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Himmel, oder Hölle?

Als Thomas erwachte befand er sich in einem kargen Raum. Ihm gegenüber saß ein Mann mittleren Alters und sah ihn an. „Hallo Thomas. Schön, dass du es geschafft hast.“, begrüßte ihn der Fremde grinsend. „W-w-wo bin ich?“, fragte Thomas verwundert. Mit einem Lächeln antwortete sein Gegenüber: „Vielleicht wird es dich ein klitzekleines bisschen erschrecken, aber du bist tot und Ich begrüße dich zum Leben nach dem Tod. Erwarte keine große Party, oder ähnliches. Ich erklär dir mal wie das hier läuft. Hinter mir sind zwei Türen. Links ist der einfache, bequeme Weg und rechts der Weg der Qualen. Das klingt vielleicht dramatisch, aber es ist doch noch eine Spur schlimmer, als du es dir vorstellen kannst. Nach unserem Gespräch wirst du eine der beiden Türen wählen und hindurchgehen. Alles klar soweit?“

Thomas starrte ihn an und brachte nur unter Stocken heraus: „Was heißt hier tot? Ich fühle mich nicht tot. Ich atme, mir ist schlecht und mir ist verdammt kalt. Und wenn ich tot bin… bist du dann Petrus, oder so?“ Der vermeintliche Petrus erwiderte seinen Blick und meinte seufzend: „Ihr verdammten Sterblichen und eure dämlichen Geschichten! Petrus! Nur weil es in so einem alten Schinken steht MUSS es ja Petrus sein. Meine Güte… Nenn mich einfach… Bob. Außerdem: Wer garantiert dir, dass du durch den Tod nix mehr fühlst, schmeckst, lebst? Warum sollte das Leben nach dem Tod anders sein, als dein vorheriges?“, platzte „Bob“ heraus. „Und jetzt hör mir zu. Die zwei Türen und die zwei Wege sind ja nicht alles. Am Ende jedes Weges entscheidet sich, ob du die Vorzüge des Himmels, oder die spaßigen Aktivitäten der Hölle genießen darfst. Gut, nicht spaßig für dich, aber als Zuschauer ist es recht unterhaltsam.“ Bob ging hinüber zu den Türen und richtete das Wort wieder an Thomas: „Aaaaaaaaaaalso: links leicht, rechts schwer. Und noch was, dein Schicksal entscheidet schon bei der Wahl der Tür. Also überlege gut. Du hast 10 Sekunden Zeit. Nee, hast du nicht. Also, welche Tür?“

Thomas blickte ihn entgeistert an: „Und wenn ich mich nicht entscheide, was dann Bob?“ Mit einem Grinsen kam Bob zu ihm herüber und flüsterte mit eiskalter Stimme: „Dann öffnen sich automatisch die Pforten der Hölle und der ewige Spaß wartet auf dich“ Nach kurzem Überlegen antwortete Thomas: „Na gut, der Himmel wird nicht umsonst sein. Ich nehme den rechten Weg und schlage mich bis zu seinem Ende durch:“ Lächelnd führte Bob seinen Gast zur Tür: „Dann wünsche ich dir viel Spaß und Erfolg auf dem Weg durch den Schmerz. Bye, bye!“

Plötzlich war Thomas alleine. Vor ihm lag der Weg. Die Sonne brannte auf ihn herab. Neben dem Weg nur zerklüftetes Land so weit das Auge reichte. Langsam fing er an den Weg entlang zu gehen. Wieder und wieder setzte er einen fuß vor den anderen. Stunde um Stunde schien an ihm vorbeizuziehen. Nichts geschah und der Weg hatte nach wie vor kein Ende in Sicht. Er war völlig alleine mit sich und seinen Gedanken denen er nachhing. Er hatte die Qual persönlich erwartet, doch nix geschah bislang. Er hatte etwas anderes erwartet, als diese Einsamkeit. Er spürte Hunger und Durst, aber es gab nichts außer diesen Weg. Egal wie groß sein Verlangen wurde, er ging doch weiter um dieser Qual schnellstmöglich zu entkommen.

Weitere Stunden vergingen, Tage, Wochen, Monate. Nichts passierte und der Weg hatte noch immer kein Ende genommen. Der Wahnsinn nagte an seinem Hirn. War er verdammt bis in alle Ewigkeit einem verdammten Weg zu folgen? Irgendwann muss er doch enden hatte Bob gesagt. Er fing an zu schreien, zu fluchen und zu flehen. Mit Müh und Not schleppte er sich weiter durch die Wüste. Er wollte weinen, doch er war so ausgetrocknet, dass er gar nicht mehr weinen konnte. Zum ersten mal seitdem er startete brach die Nacht herein. Seine Schritte wurden langsamer. Mit der Nacht, die hereinbrach, verschwand jegliches Licht um ihn herum. Geräusche hörten auf zu existieren.

Er blieb stehen. Die Welt um ihn herum schien zu schrumpfen. Alles wurde beengend. Er verfluchte sein Schicksal, verfluchte Gott und sein krankes Spiel. Jede Faser seines Körpers schrie um Erlösung, dass man ihn endlich aus seinem Wahnsinn befreie. Er brach zusammen und rollte sich zusammen. War dies die hölle? War es vorbei? „Ach Thomas… Es ist immer das Gleiche… Seit Jahrtausenden schon. Hör auf zu heulen und sieh mich an!“ ertönte die Stimme Bob’s über ihm. Thomas blickte nach oben und sah das Gesicht seines Foltermeisters über sich. „Wer zum Teufel bist du? Warum quälst du mich so? Was habe ich dir getan?“, schrie er Bob an. Traurig blickte das Gesicht zu ihm herab und antwortete ihm: „Wer ich bin? Ich habe schon so viele Namen bekommen… such dir einen aus: Gott, Satan, Jesus, Mohammed, Buddha, Vishnu… es ist völlig gleich wie man mich nennt. Ich bin der Anfang und das Ende und du mein Freund hast den qualvollen Weg zur Erlösung gewählt!“ Thomas wurde nachdenklich. „Wir stehen nicht zum ersten mal hier, oder?“, fragte er. Gott sah ihn an und sprach: „Nein Thomas. Seit Ewigkeiten lasse ich dich wählen. Wieder und wieder und stets wählst du die Qual, statt endlich mal zu akzeptieren, dass die irdischen Regeln nicht immer die richtigen sind und man sich nicht immer quälen muss, um das Beste zu erreichen.“

Das Bild seines Herrn verblasste und er hörte die Stimme Gottes nur noch in seinem Kopf. „Was geschieht nun Herr? Wie geht es weiter für mich?“, dachte er und Gott antwortete ihm: „Du wirst den Weg der Qual weitergehen. Ich werde wiederkehren und dich erneut fragen, wohin dein Weg führen soll. Wir sehen uns wieder Thomas, wenn deine Strafe verbüßt wurde.“ Mit diesen Worten verschwand auch der letzte Rest seiner Präsenz aus ihm.

Er war alleine in der Dunkelheit. Einsamkeit… Stille… Er konnte sich kaum bewegen. Es war, als würde er in einem engen Käfig liegen. Plötzlich schien sein Gefängnis sich zu bewegen. Mit einem Mal lastete ein riesiger Druck auf seinem Körper. Er wurde gequetscht, gezogen und Panik breitete sich in ihm aus. Er konnte nicht atmen, nicht schreien. Sein Verstand drohte zu zerreißen. Doch mit einem Mal sah er Licht und blickte in ein ihm völlig fremdes Gesicht, dass ihn anlächelte. Er hörte nur noch die Worte: „Es ist ein Junge!“, bevor er alles vergaß was er wusste…

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Tag der Veröffentlichung: 15.09.2013

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