uns schrittweise angenähert, und es ist sicher noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Das Magazin musste sich etablieren, und einige Autoren, an denen wir interessiert waren, sind erst nach und nach dazu gestoßen. In Ausgabe 20 werden weitere herausragende deutsche SF-Autoren – darunter Karsten Kruschel und Michael Marrak – ihren Einstand in NOVA feiern. Dass solche Leute uns Beiträge liefern, dürfen wir wohl als Hinweis darauf werten, dass NOVA sich ein gewisses Ansehen erworben hat.

Olaf: NOVA hat sich inzwischen – übrigens allen Unkenrufen früherer Jahre zum Trotz – in der deutschen SF-Szene etabliert. Wir sind sowohl von der Leser-, als auch von der Autoren- und Künstlerseite akzeptiert. Was wir machen, machen wir so professionell wie möglich, obwohl NOVA natürlich nach wie vor ein reines Liebhaberprojekt ist. Und auch wenn wir jetzt mit NOVA 20 noch eine weitere Stufe erklimmen, was inhaltlichen Anspruch, Produktion und Vertriebswege angeht, so ist der Kerngedanke dahinter immer noch derselbe wie vor zehn Jahren bei NOVA 1.

Michael: Auch auf die Gefahr hin, dass es eitel klingt, darf man erwähnen, dass NOVA auch international einen gewissen Bekanntheitsgrad erworben hat. Unsere Gaststory-Rubrik ist auf Jahre hinaus ausgebucht. Autoren wie Guy Hasson aus Israel oder Aleksandar Ziljak haben in NOVA angefangen, über ihre Landesgrenzen hinaus auf sich aufmerksam zu machen, und im Lauf der Zeit haben wir sicher unseren Teil zur Vernetzung des SF-Szene außerhalb des englischsprachigen Raums beigetragen.

NOVA 20: „Das wird eine der besten Ausgaben
in der Geschichte des Magazins“

Ändert sich zur 20 oder danach das Team und seine Rollen?

Michael: Nach dem Ausscheiden von Frank Hebben bleibt das Team vorläufig dasselbe und mit derselben Aufgabenverteilung, also Olaf zuständig für Grafik, Produktion und Vertrieb, ich für den gesamten Textteil und Sven Klöpping als Verstärkung fürs Lektorat. Außerdem wird Sven unsere Website betreuen. Es ist nicht auszuschließen, dass wir früher oder später wieder einen dritten Herausgeber einbeziehen werden, der ausschließlich für die Grafik zuständig ist. Aber ein geeigneter Kandidat müsste erst gefunden und eingearbeitet werden, und dazu ist im Moment keine Zeit.

Olaf: Ich denke, wir sind auch zu zweit gut aufgestellt, zumal wir mit Sven für das Lektorat und als Homepage-Redakteur eine perfekte Hilfe haben. Ich habe den Grafik-Redakteursposten bei NOVA ja schon mal gemacht und bin eigentlich ganz froh, den visuellen Aspekt von NOVA jetzt wieder in die Richtung steuern zu können, die ich mir vorstelle. Dass es da eine Veränderung gibt, sieht man ja schon auf dem vorab veröffentlichten Cover von NOVA 20.

Nostalgie-SF: „Ich hoffe, dass sich Autoren wieder
vermehrt zeitgenössischen Themen zuwenden“

Wie sehen die Änderungen inhaltlich aus?

Michael: Inhaltlich bleiben wir weiter offen für alle Arten von SF, von Hard SF über Cyberpunk und Steampunk bis hin zu Poetischem, Skurrilem und Experimentellem. Wir möchten die Kreativität unserer Autoren nicht einschränken, aber wir werden höhere Anforderungen an die schriftstellerische Umsetzung stellen. Ich will nicht zu viel versprechen, aber ich glaube, dass NOVA 20 eine der besten Ausgaben in der Geschichte unseres Magazins sein und für die nächste Zeit Maßstäbe setzen wird.
Ich mag gute Stories und originelle Ideen, bin aber der – unter literaturästhetischen Gesichtspunkten vielleicht etwas altmodischen Auffassung –, dass das Wie über die Qualität einer Geschichte entscheidet. NOVA braucht Autoren mit einem sicheren, individuellen Stil und einem Gefühl für Form und Atmosphäre.
Es gibt im Moment einen gewissen nostalgischen Trend in der SF, was sich in der Popularität von Steampunk und Alternativweltgeschichten äußert. Ich habe prinzipiell nichts dagegen, wenn’s gut geschriebene Geschichten sind, aber ich hoffe, ein bisschen darauf hinwirken zu können, dass sich Autoren wieder vermehrt zeitgenössischen Themen zuwenden: Computer, Internet, neuen Medien, aktuelle wissenschaftliche Ideen. Auch politisch darf es werden (in dieser Hinsicht wird derzeit viel zu wenig gewagt).

Olaf: Ich weiß nicht, ob unser Konzept ab NOVA 20 soooo neu ist. Unsere Storyauswahl ist schon immer etwas kontrovers aufgenommen worden – aber das ist natürlich Geschmackssache, und über Geschmack kann man bekanntlich nicht streiten. Wie Michael auch finde ich die Idee am wichtigsten, dann die Ausführung. Ob es dann leserkompatibel ist, stellt sich sowieso erst nach der Veröffentlichung raus.
Wir haben schon Stories gebracht, die ich eigentlich richtig – hm, ´tschuldigung – Scheiße fand, die dann hinterher einen Preis gewonnen haben; und wir haben Stories gebracht, die ich für grandios halte, die von den Lesern aber in der Luft zerrissen wurden. Der Anspruch ist auch in Zukunft, originelle, handwerklich gut gemachte Stories zu bringen.

Gibt’s mehr Platz für ausländische Stories und Artikel?

Michael: Nein, die inhaltliche Aufteilung wird so bleiben, wie sie ist: ein bis zwei Essays und eine Übersetzung bzw. ein Klassikernachdruck pro Ausgabe, ansonsten stehen aktuelle Kurzgeschichten deutschsprachiger Autoren im Mittelpunkt. Für die Publikation interessanter ausländischer Autoren haben wir ja seinerzeit das Schwestermagazin InterNova ins Leben gerufen, das ich heute noch als E-Zine weiterführe. Beide Magazine sind unabhängig voneinander und sollen es auch bleiben.

Layout: „Bisher zu viel
auf eine Seite gequetscht“

Wie darf man sich NOVA 20 optisch vorstellen? Rückt ihr einen Layout-Entwurf heraus? 

Michael: Wir haben an anderer Stelle schon gesagt, dass wir in unserem Bemühen, für den Preis des Magazins – immerhin 12,80 – möglichst viel Inhalt zu bieten, ein wenig über Ziel hinausgeschossen sind. Unter unseren Lesern – die zu einem großen Teil ein wenig älter sind – herrscht weitgehender Konsens, dass wir in den letzten Ausgaben zu viel auf eine Seite gequetscht haben. Ab NOVA 20 wird das Layout wieder etwas aufgelockert, die Schrift vergrößert und die Randstellung angepasst, was nicht nur die Lesbarkeit, sondern auch die Handhabung des Magazins verbessern wird. Olaf hat ein Testlayout gemacht. Ob er das rausrückt, muss er entscheiden.

Olaf: Nein, das rücke ich nicht raus  Also, es wird deutlich mehr Illustrationen geben. Längere Geschichte werden zwei Illus haben, wo sich auch zwei Zeichner hingesetzt und sich über die Motive und so weiter abgestimmt haben. Zum anderen ändert sich das Format an sich: NOVA wird etwas schlanker, dafür aber etwas höher, was sich natürlich auch auf den Satzspiegel auswirkt.
Ich habe mich zugegebenermaßen lange gegen eine Vergrößerung der Schrift gewehrt. Ich sehe ja noch ganz gut.  Aber auch die wurde vergrößert, was die Lesbarkeit deutlich steigert. Natürlich gehen diese Maßnahmen etwas zu Lasten der Inhaltsmenge, aber ich habe versucht, das so gering wie möglich zu halten.

Vertrieb: „Kann sein, dass wir mit dieser Sache
eine Menge Geld verbrennen.“

Ihr wollt ja auch den Vertrieb ändern. Existieren im deutschsprachigen Raum überhaupt noch Vertriebswege für literarische SF?

Michael: Das wird sich zeigen müssen. NOVA wird weiterhin primär auf der bisherigen Schiene vertrieben, das heißt Abonnenten und Direktbestellungen bei uns. Daran werden wir festhalten, um die Finanzierung und den Fortbestand des Magazins zu sichern, selbst wenn andere Wege erfolglos bleiben sollten. Ab Ausgabe 20 wird NOVA allerdings erstmals auch über einen professionellen Zeitschriftenvertrieb im deutschen, österreichischen und schweizer Bahnhofsbuchhandel angeboten. Wir haben uns bescheidene Ziele gesetzt. Schon tausend zusätzlich verkaufte Exemplare würden uns neue Möglichkeiten eröffnen, vor allem könnten wir unseren Autoren und Grafikern ein bescheidenes Honorar zahlen. Die Abonnentenzahlen und eBook-Verkäufe haben sich in letzter Zeit vielversprechend entwickelt, und die Zeit scheint reif, um Neues zu wagen und unsere Leserschaft zu vergrößern.

Olaf: Für uns bietet sich mit Bahnhofsbuchhandlungen eine große Chance. Der Vertrieb kam auf uns zu und hat uns ein Angebot unterbreitet, obwohl niemand genau weiß, ob sich für ein Produkt wie NOVA überhaupt ein Markt finden lässt. Nicht zuletzt wegen des Formats. Es kann sein, dass wir mit dieser Sache eine Menge Geld verbrennen. Aber ich hoffe, wir finden genügend Leser unter der Laufkundschaft. Dass die eBooks so gut laufen würden, hat vorher auch keiner gedacht

Stories: „Sintflut an
unbrauchbarem Material“

Wie kommt eigentlich eine Story ins Magazin? Wie sorgt ihr für frisches Blut? Immerhin stellt ihr euch bei der Manuskriptannahme taub…

Michael: Es ist etwa drei Jahre her, seit wir NOVA vorläufig für unverlangte Manuskripteinsendungen gesperrt haben, und ich kann nicht feststellen, dass sich der Autorenkreis seitdem eingeengt hat oder Neulinge keine Chance mehr bekommen haben. Wir sind seitdem ganz gut damit gefahren, dass wir selber Autoren ansprechen oder uns von Leuten, deren Urteil wir respektieren, empfehlen lassen.
Wenn die neuen Vertriebswege erfolgreich sind und NOVA in Zukunft Honorare zahlen kann, werden wir darüber nachdenken, NOVA wieder für unverlangte Einsendungen zu öffnen, in der Hoffnung, dass wir Angebote von professionellen Autoren erhalten, die bisher aus Honorargründen nicht für NOVA geschrieben haben. Allerdings werden wir Maßnahmen treffen, um die Sintflut an unbrauchbarem Material einzudämmen, mit der dann zu rechnen ist. Zum Beispiel denke ich daran, nur Angebote zu lesen, die sich formal an die Autorenhinweise auf unsere Website halten. Unter den unverlangten Einsendungen sind immer wieder brauchbare Sachen dabei, aber die Ausbeute ist erfahrungsgemäß gering.

Gelegentlich hat man das Gefühl, dass ihr euch immer im selben Autorenkreis bewegt.

Michael: Es gibt bei NOVA keine Gefälligkeitsveröffentlichungen und keine Begünstigungen. Ausschlaggebend ist die Qualität einer Geschichte, und dabei werden auch für enge Freunde der Redaktion und sogar für Redaktionsmitglieder keine Ausnahmen gemacht. Ich entscheide zum Beispiel nicht allein über die Veröffentlichung meiner eigenen Stories. Dazu müssen erst Olaf und Sven zustimmen. Sven reicht mir seine Stories wie jeder externe Autor ein und muss sich derselben Kritik stellen.
Dennoch ist es kein Zufall, dass ein gewisser Kreis von Autoren in NOVA immer wieder auftaucht – was für ein SF-Magazin übrigens nichts Ungewöhnliches ist. Es gibt jede Menge deutsche SF-Autoren, aber nur die wenigsten sind in der Lage, über längere Zeit hinweg zuverlässig qualitativ hochwertige Erzählungen zu produzieren. Ich kann nichts Negatives daran erkennen, dass wir gern Leute ansprechen und wieder veröffentlichen, die schon in der Vergangenheit gute Arbeit abgeliefert haben. Wenn man ein Magazin macht, ist es übrigens nie ganz zu vermeiden, dass man Leute verärgert oder sich Feinde macht. Kollege Ronald Hahn hat gelegentlich erzählt, dass manche Leute ihm noch heute spinnefeind sind, weil er vor dreißig Jahren eins ihrer Manuskripte abgelehnt hat. Vielleicht wird’s uns mit der Zeit auch gelingen, uns solche Feinde zu machen, aber sei’s drum. So ist das Leben.

Was macht für euch eine Story aus? Sollte gute SF auch Jahrzehnte überdauern können (was auch bedeutet, das heute Stories gut sind, die auch vor 30 Jahren hätten erscheinen können), oder müssen gute Stories dem aktuellen Weltgeschehen den (Zerr)Spiegel vorhalten?

Olaf: Sowohl als auch, denke ich. Wenn ich zum Beispiel an Tiger! Tiger! von Alfred Bester denke, dann wirkt im Detail manches antiquiert, die gesellschaftlichen Kernaussagen sind aber immer noch treffend. Andererseits gibt es aktuelle Sachen (ich denke da an Cory Doctorow oder China Mieville beispielsweise), die mich einfach gar nicht berühren, obwohl sie sprachlich und inhaltlich nicht schlecht sind. Vieles ist eben Geschmackssache.

Michael: Wohl jeder Autor wünscht sich, etwas zu schreiben, das die Zeiten überdauert, aber planen kann man das nicht. Es gibt SF-Stories aus den Vierzigern, etwa von C.L. Moore und Henry Kuttner, die sich heute noch frisch und interessant lesen. Andererseits gibt es Stories aus den Siebzigern, die in ihren Vorstellungen so zeitgebunden sind, dass sie heute so museal wirken wie Jules Vernes Visionen vom Jahr 2000. Ein Autor kann nur versuchen, auf dem heutigen Entwicklungsstand des Genres und am Puls der Zeit sein Bestes zu geben, und dann wird sich zeigen, was auf Dauer Bestand hat. Das gilt auch für ein Magazin, das seinen Autoren eine gute Veröffentlichungsplattform bieten will.

Qualitätsdebatte: „Naive Einschätzung
englischsprachiger SF“

Berühmte letzte Worte zum ununterbrochenen Dauer-Ende deutscher Science Fiction?

Olaf: Ach, dieses ständige Totsagen der deutschen SF. Das geht mir immer ziemlich auf den Sack. Meines Erachtens war die SF in Deutschland nie vom Aussterben bedroht, und ist es auch jetzt nicht. Natürlich macht keiner der deutschen Autoren ein Vermögen (das machen aber auch die angloamerikanischen Autoren mit wenigen Ausnahmen nicht), aber es gibt eine stabile Lesergemeinde und einen durchaus sehens- und lesenswerten Output der deutschen (Klein-)Verlagsszene. Ich glaube auch nicht, dass es da jemals ein Qualitätsproblem gab. Der Deutsche an sich jammert halt nur gerne, und da bildet der deutsche SF-Fan eben keine Ausnahme.

Michael: Ich glaube, das wiederkehrende Gefrotzel über die deutsche SF beruht auf einer ziemlich naiven Einschätzung der Qualität der englischsprachigen SF. Der Einzugsbereich der englischsprachigen Szene ist wesentlich größer als der der deutschen, deshalb tauchen dort, in absoluten Zahlen, mehr lesbare bis gute Autoren auf als bei uns. Nur ist auch die Masse an Schrott, die vor allem in den USA produziert wird – und davon konnte ich mir als Übersetzer ein lebhaftes Bild machen –, wesentlich größer. Hier wie dort sind herausragende Autoren eine Ausnahmeerscheinung. Nur fällt es bei uns stärker auf, weil die Szene viel kleiner ist und gegenwärtig eben nur zehn bis zwanzig Autoren vorweisen kann, die auf internationalem Niveau schreiben, nebst einigen vielversprechenden Talenten.

Fazit: „Es gibt massig
gute Autoren und Künstler“

Was muss passieren, dass ihr den Schuppen zusperrt und NOVA dichtmacht?

Olaf: Wenn am 21.Dezember wirklich die Welt untergeht. Ansonsten: keine Ahnung. Wir sind trotz unserer Pläne in finanziell stabilem Fahrwasser, wir haben viele Abonnenten, es gibt – wie eben erwähnt – massig gute Autoren und Künstler, was soll also passieren?

Michael: Dem kann ich mich nur anschließen. Es müsste sich schon ein Neider bewaffnen, zur nächsten NOVA-Redaktionskonferenz auftauchen und gut zielen. Das könnte uns vorübergehend etwas demotivieren … Nein, im Ernst: Solange wir unser wirtschaftliches Minimalziel erreichen – das heißt von jeder NOVA-Ausgabe müssen genug Exemplare verkauft werden, damit die nächste Ausgabe gedruckt werden kann – wird NOVA weiter bestehen. Wir möchten gern wachsen und unser Publikum vergrößern, aber in erster Linie soll NOVA als Veröffentlichungsplattform für deutschsprachige SF-Stories erhalten bleiben, komme was wolle.

Ich danke euch für das Gespräch!

 

 

Das war der BuCon 2012

(Uwe Post)

Toller, vielfältiger, größer – sagte ich schon toller? Der Buchmesse Convent 2012 war ein weiteres Mal der Treffpunkt für Fans, Autoren und Urgesteine der deutschen Phantastik-Szene. Man bräuchte mehr als einen Bericht, um alle Facetten beschreiben zu können, oder mehrere Klone, um alles sehen und erleben zu können.

Die offensichtlichste Neuerung war die Erweiterung des Platzes für Präsentationstische in den großen Vorraum. Statt wie bisher in der Mitte des Hauptsalls eingefercht, konnten sie die Verlage viel besser präsentieren. Die Zugangskontrolle wurde dafür direkt an den Eingang verlegt. Gute Idee!

Das Programm startete um 11 Uhr und zog schon um diese nächtliche Zeit viele Besucher an.

Petra Hartmann und Andrea Tillmanns präsentierten die fiese Anthologie “Drachen Drachen”, erschienen im Blitz-Verlag. Die Liste der namhaften Autoren, die in diesem dicken Taschenbuch ihre Meinung zum Thema dargelegt haben, ist zu lang für diesen Artikel. Auch wenn Drachen üblicherweise mit dem Fantasy-Genre in Verbindung gebracht werden – nicht ohne Grund, vorsichtig ausgedrückt – enthält die Drachen-Antho eine ganze Reihe respektabler SF-Geschichten und verdient sich damit diese Erwähnung.

Gleich im Anschluss sorgte der Begedia-Verlag für einen überfüllten Transporterraum. Die Präsentation der gerade frisch aus den Druckerpressen gezerrten Anthologie “2012 – T minus Null” sowie die Zombie-Mystik-Serie “Armageddon” lockten mehr Zuschauer an, als der Raum fassen konnte. Genug Weltuntergang für jeden: Uwe Post, Herausgeber der 2012-Antho, sowie der darin mit einem Kurzroman vertretene Michael Marrak, lasen aus dem Buch vor. Im Anschluss stellten Ben B. Black und Dave Nocturn kongenial inszeniert Ausschnitte aus der von D.J. Franzen konzipierten Reihe “Armageddon” vor.

Besonders spannend für die deutsche SF: Ernst Wurdack lies einige Andeutungen zu einer neuen SF-Serie fallen, auf die man sicher gespannt sein darf. Auf eine konkrete Ankündigung werden wir noch ein wenig warten müssen, aber dass sich namhafte Autoren der Szene eine komplexe Weltraumgeschichte ausgedacht haben, ist kein Geheimnis mehr.

Ganz tapfer müssen jetzt jene Fans sein, die es bisher versäumt haben, sich den herausragenden letztjährigen Erzählband “Emotio” anzuschaffen: Das Buch ist vergriffen und wird nicht nachgedruckt.

Noch einmal spannend wurde es für die SF-Fans bei der Verleihung des Deutschen Phantastik-Preises. Dass Perry Rhodan in der Kategorie “Beste Serie” abräumte, überraschte niemanden, und der Verfasser des besten Romans ist zum zehnten Mal in Folge Markus Heitz. Aber da in der Kategorie “Beste Kurzgeschichte” diesmal fünf von sechs nominierten Erzählungen dem SF-Genre zuzuordnen waren, fragte sich natürlich jeder, wer das Rennen gemacht hatte. Am Ende landeten tatsächlich nicht die zwei Kandidaten (Armin Rößler, Karsten Kruschel) aus der oben erwähnten Anthologie “Emotio” auf den vorderen Plätzen, sondern zwei Geschichten aus “Prototypen und andere Unwägbarkeiten” vom Begedia-Verlag (und im Gegensatz zu “Emotio” ist diese Sammlung noch zu haebn): Platz 2 belegte Uwe Posts “Träumen Bossgegner von nackten Elfen?”, knapp geschlagen von Nina Horvaths “Die Duftorgel”. Als objektive Chronisten fügen wir unserer wärmsten Gratulation allerdings die Beobachtung an, dass die recht selbstbewusste Dankesrede der Titelträgerin im Publikum zu vereinzeltem Kopfschütteln führte.

Das alles tat der guten Stimmung aber keinen Abbruch, die in einer Magie-Show und dem Auftritt der Band Elfenthal ihren Höhepunkt fand. Klarer Fall: Der BuCon ist und bleibt das Highlight der Saison. Gratulation und Respekt an die Veranstalter!

 

 

Brettspiel vorm Kopp

(Uwe Post)

Internationale Spieletage Essen: Paradies für Junggebliebene, denen Gamepads zu viele Knöpfe haben, die lieber Pöppel verschieben und statt auf den Bildschirm auf bunte Pappbretter starren.

Brettspiele können rein abstrakt funktionieren, sich also allein auf Spielprinzip und Strategie konzentrieren, Beispiele: Vier gewinnt oder eine der modernen Varianten, etwa Quarto. Die meisten Spiele aber versetzen die Teilnehmer in eine künstliche Welt, bei manchen könnte man behaupten: Sie kaschieren ihre Sinnlosigkeit mit einer Fassade, die nach Abenteuer riecht. Das Geschehen wird gern in die Vergangenheit oder in fremde Länder verlegt, oder beides. Selbstverständlich sind es häufig Fantasy-Welten, die auf die bunten Spielbretter gemalt sind. Und wie sieht es mit der Science Fiction aus? Könnte man nicht herrlich bunte Spielfiguren auf fremden Planeten umherschieben oder im Cyberspace KIs hacken?
Nun ja.
Die Suche nach Spielen mit SF-Thema auf der Spielemesse gleich der Suche nach der Teekanne im Erdorbit. Ins Auge fällt immerhin ein Spiel namens “Kosmonauts“, dessen Material in einem hübsch retro-russischen Stil designt ist. Das Spiel selbst dreht sich darum, dass wir mit unseren Raumschiffen möglichst viele Planeten im Sonnensystem aufsuchen müssen (und den Halley’schen Kometen), um Punkte zu sammeln. Der Clou ist, dass sich das Raumschiff physikalisch korrekt bewegt (d.h. wenn man es in eine Richtung beschleunigt, fliegt es solange dorthin weiter, bis man in eine andere Richtung Gas gibt), und dass sich die Planeten ebenfalls bewegen. Dummerweise ist das auch schon alles, und mehr als einmal spielen muss man “Kosmonauts” nicht.

Nicht mit dem Titel nenne ich absichtlich ein weiteres Spiel, das ich aus Prinzip nach Lektüre der Beschreibung auf der Rückseite wieder weggestellt habe, ich zitiere aus dem Gedächtnis: “Dieses Spiel findet ZWAR in einem Science Fiction-Setting statt, ABER man findet sich trotzdem leicht zurecht.” (Hervorhebungen von mir). Das ist ja wohl die größte Unverschämtheit, die mir … und wer textet sowas? Jemand, der keinesfalls möchte, dass jemand das Produkt erwirbt?

Zugegeben: Es gibt natürlich den ganzen Franchise-Kram. Ein Star-Wars-Miniaturen-Spiel, bei dem man seine Tie-Fighter immerhin nicht mit Maßband, sondern mit speziell angefertigten Pappstücken vorwärts rückt, die die zurückgelegte Entfernung bemessen. Das ist aber ein altbekanntes Spielprinzip, dem man das lizenzpflichtige Logo aufgepappt hat, weil es sonst wirklich überhaupt keiner kaufen würde.

Eins hab ich noch: “Goblins, Inc.”, okay, mit Goblins, also Fantasy-Gestalten, aber immerhin bauen diese Goblins “Riesenroboter des Todes”, die dann Breitseiten Richtung Gegenseite abfeuern, denn nur der bessere gewinnt.

Die Roboter haben sogar lustige, wenngleich nutzlose Verzierungen wie zum Beispiel leicht bekleidete Goblin-Blondinen. Was auf den ersten Blick witzig klingt, erweist sich bei einem Blick auf die rechte obere Ecke des Fotos als Glücksspiel: Die Würfel bestimmen, wer was wo trifft, und die Bauplättchen zieht man natürlich blind aus einem verdeckt liegenden Haufen. Das ist auch der entscheidende Unterschied zu “Galaxy Trucker”, das so ähnlich funktioniert, aber viel weniger auf den Zufall setzt.

Natürlich greifen Boardgame-Geeks vor allem bei Spielen zu, die interessante und neue Mechanismen besitzen. Kooperative Spiele, bei denen die Teilnehmer gemeinsam gegen kämpfen, sind in, ebenso wie Deckbau-Spiele mit vielen bunten Karten. Natürlich könnte man solche Spiele ohne weiteres im SF-Genre ansiedeln, denn das ist ja nichts als eine hübsche Fassade. Aber Fantasy verkauft sich derzeit einfach besser – während man den Spieltisch mit “Kosmonauts” selbst am gut besuchten Freitag oft unbesetzt sah, gehörte schon eine Portion Glück dazu, einmal “Die Legenden von Andor”ausprobieren zu können.

Wir sind verzweifelt: Nicht nur bei den Romanen darbt die SF im düsteren Schatten der Fantasy, sondern auch bei Brettspielen. Oder? Kennt ihr gute (deutsche) SF-Brettspiele? Schreibt uns, damit wir sie einer größeren Schar von Fans bekanntmachen können.

 

 

Interview mit Alexander Knörr            

(Sven Klöpping)

 

Herr Knörr, Sie sind Erster Vorsitzender der Deutschsprachigen Gesellschaft für Ufo-Forschung. Als solcher beschäftigen Sie sich mit Ufo-Sichtungen und grenzwissenschaftlichen Themen. Wie objektiv kann man bei einem solchen heiklen Thema eigentlich sein?

 

Das ist eine gute Frage. Je länger man in dem Thema steckt, desto schwerer wird das natürlich, weil man ja mit den Jahren – bei mir mittlerweile 24 Jahre, die ich mich mit dem Phantastischen auseinandersetze – ja so seine Erfahrungen macht. Aber die Objektivität muss immer gewährleistet sein, sonst kann man das nicht mehr machen. Ich selbst kenne auch ein paar Kollegen, die aus diesem Grund nicht mehr aktiv in der Forschung sind, eben weil sie durch eigene Erfahrungen dem Phänomen nicht mehr mit der Objektivität begegnen können, wie sie es als Forscher tun müssten.

 

Was sind die wichtigsten Ziele Ihrer Organisation?

 

Das wichtigste Ziel ist es, die Öffentlichkeit über das UFO-Phänomen zu informieren, aufzuklären und Sichtungszeugen als Anlaufstelle zur Verfügung zu stehen, die ihnen hilft, die Sichtung, die sie gemacht haben nach Möglichkeit zu klären. Das hat erst mal gar nichts mit „Außerirdischen“ oder so zu tun, sondern nur mit unbekannten Himmelsphänomenen. Und die meisten Sichtungen kann man dann auch aufgrund der Erfahrung unserer Sichtungsermittler schnell aufklären. Damit ist den Sichtungsmeldern geholfen. Die Sichtungen, die man z. Zt. nicht aufklären kann, sagen natürlich auch noch nichts über deren Ursache aus, sonst wären sie ja geklärt. Aber da machen wir natürlich weiter und bleiben ständig am Ball um auch dahinter zu kommen, was der Auslöser dieser bislang ungeklärten Sichtungen war.

 

Haben Sie selbst schon einmal ein Ufo gesichtet?

 

Ich habe schon einiges am Himmel gesehen, das einen erst einmal erstaunt. Aber ich konnte die Sichtungen alle bislang aufklären, die ich selbst hatte. Also leider nein.

 

Wie wichtig ist Erich von Dänikens Forschungsarbeit für Sie selbst und Ihre Studien?

 

Erich von Däniken und seine Forschungen an Sich waren für mich der Auslöser, mich aktiv mit der Prä-Astronautik und später dann mit der modernen UFO-Forschung auseinanderzusetzen. Mit 16 habe ich mich mit allem Möglichen an grenzwissenschaftlichen Themen beschäftigt. Dann bekam ich ein Buch von Erich von Däniken in die Hände und dieses veränderte mein Leben! Das kann man schon so sagen. Ich hätte nie aktiv geforscht und nie ein Buch selbst geschrieben, wäre ich diesem modernen Visionär nicht zuerst in Buchform, später dann persönlich begegnet. Heute bin ich sehr stolz dass ich Erich von Däniken auch persönlich kenne, dass wir immer wieder Kontakt haben und dass auch meine Arbeit bei IHM angesehen wird. So hat er mich und meine Arbeit in seinem neuesten Buch „Der Mittelmeerraum und seine mysteriöse Vorzeit“ Kopp Verlag, Oktober 2012 an zwei Stellen zitiert. Das adelt dann schon.

 

Wie viele Sichtungen werden bei Ihnen durchschnittlich in einem Jahr gemeldet?

 

Das ist nicht einfach so zu benennen, da es jedes Jahr variiert. Und da die Degufo mit ihrer Arbeit in der Öffentlichkeit in diesem Jahr immer präsenter ist und auch mehr und besser wahrgenommen wird, haben wir in diesem Jahr, also von Oktober 2011 bis Oktober 2012 eine erstaunlich hohe Zahl an Sichtungsmeldungen erhalten, nämlich mehr als 400 Stück.

 

Inwieweit begründen Sie Ihre Forschungen wissenschaftlich? Gibt es Berührungspunkte zu anderen Disziplinen?

 

Wir versuchen uns nach Möglichkeit der Thematik nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten in Methodik und Dokumentation zu nähern. Das ist aber auch schon alles, was man machen kann. Denn das Phänomen ist so vielschichtig, dass man es in eine „Standard-Wissenschaft“ nicht integrieren kann. Denn Sie können eine Sichtung nicht wiederholen, man kann sie nicht reproduzieren, was ja schon Pflicht ist, um wissenschaftlich anerkannt zu sein. Es gibt keine handfesten Beweise, die man wirklich wissenschaftlich untersuchen lassen kann wie Materialproben. Also bei uns nicht. Es gibt umstrittene Proben in den USA und in anderen Ländern, die untersucht wurden.

Die wesentlichsten Berührungspunkte gibt es wohl in der Physik, der Psychologie und der Sozialwissenschaft. In der Physik wegen den oft geschilderten Flugeigenschaften der gesehenen Objekte, der Psychologie und Sozialwissenschaft wegen dem Phänomen an sich und der Fragestellung wer was warum wann wahrnimmt.

 

Es kommt doch bestimmt häufiger vor, dass Sie in die Verschwörungstheoretiker-Ecke gedrängt werden. Was entgegnen Sie solchen Kritikern?

 

Tja die lieben Verschwörungstheoretiker, die machen einem das Leben schon mal schwer. Klar wird man da immer mit konfrontiert. Und auch gerade jüngst, nach Erscheinen meines ersten Romans „Quantensprung 2012 – Das Jahr, in dem wir geholt werden!“ hatte selbst mein Verlag Schreiben bekommen, in denen es hieß, ich wäre wohl ein „Illuminat“ weil ich die Menschheit mit diesem Buch auf das, was am 21.12.2012 passiert vorbereiten würde. Das ist natürlich nicht so! Erstens ist das wirklich ein Roman, also eine fiktive Geschichte. Und zweitens weiß ich, dass dieser ganze 2012-Hype nur darauf zurückzuführen ist, dass einige Leute meinten, den Maya-Kalender auf ihre Art zu interpretieren. Schlichtweg deshalb, um damit Geld zu verdienen.

Bei Verschwörungen kann man dann auch nicht alle über einen Kamm scheren. Es gibt sicherlich welche, die existieren. Zum Beispiel der Fall Uwe Barschel, da hat eindeutig – das weiß man heute – eine Verschwörung stattgefunden, die heute noch intakt, weil nicht aufgedeckt, ist.

Alle anderen Verschwörungen, die mit dem UFO-Thema oder der Prä-Astronautik zusammenhängen sollen, sind unhaltbar. Es gibt dafür keinerlei Beweise.

 

A propos Verschwörungstheorien: Wie lautet eigentlich Ihre Meinung zu den heiß diskutierten „Reichsflugscheiben“ der Nazis (und Neuschwabenland)?

 

Grundsätzlich hat es erste Ansätze damals gegeben, diese Flugscheiben zu bauen. Aber diese Dinger sind nie geflogen. Mehr über den Boden herumgeeiert, wenn überhaupt. Diese Flugkreisel, wie sie genannt wurden, hätten niemals das sein können, was meist rechts orientierte Menschen in sie hineininterpretieren.

 

Und die Kornkreise? Alles Lug und Trug oder könnte da doch was Wahres dran sein?

 

Bei den Kornkreisen ist das so eine Sache. Ich habe den Hype um dieses Phänomen lange beobachtet, war auch einige Jahre in der FGK, der Forschungsgesellschaft Kornkreise, kenne die verschiedenen Facetten des Phänomens und auch Kornkreismacher! Das macht es dann nicht leichter, die Sache einzuordnen. Für mich ist bisher nicht bewiesen, dass Kornkreise – und hier meine ich komplexe Strukturen – NICHT alle menschengemacht sind. Aber vielleicht bin ich bisher auch nicht über die richtigen Formationen gestolpert. Aber das grundlegende Phänomen gibt es ja schon seit Jahrhunderten! Schlichte Kreise im Korn wurden schon damals dokumentiert. Und das ist eine der Fragen, die mich auch jetzt noch beschäftigen, wie weit diese in der heutigen Zeit zu klären sind. Und was natürlich dahinterstecken könnte.

 

Eine Frage interessiert mich auch noch brennend. Wie kommt Ihre Gesellschaft eigentlich an neues Beweismaterial? Will heißen: In welcher Form werden am häufigsten Sichtungen gemeldet? Sind Videos eher die Ausnahme oder durchaus üblich? Und welche Fragen werden üblicherweise in einem Ihrer Fragebögen gestellt, die Sie jedem aushändigen, der ein Ufo sichtet?

 

Vorab: Wir sind nicht auf der „Suche“ nach neuem Beweismaterial. Wir erhalten täglich Sichtungsberichte entweder über unsere Sichtungshotline 0162-1749301 oder über unsere Homepage www.degufo.de oder über die der www.ufo-datenbank.de . Hier gehen erst mal in Kurzform die Meldungen ein. Diese werden dann von uns – falls gewünscht und erforderlich – entsprechend untersucht. Dazu erheben wir mit dem von Ihnen genannten Fragebogen einige Details, die für uns sehr wichtig sind. Videos wie diese bei Youtube oder ähnlichen Portalen zu sehen sind, sind für uns eigentlich nichts wert, weil es keine Geschichte darum gibt. Da kann man alles hineindeuten. Wir erhalten wie gesagt die Meldungen per Email oder Telefon und selten dann auch ein passendes Video oder Fotomaterial.

Der Fragebogen – den man auch auf www.degufo.de herunterladen kann – befasst sich mit der Situation vor Ort (wie war das Wetter, wo war man etc.) mit vielen Kleinigkeiten, die uns helfen, die Sichtung entsprechend einzuordnen. Fragen zu dem Objekt, zur Umgebung, zu dem Sichtungszeugen an sich und vieles mehr werden dort gestellt.

 

Mit welchen anderen internationalen, ähnlichen Organisationen kooperieren Sie?

 

Wir arbeiten mit allen deutschen Forschungsgesellschaften, in denen UFO-Forschung betrieben wird, zusammen. Namentlich MUFON-CES und GEP. International haben wir seit kurzem einen Auslandskorrespondenten, der mit den englischsprachigen Forschungsgesellschaften Kontakte knüpft. Gleiches möchten wir auch für andere Länder einrichten. Dafür fehlt es uns aber noch an kompetenten Leuten, die dieses gerne auch in Angriff nehmen möchten. Also bei Interesse, Sie können sich gerne bei mir melden.

 

Was war das Skurrilste, was Sie in Ihrer Zeit bei der DEGUFO erlebt haben?

 

Ohje! Da gibt es schon so einiges an Skurrilem. Ich sag mal, der skurrilste Augenblick war, als wir ( ich zusammen mit einigen Degufo-Mitgliedern) bei einem eher esoterischen Event als Referenten eingeladen waren. Dort sprach auch ein Kontaktler, dessen Vortrag wir uns natürlich anschauten. Während des Vortrages wurde es immer skurriler und meine Kollegen und ich unterbrachen immer wieder den Herrn, um unbequeme Zwischenfragen zu stellen. Der Referent (Bruno Württemberger) war natürlich nicht amüsiert darüber und setzte dann zum Angriff über. Vom Saal, in dem wir uns befanden, konnte man über große Fenster nach draußen in einen Park blicken. Herr Württemberger zeigte hinaus auf eine große Rasenfläche und schrie förmlich „Eben sind unsere galaktischen Freunde dort gelandet“. Alles schaute natürlich hinaus und da war NICHTS! Als die Menge schon verdutzt wirkte fügte Württemberger fix an: „Und nur wer reinen Herzens ist, der sieht sie auch! Alle anderen können nichts sehen!“. Und auf seine Frage hin, wer denn alles nun die Aliens sehen würde, waren natürlich (bis auf uns) alle mit vollem Eifer dabei! Ich bin mir sicher, die haben auch nichts gesehen, wollten nur nicht zugeben, dass sie nicht „reinen Herzens“ waren. Solche Momente sind schon sehr skurril und erlebt man leider immer wieder. Denn Scharlatane gibt es mehr denn je in der UFO-Szene.

 

Was könnten Ihrer Meinung nach Gründe sein, die eine hochtechnisierte und überlegene Spezies dazu veranlassen, mit uns Erdlingen Kontakt aufzunehmen? Wäre das überhaupt beabsichtigt oder wären die meisten Sichtungen dann nicht eher reine Zufallsprodukte?

 

Nun ja, da müssen wir erst mal von uns ausgehen. Denn wir selbst sind ja auch dabei, uns Gedanken über Leben außerhalb der Erde zu machen und auch das Universum nach und nach zu erkunden. Und dies tun wir aus einer Leidenschaft heraus, dem Wunsch nach Wissen! Und anderen Zivilisationen wird das genau so gehen. Dass es dort draußen Leben gibt, sollte keine Frage mehr sein, denn das Universum ist so groß, es muss einfach Leben und auch technisch hochentwickeltes Leben geben. Ob sie uns aber nur „still“ erforschen oder aber Kontakt aufnehmen ist so eine Frage.

Meiner ganz persönlichen Meinung nach (dies ist nicht die Meinung der Degufo) könnten wir schon Besuch von außen in frühester Vergangenheit erhalten haben, der uns Menschen dann nachhaltig beeinflusste. Hinweise dafür gibt es unzählige – von den Mythen in allen heiligen Schriften der Erde bis hin zu Bauwerken, deren Entstehungsweise bis heute nicht zu erklären ist. Wenn „sie“ also früher schon da waren und uns besuchten, uns vielleicht sogar in gewisser Weise erschufen, dann könnten sie auch heute noch da sein, um zu beobachten, was aus uns geworden ist.

Allerdings ist das UFO-Phänomen so vielschichtig, dass dieses nicht allein von EINEM Stimulus ausgeht. Also die bisher ungeklärten Sichtungen können viele verschiedene Auslöser haben.

 

Was können Sie zum Thema „Entführt von Außerirdischen“ berichten?

 

Ich kenne persönlich ein paar Menschen, die glauben, von Außerirdischen oder anderen, fremden Mächten, entführt worden zu sein. In der Degufo haben wir hierzu eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die diesen Fällen nachgeht und die auch, und das ist noch viel wichtiger, eine Anlaufstelle für Betroffene darstellen soll. Wir möchten auf längerer Sicht hier eine Anlaufstelle bieten, die sich den Problemen der Betroffenen annimmt. Wir verfügen über Kontakte zu Ärzten, Psychologen und spirituellen Menschen, die den Betroffenen helfen können, wenn sie das möchten. Ob es wirklich Außerirdische sind, die diese Menschen heimsuchen, ist jedoch leider noch ungewiss. Aber es ist so, dass diese Betroffenen Erlebnisse hatten! Ihnen ist da einiges passiert und das kann man nicht leugnen.

 

Kommen wir zur SF. Sie haben ja kürzlich Ihren Romanerstling vorgelegt (dsf berichtete). Das liegt für jemanden in Ihrer Position natürlich nahe. Welche Zielgruppen wollen Sie damit ansprechen? Sind es eher die Populärwissenschafts-Fans, die dem Weltuntergang entgegenfiebern? Oder auch Menschen, die anspruchsvolle Literatur mögen?

 

Ich weiß nicht, ob man meinen Erstling schon „anspruchsvoll“ nennen kann. Ich selbst möchte mich mit großen Science-Fiction-Autoren nie vergleichen oder auf eine Stufe stellen. Das wäre Anmaßung und wenn, dann müssten das die Leser selbst entscheiden.

Welche Zielgruppe möchte ich ansprechen? Nun ja, neben den Menschen, die sich schon mit Prä-Astronautik und UFO-Forschung beschäftigen natürlich auch diejenigen, die bisher zwar SF lesen, aber selbst denken, dass die Hypothesen von frühen Besuchen Außerirdischer auf der Erde, die dann die Menschen unterrichteten und für Götter gehalten wurden, unhaltbar sind. Denn ich möchte in meinem Erstling als auch in den Folgebänden, die jetzt bald kommen, den Menschen gerade dies näher bringen und veranschaulichen, dass es durchaus im Bereich des Möglichen ist, was unsere Mythologie uns berichtet. Und für mich gibt es nichts Spannenderes.

 

Mal ehrlich: Glauben Sie, dass am 21. Dezember die Welt untergeht?

 

Nein! Die Welt wird nicht am 21.12.2012 untergehen! Davon bin ich überzeugt! Warum ich das bin? Nun ja, ich kenne die wirkliche Mythologie der Maya sehr gut und dort ist nichts von einem Weltuntergang geschrieben. Der Maya Kalender an sich ist wie drei große Räder, die ineinander laufen. Es gibt einen Punkt, an dem dieser begann – laut Legende kamen an diesem Datum die „Götter“ vom Himmel und lehrten die Menschen unter anderem auch den Kalender. Dann gibt es einen Punkt, an dem dieser Kalender komplett durchgelaufen ist, also wieder dem Anfangspunkt begegnet. Die Maya sprechen dann davon, dass ein neues Zeitalter beginnt und dass „Bolon Yokte“ wieder zu den Menschen stößt. Einer der „Götter“ die damals dann auch irgendwann wieder in den Himmel fuhren und versprachen, wieder zu kommen! Das besagt die Maya Legende. Der unsägliche Mist vom Weltuntergang wurde von ganz modernen Menschen dort hineininterpretiert. Also ich habe meine Weihnachtsgeschenke schon gekauft, denn die werde ich am 24.12. sicher benötigen!

 

Kennen Sie deutsche SF-Autoren? Welche bevorzugen Sie da?

 

Ich muss ehrlich sagen, dass ich durch meine aktiven Forschungen ganz selten mal in den Genuss von Literatur komme. Ich habe zwar eine Bibliothek von ca. 3000 Bänden und lese jährlich sicherlich um die 50 Bücher, aber eben fast nur Sachbücher über alte Kulturen, Weltraumforschung, Mythologie, Entdeckungen usw.  Ich bin also nicht sehr bewandert in der Literatur und auch nicht in der SF Literatur. Aber im deutschsprachigen Raum kenne oder kannte ich Walter Ernsting, der als Clark Darlton bei Perry Rhodan aktiv war. Und ich kenne persönlich und als guten Freund den Comic-Zeichner Reinhard Habeck, der den „Rüsselmops“ erfand und der in den Perry Rhodan Bänden immer wieder seine Comics vom Außerirdischen „Rüssi“ und seinen Freunden veröffentlicht.

 

Und wie sieht es mit internationaler SF aus? Will heißen: Mit welchen Büchern würden Sie ihren Reisekoffer packen, wenn Aliens Sie auf einen Trip ins Weltall einladen würden?

 

Ich glaube nicht, dass ich außer einem Laptop mit unbegrenzter Speicherfläche und einer guten Kamera keine Bücher bräuchte, wenn ich wirklich von Aliens eingeladen würde, einen Trip ins Weltall zu machen. Denn da hätte man doch keine Zeit für Bücher, wenn man das alles „live“ erleben könnte.

Aber welche Bücher würde ich in einen Reisekoffer packen? Das an sich ist schon schwerer. Ich weiß nicht, ob eingefleischte SF Leser mich nun auslachen, aber ich würde gerne mal die „Star Wars Saga“ als Buch, bzw. Buchreihe, lesen. Ansonsten bin ich beim Stöbern kürzlich über „Schwarze Energien“ von Klaus Seibel gestolpert. Das hört sich auch sehr interessant an.

 

A propos Aliens: Was empfehlen Sie jemandem, der von Außerirdischen kontaktiert wird? Sollte man eine solche Kontaktaufnahme lieber Fachleuten überlassen oder kann man wild ins All drauf los simsen?

 

Derjenige oder Diejenige sollten sich auf jeden Fall an eine der Forschungsgesellschaften wenden. Wie gesagt, haben wir dafür sogar eine eigene Arbeitsgruppe mit Spezialisten auf dem Gebiet. Wenn es einen wirklichen Kontakt gibt, dann wird diesen Menschen dort auch am besten geholfen. Auch wenn es darum gehen würde, dies evtl. öffentlich zu machen.

 

Ein Problem der Ufo-Forschung ist ja, dass glaubwürdige Sichtungen oft nur wenige Sekunden dauern. Inwieweit erhoffen Sie sich von der modernen (Video-)Technik hier Besserung?

 

Die moderne Technik ist – so hat sich das leider in letzter Zeit herausgestellt – der UFO-Forschung eher hinderlich. Denn eben weil jeder am PC alles so detailgetreu künstlich erstellen kann, sind die meisten Videos einfach nur Fälschungen. Deswegen sind Videos immer mit größter Vorsicht zu genießen. Einer unserer Mitglieder, Gerhard Gröschel, ist jedoch ein Spezialist in Sachen Videotechnik und er konstruiert Überwachungssysteme, die mit mehreren Kameras an einen selbst von ihm entwickelten Magnetfeldsensor angeschlossen sind. Wenn sich nun das Magnetfeld verändert, werden die Kameras automatisch ausgelöst und filmen. Da haben wir schon einige sehr seltsame Objekte filmen können. In dieser Hinsicht ist eine Verbesserung der Technik natürlich sehr wichtig und wird von uns auch angestrebt. Durch die Unterstützung unseres Sponsors, den Londoner „Slightly Mad Studios“, können wir da auch in Zukunft ein wenig mehr erwarten.

 

Gibt es so etwas wie eine Deutsche (bzw. internationale) Ufologen-Konferenz (ich meine nicht die DEGUFO-Mitgliederversammlung)? Wenn ja, wann und wo findet sie 2013 statt? Und was sind ihre Ziele?

 

Nein, leider gibt es so etwas in Deutschland nicht. In den USA finden immer wieder große Kongresse statt, aber meistens erfahren wir hier erst sehr spät davon und diese laufen auch eigentlich immer ohne deutsche Beteiligung. Die Degufo wird aber im Jahr 2013 im Herbst eine internationale Konferenz auf die Beine stellen. Anlass ist das 20jährige Bestehen unseres gemeinnützigen Vereins. Den genauen Termin gibt es NOCH nicht, aber wir werden diesen dann auch auf unserer Homepage www.degufo.de veröffentlichen.

 

Zum Schluss noch die Frage nach Ihrer Familie. Ist diese eigentlich genauso motiviert wie Sie oder kommt da auch schon mal ein leicht genervtes „Ach, komm … lass uns lieber Karten spielen“?

 

Nein, in der Familie werde ich immer noch nicht so ganz ernst genommen. Aber auch das ist normal! Das kann man immer bei aktiven Forschern beobachten. Das ist aber auch kein Problem. An den Spruch: „Grüß mir ET und Elvis“ wenn ich wieder mal weg fahre um einen Vortrag zu halten, habe ich mich schon gewöhnt.

Was aber sehr wichtig ist – und diesem Problem hat sich die Degufo jüngst angenommen – ist, dass wir alle ja irgendwann mal den Weg alles Irdischen gehen und sterben. Und gerade Menschen wie ich, die aktiv forschen und ein riesiges Archiv angehäuft haben, stehen vor der Frage was sie damit machen sollen, wenn sie denn mal sterben. Oftmals kommt ein Müllcontainer und alles geht ab in die Klopapierfabrik. Um dem entgegenzuwirken haben wir das Degufo-Archiv gegründet (www.degufo-archiv.de) dem man seine Sammlung, sein Archiv, seine Bücher, Notizen, Fotos etc. vererben kann. Und nicht nur das – auch schon zu Lebzeiten kann man seine Unterlagen einscannen und sozusagen als Sicherheitskopie auf unser Onlinearchiv legen. Hier soll nach und nach die größte Sammlung grenzwissenschaftlicher Literatur aber auch an Dokumenten etc. angehäuft werden, die es in Europa gibt. Ein Projekt für die Zukunft!

 

Vielen Dank für dieses Interview!

 

Vielen Dank für das nette Gespräch und Ihre interessanten Fragen.

 

 

Lesungsbericht: Karsten Kruschel, “Vilm – Das Dickicht”

(Sven Klöpping)

Am Montag hat Karsten Kruschel in Second Life exklusiv seinen neuen Roman “Vilm – Das Dickicht” vorgestellt. Es war eine schöne Lesung. Zwar wären zu diesem Anlass durchaus mehr Zuhörer wünschenswert gewesen, aber die Anwesenden waren wenigstens allesamt (Fan)-Experten. Nach der Lesung war noch ca. zwanzig Minuten Zeit für Fragen und Diskussionen, die auch rege genutzt wurde. Im Roman “Vilm – Das Dickicht” geht es u. a. um eine fremdartige Maschine, die irgendwie mit dem Planeten in Symbiose zu leben scheint … Einen kurzen Auszug hat Karsten Kruschel dsf exklusiv zur Verfügung gestellt. Bitte schön:

“Jojojo knurrte warnend. Dort vorn wurde es heller, als höre der Bewuchs plötzlich auf.

»Das gefällt mir gar nicht«, sagte Toronlukas und stoppte den Geländekugler, als er zwischen zwei besonders ekligen Botanikentgleisungen hindurchbrach und plötzlich im Licht war. Und im Regen, in mittelgrauem Geniesel, das die Sicht kaum störte.
Sie befanden sich am Rande eines gigantischen Talkessels, in dem es qualmte und dampfte, als hätten sich die Pforten der Hölle geöffnet.
Und so ganz falsch war das nicht.
Einige dutzend Meter unter ihnen, im tiefsten Punkt des Kessels, thronte eine Anlage, die so sehr nicht hierher gehörte, dass es ihnen in den Augen wehtat. Ein gewaltiger Ring aus grauem und gelbglänzendem Metall, der vor Energie leise vibrierte, vielleicht dreihundert Meter im Durchmesser. In der Mitte des Ringes war eine komplizierte, fabrikartige Struktur montiert, aus der verschiedene Ausleger ragten. Diese offenkundig aggressive Konstruktion lastete nicht nur einfach auf den ineinander verwobenen Strukturen des Gestrolchs, sondern stieß unaufhörlich mit Messern, Haken und scharfkantigen Schaufelrädern in die lebende Materie vor, fraß sich nach und nach ins Innere des Wolkengebirges hinein. Hin und wieder hielt eines der Schaufelräder an, triefend von zermalmter und zerkauter biologischer Masse, und wechselte seine stumpfgewordenen Schaufelschneiden gegen frische, vor Schärfe blitzende.
In Jojojos Kehle zitterte ein wütendes Grollen.”

Vilm. Das Dickicht, 310 Seiten (inklusive eines Bonuskapitels)

 

 

Ausstellung: Science Fiction in Deutschland

(Uwe Post)

Ausstellung im Haus der Geschichte in Bonn

Schon seit November warten in einem Bonner Museum Kleinode der deutschen SF auf ihre (Wieder)entdeckung. Klare Sache, dass die Redaktion von dsf vor Ort war und einen genauen Blick auf die Exponate geworfen hat.

Am Eingang der Ausstellung lässt eine lebensgroße Alienstatue ahnen, dass die Macher es mit dem »in Deutschland« nicht allzu genau genommen haben. Im ersten der insgesamt sieben Räume erwartet uns eine etwas ältere Statue, nämlich von der blechernen Frau aus »Metropolis«. Ein Plasmafernseher zeigt Ausschnitte aus dem Film, drumherum sind älteste SF-Büchlein zu bestaunen, die man nur zu gerne durchblättern würde. Weiter geht’s mit amerikanischen Filmen der 50er Jahre und dem Rennen zum Mond. Neben Filmausschnitten gibt es anwählbare Doku-Videos. Mit den stählernen Duschköpfen, die in Wirklichkeit Ohrhörer sind, könnte man auch die zahlreichen schlecht gelaunten Schüler erschlagen, die von ihren Lehrern durchs Museum gejagt werden – als eine Art grausame Strafarbeit, wenn man nach den Mienen der Schüler geht. Die vielen Texttäfelchen neben den Exponaten zu lesen, ist denen jedenfalls zu anstrengend, deshalb kapieren sie nur die Hälfte.

Daher glauben manche vielleicht auch nach dem Besuch an die Mondlandungsverschwörung, obwohl ein Stückchen echtes Mondgestein ausgestellt ist, das Beweis genug ist – mit SF aber nur am Rande zu tun hat. Beliebt bei allen Generationen sind die Touchscreens, die per Symbol passende Geräusche erzeugen: Lichtschwert, Darth Vader, R2-D2.

Viel Raum ist der Raumpatroullie Orion eingeräumt worden. Neben den obligatorischen Filmausschnitten sind ein Bügeleisen und – wirklich spannend – die ersten Fan-Devotionalien zu sehen, die es damals gab, sowie später erschienene Actionfiguren.

Besonders bunte Exponate sind Perry Rhodan zu verdanken, der natürlich in dieser Ausstellung nicht fehlen darf. Das Mausbiber-Plüschtier findet auch heute noch jedes Kind niedlich. Übrigens wird auch die Fan-Szene an dieser Stelle nicht vergessen, und das gilt ebenso für jene der früheren DDR. Sowohl die Steinmüllers als auch der SF-Club Andymon haben einmalige Stücke beigesteuert.

Der nächste Raum scheint einen Wendepunkt zu markieren: Deutsche SF-Filme in den 70er und 80er Jahren brachten doch tatsächlich so etwas wie Gesellschaftskritik ins Spiel. Fast eine Wand hat man den Werken von Rainer Erler gewidmet. Besonders sehenswert sind die ausgestellten Beschwerdebriefe, die nach oder sogar vor den Ausstrahlungen an den jeweiligen Sender geschickt wurden. So weist die Industrie- und Handelskammer Bochum nachdrücklich darauf hin, dass eine Ausstrahlung des Films »Smog« negative Auswirkung auf die Ansiedlung neuer Wirtschaftsunternehmen im Ruhrgebiet haben könnte, und empfiehlt daher dringend, auf die Sendung zu verzichten. Eine Interessensgruppe von Dialyse-Patienten wiederum findet den Film “Fleisch”, in dem es um illegalen Organhandel geht, schlecht für die Spendebereitschaft der Bürger. Dergleichen Missfallen ist aber nicht der einzige Grund dafür, dass die Wende weg von optimistischen Visionen hin zum Spiegel fürs Jetzt wie ein Abgesang klingt.

Denn der letzte Raum schafft es endgültig nur mit Verrenkungen, Bezug zu Deutschland zu wahren: Da sind die hoffnungslos amerikanischen Katastrophenfilme eines zufälligerweise deutschen Regisseurs namens Emmerich zu bestaunen sowie das lebensgroße Kostüm von Darth Vader – letzteres anscheinend nur wegen der Greenpeace-Kampagne gegen VW, eine deutsche Auto-Marke. Zwar hängen im gleichen Raum eine von Andreas Eschbachs DSFP-Medaillen sowie Frank Schätzings KLP-Urkunde und der Starschnitt von Mister Spuck aus Traumschiff Surprise. Aber weder die noch die trashigen Requisiten aus »Ijon Tichy – Raumpilot« können gegen Darth Vader anstinken. Er ist das meistfotografierte Ausstellungsstück, und wäre er nicht in einer Glasvitrine eingesperrt, würde jeder zweite Schuljunge sie sich anziehen und ein paarmal röcheln. Darth Vader ist einfach cooler als Sozialkritik. Dieser Behauptung kann man nur schwer widersprechen.

Am Ausgang der Ausstellung kann man sich in ein Gästebuch eintragen. Das haben schon so viele Leute getan, dass kaum eine freie Seite zu finden ist. Eine Menge sagen die hinterlassenen Notizen aus. Beispielsweise, dass auch einige Besucher es mit dem Titel der Ausstellung nicht besonders genau nehmen: So wird das Fehlen von Stargate oder Babylon 5 bemängelt; jemand fand Perry Rhodan unterrepräsentiert, und mehrere Personen betonten wiederholt die Coolness von Darth Vader.

Fazit: Trotz einiger seltener Ausstellungsstücke kann man den Besuch nur solchen SF-Fans empfehlen, für die der Weg nicht allzu weit ist, oder die sich sowieso mal die Dauerausstellung des Hauses der Geschichte anschauen wollen. Das Museum ist außer montags geöffnet, der Eintritt ist frei. Die Ausstellung »Science Fiction in Deutschland« läuft noch bis zum 10. März.

Weitere Informationen auf der Webseite Haus der Geschichte (http://www.hdg.de/bonn).

 

 

Interview mit Joachim Reichert

(Sven Klöpping)

 

Herr Dr. Reichert, Sie sind einer der führenden deutschen Wissenschaftler auf dem Gebiet der Nanoelektronik. Ihr jüngster Durchbruch war die kontrollierte Messung des Photostroms in einem einzelnen Molekül. Das klingt interessant. Erzählen Sie uns mehr!

 

Es ist bereits seit einigen Jahren möglich den Stromfluss durch einzelne Moleküle zu charakterisieren. Man erhofft sich dadurch Eigenschaften in diesen Molekülen zu finden, die in der Zukunft Funktionen in elektronischen Bausteinen übernehmen können. Dioden, Transistoren, Widerstände, Leitungen aber natürlich auch Stromquellen. Es gelang uns nun erstmals einen durch Licht generierten Strom in einem einzelnen Protein zu messen, welches in einen Schaltkreis integriert wurde.

Die große Herausforderung bestand dabei, das Molekül an makroskopische Elektroden anzuschließen und gleichzeitig  einem starken optischen Feld auszusetzen. Hierzu benutzten wir als eine der Elektroden ein dünn mit Metall beschichtetes Glasfragment, welches von der Innenseite mit einem Laser beleuchtet wurde. Auf diese Weise dient das Glasfragment gleichzeitig als Elektrode und als Lichtquelle.

 

In der Pressemitteilung heißt es u. a.: „Zentrales Element der Messvorrichtung sind Proteine, die sich selbst auf einer Oberfläche anordnen und kovalent über eine Cysteingruppe an diese anbinden.“ Wie schwierig wird es, diese selbstständige Anordnung industriell nutzbar zu machen, sie quasi in Serie zu produzieren?

 

Es ging uns bei diesem Experiment nicht so sehr um eine industrielle Nutzung der Eigenschaften dieser Proteine. Vielmehr wollten wir zeigen, dass einzelne stromgenerierende Proteine in elektrische Nanoschaltkreise integriert werden können und dabei ihre optischen Eigenschaften beibehalten. Wir benutzten dazu die Fähigkeit der Moleküle, sich selbst auf einer Metalloberfläche anzuordnen und anzubinden. Diese Selbstanordnungsmechanismen werden bereits teilweise industriell genutzt. Es handelt sich dabei um einen hochgradig parallelen und kostengünstigen Prozess, der sicherlich bei der Herstellung von Nanostrukturen in der Zukunft eine noch größere Rolle spielen wird.

 

Das Magazin „PC Welt“ titelt: „Computer-Zukunft – Chemie statt Silizium“. Die PC Welt geht dabei auf die Forschungen des Briten Andrew Adamatzky ein, der auf Basis der „Belousov-Zhabotinsky-Reaktion“ neuartige Computer entwickeln möchte. Spielt Ihre Entdeckung hierbei auch eine Rolle (konkret: zur Energiegewinnung)?

 

Man kann auch mit einer Handvoll Mäuse und einem Labyrinth einen Computer bauen. Dieser wird nur – ähnlich wie ein Computer, der auf zyklischen chemischen Reaktionen basiert – nicht sehr schnell und effizient sein. Der Trend in der Computertechnologie geht offensichtlich in eine andere Richtung und wir unternehmen tatsächlich intensive Anstrengungen Informationsverarbeitungstechnologie in dieser Hinsicht zu verbessern (http://www.tum.de/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/lang/article/30245/).

 

Als Vorbild Ihres Messsystems diente eine Blaualge, die ein ähnliches Verfahren bei ihrer Photosynthese anwendet. Leider werden immer größere Teile unserer Natur zerstört oder kontaminiert. Verspielt die Menschheit hier nicht eine große Chance, um von der Natur zu lernen und sie in unseren Fortschritt zu integrieren?

 

Seit Menschengedenken bedient sich der Mensch aus Vorlagen der Natur. Als bestes Beispiel muss man hier wohl die frühe Entwicklung von Flugapparaten anführen. Auch die modernsten Flugzeuge bestehen heute aus einem Rumpf und zwei Flügeln; genau wie ein Vogel. Ähnliche  Beispiele findet man in anderen Fachbereichen: vom Penizillin  bis zur Kernfusion. Andererseits finden wir insbesondere in den Nanowissenschaften auch Effekte aus der Quantenmechanik, die nicht offenkundig in der Natur genutzt werden. Das Verständnis solcher Effekte könnte beispielsweise zur Entwicklung von Quantencomputern führen. Es ist wohl wie immer die richtige Mischung, die einen guten Fortschritt ausmacht.

 

  1. a. durch diese Entdeckung haben Sie einen Teil zur Energiewende beigetragen. In welchen Gebieten könnte die neue Methode zum Einsatz kommen (die Computertechnik haben wir oben ja schon angesprochen) und in welchen (neuerdings auch vom Freistaat Bayern geförderten) Gebieten neuartiger Energiegewinnung forschen Sie noch?

 

Wie schon gesagt zielte unser Experiment nicht darauf ab, eine neue Technologie für einen Solarpark in der Sahara zu entwickeln. Um daraus eine Technologie zur Energiegewinnung zu machen ist es noch ein weiter Weg. Dazu benötigt man das volle Programm vom Materialwissenschaftler über den Ingenieur bis hin zum Wirtschaftswissenschaftler.

 

Welche Schwierigkeiten gilt es für die praktische Anwendung Ihres Messsystems (und dessen Folgeentwicklungen) noch zu überwinden?

 

Es gibt zahlreiche technische Herausforderungen auf dem Weg zu einer praktischen Anwendung. Eine physikalische Einschränkung stellt zudem sicherlich die niedrige Lichtabsorption eines einzelnen Moleküls dar. Auf dem Weg durch einen Baum durchläuft das Licht zahlreiche Blattschichten, Zellmembranen und photosynthetische Proteine. Auf dem Boden kommt fast kein Licht mehr an. In einem einzelnen Protein werden jedoch nur drei von tausend Photonen absorbiert. Anschließend findet dann allerdings immer eine Ladungstrennung in dem Protein statt. Dies ist ein großer Vorteil gegenüber herkömmlichen Solarzellen, bei denen Ladungsrekombination immer in Konkurrenz mit der Ladungstrennung steht.

 

Arbeiten Sie auch interdisziplinär mit anderen Forschern zusammen, z. B. auf dem Gebiet der Biochemie oder Nanorobotik?

 

Molekularelektronik ist, wie der Name schon impliziert, ohne interdisziplinäre Forschung nicht möglich. Physik, Molekularbiologie sowie Chemie spielen hierbei eine große Rolle.

 

Glauben Sie, dass Nanoroboter irgendwann einmal autarke Systeme bilden könnten, die sich selbst reproduzieren, reparieren und mit Energie versorgen?

 

Nein, eigentlich nicht. Zumindest nicht „Nano“. Viele Menschen können sich nur schwer vorstellen wie klein ein Nanometer ist. Bindungslängen zwischen Atomen werden in zehntel Nanometern gemessen. Alle von Ihnen geforderten Funktionen auf so wenig Raum unterzubringen ist sicherlich in absehbarer Zukunft weder sinnvoll noch möglich. Die einzelnen Funktionen im „ganz Kleinen“ zu erforschen ist doch schon mal ein Anfang und wenn Sie Ihren Nanorobotern weniger Funktionalität mitgeben möchten, dann gibt es sie bereits. Ähnlich wie in der Natur Erbgut vervielfältigt wird, kann man im Labor kleine DNA-Fragmente herstellen, die sich selbst zu roboterähnlichen Gebilden zusammensetzen.

 

Bei den Recherchen für dieses Interview stieß ich auf eine Website der TUM, wo neben neuen Errungenschaften auch immer wieder Fotos von gemeinsamen Wanderungen zu sehen waren. Wie wichtig ist Ihnen ein solches Teamwork, das auch in die Freizeit hinein reicht?

 

Unsere Arbeit ist stark interdisziplinär. Der einzelne kann nicht alles wissen oder können. Jeder trägt mit der von seiner eigenen Disziplin geprägten Betrachtungsweise zur Lösung eines Problems bei. Ohne ein funktionierendes Team geht nichts.

 

Wissenschaftler haben offenbar keine Probleme damit, Berufliches mit Privatem zu kombinieren. So gibt es in Amerika z. B. einige Hirnforscher, die in ihrer Freizeit Gedichte schreiben und diese auch in ihren Fachpublikationen veröffentlichen. Sind Wissenschaftler am Ende gar nicht solche „grauen Mäuse“, als die sie von den Medien oft hingestellt werden?

 

Aus Ihrer Behauptung, dass Wissenschaftler keine Probleme damit haben, Berufliches mit Privatem zu kombinieren könnte man auch schließen, das sie in ihrer Freizeit genau die gleichen Nerds sind wie in Ihrem Beruf. Wie immer – und wie vermutlich auch in allen anderen Berufszweigen – liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen.

 

Zum Schluss noch eine fachliche Frage: Welche Ziele haben Sie für die nahe Zukunft? Sind Projekte dabei, mit denen Sie den Nobelpreis gewinnen könnten oder handelt es sich doch eher um „Basisforschung“?

 

Mir fällt im Augenblick kein einziger Physik-Nobelpreis ein, der nicht für Grundlagenforschung vergeben wurde.

 

Danke für dieses Interview!

 

Artikelverweis: http://www.tum.de/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/lang/article/30053/

 

 

Das war der Dort.con 2013

(Uwe Post)

Am 9. und 10. März 2013 lud der Dort.con ein. Und alle – na ja, fast – kamen.
Naturgemäß kann jeder Con-Bericht nur ein paar Schlaglichter werfen, zu dicht ist der Terminplan, zu zahlreich die Kollegen, mit denen man Zeit verbringen möchte, um neue Pläne auszuhecken.

Besonders umschwärmt war natürlich der Stargast aus Großbritannien: Charles Stross. Auch bei großen Stapeln zu signierender “Singularitäten” behielt er stets beste Laune, wie man hier vor dem werbetechnisch toll platzierten BuCon-Plakat sehen kann:

Der deutsche – na ja, össterreichische – Ehrengast war PR-Autor Michael Marcus Thurner. Er gewährte im Interview interessante Einblicke in seine Tätigkeit als Rhodan-Schreiber und kreativer Kopf, der mit “Turils Reise” und “Plasmawelt” zwei eigenständige SF-Romane vorgelegt hat. (Links im Bild Arno Behrend, Dort.con-Chefmoderator und Interviewer)

Große Aufmerksamkeit genoss auch das neue Buchserien-Projekt des Wurdack-Verlags, “D9E”, “Die 9. Expansion”. Einige der Autoren, die die ersten Bände ab Herbst auf die ungeduldig wartende SF-Szene loslassen werden, standen Rede und Antwort. Das Shared-Universe-Projekt mit fortlaufender Hintergrundhandlung verspricht schon jetzt einiges.

Unter den zahllosen interessanten Tischen in der Börse heben wir mal einen hervor: Der SFC Thunderbolt hatte sich nach über 20 Jahren mal wieder auf einen Con verirrt, um das von ihm herausgegebene Story-Magazin “GOLEM” an die hungrige SF-Lesermeute zu verfüttern:

Bei allem Lob für die Veranstalter muss man konstatieren, dass eine Abendshow mit Publikumsbeteiligung vielleicht nur eine halb so gute Idee ist, wenn das Publikum dermaßen beteiligungsunwillig ist, dass man sicherheitshalber vorher verabredete “Freiwillige” benötigt – die dann auch noch durch Abwesenheit glänzen. Aber sonst war “Herzblatt” mit Stas Rosin, Michael Marcus Thurner und Charles Stross ganz amüsant, denn glücklicherweise fanden sich mit den bereits angereisten Poetry-Slammern ein paar echte “Bühnenjunkies”.

Als schon eine ganze Reihe Besucher die Heimreise angetreten haben, fand sich der tapfere aber etwas müde Rest auch noch im Kinosaal zum traditionellen SF-Poetry-Slam ein, den das Team Autoren (Gabriele Behrend, Thorsten Küper, Uwe Post) gegen das Team Slammer (Michael Heide, David Grashoff, Matti Seydl) mit Anstand aber deutlich verlor. Michael Heide verteidigte im Finale seinen Sieg von 2011 und durfte den roten Horst erneut mitnehmen.

Statt einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, verlinken wir an dieser Stelle auf ein paar weitere Con-Berichte:

 

 

Interview mit Huan Vu

 

Was ist der „Neue Deutsche Genrefilm“? Wer macht da mit?

 

Wir sind Filmemacher aus dem deutschsprachigen Raum, die Genrefilme machen. „Im „Neuen Deutschen Genrefilm“ haben wir eine Plattform geschaffen, um unsere Interessen und Kräfte zu bündeln, den Wunsch nach deutschen Genrefilmen stärker nach draußen zu tragen und damit eine Gemeinschaft zu schaffen, die zu einem neuen Bewusstsein und auch neuen Möglichkeiten für Genrefilme hierzulande führen kann.
Zur Gruppe gehören z.B. im Bereich Langfilm Regisseure großer Kinoproduktionen wie "Die vierte Macht" (Dennis Gansel, 2012), "Hell" (Tim Fehlbaum, 2011), "Urban Explorer" (Andy Fetscher, 2011) und "Zimmer 205" (Rainer Matsutani, 2011), Kino-TV-Koproduktionen wie "Schreie der Vergessenen" (Lars Henning Jung, PRO7, 2011), "Transfer" (Damir Lukacevic, ZDF/ARTE, 2010), "Du hast es versprochen" (Alexandra Schmidt, ZDF, 2012) oder "Rammbock" (Marvin Kren, ZDF, 2010) sowie Independentproduktionen wie "Bela Kiss: Prologue" (Lucien Förstner, 2013) oder "Lost Place 3D" (Thorsten Klein, 2013).
Dazu kommen viele weitere, oft junge, engagierte Regisseure, Produzenten, Drehbuchautoren usw., deren Herz für Genrefilme schlägt und die heiß darauf sind, das deutschsprachige Kino aus seinem Dämmerzustand zu reißen. Derzeit haben sich im „Neuen Deutschen Genrefilm“ über 100 Filmemacher zusammengefunden, und weitere stoßen ständig zu uns.

 

Wie kam euch die Idee dazu?

 

Ich traf im vergangenen Jahr auf mehreren Festivals auf Andreas Marschall, da sein Giallo-Horrorfilm "Masks" (2011) etwa zur gleichen Zeit um die Welt ging wie meine H.P. Lovecraft-Verfilmung "Die Farbe" (2010). Der Zuspruch, den unsere beiden Filme bekamen, teils auch die schiere Verblüffung, dass solche Filme aus Deutschland kamen, hat dazu geführt, dass wir uns vornahmen, die hiesigen Genrefilme-Macher und -Fans stärker zu vernetzen, um eine Lanze für den deutschen Genrefilm zu brechen, der ja seit Jahrzehnten kaum Beachtung und Entfaltung findet.

 

Welche Ziele habt ihr euch gesetzt?

 

Es ist unser Ziel, die Akzeptanz und Qualität in das deutschsprachige Genrekino zurückzubringen. Publikum, Filmemacher und Filmbranche wieder stärker dafür zu begeistern und die Formate auch hierzulande weiterzuentwickeln. Die Bewegung versteht sich als eine offene Gruppe, die jeden am deutschen Genrefilm Interessierten einlädt, sich ihr anzuschließen, um gemeinsam den in Repetition und Stagnation verharrenden deutschen Film mit neuen, herausfordernden Visionen und Formaten zu bereichern. Gerade auch zu hiesigen SF-Fantasy-Horror-Schriftstellern, Spieleherstellern und Comic-Artists suchen wir da den Austausch und Schulterschluss.

Zum einen möchten wir allen Interessierten die Möglichkeit geben, sich einen Überblick über die Vielfalt an deutschen Genrefilmen in der jüngsten Zeit verschaffen. Ebenso möchten wir auch die kommenden, spannenden Filmprojekte sichtbar machen und die kreativen Köpfe hinter all diesen Unternehmungen vorstellen.

Dann ist es uns wichtig, diverse filmpolitische und gesellschaftskulturelle Themen zu verbalisieren und in die Öffentlichkeit zu tragen, wie z.B. die deutsche Tradition der Phantastikfeindlichkeit. Unter ihrem Einfluss wird teils bis heute gerne die (in Deutschland lange Zeit kaum existente) Comic-Kunst und Science-Fiction- sowie Fantasy-Literatur als minderwertig und irrelevant abgetan. Während der politischen Umwälzungen der 60er und 70er Jahre wurde zum Beispiel die TV-Serie "Raumpatrouille" (1965) unter Verkennung der politischen Vorzeichen als faschistoid verleumdet, ebenso J.R.R. Tolkiens "Der Herr der Ringe".

 

Wie sieht es mit der Finanzierung aus? Bekommt ihr Fördermittel? Wenn ja: von wem?

 

Bisher bestehen noch keine festeren Strukturen, alles basiert auf ehrenamtlichem Engagement. Auch die zweite Genrenale befindet sich erst in der frühen Planung., von daher steht die Finanzierungsfrage noch im Raum.

 

Was ist die „Genrenale“ und was wird damit bezweckt?

 

Die Genrenale soll als Festival des Neuen Deutschen Genrefilms ausgewählte Lang- und Kurzfilme präsentieren, welche ...

 

Welche „Erfolgsgeschichten“ gibt es bereits zu berichten?

 

Die erste Genrenale, die am 13.2. als Alternativ-Veranstaltung während der Berlinale stattfand, erhielt sehr viel Zuspruch: Der Kinosaal war voll besetzt, und es gab eine Warteliste für diejenigen, die kein Ticket mehr ergattern konnten. Gezeigt wurden Kurzfilme und Trailer aktueller und kommender Spielfilme. Für die beiden Organisatoren Regisseur Krystof Zlatnik (Endzeit-MartialArts-Projekt "Land of Giants") und Produzent Paul Andexel (Stephen-King-Verfilmung "You Missed Sonja") war es ein voller Erfolg und sehr motivierend für kommende Projekte und die nächste Genrenale.

 

Wollt ihr mit eurem Projekt auch das deutsche Independent-Kino neu beleben? Nach dem Motto: kleines Familienkino mit Stil statt Multiplex?

 

Unsere Gruppe ist breit gefächert und daher lautet die Antwort: definitiv beides. Einige von uns arbeiten an größeren Filmproduktionen, andere neigen eher zu Independentprojekten. Teilweise hängt das aber auch einfach am Stoff: Manche Geschichten sind sehr speziell und richten sich bewusst an ein kleineres Kernpublikum und sind somit auch nicht im großen Stil finanzierbar. Zumindest jedenfalls nicht im aktuell vorherrschenden Zustand der deutschen Filmbranche.

 

Das Problem bei SF-Produktionen ist ja oft, dass die Mittel zu knapp sind für die aufwändigen Effekte und Bearbeitungen. Was ratet ihr da euren Mitgliedern? Gibt es Hilfe, Kontakte?

 

Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass dies nicht zwingend am Geld liegt, sondern eher am geringen Willen und dem geringen Selbstvertrauen in der Branche. Science Fiction muss nicht automatisch teuer sein, man kann auch schon mit geringen Mitteln sehr viel erreichen. Zwar keine großen Weltraumschlachten, aber Visionen der näheren oder ferneren Zukunft sind mit etwas Kreativität und Improvisationstalent durchaus realisierbar: "Transfer" (2010) von Damir Lukacevic ist hier sicher ein gutes Beispiel, oder auch Krystof Zlatniks Kurzfilme "Das Leuchten" und "Lys" sowie "Lichtjahre" von Florian Knittel.

Ein Kinofilm wie "Moon" oder "Source Code" (beide von Duncan Jones aus Großbritannien) wäre in Deutschland ohne weiteres auch vorstellbar.

Deutschland ist de facto eines der reichsten Länder der Welt. Film wird jedoch von vielen Privatpersonen und Kapitalgebern nicht als Investitionsgut betrachtet, da im Gegensatz zu den USA sehr oft der Erfolg ausblieb. Daher die Schockstarre, in der sich der deutsche Film in diesem Segment befindet. Es fehlen die Zuschauer, die sich längst abgewendet haben, mehrere Generationen sind verloren gegangen – und es fehlt der Mut Neues zu wagen, oder überhaupt mal etwas zu wagen.

Beides muss sich ändern. Das Publikum muss solche Filme einfordern – und die Entscheider und Geldgeber in der Filmindustrie müssen sich für solche Stoffe öffnen. Nur so kann das Ganze wieder anlaufen.

 

Tauschen sich eure Mitglieder untereinander aus und helfen einander?

 

Ja, das ist das Wichtigste für uns. Dass wir nicht mehr nur als Einzelkämpfer am jeweils eigenen Projekt werkeln, sondern gegenseitig Ratschläge und Tipps geben. Ob es nun geeignete Drehorte sind, empfehlenswerte Schauspieler oder Unterstützung bei der Stoffentwicklung und dem Drehbuch. Wir hoffen, dass wir dadurch auch langfristig die Qualität unserer Filme steigern können.

 

Was ist eurer Meinung nach das größte Problem bei deutschen Genrefilmen? Warum schauen alle nach Hollywood statt nach Babelsberg?

 

Da hat sicher jeder in der Gruppe seine eigene Antwort.

Ich erkläre mir das ganze primär durch die deutsche Kultur und Historie. Nach dem Ende der goldenen 20er Jahre sind große Talente vor den Nationalsozialisten geflohen und nicht wiedergekehrt. Im Dritten Reich waren phantastische Themen so gut wie verboten, alles hatte sich den realen politischen Zielen unterzuordnen. Bis auf einige wenige bizarre Versuche in Sachen faschistischer Science-Fiction (z.B. Zukunftsvision einer jüdischen Weltregierung als Endzeitstoff), die auch bald abgestellt wurden, wuchs hierzulande nichts mehr, was mit Phantasie zu tun hatte.

Die Generation danach, die sich gegen die faschistische Vergangenheit ihrer eigenen Eltern auflehnte, setzte diese Haltung tragischerweise fort: Auch sie war davon bestimmt, schwer realitätsgebunden und politisch aufgeladen zu agitieren. Platz für Visionen und Phantastereien war da selten, die Angst vor Manipulation, Verführung und Illusion, die fester Bestandteil von Genrefilmen sind, ist enorm. Bezeichnend ist z.B., dass besagter "Herr der Ringe" bei den US-amerikanischen Hippies zum Kultroman wurde – von den europäischen 68ern kann man dagegen selbiges nicht gerade behaupten.

Aufgrund dieser klaffenden Lücke – von den 30ern bis in die 80er hinein – ist man leicht dazu verführt, sich am Ausland zu orientieren, insbesondere Hollywood. Denn dort ist die Entwicklung weitergegangen, dort befindet man sich auf der Höhe der Zeit.

Grundsätzlich ist daran nichts Falsches zu finden. Auch ein moderner Musiker orientiert sich ja lieber an den Beatles als an Heino. Von den Besten lässt sich sehr gut lernen. "Metropolis" (1927) ist schlicht zu lange her, als dass wir uns heute daran orientieren könnten - aufgewachsen sind viele von uns nun mal eher mit "Krieg der Sterne", "Star Trek", "Alien" und "Blade Runner".
Man muss jedoch aufpassen, dass man nicht immer nur den Trends hinterherläuft und immer nur 1:1 kopiert. Denn das Publikum ist ja nicht dumm. Letztlich muss es also auch darum gehen, eine eigene Stimme zu entwickeln und Themen auf eine andere Art und Weise zu behandeln, neue Stoffe und Erzählformen zu entwickeln.

 

Ist für die Zukunft eine Kooperation mit Hollywood und europäischen Filmmetropolen geplant? Auch Filmemacher und –produzenten wie Roland Emmerich oder Arnold Schwarzenegger kommen ja schließlich aus dem deutschsprachigen Raum …?

 

Roland Emmerich hat zuletzt Tim Fehlbaums Endzeit-Thriller "Hell" koproduziert, wir hoffen also, dass er auch weiterhin mit einem Auge in die Heimat schielt und eventuell weitere Projekte unterstützt. Das ist nämlich etwas, was in Deutschland bislang fehlte: Dass ein erfolgreicher, unabhängiger Genrefilm-Regisseur und Produzent Nachwuchsförderung betreibt. Guillermo Del Toro ("Pans Labyrinth", "Hellboy") ist z.B. im spanischsprachigen Raum bekannt dafür - ohne ihn hätte es weder "Das Waisenhaus" gegeben noch aktuell in den US-Kinos "Mama".

Abgesehen davon muss man heutzutage natürlich den internationalen Markt im Hinterkopf behalten, insofern überrascht es nicht, dass viele von uns sich dazu entschließen, auf Englisch zu drehen, um somit auch nach ausländischen Koproduzenten Ausschau halten zu können.

 

 

Welches Sciencefiction-Buch würdest du selbst am liebsten verfilmen (lassen)?

 

Eigentlich ein Sakrileg, aber da "Akira" mein Lieblingsfilm ist, wäre es natürlich die absolute Krönung, eine Spielfilm-Neuverfilmung des japanischen Mangas machen zu dürfen. Zum Glück ist jedoch bisher auch Hollywood nach mehreren Anläufen daran gescheitert, sowohl inhaltlich als auch finanziell - ist vermutlich auch besser so.

Ansonsten komme ich ja aus der "Warhammer 40.000"-Ecke, mein erster Langfilm war der vom Schicksal schwer gebeutelte Fanfilm "Damnatus", den ich 2007 fertiggestellt habe und der noch keinen professionellen Ansprüchen gerecht wurde, aber bei vielen Fans trotz aller Widrigkeiten recht gut ankam. Es würde mich sehr reizen, noch einmal in dieses SciFi-Gothic-Universum zurückzukehren und mit heutigen Kenntnissen und Fähigkeiten mehr daraus zu machen als mir damals möglich war. Nach den damaligen Dreharbeiten habe ich die "Eisenhorn"-Romanreihe von Dan Abnett gelesen – diese zu verfilmen wäre absolut phantastisch.

Aus dem deutschsprachigen Raum sind es weniger konkrete Bücher als zwei Welten, die mich auch sehr reizen würden: Die "Shadowrun"-Rollenspielwelt hat einige sehr interessante Aspekte, aus denen man sehr viel machen könnte, und um "Perry Rhodan" kommt man natürlich hierzulande nicht herum. Ich habe das damalige Filmprojekt ein wenig mitverfolgt, und auch, wie die Lizenzbesitzer ein Fanfilmprojekt eines Freundes einstampfen ließen (dasselbe sollte ironischerweise ja dann leider auch später mir mit "DAMNATUS" passieren). Es ist ziemlich absurd, dass bis heute nichts aus dieser starken Vorlage gemacht worden ist. "Perry Rhodan" ist weltweit eine Kultfigur und noch immer noch gibt es keinen adäquaten Film dazu. Aber naja, mit "Warhammer 40.000" ist es ja genauso ...

 

Schönen Dank für deine Antworten!

 

 

Im Interview: Horus W. Odenthal

(Andreas Winterer)

Am 1. Mai 2013 erscheint unter dem Titel „Hyperdrive: Mantikor erhebt sich” Horus W. Odenthals Mischung aus Space Opera, Abenteuerroman und Polit-Thriller erstmals komplett in einem E-Book. (Zusammenfassung hier.)

deutsche-science-fiction.de: Worum geht‘s überhaupt?

Horus W. Odenthal: „Hyperdrive“ erzählt von Schicksalen, die sich im Angesicht eines bevorstehenden Krieges miteinander verknüpfen. Es geht also in erster Linie um Menschen, die Technik steht nicht im Vordergrund; sie umgibt die Protagonisten so selbstverständlich wie uns auch in unserer gegenwärtigen Welt.

Du hast ja auch viel Fantasy gemacht. Fühlst Du Dich eher der SF oder der Fantasy nah?

Angefangen habe ich als SF-Leser. Erst später habe ich die Fantasy entdeckt, auch bedingt durch das Angebot in Deutschland. Dann habe ich mich lange Zeit von der Fantasy verabschiedet, weil mich die Wiederholung des ewig Gleichen gelangweilt hat. Diese ganzen Tolkien-Epigonen, die nur alte Rezepte wiedergekäut haben, fand ich unendlich fade. Wenn ich irgendwo den Begriff „dunkler Herrscher“ oder „drei/fünf/neun Schwerter/Schatullen/Trading Cards müssen gefunden werden um ein uraltes Übel“ oder auch nur das Wort „Knabe“ in einem Klappentext las, hat mich das in die Flucht geschlagen.

Ich habe mich also über lange Zeit der SF näher gefühlt. Die Fantasy musste ich für mich erst wiederentdecken. Indem ich sie für mich neu definiert habe und meine eigenen Geschichten düsterer, realistischer, moralisch ambivalenter gestaltet. Dann habe ich später die neue Welle von Fantasy-Autoren entdeckt, die im Ausland schon parallel einen ähnlichen Weg einschlugen – Leute wie R. Scott Bakker, Joe Abercrombie, Richard Morgan, Glen Cook, George R.R. Martin – und habe mich dieser Bewegung sehr verbunden gefühlt.

Und heute?

Mittlerweile schreibe ich Fantasy und SF so, dass es eigentlich keinen Unterschied mehr macht, bzw. dieser Unterschied in der Stimmung und der Terminologie liegt. Jemand hat das Ende meiner Ninragon-Trilogie, in der es zu magischen Schlachten und Reisen kommt, einmal als Cyber-Fantasy bezeichnet. Man kann es Magie nennen, man muss es aber nicht. Es kommen in Ninragon viele SF-Elemente vor, nur werden die nicht so benannt und erklärt. Man kann es Kampfroboter oder Cyborg nennen. Oder man kann dazu Homunkulus oder Ankchoraik sagen und es durch eine magisch-geistige Weltsicht erklären. Das gleiche gilt für Bewusstseinsdownloads oder Klontechniken. Genauso existiert in meinen SF-Geschichten das sogenannte Übernatürliche. Die Fähigkeiten der Nirloten, der Hyperdrive-Piloten in „Hyperdrive“ haben schon etwas Magisches. Ich mag mittlerweile beide Genres gleich gern. Beide haben ihre Vorzüge. Die Unterschiede verwischen sich für mich immer mehr.

Welche Science-Fiction würdest Du Deinen Töchtern schmackhaft machen?

Meinen Zwillingstöchtern werde ich zu gegebener Zeit „Quarantäne“ von William Voltz in die Finger drücken. Das war auch eines der ersten Bücher, nach den üblichen Verdächtigen unter den Jugendbüchern wie „Raumschiff Monitor“ oder „Mark Brandis“, die mich für Science Fiction begeistert haben. Aber sie sind auch jetzt schon mit 4 1/2 große Darth-Vader-Fans, singen sein Thema und lachen sich scheckig, wenn ich mit asthmatischer Stimme röchle: „Zoe/Grace ich bin dein Papa!“

Schreibt man mit zwei Töchtern mehr oder weniger als vorher?

Anders! Anders! Aber das ändert sich auch, je älter sie werden. In den ersten Jahren, vor dem Kindergarten, habe ich quasi ein Sabbatical genommen. Weil die Zeit nie mehr zurückkommt und die Erlebnisse so schön und wertvoll sind. Und ich ohnehin nichts gescheites hätte schreiben können. Darum hat der Ninragon so lange gedauert. Aber die Mädchen geben mir auch viel Kraft. Und erden mich. Und lenken mich immer wieder zu den Dingen, die wirklich wichtig sind. Vessels of soul, vessels of love, vessels of spirit, that’s what we are. „All you need is love.“ John Lennon.

 „Hyperdrive“ erschien ja zuerst als E-Book-Serie. Wie sind Deine Erfahrungen damit?

Das Serien-Format ist generell sehr interessant. Ich finde es spannend, das über das E-Book der klassische Fortsetzungsroman á la Dickens und Dumas seine Renaissance erlebt. „Hyperdrive“ wird wahrscheinlich nicht mein letzter Versuch mit diesem Format sein. In meinem Hinterkopf spukt derzeit die Idee einer Serie im Ninragon-Universum herum. Arbeitstitel ist „Die Rauhe Schar“. Ich freue mich darauf, diese Geschichte zu verwirklichen.

Woran arbeitest Du gerade?

Wenn ich nach einer aufregenden Phase des Weichenstellers für meine Zukunft wieder zum Schreiben komme arbeite ich an einem Roman mit dem Titel „Homunkulus“. Er spielt einige Jahre nach dem Ende von „Ninragon“ und beantwortet einige der offenen Fragen, was, über die Geschichte Aurics des Schwarzen hinaus, das Schicksal dieser Welt betrifft. Es ist ein Hybrid aus Fantasy und Hard-Boiled-Cop-Story. Mit der Erstfassung bin ich inzwischen so zur Hälfte durch.

Machst Du Deine Cover selbst? (…fragte er blöd den Grafiker…)

Nein.

Huch! Wie kommts?

Da wäre ich außerhalb meines Teiches. Ich bin Zeichner, kein Maler. Und fotorealistische Sachen, wie ich sie auf dem Cover haben wollte, sind erst recht nicht mein Ding. Aber ich habe die Layout-Entwürfe gemacht und die Motive ausgesucht. Martin Schlierkamp hat für mich das Logo entworfen, hat die Ursprungsbilder durch Himmel und Hölle gejagt, hat sie so mit Texturen versehen und bearbeitet bis die kleinen Wunder herauskamen, die jetzt die Cover zieren. Und er hat das End-Layout gemacht.

Ich bin zwar Zeichner und Grafiker – und gelegentlich auch Perfektionist und Kontrolle-Freak – aber ich kann auch ganz gut Aufgaben abgeben, wenn ich denke, dass andere das besser können oder es besser für meine Gesamt-Produktivität, den Arbeitsprozess und das endgültige Produkt ist.

Zurück zum aktuellen Werk: Wie viele Buchseiten hätte „Hyperdrive: Mantikor erhebt sich“ wohl ungefähr? Und was wird das finale E-Book kosten?

Mein Seitenzähler zeigt mir 560 Normseiten an. Das E-Book wird 4,99 € kosten. Der Roman ist gegenüber der Serial-Fassung überarbeitet, das heißt er hat seine ursprüngliche Kapitelstruktur, nicht mehr die Episodenstruktur.

Du hast Extras angedeutet…

Als Zusatzmaterial gibt es eine Karte des Planere Baijaku, den Anhang „Die Geschichte der Panhumanas“, die den geschichtlichen Hintergrund des Erzähluniversums vermittelt, einen Glossar und eine Covergalerie aller Episoden-Cover.

Worauf hättest Du schreiberisch mal so richtig Bock?

Auf genau das, was ich gerade mache! Und all das, was noch in der Pipeline hängt. Macht euch auf etwas gefasst! „Sphärenbrand“ – Hier kommt Banepunk!

Horus, wir danken für das Gespräch!

 

 

Filme in 3D tun weh …

(Sven Klöpping)

 

Autsch! Letztens war ich in meinem ersten Kinofilm in 3D. Leider hat es mir gar nicht gefallen. Die Farben wirkten durch meine Leihbrille arg matt (überwiegend Brauntöne). Fast fühlte ich mich ins präkoloristische TV-Zeitalter versetzt. Auch die 3D-Effekte ließen zu wünschen übrig – wenn überhaupt, dann stachen sie einem höchstens an unwichtigen Stellen ins Auge.

 

Nun frage ich mich: Wer hat Schuld? Ich, der in jüngsten Jahren mehrmals an seinen Augen operiert wurde und beim Filmegucken 2.0 vielleicht deshalb nicht mit den anderen mithalten kann – oder die Filmindustrie, die die Zuschauer zwingt, sich unmodische, alles verdunkelnde 3D-Brillen aufzustülpen, mit denen einem selbst die schönsten Filme mies gemacht werden? Ich weiß es nicht. Aber ich frage: Warner Bros., 20th Century Fox und wie sie alle heißen. Und euch natürlich auch. Und selbstverständlich sollte sich auch jeder mal selbst fragen. Was geschieht hier überhaupt? Wird es in Zukunft ausschließlich Filme in 3D geben, und zwar zuhause und im Kino? Werden wir bald schon der schillernden Farbpracht beraubt, die uns bis heute so faszinierte? Ich muss schon sagen, ich fürchte mich davor. Vielleicht, weil ich sehbehindert bin. Vielleicht aber auch, weil ich Recht habe.

 

Ich bin zwar kein ausgewiesener Cineast, aber kann trotzdem nur hoffen, dass sich diese Technologie nicht durchsetzen wird und wenn, dann bitteschön in stark verbesserter Optik! Denn so ist das gar nix.

 

Vor zehn Jahren habe ich mir das alles viel besser vorgestellt und, da bin ich mir sicher, viele andere unter euch auch. So könnt ihr z. B. in meiner Story „Die Suchtmaschine“ (erschienen im Story Center 2010 bei p.machinery) nachlesen, wie es idealerweise im Kino zugehen müsste. Aber davon sind wir (leider, leider, leider) noch weit entfernt … So, wie 3D heute funktioniert, muss ich das leider so übersetzen: 3D = düster, dunkel, deplatziert.

 

Euer Schwarzseher

 

 

Hörspiel: Myra Cakan, “Schieß mich zum Mars, Liebling” (2006)

(Sven Klöpping)

Myra Cakan schreibt aktuell wohl die meisten SF-Hörspiele für den Rundfunk. Dafür sind ihr alle Hörer dankbar. Bei dsf werden nach und nach einige ihrer Werke vorgestellt.

Inhalt

“Die alternde Diva Banamarama Halcion hat schon alle Revuepaläste dieses Sonnensystems gesehen. Jetzt will sie sich inkognito auf einer transstellaren Luxuskreuzfahrt von den Strapazen der letzten Tournee erholen – und vielleicht auf Proxima Centauri, in eingeweihten Kreisen auch als Botox-Planet bekannt, ihre Jugendlichkeit wieder auffrischen lassen. Doch ihre Launen und ihr exzentrischer Impresario verraten schon bald die wahre Identität der Diva. Für Banamarama nur zu verschmerzen, indem ihr sogleich die Inszenierung der traditionellen Bordrevue angetragen wird. Doch vor der Premiere von „Schieß mich zum Mars, Liebling“ muss die Primadonna einige Zumutungen ertragen: Die wichtigste Requisite des Musicals, ein Dolch, steckt im Bauch einer Leiche, und die schüchterne Assistentin der Diva, Mimsy, steht unter Mordverdacht. Außerdem offenbart sich bereits beim Captains Dinner, dass auch andere Passagiere sich auffällig bemühen, ihre wahren Identitäten geheim zu halten. Welcher Schein trügt? Schlägt der Mörder wieder zu? Und kann die Premiere heil über die Bühne gehen? Fragen, die sich erst beim großen Finale von „Schieß mich zum Mars, Liebling“ klären werden.” (Quelle: hoerdat.in-berlin.de)

Autorenwebsite: http://www.dardariee.de/ 

 

 

 

Interview mit Norbert Frischauf (ÖWF)

(Sven Klöpping)

Norbert Frischauf ist Wissenschaftler und hat z. B. schon beim Marsprogramm Aurora mitgearbeitet. Auch im CERN. Er hat in Österreich eine eigene Fernsehsendung und ist außerdem im Vorstand des Österreichischen Weltraumforums. Grund genug für uns, ihm einige Fragen zu stellen:

Sie sind im Vorstand des Österreichischen Weltraumforums. Was haben Sie konkret mit der NASA und der ESA zu tun und was sind Ihre Ziele?

Das ÖWF ist ein Weltraumnetzwerk aus Weltraumenthusiasten und –professionalisten, einige unserer Mitglieder arbeiten z. B. auch für die Weltraumindustrie, in der Forschung oder eben auch für die ESA oder NASA. Ich persönlich war von 1998 bis 2004 im Wissenschafts- und Technologiezentrum der ESA (ESTEC) in den Niederlanden tätig. Damals habe ich an der ISS bzw. am Marsprogramm Aurora mitgearbeitet. Nach einer kurzen Pause in der Privatindustrie bin ich seit 2008 wieder für die ESA tätig – dieses Mal aber im Bereich der Weltraumanwendungen; also Telekommunikation, Navigation und Erdbeobachtung.

Was ist ein Analog-Astronaut?

Ein speziell ausgebildeter Forscher/Ingenieur, der sich als Astronaut in einem Analogprojekt einbringt, in dem es z. B. darum geht eine Mond- oder Marsmission zu simulieren. Solche Projekte können verschiedene Zielsetzungen haben, sei es Technologieentwicklung, das Verbessern verschiedenster Prozeduren oder einfach nur medizinisch-psychologische Studien. Wenn solch ein Analogprojekt eine bemannte Komponente beinhaltet, dann ist der Analog-Astronaut derjenige, der sich in einem Analog-Raumanzug einbringt und als solches  die Rolle des Astronauten auf dem Mond, Mars oder einem anderen Himmelskörper simuliert.

Viele Ihrer Projekte drehen sich um die Marsmissionen. Wird ein Fokus Ihrer Arbeit ständig hierauf liegen oder ist auch geplant, einmal andere Prioritäten zu setzen?

Zurzeit liegt das Hauptaugenmerk beim ÖWF eindeutig auf dem Bereich bemannte Raumfahrt, und das aus zwei Gründen: a) weil die bemannte Raumfahrt wohl den faszinierendsten Teil der Raumfahrtaktivitäten darstellt und b) weil speziell die Flüge zum Mars eine sehr große wissenschaftlich-technologisch aber auch finanzielle Herausforderung darstellen. Die Herausforderung ist so groß, dass keine Nation der Erde solch eine Mission alleine durchführen kann. Alleine die Entwicklung der benötigten Technologien wird noch viele Jahre dauern und viele Tests erfordern. Dementsprechend wird solch eine Mission von vielen Nationen (USA, Russland, Europa, Japan, Kanada, etc.) durchgeführt werden und erst in 20-30 Jahren stattfinden können. Aufgrund dieses weiten Zeithorizonts kann auch ein kleiner, aber sehr ambitionierter Verein wie das ÖWF einen nennenswerten Beitrag leisten: z. B. durch das Austesten von neuen Ansätzen in eigens dafür erstellten Feldversuchen wie MARS2013 – und weil wir erst am Anfang der technischen Entwicklung stehen, ist es viel wichtiger auf die Konzepte einzugehen als möglichst realistische – und sehr teure – Prototypen zu entwerfen. Es zählt also Köpfchen und Know-how und damit kann man auch mit relativ geringen finanziellen Mitteln tolle Ergebnisse erzielen – genau das macht das ÖWF. Solange das so bleibt wird wohl unser Fokus weiterhin auf den Mars gerichtet sein. Aber wer weiß; wenn die kommerzielle Raumfahrt abhebt könnte sich auch eine Verschiebung ergeben …

Ein Hauptaugenmerk des ÖWF liegt auf Feldversuchen, um Geräte und Menschen zu testen. Welche Ergebnisse haben Sie persönlich am meisten fasziniert?

1)    Dass es binnen kurzer Zeit möglich ist einen ferngesteuerten Flieger in einem Analograumanzug zu fliegen und das obwohl man einen 3-lagigen Handschuh anhat und daher fast kein Gefühl in den Fingern. Wir haben den Flieger zwar zweimal hart gelandet (und beschädigt), aber beim 3. Mal gelang es uns das Fluggerät sicher zu fliegen – ich hätte nie gedacht, dass so etwas möglich ist – zumindest nicht so schnell!

2)    Wie sich Kommunikationsschwierigkeiten aufgrund des Missionsszenarios zu handfesten Diskussionen auswachsen können, wenn man sein Gegenüber nicht von Angesicht zu Angesicht sehen und auch nicht in real-time mit ihm reden kann. Da braucht es auf beiden Seiten sehr viel Einfühlungsvermögen um die Sache im Lot zu halten bzw. es wieder dorthin zu bringen.

3)    Wie schnell man sich in die Simulation einlebt. Nach 14 Tagen im Habitat ist man mental zwar nicht auf dem Mars – man weiß ja rein rational dass man noch immer auf der Erde ist –, gleichzeitig ist man aber emotional doch nicht mehr ganz auf der Erde. Wenn man dann nach 14 Tagen am Ende der Mission offiziell wieder auf der Erde “gelandet” ist und somit das erste Mal die Station ohne Raumanzug verlassen kann, ist es fast ein Schock die frische Luft zu atmen, die Geräusche direkt – ohne Helm – zu hören und das Knirschen des Sandes unter den Füßen zu spüren. Es kommt einem alles fast surreal vor …

Wie muss man sich so einen Feldversuch vorstellen? Man sitzt in der Wüste, trinkt seine Nahrung aus Plastikbeuteln und muss bei minus 6 Grad in ein Plumpsklo urinieren? Welche Vorteile hat so etwas für die Wissenschaft, welche Nachteile für die Probanten?

Größtenteils steht man in und geht man durch die Wüste, zum Sitzen kommt man nur in seltenen Fällen …

Im Ernst: es ist recht abenteuerlich, da man an recht abgelegenen Orten Forschung betreibt und die Natur aus einem ganz anderen Augenwinkel wahrnimmt. Alleine der Sternenhimmel in der Wüste haut einen fast um, so beeindruckend ist er. Das Ganze hat etwas von campen auf niedrigstem Niveau – lange Anreise mit Jetlag, wenig Schlaf, kein Luxus, aber dafür eine hochinteressante Tätigkeit – wenn man so etwas mag! Der Vorteil für die Wissenschaft ist dass man innovative Ansätze ausprobiert und in Situationen kommt, die man sich vorher kaum vorstellen konnte, die aber auf dem Mond oder dem Mars auch passieren können, nur dann sterben die Astronauten eventuell, weil man das eben vorher nie durchgedacht bzw. probiert hat, wie man diese Situation am besten meistert. Der Nachteil ist damit auch klar: Es ist zeitweise sehr stressig und sicher niemals bequem für die Probanden!

Wie kann ich das ÖWF unterstützen?

Mitarbeiten oder Mitglied werden oder am besten beides gleichzeitig!

Sie haben auch als Wissenschaftler am CERN gearbeitet. Was können Sie uns hierüber berichten? Waren Sie auch am Experiment „Beamen“ beteiligt?

Nein, ich habe bei der FCA und dem VFT mitgearbeitet, das sind zwei Detektoren am LEP, dem Elektronen-Positronen Beschleuniger und Vorläufer des LHC.

Können Sie sich vorstellen, dass in Zukunft wie auf dem Raumschiff Enterprise einmal komplexe Strukturen gebeamt werden können (ich will gar nicht von Menschen reden)?

Nein, nicht solange jemand die Heisenbergsche Unschärferelation austricksen kann – und zurzeit fürchte ich, dass Mutter Natur das auch nicht zulassen wird …

In Ihrer Sendung „Energie und Physik“ präsentieren Sie den Zuschauern ein breites Spektrum an wissenschaftlichen Themen. Wie sind Sie auf die Idee dazu gekommen? Hat man Sie angesprochen?

Ja, hat man. Aber das ist eine lange Geschichte …

In „Energie und Physik“ geht es um die verschiedensten Themen – von Biokraftstoffen bis hin zur Teilchenphysik. Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Themen aus?

Nach dem was a) gerade brennt und interessant ist (z. B. Higgs-Teilchen) und/oder wo viel „Blödsinn“ geredet wird, den wir gerne korrigieren möchten (z. B. Fusion), wo wir b) ein Netzwerk an Sprechern haben, die das Thema gut „rüberbringen“ und c) wo der Einfluss auf unser aller Leben groß ist (z. B. die Zukunft der Luftfahrt oder der Eisenbahn) …

Kürzlich haben Sie beim ÖWF auch ein schriftstellerisches Experiment gewagt. Verschiedene deutschsprachige SF-Autoren sollten einen Tag auf dem Mars schildern. Wie gut ist das angekommen? Sind weitere derartige Aktionen geplant?

Persönlich bin ich ein großer SF-Fan, nicht umsonst habe ich im September 2002 die SF-Woche im Wiener Donauzentrum organisiert.

 

 

Zum Schluss noch …

 

Neugierig geworden? Mehr zur deutschsprachigen SF könnt ihr z. B. durch unsere Linksammlungen erfahren (Magazine & Verlage). Einfach nach „Linksammlung“ suchen. Wir hoffen, euch einen guten Einblick in die deutschsprachige SF-Szene gegeben zu haben. Wenn ihr mehr wissen wollt, fragt uns einfach: kontakt@deutsche-science-fiction.de …

 

Mehr Artikel, Interviews und viele aktuelle Neuerscheinungen gibt es auf http://www.deutsche-science-fiction.de!

 

 

 

 

Die Macher

 

Sven Klöpping ist SF-Autor, Herausgeber, Übersetzer und Lyriker. Er veröffentlichte Dutzende Kurzgeschichten und Erzählungen in verschiedenen deutschen und internationalen Magazinen (z. B. Nova, c’t, phantastisch!, Futuro Europa, Internova …). Bislang erschienen zwei Storybände von ihm (zuletzt “Menschgrenzen” bei p.machinery). Zwei seiner Storys wurden für den Kurd-Laßwitz-Preis nominiert (2002, 2012). Außerdem gewann er 2001 den Gerhard-Beier-Preis.

Website: http://www.svenklöpping.de/

 

Uwe Post ist SF-Autor, Herausgeber, Hobbyfilmer und Software-Entwickler. Seine Storys erschienen in den relevanten deutschen Magazinen (Nova, c’t, Exodus …) sowie in den wohlbekannten Wurdack-Anthologien. Bislang hat er drei Romane veröffentlicht (“Zweiland“, “Symbiose” und “Walpar Tonnrafir und der Zeigefinger Gottes“), ein vierter ist gerade in Arbeit. Außerdem erschien von ihm eine Storysammlung (“Zisch-Zitro für alle“). Seine Werke wurden mehrfach für die wichtigsten deutschen SF-Literaturpreise nominiert. “Walpar Tonnrafir” gewann 2011 den Kurd-Laßwitz-Preis in der Kategorie deutscher Roman.

Website: http://upcenter.de/wordpress/

 

Andreas Winterer ist Journalist, Sachbuchautor und Herausgeber des Literaturmagazins “Zarathustras miese Kaschemme“. Im Bereich Sciencefiction erschienen von ihm die satirische Weltraum-Klamotte “Cosmo Pollite” sowie die Short-Story-Anthologie “Scott Bradley” mit Military-SF-Satiren.

Website: http://winterer.de/

 

 

Kontakt:

 

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Sven Klöpping

Kelterbergstraße 4

76593 Gernsbach

 

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Tag der Veröffentlichung: 02.07.2016

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