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SEELENVERWANDT

 

 

 

Liebes Tagebuch

 

Ich habe mich von meinem Freund Raffael getrennt. Aber halt! Ich bin nicht traurig, sondern im Gegenteil. Ich hielt es nicht mehr aus mit ihm: Ständig machte er andere Mädchen an, benutzte mich und wahrscheinlich betrog er mich auch. Bestimmt hat er jetzt schon eine neue Flamme. Ein solcher Mädchenverschleiss hat der. Und ich fiel auch noch auf ihn rein, wie ganz viele andere auch. Aber meine Erzfeindin in der Schule, Melissa diese Tussi, liess mich heute wenigstens in Ruhe. Ich weiss wirklich nicht, was sie gegen mich hat. Ich habe ihr nie etwas getan. So jetzt wechseln wir das Thema: Ich freue mich so für Dominique meine ältere Schwester, dass sie bald nach Äthiopien zu ihrem Freund Rich fliegen darf. Sie hat ihn hier in Deutschland kennen gelernt. Rich ist so ein netter Kerl, wie ein grosser Bruder für mich. Ich würde so gerne mit meiner 23-jährigen Schwester mitgehen. Domi, wie wir sie nennen, und ich, verstehen uns super, obwohl sie acht Jahre älter ist als ich. Jetzt muss ich mich noch von ihr verabschieden, natürlich nur für vier Wochen. 

 

Emily

 

 

 

Das war mein letzter Tagebucheintrag, danach war ich nicht mehr fähig zu schreiben. Ich sage nur: Als ich den letzten Satz schrieb, ahnte mein Unterbewusstsein bereits Schlimmes. Es hatte Recht, denn Domi lebt heute nicht mehr. Alles ging gut, bis auf den Rückflug nach Deutschland. Bevor sie einstieg, hatte ich ein merkwürdiges Gefühl in mir: kalt, und beängstigend. Ich musste unbedingt Domi anrufen und ihre Stimme hören, hören dass es ihr gut geht. „Darf ich mit Dominique telefonieren?“, fragte ich meine Mutter Eluis. Sie bejahte, obschon ich ihr komisch vorkam. Meine Schwester nahm ab: „Hello?“, und ich spasste, auch wenn mir nicht zumute war, „Hi hier ist Emily, du musst mit mir nicht English sprechen.“ „Ah, hallo Emily, wie geht es dir?“, fragte sie mich. „Genau das wollte ich dich fragen.“ Dabei überlegte ich mir, ob ich nachfragen soll, ob sie überhaupt noch Deutsch kann, damit sie mir meine Sorgen nicht anmerkt. Doch ich liess es bleiben. „Mir geht es super! Hier war es echt toll. Rich hat mir viel von seinem Land gezeigt. Aber ich freue mich auch wieder auf Daheim.“ Das tat mir wirklich weh: Sie freute sich auf zu Hause. Darum klemmte ich ab: „Du musst doch sicher noch was erledigen und hast nicht so viel Zeit zum Quatschen. Also tschüss und pass gut auf dich auf!“ Später stieg sie ins Flugzeug, kam aber nie an. Mama, Papa und ich weinten wochenlang nur noch. Ich kriegte vier Wochen schulfrei. Rich flog in der zweiten ein. Er hatte es gewagt, die selbe Strecke zu fliegen, wo Domis Flieger abgestürzt war. Wir beteten viel und Rich half uns die Trauer ein wenig zu überwinden. Dank ihm mussten wir nicht zu so einem Therapeuten. „Gott, warum musste ausgerechnet meine Schwester sterben? Warum? Wir hatten es doch immer so gut. Warum genau Domi? Ich versteh das nicht. Wir alle verstehen das nicht. Ich war immer ein glückliches Mädchen, ausser den paar Sachen, die sich in der Schule mit Melissa abspielen. Wir waren eine glückliche Familie.“ Ich fragte mich immer wieder, was Domi als letztes getan hatte: Schrie sie? Kämpfte sie um ihr Leben? Liess sie es einfach gehen? Doch nach und nach wurde es immer besser. Wir dachten immer positiv. Und das mit meiner Schwester ist jetzt passiert, man kann es nicht mehr rückgängig machen. Bald schon ist es ein Jahr her und ich gehe auch wieder zur Schule. Aber jedes Mal, wenn ich anderen begegne, gehen sie automatisch von mir weg. Vielleicht wissen sie nicht wie damit umgehen. Das verstehe ich ja, aber niemand redet mehr mit mir. Nicht mal Melissa schnauzt mich böse an. Das wäre mir immer noch lieber als dieses Schweigen. Meine besten Freundinnen gehen eben nicht an die gleiche Schule wie ich. Ausser Lea, mit der ich mich angefreundet habe. Bald muss ich mir eine Lehrstelle suchen, denn in Kürze werde ich ja 16. Rich war gerade vor ein paar Tagen zu Besuch. Mittlerweile hat er etwas Deutsch gelernt. Ich erzählte ihm die Geschichte, von meiner Vorahnung. Er gab mir den Tipp es auch meinen Eltern zu sagen. Die glaubten mir aber nicht. Ich verstehe sie ja: Da kommt einfach die Tochter, erzählt ihre Geschichte und sagt, sie glaube eine Art Wahrsagerin zu sein. Ich selbst bin mir ja nicht einmal ganz sicher. Aber vielleicht habe ich das ja nochmals, so eine Vorahnung, was ich eigentlich nicht hoffe, denn es war schrecklich. Dann probiere ich es ihnen irgendwie zu beweisen. Vielleicht war es aber auch wirklich nur Zufall und einmalig, denn seit damals hatte ich es nie wieder.

Die letzte Nacht träumte ich einen eigenartigen Traum: Ich war mit meinem Vater Albert im Zoo, er lief an Krücken. Auf dem gegenüber liegenden Pfad erblickte ich einen Jungen, etwa gleich alt wie ich. Er hatte hellbraune Haare und sah ziemlich nett aus.

Plötzlich stürzte Papa, der Junge kam angerannt, half meinem Vater auf und fragte ihn etwas. Aber das was er sagte, klang nach einer anderen Sprache. Ich verstand ihn, obwohl ich diese Sprache nicht spreche. Darum antwortete ich für Albert in Deutsch und der Junge in seiner Sprache. Da wachte ich auf, dabei hätte ich diesen Traum so gerne fertig geträumt. Oder war er fertig? Ich fragte mich, ob er eine Bedeutung hatte. Es fiel mir aber keine Lösung ein. „Falls es doch irgendetwas signalisiert“, dachte ich mir, „schreibe ich ihn auf.“ Das machte ich sogleich. Ich holte ein Blatt Papier und einen Kugelschreiber, schrieb und kritzelte, was das Zeug hielt. Leider bin ich nicht so eine Zeichnungskünstlerin und brachte den Jungen anders aufs Papier, als ich ihn mir vorstellte. Selbstverständlich signierte ich es und schrieb das Datum drauf. In den nächsten Wochen geschah nichts solches mehr. Am letzten Schultag in der Schule verkündete meine Lehrerin Frau Bohrer, dass nach den bevorstehenden Winterferien, zwei neue Schüler in die Klasse kommen. „Ausserdem geht unsere Lena als Austauschschülerin nach London und ein Junge nimmt hier ihren Platz ein“, erklärte Frau Bohrer. Danach fuhr sie weiter: „ Die Schüler und Schülerinnen unter euch die Englisch nicht als Wahlfach genommen haben“, dazu gehörte ich, „werden Mühe haben unseren Austauschschüler zu verstehen.“ Dann wünschte sie Lena noch viel Spass und machte mit dem Unterricht weiter. Ich dachte mir: „Was macht das schon, wenn ich mich nicht mit diesem Engländer unterhalten kann? Soll er doch Deutsch lernen.“ Ich bin eine Durchschnittsschülerin, aber in Sprachen, das heisst in Französisch, bin ich nicht so ein Genie. Sagen wir es so: Schlechter als der Durchschnitt. Das finden meine Eltern nicht sonderlich toll, denn sie denken, dass ich bald einmal bei Familien Gastmädchen sein sollte. Doch das will ich nicht, darum bin ich nicht gerade begeistert wenn über das Thema Sprachen gesprochen wird. Sonst verstehe ich mich mit meinem Papa und meiner Mama bestens.

Ich liege in meinem Bett und denke über diesen Jungen nach: „Was wenn er hübsch und nett ist? Und ich würde einfach kein Wort verstehen von dem was er sagt?“ Schliesslich beschloss ich, dieses Thema und den Jungen einfach bleiben zu lassen und es auf mich zukommen zu lassen. Dann schlief ich ein. Als ich am Morgen aufwachte, war Samstagmorgen zehn Uhr. „Endlich Ferien“, erinnerte ich mich. „Einfach einmal abschalten und meinen Geburtstag feiern.“ Wenn wir Ferien und Weihnachten haben fehlt mir Dominique am meisten. Denn um diese Zeit war sie immer für mich da. Und an unseren Geburtstagen machten wir immer einen Mädelabend. Das vermisse ich so. Übrigens, als wir erfuhren, dass Domi tot war, schmiss ich alle meine Hobbies, um mehr Zeit für mich selbst zu haben. Einerseits war die Entscheidung gut, andererseits bereue ich sie, da ich dann keine Ablenkung habe und so mehr an meine verstorbene Schwester denken konnte. Aber erst einmal habe ich Geburtstag, nämlich in drei Tagen. Am zweiten Februar. Das grösste Geschenk wäre, wenn es schneien würde, das finde ich so romantisch, und seit Weihnachten liegt kein Schnee mehr. Und wenn Rich auftauchen würde. Doch mein dunkelhäutiger Kollege kann leider nicht. Aber man darf ja noch an Wunder glauben. Dafür darf ich mit meinen Freundinnen eine Party schmeissen. Darauf freue ich mich.

Heute steigt die Party. Zwar einen Tag vor meinem 16ten Geburtstag, aber das ist egal. Ich habe Fabiana, Christina, Lea, Zoe, Maya, Jill, Verona und Jessica eingeladen. Lea ist die einzige aus meiner Klasse, doch alle kennen sich. Ich glaube, dass Mama und Papa mir die Fete erlaubt haben, weil sie wollen, dass ich glücklich bin. Und das haben sie erreicht. Zwar können Domi und Rich nicht dabei sein, aber ich hoffe, es wird cool. Meine Eltern helfen mir alles zu organisieren. Bereits morgens um sieben Uhr haben wir begonnen die Beleuchtung einzurichten: bunte Glühbirnketten. Und zwar, weil wir testen wollten, wie es aussieht, wenn drinnen und draussen nur mit solchen farbigen Lämpchen beleuchtet wird. Und das geht ja nur wenn es noch dunkel ist. Und es sieht fantastisch aus. Lea, Zoe und Jill bringen je einen Kuchen mit und Verona Plätzchen. Da Jessicas Vater Bäcker ist, schenkt sie uns Speckbrötchen. Die anderen haben den Auftrag bekommen Chips, Popcorn und Gummibärchen zu bringen. Von dem braucht man immer genug. Es hat also für jeden Geschmack mindestens etwas dabei. Meine Eltern kochen dann noch einen riesigen Topf Spaghetti mit Tomatensosse, das schmeckt jedem von uns. Nur die arme Jill hat es schwierig. Sie hat die Zuckerkrankheit Diabetes und darum sagte ich allen, sie sollten möglichst viele Dinge mit künstlichem Zucker mitbringen. Die Diabetikerin selbst bringt auch noch Esswaren mit die sie und selbstverständlich auch wir essen dürfen. Man merkt nämlich den Unterschied zwischen Schokolade mit natürlichem Zucker und mit künstlichem Zucker fast nicht. Mama schaut auch, dass es Vollkornteigwaren gibt, die darf Jill auch essen. Einfach nicht mit zu viel Tomatensosse. Sie wird ja wohl wissen was gut für sie ist und was nicht. Jill lebt ja jetzt schon lange mit dieser Krankheit. Vor dem Essen muss sie immer ihren Zuckerstand messen und je nach dem Insulin spritzen. Das haben Diabetiker nämlich zu wenig. Insulin zersetzt das Essen. Es ist bereits 15 Uhr und schon alles bereit. In einer Stunde beginnt das Fest. Ich bin schon aufgeregt und witzle zu meiner Mutter: „Ich glaube kaum, dass wir die Spaghetti brauchen. Es gibt ja so vieles zum Naschen.“ Um 20 vor vier klingelt es zum ersten Mal: Verona und Jessica mit ihren Leckereien. Die anderen kommen nacheinander. Zuerst Christina dann Maya, Fabiana, Jill und schliesslich Zoe. Niemand hat die Esswaren vergessen. Was für ein Glück! Einzig Lea fehlt noch, aber es ist auch noch nicht Zeit. Als gerade dieser Gedanke durch meinen Kopf schwirrt, klingelt es. „Trrrrrr!“ Ich öffne die Haustüre, doch es ist nicht Lea. „Rich, was für eine Überraschung.“ Ich springe ihm gleich in die Arme. „Danke, dass du gekommen bist“, flüstere ich ihm in sein linkes Ohr. „Hier that’s für dich“, sagt er in seinem lustigen Dialekt und reicht mir ein winzig kleines Päckchen. Als alle sich begrüsst haben, ist es schon Viertel nach und Lea ist immer noch nicht aufgetaucht. Also beschliessen wir mit dem Geschenke auspacken zu beginnen. Natürlich öffne ich das Babyfaust grosse Päckchen von Rich zuerst. Ganz vorsichtig reisse ich das Geschenkpapier weg und eine kleine Schachtel kommt zum Vorschein. „Mach sie auf!“, sagt Rich und meine Gäste schauen mir gespannt zu. Sanft öffne ich die kleine Truhe und zum Vorschein kommen zwei Ohrringe. Auf dem Schmuck steht mein Name. „Danke“, bedanke ich mich bei Rich und umarme ihn. „Zieh sie an!“ Das muss er mir nicht zweimal sagen. Tropfenförmig schwanken sie wenn ich mich bewege. „Ich muss dir dazu eine Story erzählen.“ „Okay dann leg los.“ „Also, das Geschenk ist nicht von mir Emily, es ist von your Schwester Dominique.“ Verwundert frag ich: „Wie das?“ Rich erwiderte: „Das hat Domi extra for dich gekauft. Es ist aus Elfenbein und ist am Unfallort gefunden worden.“ Ich kann meine Tränen nicht unterdrücken. Sie kullern ungläubig über meine Wangen. Dieses Mal nimmt Rich mich in den Arm. „Danke, danke und nochmals danke!, sie sind jetzt das wertvollste was ich habe“, schluchze ich. „Schon gut gern geschehen.“ „Das ist das beste Geschenk, das du mir machen konntest.“ „Übrigens“, spricht er weiter, „ich und deine Eltern wollten es dir zuerst noch nicht sagen, but ich und your Schwester waren verlobt.“ „Wow, das hätte ich echt nicht erwartet.“ „Und noch etwas, was du wissen solltest:“ „Ja?“ „Ich habe wieder eine Freundin. In Athiopia.“ „Schon gut, du musst ja auch eine Frau haben und nicht alleine bleiben. Ich verstehe das“, beruhigte ich ihn. Er erzählte mir später noch Sachen über sie: Sie ist ganz lieb, würde auch einmal etwas mit mir unternehmen. Sie hätte mich auch verstanden, wenn ich ausgerastet wäre. Mama kam und sagte: „Übrigens wird Rich mit seiner Freundin Alicia nach Deutschland ziehen.“ Ich war sprachlos. So viele Überraschungen hatte ich wirklich nicht erwartet. Das war wirklich toll. Aber leider erst etwa in einem Jahr.“ Das machte doch nichts. Hauptsache er ist in der Nähe. Danach packte ich Fabianas Geschenk aus. Eine Freundschaftskette. „Wie schön!“, freute ich mich. Und Fabiana flüsterte mir zu: „Dieser Rich ist wirklich ein toller Kerl!“ „Hoffentlich steht sie nicht auf ihn“, befürchtete ich, aber nicht ernsthaft. Ich wollte mir gerade Zoes Paket schnappen und auspacken, da klingelte es. Ich schreckte auf und dachte mir: „Ach ja Lea kommt ja auch noch. Das beste hat sie jetzt sowieso verpasst.“ Ich raste zur Tür, hatte schon das Wort „Hallo“ auf den Lippen, als ich sah, dass dort nicht nur Lea, sondern auch ein Junge vor der Tür stand. „Kommt rein“, so ich verdutzt. „Hä? Den kenn ich doch.“ Und es schien als dachte er genau das Gleiche wie ich, als wir uns anstarrten.Erstaunt sprach ich: „ Ich glaub ich spinne!“ Und der Knabe: „ Shut up!“, was so viel heisst wie: „Hör auf!“ Er sah genauso entgeistert aus wie ich. Lea wollte mir den Burschen vorstellen, als Jill aus dem grossen Wohnzimmer hervor rief: „ Kommt ihr? Wir sind doch am Geschenke auspacken und wollen wir danach noch einen Film schauen?“ Mir wurde schwindlig, alles drehte sich inklusive meiner Augen. Plötzlich fiel ich zu Boden. Ich konnte mich später eigentlich an nichts mehr erinnern. Lea erzählte mir danach alles: „ John ging zu dir hin und fragte dich: „ Are you okay?“ Du gabst keine Antwort, also schrie ich: „Leute, kommt schnell, Emily geht es nicht gut!“ Alle kamen und standen um dich herum. Da kamst du wieder zu dir, aber warst noch nicht ganz bei Sinnen. Da hast du „hellbraune Haare, gut aussehend“ gebrabbelt. Dein Vater, der von der Arbeit kam, kam zur Tür herein und rief deine Mutter zur Gruppe. Sie kam aus der Küche. „Mein Gott was ist hier los?“ Er stolperte über deine Beine und schrie auf: „ Auaaaa!“ John fragte auch deinen Vater nach dem Wohlbefinden: „ Mister, are you okay?“ „Yes, It’s good. Thank you!“, bedankte er sich. Du murmeltest: „Junge, Traum helfen“, und kipptest wieder um. Als du wirklich wieder bei dir warst, fragte Jill: „ Hast du etwas mitbekommen?“ Das weißt du doch noch, oder?“ Ich antwortete: „Ja das schon.“ Meine anderen Gäste stimmten der Aussage von Lea zu. Und Jill erzählte, dass sie auch immer wieder umkippte, als sie noch nicht wusste, dass sie Diabetes hat. „Nein, das ist es ganz sicher nicht“, beruhigte ich Jill. Papa ging es auch wieder gut. Alle sorgten sich um mich. Ich verzog mich mit Rich in mein Zimmer während sich die anderen einen Film anschauten. Ich holte das Stück Papier hervor, auf dem ich meinen seltsamen Traum aufgeschrieben und den Jungen gezeichnet hatte. „Hier lies mal, was ich geschrieben habe.“ Ich reichte Rich den Zettel, auf dem ich den Traum festgehalten hatte. „Er ist es. Ganz sicher. Sein Aussehen hat mich verblüfft.“ Danach fragte ich ihn, ob er John, den Jungen, verstehen kann. Ja er konnte. „Ich glaube you have recht. Du hast Fähigkeiten. „Wir riefen Lea zu uns und erzählten ihr die ganze Geschichte von Anfang an. Sie glaubte nicht richtig gehört zu haben. „Noch niemand ausser Rich, meinen Eltern und du kennen mein Geheimnis“, sagte ich zu Lea. Das Mädchen erzählte, dass John der neue englische Austauschschüler ist und bei ihrer Familie wohnt. Jetzt riefen wir auch John zu uns: „John come to us.“ Rich spricht ja sonst auch Englisch. Ich verstand kein Wort von dem, was Rich erzählte. Aber es sollte meine Geschichte sein. „I had the same dream, only my father had a broken leg and Emily helped.“ „Das kann doch wirklich nicht wahr sein. Erstens ich verstehe dich. Zweitens hattest du den selben Traum wie ich. Ist das richtig? Verstehst du mich auch?“ „Yes I understand you. And it’s true.“ Wir redeten noch lange über diesen sonderbaren Traum. Und zum zweiten Mal erzählte ich an diesem Tag die Geschichte über mich und meine Schwester: „Ich hatte eine Schwester. Sie hiess Dominique und wir nannten sie Domi.“ Ich erzählte wirklich die ganze traurige Geschichte über den Flugzeugabsturz und die Vermutung, dass etwas geschehen wird. „Very sad“, so John voller Mitleid. Dicke Tränen rollten über mein Gesicht. John nahm mich tröstend in den Arm. Seit diesem Moment fühlte ich mich irgendwie verbunden mit ihm. „Wie alt bist du eigentlich?“, schluchzte ich. „I’m 16, and you?“ „Morgen werde ich auch 16.“ Das hörte sich sicher komisch an, wie wir miteinander sprachen. Rich, der verstand beide Sprachen. Der Rest der Party war nicht mehr so interessant wie der Anfang. Es war eine coole aber auch erschöpfende Fete. Und Jill hat ihre Krankheit zum Glück beachtet und das richtige gegessen.

Am nächsten Morgen mussten meine Eltern und ich noch alles aufräumen. Ich nahm meine Elfenbeinohrringe ab, da sie mir sehr viel bedeuten. Sie sind das Letzte was ich von Domi habe. Ich danke Rich dafür sehr. Und zwei Tage später wollte ich mit dem Bus zum Supermarkt fahren, um einzukaufen. Ich stieg ein und erblickte meinen Ex-Freund Raffael. Warum musste er auch gerade jetzt im Bus sein wenn ich auch dort bin? Raffael redete mit seinen Kumpeln. Ich schlich mich an ihnen vorbei und setzte mich auf einen freien Platz. Plötzlich erblickte er mich und ich drehte meinen Kopf zur anderen Seite. „Na, wen haben wir denn da?“ ertönte Raffaels tiefe Stimme. „Unsere Miss es nervt mich wenn du andere Mädchen anmachst.“ Ich sagte nichts und tat so, als würde ich nichts hören. Da fasste mich jemand am Arm, ich drehte mich um und zischte: „Was soll das?“ Raffael und seine Kumpels packten mich und zogen mich von meinem Sitzplatz. „Was willst du von mir? Lass mich in Ruhe!“, schrie ich in der Hoffnung, jemand würde mich hören. Doch es waren wenige Leute im Bus und die, die dort waren, machten keine Anstalten mir zu helfen. Ich hatte bereits mein Handy in den Fingern und die Nummer von meiner Mutter eingetippt, als ich bemerkte, dass meine Prepaid-Karte leer war. „Auch das noch!“, dachte ich. Die Jungen trugen mich zum Ausgang, während ich um mich trat. Raffael liess mich kurz los, sodass mein linker Fuss auf den Boden knallte. Nun hielten mich zwei von Raffaels Kumpels mit ihren riesen grossen Pranken. Mich schauderte es. Mein Ex-Freund drückte einen roten Knopf, was dem Busfahrer zeigte er solle bei der nächsten Haltestelle anhalten. Der Bus bremste schon langsam und ich brüllte: „Hilfe!!!“ Da regte sich etwas in unserer Nähe und ich erblickte vertraute, grüne Augen: „John!“, rief ich. John sah mich endlich auch und schreckte sogleich auf. „Emily. I help you. No fear!“ Und ich schöpfte wieder Hoffnung. Schon stand er da und verscheuchte Raffael und seine Gang. Sie stiegen aus und ich schnaufte erleichtert auf. „Ich danke dir!“ „It’s good.“ Und er forderte mich auf ihm zu erzählen, wer das war. „Das ist mein Ex-Freund.“ Sein Blick verfinsterte sich. „Okay.“ „Wohin gehst du?“, fragte ich auf Deutsch. „I’m going to the supermarket and you?“ Ich antwortete ihm, dass ich auch auf dem Weg dorthin sei. „Dann können wir ja zusammen hingehen.“ Er sagte mir, dass das eine gute Idee sei. Endlich hatten wir die richtige Haltestelle erreicht und stiegen aus. „Tell me some more about you. Or this Raffael.“ „Also wegen Raffael musst du dir keine Sorgen mehr machen“, sagte ich und hatte irgendwie das Gefühl, dass er eifersüchtig war. „Und über mich: Da gibt es nicht viel zu erzählen, ausser dass mein Vater Albert und meine Mutter Eluis heisst.“ John lachte auf. Er erzählte von sich: Er hat einen jüngeren Bruder. Rob. Er ist 13. Und natürlich Eltern. „Warum wolltest du eigentlich für ein halbes Jahr Austauschschüler sein?“ „That’s a long story“, war seine Antwort. „Erzähl sie mir doch“, bat ich John. Wir schlenderten durch das Dorf und wir brauchten etwa 20 Minuten, bis wir beim Supermarkt ankamen. Da fing John an zu erzählen: „Okay“, und dann folgte ein tiefes Seufzen. Er nahm einfach meine Hand in seine und ich errötete. Wir spazierten einfach langsam durch die Strassen, während John erzählte. Es war wirklich angenehm seine weiche Hand zu spüren und zu halten. Aber ich wurde immer trauriger, als ich Johns Geschichte hörte: Es fiel ihm schwer sein Land zu verlassen, weil er einen todkranken Vater hatte. Wenn er nicht zur Schule ging, in England, pflegte er seinen Vater. Der dankte ihm natürlich sehr, hatte aber auch gesagt er solle einmal loslassen und für sich schauen. „I’m sorry“, sagte John und Tränen kugelten über seine Wangen. „Schon gut“, tröstete ich ihn und wir setzten uns auf eine Bank. Er heulte und ich heulte. Wir weinten, um unsere Familien. Plötzlich mussten wir lachen. Zusammen lachten und weinten wir gleichzeitig. „You’re something special! I know it since the beginning.“ Er schaute mir tief in die Augen. Seine Lippen waren nur noch 20 Zentimeter von meinen entfernt. Er kam mir näher, legte seinen Arm um meine Schultern und dann bekam ich meinen ersten Kuss. Es war wunderschön. Zwei verheulte Jugendliche knutschen. Überall standen meine Haare zu Berge. Ein traumhaftes Gefühl. Dann ruckten wir auseinander und John sagte, aber auf Englisch: „Sorry, bin ich zu weit gegangen?“ Ich antwortete: „Nein schon okay. Aber wir kennen uns doch gar nicht.“ „Yes that’s true.“ „Ist es nicht besser, wenn wir einfach noch ein Weilchen warten würden und dann schauen, was passiert?“ Ach, warum musste ich das nur sagen. Ich hatte ja schon recht, aber …… Wir standen auf und spazierten weiter. Diesmal schwiegen wir beide und zwischen uns hätte es Platz für einen weiteren Menschen gehabt, so weit auseinander marschierten wir.

Die Wochen vergingen und die Schule hatte wieder begonnen. Melissa liess mich auch in Ruhe. John und ich wechselten kein Wort miteinander, bis eines Tages Lea vor meiner Haustür stand und sagte: „Emily wir haben ein Problem.“ „Ja, was ist denn?“, fragte ich verdattert. „Das wird John dir selbst erklären“, war Leas Antwort. „Okay, ich bin bereit.“ Schnell zog ich meine Jacke an und lief los. Es schien, als wäre es ziemlich wichtig, denn Lea rannte wie der Blitz. Als wir beim Haus ankamen, war ich ausser Puste und fest aufgeregt, denn: Was war mit John los? Irgendwie fühlte ich mich geehrt, dass er genau mich rufen liess. Wir stürmten ins Haus hinein. Im Wohnzimmer auf dem Sofa lag John und weinte. Mir gingen alle möglichen Gedanken durch den Kopf. Was ist John zugestossen? Was ist passiert? Ist er verletzt? Lea holte mich aus meinen Gedanken, als sie sagte: „So, ich lass euch mal alleine.“ Und da waren wir also wieder, John und ich. Und er brauchte mich. „Was ist denn?“ fragte ich John so mitfühlend wie es ging. „My, my father“, stotterte er, „he, he is dead.“ „Oh mein Gott!“, stöhnte ich. „Komm zu mir!“ sagte ich und John tat, was ich sagte. Geschockt nahm ich diesmal ihn in den Arm. „Es tut mir so leid. Ich weiss wie es ist jemanden zu verlieren der einem sehr nahe stand.“ Das war das Falsche und er fing noch mehr an zu schluchzen. Wie eine Mutter, die ihr Kind trösten musste, drückte ich John an meine Brust. „Lass uns beten“, fand ich doch schliesslich die richtigen Worte. Und wir beteten. John sagte genau dasselbe, als ich damals gesagt habe, dass Dominique gestorben war. Warum? Warum? Warum? „Thanks that you came to me. Your so helpful.“ „Das mach ich doch gern.“ Ich schenkte ihm ein Lächeln. „Nun habe ich aber noch eine Frage“, sagte ich und fragte ihn, warum er mich, mich, Emily gerufen hat. Seine Antwort lautete: „You had the same destiny as I.“ Und er sagte noch etwas, das mich berührte: Ich sei so anders als alle anderen. Es kommt ihm vor, als würden wir uns schon seit Ewigkeiten kennen. Das war wundervoll. Etwas Schöneres hätte man nicht sagen können. Und er hatte recht. Es war, als kannten wir uns schon immer. „Can I kiss you?“, fragte er vorsichtig. „Ja klar.“ Und schon berührten sich unsere Lippen. Seine waren weich und sanft. Und diesmal fühlte es sich richtig an. Nach diesem wunderschönen Moment kam ein weiterer dazu. „I love you!“, flüsterte er mir ins Ohr. „Ich liebe dich auch.“ Und damit war ausgesprochen, was ich schon seit der ersten Begegnung mit John gefühlt habe. „Geben wir unserer Liebe doch noch eine Chance?“ „Of course!“ „Das heisst jetzt, dass wir zusammen sind?“ „Yes, your my girlfriend and I’m your boyfriend.“ Ich war so glücklich: „Damit bin ich einverstanden“, witzelte ich und John musste lachen.

Am Abend, als ich in meinem Bett lag und Mama und Papa bereits von meinem Freund erzählt hatte, („Das dürfen wir dir wohl nicht verbieten“) betete ich zu Gott: „Gott, warum habe ich so ein durchschnittliches Mädchen so einen tollen, netten, süssen, coolen Schnuckel wie John verdient? Ich danke dir.“ Lea wusste natürlich zuerst Bescheid. Danach informierte ich auch meine Partygäste. Jills Reaktion: „Was dieser Typ aus England? Wie heisst er schon wieder?“ Na klar, das war wieder einmal typisch Jill. John kam oft zu Besuch bei uns. Oder ich durfte zu ihm. Meine Eltern waren damit einverstanden, sie mögen ihn nämlich. Wir lachten, redeten und weinten miteinander. Einmal, als ich bei ihm war, sagte er plötzlich: „Your so a nice, cute and beautyful girl!“ Ich wurde ganz rot. „Echt? Findest du?“ „Of course!“ Und fügte hinzu: „My mom Angelina is happy, that I have a girlfriend.“ Er lächelte. „Puuh, zum Glück ist sie damit einverstanden.“ Ich war so was von erleichtert, denn was hätten wir getan, wenn sie dazu nein gesagt hätte? „Hattest du denn noch nie eine Freundin?“, fragte ich gespannt. „No I’ve wait fort he right girl.“ „Und das bin ich?“ „Yes I think.“ Mein Herz flatterte, als ich das hörte und ich durchlöcherte ihn mit Fragen. Eine davon: „Warum kannst du denn so gut küssen?“ Er erklärte mir, dass er noch nie ein Mädchen ausser mir geküsst hätte. „Ich habe auch noch keinen geküsst. Auch nicht Raffael“, beruhigte ich sein Gewissen. Und auf seinem Gesicht erschien ein Lächeln. Aber etwas brannte noch auf meiner Zunge: „Wirst du jetzt wieder nach England zurückkehren?“ Seine Antwort: „I don’t know it now.“ „Bitte, bitte bleib hier!“ flehte ich. „I’m sorry, I don’t know jet.“ „Wenn, wenn du gehst, bitte bleibe hier.“ Und schon rollten mir dicke Tränen über meine Wangen. „Emily, when I stay hier, I miss my family, but when I go to england I miss you. And anytime I go back home. Is it sooner or later, we also must say good bye.“ „John, sag das nicht! Bitte. Also dann geniessen wir unsere Zeit zusammen.“ Die Antwort meines Freundes: „Okay.“ Am nächsten Abend ass er bei uns. Mit trauriger Miene verkündete er: „My family needs me. I go back home.“ Ich war bereits den Tränen nah, als er sagte: „But not now. When my half year hier is finished.“ Meine Miene erhellte sich augenblicklich. Schnell stand ich auf, rannte auf die gegenüberliegende Seite des Tisches und schloss John in meine Arme. Überrascht fing er an zu kichern. „Your so funny.“ „Danke, danke, danke, danke.“, bedankte ich mich, bis mein Vater mich unterbrach: „So, jetzt lasst uns weiter essen. Ihr könnt nachher weitermachen.“ Errötet ging ich an meinen Platz zurück und musste John nichts übersetzen, er wusste wahrscheinlich was los war. Und dann hörte man glückliches Bestecke klappern.

Eine Woche später holte mich John ab und zusammen stiegen wir in den Bus und fuhren zur Eisbahn. Ständig schauten wir uns verliebt an. Manchmal wollte mein Herz am liebsten aus meinem Körper rausspringen und manchmal setzte es aus. In dieser Zeit, die ich mit meinem Freund verbracht hatte, dachte ich nicht mehr so viel an meine verstorbene Schwester, und zwar im positiven Sinn. „Darling, wich job you would like to learn?“ fragte er mich. „Eigentlich weiss ich es noch nicht, doch vielleicht will ich auch, wie Domi, Floristin werden. Ich mag nämlich Blumen sehr.“ John schlug mir vor Heilerin zu werden, denn dort braucht man ja auch hellseherische Fähigkeiten. Aber das ist nichts für mich, auch wenn ich wahrscheinlich irgendwelche Kräfte besitze, die einfach kommen wie und wann sie wollen, und die ich nicht steuern kann. Auf Kommando sowieso nicht. „John hattest du auch schon mehrmals solche Visionen?“, fragte ich ihn. „No“ „Wenn ich solche habe, machen sie sich erst gar nicht bemerkbar. Es kann ein eigentlich normales Gefühl in einem falschen Moment sein und erst nachher merkst du, wenn es schon zu spät war, dass du es hättest berücksichtigen oder ernst nehmen sollen. Oder man bemerkt es gar nicht.“ Schweigen. „Aber ich bin so froh, dass ich diesen Traum von dir hatte. Vielleicht wären wir sonst nicht zusammen.“ Da ertönt eine mir zu bekannte Stimme: „Oh wie niedlich, unsere Emily hat einen Freund. Der herzige John aus England.“ Melissa. „Halt die Klappe!“, zischte ich der Tussi zu. John bemerkte dass ich ein Problem hatte und wusste auch um wen es sich handelte. Auf Englisch sagte er mir: „Baby, beachte sie bloss nicht, dann hat sie auch keinen Spass mehr dich zu ärgern.“ Doch das war nicht so einfach und ich sauerte vor mich hin, während Melissa stichelte. Endlich kamen wir bei der Schlittschuhbahn an und Melissa stieg zum Glück noch nicht aus. Dort angekommen, schnallten wir unsere Schlittschuhe an und glitten einfach so übers Eis. So langsam vergass ich meine Feindin. John und ich tobten uns aus, da wir viel Platz auf dem Eisfeld hatten und wenige Leute dort waren. Das lag bestimmt am regnerischen Wetter, denn Schnee hatten wir ja schon lange nicht mehr. Endlich ertönten die ersten Klänge vom romantischen Liebeslied „Someone like you“ von Adele. Mit verschlungenen Armen schwebten wir übers Eis. Es erinnerte mich an früher: „Du weißt sicher nicht“, sagte ich zu John, „dass ich früher Eiskunstlauf gemacht habe? Das habe ich auch aufgegeben. Eigentlich war ich ziemlich gut.“ „Wow, very nice sport. Show me something“, bat er mich. „Aber das kann ich doch gar nicht mehr.“ „Belive to you. You can that, I’m sure.“ Ich zeigte ihm eine Pirouette. „Perfect!“, staunte er. Die letzten Töne verklangen und ich zeigte John einfache Schritte für Jungen und Männer. Er fiel um und ich schliesslich auch, aber vor lachen. Zusammen sassen wir auf dem Hosenboden auf dem Eis und lachten, bis uns die Tränen die Backen runter kullerten.

Irgendwie vermisste ich das Einkunstlaufen plötzlich. Ich fragte meine Mutter: „Darf ich wieder an einem Eiskunstlaufkurs teilnehmen?“ Überrascht sagte sie: „Woher kommt denn der plötzliche Sinneswandel?“ „John hat mich dazu motiviert.“ Mama bemerkte: „Du scheinst diesen Jungen wirklich sehr doll zu mögen. Er ist auch ein sehr netter, toller Knabe. Aber weißt du auch auf was du dich da einlässt? Der Junge wohnt in England, Schätzchen. Ich weiss, dass das dir nicht gefallen wird aber ich glaube nicht, dass es funktionieren wird.“ Wütend schnaubte ich: „Wer war denn deine erste Liebe? Sicher jemand, den du in den Ferien kennengelernt hast, nicht wahr? Wahrscheinlich so ein Bursche aus Korsika oder sonst von irgendwo.“ „Emily ich möchte nur nicht, dass du zu sehr enttäuscht wirst.“ Jetzt war ich wirklich gereizt „Ich glaube an unsere Liebe. Und was hast du denn gegen John?“ „Ach du begreifst es nicht“, versuchte Mama mir es zu erklären, „irgendwann wird er wieder zurückkehren und du wirst mit einem gebrochenen Herzen zurückbleiben.“ Ich seufzte: „Mama ich weiss doch, dass er wieder nach England gehen wird.“ Meine Mutter erklärte mir, dass sie, als sie so alt war wie ich, sich auch in John verliebt hätte. Und er wirklich sehr nett sei. Natürlich er mit seinen wunderschönen grünen Augen und dem braunen Lockenkopf. Einfach zum Knuddeln. Und das Wichtigste: Sie mag ihn. Was für ein Glück! Bald darauf verkündeten meine Eltern, dass, zu Fuss etwa fünf Minuten von uns entfernt, eine neue Wohnung gebaut wurde, und Rich mit seiner Freundin Alicia, früher wie gedacht, dorthin ziehen werde. Ich freute mich so, dass ich gleich John anrufen und erzählen musste. Seitdem redete und schwärmte ich viel von ihm. John wurde es zu viel. „What is? Do you love Rich or what?“, so John eifersüchtig. Und unser erster Streit begann: „Hallo? Er war der Verlobte meiner Schwester, darf ich denn gar nichts mehr?“ Irgendwann beschlossen wir, es sein zu lassen, es brachte ja nichts und ich versprach John, dass ich nicht mehr so viel von Rich reden werde. Es war wieder wie vor der Auseinadersetzung. Wir beide waren unsterblich verliebt. Ich besuchte zweimal pro Woche den Eiskunstlaufkurs und er machte mir mehr Spass als zuvor. John schaute manchmal beim Training zu und war mein grösster Fan. Am Anfang war das Training natürlich besonders hart. Fast ein Jahr hatte ich ja Pause gehabt. Eine schrecklich lange Zeit. Aber nach und nach kam es wieder. Einmal holte ich mir eine kleine Zerrung am Oberschenkel ein, da ich mich überdehnt hatte. Und dann war der Tag da, an dem Rich umzog. Also noch nicht umzog, er wohnte zusammen mit seiner Freundin Alicia ein paar Tage bei uns. Da John Rich ja auch bereits kannte luden wir ihn ein auch zu kommen. Als es an der Tür klingelte, schreckte ich, wie von der Tarantel gestochen, auf und raste zur Tür. „Wow“, dachte ich, „ist Alicia hübsch.“ Es war ja unser erstes Zusammentreffen. Und da erblickte ich ihren Bauch. Er war kugelrund. Sie war schwanger. „Herzlichen Glückwunsch“, wünschte ich ihnen und sprang Rich um den Hals. „Das hast du uns ganz verschwiegen.“ Da kam mir in den Sinn, dass ja schon Frühling war und ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, als noch Januar war. „Kommt rein“, bat ich sie. „Gerne. Ach ja das ist meine Freundin Alicia“, stellte mir Rich seine Freundin vor. „Hi. Ich bin Alicia und du bist Emily richtig?“, fragte sie mich. Verwundert, dass sie Deutsch sprach, antwortete ich: „Genau das bin ich.“ Und Rich fügte hinzu: „Alicia wohnte schon mal in Deutschland.“ Er vernahm meine Verwunderung. Und er hatte sein Deutsch auch verbessert. Wahrscheinlich auch durch seine Beziehung mit Alicia. John, Mama und Papa begrüssten das Liebespaar auch. Da sagte Rich plötzlich zu mir: „Unser Baby wird ein Mädchen wir werden sie Emily nennen. Nach dir.“ Ich war gerührt. John drückte mich an sich. Obwohl er nichts verstand. „Wow, was für eine Ehre.“ „Darf ich mal fühlen?“, fragte ich vorsichtig. „Na klar.“ Rich hatte recht. Alicia ist wirklich sehr nett. Und da spürte ich meine kleine Namensvetterin gegen den Bauch kicken. „It’s a wonder. Any child“, hörte ich John sprechen. „Ja das ist es.“ Und ich sprach zur Mini-Emily: „Du wirst wundervolle Eltern haben.“

Später, als John und ich uns in mein Schlafzimmer zurückzogen und es uns auf meinem Bett bequem machten, fragte ich meinen Freund: „Möchtest du auch mal Kinder haben?“ „Of course! The family is the importest thing. What’s about you?“ „Ich möchte auf jeden Fall Mami werden. Ganz sicher!“ Danach genossen wir einfach unsere Zweisamkeit und mussten über nichts nachdenken. Das Gästezimmer war ja eingerichtet und John würde ja auch auf einer Matratze bei mir im Zimmer schlafen, während er meinen Kopf streichelte. Die ganze Welt schien in Ordnung zu sein.

Das war noch eine ganze Weile so. Etwa eine Woche lang, bis ich zu John gehen wollte. John war ganz nervös und in Aufbruchstimmung, als ich kam. „Was ist los?“, fragte ich. „I’m going.“ „Wohin?“ „Home, back to england. „Was?“, rief ich entsetzt. „Warum?“ Es machte ihm sehr zu schaffen, aber er erklärte es mir trotzdem. Etwa so: „Es tut mir leid, aber mein Bruder dreht durch, seit mein Vater gestorben ist. Ich muss helfen gehen.“ „Nein, das kannst du nicht machen, du kannst nicht einfach aus meinem Leben verschwinden. Ich habe an eine Zukunft mit uns gedacht“, dachte ich. Ich wusste, dass ihn das mit seinem Vater sehr mitgenommen hatte, er es aber verdrängt hatte. „Wann gehst du denn?“, fragte ich John. „In three houers. I have a flight.“ Lea und ihre Familie waren gerade nicht im selben Raum wie wir, also liess ich die Tränen laufen. „Aber ich, ich liebe dich!“, heulte ich. Jetzt hielten sich auch Johns Tränen nicht mehr zurück. „ I now Emily. I love, I love you to!“ Wir setzten uns auf die Caoch. „Ich vermisse dich jetzt schon!“, sagte ich, während mir bereits Bäche über die Wangen liefen. John umarmte mich. „We must us promise, okay?“ „Ja, was für ein Versprechen?“, fragte ich die Antwort schon ahnend. „We must swear, that we are faithful and we don’t have other girl or boyfriend in this time we’re not in the same country.“ „Das ist gut: „Ich verspreche, dass ich in dieser Zeit, in der du nicht hier bist, keinen anderen Freund habe und dir treu bleibe!“ Jetzt war John dran: „I promise that I be faithful to you and I have no other girlfriend in this time we’re not tougether!“ Wir besiegelten unser Versprechen mit einem Kuss, einem Kuss der Trauer. Lea kam herein. „I look after Emily, when you not being hier.“, sie musste Englisch sprechen, da John sie sonst nicht verstand. John stieg ins Auto, denn Leas Vater brachte ihn zum Flughafen. Mit meinem tränenverschmierten Gesicht rief ich ihm noch nach, während wir uns winkten: „Jetzt muss ich wohl etwas Englisch lernen, damit ich dann deine Familie verstehen werde, wenn ich einmal zu euch komme.“ John grinste bis er verschwunden war.

In der Schule hatte ich niemanden mehr, der mich so beschützte wie John es getan hat. Und auch das Eiskunstlaufen machte nicht mehr so Spass wie mit John. „Gott, ich danke dir, dass ich John kennenlernen durfte.“ Einmal klingelte unser Telefon. Es war John. „Hi Emily.“ Mein Herz machte einen Sprung. „John, schön dich zu hören“, sagte ich nervös durch den Hörer. „Wie geht es dir? Bist du gut angekommen?“ „I’m good but at home ther’s a chaos.“ „Aber freust du dich, dass du wieder zu Hause bist?“ „Of course!“ Und erst jetzt fiel mir ein, dass John ja geflogen war. Und wenn ich zu ihm gehen mochte, müsste ich wahrscheinlich auch fliegen, aber seit der Unfall mit Domi passiert war, getraute ich mich das nicht mehr. „Okay, ich glaube wir müssen auflegen, sonst wird es zu teuer für dich. Tschüss.“ Bye. I love you“, verabschiedete er sich. Und hinterliess bei mir Sehnsucht nach ihm. Ein paar Tage später kam ein Brief von ihm an:

 

Liebe Emily

Ein Freund von mir kan ein wenig deutsch. Er hat für mig den Brief übersetzen. Also ig kome bald wider zu dir. In den Frühlingsferien. Und freue mig schon. Meine Muter und meine Bruder mögen dich. Geht es dir auch gut? Bis bald

 

dein John I love you.

 

 

 

Ach, das war so ein lieber Brief. Diesem Kollegen muss ich noch für die lustige Übersetzung danken. Natürlich schrieb ich ihm zurück und Lea übersetzte es für mich ins Englische. So nett. Denn sonst hätten wir uns nicht verstanden. Schreiben und lesen ist etwas anderes als sprechen. Und von da an schrieb ich wieder Tagebuch:

 

Liebes Tagebuch 15. April 11

 

Ich habe so einen coolen, netten Jungen kennengelernt. John. Ich freue mich schon auf die Frühlingsferien, denn da kommt er wieder hierher. Irgendwann möchte ich einmal zu ihm nach England, wo er auch wohnt. Auch ich freue mich für Rich. Er und seine Freundin Alicia werden Eltern. Schon bald kommt ihr kleines Mädchen zur Welt. Sie nennen es nach mir! Hoffentlich wir es auch wirklich kein Junge. Und manch einer fragte uns, wie wir uns verstehen können. Doch das können wir nicht beantworten, es ist einfach so. Ich danke Gott für diesen tollen Kerl! Und insgeheim kannten wir uns schon länger und besser als wir dachten. Wir sind seelenverwandt.

 

Emily

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Tag der Veröffentlichung: 25.05.2014

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