Prolog
Der Nebel umklammerte den Elfenwald. Es war früher morgen, ein paar wenige Sonnenstrahlen durchbrachen die Baumkronen. Eine gespenstische Atmosphäre umgab diesen Ort. Nicht umsonst munkelten die Menschen aus dem Dorf, dass hier Geister und Feen ihr Unwesen treiben…
Es war verboten den Wald zu betreten.
Eine junge Frau lief zaghaft zwischen den Bäumen umher, ihren Blick nach oben gerichtet. Dickes, weisses Haar fiel ihr über die Schulter. Aufgrund der Kälte schlang sie ihren Mantel enger um sich. Doch war sie kein Mensch. Sie war eine Falkonide, ein Falke, der menschliche Gestalt annehmen kann. Oder ein Mensch, der die Gestalt eines Falken annehmen kann. Denn Falkoniden sind beides: Falke und Mensch. Gleichwertig und nicht nur die Hälfte von beidem.
Sie hörte es. Leise. Ganz leise, doch…
..die Bäume redeten. Sie flüsterten.
Etwas geschieht in der Erde.
Ligeia versuchte genauer hin zu hören. Sie hatte nicht lange gebraucht, um die Sprache der Bäume zu erlernen und zu verstehen. Doch noch blieb ihr der Sinn des Gesagten verborgen.
Die Titanen sind dabei zu erwachen.
Es bewegt sich etwas in der Erde.
Gaia schläft. Es sind die anderen.
Der Tartaros ist offen.
Was ist mit den Göttern?
Ihre Zeit steht still.
Im Schlaf versunken
Ligeia blieb stehen. Die Titanen sind dabei zu erwachen? Sie verstand nicht ganz. Aber erinnert sich an etwas, das ihr ihre Großmutter einmal erzählt hatte. Dass die Titanen allesamt in der Erde eingeschlossen seien. Im tiefsten Teil der Unterwelt: dem Tartaros.
Die Bäume verstummten.
Ligeia schaute sich um. Der Nebel war fast verschwunden, nur um ihre Beine und über den Boden zogen noch leichte Schwaden. Sie kam sich fast vor, als würde sie in einem Fluß aus Seelen stehen.
Und plötzlich spürte sie es. Wumm. Ganz leicht. Sie ging in die Knie und legte ihre Handfläche auf den Boden. Und wieder: Wumm..
„Wie… ein Herzschlag“ dachte sie.
Die Erde ist erwacht.
Sie wird die Anderen wecken
.
„Das kann nicht sein“ murmelte sie. „Wenn die Titanen aufwachen, die Göttervater Zeus tief in der Erde eingesperrt hat, dann…“
Die Falkonide sprang auf und rannte los. Sie musste ihren Klan warnen.
Blitzschnell wanden sich dicke Wurzeln um ihr rechtes Bein, rissen Ligeia in die Höhe und schleuderten sie dann heftig auf den harten Waldboden.
Der Schmerz des Aufpralls trieb Ligeia Tränen in die Augen, sie schnappte nach Luft.
Dann zogen die Wurzeln sie in die Erde, Ligeia griff nach allem was sie ergreifen konnte, doch nichts gab ihr halt. Sie schnappte noch immer nach Luft. Noch bevor sie ihre Stimme zurück bekommen hatte, verschlang sie die Erde.
Nun beherrschte wieder die Stille den Wald. Nur ein einzelnes Blatt fiel an die Stelle an der Ligeia in der Erde verschwunden war.
Es hat begonnen.
Texte: Cover-Photo: Lullacriestock
Tag der Veröffentlichung: 27.04.2009
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