Cover


Und schon weider fingen sie an zu streiten. Tante Daisy und meine Schwester mussten sich nur sehen um sich gegenseitig anzuschreien.
"Deine Mutter hätte dich nicht gebären sollen. Du bist so undankbar!"
Sie stritten immer wieder über dieselbe Sache. Seit unsere Mutter, Daisys Schwester, bei meiner Schwesters Geburt starb, machte sie Catherine immer dafür verantwortlich. Sie gab ihr die Schuld an Mutters Tod.
Damals hat meine Schwester sich das alles immer gefallen gelassen. Doch mit der Zeit nicht mehr.
"Ich und undankbar?", fragte sie zuerst ganz bedrohlich ruhig, doch mit jedem Wort wurde sie lauter, "Wer ist hier denn undankbar? Du bist doch diejenige, die Kristin nicht würdigt! Du warst es doch, die in ihren letzten Stunden zu leben noch wagtest ihr zu drohen und das am Telefon! Ich weiß das von meiner Schwester. Weißt du eigentlich wie schwer es für sie war? Du hast doch keine Ahnung!"
"Nicht in diesem Ton, Fräulein.", schrie sie Catherine an, "Du-"
Sie brach ab. Tante Daisy legte ihre Hand auf ihr Herz. Wahrscheinlich war es etwas zu viel für sie.
Aber meine Schwester nahm das nicht wahr: "Ich schreie wie ich das will!"
Plötzlich fiel Daisy einfach um. So geschockt wie wir waren, wussten wir im ersten Moment nicht was wir tun sollten.
Meine Alarmglocken läuteten. Sofort lief ich zu ihr hin. Der schlimmste Augenblick in meinem Leben. Nicht auch noch sie.
Ich fühlte ihren Puls und erstarrte für einen Moment. Kein Puls.
"Ruf den Krankenwagen."
Meine Schwester nickte und lief davon.
Jetzt war ich mit ihr alleine. Schnell machte ich erste Hilfe und versuchte ihr Herz wieder zum Laufen zu bekommen. Doch es war Intakt.
Was war, wenn sie auch noch gehen würde? Wenn sie jetzt nie wieder aufwachen würde, so würde sich Catherine noch schlechter fühlen. Sie würde sich auch für sie die Schuld daran geben. Das waren meine Gedanken, die mir immer wieder durch den Kopf gingen.
Die Ärzte kamen und brachten sie auf die Liege. Traurig sahen wir dabei zu wie sie nach draußen getragen wurde. Wir fuhren mit.
Wir saßen jetzt schon geschlagene drei Tage hier vor der Türe.
Langsam sollten wir doch mal los.
Aber was sollten wir jetzt tun? Ohne sie war es seltsam.
"Gehen wir.", versuchte ich stark zu tun und nahm Catherines Hand.
Sie und ich gingen zusammen nach Hause.
Als wir damals das erste Mal wieder in unserem Haus gingen, war es ziemlich seltsam. Dieses Gerfühl...
Sonst hätte sie uns schon längst begrüßt.
Aber alles war so ruhig.
So ungewohnt. So fremd.
Wir setzten uns auf die Couch und schwiegen, während wir auf ein Bild von unserer Tante und unserer Mutter sahen. Sie lachten. Es kam mir so vor, als wenn Daisy das so wollte. Jetzt war sie glücklich mit meiner Mutter da oben und wachten über uns.
Vielleicht war es jetzt an der Zeit für einen Nuanfang, dachte ich mir.
Das war ein Augenblick in Frieden. Niemand stritt sich. Niemand tat etwas. Alles war ruhig.
Ja, das war wirklich ein Augenblick in Frieden und das bis an unser Lebensende...
Das alles ist jetzt schon vier Jahre her. Catherine und ich saßen genauso wie vor vier Jahren in Ruhe auf der Couch. Seit dem haben wir uns ganz schön verändert und leben jeden Tag als wäre es unser Letzter.
Ich bin Architektin geworden und Catherine studiert Kunst. Morgen wird sie einen Arzt heiraten. Er ist sehr nett und passt sehr gut zu ihr.
Bestimmt wäret ihr Stolz auf sie, Mutter und Tante. Ich stelle das Bild wieder dort auf ihren gewohnten Platz hin.
Mutter, Tante... Ich bin froh, dass ich euch kennen lernen durfte. Ich werde euch nie vergessen und immer daran denken wie toll ihr wart.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 13.11.2011

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /