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Fernsehabend

Fernsehabend

 

Freitagabend, Fernsehabend. Viertel nach acht, Spielfilmzeit.Vatti und Muddi sitzen einträchtig auf der Couch.

Er hat gerade sein erstes Ich-habe-endlich-Wochenende-Bier geöffnet, sie gönnt sich ein Likörchen.

Er hat die joggingbehosten Beine bequem auf der Wohnzimmertisch-Ecke platziert, sie ist in eine mollige,  karierte Decke eingepackt.

Im Fernsehen läuft ein Schmacht-Schmalzfilm. Muddi hat sich durchgesetzt.

Sie lächelt Vattis Profil an und konzentriert sich dann wieder auf die Handlung.

Er beantwortet das, aus den Augenwinkeln bemerkte, Lächeln mit dem Hochziehen eines Mundwinkels. Was soviel ist, wie ein Antwort-Lächeln.

 

Das kleine Geplänkel zwischen den beiden Hauptdarstellern des Films steigert sich zu einem ausgewachsenen Streit. Laute Worte fallen.

 

Heldin hetzt ins Schlafzimmer, öffnet den Kleiderschrank, reißt einen Koffer heraus und wirft ihn geöffnet auf das Bett. „Ich verlasse dich!“

Held steht mit fragendem Blick in den Türrahmen gelehnt. „Aber... „

Muddi beugt sich etwas vor und seufzt.

Vatti lupft irritiert eine Augenbraue.

 

Heldin wirft wahllos Kleidungsstücke in den Koffer. „Es ist endgültig vorbei!“

Held tritt an sie heran und greift sie am Oberarm. „Aber... !“

Vatti ächzt genervt.

Muddi riskiert einen schnellen Seitenblick auf ihn.

 

Heldin schüttelt den Griff des Helden ab und füllt unermüdlich den Koffer. „Kein aber! SO kann ich nicht weiterleben!“

Muddi nickt.

Vatti nimmt einen Schluck Bier.

 

Held stellt sich ihr in den Weg. „Es ist nicht nur meine Schuld!“

Muddi ächzt genervt.

Vatti nimmt zwei Schlucke Bier.

 

Heldin hat Tränen in den Augen und versucht, ihn beiseite zu schieben, um wieder den Koffer zu erreichen. „Ach, jetzt ist es wohl meine Schuld?! DU bist doch mit deiner Arbeit verheiratet und lässt mich den ganzen Tag alleine!“

Vatti schnaubt empört.

Muddi sieht ihn böse an und nippt an ihrem Likör.

 

Held runzelt die Stirn und stopft missmutig die Hände in die Hosentaschen. „Aber das viele Geld wirfst du gerne mit beiden Händen zum Fenster raus! Du hast doch alles, was man sich wünschen kann!“

Muddi schüttelt in Unverständnis den Kopf.

Vatti lacht und nickt.

Muddi schaut ihn pikiert an.

Was er nicht bemerkt.

 

Heldin lässt ihn stehen, füllt weiter den Koffer und weint leise. Tränen tropfen auf blütenweiße Unterwäsche. „Ich wollte immer nur dich! Das Geld ist mir egal!“

Vatti schüttelt ärgerlich den Kopf und zündet sich eine Zigarette an.

Muddi seufzt, nickt und wischt sich verstohlen eine Träne weg.

 

Held lacht höhnisch auf und zieht sich wieder in den Türrahmen zurück. „Ohne mein Geld bist du nichts. NICHTS! Wo willst du denn schon hin?“

Muddi schüttet den Rest Likör in sich hinein, und presst dann die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.

Vatti greift nach der Fernbedienung.

 

Heldin wirft den Kofferdeckel zu und den Kopf in den Nacken. Ihre Tränen sind versiegt. „DAS werden wir noch sehen! Ich ziehe zu meiner Mutter! Dort werde ich wenigstens geliebt!“

Muddi nimmt Vatti die Fernbedienung weg und knallt sie auf den Tisch.

Vatti rollt mit den Augen und raucht einen tiefen Zug an seiner Zigarette.

 

Held zuckt mit den Schultern. „Wenn sie noch einen Esser mehr durchfüttern kann. Nur zu! ICH werde dich nicht halten. Wirst schon sehen, was du davon hast!“

Vatti raunzt anerkennend und trinkt einen großen Schluck Bier.

Muddi schüttet, Unverständliches murmelnd, ihr Likör-Glas wieder voll.

 

Heldin greift den Henkel des, mittlerweile geschlossenen, Koffers und zerrt ihn vom Bett. „Du liebst mich nicht! Du hast mich nie geliebt!“

Muddi wirft Vatti einen anklagenden Blick zu..

Vatti sieht sie an und grinst schief.

 

Held schnappt nach Luft und macht wieder einen Schritt auf sie zu. „Das ist doch nicht wahr! Du sagst das jetzt bloß, weil du dich wieder unnötig aufregst! Und später tut es dir leid... „

Vatti drückt seine Zigarette aus und nimmt einen Schluck Bier.

Muddi knüllt eine Deckenfalte zusammen, und schürzt dabei empört die Lippen.

 

Heldin bricht in Tränen aus, greift den Koffer fester und stürzt an ihm vorbei, hinaus. Rumms! Die Tür fällt ins Schloss. Held starrt sie betreten an.

Muddi schluckt und kippt sich den Likör zwischen die Lippen.

Vatti greift wieder nach der Fernbedienung und schaltet den Sportkanal ein.

 

Die 15jährige Tochter der Beiden erscheint in der Wohnzimmertür. „Hey, alles klar bei euch?“

Muddi wirft die Decke beiseite, schluchzt auf - und stürzt aus dem Zimmer.

Vatti starrt auf den Fernseher. „TOOOOOOR!“

Impressum

Texte: Sabine Pagel
Tag der Veröffentlichung: 03.10.2013

Alle Rechte vorbehalten

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