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Faeya Rehir - Unglückskind

In nächtlicher Stille huscht ein Schatten durch die Gassen der kleinen, mittelalterlichen Stadt Die Kapuze ihres rabenschwarzen Umhangs tief ins Gesicht gezogen, so eilt sie dem Ortsausgang entgegen.

Den blutverschmierten gewundenen Dolch verbirgt sie unter dem wallenden, schweren Stoff. Nur die kleinen roten Tropfen auf dem Kopfsteinpflaster verraten ihre Spur und verlieren sich auf dem verwitterten Holz der Stadtbrücke.

Als sie den nahen Wald erreicht hat, schlägt sie gelassen ihre Kopfbedeckung zurück und säubert den Dolch im weichen, feuchten Moos. Auftrag ausgeführt. Nun muss sie nur noch auf der kleinen Lichtung auf ihre Bezahlung warten.

Eilig, aber nicht zu schnell, macht sie sich auf den Weg dorthin - ohne die Schönheit des nächtlichen Waldes um sich herum auch nur eines Blickes zu würdigen. Alles, was sie jetzt interessiert, sind die klingenden Münzen, welche bald in ihre Tasche wandern werden.

Schon sieht sie im Mondlicht die Lichtung liegen. Vorsichtig nähert sie sich und verharrt einen Augenblick lang hinter einem Baum, um die Lage zu sondieren. Niemand ist zu sehen.

Langsamen Schrittes geht sie auf einen Baumstumpf zu und lässt sich darauf nieder. Die Arme auf die Knie gestützt, könnte man meinen, sie sei in Gedanken versunken und bekäme nicht mit, was um sie herum geschieht. Doch dem ist nicht so.

 

Eine Frau nähert sich der Lichtung, laut knacken Zweige unter ihren Füßen bei jedem Schritt. Bei Faeya bleibt sie stehen und streicht ihr Haar aus dem Gesicht.

Gut gekleidet ist sie und jung. Ihr rechtes Auge ist blutunterlaufen, zugeschwollen - und über die blasse Wange darunter zieht sich eine Platzwunde bis zum Kinn.

"Hat er leiden müssen?", fragt sie mit seltsam klarer Stimme.

Faeya schüttelt den Kopf. Sie quält nicht, sie tötet, schnell lautlos und wirkungsvoll.

Ein Goldbeutel wechselt den Besitzer. Ohne die Taler zu zählen stopft sie ihn achtlos in die Tasche ihres Umhangs. Die Frau wird sich nicht wagen, sie zu betrügen, da ist sie sich sicher.

Knapp nickt sie der Frau zu und erhebt sich von dem Baumstumpf, verhüllt die langen schwarzen Haare wieder mit der Kapuze. Nach einem letzten, kurzen Blick auf ihr Gegenüber, wendet sie sich ab, um den heimlichen Treffpunkt zu verlassen.

Als sie die ersten Bäume erreicht hat, bleibt sie stehen und sieht noch einmal zurück. Der Mond bescheint ihr junges Gesicht, als sie mit einem fast ironischen Lächeln leise spricht: "Empfehlt mich weiter. "

Sodann verschwindet sie auf leisen Sohlen zwischen den Bäumen. Der Weg zu der heimischen Hütte ist nicht weit - gut verborgen liegt sie zwischen Bäumen in einem kleinen Tal.

 

Den Trampelpfad aus den Dichten des Waldes heraus entlang, nähert sie sich dem Häuschen. Still liegt es da im Dämmerlicht. Hinter den Fenstern ist der matte Schein von Kerzen zu sehen.

Am Brunnen davor hält sie an und säubert ihre Blut verschmutzten Hände und ihr Gesicht. Dann geht sie die wenigen Schritte bis zu der windschiefen Eingangstür und öffnet sie knarrend, betritt den großen Wohnraum.

Der Vater sitzt vor dem Kamin und schärft einen Dolch. Er sieht hoch und sie nickt ihm wortlos zu. Ein Grinsen lässt die tiefe Narbe auf seiner rechten Wange gefährlich hervortreten, fast sieht es aus, als würde sie seine Züge in zwei Hälften teilen. "Braves Mädchen", sagt er mit heiserer Stimme.

Ein Gemisch aus Schnapsdunst und Tabakgeruch liegt in der Luft, verschlägt ihr den Atem nach der milden Waldluft.

Gerade will sie sich der Tür zu ihrer Kammer zuwenden, da schallt aus der kleinen Küche die kreischende Stimme ihrer Mutter herüber: "Faeya, bist du das?"

Wer die Stimme hört,

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Sabine Pagel
Bildmaterialien: Sabine Pagel
Tag der Veröffentlichung: 22.09.2013
ISBN: 978-3-7309-5083-8

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für alle, die immer an mich geglaubt haben.

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