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Kapitel 1 - Schneegestöber

 

Die weiße Wolke zeichnete sich markant in der kühlen Abendluft ab, begleitet von gewaltigen Schneeflocken, die behände tanzend ihren Weg zur Erde fanden und sich in das kalten, im Mondlicht bläulich schimmernde Intermezzo, des am Boden liegenden Schnees einreihten. Schon Stunden stand er hier, wartete geduldig darauf, dass sich etwas tat, dass sich etwas in der kalten Umgebung regte. Das Gefühl für Kälte hatte sein Körper schon vor einigen Stunden aufgegeben, seine von Kälte tauben Finger schlossen sich immer fester um den Schwertknauf, den er umklammert hielt um sich auf die silbrig schimmernde Klinge der Waffe zu stützen. Meditation war noch nie seine Stärke gewesen, obwohl sich sein Potenzial zur engelsgleichen Geduld innerhalb der letzten Jahre deutlich gebessert hatte. Es fehlte ihm noch immer an der passenden Körperkontrolle um sich in den Schnee setzen zu können ohne sich dabei den Arsch abzufrieren. Es war ihm unbegreiflich, wie sein Lehrmeister das hinbekommen hat. Ein Wasserfall an einem Sommertag war eine Sache, aber mitten in einem Schneesturm zu meditieren war eindeutig eine Idee, deren Intellektueller Sinn sich irgendwo zwischen „Nackt gegen einen Drachen kämpfen“ und gegen einen elektrisch aufgeladenen Zaun einer Rinderkoppel urinieren“ bewegte. Genervt stieß er den Atem aus und versuchte zu ignorieren, dass seine Stiefel lange nicht so wasserfest waren, wie es beim Kauf angemutet hatte. Vielleicht würde es ihm helfen ein wenig durch die schneebedeckte Landschaft zu wandern. Zwar würde ihm dabei bestimmt nicht warm werden, allerdings würde es vielleicht diese unglaubliche Langeweile vertreiben. Unter Aufbietung sämtlicher, noch vorhandener Willenskraft regte er seine steifen Glieder und spürte wie eine dicke Schneeschicht von seinen Schultern und der Kapuze auf seinem Kopf rutschte. Sogleich fühlte er sich zehn Kilo leichter. Erleichtert stieß er den Atem aus und setzte einen Fuß vor den anderen. Keine leichte Angelegenheit, wenn man bedachte, dass bereits mehrere Zentimeter Schnee den Fußweg deutlich erschwerten. Das Kämpfen in einer solchen Region war absoluter Wahnsinn. Gut, dass er einen ungesunden Hang zum Wahnsinn hatte und die anderen Jäger diesen nur selten teilten. Das Leben eines Monsterjägers oder Inquisitors war ohnehin schon viel  zu kurz um es auch noch durch solche, von Idiotie und Wahnsinn grade zu schwangeren Aktionen zusätzlich zu gefährden. Gut, dass er der einzige war, der idiotisch genug war, um sich bei diesem Wetter auf Monsterjagd zu begeben. Möglicherweise würde ihm sonst ein Anderer die Belohnung vor der Nase wegschnappen. Er war weder Inquisitor, noch ein normaler Monsterjäger, er war der einzige Hexenjäger, was wahrscheinlich daran lag, dass er sich die Bezeichnung ausgedacht hatte. Dabei jagte er Hexen normalerweise nur, wenn sie wirklich Probleme machten, na ja oder wenn sie heiß waren, dann allerdings auf eine andere Art. Erneut setzte er einen Fuß vor den Anderen und stützte sich dabei schwerfällig auf sein Schwert. Die leere Schwertscheide, begleitet von einer zweiten Schwertscheide, mit noch darin steckendem Schwert wogen schwer auf seinem Rücken. Dazu hatte sich das Metall der Schwertscheiden soweit abgekühlt, dass sich die Kälte ohne Probleme durch seinen vom Schnee durchnässten Mantel fraß. Der Schnee gab krachend unter seinen allmählich schneller werdenden Schritten nach. Er hielt inne und lauschte. Er spürte leichte Vibrationen unter seinen Füßen. Im Schneegetöse um ihn herum war, außer fallenden Schneeflocken kaum etwas zu erkennen. Ein ohrenbetäubendes Gebrüll zerfetzte die Symphonie des um ihn herum wehenden Windes und gab die Richtung vor. Weiter nach Norden. Er hob den Blick und glaubte zwischen den fallenden Schneeflocken eine Gestalt zu erkennen, die direkt auf ihn zu rannte. Kaum zu glauben, dass es da draußen doch noch Idioten gab, die sich bei so einem Wetter vor die Tür trauten. Die Gestalt war schlank und der junge Hexenjäger bezweifelte sehr stark, dass die massigen Schritte, die den Boden  zu seinen Füßen zum Erzittern brachten von ihr stammten. Immer näher kam die Gestalt und noch immer hielt sie mit schnellem und festem Schritt genau auf ihn zu. Nicht gut. Konnte sie ihn nicht erkennen? Sollte er zur Seite gehen. Nein. Er war der Hexenjäger hier, beauftragt damit dieser Bestie, die hier draußen ihr Unwesen trieb zu beseitigen, vor einer zierlichen Gestalt, die auf ihn zu rannte würde er nicht zurückweichen. Das kam überhaupt nicht in Frage. Er spannte die Muskeln an und machte sich darauf gefasst gleich mit einem ca. 100 Kilo schweren Mann mit breiten Schultern und seiner Größe nach zu urteilen deutlichem Übergewicht zusammen zu prallen, doch der Aufprall erwies sich als deutlich sanfter. Die Gestalt hatte ihn in letzter Sekunde entdeckt, wollte ihren Lauf bremsen, aber keine Chance. Sie stolperte und landete genau in seinen Armen. Er fing sie auf und blickte in die seltsam giftgrünen Augen einer hübschen Frau, deren Haare unter der Kapuze in nassen Strähnen an der Stirn klebten. Die Frau schaute ihn ungläubig an, dann jedoch reagierte sie.

„Monster, direkt hinter mir…“, keuchte sie, als er sie los ließ. Er nickte geheimnisvoll und schob sie zur Seite. Ein dunkler Schatten verfinsterte die Welt vor ihm und er zog eine Augenbraue in die Höhe, jedenfalls glaubte er das, wer konnte schon wissen ob seine Gesichtsmuskeln in der Kälte nicht schon längst festgefroren waren und falsche Signale an sein Hirn zurück meldeten.

„Ein großes Monster.“, verbesserte er die Frau, die ihm nachsah.

„Ungefähr vier Kilometer hinter mir befindet sich ein Dorf. Lauf dort hin und wärm dich in der Taverne auf. Ich kümmere mich um dieses… Ding.“, erklärte er mit mehr Sicherheit in der Stimme, als er verspürte.

In seinen Gedanken drehten sich die Worte: „It‘s Showtime.“, in einem Übelkeit erregendem Tanz, als er das Schwert hob und fest in beiden Händen hielt. Seine tauben Finger umklammerten das Metall des Schwertknaufs unnötig kräftig, doch das war ihm im Moment egal, besser hielt er sein Schwert zu fest, als mit zu wenig Kraft. Er konzentrierte sich auf den riesigen Schatten vor sich und allmählich schälten sich leichte Konturen aus dem tosenden Weiß des Schneesturms. Die Kreatur war ca. fünf Meter groß, hatte weißes Fell, hell leuchtende rote Augen, lange und spitze Reißzähne und Pranken, die einen ausgewachsenen Löwen vor Neid hätten erblassen lassen. Wie gewohnt breitete sich eine leichte, gliederlockernde Wärme in seinem Inneren aus, als er im Begriff stand den Kampf zu beginnen. Was dort vor ihm stand war ein Schneewehen Behemoth, eine seltene Unterart, schon fast vom Aussterben bedroht, das zeigte im Mindestfall, dass die Jäger und Inquisitoren sich auf ihr Handwerk verstanden, aber selbstverständlich, gab es niemanden, der ihm in dieser Disziplin das Wasser reichen konnte. Er atmete ruhig und langsam. Allmählich breitete sich die Wärme der langsam ansteigenden Vorfreude auf den Kampf in seinem Inneren aus. Erneut erklang das Gebrüll der Kreatur, diesmal lauter und deutlich näher.

„Hallo, auch schön dich kennen zu lernen… Wollen wir tanzen?“, fragte er leise nach, wohl wissend, dass das Vieh vor ihm, ihn durch das Getöse des Schneesturms weder hören noch verstehen konnte. Behemoths waren keine sonderlich intelligenten Geschöpfe und doch waren sie dazu in der Lage zu denken. Wahrscheinlich sagte ihm sein Verstand grade sowas wie: „Menschling lauft weg, anderes Menschling lauft auf mich zu. Ich mag Menschling. Ist Lecker.“. Das war gut möglich. Die gewaltige Gestalt der Kreatur ließ sich auf alle Viere nieder. Auf allen Vieren war das Vieh vielleicht noch drei Meter groß. Er verengte die Augen zu Schlitzen um im Schleier der tanzenden Schneeflocken mehr erkennen zu können. Erneut brüllte die Kreatur, er brüllte zurück und das Biest rannte in einer Geschwindigkeit, die man der massigen Kreatur gar nicht zugetraut hätte auf ihn zu.

„Los komm her du Mistvieh!“, brüllte er und erhob die Schwertklinge zum Schlag. Das Ungetüm entschied sich kurz bevor es bei ihm ankam zu springen und hechtete mit ausgestreckten Pranken auf den Jäger zu. Er hechtete zur Seite, entging damit der massigen Pranke der Bestie um Haaresbreite, rollte sich ab und drehte sich im rutschigen Schnee zu der Bestie zu. So schnell er konnte rannte er auf die Seite der Bestie zu und schlug ihr die Schwertklinge mit der linken Seite der Klinge in den massigen Arm. Die Kreatur brüllte vor Schmerz, als er die Klinge durch das durchwachsene Muskelfleisch zog und Fleisch, Nerven, Blutgefäße und am wichtigsten Sehnen durchtrennte. Als Klinge und Fleisch sich wieder trennten zeichnete die Klinge feine Linien aus rot in den Schnee, während das Herz des Behemoths unbarmherzig weiteres Blut aus der offenen Wunde pumpte. Der Arm der Bestie knickte ein, ohne die Hilfe der Hauptsehne war der Arm nicht mehr in der Lage das Gewicht der Kreatur zu halten. Der Hexenjäger ließ sich davon nicht beirren und rannte los. Er mochte die Sehne im Arm der Bestie durchtrennt und das Vieh verwundet haben, doch das würde die Kreatur nicht lange bremsen. So geschickt, wie es ihm möglich war, stapfte er mit der Eleganz eines Elefanten im Porzellanladen zum rechten Hinterlauf der Kreatur, deren Sehnen zum Zerreißen fest gespannt waren. Der Oberkörper eines Behemoths mochte muskulös sein, doch die Hinterläufe waren eher drahtig und zweckmäßig. Ideale Angriffsziele. Mit einer geschickten Drehung durchtrennte die, im Mondschein silbrig glänzende Klinge die Achillessehne des Monsters. Erneut brüllte die Bestie, als auch ihr Bein nicht mehr dazu in der Lage war ihr komplettes Gewicht zu halten. Nun wo das Vieh nicht mehr in der Lage war ihr Gewicht in die Höhe zu wuchten war es im Liegen auf die Größe von zwei Metern geschrumpft. Der Jäger griff nach den Bein der Kreatur, wuchtete sich auf den Rücken der Bestie und stieß die Klinge in ihren Rücken. Heißes Blut spritzte ihm ins Gesicht, als er das griffige Fell der Kreatur nutzte um auf der Bestie schneller voran zu kommen. Über den Rücken der Bestie rennend und dabei die Schwertklinge, durch das Fleisch der, vor Schmerz kreischenden Bestie, hinter sich her ziehend überwand er den Abstand zwischen hinterem Rücken und Nacken der Kreatur in nur wenigen Sekunden, obwohl es leichte Probleme machte sich über buckligen Auswüchse der Schulterblätter der Bestie zu schwingen.

„Na wie schmeckt dir das, Mistvieh!?“, brüllte der Jäger, zog die Klinge geschickt aus dem Rücken und rammte in den knochigen Knuppel am Nacken der Bestie. Die Klinge traf genau zwischen die beiden Wirbel, die das Genick der Kreatur zusammen hielten und das wütende  und schmerzerfüllte Brüllen der Kreatur erstarb allmählich und wich dabei einem schmerzerfüllten Gurgeln, als sich die Kehle der Kreatur allmählich mit Blut füllte. Anscheinend war die Klinge zu weit vorgedrungen und hatte die Luftröhre verletzt. Tja. Er sog tief den Atem ein und zog die von Blut verschmierte Klinge aus dem Genick der sterbenden Bestie. Er tat ein paar Schritte weiter, hinab zum reglos im Schnee liegenden Kopf der Bestie und stieß das Schwert in die weiche Schädelbasis der Kreatur. Kein Grund das arme Geschöpf unnötig leiden zu lassen. Ein kurzes Schnauben, dann hörte die Kreatur endgültig auf zu atmen und sackte vollends im von Blut besudelten Schnee zusammen. Langsam wischte er die Schwertklinge am Fell des Behemoths ab und ließ sie in die Schwertscheide zurück gleiten, dann griff er nach dem Schulterfell der Bestie und ließ und sprang den Abstand eines Meters zurück in den Schnee. Sofort sah er sich mit einem weiteren Problem konfrontiert, denn der Dorfälteste würde einen Beweis für den Tod der Kreatur verlangen, ehe er ihm die Belohnung auszahlte, die er auf den Kopf der Bestie ausgesetzt hatte. Allein der Kopf der Kreatur würde ca. 50 Kilo wiegen, aber dabei handelte es sich jedenfalls um einen Beweis, den man schlecht verleugnen konnte. Ein Monster konnte ohne Hand und ohne Augen leben, aber ohne Kopf? Bisher war ihm noch kein Monster begegnet, was hatte weiter leben können, nachdem es den eingebüßt hatte. Seufzend zog er ein Messer aus seinem Gürtel und stieß zu. Sofort quoll Blut aus der Wunde und lief in einem Sturzbach daraus hinab in den Schnee.

„Das war keine schlechte Vorstellung.“, erklärte eine weibliche Stimme hinter ihm und er wandte sich erschrocken um, spürte wie seine Hand sich reflexartig an den Schwertgriff auf seinem Rücken legte. Hinter ihm stand die junge Frau, mit der er zusammen gestoßen war.

„Ganz ruhig. Ich komme in Frieden.“, erklärte sie angespannt lächelnd und der Jäger entspannte sich etwas, als das Adrenalin in seinem Kreislauf allmählich abebbte.

„Warum bist du nichts ins Dorf gelaufen?“, fragte der Jäger etwas außer Atem nach, als er sich wieder daran machte, die Sehnen und Muskeln zu durchtrennen, die den Kopf, vom Knochen mal abgesehen, noch am Rumpf hielten.

„Ich hatte eigentlich vor dir zu  helfen, aber so wie es aussieht hattest du das ganz gut im Griff.“, erklärte sie, den Umständen entsprechend ruhig und er ließ die Aussage unkommentiert. Der Jäger zog das durchtrennte Fleisch zog gut es ging zurück bis der blasse Knochen der Bestie zum Vorschein kam. Keuchend zog er das Schwert aus der Scheide, legte die Klinge an die kleine Rille, die sich zwischen den beiden Halswirbeln der Kreatur befand und stieß zu, dann nochmal und ein drittes Mal, bis sich die Verbindung zwischen den Wirbeln löste und die Wolfsähnliche Schnauze der Bestie endgültig in den Schnee sackte. Der Jäger stellte sich aufrecht hin und atmete mehrfach tief durch.

„Hey großer Jäger, ich bin Haley und wenn du möchtest helfe ich dir beim Transport ins Dorf, ich hätte es bei dem Sturm wahrscheinlich ohnehin nicht ohne Hilfe gefunden. Wie ist dein Name?“, erklang die Stimme der Frau erneut und der Jäger beäugte sie neugierig, jedenfalls das was er unter dem dicken Mantel und der Kapuze erkennen konnte.

„Danke für das Angebot… Ich könnte einen heißen Kaffee oder eine Suppe vertragen. Mein Name ist Lyr, schön dich kennen zu lernen.“, gab er zurück, steckte das Schwert in den Schnee und wischte sich die nass an der Stirn klebenden braunen Haare zur Seite, wobei etwas Blut der Bestie an seiner Stirn kleben blieb.

 

Haley musterte den Mann vor ihr mit nicht minderem Interesse, als sie den Kopf der Bestie begutachtete, den er der Kreatur vor nur wenigen Augenblicken abgeschlagen hatte. Eine Trophäe, dieser Mann war also ein normaler Jäger, dabei schien er denen, die sie kennen gelernt hatte nicht besonders zu ähneln. Besonders irritierten sie die beiden Schwerter auf seinem Rücken. Zwei Schwerter trugen normalerweise Inquisitoren und Ordensritter mit sich, doch diese kennzeichneten sich normalerweise mit einem entsprechenden Siegel auf einer ziemlich eindeutigen Rüstung. Dieser Mann allerdings trug weder Siegel noch Rüstung. Er trug einen schwarzen Kapuzenmantel unter dem sich auch nur normale Kleidung zu verbergen schien. Lyr wirkte auch nicht wie ein Inquisitor oder Ordensritter, allerdings schien er sich auch von herkömmlichen Jägern zu unterscheiden. Bisher war ihr noch kein Jäger begegnet, der sie nicht sofort angebaggert hatte und versucht hatte sich aufzuspielen, vor allem wenn sie ihm, wie in diesem Falle nahezu offensichtlich war, ihr Leben verdankte. Lyr betrachtete den Kopf der Kreatur, die ungefähr so groß war wie ein mittelgroßer Felsen. Die gigantische Wolfsschnauze zeigte riesige Zähne, die dazu gemacht waren Fleisch von Knochen zu reißen und die Knochen dabei zu winzigen Krümeln zu zerbeißen. Aus der Stirn der Kreatur ragten spitze Hörner, Man konnte sagen was man wollte, aber dieses Biest war beeindruckend furchteinflößend. Lyr legte eine Hand an das rechte Horn der Kreatur und zog. Wenigstens schien das Ding nicht besonders schwer zu sein, denn er konnte es vom Fleck ziehen.

„Gut, dass so viel Schnee liegt, ohne wäre es wahrscheinlich mühselig, das Ding hier zu transportieren. Danke für deine Hilfe. Ich schlage vor, du nimmst das andere Horn und wir teilen uns die Last, so kommen wir am schnellsten voran.“, erklärte er und sie nickte, während sie einen Schritt auf das Biest zu trat und das andere Horn packte. Zusammen mit Lyr zog sie den Kopf der Bestie durch die verschneite Landschaft, der hinter ihnen eine gut sichtbare Blutspur hinterließ. Die Bestie stank unangenehm, doch sie versuchte den Geruch bestmöglich zu ignorieren, während sie dem Mann zu ihrer Linken immer wieder verstohlene Blicke zuwarf.

„Keine Sorge, ich habe nicht vor dich auszurauben, zu vergewaltigen oder dich bewusstlos zu schlagen und an ein fremdes Land zu verkaufen.“, erklang seine Stimme durch das tosende Gebrüll des Sturms und sie konnte unter seiner Kapuze erkennen, dass er lächelte. Ein charmantes und freundliches Lächeln. Interessant.

„Das hätte ich auch nicht gedacht. Du wirkst nicht wie ein Bandit, Vergewaltiger oder Sklavenhändler, davon einmal abgesehen, hättest du das alles schon viel einfacher machen können. Außerdem… Wie kommst du darauf, dass ich das einfach mit mir machen lassen würde, ich mag vor Monstern, die ich nicht kenne weglaufen, aber vor Menschen weiß ich mich sehr gut zu verteidigen.“, entgegnete sie ebenfalls mit einem Lächeln, während sie zusammen das Gewicht der Bestien Trophäe hinter sich her zogen.

„Na dann bist du die Erste, die mich nicht für einen gefährlichen Psychopathen hält.“, gab er knapp zurück und lächelte noch immer.

„Sag mal… Was bist du? Ein Jäger? Ein Inquisitor oder ein Ordensritter? Ich kann das bei dir nicht so wirklich zuordnen.“, fragte sie mit einem leichten Lachen nach und Lyr stimmte in das Lachen ein.

„Wenigstens sehe ich nicht aus wie ein arroganter Inquisitor oder ein Jungfrauenbesessener Ritter… Das ist eine lange Geschichte, aber die kürzeste Antwort darauf ist, dass ich nichts von alldem bin… Sagen wir einfach ich bin ein Monsterjäger auf eigene Kappe… Ich bin ein Hexenjäger.“, antwortete er und schaute kurz zu ihr herüber. Hexenjäger? Sollte das sein Ernst sein? Sie biss sich auf die Unterlippe. Noch nie zuvor hatte sie davon gehört, dass es Jäger gab, die sich auf Hexen spezialisiert hatten.

„Hexenjäger? Was soll das heißen?“, fragte sie nach und versuchte dabei so ruhig wie möglich zu klingen.

„Den Namen hat ein alter Freund vorgeschlagen. Ich jage Monster, wie eigentlich alle normalen Monsterjäger, aber… sagen wir einfach, ich habe eine Vergangenheit, die mich für normale Monsterjäger unattraktiv macht… Genau genommen hat mein Kumpel diesen Namen vorgeschlagen, weil Hexen für mich normale Menschen sind und ich ihnen auch ab und zu mal hinter her sehe, wenn ich einer begegne. Für ihn war es damals ein Synonym für Schürzenjäger… Aber ich habe die Bezeichnung seit dem behalten…“, erklang die Antwort und wurde dabei fast vom tosenden Wind übertönt. Es wurde immer kälter, ihre Glieder begannen zu schmerzen, doch ihre Nerven beruhigten sich wieder.

„Du tötest also keine Hexen?“, setzte sie misstrauisch nach und er dachte über die Frage nach, während sie den gewaltigen Schädel noch immer durch den Schneesturm zogen.

„Würde ich sagen, ich hätte noch nie eine Hexe getötet müsste ich lügen… Es ist… kompliziert. Wenn eine Hexe wirklich Mist baut, dabei zahlreiche Menschen tötet und über das, was sie getan hat lacht und nicht mal Ansatzweise so etwas wie Reue zeigt… Dann behandle ich sie wie ein Monster… Aber Hexen sind Menschen, egal, was die Inquisitoren und Ritter predigen. Nicht jede von ihnen ist böse.“, gab er zurück und sah sie dabei nicht an. Eine interessante Antwort, er schien tatsächlich nichts mit der Inquisition oder mit normalen Jägern gemein zu haben. Die Inquisition, wie auch die Ritter des Ordens machten Jagd auf Hexen, wenn sie welche überführen konnten, weil sie eine potenzielle Gefahr für normale Menschen darstellte. Ein Jäger würde jede Hexe töten, wenn der Preis stimmte, egal ob sie jetzt schuldig war oder nicht. Menschen waren eben einfach gestrickt. Jedenfalls die Meisten.

„Und wieviel ist der Job hier wert?“, murmelte sie eine Frage um ein Gespräch im Gang zu halten, sie war viel zu lange alleine herum gelaufen, es war schön sich mit jemanden unterhalten zu können, der sie nicht als potenzielle Jagdbeute zu begreifen schien. Er zuckte mit den Schultern.

„Ausgemacht waren 400 Silbersterne… aber das Geschäft ist nicht immer fair… Wahrscheinlich hat der Bürgermeister der Stadt nicht mal 200 Silbersterne auf der hohen Kante, davon wird er wahrscheinlich nicht mal 100 an einen Monsterjäger wie mich abdrücken, das heißt, sie werden versuchen an mein Mitleid zu appellieren… Wenn das nicht funktioniert werden sie versuchen mich mit Frauen zu bezahlen, das scheint als Bezahlung für Jäger wohl sehr beliebt zu sein. Letztendlich werde ich wahrscheinlich mit maximal 80 Silbersternen, einem für eine Nacht bezahlten Hotelzimmer und Verpflegung für zwei Tage das Dorf verlassen, wenn ich auf die weibliche Gesellschaft verzichte…“, seufzte Lyr gedankenverloren, auch ihn schien das hinterherschleifen des riesigen Monsterschädels allmählich zu zusetzen. Lyr war wahrscheinlich der erste Monsterjäger, den sie je getroffen hatte, der dem Dorfältesten nicht sofort mit dem Tode drohen würde, wenn er ihm nicht das versprochene Geld auszahlte.

„Warum sollte jemand freiwillig einem so undankbaren Geschäft nachgehen?“, stellte sie die nächste Frage, wobei es das erste Mal war, dass sie diese Frage jemanden stellte, der sein Geld damit verdiente Monstern die Köpfe abzuschlagen. Das hatte einen ganz einfachen Grund. Die meisten Jäger waren Vollidioten, die dem Job nachgingen, weil sie glaubten damit das große Geld machen zu können. Im Endeffekt unterschieden sich handelsübliche Monsterjäger nicht großartig von Banditen. Hätte sie diese Frage also einem normalen Monsterjäger gestellt, hätte dieser wahrscheinlich sein Bier auf den Tresen geschmettert und so etwas geistreiches gesagt wie: ‚Weil ich stärker bin, als jedes Monster und ich dafür sorgen, dass sich das Geschäft für mich lohnt.‘, allerdings glaubte sie, dass Lyr ihr eine deutlich intelligentere Antwort geben würde. Lyr blickte ins Leere. Hatte sie einen wunden Punkt getroffen? Abrupt ließ er das Horn der Kreatur los und griff nach dem Schwert auf seinem Rücken. Unwillkürlich ging sie in eine Verteidigungsposition und spürte ein unangenehmes pulsieren, was ihren rechten Arm hinaufkroch. Verdammt.

„Bleib in meiner Nähe, wenn du leben willst.“, spie Lyr hinter zusammengebissenen Zähnen aus und zog das Schwert aus der Scheide.

„Was zur Hölle ist hier los?“, stieß sie ihre Frage aus und versuchte im Sturm um sie herum etwas mehr zu erkennen als Weiß. Fehlanzeige.

„Das Blut des Behemoth hat andere Viecher angelockt… Ich schätze die wollen jetzt auch was vom Kuchen abhaben.“, antwortete Lyr und spähte in die verschneite Nacht hinaus. Das klang nicht gut, das warme pulsieren in ihrem Arm wurde stärker, penetranter. Das war gar nicht gut. Sie biss die Zähne aufeinander und versteckte sich, egal wie sehr es ihrer ureigenen Domäne widersprach hinter Lyr. Monster waren sein Geschäft. Ein leises Fauchen erklang, doch es war unmöglich es im tosenden Schneesturm zu orten. Aus den unnachgiebigen Schneewehen um sie herum traten drei ausgemergelt aussehende menschenähnliche Kreaturen, die sich auf alle Viere stützten. Hände und Füße der Kreaturen waren im dicken Schnee versunken, doch es war nicht schwer zu erraten, dass es sich dabei um scharfe Klauen handelte. Die Kreaturen trugen vereinzelt abgerissene Lumpen, waren aber zum größten Teil nackt. Die Rückenwirbel zeigten stachelartige Auswüchse, während die Kreaturen an sich so wirkten, als würden sie nur aus Muskeln und Nerven bestehen.

„Was sind das für Viecher?“, flüsterte Haley und versuchte dabei ruhig zu wirken, während sie sich hinter Lyr so klein wie irgend möglich machte.

„Ghuls. Leichenfresser, halt dich von ihnen fern und versuch dich nicht von ihren Klauen erwischen zu lassen. Die sind nicht nur unangenehm, sondern enthalten ein sehr wirksames, lähmendes Gift.“, erklärte Lyr, während er sich auf die drei Kreaturen vor sich zu konzentrieren versuchte. Na klasse. Hoch wirksames, lähmendes Gift klang hier draußen wie ein Versprechen für einen sehr qualvollen Tod. Das Fauchen von drei Kreaturen drang durch den Schleier aus Schnee und Wind und Haleys Arm pochte unablässig weiter, sie begann in ihrem Gürtel nach etwas zu suchen mit dem sie sich verteidigen konnte, allerdings fand sie nichts, was diesbezüglich auch nur annähernd vielversprechend wirkte. Lyrs Hand griff langsam und vorsichtig unter den wehenden Mantel, der seinen Rücken verdeckte und zog ein kleines Beil aus seinem Gürtel, deren Klinge im Mondschein silbrig schimmerte. Unbedacht warf er es nach hinten, in die Richtung in der sich Haley befand. Sie biss die Zähne zusammen und fing das Beil auf. Es war zwar kein Schwert, aber immerhin besser als nichts. Sie spannte sich an, so gut sie es in der bitteren Kälte vermochte, die ihre Muskeln zu zermürben versuchte und hielt das Beil so fest sie konnte mit ihren allmählich taub werdenden Fingern fest. Sie schluckte. Über ihr erklang ein lautes, bedrohlich klingendes Fauchen und sie wandte sich um. Auf dem Kopf des Behemoths hockte eine weitere Kreatur, die den anderen ähnlich war, allerdings war diese größer, muskulöser und zu allem Überfluss war ihr Rücken mit langen, spitzen Stacheln übersät, die an die eines Stachelschweins erinnerten. Erneut fauchte die Kreatur, die das Rudel anzuführen schien und sprang vom Kopf der Bestie auf Lyr zu, der mit ungedeckten Rücken direkt vor ihr stand.

„Lyr, pass auf!“, rief Haley, doch Lyr reagierte schneller, als sie es jemals für möglich gehalten hätte. Seine linke Hand führte mit ausgetrecktem Zeigefinger eine komplizierte Geste aus, die eine bläulich schimmernde Energie in der Luft nach zu ziehen schien, dann griff er mit der linken Hand zu und vollführte eine greifende Geste. Eine schimmernde Mauer aus magischer Energie legte sich um Lyrs Körper, von der die Kreatur, die auf ihn zugesprungen war einfach abzuprallen schien. Die Kreatur brüllte und landete auf dem Rücken liegend genau vor Haley. Ihr rechter Arm pulsierte erneut und sie verstand den dumpfen, pulsierenden Schmerz als Befehl zu zuschlagen. Sie stieß einen Schrei aus und schlug das scharfe Blatt des Beils in den sehnigen und grotesk auf Muskeln und Nerven zusammengeschrumpften Körper der Kreatur. Das scharfe Axtblatt versank knackend im Brustmuskel der Kreatur, die sofort zu schreien und fauchen begann, als die Wunde zu qualmen begann. Ein erbärmlicher Gestank von fauligem Fleisch schlug ihr in die Nase, wurde von der kalten Luft wahrscheinlich noch unterdrückt und traf dennoch den Punkt, der Haley zum Würgen brachte. Mit einem Mal spie sie Worte aus, die ihr Verstand nicht zuordnen konnte, riss das Beil aus der faulig riechenden und vor Blut und Eiter triefenden Wunde, sie tat einen Schritt zurück und sah wie sich von der Wunde aus grünliche Ranken unter der Haut des Ghuls auszubreiten schienen. Bei einem Menschen würde man es eine Vergiftung nennen, aber bei einem Ghul? Die strampelnde Gestalt des Ghuls fauchte erneut, strampelte mit vorderen und hinteren Klauen, doch verfehlte Haley um Haaresbreite. Ihr Blick hob sich, sie erblickte Lyr, der wie ein Wirbelwind aus Klingen zwischen den drei Ghuls umherschritt und mit jedem Schwung der Klinge mehrere tiefe Wunden zufügte. Der Ghul vor Haley sprang auf, die grünen Ranken hatten nun seinen gesamten Torso eingefärbt und die Augen der Kreatur spiegelten Schmerz und blanken Wahnsinn wieder. Ihr Arm pochte erneut, diesmal jedoch nicht so stark wie zuvor und erneut erklangen diese fremdartigen Worte aus ihrem Mund, die wie ein Fauchen und ein Zischen klangen. Die grünlichen Ranken auf der Brust des Ghuls färbten sich schwarz und die Kreatur stoppte in der Bewegung. Haley nahm ihre Chance wahr, tat einen schnellen Schritt nach vorn, tauchte unter dem, zum Schlag erhobenen Arm der Kreatur hindurch und vollführte einen sichelförmigen Hieb mit dem Beil. Das Beil trennte den Arm der Kreatur vom Torso, der grotesk zuckend im Schnee liegen blieb, dann drehte Haley sich herum und vollführte einen weiteren Hieb mit dem Beil, der den Kopf der Kreatur vom Magen trennte. Es war lange her, dass sie das letzte Mal von Ghuls gelesen hatte, doch in den meisten Werken, die sie zu diesem Thema gelesen hatte war dies die gängige und vielversprechendste Methode diese Biester unschädlich zu machen. Als sie erneut den Blick hob konnte sie gerade noch sehen wie Lyr an der Schulter von einer Ghulklaue erwischt wurde. Er zischte und fluchte, hob die Klinge und schlug den Ghul gekonnt in zwei Hälften, leblos und doch noch immer zuckend fielen beide Hälften der widernatürlichen Kreatur zu Boden. Die beiden übrigen Ghuls, die bereits mit zahlreichen Wunden gezeichnet waren fauchten wütend und Lyr erwiderte das Fauchen, als sei er das Raubtier, was seine Beute einzuschüchtern versuchte. Tatsächlich zuckten die Ghuls zurück, doch gingen sie kurz darauf zum Angriff über. Erneut sprudelten diese Fremdartigen Worte aus ihrem Mund das Pochen in ihrem Arm ließ nach, doch sie wusste genau was geschehen war, grünliches Sekret schoss aus Lyrs Wunde und sammelte sich in ihrer Hand. Sie schaute verdutzt auf das faulig riechende Sekret in ihrer Hand und sah dann, wie Lyr, beweglich wie ein junger Gott, den ersten, auf ihn zu stürzenden Ghul in der Luft entzwei spaltete und dem zweiten mit einer formvollendeten, taktischen Drehung auswich, ausholte und auch ihm den Kopf von den Schultern schlug. Sie hatte ohne davon Notiz zu nehmen seine Wunde von Ghulklauensekret gereinigt? Einem der am schnellsten wirkenden und stärksten Lähmungsgiften, die den Menschen bekannt waren. Angewidert wischte sie den grünen Glibber mit Schnee von ihrer Hand ab und fixierte Lyr mit einem ruhigen Blick. Hoffentlich hatte er nichts bemerkt. Er stand da und tastete mit der freien Hand nach der Schulterwunde, welche durch die Ghulklaue gerissen worden war. Anscheinend schien er sich darüber zu wundern, dass er nicht gelähmt war. Die Wunde war zwar tief, blutete aber kaum, die Kälte verlangsamte die Blutung enorm. Eine gute Sache. Niemandem war geholfen, wenn Lyr durch die Wunde stark geschwächt wurde. Er ging langsam auf sie zu und Haley reichte ihm das Beil. Er nahm es anerkennend nickend zurück, steckte das Schwert zurück in die Scheide und verstaute das Beil wieder unter seinem Mantel. Sein Blick fiel auf die Kreatur, die tot vor Haley auf dem Boden lag.

„Ein Alghul. Zähe Viecher, gute Arbeit.“, erklärte er knapp und lächelte ihr zu. „An dir ist eine gute Monsterjägerin verloren gegangen.“, lächelte er und sie spürte wie ihre Wangen in der verschneiten Kälte zu glühen begannen. Natürlich. Sie fror sich den Arsch ab, aber selbstverständlich war ihr Körper noch immer nicht Müde geworden sie zu blamieren.

„Danke… Wie weit ist es noch?“, hakte sie nach und schaute Lyr entgegen, dessen sympathisches Gesicht sie nun zum ersten Mal gut genug sah um erkennen zu können, dass er ein wirklich hübscher Kerl war, auch wenn seine Gesichtsausdrücke eine bestimmte Weichheit vermissen ließen, die jedoch durch erfahren wirkende Härte getauscht worden zu sein schien.

„Noch ungefähr zwei Meilen in diese Richtung.“, entgegnete er und schaute Haley dabei auf eine verwirrend ehrliche Art und Weise in die Augen. Was hatte dieser Kerl in seinem Blick, was sie so irritierte? Statt sich der Gefahr auszusetzen, sich zu verplappern schwieg sie und nickte bedächtig, dann griff sie wieder nach dem Horn der Monstertrophäe und Lyr tat es ihr gleich.

Kapitel 2 - Gefroren

 

Schon seit Sonnenaufgang saß sie hier auf ihrem Platz in der kleinen Schenke und wartete. Jetzt war es mittlerweile schon Nachmittag und es war immer noch nichts passiert. Nicht mal eine Prügelei zwischen Betrunkenen gab es. Und hier gab es selbst um diese Zeit verdammt viele davon. Seufzend streckte Claire ihre Glieder und schmunzelte über die schmachtenden Blicke, die sie von den Männern erntete. Sie genoss es in der vollen Aufmerksamkeit zu stehen und hatte auch kein Problem damit, sich dafür das ein oder andere Stück Stoff zu sparen. Aber anders als die anderen Frauen in der Schenke, fiel sie nicht gleich jedem um den Hals und machte ihm schöne Augen. Nein. Das ginge erheblich zu weit. Claire ließ sich vielleicht hin und wieder mal auf einen keinen Flirt ein, aber mehr war nicht drin. Eigentlich war sie ja auch hier um sich einen passenden Job zu suchen. Doch die Jobs an der Anschlagstafel neben dem Tresen, waren entweder zu schlecht bezahlt oder zu schwer für eine einzelne Person. Diejenigen, die sich diese Jobs schnappen würden, waren entweder arm oder total verrückt.... Vielleicht auch beides. In der Hoffnung, es würde jeden Moment jemand hereinspazieren und einen gutbezahlten, nicht zu gefährlichen Job an die Tafel hängen, saß sie nun seit Stunden auf diesem unbequemen Stuhl, bei dem sie schon Angst hatte, dass sie gleich einige Splitter in ihrem wohlgeformten Hintern bekam. Wenigstens war der Wirt freundlich und stellte ihr hin und wieder etwas zu naschen hin. Umsonst versteht sich. Auch die Trunkenbolde waren eigentlich ganz anständig. Niemand kam ihr zu nahe, bedrängte sie oder fasste sie an. Selbst den anfänglichen Geruch von Schweiß, Bier und Apfelwein nahm sie gar nicht mehr wahr. Claires Blick glitt wieder mal umher. Egal wie oft sie sich umsah, es war nichts Spannendes zu sehen. In einer Ecke knutschte eine üppig bestückte Dame mit einem Muskelprotz sondergleichen herum, während in der anderen Ecke eine kleine Gruppe Karten spielte, von denen hin und wieder jemand zu grölen begann. Es war wirklich stink langweilig hier. Ihr Blick schweifte zum Fenster, dessen Fensterbrett von Außen völlig zugeschneit war. Rausgehen war also keine Option. Lieber blieb sie im Warmen und nahm die Langeweile in Kauf, bevor sie sich durch den Schnee kämpfte. Der Wirt, ein älterer Herr mit kurzen grauen Haaren und einem ebenso grauen Vollbart, trat vor sie und schob ihr einen dampfenden Tonbecher zu. „Du wartest schon ziemlich lange hier.“, stellte er mit einem freundlichen Lächeln fest. „Da haben Sie recht, aber mir bleibt nichts anderes übrig wenn ich einen Job haben will.“, entgegnete Claire, während sie dankbar nach dem Becher griff und ihr der Geruch des warmen Apfelweins in die Nase stieg. Er schmeckte deutlich besser als er roch, bemerkte sie, als sie daran nippte. Wohlige Wärme breitete sich nach dem ersten Schluck in ihr aus und sie seufzte leise. „Gibt es hier einen Söldner oder ähnliches, den man für einen schwierigeren Job anheuern kann?“, fragte sie und deutete mit einem Kopfnicken auf die Anschlagstafel, wobei ihr eine Strähne ihres roten Haars ins Gesicht fiel. Der ältere Herr zog die faltige Stirn kraus und streichelte sich über den Vollbart am Kinn. „Hier kommt hin und wieder ein junger Bursche namens Arel vorbei und holt sich den ein oder anderen Auftrag ab. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob er für das was du vor hast geeignet ist.“, antwortete der Wirt nachdenklich und Blickte zur Tafel hinüber. Na super. Wahrscheinlich redete er von einem kleinen Jungen, der sich mit einfachen Botenaufträgen über Wasser hielt und hier sein Essen schnorrte. Claire stieß einen genervten Seufzer aus. „Danke für diese Information. Ich denke, dass ich noch etwas bleiben werde.“ Sie nahm einen weiteren Schluck vom Apfelwein und richtete den Blick wieder auf das Schneegewirr hinter dem Fenster. Der Sturm hatte seit gestern nicht nachgelassen, eher im Gegenteil. Die Flocken fielen unablässig auf den Boden nieder und schichteten den Schnee weiterhin in die Höhe. Bald würde wohl niemand mehr richtig laufen können. Ein Schatten huschte plötzlich zwischen den dicken Schneeflocken hindurch und wenige Sekunden später würde die Tür zur Schenke aufgestoßen. Eisiger Wind wehte Schnee herein, der schmolz und den hölzernen Boden durchnässte. Fröstelnd legte Claire die Hände um den noch warmen Becher und blickte zur Tür, durch die eine Gestalt eintrat. „Hallo mein Junge.“, begrüßte der Wirt die Gestalt mit einem freundlichen Lächeln und machte sich daran weiteren Apfelwein warm zu machen. Die Gestalt im schwarzen, zerschlissenen Umhang kam auf den Tresen zu und zog sich die Kapuze vom Kopf. Silbrige Haare kamen zum Vorschein, die sich nass um die weichen Gesichtszüge eines jungen Mannes legten. Ein schüchternes Lächeln legte sich auf seine Lippen, während er kurz dem Kopf schüttelte. Der Wirt seufzte leise und ließ den Apfelwein wieder Apfelwein sein. „Bei der Kälte brauchst du doch was zum Wärmen. Du erfrierst da draußen noch.“, gab der Bärtige zu denken, erntete jedoch nur ein weiteres stummes Lächeln. Claire begutachtete den jungen Mann. Er war vielleicht Mitte 20, wobei er auch deutlich jünger sein konnte. Eisblaue Augen stachen unter dem silbernen Haar hervor und fanden nach kurzem Umsehen in der Schenke zu ihr. Die Überraschung war nicht zu übersehen, wahrscheinlich hatte er nicht damit gerechnet eine Frau wie Claire in so einer Schenke vorzufinden. Sie schenkte ihm ein freundliches Lächeln. Bei näherer Betrachtung fiel eine gezackte Narbe auf, die sein rechtes Auge verzierte. Ebenfalls auffällig waren die Zwillingsschwerter auf seinem Rücken. Was wollte ein so schlaksiger Bursche mit solchen Waffen? Endlich passierte hier mal etwas Interessantes. Der eisige Blick des Mannes wandte sich der Anschlagstafel zu. „Da ist nichts für dich drauf.“, bemerkte Claire und drehte den Becher in den Händen. Er schien sie aber völlig zu ignorieren und schritt auf die Tafel zu. Lange, sehr lange blieb er davor stehen und betrachtete die Aufträge. Anscheinend war er ein Jäger oder ein Söldner. Etwa der, von dem der Wirt gesprochen hatte? Langsam streckte der junge Mann die Hand aus und riss eins der Blätter ab. Claire erhaschte einen kurzen Blick auf die Belohnung und staunte nicht schlecht. Der Typ musste wirklich lebensmüde sein.

 

250 Silbersterne waren ein guter Anfang. Davon könnte er eine ganze Weile Leben und wenn er Glück hatte, bekam er zweidrittel des eigentlichen Preises. Dafür war es ein wirklich unangenehmer Job. Ein Eisriese hatte die Hauptwasserquelle des Dorfes eingefroren, was selbst der härteste Winter nicht konnte, da diese Quelle ein reißender Fluss war. „Bist du dir sicher, dass du dem gewachsen bist?“, fragte eine nur zu bekannte Stimme in seinem Kopf. Er ignorierte sie einfach. Ob er dem gewachsen war? Keine Ahnung, aber wenn er sich entscheiden musste wie er starb, dann zog er den schnellen Tod durch ein Monster dem langen qualvollen Weg durch Hungern eindeutig vor. Neben sich nahm er eine Bewegung und den Geruch von Apfelwein war. Die rothaarige Frau hatte sich von ihrem Platz erhoben und stand nun neben ihm, während sie neugierig das Blatt in seiner Hand betrachtete. „Ein ziemlich mieser Job. Den packst du nicht alleine.“, grinste sie, wobei sie sich eine ihrer Haarsträhnen hinter das Ohr schob. Nicht die auch noch... Er unterdrückte mit Mühe einen verzweifelten Seufzer und entfernte sich einen Schritt von ihr. „I-ich wüsste nicht, was dich das angehen würde.“, stammelte er etwas verloren und versuchte sich unbemerkt der Tür zu nähern. Währenddessen musterte er die Frau vor sich. Sie hatte langes, rotes Haar, saphirblaue Augen und trug an manchen Stellen etwas zu wenig Stoff. „Die Kleine ist echt scharf!“, erklang erneut die vertraute Stimme in seinem Kopf. „Frag sie doch, ob sie dir helfen kann! Sie scheint Ahnung zu haben... Außerdem... Würde ich sie gerne etwas näher kennenlernen“, nun bekam die Stimme einen leicht lüsternen Unterton. Nichts Neues. Er hasste ihn, er hasste sein anderes Ich, dass immer etwas zu kommentieren hatte und ihn nicht mal eine Sekunde allein lassen konnte. „Mein Name ist Claire und ich würde dir bei dem Job gerne meine Hilfe anbieten.“, lächelte die Frau vor ihm und ignorierte vollkommen seine Aussage. Sein Blick glitt zu Boden, dann zu ihr hinauf und wieder zurück. „Ich weiß nicht...“, murmelte er. Claire zog eine Schnute und verschränkte die Arme vor der Brust. „Komm schon, alleine macht es doch keinen Spaß und zu zweit ist es auch einfacher.“, schmollte sie. „Wir sind niemals alleine, Schätzchen“, gluckste die Stimme in seinem Kopf und schien sich prächtig zu amüsieren. Er fand es aber nicht so witzig. Nachdenklich ließ er den Blick über das gelbliche Papier schweifen. Vielleicht war es besser Claires Angebot anzunehmen. Eisriesien waren immerhin nicht die besten Verhandlungspartner. Alles was kleiner war als sie, war es nicht mal wert zerstampft zu werden, also warum sollte der Gigant sich dazu niederlassen mit ihm zu diskutieren? Wenn er allerdings Claire dabei hatte, hätten sie größere Chancen den Eisriesen zum Reden zu kriegen. Nicht, weil Claire verboten gut aussah, sondern weil zwei Köpfe besser dachten als einer. Außer man hatte einen kompletten Vollidioten im Schlepptau... Er stieß einen leisen Seufzer aus, ihm blieb wohl nichts anderes übrig. „Okay, ich... wäre dir sehr dankbar für deine Hilfe.“, antwortete er zögernd und blickte unsicher zu der jungen Frau. Diese warf ihm ein strahlendes Lächeln zu und schob dem Wirt zwei Silbersterne zu. „Danke für die Gastfreundschaft.“, lächelte sie und wandte sich zur Tür. „Lass uns das bitte schnell hinter uns bringen. Wie heißt du überhaupt?“ Ihr Blick glitt wieder zu ihm hinüber, während ihre Hand auf der Türklinke ruhte. „Arel.“, antwortete er kurz angebunden und zog sich die Kapuze seines noch tropfnassen Mantels über. Claire grinste kurz und öffnete dann die hölzerne Tür. Wind schlug ihnen entgegen, gefolgt von einer Schneewehe und eisiger Kälte. Auch sie zog sich nun die Kapuze über und schob die langen roten Haare darunter. „Wir sollten und Pferde besorgen.“, schlug Arel vorsichtig vor, während er die ersten Schritte durch den Schnee stapfte, der unter seinen Füßen leise knackte. Die Kälte jagte seinem ohnehin schon durchgefrorenen Körper unangenehme Schauer über den Rücken, aber mit ein bisschen Bewegung würde es wohl wieder warm werden. „Eine gute Idee. Was genau ist das denn für ein Job?“, fragte Claire und schlang den Umhang enger um ihren Körper. „Ein Eisriese... Er hat wohl den Fluss, die Hauptwasserquelle zugefroren.“, erklärte Arel mit einem kurzen Blick auf den durchnässten Zettel. „Das wird spaßig.“, grinste Claire unter der Kapuze und deutete in die Richtung eines Bauernhauses. „Da bekommen wir sicher Pferde her. Wahrscheinlich hat sich der Eisriese an der Quelle des Flusses breit gemacht. Ich habe gehört, dort soll es eine wirklich große Höhle geben.“ Wow, sie schien ja ganz schön begeistert von der Sache zu sein. Langsam nickte Arel und schlug den beschwerlichen Weg durch den Schnee Richtung Bauernhaus ein. „Steht da, dass wir den Eisriesen töten sollen?“, fragte sie plötzlich. Sie hatte offensichtlich Mühe durch den nun mittlerweile zur Wade reichenden Schnee zu waten. Mit ihren ca. 170 cm war sie ein gutes Stück kleiner als er, also steckte sie auch dementsprechend tiefer im Schnee fest, aber sie beschwerte sich kein bisschen. Er warf einen weiteren Blick auf das Papier und stopfte es dann in die Tasche. „Da steht nichts vom Töten... Mir wäre es ehrlich gesagt auch lieber mit ihm zu verhandeln.“, gab er zurück und erntete ein zustimmendes Nicken. Der Weg kam ihm länger vor, als vermutet, während sie weiter durch den Schnee stapften. Das Pfeifen des Windes übertönte das knackende Geräusch ihrer Schritte im weißen Meer, während die Fußabdrücke hinter ihnen fast sofort wieder verschlossen wurden. Selbst die Pferde würden es nicht leicht haben, aber sie mussten Kraft für den Eisriesen sparen, sonst würde es vermutlich böse enden. Als sie schließlich am Bauernhaus ankamen, sahen beide aus wie zwei Schneemänner, die von ungeschickten Kinderhänden gebaut wurden. Fehlten nur noch die Karotten. Ein seichtes Licht zerteilte vor ihnen die Dunkelheit des Schneesturms und breitete sich über dem weißen Meer aus Schneeflocken aus. Das halbgeöffnete Scheunentor lud fast schon zum Eintreten ein, doch Arel zögerte. Er konnte sich gut vorstellen, dass der Bauer wohl kaum zwei deiner Pferde rausrücken würde, ohne dafür einen beachtlichen Preis zu fordern. Andererseits würde er das Geld mit dem Auftrag wieder eintreiben können. Claire blickte ihn aus ihren blauen Augen an, sie schien eindeutig das Selbe zu denken wie er, stieß dann jedoch plötzlich das Tor auf und trat in die Angenehme Wärme ein. Arel tat es ihr gleich und sofort schlug ihm der Geruch von Tieren und Stroh entgegen. Einige aufgescheuchte Hühner flohen gackernd vor den beiden Fremden, an einem Mann mit Latzhose und dreckigen Stiefeln vorbei. Das musste wohl der Bauer sein. „Entschuldigt die Störung.“, fing Claire an und legte eine fast schon übertriebene Höflichkeit an den Tag. „Wir sind hier wegen dem Eisriesen und wollten fragen, ob Ihr uns zwei Pferde leihen könnt. Natürlich nicht umsonst.“, sie zwinkerte dem Bauern lächelnd zu, der mit verschränkten Armen und skeptisch guckenden Augen auf die beiden zu kam. Er war noch recht jung, vielleicht 7 oder 8 Jahre älter als Arel, zeigte aber schon Spuren von Alterung in seinem Gesicht. Bauern hatten es wirklich nicht leicht. Besonders, wenn ein Eisriese ihnen das Wasser nahm. „Ihr seid Jäger?“, fragte der Bauer und straffte die Schultern. Er hatte wohl keine guten Erfahrungen mit Jägern gemacht. Sehr wahrscheinlich würden sie die Pferde vergessen können, aber ohne kamen sie nicht bis zur Quelle. „Sei nicht immer so ein Feigling und mach das Maul auf!“, meldete sich sein anderes Ich mit mürrischer Stimme. „Du bist immerhin der freundlichere von uns beiden.“ Arel seufzte leise und holte dann tief Luft. Er musste sich jetzt zusammenreißen und seine Schüchternheit einfach mal vergessen. „Das ist richtig. Ihr seid offensichtlich nicht gut auf Jäger zu sprechen, doch ich möchte Euch darauf aufmerksam machen, dass spätestens bei Frühlingseinbruch Euer Wasser und das des ganzen Dorfes ausgeht. Anfangs werdet ihr vielleicht noch den Schnee tauen könne, aber wenn dieser nicht mehr da ist, habt Ihr ziemliche Probleme.“, gab er zu bedenken und es zeigte Wirkung. Eine Falte bildete sich langsam auf der Stirn des misstrauischen Bauers, während sich seine Schultern allmählich entspannten. „Wir wollen helfen, aber wir brauchen Pferde, wenn wir zum Eisriesen wollen. Durch den Schnee ist es zu Fuß fast unmöglich.“, fügte Arel hinzu und wischte sich den Schnee von Kopf und Schultern, der sofort auf dem warmen, von Stroh bedeckten Boden zu einer Pfütze schmolz. Der Bauer stieß hörbar die Luft aus und schwieg eine halbe Ewigkeit. „Na gut.“, sagte er schließlich. „Zwei Goldmonde, einen pro Pferd und wenn eines nicht überlebt, berechne ich das Dreifache, klar?“ Ein harter Verhandlungspartner... Arel nickte zustimmend und griff in seinen Geldbeutel. 2 Goldmonde, danach würde er erst mal eine Weile kein Dach über dem Kopf haben, aber eine Alternative gab es nicht. Er zog zwei goldene Münzen heraus und drückte sie dem Bauern in die Ausgestreckte Hand. Claire, die ruhig neben Arel gewartet hatte, lächelte zufrieden und beobachtete den Bauern, wie er die Pferde aus ihren Boxen holte und sattelte. Beide waren fast schwarz, hatten stämmige Beine und einen kräftigen Körperbau. Perfekt für den Ackerbau. „Könnt ihr zwei überhaupt reiten?“, fragte er Bauer skeptisch und drückte ihnen jeweils einen Zügel in die Hand. „Natürlich. Reiten ist mein Hobby.“, lächelte Claire und schwang sich mit einer eleganten Bewegung auf den Rücken ihres Pferdes. „Das glaub ich gerne.“, hallte die lüsterne Stimme amüsiert durch Arels Kopf, dem die Röte in die Wangen schoss. Und natürlich, wie es auch nicht anders zu erwarten war, bemerkte Claire es sofort. Ein breites Grinsen schlich sich auf ihr Gesicht. „Na du bist ja ein ganz böser.“, kicherte sie, was ihn nur noch mehr erröten ließ. „So... So ist das nicht!“, protestierte er stotternd und wuchtete sich ebenfalls auf den Pferderücken. Claires breites Grinsen wurde zu einem freundlichen Lächeln, als sie sich dem Bauern zu wandte. „Wir bringen die Pferde bald wieder. Vielen Dank für Eure Hilfe.“ Der Bauer nickte ihnen kurz zu und öffnete das Scheunentor für die beiden Reiter. Claire trieb ihr Pferd an und preschte hinaus in den Schneesturm. Sie wollte wohl so schnell wie möglich diesen Job zuende bringen. Arel seufzte leise und folgte ihr.

 

Schnee stob unter den donnernden Hufen der Pferde auseinander, während ihr die fallenden Flocken hart ins Gesicht peitschten. Ihre roten Haare klebten nass an ihrer Stirn und nahmen ihr hin und wieder die Sicht. Arel, der neben ihr ritt, behielt immer den weiter zufrierenden Fluss im Auge, dem sie bis zu seiner Quelle folgen würden. Die Pferde hatten keine großen Probleme durch den hohen Schnee zu kommen und sprangen über jedes größere Hindernis einfach hinweg. Claire hielt sich mit Leichtigkeit im Sattel, während sie sich immer wieder nach Spuren eines Riesen umsah. Eine ganze Weile war da nur Schnee, umgefallene Bäume und große Felsen, doch dann entdeckte sie einen seltsam großen Fußabdruck, der nicht so schnell wieder zugeschneit werden würde. „Arel!“, rief sie gegen den Sturm an und deutete mit ausgestreckter Hand auf den Abdruck einige Meter rechts von ihnen. Arel schien sie gehört zu haben und drehte den Kopf nun in die angedeutete Richtung. Sie erkannte ein leichtes Nicken zur Bestätigung und beide ließen ihre Pferde langsamer werden. „Wir sollten ziemlich dicht dran sein.“, sagte Arel so laut, dass sie ihn einigermaßen verstehen konnte. Der Sturm war schlimmer geworden, ebenso die Kälte. Wahrscheinlich war der Eisriese dafür verantwortlich. Eisriesen waren meist sehr stur und verfügten über ein ausgeprägtes Territorialverhalten, was den Menschen ziemlich viele Probleme bereiten konnte. Verhandeln war eher schwierig, da ihre Intelligenz auf eine einzige Regel begrenzt war: Ich bin größer. Das war alles, was für die Eisriesen zählte. Magiebegabte unter ihnen bekam man nur noch sehr selten zu sehen, seltener als ein einfacher Eisriese, den man selbst nur noch in kleiner Anzahl zu Gesicht bekam. Die Diskussion zwischen Mensch und Eisriese verlief in den meisten Fällen nicht so gut. Sie bestand daraus, dass der Mensch versuchte zu reden, während der Eisriese versuchte ihn unter seinen Füßen zu zerquetschen und auf ihn einschlug. Claire stieß seinen Seufzer aus, wobei ihr Atem in einer weißen Wolke gen Himmel stob. Das konnte ja ein Spaß werden. Warum hatte sich Arel ausgerechnet den Job mit dem Eisriesen ausgesucht? Er war ganz eindeutig lebensmüde... Plötzlich zog Arel die Zügel an und brachte sein Pferd zum Stehen, sie tat es ihm gleich. „Was ist los?“, fragte Claire verwundert. Er schüttelte nur den Kopf, legte den Zeigefinger an die Lippen und deutete auf einen großen Haufen Schnee. Wow, ein großer Haufen Schnee, wie beeindruckend. Halt, Moment! Der große, beeindruckende Haufen Schnee bewegte sich! Hallo, Herr Eisriese. Claire schwang sich aus dem Sattel, landete knöcheltief im Schnee und kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Der Eisriese saß mit geschlossenen Augen da und döste einfach so vor sich hin. Super, jetzt würde er wahrscheinlich erst recht sauer sein, wenn sie ihn nicht nur aus seinem Territorium vertrieben, sondern auch noch sein Nickerchen störten. Neben sich hörte sie die knackenden Schritte Arels, der ganz locker auf den Riesen zu ging. Irgendetwas hatte sich an seinem Auftreten verändert. Er wirkte irgendwie... selbstbewusster. Dieser Typ war echt ein Rätsel. Sie banden die Pferde an einem der kahlen Bäume fest, sehr wahrscheinlich würden sie die Flucht ergreifen, wenn sich der Riese aufrichtete. Unsicher blickte Claire zu Arel hinüber. Er stand nun direkt vor dem lebenden Schneehaufen, beugte sich hinab und kratzte etwas Schnee zusammen. Das konnte er doch nicht... Doch, konnte er. Arel drückte den Schnee zu einer Kugel zusammen und bewarf damit den Eisriesen. Jetzt war er ganz offiziell geistesgestört. Mit einem lauten Brummen regte sich der Haufen Schnee und streckte den Schlaf aus dem Gliedern, bevor er sich erhob und 7 Meter in die Höhe ragte. Claire legte den Kopf in den Nacken und starrte dem Riesen in die blauen Augen. Er sah aus wie eine Kreuzung aus Bär und Mensch, aber eher Mensch als Bär. Also ein Mensch mit weißem Fell an der ein oder anderen Stelle. So sahen also Eisriesen aus... „Menschlinge?“, der Riese spuckte das Wort förmlich aus und Verachtung zeigte sich in seinem Blick. „Tut mir leid, dass wir dich geweckt haben, aber...“, fing Claire freundlich an, wurde dann aber von Arels seltsam schroffer Stimme unterbrochen. „Aber wir wollen, dass du von hier verschwindest. Du frierst die Wasserquelle des Dorfes zu.“ Der Eisriese schien unbeeindruckt und spannte die großen Muskeln an. „Von Winzlingen lasse ich mir nichts sagen!“, blaffte er und auch im Sturm war es mehr als laut. Die Luft wurde mit einem Mal einige Grad kälter, er war definitiv nicht gut auf die beiden Eindringlinge zu sprechen. „Ich weiß du bist wütend, aber hörst du uns bitte zu? Die Einwohner brauchen das Wasser, du kannst nicht hier bleiben.“, versuchte Claire es, doch es brachte nichts. Der Eisriese hob seinen mächtigen Fuß und rammte ihn mit aller Kraft auf den Boden. Im letzten Moment sprang sie zur Seite und rollte sich auf dem Schnee ab. Die Stelle an der sie eben noch gestanden hatte, war zu einem großen Fußabdruck geworden. Wenn sie da gestanden hätte, wäre sie jetzt ein hübscher roter Fleck auf dem weißen Meer. Aus dem Augenwinkel nahm sie eine Bewegung wahr, ein weiterer Schneeball flog direkt in das kantige Gesicht des Eisriesen. Was tat Arel da nur? Er würde ihn nur noch weiter provozieren. Sie wandte den Blick fassungslos zu ihm. Seine Gesichtszüge hatten sich verhärtet, waren nicht mehr so weich wie zuvor und in seinen Augen schimmerte ein gefährlicher Glanz. Ein Schatten tauchte über ihnen auf, ein weiterer Schneeball... Nur in sehr, sehr groß. Der große Schneeklumpen klatschte auf die Erde, genau auf die Stelle wo Arel stand und zerbrach in weitere Klumpen. Kurz war von Arel nichts mehr zu sehen, doch dann tauchte sein Kopf unter dem Schneehaufen wieder auf. „Du willst also eine Schneeballschlacht?“, grinste Arel den Riesen an, der zuvor noch mit dem riesigen Schneeball geworfen hatte und jetzt mit der Faust ausholte. „Du wirst sterben, Winzling. Und der andere Winzling auch.“, brüllte der Riese als Antwort und schlug zu. Ein grelles Licht zuckte durch die Luft, Schnee Schmolz innerhalb von Sekunden und legte eine blassbraune Erde frei. Arel stand noch an Ort und Stelle, die Faust des Eisriesen direkt über seinem Kopf. Elektrisches Knistern erklang in der Luft, die sich mit dem Geruch nach verbranntem Haar und Fleisch füllte. Claire rümpfte die Nase. Zum Glück trieb der Sturm den Geruch schnell weg. Ein schauriges Grinsen hatte sich auf Arels Gesicht ausgebreitet, während er den Kopf nach oben Richtung Faust wandte. „Kommt der Kleine etwa nicht durch?“, fragte er spöttisch, woraufhin der Riese laut aufbrüllte und sich gegen etwas nicht Sichtbares stemmte. Benutzte Arel etwa Schutzmagie? Nein, diese Art von Magie würde keinen Riesen verletzen können. Claire nahm die Faust des Riesen näher in Augenschein. Dicke Adern zogen sich vor Anstrengung über die Finger, den Handrücken und den Arm hinauf, während etwas Bläuliches zwischen Arel und der Faust aufblitzte. Es geschah so schnell, dass sie nicht richtig erkennen konnte, was genau dort so hell aufblitzte, aber eine Waffe war es ganz bestimmt nicht, denn Arel hatte die Hände in den Manteltaschen und blickte grinsend nach oben. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Irgendwas stimmte nicht mit ihm, ganz und gar nicht. Aber das war jetzt nicht wichtig, der Eisriese hatte Vorrang. Erneut leuchtete etwas auf, dieses Mal länger und deutlich sichtbarer. Kleine Blitze schirmten Arel vor dem Angriff ab und verbrannten Fleisch und Haar des Riesen, der sich nun fluchend etwas zurück zog. Es war offensichtlich, dass er Schmerzen hatte, doch es dauerte nicht lange, bis er zum nächsten Schlag ausholte. Und der war auf sie Gerichtet. Verdammt! Claire warf sich nach hinten, um dem Schlag zu entgehen, spürte wie die Faust über ihr vorbei zischte und ihren schönen Umhang zerriss. Darunter kamen ihre engen Arbeitsklamotten zum Vorschein und ein leiser anerkennender Pfiff aus Arels Richtung erklang. Wow, er war wirklich wie ausgewechselt. Das schmachtende Grinsen, das er ihr zuwarf irritierte sie im ersten Moment etwas, jedoch stahl sich kurz darauf auch ein Grinsen auf ihr Gesicht. „Ihr seid schlaue Winzlinge.“, brummelte der Eisriese und unterbrach seine Attacken. „Ihr seid stark. Wenn ihr mich besiegen könnt, werde ich diesen Ort verlassen.“ Das kam überraschend. Claire näherte sich Arel und blieb dicht neben ihm stehen, ließ den Riesen aber nicht aus den Augen. „Was meinst du?“, fragte sie misstrauisch. Arel blickte sie mit verstohlenem Blick an und machte kein großes Geheimnis daraus, dass er ihr nicht in die Augen schaute. „Für eine kleine Belohnung mach ich das schnell alleine.“, grinste er. Ganz kurz verzog Arel das Gesicht und verfluchte leise irgendetwas, bevor er abwartend eine Augenbraue hob. Eine Belohnung wollte er haben? Die sollte er bekommen. Claire kicherte und rückte näher an ihn heran. „Wenn du das ohne Kratzer überstehst, zieh ich mich für dich aus.“, flüsterte sie in sein Ohr. Ihr Atem streifte seine Haut und sie konnte sehen, dass er leicht zusammenfuhr. Sie rechnete damit, dass er erröten würde, doch das tat er nicht. Er drehte den Kopf zu ihr herum und grinste sie mit funkelnden Augen an. „Abgemacht.“, gab er zurück und griff nach hinten. Seine Hand umfasste den Griff eines seiner Zwillingsschwerter und zog es ein kleines Stück aus der Lederscheide. Claire spürte, wie der Wind nun sanfter wurde, sie fast schon umschmeichelte und die Schneeflocken langsam zu Boden fallen ließ. Dass Arel über eine Art der Elementarmagie verfügte, war ihr eben schon bewusst geworden, aber noch eine Zweite? Ihr waren nur sehr wenige Leute bekannt, die mehr als ein Element beherrschten. Er verwunderte sie immer wieder. Mit einer fließenden Bewegung zog der die schwarze Klinge und schwang sie herum. Im selben Moment stob der Schnee unter ihren Füßen auseinander, wurde zu allen Seiten hin weg gedrängt und starker Wind kam auf. Der Eisriese kam ins Taumeln und hielt sich die Arme schützend vor die Augen, damit die Flocken ihm nicht die Sicht nehmen konnten. Auch Claire traf der Wind mit voller Wucht. Sie hob die Arme schützend vor sich und stemmte sich gegen den Sturm, der sie fast von den Beinen riss. Dann war es vorbei. Claire nahm die Arme runter, blinzelte den Schnee aus den Augen und sah sich erstaunt um. Um sie herum herrschte vollkommene Stille. Keine Schneeflocke berührte mehr den Boden und kein Windzug war mehr zu spüren. Rundherum bildete ein Wirrwarr aus Schneeflocken eine Art Kuppel und irgendwie hatte sie das Gefühl, dass diese Wand aus Schnee und Wind nicht einfach zu durchdringen war. „So ist es doch schon viel übersichtlicher.“, grinste Arel, während er sein Schwert elegant umher schwang und es schließlich auf den Eisriesen richtete. „Na, was ist? Willst du spielen?“ In seiner Stimme schwang etwas Bedrohliches mit, was Claire nur weiter in dem Verdacht bestätigte, dass Arel eine komplett andere Person war. Der Eisriese brüllte als Antwort und ging auf ihn los, dieses Mal war er schneller und sehr viel wendiger. Er wich Arels Schwerthieben geschickt aus, aber Claire glaubte zu sehen, dass die Klinge, obwohl sie weit an dem Riesen vorbei die Luft zerteilte, trotzdem das Fell an den haarige Armen erwischte. Unter dem fehlenden Fell, das langsam zu Boden segelte, kamen Narben zum Vorschein, die sie nicht erwartet hatte. Was konnte einen Riesen derartig verletzen? Unter ihr erzitterte der Boden unter den donnernden Schlägen des Riesen, denen Arel nur um Haaresbreite auswich. Schadenfreude stieg in ihr auf. Er würde diesen Kampf niemals ohne einen Kratzer gewinnen können. Grinsend verschränkte sie die Arme vor der Brust und warf Arel einen amüsierten Blick zu. Er schien zu spüren, dass sie ihn ansah, da er kurz inne hielt und den Blick zu ihr wandte. Irritiert zog er die Stirn kraus, grinste dann aber zurück. Idiot. Jetzt war er dem Riesen hilflos ausgeliefert, er hatte ihm einfach so den Rücken zugedreht. Ihr Grinsen wurde größer, als der Riese den Fuß ob und auf Arel niederfahren ließ, dessen Blick sich fast sofort verfinsterte. Pure Mordlust flackerte in den eisblauen Augen auf, während er herumwirbelte und in einer Wolke aus Schnee verschwand. Verwirrt suchte der Riese mit den großen Glubschaugen nach dem verschwundenen Winzling. Während sich die Schneewolke langsam wieder legte, tauchte eine dunkle Gestalt einige Meter neben dem Eisriesen auf, hob die schwarz glänzende Klinge und schwang sie senkrecht durch die Luft. Was machte er da nur? Aus dieser Entfernung würde er ihn niemals... Blut tropfte auf das weiße Meer hinab, gefolgt von einem gequälten und überraschtem Brüllen. Eine lange Schnittwunde teilte das Fell am der Flanke des Riesen. Sie sah nicht besonders tief aus, es war keine Wunde, die ein Riese nicht verkraften würde. „Du verdammtes Menschlein!“, brüllte er wütend und schien erneut sein Tempo zu steigern. Seine Angriffe prasselten wie Donnerschläge auf die Erde nieder, ließen den Boden erzittern. Arel entging jedem einzelnen um Haaresbreite und mit einem Grinsen im Gesicht, das davon zeugte, dass er nur mit dem Riesen spielte und definitiv vor hatte ihn zu töten. „Arel, es reicht!“, rief Claire warnend und trat einige Schritte auf die beiden Kontrahenten zu. Sie wurde eiskalt ignoriert. Ein Anflug von Wut breitete sich in ihr aus und sie spürte die Magie pulsieren. „Hört auf, alle beide!“, schrie sie erneut, doch niemand hielt in seiner Bewegung inne. Der Riese drosch weiter mit Fäusten und Füßen auf Arel ein, der auswich und dem Riesen ein paar hübsche Frisuren verpasste. Claire knirschte mit den Zähnen. Magie strömte prickelnd durch ihren ganzen Körper, auf der Suche nach einer sinnvollen Verwendung. Claires Lippen bewegten sich instinktiv und trugen den Klang ihrer Stimme zu den beiden Kontrahenten rüber, die ganz plötzlich in ihrer Bewegung innehielten. Verwirrt blickten die beiden zu ihr, Arel mit erhobenem Schwert und der Riese mit erhobener Faust. Irgendwie hatte sie das Gefühl irgendetwas getan zu haben, aber sie wusste beim besten Willen nicht was.

 

Die Magie, die von Claire ausging war überwältigend. Das Wort, das sie gemurmelt hatte, war nicht sehr verständlich gewesen, trotzdem rührten Arel und der Eisriese keinen Muskel mehr. Beide starrten zu ihr hinüber, konnten nicht definieren, was da gerade geschehen war und fanden keine Worte dafür. Ganz langsam wich Arels anderes Bewusstsein wieder zurück und ließ ihm den Vortritt. Es war wirklich seltsam. Immer wieder schaffte es sein anderes Ich, sich in den Vordergrund zu drängen und eine Zeit lang seinen Körper zu steuern. Das ging schon Jahre so und bis jetzt hatte er nie herausgefunden was es damit auf sich hatte. Mittlerweile hatte er sich allerdings daran gewöhnt nicht allein zu sein. „Na also, geht doch.“, sagte Claire zufrieden, die nun auf die Beiden zu kam. „Und jetzt lasst uns in Ruhe reden, in Ordnung?“ Immer noch völlig überrascht nickten die zwei zustimmend und ließen Schwert und Faust sinken. „Du bist ein sehr mächtiger Winzling.“, bemerkte der Eisriese, wobei er sie anschaute und nicht Arel. „Toll, die ganze Arbeit umsonst!“, fluchte ein gewisser Jemand in Arels Hinterkopf. Erschöpfung machte sich in seinen Knochen breit und die Kuppel begann leicht zu schwanken. Er ließ Sturmrufer, die schwarze Klinge endgültig sinken und setzte sich auf den verschneiten Boden. Claire tat es ihm gleich und schien völlig die Aussage des Riesen zu ignorieren. Wahrscheinlich war sie genauso erstaunt wie die anderen beiden. Arel hatte noch nie von so einer Art Magie gehört, die Personen einfach so innehalten ließ. Nach langen Sekunden des Zögerns, gesellte sich der Eisriese zu ihnen auf den Boden, schien aber irgendwie nicht kleiner zu werden. Er war wirklich groß und Arel bezweifelte, dass er ohne weiteres hier verschwinden würde, sie mussten sich dringend etwas einfallen lassen. „Warum bist du so nah an ein Menschendorf gekommen?“, fragte Arel vorsichtig und blickte zu dem Riesen empor. Dieser erwiderte den Blick mit den großen Glubschaugen und schien erst nicht antworten zu wollen, entgegnete dann jedoch: „Weil ich gezwungen wurde.“ Arel hob eine Augenbraue. „Du wurdest gezwungen? Von wem?“ Nun wandte der Eisriese den Kopf beschämt zur Seite und presste die Lippen aufeinander. Das hatte wirklich große Ähnlichkeit mit einem Kind, das von anderen geärgert wurde. „Ein anderer Riese hat dich aus deinem Territorium vertrieben. Daher stammen wohl auch die ganzen Narben.“, stellte Arel fest und musterte ihn. Unter dem Pelz waren beim Kampf einige Narben zum Vorschein gekommen und irgendwie tat es ihm leid, dass er den Riesen verwundet hatte. Es waren keine ernsten Wunden, aber er hatte sein Zuhause verloren, wahrscheinlich auch seine Familie und konnte nirgendwo anders hin. Der Riese nickte stumm, während er mit einem Finger Kreise in den Schnee malte. Arel seufzte. „Was hältst du davon mit den Dorfbewohnern zusammen zu leben? Dann müsstest du nicht hier weg und hättest auch Gesellschaft.“, schlug er fort, erntete dafür aber ein missmutiges Brummen. „Ich will nicht mit Winzlingen zusammenleben.“ Jetzt seufzte auch Claire und verschränkte etwas angesäuert die Arme vor der Brust. „Hör auf so ein Sturkopf zu sein! Das bringt nur Vorteile für dich und das Dorf. Du hast ein Zuhause, Nahrung und wirklich nette Leute um dich herum. Und dafür hilfst du den Menschen bei der Arbeit auf dem Feld und beschützt sie vor Monstern. Entweder das, oder du wirst dir etwas anderes suchen müssen. Im schlimmsten Fall stirbst du dabei.“, erklärte sie, in ihren Augen war eine Spur Mitleid zu erkennen, aber auch die Bereitschaft den Riesen jederzeit mit allem was sie hatte zu vertreiben. Der Eisriese zuckte unter ihren Worten merklich zusammen und zog die Schultern leicht in die Höhe. Er wusste offensichtlich, dass Claire Recht hatte, wollte jedoch nicht seinen Stolz als Riese einfach so über den Haufen werfen. „Ich weiß ja, dass das nicht grade einfach für dich ist, aber du würdest ein gutes Leben führen.“, seufzte Arel und erhob sich. „Du hast noch eine Minute Zeit um dich zu entscheiden. Dann geh, oder bleib hier und lebe mit den Dorfbewohnern zusammen. Falls du dich für Letzteres entscheidest, werde ich mit dem Bürgermeister verhandeln.“ Und mit einem Mal wurde der große, vorlaute Eisriese kleinlaut und schüchtern. Die Unfreundlichkeit und Herablassung war verschwunden, als er sagte: „Ich... bleibe hier bei den Winzlingen...“ Erst jetzt hob er wieder den Blick und blickte Claire und Arel unsicher an. Er benahm sich wirklich wie ein launisches Kind. Lächelnd nickte Arel und half Claire auf die Beine. „Gut, ich rede mit dem Bürgermeister. Bitte lass den Fluss wieder tauen. Wenn du ärger machst, sehe ich mich gezwungen zurückzukommen und dich im schlimmsten Fall zu töten.“, er meinte es nicht böse, aber ohne Drohung würde der Riese wieder in seine alten Gewohnheiten zurückfallen und das Wasser im Nu wieder abdrehen. Als Antwort bekam Arel nur ein stummes Nicken und einen entschuldigenden Blick zugeworfen, aber das reichte ihm. Sie hatten ihn nicht töten müssen und das war die Hauptsache. Ob der Bürgermeister das wohl genauso sah? Wohl eher nicht... Leichter Wind kam auf, die Kuppel kam wieder ins Schwanken, wurde instabil und ließ nun auch einige Schneeflocken durch. Arel stieß seinen Atem in einer weißen Wolke aus und steckte die schwarze Klinge zurück an ihren Platz an seinem Rücken. Sofort fiel die Wand aus Schnee und Wind in sich zusammen und ließ dem Schneegewirr wieder freien Lauf. Der Sturm war deutlich schwächer geworden, zerrte nicht mehr unangenehm am ganzen Körper. Mit einem Nicken in Claires Richtung, deutete er den Aufbruch an, wandte sich von dem Riesen ab und stapfte zu den Pferden hinüber. Sie standen noch an Ort und Stelle, wo sie ruhig an den Ästen des kahlen Baums knabberten und schnaubend mit den Hufen im Schnee scharrten. Angst vor Riesen hatten sie offenbar nicht. Hinter sich hörte Arel die vertrauten Schritte Claires, die ihm schweigend folgte und sich dann auf den Rücken ihres Pferdes schwang. „Sag mal... Wie hast du das vorhin gemacht?“, fragte er vorsichtig nach. „Was meinst du?“ Claire blickte ihn schief an, schien jedoch schnell zu verstehen was er meinte. „Keine Ahnung, ich kann dir nicht mal sagen, dass das von mir kam.“ Sehr seltsam. Irgendwie wurde sie von Minute zu Minute immer schräger. „Dachte derjenige, der noch viel abgefuckter ist, als sie.“, lachte sein anderes Ich. Das war alles nur seine Schuld. Arel sollte dringend einen Weg finden ihn loszuwerden. Sehr dringend. Er schwang sich ebenfalls auf sein Pferd und seufzte leise. Irgendwie graute es ihm vor der Unterhaltung mit dem Bürgermeister. Das würde sehr viel Überzeugungskraft brauchen. Bei diesem Gedanken wanderte sein Blick zu Claire hinüber, die ihr Pferd Richtung Dorf lenkte. Mit diesem gewagten Outfit würde sie das sicher locker hinbekommen... Nein, das ginge zu weit. Er würde sie doch nicht einfach bitten können, ein bisschen mit ihren Reizen zu spielen um den Bürgermeister herumzukriegen. Unmöglich, auf gar keinen Fall würde er sie um so etwas bitten! Dafür würde sie ihn ohrfeigen. Und so wie er sie einschätzte, bliebe ein schöner roter Handabdruck auf seinem Gesicht zurück. Schnell schüttelte Arel den Kopf, um diese Gedanken loszuwerden und richtete den Blick auf den dunklen Himmel über ihnen. Es musste wohl schon Abend sein, also würden sie sich wohl eine Unterkunft besorgen müssen und auf den Morgen warten, bis sie mit dem Bürgermeister verhandeln konnten. 

 

Als sie wieder bei der Scheune ankamen, hatte sich der Schneesturm vollständig gelegt und nur noch vereinzelte Flocken schwirrten umher. Arel schwang sich aus dem Sattel und drückte das Scheunentor auf. Angenehme Wärme empfing die tropfnasse Truppe beim Eintreten. Die Pferde schnaubten zufrieden und waren offensichtlich glücklich darüber, wieder zuhause zu sein. „Da seid ihr ja wieder.“, erklang die Stimme des Bauern. „Das bedeutet, dass ihr die Sache mit dem Riesen erledigt habt?“, hakte er nach und nahm seine beiden Pferde entgegen. Claire nickte leicht, wobei sie das leichte Zittern ihres frierenden Körpers nicht vor Arel verbergen konnte, sie gab sich aber Mühe es zu unterdrücken. Ihm war ebenfalls kalt. Er hätte jetzt nichts gegen einen warmen Schlafplatz einzuwenden. Allerdings waren er und Claire pleite, also wurde daraus nichts. Ein strahlendes Lächeln breitete sich auf dem Gesicht des Bauern aus. „Vielen Dank für eure Mühe... Ich würde euch gerne etwas anbieten, doch ich habe leider nichts...“, erklärte er etwas beschämt. Man traf wirklich sehr selten Leute, die Jägern etwas aus freien Stücken anbieten wollten. Das überraschte Arel ein wenig. Vielleicht konnte er den Mann ja bitten in der Scheune übernachten zu können... „Es würde uns reichen, wenn wir die Nacht hier in der Scheune verbringen könnten.“, sprach Claire seinen Gedanken aus und warf dem Bauern ein freundliches Lächeln zu. Der schien keinen Moment zu zögern und deutete auf einen großen Berg Stroh. „Damit könnt ihr es euch gemütlich machen. In der Holzkiste dahinten gibt es Decken, die ihr gerne auch benutzen dürft.“, bot er an. Arel seufzte erleichtert. Wenigstens hatten sie jetzt einen Platz zum Übernachten. Ganz plötzlich machte sich Müdigkeit und Erschöpfung in seinem Körper breit, ein sehr ungünstiger Zeitpunkt. Sämtliche Farbe wich aus seinem Gesicht und mit einem Mal konnte er sich kaum mehr auf den Beinen halten. Der Bauer, und auch Claire, schienen seine Müdigkeit zu bemerken und wechselten einige Worte, die Arel nur am Rande wahrnahm, bevor der Bauer durch das Scheunentor verschwand. Aus dem Augenwinkel beobachtete Arel Claire, die zu der Kiste hinüber ging und zwei dicke Decken hervor zog. „Du siehst ziemlich fertig aus.“, bemerkte sie und fing an das Stroh zurecht zu machen. „Das... ist schon in Ordnung. Mach dir keine Gedanken darum.“, gab er zurück. Ein kleiner Moment der Unaufmerksamkeit seinerseits, reichte aus, dass sich sein anderes Ich in den Vordergrund drängte. „Wie war das noch gleich mit dem Ausziehen?“, grinste er Claire an, die verwundert aufschaute und eine Augenbraue hob. Es war immer wieder witzig zu sehen, wie sich Menschen wunderten, wenn er mit dem anderen den Platz tauschte. Ein Grinsen umspielte ihre schönen rosigen Lippen, während sie auf ihn zu kam. Dabei entledigte sie sich ihres Umhangs, blieb dicht vor ihm stehen und strich ihm mit der Hand über die Wange. „Das wird wohl nichts, mein Lieber.“, grinste sie schelmisch und tippte mit dem Finger gegen seinen Wangenknochen. Irgendwas brannte leicht und ließ ihn das Gesicht verziehen. Hatte er wirklich etwas abbekommen? Vorsichtig tastete er nach seiner Wange und spürte dort tatsächlich einen Kratzer. Verdammt! „Du hättest dich eben mehr anstrengen müssen.“, kicherte Claire eindeutig schadenfroh. „Irgendwann krieg ich dich schon.“, erklärte Arel mit fester Stimme. Skeptisch hob sie erneut eine Augenbraue, verschränkte die Arme vor der wohlgeformten Brust und stieß einen tiefen Seufzer aus. „Ich versteh dich nicht, Arel. Erst bist du schüchtern, fast schon ängstlich und jetzt so was... Bist du irgendwie manisch Depressiv? Oder schizophren?“, fragte sie und ließ sich auf einem der Strohhaufen nieder, die sie zurecht gemacht hatte. „Ich weiß wirklich nicht an was ich bei dir bin.“ „Die Erklärung ist recht einfach: Wir sind 2 verschiedene Personen. Dem Weichei gehört dieser Körper und ich bin so eine Art Gast.“, antwortete Arel, nachdem er es sich ebenfalls auf dem Stroh gemütlich gemacht hatte. Claire schnappte sich eine der Decken, wickelte sich darin ein und blickte ihn aus ihren saphirblauen Augen an. „Das heißt du bist ein Parasit oder ein Fluchgeist?“, hakte sie neugierig nach. Ihr Interesse war nicht zu übersehen. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Wir beide nicht.“, gab er zu und fuhr sich durch das silbrige Haar. „Aber Fakt ist, dass wir 2 verschiedene Personen mit einem Körper sind. Das ist schon Jahre so.“ „Das ist sehr verwirrend.“, stellte Claire fest und er nickte zustimmend. „Also wenn es nach mir geht, hätte ich gerne meinen eigenen Körper. Dann könnte ich machen was ich will.“, brummelte Arel missmutig und spürte, wie sich der eigentliche Besitzer dieses Körpers bemerkbar machte. „Da sich dein Blick grade verändert hat, nehme ich an, dass jetzt der 'normale' Arel wieder am Hebel sitzt?“, vermutete sie und bekam nur ein stilles Nicken als Antwort. Eine Weile herrschte Schweigen, Claire betrachtete ihn nachdenklich und Arel wich ihrem Blick gekonnt aus. Wieso hatte der andere ihr auch davon erzählen müssen? Jetzt blieb die Erklärung mal wieder an ihm selbst hängen. „Wenn ihr beiden nicht wisst, was da abgeht, warum bittet ihr nicht jemanden der sich mit so was auskennt um Hilfe?“, fragte sie. „Das haben wir schon versucht, aber niemand konnte mit Sicherheit sagen, was los ist.“, seufzte Arel leise und spielte nervös mit einem Strohhalm herum. Jeder magiekundige Wissenschaftler war anfangs fest davon überzeugt gewesen, dass es ein Fluchgeist war, doch normalerweise übernahmen Fluchgeister die Körper ihrer Wirte völlig, löschten deren eigene Existenz aus, auch wenn dies teilweise Jahre dauerte. Eine Koexistenz gab es nicht. Und das war das Problem. Arel lebte mit seinem anderen Ich in einem Körper, beide existierten, beide hatten ihren eigenen Willen und beide ihre eigenen Gefühle. Die Gefühle des anderen waren eindeutig: Er wollte Claire, um jeden Preis. Na das konnte ja noch lustig werden. „Ich werde mal Augen und Ohren offen halten und wenn ich etwas darüber in Erfahrung bringe, dann sag ich es dir.“, sagte Claire und ließ sich nach hinten auf das Stroh fallen. Sie schlang sich die Decke enger um den Körper, gähnte herzhaft und schloss die Augen. „Lass uns schlafen, okay? Das Verhandeln morgen früh wird sicher kein Zuckerschlecken. Der Bürgermeister ist sehr wahrscheinlich nicht zufrieden mit unserer Arbeit.“, murmelte sie schon im Halbschlaf. „Keine schlechte Idee. Gute Nacht.“, lächelte Arel, doch Claire war schon eingeschlafen. Auch seine Lieder wurden schwer, der Schlaf immer verführerischer und das Stroh immer gemütlicher. Langsam dämmerte er dahin und dachte daran, dass es gar nicht so schlecht war, Claire an seiner Seite gehabt zu haben. Dunkelheit schlich sich in seinen Schlaf, hielt in fest in den scharfen Klauen und zeigte ihm Dinge, die er lieber vergessen wollte. Da war das strahlende Gesicht seiner Mutter, das ihn mit einem sanften Lächeln betrachtete, sein Vater, der wie immer spät nachhause kam und trotz all der Erschöpfung immer noch Kraft für seine Familie hatte. Und da war sein Bruder, Kyle. Er war jünger als Arel, hatte dunkles Haar wie ihre Mutter und ein freches, rundes Gesicht. Kyle war immer der lebendigere, aufgewecktere von den beiden Brüdern gewesen. Er hatte Arel immer hinterher geschleift, ihm Mut gemacht und durch das Leben mitgezogen. Dann verblassten die Bilder wieder, wurden zu dunklen Silhouetten, die von den Schatten eines Fluchs umhüllt wurden. Alle drei hatte er umgebracht, nach und nach hatte dieser Fluch Arel seine Familie genommen. Als erstes kam sein Vater. Er litt wochenlang an hohem Fieber, konnte sich kaum rühren und lag kraftlos im Bett. Quälend langsam holte ihn der Fluch ein, ließ ihn von innen heraus verrotten und bescherte ihm einen langsamen Tod. Das Selbe passierte auch einige Tage später mit seiner Mutter. Sie hielt es nicht so lange aus und starb während sie schlief. Noch jetzt hatte Arel das blasse Gesicht vor Augen und den modrige Geruch, der sich nach wenigen Stunden schon im Haus verteilte in der Nase. Wieder veränderte sich die Dunkelheit, formte sich zu der kleinen Gestalt seines Bruders, der mit einer kleineren Version von Arel durch die schmutzigen Gassen ging und Kyle plötzlich zusammen brach. Fast leblos hing er in Arels armen, atmete kaum noch und blinzelte gegen die Müdigkeit, gegen die Schwere in seinem Kopf an. Der Fluch hatte auch ihn erwischt, ihn in den schlimmsten Tod getrieben, den man sich vorstellen konnte. Dicke, schwarze Fäden hatten seinen Körper umhüllt, drückten zu und das Knacken brechender Knochen hallte in den leeren Straßen wieder. Seit dem war Arel allein. Umsonst hatte er sich eine viel zu starke Magie für seinen Körper angeeignet, die er bis heute nicht richtig kontrollieren konnte, umsonst hatte er sich zwei ganze Jahre mit seinem Bruder durchgeschlagen. Durch Zufall erfuhr er einige Wochen später, wer den Fluch auf seine Familie gesprochen hatte. Ein Patient seines Vaters war gestorben, woraufhin ein Elternteil wohl aus purer Wut diesen Fluch ausgesprochen hatte. Lange hatte Arel mit dem Gedanken gespielt dieses Ehepaar genauso leiden zu lassen, hatte sich jedoch dagegen entschieden. Bis zu dem Moment, an dem die beiden plötzlich vor ihm standen. Der Wind hatte die beiden zerstückelt, ihnen erst die Augen genommen, gefolgt von Gliedern und schließlich vom Kopf. Die ganze Straße war in Blut getränkt, Arel mittendrin. Auch er war in Blut gebadet und starrte apathisch auf die Leichen hinab. Dort hatte er das erste Mal getötet. Arel schreckte aus dem Schlaf, sein Körper zitterte unkontrolliert und das Bild, das viele Blut wollte nicht aus seinem Kopf weichen. Neben sich spürte er etwas Warmes, einen warmen, lebendigen Körper. Claire. Ihre Arme hatte sie um ihn geschlungen, hielten ihn fest, während sie friedlich schlief und sich an ihn schmiegte. Irgendwie wirkte ihre Nähe sehr beruhigend auf ihn und das Zittern wurde weniger, hörte nach einer Weile sogar ganz auf. So wie Claire da lag, das blutrote Haar im Kontrast zu ihrer hellen Haut und den rosigen Lippen, sah sie wie ein kleines Mädchen aus, das sich ziemlich wohl zu fühlen schien. Automatisch musste er lächeln. Sie sah fast schon harmlos aus. Arel stieß einen lautlosen Seufzer aus, ließ den Kopf wieder auf das Stroh sinken und zog die Decken über sie beide. Wenn er sie jetzt von sich wegdrückte, würde sie womöglich aufwachen und das wollte er nicht. Wenigstens sie sollte morgen ausgeruht sein. Doch ohne es wirklich mitzubekommen, legte sich die Müdigkeit schnell wieder auf seine Lieder, ließ sie zufallen und wiegte ihn, zusammen mit Claires Wärme in einen Ruhigen, von Albträumen freien Schlaf.

Kapitel 3 - Ein Funken Wärme

 

Das Dorf war wirklich klein und die Taverne sah von außen eher aus, wie eine billige Absteige, aber es würde für die Nacht reichen. Lyr stieß den Atem aus, der sich als weiße Wolke vor seinen Lippen abzeichnete. „Da wären wir.“, stöhnte Lyr, ließ das Horn der Trophäe los und nickte Haley zu, die es ihm gleich tat und sich nach Atem japsend vorbeugte. „Das war ein ganz schönes Stück Arbeit.“, hechelte sie und lächelte dabei. Lyr schenkte ihr ein freundliches, ja fast schon liebevolles Lächeln, was sie maßlos zu irritieren schien, jedoch, so wie es aussah nicht negativ. „Geh du schon mal in die Taverne und miete dir ein Zimmer, ich geh noch kurz die Belohnung einstreichen. Sie blickte ihn etwas verlegen an. „Würde ich gerne, da gibt es nur ein großes Problem…“, sie seufzte lakonisch und Lyr blickte sie fragend an. „Ich hab kein Geld um mir ein Zimmer zu mieten, vielleicht reicht es für einen Krug heißen Apfelwein, aber auf keinen Fall für ein Zimmer. Er lächelte sie an. „Wir finden da bestimmt eine Möglichkeit. Warte in der Taverne auf mich, ich rede mit dem Wirt.“, erklärte er gutmütig und sie rang sich ein beschämtes Lächeln ab. Innerlich seufzte sie über die Tatsache, dass sich Lyr jetzt wahrscheinlich fühlte irgendwas für sie zu tun. Sie hasste es anderen Arbeit zu machen, es sei denn es ging um ihren Vater, sollte er doch arbeiten bis der Teufel sich dazu entschied ihm die Haut in Streifen vom Körper zu ziehen. Lyr verabschiedete sich mit einem Lächeln und ging auf ein großes, abgedunkeltes Haus zu, was einsam in einem Dreieck mit der Kirche und einer verwahrlosten Hütte stand. Wahrscheinlich das Rathaus. Sie atmete tief durch, als Lyr ihr den Rücken zugewandt hatte und kontrollierte ihre Geldbörse, die erschreckend leer waren. Zwei Silbersterne, drei Bronzenobel und acht Kupferecks. Vielleicht würde es für zwei heiße Apfelwein reichen. Sie würde einen davon Lyr spenden, da er ihr das Leben gerettet hatte. Die Inflationären Zeiten würden ihr noch das letzte Kupfereck aus den Rippen leiern, obwohl diese so gut wie überhaupt keinen Wert mehr hatten. Jetzt, wo immer mehr Monster auftauchten und die Ländereien unsicher machten. Monsterjäger konnten sich die meisten Bauern nicht leisten. Zwar boten die Inquisition und der Ritterorden ihre Dienste günstiger an, jedoch nicht ohne das betreffende Dorf unter Kriegsrecht zu stellen, was bedeutete, dass die Häuser der Anwohner durchsucht wurden, dabei viel magisches oder religiöses Wissen vernichtet und wahrscheinlich noch mehr Menschen als potenzielle Magiekundige oder Hexen verbrannt wurden. Das würde kein Dorf freiwillig über sich ergehen lassen. Jetzt, wo sie keine Monstertrophäe mehr durch die Gegend zog wurde ihr allmählich wieder bewusst wie kalt ihr eigentlich war. Sie schlotterte mit einem Mal am ganzen Körper und zog sich den nassen Mantel enger um die Schultern, doch der Wärmeeffekt war minimal. Noch einmal sog sie tief die Luft ein und stieß die Tür zur Taverne auf. Warme, stickige Luft, die nach Bier und billigem Fusel roch schwang ihr entgegen, zusammen mit einer Duftnote, die ihr grade noch gefehlt hatte. Schwitzende Männer. Sie zwang sich die neue Luft mit kurzen und schnellen Atemzügen zu genießen um nicht allein vom Geruch betrunken zu werden. Gelächter und stille Protestrufe drangen durch das Innere der Taverne. Haley nahm ihren Mut zusammen und ging mit weiterhin verschleiertem Haupt auf die Bar zu. Der Wirt schaute sie betreten an und nickte ihr zu. Sie erwiderte die Geste so freundlich sie konnte. Mit einem ruhigen seufzen ließ sie sich auf einen der Schemel nieder, die an der Bar standen und schlug die Kapuze zurück, womit sie langes, glänzendes schwarzes Haar mit seltsamen, grünen Strähnen und ein wunderschönes Gesicht entblößte, was ihr sofort einige Pfiffe und geistreiche Rufe wie: „Hey Baby!“ einbrachte. „Was darfs denn sein junge Dame?“, fragte der Wirt spürbar freundlicher und begann ein Glas zu polieren. „Was kostet ein Krug heißer Apfelwein?“, ging sie auf die Frage ein und der Wirt lächelte freundlich. „Wenn das eine Schönheit wie ihr fragt kostet der Krug fünf Bronzenobel.“, lächelte der Wirt und Haley versuchte sich ihre Überraschung nicht anmerken zu lassen. Fünf Bronzenobel war ein sehr niedriger Preis, obwohl sie noch mehr Rabatt heraushandeln konnte, wenn sie den Mantel auszog? Sie verwarf den Gedanken und schenkte dem Wirt ein freundliches, nahezu bezauberndes Lächeln. „Dann nehme ich sehr gerne einen Krug. Darf ich fragen was ein Zimmer für die Nacht kostet?“, nahm sie das Angebot an und lächelte noch freundlicher. „Nun wir haben Zimmer, aber die sind nicht grade Damenkonform… Wissen sie… Hier übernachten zumeist nur Kuriere oder Jäger und diese Leute sind nicht oft ordentlich…“, erklärte der Wirt und Haley zwinkerte ihm belustigt zu. „Ich bin keine Dame… Nur ein einfaches Mädchen auf der Reise.“, entgegnete sie bescheiden und der Mann lächelte wohlwollend. „Nun… Das eine Zimmer was wir frei haben würde sie die Nacht 5 Silbersterne kosten.“, begann der Wirt und Haley presste die Lippen aufeinander. Das überstieg ihr Budget um Längen.  Sie seufzte leise. Sie wollte den Wirt nicht damit beleidigen indem sie das Feilschen begann, der Preis war fair, aber eben zu hoch für sie. „Ich schätze es bleibt erstmal bei dem Wein.“, lächelte Haley und der Wirt nickte und stellte sich an den Herd, wo er begann einen Topf zu erhitzen und eine trübe Flüssigkeit aus einer bauchigen Keramikflasche herein zu schütten. „Hey Baby, wenn du Geld für ein Zimmer brauchst helfe ich dir gerne aus, du kannst bei mir schlafen, für eine kleine Gegenleistung.“, lachte ein muskulöser Mann mit breiten Schultern und kurz geschorenen Haaren, wahrscheinlich ein Holzfäller und kam mit schnellen Schritten auf sie zu, während die restliche Taverne in zumeist gezwungenes Gelächter ausbrach. Na Klasse. Ein Volksheld. „Na was sagst du Baby?“, hakte er nach und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Ihr rechter Arm begann zu pulsieren. Nicht gut. Dieser Kerl sollte ganz schnell seine Hand da wegnehmen. „Hey Schlampe, ich rede mit dir.“, spielte sich der Kerl auf. Wow, ein freundlicher Volksheld. Sie atmete ein und wünschte sie hätte es nicht getan. Ein schwitzender, betrunkener Volksheld. „Nein, aber danke für das Angebot.“, erklärte sie, wie oft auf Konfliktlösung gepolt. „Stieve, lass sie in Ruhe.“, versuchte der Wirt zu schlichten. „Halt dich daraus Frank, du weißt doch, dass ich es ihr gut machen werde, deiner Schwester habe ich es ja auch gut besorgt, auch wenn sie nicht drüber reden möchte.“, lachte der schwitzende Idiot, der offensichtlich den Namen Stieve trug. Offensichtlich hatte er einen wunden Punkt beim Wirt getroffen, denn der Wirt begann das Handgelenk des Holzfällers zu umklammern, doch im Gegensatz zu Stieve war der Wirt sehr schmächtig gebaut. Anscheinend gab es ungeklärte Probleme zwischen den beiden Männern. Na Klasse. Sie wollte den Wirt nicht in Gefahr bringen. „Los Frank, geh Bier zapfen, was kann ich dafür, dass deine Schlampe von Schwester nicht wollte, aber ich lass mich eben nicht gerne abweisen.“, grollte der Holzfäller und packte fester zu. Der Griff um ihre Schulter tat weh. Offensichtlich war Stieve doch kein Volksheld sondern ein Arschloch von Vergewaltiger. Von so einem Idioten würde sie sich auf keinen Fall weder anfassen noch vergewaltigen lassen, doch ehe sie Anstalten machen konnte sich zu wehren wurde die Tür erneut aufgestoßen und Lyr trat ein. Ein Raunen ging durch die Menge, offensichtlich war er hier schon mal gewesen. „Guten Abend, die Herren.“, stieß er zusammen mit einem Gähnen aus und schritt zur Bar. „Was willst du hier, dreckiger Schmarotzer?“, brüllte Stieve grimmig, offensichtlich mochte er Lyr nicht. Lyr jedoch blieb gelassen und lächelte ihm zu, dann schlug auch er die Kapuze seines Mantels zurück. Er hatte die harten Gesichtszüge, die Haley bereits unter der Kapuze gesehen hatte, sein Haar war braun und kurz. Seine Augen hatten einen gefährlichen Glanz, während er Stieve zulächelte und nichts sagte. „Guten Abend Frank, hat die junge Dame darum gebeten von unserem geliebten Stieve angefasst zu werden?“, fragte er mit einem Lächeln und erneut ging ein Raunen durch die Menge der Zuschauer. „Nein Meister Lyr.“, antwortete der Wirt knapp und schaute Lyr dabei Hilfesuchend an. Warum nannte er ihn Meister? „Dann sollte Stieve seine Finger ganz schnell wieder von ihr entfernen.“, entgegnete Lyr rhetorisch und lächelte noch immer freundlich. „Willst du Scheiß Arschloch dich mit mir anlegen?!“, brüllte Stieve wütend und ließ Haley los um Lyr am Kragen zu packen. „Wow, nicht nur blöd, sondern auch schwerhörig, ich bin beeindruckt, du schlägst auch nur auf Bäume ein, weil sie intelligenter sind als du oder?“, schmunzelte Lyr und blickte ihn vollkommen neutral an. „Was?!“, forderte Stieve eine Wiederholung der Worte. „Sag ich doch…“, seufzte Lyr und Haley musste sich zusammen reißen um nicht zu lachen. „Ich mach dich platt!“, rief Stieve erbost und holte mit einer Hand aus. Lyr griff nach Stieves Arm, der ihn noch immer am Kragen gepackt hielt, drückte mit dem Daumen eine empfindliche Stelle an seinem Handgelenk, was Stieve dazu zwang ihn los zu lassen, tat seinen Schritt zurück und entging somit dem Schlag. „Bleib stehen du Hurensohn!“, brüllte Stieve und Lyr lächelte herausfordernd. „Wieso, wird es sonst zu anstrengend für dich?“, fragte Lyr mit freundlicher und zuvorkommender Stimme. „Du glaubst wohl weil du ein paar Monster getötet hast bist du der King was? Sowas kann doch jeder!“, brüllte Stieve, zweifelsohne damit sich Lyr in seiner Ehre gekränkt fühlte, doch dieser lächelte noch breiter und erwiderte einfach und gelassen: „Das gleiche gilt für das Fällen von Bäumen.“ Stieve brüllte erneut und holte aus um zu zuschlagen, Lyr tat keinen Schritt von der Stelle, sondern griff im Angriff nach Stieves Arm, drehte ihn herum und katapultierte den massigen Holzfäller über sich hinweg, er klatschte ein paar Fuß weiter mit einem wohl hörbaren Krachen auf den Holzboden. „Gut gelandet?“, stellte Lyr teilnahmslos die Frage und setzte sich an die Bar. Stieve antwortete nichts, sprang lediglich auf, griff sich einen Stuhl und holte damit zu einem weiteren Schlag gegen Lyr aus, der von seinem Schemel rutschte, sich unter dem Stuhl hindurch duckte und einen schnellen, aber kraftvollen Hieb gegen seinen Kiefer setzte, der mit einem Krachen seine Wirksamkeit bezeugte. Stieve verdrehte die Augen und kippte erneut nach hinten, ein Stöhnen ging durch die Menge der Schaulustigen, während Lyr sich, als sei nichts gewesen wieder auf seinem Schemel nieder ließ. Offensichtlich war jeder Kampf gegen ein Monster deutlich Anspruchsvoller als ein unbewaffneter Nahkampf mit einem Betrunkenen Idioten. Der Wirt stieß einen erleichterten Seufzer aus. „Hey Leute… Stieve scheint einen über den Durst getrunken zu haben, am besten bringen wir ihn raus!“, brüllte einer der Schaulustigen und sofort erhoben sich zwei von ihnen, griffen Stieve an allen vieren und beförderten ihn mit einem Ruck aus der Tür. „Also gut Meister Jäger, was kann ich euch anbieten?“, fragte der Wirt und Lyr lächelte. „Einen Tisch für zwei und einen heißen Apfelwein für unseren Helden.“, erklärte Haley und Lyr schaute sie irritiert an. „Für wen?“, fragte er nach und Haley grinste, griff ihn am Arm und bugsierte ihn an einen der freien Zweiertische in der Ecke der Taverne, der Wirt schaute ihnen wohlwollend nach. „Danke für deine Hilfe.“, erklärte Haley, als der Wirt den Apfelwein vor ihnen abstellte. „Nicht nötig, immerhin hat er mich angegriffen.“, antwortete Lyr mit einem Schulterzucken. „Ich meine auch wegen den Monstern da draußen.“, entgegnete sie und Lyr zuckte erneut mit den Schultern und erwiderte: „Nicht nötig, immerhin haben sie mich angegriffen.“ Haley kicherte und wunderte sich selbst über ihre mädchenhafte Reaktion, es war bereits ein paar Jahre her gewesen, dass sie wegen eines Mannes auf diese Art und Weise gekichert hatte. Lyr zog einen Beutel aus seiner Tasche, blickte hinein und zählte 10 Goldmonde auf dem Tisch ab. Offensichtlich hatte der Bürgermeister mindestens 100 Silbersterne für den Auftrag bezahlt. Das freute sie für Lyr, doch was tat er jetzt? Er schob ihr die zehn Münzen hin. Sie schaute ihn etwas baff und auch etwas beschämt an. „Ich kann das Geld nicht von dir annehmen, auch wenn es nett gemeint ist. Ich habe nichts getan um…“, begann sie doch Lyr grinste nur. „Lebendköder sind schwierig zu kriegen und die wenigsten helfen einem dann noch die Trophäe ins Dorf zu schleppen.“, erklärte Lyr grinsend und nahm einen Schluck Apfelwein, man konnte die wohltuende Wärme, die das Getränk in ihm auslöste beinahe körperlich spüren. Hatte er das jetzt ernst gemeint? „Lebendköder?“, fragte sie etwas verblüfft und wusste nicht ob sie sich jetzt beleidigt fühlen sollte oder nicht. „Du hast deine Hälfte mehr als verdient. Miete dir ein Zimmer, nimm ein heißes Bad und lass es dir nach den Schrecken dieser Nacht mal richtig gut gehen.“, brachte er mit einem freundlichen Lächeln hervor und erneut spürte sie die Röte in ihre Wangen steigen. Erst jetzt betrachtete sie ihn richtig und erst jetzt wurde ihr klar warum der Bürgermeister ihm tatsächlich 20 Goldmonde für den Auftrag gezahlt hatte. Er schien sich zwar notdürftig mit Schnee das Gesicht gewaschen zu haben, doch seine Hände und Teile seines Gesichts waren noch immer mit dem Blut der Bestie verklebt. Sie lächelte. „Du hättest ein Bad genauso nötig, wenn nicht sogar noch nötiger.“, grinste sie und zwinkerte ihm dabei zu. Ach du Scheiße, sie machte ihm grade wirklich schöne Augen. Er zog eine Augenbraue in die Höhe und betrachtete sie kurz, dann jedoch antwortete er lediglich mit einem: „Danke für die Blumen.“ Erneut kicherte Haley und hielt sich dabei den Bauch, dann jedoch hob sie die Hand um den Wirt heran zu winken. „Wir würden gerne zwei Zimmer und ein heißes Bad für jeden von uns bestellen.“, lächelte sie schelmisch und Lyr zog die Augenbraue noch weiter in die Höhe. „Wir haben momentan nur ein Zimmer frei.“, seufzte der Wirt beschämt und Haleys Lächeln wurde noch breiter. Jetzt oder nie. „Dann reichen ein Zimmer und ein Bad für uns beide.“, erklärte sie, bevor Lyr etwas erwidern konnte. Der Wirt wurde erst blass und lief dann rot an, dann nickte er. „Was zur…“, begann Lyr und schien etwas irritiert zu sein und niemals zuvor hätte sie daran geglaubt einmal in ihrem Leben einen Mann erröten zu sehen, der in einer Nacht vier Monster getötet hatte, doch hier saß Lyr, die Wangen rot wir frische Erdbeeren. Er konnte wohl wirklich ein süßer Kerl sein. „Du bist wirklich schwer von Begriff hmm? Freu dich doch einfach, wenn sich eine Frau bei dir bedanken möchte.“, lächelte Haley freundlich und zwinkerte ihm verführerisch zu. Es war entschieden. Wenn es jemals einen Mann in ihrem Leben gegeben hatte, der es Wert war mit ihm zu schlafen, dann hatte Lyr ihn an einem Abend mit deutlichem Abstand überholt. Sie streckte eine Hand nach ihm aus, griff seinen Arm, zog ihn an sich heran und küsste ihn erst zaghaft und dann leidenschaftlich. Er schien komplett überrumpelt zu sein, doch sein Körper schien sich an das zu erinnern, was er in so einer Situation zu tun hatte, denn nach kurzem Zögern erwiderte er den Kuss.

 

Haley stieß Lyr, der noch immer irritiert von ihrer schnellen Planung zu sein schien, ins Badezimmer, welches der Wirt ihnen zugeteilt hatte. Es störte ihn nicht, und abgeneigt war er auch nicht. Ganz im Gegenteil. Haley war eine wunderschöne, junge Frau und schien ihn wirklich zu wollen, denn getrunken hatte sie lediglich einen Krug Apfelwein und er bezweifelte, dass sie davon besinnungslos betrunken war. Sie wirkte nicht einmal angeheitert, als sie ihn weiter ins Zimmer stieß, die Tür hinter sich ins Schloss fallen ließ und allmählich begann ihre nassen Kleider zu Boden gleiten zu lassen. Der Anblick ihres Körpers, der nun nur noch mit dunkler Spitzenunterwäsche bekleidet war raubte ihm den Atem. Das einzige was ihm ins Auge fiel war der Verband, der um ihren rechten Arm gewickelt war, doch der Verband war vergessen, als sie an ihn heran trat, ihn stürmisch küsste und ihren Körper sanft an den seinen drückte, während sie begann ihn auszuziehen. Er schloss die Arme sanft um ihren Rücken, und drückte sie noch näher an sich, was sie als willkommen zu erachten schien, denn sie schmiegte ihren Körper fordernd an ihn. Ihre beiden Körper waren feucht und kalt, jedoch störte es weder ihn noch sie.  Lustvoll seufzend begann sie sich sinnlich zu strecken, als sie ihren BH löste und achtlos auf den Boden des Bads fallen ließ. Erneut schmiegte sie sich an ihn und dieses Mal zögerte er nicht. Sanft biss er ihr in den Hals was einen weiteren lustvollen Seufzer bei ihr auslöste. Er ließ seine Hände über ihren Rücken gleiten, während seine Zunge sanft ihren Hals hinauf glitt. Eine Hand vergrub er in ihrem seidigen Haar, was weicher war, als es ihm vorgekommen war. Zum ersten Mal seit langem fühlte sich das was er tat richtig an, zwar hatten bereits zuvor Frauen mit ihm geschlafen, doch hatte er noch nie so gefühlt wie in diesem Moment. Irgendwas war anders. Sinnlich leckte sie sich über die Lippen, als sie seine Shorts herunter zog und sich auch ihrer Unterwäsche entledigte. Sie schob ihn weiter auf den Badezuber zu, den sie nun beide betraten. Es handelte sich um ein großes Exemplar, anders als er es von den meisten anderen Gaststätten kannte. Seltsam, dass grade ein Gasthaus in einem kleinen Dorf wie diesen über solche Bäder verfügte. Sie knabberte an seiner Unterlippe, während sie sich erneut küssten und er schmeckte sie, als ihre Zungen sich liebkosten. Sie schmeckte berauschend, schaltete jeden Gedanken aus, der nicht sie und das Jetzt betraf. Lächelnd führte sie seine Hand an ihre Brust, die er liebkoste, streichelte und drückte. „Ich weiß doch, dass du sie anfassen wolltest.“, seufzte sie in sein Ohr, was ihn komplett um den Verstand brachte. Sanft zog er ihren Kopf nach hinten, in deren Haar seine andere Hand ruhte. Er küsste ihren Hals, wechselte zwischen sanften küssen und fordernden Lecken, während er ihren Hals und ihr Schlüsselbein hinab liebkoste und letztlich begann an ihren Brustwarzen zu knabbern, was sie zum aufseufzen brachte. Unbewusst drückte sie ihm ihre Brust entgegen, während er an ihr knabberte und leckte. Mit einem Seufzen stieß sie ihn um, sodass er sitzend im Zuber landete. Als sie sich auf ihm nieder lassen wollte, packte er sie und riss sie herum. Sie quiekte freudig, als sie auf Knien und Armen zu liegen kam und er in sie hinein glitt. Als er damit begann abwechselnd stark, sanft und rhythmisch zu zustoßen stieß sie dieses Stöhnen aus, zu dem nur Frauen fähig waren, die mit ihrer Wahl und dem was sie getan hatten glücklich waren. Abwechselnd freudig seufzend, stöhnend und aufschreiend genoss Haley alles, was Lyr ihr gab und versuchte sich mit jedem Stoß näher an ihn heran zu schmiegen. Es mochte gemütlichere Orte für Sex zu geben als einen harten Holzzuber, aber dies schien im Augenblick egal zu sein, denn er wusste, dass sie es ihm übel nehmen würde, würde er jetzt aufhören. Die Abstände zwischen seinen Stößen und ihren lustvollen Schreien wurden kürzer und sie kam zum ersten Mal, als seine Hände ihre Brüste fest drückten und sie zu ihm hinauf zogen. Er küsste sie und sie genoss den Kuss, während er weiter, allmählich schneller zustieß, was auch ihr zu gefallen schien. Gerade wollte er sich aus ihr zurück ziehen um sich nicht in ihr zu ergießen, als Haley protestierend fauchte und ihren Hintern wieder näher an ihn schmiegte woraufhin er wieder tiefer in sie hinein glitt, sie beide kamen zugleich, während er sich in ihr ergoss und sie beide kurz befriedigt erschlafften. Als er sich aus ihr zurückzog, drehte sie sich auf den Rücken und spreizte die Beine. „Du wirst doch wohl noch nicht fertig sein oder? Wir haben eine ganze Nacht vor uns.“, schnurrte sie und lachte freudig, als er erneut in sie glitt.

 

Das heiße Wasser war eine wahre Wohltat, als es sich über Haleys, geschundenen aber sich aus bestimmten Gründen wieder auf Normaltemperatur befindenden Körper ergoss. Entspannt lehnte sie sich im Badezuber zurück und legte den Kopf genüsslich in den Nacken, als Lyr den zweiten Eimer des dampfenden Wassers über ihr ausgoss und damit allmählich den Badezuber für sie beide füllte. Es war seltsam, wenn man erstmal einige Zeit durch einen Schneesturm gestapft und gerannt war konnte heißes Wasser nicht mehr zu heiß sein. Stattdessen schien dem Körper jeder zusätzliche Grad des Wassers willkommen zu sein. Als auch er sich im Zuber nieder ließ, löste sie sich vom Rand und schmiegte sich wieder an ihn. Sie wusste dass sich ihre Wege bald wieder trennen würden und das eine Beziehung mit diesem Mann keine Zukunft hatte, doch mit ihm zusammen zu sein fühlte sich einfach gut an. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann Sex jemals so gut gewesen war und wann ein Kuss jemals so gut geschmeckt hatte wie der von seinen Lippen. Sie bereute nichts und sie würde auch den Rest dieser Nacht, nichts was sie tat bereuen. Sie hatte sich entschieden, diese Nacht würde sie ihm gehören. Das Morgen war völlig egal, diese Nacht wollte sie einfach nur genießen. Es würde kein böses Erwachen am nächsten Morgen gebe, denn vor dem Bad, bevor sie miteinander schliefen hatte sie zwei Blätter Teufelsnessel in die letzten Reste ihres Apfelweins gerieben. Ein Mittel was besser zur Verhütung nutzte, als viele andere Kräuter und Rezepturen, die Kräuterkundige einem andrehten. Ein passender Name für eine Pflanze mit solchen Eigenschaften, wenn sie genauer darüber nachdachte. Sie schlang die Arme um ihn und setzte sich auf seinen Schoß, sofort spürte sie seine Erregung, die sanft von unten gegen ihren Hintern drückte und musste lächeln. Auch sie hätte nichts gegen eine weitere Runde einzuwenden. Sie begann ihren Hintern an seinen Unterleib zu reiben, doch bevor er darauf reagieren konnte klatschte sie ihm einen mit warmen Wasser vollgesogenen Schwamm ins Gesicht und begann, während sie ihre Hüftbewegungen bei behielt sanft sein Gesicht von den Resten des Bestienbluts zu befreien. Listig und lüstern zugleich blickte sie ihn an, als sie den Schwamm von seinem nassen Gesicht hob um nun auch ihre Brüste wieder an ihn zu schmiegen. „Ich bin immer noch etwas irritiert…“, lächelte er sie an und küsste sie, was sie mit Freuden erwiderte. „Es gibt keinen Grund dich irritiert zu fühlen… Du gefällst mir einfach, ich hab das nicht aus Gefälligkeit getan, weil du mir das Leben gerettet hast oder mir geholfen hast… Ich habe es getan, weil ich es wollte. Denk nicht weiter darüber nach, genieß es einfach.“, seufzte sie sanft, als ihre Lippen sich wieder voneinander getrennt hatten. „Aber…“, begann er, doch sie legte ihm Lächelnd einen Finger auf die Lippen. „Denk nicht weiter drüber nach, diese Nacht will ich die Deine sein und ich werde mich dir hingeben so oft und so lange wir wollen. Denk einfach nicht an das Morgen, denn dann werden wir getrennte Wege gehen.“, gab sie mit sanfter, schnurrenden Stimme zurück und küsste ihn erneut. Diesmal leidenschaftlicher und fordernder, als zuvor. Er schluckte und lächelte dann. „Du scheinst dir das ja gut überlegt zu haben.“, seufzte er leise und schaute sie fest an. Sie nickte und kicherte dabei. „Besser als du denkst, ich habe dich mir ausgesucht und deshalb werde ich dich heute Nacht nicht mehr los lassen. Oder möchtest du los gelassen werden?“, gab sie zurück und grinste schelmisch. Er erwiderte das Lächeln und küsste sie kurz. „Nicht heute Nacht.“, entgegnete er und sie fuhr fort seinen Körper mit dem Schwamm abzuwaschen. Er hatte Narben, viele, tiefe Narben. Über die Brust verliefen fünf große parallel zueinander verlaufende Narben, wie Kratzspuren, am Nacken, links neben dem Hals verlief eine wulstige Narbe, als rühre sie von einem Biss her, eine ähnliche Narbe befand sich an der rechten Seite des Bauchs. Sie war sich sicher, dass sein Rücken nicht besser aussah, doch das einzige was sie wirklich verwunderte war eine Narbe an der rechten Schulter, sie sah nicht aus wie ein Biss oder eine Krallenverletzung, viel mehr sah es aus, als hätte man mit einer normalen Klinge einen Teil der Haut abgezogen. An der linken Schulter prangten noch immer die drei Schnittwunden auseinander, die ihm der Ghul zugefügt hatte, jedoch schienen sie bereits zu verheilen. Dennoch sollte die Wunde genäht werden. „Ich werde jetzt deine Wunde reinigen und nähen, einverstanden?“, vergewisserte sie sich nach und schaute ihm tief in die Augen. „Ach die? Die hab ich schon total vergessen.“, grinste er schelmisch. „Matcho…“, seufzte sie, stand auf und zog ihre Tasche an sich heran. Daraus zog sie Nadel und Faden und ein Fläschchen mit einer trüben Flüssigkeit. „Was ist das?“, stellte Lyr eine Frage als er das Fläschchen betrachtete. „Glaub mir… Das willst du gar nicht wissen.“, gab sie zurück und grinste. „Bist du dir sicher?“, entgegnete er und erwiderte ihr Grinsen. „Ja, wenn du nämlich nicht fragst, zeige ich dir später, was ich mit denen hier noch so alles machen kann.“, grinste sie und wackelte lasziv zuerst mit den Brüsten und dann mit den Hüften. Lyr seufzte, schloss kurz die Augen, kniff sich selbst in den Arm, öffnete wieder die Augen und vollführte dann eine Geste, die so viel bedeuten sollte wie: ‚Meine Lippen sind versiegelt‘ Haleys Grinsen wurde breiter und ließ sich wieder auf seinem Schoß nieder, rieb noch einmal kurz ihren Hintern an ihm um seine volle Aufmerksamkeit zu bekommen, die ihr ohnehin gewiss zu sein schien, dann träufelte sie etwas von dir trüben Flüssigkeit über die Wunde. Es mussten wahnsinnige Schmerzen sein, doch Lyr schrie nicht. Um ein Aufschreien weiterhin zu verhindern verschloss sie seine Lippen mit ihren. Diese Wunde würde sich nicht entzünden, mit viel Glück würde sie auch nicht vernarben, jedoch stand dies wohl in den Sternen. Sie lächelte ihm entschuldigend zu und begann die Wunde mit geschickten Händen zu vernähen. „Sag mal… Die Narbe an deiner rechten Schulter… Wovon kommt die?“, fragte sie geistesabwesend, während sie auf das Nähen konzentriert war. „Üble Geschichte… Ich werde sie dir erzählen, wenn wir uns mal wieder sehen…“, lächelte er herausfordernd. Sie blickte ihn mit hochgezogener Augenbraue an. „Du möchtest mich wieder sehen?“, hakte sie nach und setzte den letzten Stich, dann durchtrennte sie den Faden mit den Zähnen. „Klar.“, gab er zurück und lächelte sie an. „Warum?“, hakte sie nach, sie konnte es einfach nicht lassen, was sie hatten war nur Sex, nicht mehr, obwohl es, wie sie zugeben musste guter Sex war.  „Naja… Lebendköder sind eben schwer zu finden.“, entgegnete er mit Unschuldsmiene und erneut musste sie lachen, spielerisch schlug sie ihm auf die Backe. „Wie wärs wenn ich dir im Zimmer zeige was ein Lebendköder so alles kann?“, lachte sie ruhig und mit verführerischem Zwinkern. „Ich glaube ich habe dir auch noch nicht die ganze Pracht meiner Schwertkunst gezeigt.“, entgegnete er verschwörerisch und blinzelte ihr zu.

 

Sanft strich Lyr über ihren Arm und ihre nackte Seite, irgendwann in der Nacht hatte sich der Verband an ihrem rechten Arm gelöst, darunter war eine Tätowierung zum Vorschein gekommen. Eine Tätowierung die eine schwarz-grüne Schlange mit bedrohlich aufgerissenen Maul und geschlossenen Augen zeigte. Ein eher untypisches Motiv für eine Frau wie sie, jedenfalls, wenn man von den anderen Tätowierungen auf ihrem Körper ausging, die zumeist ineinander verschlungene Kreise und Knoten zeigten. Über ihrer Brust, auf ihren Beinen, auf der linken und rechten Schulter, eines zwischen den Schulterblättern und eines, von ihrem langen Haar zumeist verdeckt auf ihrer Stirn. Die Motive waren unterschiedlich groß, zeigten ähnliche verschlungene Linien, doch keines der Symbole ähnelte einem Anderen. Ihre Tätowierungen störten ihn nicht, eher im Gegenteil, an ihr machte es einen zusätzlichen Reiz aus. Er lächelte, als er ihren nackten Körper betrachtete, der vollkommen entspannt, zu ihm gewandt da lag. Es war eine unglaubliche Nacht gewesen, noch nie hatte er sich bei einer Frau so lebendig gefühlt. Sanft küsste er ihre Stirn und strich ihr eine Haarsträhne zur Seite, die das Symbol auf ihrer Stirn verdeckte. Mit einem Mal war er sich sicher, dieses Symbol schon einmal gesehen zu haben, doch er konnte absolut nicht sagen, woher. Ein wohliges Seufzen erklang aus ihrer Richtung, als sie allmählich die Augen öffnete. „Hey…“, seufzte sie lächelnd und schaute ihm ins Gesicht. „Ich dachte du wärst schon weg…“, fügte sie lächelnd hinzu, sie klang glücklich darüber, dass er nicht einfach verschwunden war. „Wieso sollte ich davon laufen?“, hakte er nach und lächelte sie freundlich an. „Manche Leute machen das bei einem One-Night-Stand und normalerweise ist es genau diese Art Mann, an die ich immer gerate. Danke, dass du nicht einfach gegangen bist.“, gab sie sanft zurück und kuschelte sich an ihn. „Was hast du jetzt vor?“, fragte Lyr und streichelte sanft über ihre Seite und ihren Rücken. „Erstmal werde ich noch etwas liegen bleiben und deine Gesellschaft genießen, ich schätze heute Mittag werde ich dann in Richtung Norden reisen.“, erklärte sie abwesend, während sie ihre Wange an seine Brust schmiegte und zuließ, dass er einen Arm um sie legte um sie sanft zu sich zu ziehen. „Ich werde nach Varanlar reisen, das ist zwei Tagesmärsche in Richtung Westen… Ein neuer Auftrag. Schade… Ich wäre gerne noch weiter mit dir gereist…“, er lächelte versaut und sie schlug ihm spielerisch gegen die Brust. „Das kann ich mir denken du kleiner Perverser.“, grinste sie und seufzte dann. „Es war eine schöne Nacht… Auch wenn ich die nächsten paar Tage Schwierigkeiten haben werde graziös zu laufen. So oft wie mir diese Nacht miteinander geschlafen haben bin ich etwas… Naja… Egal.“, sie grinste und errötete leicht. Er grinste und zog sie an sich. „Ich hoffe es hat sich wenigstens gelohnt.“, gab er lächelnd zurück und sie schaute ihn an. „Ja… Es war interessant.“, entgegnete sie frech. „So so… Interessant also…“, grinste er und begann ihre Brust zu massieren. Sie schaute ihn erst irritiert, dann schmunzelnd an. „Immer noch nicht genug?“, fragte sie mit einem breiten Grinsen. „Ach ich dachte mir, da das Zimmer bis Mittag bezahlt ist könnten wir eine kleine Interessengemeinschaft gründen und unsere Forschungen zum Thema Interessant etwas erweitern, ich persönlich finde dich… und auch das, was wir die ganze Nacht getan haben sehr interessant.“, gab Lyr schmunzelnd zurück und sie erwiderte seinen Blick, dann zog sie ihn auf sich und spreizte erneut die Beine für ihn.

 

Die Luft in der Taverne war noch immer so stickig, dass man glauben könnte, dass der Wirt über die Bedeutung und die Vorteile eines Fensters nicht genau Bescheid wusste. Zwar hatte sich der penetrante Alkoholgestank allmählich gelegt, trotzdem lag die Note der menschlichen Ausdünstung noch immer zum Schneiden dick in der Luft. Hätte Haley nicht die ganze Nacht dafür genutzt hätte auf das Andenken ihrer Unschuld zu spucken, wäre sie sich in dem Moment, als sie den Hauptraum der Taverne betreten hatte wahrscheinlich geschändet vorgekommen. Sie lächelte bei dem Gedanken an die letzte Nacht und streckte sich lasziv, wohl wissend, dass Lyr, der hinter ihr den Gastraum betreten hatte, sie genau beobachten konnte. Sollte er ruhig einen letzten Blick auf das erhaschen, was er jetzt los ließ. Innerlich seufzte sie. Es war schade, dass sich ihre Wege so schnell trennen mussten, doch ihre Wege verliefen ab hier getrennt. Varanlar, lag nicht mal ansatzweise auf ihrem Weg, aber sie wurde das Gefühl nicht los, dass sie sich eines Tages wieder sehen würden. Aber wahrscheinlich handelte es sich bei diesem Gedanken lediglich um eine Hoffnung, die ihre unschuldige Seite sponn um die Tätigkeit der letzten Nacht ansatzweise zu rechtfertigen. Ihre Mutter hatte ihr immer gesagt, dass sie sich nur einem Mann hingeben durfte, den sie liebte. Eine Regel, die sie bis zum heutigen Tage sehr oft und zum Teil auch sehr gerne gebrochen hatte. Sie bezweifelte stark, dass ihre Mutter sich der Tatsache bewusst gewesen war, dass sie für ihren Mann, Haleys Vater nichts weiter als ein Forschungsobjekt gewesen war. Sie hatte sich vorgenommen niemals in ihrem Leben einem Mann so zu verfallen, dass sie für dessen Taten blind wurde, auch wenn das bedeutete, dass sie das, was ihre Mutter immer die wahre Liebe genannt hatte, niemals finden würde. Sie brauchte keinen Mann, die einzige Person, auf die sie sich verlassen konnte war sie selbst und das konnte ruhig so bleiben. Wenn man keine Erwartungen an eine bestimmte Person hatte konnte man auch nicht von ihr enttäuscht werden. Doch wäre es wirklich so schlimm von ihrem Plan abzuweichen, was tat sie hier? Sie versuchte dem Einflussgebiet ihres Vaters zu entkommen. Ihre Flucht war jetzt bereits sieben Jahre her und ihr Vater hatte ihr bis heute keinen einzigen Agenten hinterher geschickt, der sie zurückholen sollte. Es war fast so als würde sie für ihn, seit diesem Tag vor 13 Jahren einfach nicht mehr existieren. Und dennoch brachte sie Tag für Tag mehr Abstand zwischen ihn und sich selbst. Sie tat nichts anderes als weg zu laufen und das jetzt seit sieben Jahren. Vielleicht wurde es Zeit einen neuen Kurs einzuschlagen. Vielleicht sollte sie Lyr doch bis nach Varanlar begleiten, was konnte es schon schaden? Was hätte ihre Mutter dazu gesagt? Lyr war ein guter Mann. Er sah sie nicht als Objekt, sondern als Mensch, was zu vielen Männern, denen sie bisher beigelegen hatte ein großer Fortschritt war. Er würde ihr vieles beibringen können mit dem sie in der Wildnis überleben konnte, mal ganz davon abgesehen, dass sie nicht mehr einsam wäre und nachts mit ihm das Lager teilen konnte… Doch wäre das wirklich ratsam? Vielleicht würde sie irgendwann mehr für ihn empfinden, als es gut für sie war. Vielleicht würde er stärkere Gefühle für sie entwickeln oder er würde eines Nachts einfach weiter ziehen und sie alleine zurück lassen, weil er ihrer überdrüssig wurde. Eine Alternative, aber was würde sie sonst tun? Immer weiter in den Norden ziehen, bis zum Nordwall, einem Gebirge, was die Grenze des Einflussgebiets ihres Vaters da stellte. Und dann? Sich eine neue Existenz aufbauen? Wovon? Sie war keine ausgebildete Kämpferin, konnte nicht besonders gut kochen und sich als Prostituierte oder Haushälterin für andere zu erniedrigen kam für sie nicht in Frage. Vielleicht konnte sie einem reichen Adligen schöne Augen machen, der sie heiraten und als Gebärmaschine benutzen würde, ehe er sich ein paar Jahre später eine andere Geliebte halten würde. Wie sie es drehte und wendete, um sich ein neues Leben aufzubauen benötigte sie Geld oder Fähigkeiten, die nicht jeder hatte. „Sag mal Lyr…“, begann sie und suchte seinen Blick, der sie freundlich musterte. „Ja?“, fragte Lyr nach, als sie nichts mehr sagte.  Sie schüttelte den Kopf und lächelte. „Schon gut.“, seufzte sie abwesend und Lyr schaute sie besorgt an. „Sicher?“, hakte er nach und sie zögerte. „Ich würde gerne… Noch etwas länger mit dir reisen… Dich ein wenig besser kennen lernen und ich möchte… lernen, wie ich da draußen überlebe.“, erklärte sie brüchig und vermied es ihm in die Augen zu sehen. „Du möchtest mit mir zusammen Monster jagen?“, fragte er nach und schaute sie etwas irritiert an. „Vielleicht fürs Erste… Weißt du… Ich habe das Gefühl, dass ich vor mir selbst weg laufe… Und jetzt wo sich mir die Gelegenheit bietet zu dem, was ich will Ja zu sagen… Will ich es wenigstens mal versuchen… Willst du mir zeigen wie man kämpft und einen Teil des Weges mit mir gehen?“, gab sie zurück und schaute betreten zu Lyr. Er schien darüber nach zu denken. „Lebendköder sind schwer zu kriegen.“, seufzte er letztendlich und lächelte ihr zu. Sie schlug ihm spielerisch gegen den Arm.

Kapitel 4 - Gespenster

 

Der Weg war nicht ganz so beschwerlich, wie in der Nacht zuvor was offensichtlicher Weise an zwei Indikatoren liegen musste. Weder schneite es wie Sau, noch war es dunkel wie in einem schlecht besuchten Darkroom. Sie seufzte auf, wieder kannte ihre Logik keine Grenzen. Ein Darkroom war immer dunkel, egal ob er gut oder schlecht besucht war. Das glaubte sie jedenfalls, immerhin hatte sie noch nie einen besucht. Jedenfalls nicht, dass sie es wüsste, aber es war unwahrscheinlich, dass sie jemals betrunken genug gewesen war um einen Filmriss zum Opfer gefallen zu sein. Nein. Die Macht, die sich mit ihr den Körper teilte neutralisierte jede Art von Gift innerhalb weniger Sekunden auf ein absolutes Minimum, was einem erwachsenen Menschen kaum gefährlich werden konnte, dazu kam, dass diese Macht auf natürliche Art und Weise ein Gegengift für jedes Gift zu generieren schien, mit dem sie in ihrem jungen Leben bereits in Berührung gekommen war. Sie konnte verboten viel trinken bevor der Alkohol auch nur im Mindesten eine Wirkung zeigte. Das war auf Dauer wirklich frustrierend, vor allem, wenn man einmal tatsächlich der Lieblingstätigkeit eines gelangweilten Söldners nachgehen wollte. Sich selbst solange betäuben, bis die Erinnerungen aufhörten ihn zu quälen. Das Fazit war, dass sie in ein finanzielles Loch fallen würde, wenn sie tatsächlich mal genug getrunken hätte, dass auch nur ihre Fingerkuppen taub wurden. Sie hob den Blick und betrachtete den gutaussehenden Mann an ihrer Seite, der die Kapuze vom Kopf gezogen hatte um den Tag besser genießen zu können. Sie lächelte. Lyr war wohl der Traum jeder Jungfrau, die verschüchtert zuhause saß und dort auf die Errettung von der Langeweile durch einen Prinzen in schillernder Rüstung hoffte. Zwar war Lyr kein Ritter und seine Rüstung, wenn man seine Kampfgarderobe so nennen konnte, glänzte höchstens vom Blut oder der Gehirnmasse eines Monsters, was er zuvor mit seinem Schwert hingerichtet hatte, aber ansonsten erfüllte er viele der Kriterien, die sie vor nicht allzu langer Zeit, in ihrer verschwendeten Jugend, selbst angeschmachtet hatte. Er sah gut aus, war athletisch gebaut, lockte eine Jungfrau weder in eine finanzielle noch in eine verpflichtende Falle um nicht nur Äußerlichkeiten zu nennen. Außerdem hatte er ihr bei mindestens einer Gelegenheit das Leben gerettet, was wenigstens in ein paar wenige der umstrittenen Rittertheorien passte. Viele Ritter fordern nach dem geretteten Leben meist einen Kuss, einen Tanz, ein Abendessen und in eher einschlägigeren Quellen auch mal eine Nacht voller Leidenschaft oder eben Peitschenhieben oder Fesselspielchen und Gehorsam… Lyr allerdings hatte nichts von alldem gefordert, statt dessen hatte er wortlos das Monster, was ihr auf den Fersen geklebt hatte erschlagen, es einen Kopf kürzer gemacht und dann versucht den Kopf, den er als Beweis für den Tod des Monsters gebraucht hatte allein ins Dorf zu schleppen. Bei einem Kopf, dessen Besitzer ein paar Stockwerke größer war, als der Handelsübliche Mensch hätte sich das als ziemlich schwierig heraus gestellt, deshalb war sie es gewesen, die ihm ihre Hilfe angeboten hatte. Um selbst keinen naiven Jungfrauenklischee zu unterliegen vermied sie den Gedanken daran, dass er sie aus einer weiteren Notlage gerettet hatte und sie, auch wenn es mit dieser Tatsache keine Gemeinsamkeit gab, danach mit ihm geschlafen hatte. Und zwar sehr oft und wie sie auch jederzeit gerne zugegeben hätte sehr gerne. Er war ein unglaublicher Liebhaber. Sie versuchte den Gedanken an das alte Sprichwort „Übung macht den Meister“ zu verdrängen, doch sie hatte sich bereits eingestanden, dass sie auf keinen Fall seine erste Affäre gewesen war. Allerdings vielleicht die Erste, die plante diesbezüglich rückfällig zu werden. Ein freudiges Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, dann jedoch überwandte sie den Gedanken daran, was Nachts in ihrem Lager geschehen würde und schaute erneut zu ihm. „Sag mal Lyr… Dieser Auftrag… Worum geht es da?“, fragte sie und sprach dieses Thema nun zum ersten Mal an. Lyr verzog kurz das Gesicht als sei ihm der Gedanke an dieses Thema wirklich unangenehm, dann jedoch stieß er einen Seufzer aus. „Seit einiger Zeit werden in dem Dorf Varanlar Kinder entführt, des Weiteren werden an den Morgenden, an denen Nachts zuvor keine Kinder entführt wurden oft verweste Männerleichen gefunden.“, erklärte er etwas zurückhaltend, was ihr gegenüber zeigte, dass er noch keine Genaue Vermutung hatte was genau sie dort jagen würde. Bei dem Gedanken, dass der erfahrene Jäger unter ihnen selbst noch nicht weiter wusste, lief es ihr eiskalt den Rücken herunter. Immerhin war dies die erste Monsterjagd an der sie sich beteiligte. Er stieß einen Seufzer aus und sie begutachtete ihn mit mitfühlendem Blick. „Hast du schon eine Vermutung?“, hakte sie nach, sie hatte nicht fragen wollen, doch der Gedanke, dass es ein Monster vorrangig auf Kinder abgesehen hatte ging ihr an die Nieren. „Zu viele.“, seufzte Lyr und ließ die Hände in den Taschen seines Kapuzenmantels verschwinden. Sie schaute ihm verblüfft hinterher. Offensichtlich hatte sie ihn unterschätzt. Er war nicht ahnungslos, mit welchem Monster er sich anlegen musste, sondern es gab zu viele Alternativen zwischen denen er wählen konnte. „Okay, das klingt doch wenigstens schon Mal ein Anfang.“, lächelte sie und zog Notizbuch und Stift aus ihrer Manteltasche. Am Morgen hatte sie Lyr dabei beobachtet, wie er einen Eintrag in seinem Notizbuch erweitert hatte. Wie sie neidlos hatte anerkennen müssen war er auch ein sehr geschickter Zeichner und hatte ihr damit bewiesen, dass das Notizbuch eines Jägers, nicht wie von ihr zuvor erwartet hauptsächlich die Zeichnungen von weiblichen Brüsten enthielt, sondern tatsächlich nützliche Informationen. Jedenfalls galt das für sein Notizbuch. „Was geht dir so durch den Kopf?“, fragte Haley lächelnd und er warf ihr einen freundlichen Blick zu, als er das Notizbuch in ihren Händen sah wurde sein Lächeln nur noch breiter. Er war wahnsinnig attraktiv, wenn er lächelte. Na Klasse, jetzt wurde ihr das Klischee der einsamen Jungfrau wohl doch noch gerecht, mal von der Tatsache abgesehen, dass sie ihren Hauptpreis in einer Nacht bereits öfter vernascht hatte, als die meisten schmachtenden Frauen wohl in einer ganzen Woche auch nur daran dachten. Er sog tief den Atem ein. „Ich kann mich nicht entscheiden… Das Verhalten mit den vermissten Kindern erinnert an Wechselbälger, diese allerdings würden die Kinder durch Replikate ersetzen um sich an den Müttern zu nähren, außerdem passt die Sache mit den verwesten Männerleichen nicht. Wenn wir mal logisch denken und die Tat einer Kreatur und nicht zweien zuordnen passen nur sehr wenige Monsterarten zu den verwesten Männerleichen, aber keine dieser Monster hat normalerweise das Verlangen Kinder zu entführen oder zu fressen.“, gab Lyr zurück und Haley dachte darüber nach. „Warum hältst du es für so unwahrscheinlich, dass wir zwei verschiedene Monster jagen?“, gab sie ihrer Neugier nach und stellte die nächste Frage. Er zuckte mit den Schultern. „Das würde nicht passen. Monster legen oft ein ziemlich starkes Revier- und Territorialverhalten an den Tag. Normalerweise konzentrieren sie sich erst darauf den Wilderer in ihren Revieren auszumerzen, ehe sie wieder dazu übergehen dem gewohnten Tagesablauf zu folgen.“, entgegnete Lyr und blickte dabei grübelnd gen Himmel. „Hmm… Nehmen wir einmal an, dass es sich um zwei verschiedene Monster handelt, die in Varanlar ihr Unwesen treiben… Das Eine tötet erwachsene Männer, das Andere entführt und frisst Kinder… Wieso sollte sich das Eine vom Anderen bedroht fühlen?“, erwiderte Haley und Lyr schien wirklich über ihren Vorschlag nach zu denken. „Die Möglichkeit besteht, jedoch ist es immer noch unwahrscheinlich. Viele Monster folgen ihren tierischen Instinkten und versuchen allein aus diesem Grund mögliche Gefahren aus dem Weg zu räumen. Vernunftbegabte Monster denken zwar weiter und könnten sich zu deiner Theorie hingezogen fühlen, jedoch kämen sie früher oder später zu einem Schluss, der sie davon überzeugt, dass das andere Monster auch in ihrem Revier wildern, wenn auch nur indirekt.“, erläuterte Lyr fachmännisch und Haley konnte nicht anders als die nächste Frage zu stellen. „Was meinst du mit, sie wildern indirekt im Territorium des Anderen?“, stieß sie die nächste Frage in einem Anflug von Wissensdurst aus. „Denk mal genau darüber nach. Monster A entführt Kinder und tut was auch immer mit ihnen, jedenfalls kehren sie nicht zu ihren Eltern zurück, Monster B tötet erwachsene Männer. Zwar scheint das erstmal eine annehmbare Situation für beide dar zustellen, allerdings sind Vernunftbegabte Monster oft an langfristigen Perspektiven interessiert. Wenn Monster A  also Kinder tötet, hindert es die Jungen darunter daran zu erwachsenen Männern zu werden, also fallen die männlichen Kinder langfristig gesehen nie in das Beuteshema des Anderen, womit Monster A, Monster B Nahrung vorenthält. Monster B tötet erwachsene Männer, die Monster A allerdings dazu benötigt ihre Frauen zu schwängern um neue Nahrung in Form von Kindern zu generieren.“, gab Lyr zurück und Haley musste unwillkürlich nicken. Wenn man einmal darüber nachdachte war es vollkommen logisch. „Gut… Wir haben es also mit einem Monster zu tun… Aber wenn es so ist… Was ist unser Gegner?“, stellte Haley erneut die Frage der Fragen auf und nötigte Lyr damit ein sanftes Lächeln ab. „Willkommen in meiner Welt.“, grinste er zur Antwort und auch Haley musste lächeln. In diesem Fall würde wohl gründliche Recherche von Nöten sein. Wie dem auch sei, sie würde noch ein wenig mehr Zeit mit diesem Mann verbringen, was nicht nur in ihren Hüften eine freudige Erregung auslöste, sondern auch ihre Wangen erröten ließ. ‚Verdammt nochmal, benimm dich wie eine erwachsene Frau und nicht wie ein pubertierendes Mädchen.‘, schollt sie sich selbst für ihre Gedanken und grinste dann. „Alles okay?“, fragte Lyr, der gesehen hatte, wie sie errötet war. Sollte sie zurück segeln oder zum Angriff übergehen? „Alles bestens, ich habe nur grade an bestimmte Dinge gedacht.“, grinste sie und wusste genau, dass kein Mann eine solche Aussage ohne Nachfrage bestehen lassen konnte. „Bestimmte Dinge?“, hakte er nach und zog eine Augenbraue nach oben. Sie grinste. Bingo. „Na eben Dinge, die ich heute Nacht zu wiederholen gedenke.“, grinste sie wohlwissend, dass er diesen Wink verstehen würde. Er blinzelte und seine Gesichtszüge spannten sich an, doch das alles half nichts dabei, dass auch ihm kurz die Röte ins Gesicht stieg. „Womit werden wir beginnen, wenn wir im Dorf angekommen sind?“, stellte Haley eine Frage und Lyr griff den Gesprächsfaden dankbar auf. „Erstmal werden wir uns die Orte ansehen, wo die Kinder verschwunden sind, dann kommen die Fundorte der Leichen an die Reihe.“, sagte er und sie nickte. „Gut. Worauf muss ich bei solchen Orten achten?“, ging sie weiter und Lyr dachte darüber nach. „Das ist schwer zu sagen. Meistens sind die Wunden der Leichen ausschlaggebend um das Monster zu identifizieren, was  sie getötet hat. „Und an den Orten der Entführung?“, erkundigte sich Haley eifrig, was Lyr zu imponieren schien. „Ein Monster hinterlässt Spuren, wenn es keine hinterlässt können wir mindestens davon ausgehen, dass es vernunftbegabt ist.“, gab Lyr zur Antwort und Haley nickte, sie hatte verstanden. Intelligente Monster, die nicht von ihrem Instinkt geleitet wurden. Sie hatte in der Bibliothek ihres Vaters viel über dieses Thema gelesen, über Vampire oder verfluchte Geschöpfe, uralte Hexen und seltene Kreaturen, die sowohl mächtig wie auch intelligent waren. Sie erinnerte sich an die Zeit, in der ihr Leben noch sorglos gewesen war, erinnerte sich an das lächelnde Gesicht ihrer Mutter, die mit ihr spielte und die Momente ihrer Kindheit, in denen ihr von ihrem Vater tatsächlich Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Diese Zeit schien so weit hinter ihr zu liegen, all das schien so lange her zu sein, dass es schon fast schwierig sich diese Tage in Erinnerung zu rufen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass ihr Vater ihr gegenüber wirkliche Gefühle gezeigt hätte und im Moment bezweifelte sie auch, dass in ihrem Vater so etwas wie Gefühle hätten wachsen können. Er war ein herzloser Bastard, der ihre Mutter als Mittel zum Zweck geheiratet hatte, sie benutzt hatte bis sie gestorben war. Nach dem Tod ihrer Mutter war sie im Ansehen ihres Vaters gestiegen. Nicht so, dass er sich ihr gegenüber wirklich wie ein Vater verhalten hätte, sondern darin, dass er sie immer wieder in sein Labor gebeten hatte um… Sie wollte nicht darüber nachdenken. Sie hatte keine stabile Erinnerung an diese Momente und ging davon aus, dass ihr damals kindlicher Verstand das Vergessen gewählt hatte um nicht an dem, was sie dort in seinem Labor erlebt hatte zu zerbrechen. Was auch immer. Diese Zeit war lange vorbei und eher fror die Hölle zu, als das sie irgendjemanden jemals wieder gestattete, sie auf eine solch heimtückische Art und Weise zu benutzen. Sie erkannte Lyrs Gesicht vor sich und erkannte so etwas wie Besorgnis in ihrem Blick. „Tut mir leid, ich war kurz wo anders…“, echauffierte sie sich und blinzelte kurz um wieder einen klaren Blick zu erhalten, erst jetzt bemerkte sie die Tränen, die ihr die Wangen hinunter glitten. Na klasse. Jetzt hielt er sie bestimmt für eine Heulsuse. Er kam auf sie zu und wischte ihr die Tränen weg, dann legte er die Arme um sie und drückte sie an sich. „Was?“, begann sie, doch sie spürte, wie er sanft den Kopf schüttelte. „Ich hatte einfach nur das Verlangen dich zu umarmen.“, erklang seine freundliche Stimme über ihr, was ihr einen wohligen Schauer über den Rücken jagte. Er war wirklich ein seltsamer Kerl. Sie waren nicht zusammen, kannten sich nicht mal lange und doch schien er ein Gespür dafür zu haben, wie sie sich fühlte. Natürlich waren Tränen ein klarer Indikator dafür, dass es ihr nicht gut ging, doch im Gegensatz zu den meisten anderen Männern, die sie kannte hatte er nicht Spott und Hohn, sondern mit Zärtlichkeit darauf reagiert. „Ähm… Wie lange ist es noch bis zum Dorf?“, seufzte Haley und spürte, wie sie sich unterbewusst an ihn kuschelte. „Nicht mehr weit, wir sollten heute ankommen, wenn wir die jetzige Laufgeschwindigkeit beibehalten.“, grinste er und nickte zu einem einsam in der Prärie stehendes Schild mit der Aufschrift ‚Willkommen in Varanlar.‘, hinter dem Schild lag ein Hügel, hinter dem sich wahrscheinlich das Dorf erstrecken würde. Sie kicherte. „Gut… Dann können wir ja noch ein wenig so stehen bleiben.“, erklärte sie und Lyr lächelte ihr zu. „So lange, wie du willst.“, entgegnete er.

 

Das Dorf Varanlar war in Aufruhr, als Lyr und Haley ankamen. Immer wieder wuselten Menschen um sie herum und betrachteten hauptsächlich Lyr, der noch immer die beiden Schwerter auf dem Rücken trug, womit er wie ein waschechter Inquisitor wirkte. Etwas was er nicht grade an seinem Auftreten mochte. Immer wieder wurden Stimmen von jungen Damen laut, die Dinge sagten wie: „Hoffentlich nimmt der Spuk jetzt endlich ein Ende“ und „Bitte findet mein Kind.“. Lyr atmete tief ein, versuchte das Leid, was um ihn herum offenkundig war zu ignorieren, doch es funktionierte nicht. Wie lange die Einwohner des Dorfes mittlerweile wohl schon unter dem Terror der Kreatur zu leiden hatten? Darauf konnte es nur eine Antwort geben. Zu lange. Eine Frau, die in etwas kostbarer wirkenden Kleidern auf sie zukam wirkte abgekämpft, obwohl sie noch sehr jung war. Haley betrachtete sie kritisch, während sie genau auf sie zukam und sich vor Lyr verbeugte. „Mein Name ist Vallyra, ich bin die Bürgermeisterin von Varanlar, es ehrt uns, das ihr uns in den Tagen der Not zur Hilfe kommt Meister Inquisitor.“, erklärte die Frau und in ihrer Stimme schwang Respekt und Furcht mit, während sie vor Lyr auf die Knie ging und flehend die Hände nach ihm ausstreckte. „Bitte helft uns…“, seufzte sie nachhaltig und Lyrs Blick wurde finster. Er ging auf die Knie und schaute der Bürgermeisterin in die Augen. „Ich bin kein Inquisitor, doch ich bin hier um mich eures Monsterproblems anzunehmen.“, erklärte Lyr mit ruhiger Stimme, während die junge Bürgermeisterin ihn etwas irritiert musterte. Offensichtlich betrachtete sie ihn nun zum ersten Mal genauer. „Ihr seid kein Inquisitor?“, fragte sie und schaute ihm dabei in die Augen. „Nein, aber ich verstehe mich mindestens genauso gut auf die Jagd nach Monstern.“, erklärte Lyr mit einem Lächeln und die Bürgermeisterin atmete erleichtert auf. Anscheinend hatten die Einwohner dieses Dorfes etwas zu verbergen, jedenfalls vor der Inquisition. „Ihr habt nicht zu befürchten, dass ich damit beginne einen Scheiterhaufen zu errichten.“, erklärte Lyr mit Nachdruck, was der Bürgermeisterin ein Lächeln auf die Lippen zauberte. „Also gut… Am besten sehe ich mir direkt die Fundstellen und Entführungsorte an…“, begann Lyr mit einem Räuspern doch die Bürgermeisterin wies ihn mit einem freundlichen Kopfschütteln ab. „Die Nacht bricht an… Niemand sollte hier draußen sein, wenn es dunkel ist.“, erklärte die Frau mit fassbarer Angst in der Stimme. Lyr schaute sie kurz an, dann blickte er zu Haley. „Haley… miete doch schon mal die Zimmer… ich schaue mich hier um.“, erklärte er und Haley zögerte, bevor sie zu nicken begann. „Allerdings werden wir nur ein Zimmer brauchen… zwei wäre Geldverschwendung da wir ja ohnehin zusammen planen müssen.“, grinste Haley dann und warf Lyr einen anzüglichen Blick zu. Die Bürgermeisterin  verstand sofort und grinste Haley an. „Gut, dann werde ich alles Nötige in die Wege leiten und den Schlüssel in der Taverne für euch hinterlegen. Es ist nicht nötig euch zu trennen.“, lächelte die Bürgermeisterin und rieb sich abwesend die Hände. Haley lächelte Lyr an, der das Lächeln etwas peinlich berührt erwiderte. „Also gut… Als erstes würde ich mir gerne die Orte ansehen, an denen die toten Männer gefunden wurden.“, erklärte Lyr ruhig und schaute die Bürgermeisterin an. „Die könnt ihr nicht übersehen, selbst wenn ihr nicht danach sucht.“, entgegnete die Bürgermeisterin und lächelte. Lyr zuckte mit den Schultern, wandte sich in die Richtung, die wie das Dorfzentrum anmutete und ging los. Haley folgte ihm und schaute ihn an. „Was meinst du hat sie damit gemeint?“, hakte Haley nach und erfasste, dass Lyr stehen geblieben war und auf etwas zeigte. „Ich schätze, sie hat das gemeint.“, gab Lyr zur Antwort. Sie folgte seinem Blick und erstarrte. In einem perfekten Kreist mit einem Radius von ungefähr 3 Metern war das Gras abgestorben und der Boden hatte sich schwarz verfärbt. „Was zur Hölle stellt denn sowas an?“, stellte Haley eine Frage und Lyr zuckte wieder mit den Schultern. „Egal was es ist… Es ist sauer.“, antwortete er und ging auf den Kreis zu. Er legte eine Hand knapp über den Boden und Haley konnte den Puls der finsteren Magie spüren, die nach Lyrs Hand griff, doch nicht mehr stark genug war um sie zu erreichen. Ihr rechter Arm pulsierte und sie stieß einen ehrfürchtigen Seufzer aus. „Es hat uns einen magischen Fingerabdruck hinterlassen, auch wenn er nicht stark ist.“, flüsterte Lyr, mehr zu sich selbst, als zu ihr. Er erhob sich und ging weiter, besann sich auf die Struktur der dunklen Magie, die nach ihm gegriffen hatte und versuchte damit die nächste Stelle zu finden. Die nächste Stelle sah exakt so aus, wie die vorherige, die Magie war auch nicht stärker, eher mutete sie schwächer an. Lyr stieß einen enttäuschten Seufzer aus. „Schade. Anscheinend war die Stelle von eben die aktuellste.“, stieß Lyr aus und zog dann eine überraschte Miene. „Siehst du das?“, fragte er und deutete auf den Kreis. Haley erkannte rein gar nichts, sie beugte sich zu ihm herunter und schaute wieder auf den Kreis, doch nichts unterschied ihn von dem vorherigen. „Lass dir nichts anmerken… Wir werden beobachtet.“, erklärte Lyr so leise, dass sie ihn kaum verstand, doch die Botschaft war angekommen. Sie wiederstand dem Drang sich umzusehen. „Hmm… Nein… Ich muss mich geirrt haben.“, seufzte Lyr und schüttelte den Kopf. Er war ein guter Schauspieler, das musste man ihm lassen. Er verzog keine Miene. „Vielleicht sollten wir uns die Häuser ansehen aus denen die Kinder verschwunden sind.“, warf Haley ihren Einfall ein und Lyr nickte langsam. „Das klingt gut… Aber…“, er schaute gen Himmel, der sich langsam immer mehr verdunkelte. „Wenn dieses Vieh tatsächlich Nachts unterwegs ist wird uns niemand die Tür öffnen. Das Beste wäre es wohl einfach darauf zu warten, dass uns das Vieh besucht.“, erklärte Lyr und sah dabei ernst aus. „Wieso sollte es grade uns angreifen?“, hakte Haley nach und Lyr lächelte sie an. „Weil ich garantiert der einzige Mann bin, der blöd genug ist nach fünf Toten nachts durch die Gegend zu marschieren.“, antwortete Lyr, eine verstörend einleuchtende Antwort. „Allerdings solltest du schon mal ins Hotel gehen… Es reicht wenn das Vieh einen von uns angreift.“, begann Lyr doch Haley schnitt ihm rasant das Wort ab. „Das hättest du wohl gern. Du hast mir zwei Mal das Leben gerettet und ich werde mich jetzt dafür revanchieren.“, erklärte sie und Lyr grinste sie an. „Du hast ja wirklich wahnsinniges Vertrauen in meine Fähigkeiten.“, lächelte er, während Haley ihn finster anfunkelte. „Du hast keine Waffe…“, begann Lyr erneut und Haley packte ungeniert unter Lyrs Umhang und zog das Beil aus seinem Gürtel, mit dem sie den Ghoul getötet hatte. „Doch.“, erklärte sie ruhig. „Aber deine Kampferfahrung gegen Monster…“, versuchte Lyr es weiter, doch Haley unterbrach ihn erneut: „… Meine Kampferfahrung gegen Monster wird sich garantiert nie verbessern, wenn ich keine Erfahrung sammle.“. Lyr stieß einen Seufzer aus. „Also gut… Dann lass uns einen Monsterangriff provozieren und überleben.“, stieß Lyr ruhig aus und zog einen schwer deutbaren Gesichtsausdruck. „Nimm es nicht so schwer, vielleicht hast du ja noch eine Möglichkeit mich zu retten.“, grinste sie und blinzelte ihm freundlich zu. Er schüttelte den Kopf, ging auf sie zu und schaute ihr fest in die Augen. „Soll das ein Wettstreit werden?“, fragte Lyr mit einem angedeuteten Lächeln. Haley grinste ihn an. „Vielleicht.“, er kam ihrem Gesicht näher, wollte er sie etwa küssen? So ganz ohne Sex? Auf offener Straße? Sie spürte seinen Atem, wie er ihr Gesicht kitzelte und schluckte, sie schloss verlegen die Augen in stiller Erwartung die sanfte Berührung seiner Lippen auf ihren zu spüren, doch statt dessen hörte sie an ihrem Ohr das Flüstern. „Du hast keine Chance…“ Sie öffnete die Augen und blickte Lyr ins lächelnde Gesicht. Ihr Gesicht wurde heiß und es war kein Kunststück zu erraten, dass sie mehr als nur rot geworden war. Sowas durfte er nicht mit ihr machen. Okay, dann eben Rache. Sie zog ihn zu sich und küsste ihn. ‚Hah! Friss das!‘, hämmerte es in ihrem Kopf, doch dann wurde ihr Bewusst, dass sie ihn küsste. Sie waren nicht zusammen. Ein Kuss gehörte zu einem Pärchen, nicht zu Freunden… Naja… Freunden mit gewissen Vorzügen, doch selbst die sollten sich nur küssen, wenn sie miteinander schliefen oder? Ach egal, das ist kein bisschen seltsam, bestimmt nicht. Verdammt fühlte sich dieser Kuss gut an, er schmeckte Atemberaubend. Es war irgendwie anders, als in den Nächten zuvor. Sie würde nicht zulassen, dass er heute starb, nicht bevor sie heute Nacht gevögelt hatten, das Kribbeln in ihren Brüsten und das heiße Gefühl in ihrem Schoß brachten sie noch um. Das war nicht fair. Seine Zunge streichelte sanft die ihre und es fühlte sich einfach unbeschreiblich an, sie wollte seine Hände spüren, wie sie über ihren Körper strichen, sie wollte, dass er sie an sich zog, sie auszog und aufs Bett warf. Sie wollte ihn. Als sich ihre Lippen voneinander lösten, war es ein beinah körperlicher Schmerz, sie stieß einen bedauernden Seufzer aus. „Ich dachte mir nur… Bevor wir keine Gelegenheit mehr dazu haben…“, versuchte sie sich zu rechtfertigen und spürte wie sie rot anlief. Verdammt sah er gut aus. Er lächelte sie an. „Keiner von uns wird heute Nacht die Kurve kratzen.“, gab er mit einem Lächeln zurück und Haley spürte wie ihr Herz klopfte. Es war nur ein Kuss, warum hatte das so eine Wirkung auf sie? An Sexentzug konnte es nicht liegen. Bestimmt war es weil er so heiß war. Ja genau. Das musste es sein. „Jetzt heißt es also warten?“, fragte sie mit der schmerzhaften Gewissheit, dass sie nicht in zusammen im Hotelzimmer warten würden und sich die Zeit damit vertreiben würden einander die Kleider vom Leibe zu reißen. „Das heißt es wohl.“, lächelte er und zog das Schwert aus der Scheide, ging auf die Knie und ließ die Schwertklinge auf den Händen ruhen. Sie begab sich in die gleiche Position. Verdammt unbequem. Aber auf Dauer wahrscheinlich besser als der Schneidersitz. Sie legte das Beil auf ihre Oberschenkel und schloss die Augen, genau wie Lyr es tat. Dann warteten sie.

 

Die Mediation entspannte seine Muskeln und schärfte seine Sinne, während die Dunkelheit um ihn herum mehr und mehr zunahm. Neben ihr saß die deutlich spürbar nervöse Haley, die immer wieder auf dem Griff des Tomahawks herum tippte. Er konnte das Licht des Mondes spüren, wie es auf die Klinge seines Schwertes fiel, konnte spüren, wie das Metall der Klinge das sanfte Licht reflektierte. Mit ruhigen und gleichmäßigen Atemzügen atmete er den Duft der Nacht ein. Alles war ruhig und doch veränderte sich etwas in der magischen Struktur ihrer Umgebung. So wie das Tageslicht abgenommen hatte, war die Magie um sie herum dunkler geworden, hatte sich ins Dunkel verkehrt. Allmählich erhob sich Lyr und öffnete die Augen, als die Konzentration der dunklen Magie zum Schneiden dick in der Luft hing. Vor ihm schimmerte eine verweste Gestalt in der Luft, der Körper war transparent und trug schwarze Lumpen, während das Gesicht der Frau, was sicherlich einmal hübsch gewesen war in Fleischstreifen vom blanken Knochen hing. In den Augenhöhlen des Schädels brannte ein unbarmherziges rotes Licht. Der Unmenschliche Schrei peitschte durch die Nacht, und stob Lyr einen kräftigen Windstoß entgegen. Er regte sich nicht, erwiderte bloß den finsteren Blick der transparenten Gestalt, deren abgerissene Kleidung und verfaulte Hautfetzen sanft im Wind hin und her wehten. Haley öffnete die Augen, sprang auf und sofort einen Schritt zurück, als sie die Gestalt erblickte. Sie hob den Tomahawk zur Abwehr, doch die Gestalt schwebte einfach nur dort. Dicht vor ihnen und schaute sie aus diesen bösen, roten Augen an. Lyr ging einen langsamen Schritt rückwärts und wirbelte dabei mit dem Schwert herum um das Handgelenk zu lockern. Eine Erscheinung. Der Tageszeit nach zu urteilen handelte es sich um eine Nachterscheinung. Die Verwesung der männlichen Opfer sprach ebenfalls dafür, doch Nachterscheinungen entführten keine Kinder. Dieser Teil der Beweislage war unklar. Handelte es sich etwa doch um das Jagdgebiet zweier Kreaturen, die eine Art Einverständnis miteinander getroffen hatten? Nein Unmöglich. Nachterscheinungen wurden lediglich von ihrem Rachedurst und ihrem Hass getrieben, nur die wenigsten waren nach der Transformation noch in der Lage logisches Denken zu entwickeln. Die Erscheinung brüllte und warf Lyr Verwesungsgestank entgegen. Er verzog kaum merklich das Gesicht als ihm der heiße Atem der Kreatur entgegenschlug. Mit ernstem Blick betrachtete er das Monster vor sich. Es griff nicht an. Noch nicht. Langsam hob Lyr den linken Arm um ein verschnörkeltes Symbol in die Luft zu zeichnen. Feine Magie zog die gezeichneten Linien in der Luft nach und verschwand dann sofort, ehe sich ein Kreis aus verschiedenen Symbolen um ihn erstreckte. Der Kreis hatte einen Durchmesser von vielleicht 5 Metern, bei manchen Erscheinungen wirkte dieser magische Kreis Wunder und zwang die Geister in eine physische Gestalt in der sie für die Klinge anfälliger waren. Nachterscheinungen gehörten zu den gefährlichsten und grausamsten Gestalten unter den Erscheinungen. Sie hatten eine eigene Geschichte und reagierten alle auf verschiedene Reize, verhielten sich unterschiedlich und verfolgten immer ihr eigenes Beuteshema. Sie mussten sich nicht ernähren, sie töteten aus reinem Vergnügen am Leid der Opfer, die unter ihren Berührungen bei lebendigem Leibe zu verfaulen begannen. Worauf wartete diese Kreatur? Lyr tat einen weiteren Schritt zurück, doch die Gestalt, die vor ihm in der Luft schwebte regte sich nicht. „Was willst du Erscheinung? Warum bist du hier?“, stellte Lyr eine Frage, in der festen Überzeugung, dass es nichts bewirken würde, doch erneut wurde er vom Schicksal überrumpelt, denn die Nachterscheinung regte sich, die Gestalt der Erscheinung zuckte und veränderte sich, das verweste Gesicht wurde für den Bruchteil einer Sekunde menschlich. Für den Bruchteil einer Sekunde schwebte eine wunderschöne Frau vor ihm, die ihn aus traurigen Augen anblickte. „Gerechtigkeit.“, schwang die geisterhafte Stimme der Kreatur zu ihm herüber und Lyr schluckte. Eine Nachterscheinung, die Gerechtigkeit forderte? Irgendwas stimmte hier nicht. „Gerechtigkeit für Margarete.“, erklang die Stimme erneut, ehe sie zu einem lauten Schrei zerfaserte und das Antlitz der Frau erneut dem der verwesten Bestie wich. Mit unheimlicher Geschwindigkeit schoss die Erscheinung auf Lyr zu, der, bereit sich zu verteidigen das Schwert hob. Die Erscheinung überwand den Runenkreis auf dem Boden ohne auch nur langsamer zu werden. Die Gestalt der Kreatur verfestigte sich nicht. Der Runenkreis hatte keine Wirkung auf diese Nachterscheinung. Lyr fluchte und hechtete zur Seite um dem Angriff des blitzschnellen Geistes zu entgehen. Solange die Gestalt sich weigerte eine physische Gestalt aufzunehmen würde das Schwert nutzlos bleiben. Er hatte keine Zeit ein Ritual abzuhalten um den Geist an eine Hülle aus Fleisch und Blut zu binden. Jetzt hieß es durchhalten. Er durfte nicht getroffen werden, die Angriffe einer Nachterscheinungen lösten ernstzunehmende Nekrosen aus, die den Körper verfaulen ließen. Kein angenehmes Unterfangen. Die Klaue der Nachterscheinung schoss nur Millimeter an ihm vorbei und er rollte sich ab um wieder auf die Füße zu gelangen, die Erscheinung setzte erneut zum Angriff an, durch den schimmernden, transparenten Geisterkörper erblickte Lyr Haley, die mit ratloser Miene da stand und den ungleichen Kampf beobachtete. Lyr hatte keine Chance. In ihrer Geistergestalt war die Nachterscheinung zu schnell und dazu noch unverwundbar, jedenfalls vom physischen Spektrum aus. Bedauerlicherweise verfügte Lyr über keine Magie, die den Geist auf dem magischen oder spektralen Spektrum verletzen konnte, also blieb ihm nur das Ausweichen und das Hoffen auf ein Wunder. Es war Wahnsinn gewesen auf das Monster zu warten ohne zuvor Nachforschungen anzustellen, doch egal was Lyr erwartet hatte, so hätte er nie erwartet es tatsächlich mit einer Nachtwandlerin zutun zu bekommen. Nachtwandler nannte man die inoffizielle nächste Größeneinheit einer Nachterscheinung. Während Nachterscheinungen nicht Vernunftbegabt waren, so waren Nachtwandlerinnen durchaus dazu in der Lage über sich, ihre Situation und das was sie anrichteten nach zu denken. Mehr noch, zumeist waren sie sogar sehr intelligent und davon abgesehen ließen sie sich nicht durch einfache Runenkreise in ihre physische Gestalt zwingen. Aber warum? Das passte nicht. Nicht einmal Nachtwandlerinnen würden Kinder entführen. Vielleicht Albtraumweber oder Schattenschleicher, aber keine Nachtwandlerinnen. Oder etwa doch? Er wich dem nächsten, pfeilschnell geführten Angriff der geisterhaften Angreiferin aus, landete auf den Füßen und wich mit einem schnellen Sprung zurück dem nächsten Angriff aus. Das war nicht gut. Früher oder später würde er ermüden, dieses Vieh allerdings war untot und Untote waren nicht nur für ihren Gestank, sondern auch für die Tatsache bekannt, dass sie niemals ermüdeten, egal wie oft und ausdauernd man mit ihnen Katz und Maus spielte. Und egal wie Lyr es gerne hätte, hier und jetzt war er die Maus und dieses untote Mistvieh war die Katze. Haley blickte hilflos und unfähig sich zu rühren da und blickte hilfesuchend zu Lyr, der allerdings zunehmend damit beschäftigt war den todbringenden Angriffen des Geisterwesens zu entgehen. Schlechter Zeitpunkt um hilflos auf der Stelle zu stehen. Mit einem Fluch auf den Lippen trat Lyr auf einen größeren Stein, der unter seinem Fuß weg schlidderte und ihm das Gleichgewicht raubte. Mit zornigem Aufschrei fing er seinen Fall ab, jedoch war er nicht dazu in der Lage, auf den Füßen zu landen, wodurch er liegen blieb. Die Nachtwandlerin stieß einen geisterhaften Schrei aus und hilflos hob Lyr das Schwert schützend vor seinen am Boden liegenden Körper, wohl wissend, dass ihn die blass im Mondschein schimmernde Klinge nicht vor dem Angriff der Erscheinung schützen konnte. Mit unheimlicher Genugtuung in ihrem Gebrüll holte die Nachtwandlerin zum wahrscheinlich finalen Schlag aus. Tja Lyr, du hast ein erfülltes Leben damit geführt dich von Inquisitoren demütigen zu lassen, durch die Eingeweide und das Blut von Monstern zu robben und nebenbei hier und da ein paar dieser Mistviecher kalt zu machen, doch du hast nichts getan, was dein Leben definieren würde. Lyr spürte wie seine Hand an den Griff seines zweiten Schwertes wanderte, wusste genau, dass es keinen anderen Weg gab, egal wie sehr dieser Weg seinen Absichten wiedersprach, aber er durfte hier nicht sterben. Durch den transparenten Körper der Erscheinung konnte Lyr sehen wie Haley sich in Bewegung setzte. Statt weg zu rennen, wie es ein typisches Mädchen bereits vor einiger Zeit getan hätte rannte sie jedoch mit zum Schlag erhobenen Tomahawk auf die Erscheinung zu. Idiotin, jetzt durfte er nicht zögern. Die Klauen der Nachtwandlerin rasten auf Lyr zu, seine Finger berührten den Griff des Schwertes und sofort, wie ein lauter Knall unterbrach eine magische Explosion das sensible Gefüge der Magie, als der Funke der Magie vom Metall des Schwertes auf Lyr übersprang. Ein Kräuseln ging durch die Gestalt der Nachtwandlerin, die in ihrem Angriff inne hielt um verwirrt in Lyrs Richtung zu blicken, von dem mit einem Mal eine noch dunklere und bösartigere Magie ausging, als noch wenige Sekunden zuvor von ihr. Der unglaubliche Blutdurst, der nicht Lyrs war bemächtigte sich seines Willens. Die Geistergestalt setzte sich stockend und zuckend, irgendwie unkontrolliert wirkend in Bewegung, doch ehe Lyr das Schwert aus ihrem Gefängnis und die unheilverheißende Macht entfesseln konnte sah er wie Haley sich schützend vor ihn stellte. Beide Arme von sich gestreckt stand sie da und brüllte aus voller Lunge. „Verschwinde und lass ihn in Ruhe!“, echte Bedrohlichkeit lag in ihrer Stimme, während sich ein Puls der Magie, ausgehend von ihrem rechten Arm, in das Intermezzo der magischen Energien um sie herum mischte. Erneut unterbrach die Nachterscheinung ihren Angriff, die Klaue der Kreatur hatte nur wenige Millimeter vor Haleys Gesicht gestoppt und ihren todbringenden Kurs unterbrochen. Statt ihren Angriff fort zu setzen, zog die Nachtkreatur ihre Klaue zurück und stieß einen lauten, wütenden Aufschrei aus, doch Haley bewegte sich keinen Millimeter von der Stelle. „Wenn du ihn töten willst, musst du erst an mir vorbei du Schlampe!“, rief Haley, mehr um sich Mut zu machen, als aus Überzeugung, doch offensichtlich war ihre Überzeugung stark genug, denn die Nachtgestalt taumelte, noch immer in der Luft schwebend zurück. Ein Geheul erklang im Hintergrund und zerstörte die eigentümliche Stille, die das mutige Schauspiel zur Folge gehabt hatte. Nicht das obligatorische Geheul eines Wolfes, wie es in einer solchen Situation passend gewesen wäre, sondern das schrille Geheul eines Säuglings, der irgendwo in der Nachbarschaft aus seinem unruhigen Schlaf geweckt worden sein musste. Lyrs Finger unterbrachen den Kontakt zum Griff des Schwertes und sofort verpuffte die dunkle Energie, die von ihm ausgegangen war wie Nebel, der von einer starken Windböe hinfort getragen wurde. Die Nachtgestalt schrie erneut auf, diesmal wie von Schmerz erfüllt und glitt davon, weg von ihnen und auf das Geheul des Säuglings zu. Nein so nicht. Lyr stemmte sich auf die Füße und zeichnete ein Symbol in die Luft, doch die Magie verpuffte sofort, als die Magie, wie ein stottern aus seinem Körper wich und ihn unter mächtigen Schmerzen auf die Knie zwang. Er würgte, als hätte die Anwendung seiner normalen Magie seine magischen Reserven komplett erschöpft. Übelkeit schüttelte ihn und er stützte sich auf einen Arm, während er mit von Schmerzen verzerrtem Gesicht würgte und sein Körper von heftigen Krämpfen durchzogen wurde. Er konnte sehen, wie Haley sich mit besorgter Miene zu ihm herunter beugte. Ihr Gesicht hätte genauso gut die Form eines Fragezeichens haben können.  „Was ist passiert?“, fragte Haley und schaute ihn noch immer mit dieser unnachahmlichen Besorgnis an. Verdammt nochmal, das Biest war entkommen. Möglicherweise würde erneut ein Kind dran glauben müssen. Das war unverzeihlich. „Verdammt!“, hustete Lyr, noch immer von starken Krämpfen geschüttelt. „Wir sollte vorerst verschwinden und unser Vorgehen überdenken.“, begann Haley und blickte Lyr ernst entgegen. Er wusste genau, dass er so viel darauf bestehen konnte, die Kreatur zu verfolgen wie er wollte, sie würde ihn davon abhalten. Er stieß den Atem aus und seufzte. Vielleicht war es nicht die schlechteste Idee erst einmal ihre Taktik zu überdenken. Jetzt wussten sie wenigstens worum es sich bei dem ominösen Monster handelte und während Nachterscheinungen in der Nacht gefährlich waren, so waren sie am Tag herzlich unbedenklich. Sie würden den Spuren der Nachtwandlerin am Tag verfolgen und einen Weg finden sie zurück ins Reich der Geister zu schicken. „Verdammte Scheiße…“, fluchte Lyr, als er sich noch immer von Krämpfen geschüttelt auf die Füße kämpfte. Haley stützte ihn, was ihn überraschte. Sie war ihm nicht so vorgekommen, als sei sie ein Freund von Leuten, die beinahe unter ihrem eigenen Gewicht zusammen klappten. Offensichtlich hatte er sich diesbezüglich getäuscht. Haley legte zärtlich den Arm um ihn und stützte ihn, während sie durch die Nacht torkelten wie ein Paar von betrunkenen Hafenarbeitern. „Es tut mir leid.“, seufzte Lyr leise und schaute zum Boden. Haley schaute ihn irritiert an. „Was tut dir leid?“, fragte sie nach und schien wirklich keine Ahnung zu haben, wovon er redete. „Ich hab dieses Vieh nicht aufhalten können und nun wird es wahrscheinlich ein weiteres Kind entführen.“, erklärte er mit betroffener Stimme. „Du bist ein Jäger… Kein Gott. Du kannst nicht jeden retten und wenn du heute Nacht gestorben wärst, würden noch viel mehr Kinder entführt und Männer getötet werden. Mach dir besser Gedanken darüber wie wir dieses Monster aufhalten.“, entgegnete Haley mit ruhiger fokussiert wirkender Stimme. „Das werde ich.“, gab Lyr mit schwacher Stimme nach. Die Schwäche, die ihn ereilt hatte, als er das magische Zeichen hatte in die Luft zeichnen wollen, verflüchtigte sich allmählich und es gelang ihm mehr und mehr wieder normal zu laufen. „Es tut mir leid, dass ich dich enttäuscht habe…“, seufzte Lyr wo er schon mal dabei war sich für sinnlose Unterfangen zu entschuldigen, konnte er es auch richtig machen. „Halt die Klappe… Du hast dein Bestes gegeben und auch, wenn du das Vieh nicht hast in die ewigen Jagdgründe schicken können, weiß ich genau, dass du es irgendwie hinbekommen wirst. Was hat dich so überrascht, du hättest doch davon ausgehen müssen, dass es sich um so ein Ding handelt.“, gab Haley ruhig von sich und Lyr stieß einen Seufzer aus. „Genau genommen stand eine Nachterscheinung ganz hinten auf meiner Liste. Sie gehören nicht zu den Kreaturen, die Kinder entführen oder ihnen ein Haar krümmen…“, erklärte Lyr und Haley schaute ihn irritiert an. „Sind es etwa keine Monster, wie alle anderen auch?“, hakte sie nach und Lyr schüttelte den Kopf. „Ich werde dir im Zimmer erklären, was es mit Nachterscheinungen auf sich hat.“, gab Lyr zur Antwort und Haley nickte ehe sich ein sanftes Lächeln auf ihre Lippen stahl. Sie war wirklich eine tolle Frau.

Kapitel 5 - Verhandlungen

 

Claire gähnte und streckte sich, wobei ihr eine blutrote Haarsträhne, begleitet von ein wenig Stroh ins Gesicht fiel. Sie blinzelte und strich die Strähne mit einer schnellen und sanften Handbewegung zurück. Ihr Blick ging nach rechts und sie konnte sehen, dass das Stroh neben ihr verwaist war. Der junge Jäger, dem sie zuvor auf seinem Auftrag begleitet hatte schien gegangen zu sein. Schade. Sie streckte sich, rekelte sich im Stroh und hörte ein leichtes Hüsteln genau vor ihr. Sie hob den Kopf und erkannte Arel, der dort saß und sie anlächelte. Oh. Wohl doch nicht weg. „Guten Morgen.“, seufzte Claire und setzte sich auf, wobei sie sich fast sicher war, dass sich die Hälfte des Heuhaufens in ihren Haaren verhedderte. Ein seltsames Gefühl, wenn man genau darüber nachdachte. Arel stand auf und kam zu ihr, wobei er sie anlächelte. „Hey Baby, dir hängt noch etwas Stroh in den Haaren.“, grinste Arel und Claire musste lächeln. Anscheinend schlief der Jäger noch und seine andere Hälfte hatte die Kontrolle über seinen Körper übernommen. „Das hab ich mir schon gedacht.“, grinste sie  und stand auf. Sie kannte dieses Spiel von Früher. Ein Typ, der auf Hart machte um eine Frau zu beeindrucken, kam ihr nun wirklich nicht zum ersten Mal unter die Augen. Na gut, das Spiel konnte man auch zu zweit spielen, dessen war sie sich mehr als Bewusst. Sie ging mit betontem Hüftschwung auf Arel zu und wandte kurz vor ihm mit unheimlicher Laszivität um, während sie sich ein wenig ihrer Kleidung von den Schultern gleiten ließ. Sie hörte befriedigt, wie Arel schmachtend die Luft einsog, als sie ihren Nacken und den oberen Teil ihres Rückens für ihn sichtbar machte. Auf dem linken Schulterblatt war eine Tätowierung zu sehen, die ein Schwert und eine Pistole zeigte, die sich kreuzten, hinter dem Bild der Waffen lag ein auslaufender Beutel mit Münzen. Das Zeichen der Söldnergilde Totenhandel. Einer Organisation, der sie schon lange nicht mehr angehörte, und doch war das Tattoo als ein Teil ihrer Selbst geblieben. Sie wusste nur zu genau über die Wirkung ihrer nackten Haut auf die meisten Männer und genoss die anzüglichen Blicke, die Arel ihr zuwarf. „Darf ich..?“, begann er und Claire grinste. „Nein, kein Sex vor dem Frühstück, jedenfalls nicht mit Leuten, die ich nur einen Tag kenne. Du darfst mir das Stroh aus den Haaren zupfen und als Belohnung darfst du auch die Tätowierung berühren, wenn du das möchtest. Arel sog wieder die Luft ein und begann damit ihr Stroh aus dem Haar zu ziehen, während er sich Mühe gab dabei so oft wie möglich unauffällig ihren Rücken zu berühren. Manche Dinge änderten sich eben nie. Die Leute, die am dicksten auftrugen waren die frustriertesten. Wenn man ihnen in Aussicht stellte einen weiblichen Körper auch nur zu berühren, waren sie sofort Feuer und Flamme. Claire musste zugeben, dass es etwas unfaires an sich hatte, denn sie war sich sehr wohl darüber im Klaren, dass ihr Körper in diesem Outfit, ihrer Kampfkluft, ohne weiteres dem eines Laufstegmodells deutliche Konkurrenz machte. Jede Faser ihres Körpers schmiegte sich in den magisch behandelten dunklen Stoff, der Klingen genauso gut abwehrte wie gehärtetes Leder ohne dabei für ihre Figur oder Bewegungsfreiheit einen Nachteil zu bedeuten. Jede Rundung ihres Körpers schmiegte sich perfekt in den schwarzen und roten Stoff und brachten ihr, egal wo sie hin ging Respekt und/oder begierige Blicke ein. Arels Hand fuhr zärtlich über ihren Rücken und so sehr sie es auch manchmal darauf anlegte von einem Mann berührt zu werden umso unangebrachter war es jetzt mit ihm zu schlafen, auch wenn sich seine Berührung gut anfühlte und sie merkte, wie sich ein leichter Schauder über ihrem Rücken ausbreitete. „Und? Ist das Stroh weg?“, fragte sie mit freundlichem und schon beinahe lasziven Ton, eine Klangform, die sie perfektioniert hatte. Sie spürte wie Arel zusammen fuhr, als hätte man ihn beim Spannen erwischt. „Ja, ich denke schon…“, seufzte er, während er ihren Duft einsog. Viele Frauen hätten das pervers gefunden, sie allerdings genoss auch diese Aufmerksamkeit. Er genoss den Moment und das mit jedem seiner Sinne, jedenfalls bis auch einen. Bis er sie schmecken durfte, würde noch Zeit vergehen. Sie grinste leicht und zog den Stoff ihres Kampfanzugs wieder über ihre Schultern. Ein bedauerndes Seufzen drang aus seiner Kehle, doch er fasste sie nicht an. Als sie sich umdrehte war er rot angelaufen und sie konnte davon ausgehen, dass der normale Arel wieder zurück war. „Guten Morgen Sonnenschein.“, lächelte sie mit ihren wohlgeformten Lippen und strich ihm mit einer Fingerspitze über die Wange. „Das war eine unglaubliche Nacht…“, gurrte sie und er wurde noch roter, während sie sich gut vorstellen konnte, dass sein anderes Ich sich grade köstlich über ihn amüsierte. „Du da drinnen brauchst gar nicht so zu lachen. Eine Frau zuerst zu betatschen und es dann auf einen anderen zu schieben ist einfach nur langweilig.“, grinste sie und Arel zuckte zusammen. Ins Schwarze getroffen. An Arels Gesichtsausdruck erkannte sie, dass der andere Arel wieder versuchte an die Oberfläche zu gelangen, doch offensichtlich kämpfte sein alter Ego ihn wieder in die Ecke des Verstandes, in der er nun erstmal versauern und über sein Handeln nachdenken konnte. ‚Wie damals in der Schule…‘, seufzte sie innerlich und wandte sich wieder auf ihre laszive Art von ihm ab. Sie genoss das unbewusste seufzen, was Arel ausstieß und grinste. „Wir sollten uns allmählich unsere Belohnung abholen, aber vorher sollten wir sicherstellen, dass der Fluss nicht weiter tiefgefroren ist.“, erklärte sie ohne Arel anzusehen. „Das klingt gut.“, gab Arel zurück, kaum fest zu stellen, welcher Arel im Augenblick am Ruder war. „Also gut… Dann mal los.“, gab sie zurück und packte sich die beiden Schwertscheiden gekreuzt auf den Rücken, dann legte sie sich ihre Tasche über die Schultern, wobei der Tragegurt taktisch gut verwendbar zwischen ihren Brüsten landete, was sie noch mehr hervor hob. Man musste die Vorteile ausspielen, die man hatte, wer es nicht tat war selber schuld, wenn er weniger bekam, als ihm zu stand. Als sie sich zu Arel umwandte ging dieser mit schwer zu deutenden Blick an ihr vorbei und zog sich die Zwillingsschwerter wieder auf den Rücken. Sein silbriges Haar fiel ihm ins Gesicht, was ihm für diesen einen Moment etwas Geheimnisvolles und reizendes verlieh. Sie atmete tief ein und ignorierte den Geruch von Vieh und dessen Ausscheidungen um sie herum. Dieses Bild würde sie sich nicht von so etwas zerstören lassen. Nicht viele alltägliche Situationen waren es wert auf ein Portrait gebannt zu werden, dieses jedoch, wie Arel seine Zwillingsschwerter auf den Rücken hob und ihm dabei die Strähnen seines silbernen Haares ins Gesicht fielen wäre jede Sekunde wert, die es brauchen würde. Sie zeichnete selten, doch jetzt wo sie ein Motiv hatte, würde es nicht lange dauern, bis sie wieder die Lust dazu packen würde. Danke Arel. „Wollen wir?“, fragte Arel nach und schaute Claire ruhig an. Sie lächelte und nickte. „Ja, lass uns gehen.“, gab sie zur Antwort und zusammen stießen sie das schwere Scheunentor auf. Kalter Wind peitschte ihnen ins Gesicht. In der warmen Atmosphäre der Scheune hatte sie komplett vergessen, dass dort draußen der Winter herrschte und die Welt in seinen klammen Fingern gefangen hielt. Tief sog sie die kalte Winterluft ein und schloss dabei kurz die Augen, während der Wind den Geruch der Scheune davon trug. Ihr feines, seidiges rotes Haar wehte im Wind umher und ihr Umhang flatterte, als sie ihn vor ihrer Brust schloss. Kurz fröstelte sie, doch dann riss sie sich zusammen und dachte daran, wie sie sich am späteren Nachmittag in der Schenke einen heißen Krug Apfelwein servieren ließ, den sie mit den Fingern umschließen konnte um sich zu wärmen. Ihr Blick fiel kurz auf Arel, der sie erwartungsvoll anblickte. Kurz schweiften ihre Gedanken ab und sie überlegte wie es wäre etwas anderes, dickes und warmes mit den Händen zu umschließen, verwarf den Gedanken dann aber wieder sofort. Mehr als das gegenseitige Wärmen würde bei diesem Kerl nicht drinnen sein. Jedenfalls vorerst. In Gedanken bei ihrem heißen, dampfenden Krug Apfelwein tat sie die ersten Schritte in die von Schnee bedeckte Landschaft und seufzte. „Es wird Zeit, dass es mal wieder Sommer wird.“, erklärte sie und grinste, während sich ihre Schritte im Schnee abzeichneten. „Ich mag den Winter mehr…“, seufzte Arel und schaute sie an. „Wirklich? Aber im Sommer gibt es so viel mehr, was man tun kann…“, gab Claire ruhig zurück. „Im Sommer verwest alles schneller und die Straßen stinken nach Mist…“, entgegnete Arel, schwerer Patient. „Du bist aber auch ein Pessimist, denk doch mal an die schönen Dinge im Sommer… Schwimmen gehen, Frauen in Bikinis, ich im Bikini… Warmes Wetter, kalte Getränke am Strand…“, grinste sie und Arel lief rot an. Was ihm sein alter Ego wohl dieses Mal wieder geflüstert hatte? Schwer fest zu stellen, sie bezweifelte, dass er es ihr anvertrauen würde. „Na? Wie klingt das?“, fragte Claire freundlich. „Du im Badeanzug… Das klingt sehr gut, rekelst du dich dann für mich im Sand und bittest mich dich einzucremen?“, grinste Arel und Claire lachte innerlich. Hallo Arel Nummer zwei. „Das kostet extra.“, gab sie mit einem zwinkern zurück. „Dafür hab ich immer Geld.“, gab er zurück, was für ein Macho… Manchmal schätze Claire die unkomplizierte Schüchternheit des normalen Arel, allerdings gab der andere Arel ihr das unzweifelhafte Gefühl begehrt zu werden und zwar uneingeschränkt. Etwas, das ihr auch sehr gut gefiel. Sie konnte sich nicht entscheiden, wen von beiden sie lieber mochte, bisher war es ziemlich unentschieden. „Na dann hoffe ich, du hast genug Geld für die Spezialshow…“, seufzte sie ruhig und Arel glotzte sie an. „Spezialshow?“, fragte er mit vor Überraschung geweiteten Augen. „Ja, das ist die Show, bei der ich nackt auf deinem Gesicht tanze.“, erklärte sie und zwinkerte ihm erneut zu. Er grinste versaut und stieß dann enthusiastisch aus: „Egal, was es kostet, ich werde das Geld haben.“
„Gut, dass ich nicht erklärt habe, dass ich grundsätzlich nur die Füße zum Tanzen nutze.“ „Wenn mir die Show nicht gefällt, darf der Andere sie genießen.“, grinste er und Claire musste passen. So langsam wurde er ihr wirklich unheimlich. „Was du nicht sagst.“, lächelte sie, dafür muss ich mir noch etwas ausdenken.“, gab sie zurück und für einen kleinen Augenblick erntete sie die Verwirrung in seinem Blick. Gewonnen. Jedenfalls fürs erste, er würde auf Dauer ein würdiger Gegner für sie werden, jedenfalls wenn es darum ging die treffenden Argumente für ihre sexuellen Anspielungen ging. Naja, es gab eben keine Meister ohne würdige Gegner. Bisher jedenfalls machte er einem Haufen Söldner, die sie kannte, starke Konkurrenz, auch wenn diese noch nie so hoch in ihrer Sympathie gestiegen waren, wie es Arel grade tat. Sie musste aufpassen, am Ende würde sie sich noch vergessen und wirklich mit ihm schlafen und falls es wirklich soweit kommen sollte hoffte sie für ihn, dass er so gut war, wie er es vorgab zu sein. „Es scheint, als hätte unser Freund der Riese einen Fanclub.“, erklärte Arel und zeigte vor Claire. Ihr Blick folgte seiner Geste und sie erkannte was Arel meinte. Nicht weit von ihnen stand ein Riese, der einen schweren Wagen anhob, während zwei Männer eine junge Frau, die darunter eingeklemmt gewesen war, wieder in die Freiheit zog. „Anscheinend macht er sich schneller Freunde, als wir alle dachten.“, grinste Claire und Arel ließ ein leichtes Nicken folgen. „Das könnte die Vergütungsverhandlung einfacher gestalten.“, gab Claire zurück und Arel, der anscheinend bis eben nicht einmal darüber nachgedacht hatte stieß nun ein enthusiastisches „Ja, verdammt.“ Aus. Claire kicherte leicht. Verdammt nochmal, wie hatte dieser Kerl es geschafft sie zum Kichern zu bringen? Memo an Claire, lass ihn das bereuen, solltest du sich jemals dazu entschließen mit ihm zu schlafen. Gemeinsam steuerten die beiden auf den Riesen und die Bürger zu, die sich überschwänglich vor dem Giganten bedankten. Offensichtlich hatte der Riese seinen Spaß daran, dass die Bürger sich bei ihm bedankten. Ein gutes Zeichen für Zusammenarbeit und gemeinsames Fortbestehen, dachte sich Claire, als sie zum Riesen hinauf blickte, auf dessen Mund ein Lächeln lag. Ein Riese, der Menschen anlächelte. Sie hatte eben doch noch nicht alles gesehen. Nun denn. Sie atmete tief durch und lächelte, während sie weiter auf die kleine Gruppe zuging. Die Frau, die unter dem Wagen eingeklemmt gewesen war lag etwas abseits, ihr Bein war etwas hoch gelegt. Gebrochen? Möglicherweise. „Guten Morgen.“, erklärte Claire und schaute in die Runde, zuletzt schaute sie dem Riesen in sein breit lächelndes Gesicht. „Mächtiges Menschlein, sei gegrüßt.“, erklang die Stimme des Riesen und Claire musste lachen. Noch nie war sie auf eine solche Art und Weise gelobt und zeitgleich beleidigt worden. „Hallo… Riese, mein Name ist Clair, wie heißt du eigentlich?“, fragte sie freundlich, ihn ständig nur Riese zu nennen würde sie auf Dauer irritieren. „Ich habe viele Namen… Knochenbrecher, Felsenquetscher, Lawinenbringer…“, begann der Riese und die Bürger vor ihm schienen mit jedem Namen, den er nannte etwas blasser zu werden. „Okay… Ich nenne dich Bob.“, erklärte Claire, ehe er mit seinen ‚Namen‘ fortfahren konnte. „Bob… großer Name, passt zu dir.“, grinste Arel schadenfroh. So ein Arschloch, wenn ihm ein besserer Name eingefallen wäre, hätte er auch einen nennen können. „Gut dann heiße ich Bob.“, lächelte der Riese breit und die Bürger vor ihm schienen beruhigt darüber zu sein, dass sie seine anderen Namen nicht mehr hatten hören müssen. „Ich hoffe Bob hat euch keine Umstände gemacht.“, lächelte Claire den Bauern strahlendhell entgegen. Die Bürger schüttelten den Kopf. „Nein, er war großartig, wer weiß schon was mit der armen Melda passiert wäre, hätte er den Wagen nicht angehoben.“, erklärte einer der Bürger aufgeregt. Ein Riese tat also ‚großartige Dinge‘, eine interessante Sicht der Dinge. „Und warum hat sich keiner um Meldas Bein gekümmert?“, fragte Arel mit ruhiger Stimme. Als Claire sich zu ihm umwandte bemerkte sie, dass er vor der bleichen Melda kniete. „Ihr Bein ist gebrochen…“, erklärte er und strich mit einer Hand über das Schienenbein der Frau, die apathisch geradeaus blickte. „Sie… Sie hat nicht geschrien, wir dachten ihr Bein wäre nur verstaucht.“, erklärte einer der Männer neunmalklug. „Sie steht unter Schock. Holt sofort einen Mediziner her.“, gab Arel zurück ohne auf die dummdreiste Antwort des Mannes einzugehen. „Los, verdammt!“, brüllte Arel, als sich nichts tat. Sofort rannten die Bürger durcheinander und verstreuten sich in aufgehetzt in alle Richtungen. „Claire… Ich brauche Stöcke oder sowas, und etwas was als Verband taugt.”, sagte Arel mit einem Mal wieder ruhig und Claire schaute sich um. „Ich kann helfen.“, erklärte der Riese und Claire nickte. „Ich brauche zwei gleich lange Holzstäbe, ungefähr so groß. Schnell“, entgegnete Claire ruhig und deutete die Größe mit den Händen an. Claire griff sich die Stoffplane, die auf dem Wagen Lag und zog ein Schwert, womit sie ein längliches Stück der Plane abschnitt und Arel reichte. Gut war, dass der Riese erfrischend unkompliziert dachte und einfach zwei Holzstäbe gleicher Länge aus dem Wagen vor sich bracht und Claire reichte. Sie nahm die Stäbe entgegen und reichte sie Arel, der mit ruhiger, aber ernster Miene noch immer vor der verletzten kniete. Er hielt ihre Hand. „Hallo Melda… Mein Name ist Arel. Dein Bein ist gebrochen und ich muss es wieder richten. Das wird wehtun, aber du wirst es mir eines Tages danken.“, seufzte er und packte ihr Bein an der Bruchstelle und dicht darunter. „Also Melda… Ich zähle jetzt bis drei…“, erklärte Arel und blickte die junge Frau an, in deren Augen bereits Tränen standen. Verdammt. „Claire? Halt sie bitte fest.“, erklärte er mit ruhiger Stimme und Claire nickte, kniete sich hinter ihr hin und packte sie an den Schultern. „Eins… … Drei!“, rief Arel und zog. Der Knochen richtete sich gehorsam an der Bruchstelle aus und Melda schrie laut auf, dann wimmerte sie nur noch leise, während ihr langsam Tränen über die Wangen liefen. Arel seufzte leise und nahm die Stöcke, wie auch das Stück Plane zur Hand und begann Meldas Bein zu schienen. Hier und heute gab es zwei Helden. Ein Riese und ein wahrscheinlich Schizophrener Monsterjäger, der sich als Feldarzt versuchte. ‚Fast wie im Märchenbuch.‘, dachte sich Claire und lächelte. ‚Nein… Im Märchen würde der Riese jetzt irgendwo tot auf einem Feld liegen und als Dünger dienen.‘, führte sie seufzend den Gedanken weiter. Allmählich hasste sie die typischen Archetypen, die ihnen Erzählungen und Märchen einzutrichtern versuchten. Der böse Riese, die gute Fee, die böse Hexe, der gute Djinn, der einem selbstlos drei Wünsche erfüllte. Am Arsch. Die meisten Feen, die Claire kennen gelernt hatte, waren ruchlose Schlampen gewesen, die zu ihrem Vergnügen, Männer verführt, Familien zerstört und Kinder gefressen hatten, viele Hexen, die sie kennen gelernt hatte waren bessere Menschen gewesen, als viele Leute, die sie in Städten kennen lernte. Davon Abgesehen gab es keine schlimmeren Monster als Djinns, hinter dem Schein der drei Wünsche stand nämlich fast jedes Mal ein grausames Geheimnis. Ein Djinn erfüllte einem zwar drei Wünsche, aber niemand konnte ihm vorschreiben auf welche Art er diese Wünsche erfüllte. Aus einem Wunsch wie: ‚Ich will der beste Krieger in meiner ganzen Division sein.‘, kann ganz schnell resultieren, dass alle Krieger in der Division zu lahmen Krüppeln wurden, während sich die eigene Person kein bisschen veränderte. Ein Wunsch wie: ‚Ich will nie wieder schlafen müssen‘, konnte einen Menschen ganz schnell wahnsinnig machen, denn Schlaf war wichtig. Wer nicht schlief, konnte nicht ausruhen und der Menschliche Verstand ist nicht dafür gemacht rund um die Uhr voll aktiv zu sein. „Hey großer Held… Ich glaube deine Patientin wird langsam wach.“, erklärte Claire, während sie erkannte, wie allmählich eine scharfe, wenn auch von Schmerzen betäubte Intelligenz in die Augen der jungen Frau zurück kehrte. „Es tut so weh…“, stöhnte sie leise und Arel nickte leicht. Er zog einen kleinen Beutel aus der Tasche und zog zwei längliche grüne Blätter heraus, dann runzelte er die Stirn und zog ein drittes dieser Blätter aus dem Beutel. „Hier… Kau darauf rum, es wir die Schmerzen ganz allmählich erträglicher machen.“, erklärte Arel und gab ihr die Blätter auf der sie gehorsam begann herum zu kauen. Kurz dachte Claire darüber nach, wie oft Arel sich wohl schon als provisorischer Feldarzt versucht hatte, doch sie wurde je davon unterbrochen, dass eine wahre Meisterin medizinischer Kenntnisse sich ihren Weg zu ihnen bahnte. Sie war einen Kopf kleiner als Claire, aber sie wirkte kompetent. „Was habt ihr mit ihr gemacht?“, fragte die Frau neugierig, als sie das betrachtete, was Arel bereits an medizinischer Hilfe geleistet hatte. „Ich habe den Knochen gerichtet und das Bein geschient.“, erklärte Arel ruhig, der sein Werk kritisch betrachtete. Nach einiger Zeit nickte er. „Nicht perfekt, aber gut.“, sagte die Frau, welche die Schiene ebenfalls betrachtet hatte. „Worauf kaut sie da rum?“, fragte die Frau an Arel gewandt nach. „Eberblatt.“, gab Arel ruhig zurück, die Frau begann zu nicken. Eberblatt war ein natürliches Antibiotikum mit Schmerzlindernden Eigenschaften. „Wie viele Blätter?“, hakte sie kritisch nach und Arel hielt zwei Finger in die Luft. Seine Patientin hatte die Augen geschlossen, wollte er nicht, dass sie wusste, wie viele Blätter er ihr gegeben hatte? Sie konnte doch wohl zählen. Die Frau zog eine schwer zu deutende Grimasse, dann jedoch nickte sie. „Gut, danke für Ihre Vorarbeit.“, erklärte die Frau ruhig und betrachtete Arel ruhig. „Ich werde sie ab jetzt übernehmen.“, erklärte die Ärztin und Arel nickte leicht. „Wir sollten weiter zum Bürgerhaus.“, schlug er ruhig vor und Claire nickte kurz, ehe sie ihm folgte. Als sie die Menge hinter sich gelassen hatten schaute sie ihn vielsagend an. „Wo hast du das gelernt?“, fragte sie nach und schaute ihn interessiert an. „Mein Vater war Arzt, ich habe mir die eine oder andere Sache abgeschaut.“, erklärte er und Claire nahm diese Aussage vorerst als Antwort hin.

 

Das Bürgerhaus lag ruhig vor ihnen, kein Mensch stand in der Nähe um am Brunnen Wasser zu holen. Wieso sollten sie auch, jetzt wo in der  Hauptwasserquelle des Dorfes wieder klares Quellwasser sprudelte. Das Haus war zwar größer als manch andere hier, jedoch war es keineswegs so hervor gehoben wie in manchen anderen Dörfern. Keine Bronzetafeln an der Tür und keine goldenen Türklinken, dazu kam, dass der Klopfmechanismus der Tür Rost angesetzt hatte. Arel sog tief die kühle Morgenluft ein und betätigte dann entschlossen den Klopfmechanismus. Es dauerte nicht lange, bis eine junge Frau öffnete und Arel unruhig anblickte. „Hallo, wir wollen zum Bürgermeister.“, erklärte Arel langsam und laut, die Frau reagierte mit einem stummen Nicken und forderte sie mit einer schnellen Geste auf, einzutreten. „Der Bürgermeister ist im ersten Stock. Er erwartet euch bereits.“, brachte die junge Frau hervor, irgendwas im Klang ihrer Stimme verriet ihm, dass der Bürgermeister mit ihrer Arbeit keineswegs zufrieden war. Arel atmete tief durch und nickte dann. Mit schnellen, fast lautlosen Schritten erklomm er die Treppe und spürte Claire dicht hinter ihm. Das Büro des Bürgermeisters war eindeutig mit einer schmalen Blechtafel gekennzeichnet und Arel klopfte an. „Herein.“, erklang die Stimme des Bürgermeisters und Arel öffnete die Tür. Der Bürgermeister saß, umgeben von Papierstapeln an einem geräumigen Schreibtisch aus hochwertigem Holz. „Ihr müsst die Jäger sein, die sich dem Problem mit der Wasserquelle angenommen haben.“, folgerte der Bürgermeister richtig und Arel nickte. ‚Jetzt tu nicht so bescheiden, man…‘, erklang eine zischende Stimme in seinem Hinterkopf. Konnte dieser Kerl nicht einmal die Klappe halten? „Nun wie ich sehe, ist die Wasserquelle wieder aufgetaut, allerdings sehe ich auch keine Monstertrophäe.“, seufzte der Bürgermeister und schaute die beiden an. „Wir haben uns anders mit dem Riesen geeinigt.“, entgegnete Arel, der schon jetzt keine Lust mehr auf diese Art von Diskussion hatte. „Aha… Und woher weiß ich, dass es euer Verdienst ist, dass der Eisriese plötzlich ein Freund des Dorfes geworden ist?“, stellte der Bürgermeister seiner Frage. Ahja… Daher wehte der Wind. „Wie wäre es damit, dass der Eisriese erst ein Freund des Dorfes ist, seit wir hier sind.“, gab Arel zurück und lächelte. ‚Lass mich die Verhandlungen führen, ich werde ihn schon dazu bringen uns zu bezahlen.‘ Klar würde er das, mit einer Klinge an seiner Kehle. „Das ist für mich kein hinreichender Grund, niemand hat beobachtet, dass ihr überhaupt Kontakt mit dem Riesen aufgenommen habt.“, entgegnete der Bürgermeister. Offensichtlich hielt Claire sich noch zurück, jedoch konnte er die Hitze ihres Gemüts mehr oder weniger in seinem Rücken spüren. „Wie denn auch? Niemand würde sich freiwillig mit einem Eisriesen anlegen…“, versuchte Arel zu erklären, doch der Bürgermeister grinste. „Exakt, wieso also solltet ihr das tun?“, fragte der Bürgermeister nach. Verdammt. ‚Idiot.‘, gab der andere Arel zum Besten. „Wie wäre es mit der Belohnung die ihr ausgesetzt habt. Ist das bei euch immer so geregelt? Ihr setzt eine Belohnung aus und weigert euch dann sie zu bezahlen, nur weil keiner beobachtet hat, dass ein Jäger seine Beute erlegt hat? Ihr solltet uns dankbar sein. Natürlich der Eisriese lebt noch, aber statt euch das Leben schwer zu machen hilft er euch nun.“, brachte Claire hervor, die sich nun vor Arel stellte. Ihr Blick war finster, fest und gnadenlos. „Junge Dame, ich würde sie bitten sich nicht einzumischen, hier reden die Männer.“, erklärte der Bürgermeister mit einem väterlichen Tonfall. Irgendwas sagte Arel, dass er das jetzt am besten nicht gesagt hätte. „Hören sie Herr Bürgermeister. Ich habe kein Problem damit ihren Kopf einem politischen Gegner auszuhändigen, der hätte bestimmt mehr Geld übrig, als ihr bereit seid dafür zu geben, dass wir eurem Dorf auf längere Sicht davor bewahrt haben umzusiedeln.“, erklärte Claire mit ruhiger Stimme, während sie eine Hand an den Griff eines ihrer Schwerter legte. Der Bürgermeister schluckte. ‚Hör zu, wenn du sie nicht flach legst, rede ich nie wieder ein Wort mit dir.‘, erklärte der andere Arel in seinem Kopf. Ach das würde er für ihn tun? Interessant. ‚Hey du Arsch, ich weiß was du denkst!.‘, brüllte der andere Empört. Wäre ja auch zu schön gewesen. ‚Lass mich zum Spielen raus, das wird witzig.‘, erklärte der Andere und Arel stieß einen Seufzer aus. Warum auch nicht, hier gab es nichts mehr für ihn zu tun. Arel grinste und straffte die Schultern, beseitigte jede Spur der Haltung, die das Weichei an den Tag legte und schaute den Bürgermeister mit einem ruhigen, mordlustigen Blick an. „Das würden sie nicht nicht tun, dafür sind sie nicht tough genug.“, gab der Bürgermeister zurück und Claire grinste und warf Arel einen heimtückischen Blick zu, der sofort verstand, unauffällig hinter dem Bürgermeister Posten bezog und eine Hand an eines seiner Schwerter legte. „Ich vielleicht nicht… Aber er…“, grinste Claire finster und zeigte auf Arel, der nun das Schwert aus der Scheide an seinem Rücken zog und mit mordlustiger Stimme die Worte: „Verdammt, bin ich sauer.“, hervor brachte. Der Bürgermeister wandte sich zu Arel um, dessen Blick pure Mordlust wiederspiegelte und schluckte. „Wollt ihr mir etwa drohen?“, brachte der Bürgermeister nach Atem ringend hervor. Und auf einmal, war er gar nicht mehr so tough. „Aber Herr Bürgermeister… Das haben wir doch schon.“, erklärte Claire mit zuckersüßer Stimme. „Wir haben Ihr Problem beseitigt und jetzt…“, begann Arel und legte dem Bürgermeister von hinten die Klinge des Zwillingsschwertes an die Kehle. „...Wollen wir auch dafür bezahlt werden.“, vollendete Arel seinen Satz und ließ die Schwertklinge dicht am Adamsapfel des Bürgermeisters ruhen.“ Claire lächelte dem Bürgermeister zu. „Auch als Bürgermeister sollte man beauftragte Söldner nicht versuchen um ihr Honorar zu betrügen, meistens reagieren sie wie wir. Andere reagieren sogar noch schlimmer. „An Menschen wie euch wird die Welt zu Grunde gehen…“, hustete der Bürgermeister, als Arel den Griff um die Klingenwaffe lockerte. „Die Welt ist schon zu Grunde gegangen… Wir versuchen nur irgendwie von dem zu leben, was noch übrig ist.“, erklärte Claire ungerührt. „Wissen Sie, hätten Sie gesagt, dass nicht genug Geld zur Bezahlung vorhanden ist hätten wir uns von Ihnen möglicherweise sogar auf ein geringeres Honorar herunter handeln lassen, doch jetzt, wo sie versucht haben uns komplett zu verarschen bestehen wir auf das komplette, von Ihnen ausgeschriebene Honorar.“, seufzte Arel leichthin und Claire behielt ihr Pokerface. „Ich rate Ihnen als Mensch, nicht noch einmal zu versuchen uns zu bescheißen.“, lächelte Claire bitter und drückte ihm einen Fingernagel auf den Adamsapfel. Schweißperlen tropften vom Gesicht, des regungslos dastehenden Bürgermeisters herunter. Langsam, ganz allmählich begann der Bürgermeister leicht zu nicken. „Ich… Ich habe verstanden…“, seufzte er und griff in eine der Schubladen. Aus der Schublade fischte er eine prall gefüllte Geldbörse. Claire ging davon aus, dass hier der volle Preis gezahlt werden würde. „250 Silbersterne…“, seufzte der Bürgermeister und Arel drückte ihm noch einmal leicht die Klinge gegen die Kehle. „Und nochmal 50 Silbersterne extra, weil ich versucht habe, sie für dumm zu verkaufen.“, fügte der Bürgermeister schnell hinzu und zog eine weitere Geldbörse hervor, aus der er hastig 5 Goldmonde abzählte und mit in den Beutel legte. Arel nahm die Klinge von seiner Kehle und lächelte den Bürgermeister an, während er ihm die Börse abnahm. „Wissen Sie Herr Bürgermeister… Eigentlich sollten Sie uns nochmal extra Geld für unsere Schauspielerische Leistung zahlen… Sie haben uns wirklich abgenommen, dass wir sie töten würden oder?“, grinste Arel und Claire ließ ebenfalls ein wölfisches Grinsen sehen. „Ihr… Ihr habt..?“, brachte der Bürgermeister atemlos hervor. „Ja, wir haben sie zum Narren gehalten. Genau so fühlt sich das an. Leben sie damit und versuchen sie nicht nochmal jemanden zu verarschen, der ein Honorar verdient hat.“, lächelte Claire ruhig und verbeugte sich leicht. „Es war uns eine Ehre mit Ihnen Geschäfte zu machen.“, fügte Arel ruhig hinzu und gemeinsam verließen sie das Büro des Bürgermeisters.

Kapitel 6 - Verdächtig

 

Als die Tür zum Gasthaus aufschwang, schlug ihnen warme Luft entgegen, welche die Kälte zwar nicht vollständig aus ihren Gliedern hatte lösen können, doch immerhin ihren Teil dazu beitrug. Der Gestank nach Alkohol war wohl Standard in solchen Gaststätten, doch diesmal würde sich Haley nicht daran stören. Sie musste Lyr nicht mehr stützen, offensichtlich waren seine Kräfte nach und nach zu ihm zurückgekehrt. Es erleichterte sie, auch wenn sie das niemals offen zugeben würde. Für einen Moment hatte sie sich tatsächlich Sorgen um den jungen Hexenjäger gemacht. Sie wusste nicht, was dort draußen passiert war, vor allem dieser Impuls Übelkeit erregender, bösartiger Magie verwirrte sie, doch diese Magie war nur sehr kurz spürbar gewesen, was sie dazu brachte nicht größer nach zu fragen. Ihr Blick wankte zwischen Lyr, der wieder dazu fähig zu sein schien, sich auf den Beinen zu halten. Sein Blick war fest und ernst, während er neben ihr im Eingang des Gasthauses stand. Offenbar versuchte er ein Klischee zu bedienen. Der finster drein blickende Monsterjäger, der eine Kneipe betrat. Sie musste schmunzeln. Zusammen betraten sie den Innenraum, eine Holzdiele zu ihren Füßen knarrte bedrohlich und sofort erstarben alle Gespräche im Inneren des Gasthauses. „Ah, ein Monsterjäger! Bist du hier um uns zu sagen, dass unser Monster nur ein Hirngespinst ist und die Belohnung zu kassieren?“, brüllte eine Männerstimme, die irgendwo aus dem Gewirr der Tische kam. Haley und Lyr ignorierten den Ausruf und allmählich begannen sich die Leute um sie herum wieder zu unterhalten. Mit einem ruhigen seufzen ließ Haley sich auf einem der Barhocker nieder, die größten Teils verwaist waren. Kein Wunder. „Hey, ich rede mit dir Monsterficker!“, brüllte die Stimme erneut. Immer diese Leute die glaubten etwas zu erreichen, wenn sie jemanden provozierten, den sie am besten in Ruhe lassen sollten. Lyr atmete ruhig und tief, offensichtlich rührte ihn nicht, dass der Mann ihn beleidigte. Ihr konnte es nur recht sein. Warum einen Streit vom Zaun brechen, wenn der Gegner ein absoluter Idiot ist, der wahrscheinlich nicht mal was für seine Idiotie konnte. Der Alkohol war schuld, das Mantra eines jeden Alkoholikers, auch wenn der Alkoholiker sich in den meisten Fällen darüber im Klaren war, dass das Problem nicht im Alkohol lag, sondern in der Hand, die nicht aufhören konnte den Körper damit zu füttern. „Guten Abend. Die Bürgermeisterin sagte, wir sollten uns hier melden, wenn wir ein Quartier für die Nacht benötigen.“, lächelte Haley und der Gastwirt  lächelte ihr freundlich zu. „Da seid ihr bei mir richtig, das Zimmer ist bereits für Heute und Morgen bezahlt.“, erklärte der Gastwirt mit einem deutlichen Lächeln auf den Lippen. „Vielen Dank. Dann würde ich gerne einen heißen Apfelwein trinken.“, erklärte Haley zwinkernd und Lyr nickte, während er sich neben ihr auf einem Hocker nieder ließ. „Ich schließe mich an.“, sagte Lyr trocken, während sich eine Gestalt aus der Menge der umstehenden Tische schälte. „Gerne.“, gab der Wirt von sich, ehe er sich mit einem genervten auf atmen umdrehte und damit begann den Apfelwein in einem Topf zu erhitzen. Eine Hand legte sich von hinten auf Lyrs Schulter, gefolgt von einem enthusiastischen und genervten: „Hey Arschloch, ich rede mit dir!“ Lyr wandte sich zu dem, nach billigem Fusel stinkenden Mann um, der heftig schwitzte. Offenbar war der Geruch nicht der einzige Indikator dafür, dass er mehr als nur etwas betrunken war. Lyr hob eine Augenbraue, betrachtete den Mann und sagte… Nichts. Haley musste kichern, sie wusste, dass es keineswegs förderlich zur Lösung des Konfliktes beitrug, doch irgendwie war diese Situation einem dieser alten Comics so ähnlich, dass sie nicht aufhören konnte zu kichern. Zwei harte Kerle, die sich in einer Bar trafen und der härtere von beiden hielt es nicht einmal für nötig ein Wort mit dem anderen zu wechseln. „Hey du verdammter Hurensohn! Du glaubst wohl du bist ein ganz harter was? Pass mal auf!“, brüllte der Mann und Haley lächelte leicht, offensichtlich schien Lyr die Gabe zu haben Vollidioten an zu ziehen. Lyrs Blick allerdings hatte sich verfinstert, anscheinend hatte ihn die Beleidigung Hurensohn tatsächlich etwas angekratzt. „Du solltest gehen.“, erklärte Lyr mit einer unheimlichen Kälte in der Stimme, die Haley einen eiskalten Schauer über den Rücken jagte. „Ach kann der Hurensohn doch reden? Hast wohl Angst, dass du deine Zähne gleich vom Boden aufsammeln kannst was?“, grinste der Betrunkene ohne dabei seine Stimme zu zügeln. Lyr atmete tief durch und drehte sich wieder zum Wirt. Er legte einen Goldmond auf den Tresen. „Wofür ist der?“, fragte der Wirt irritiert. „Für mögliche Schäden und ärztliche Versorgung.“, erklärte Lyr mit ruhiger Überzeugung in der Stimme, als der Betrunkene ihn an der Schulter packte und zu sich zog. Die Faust raste über Lyr hinweg, dieser wandte sich aus dem Griff des Betrunkenen und führte einen schnellen Tritt gegen das Knie des Gegners. Es krachte, als das Schienenbein des Betrunkenen unter der Gewalt des Angriffs nachgab. Der Schrei des Gegners war wahrscheinlich noch einige Häuser weiter zu hören, Lyr packte den Mann am Kragen und hob ihn mit einer Hand über sich in die Luft, sein Blick war fest und finster. „Leg dich niemals mit jemanden an, dessen Beruf darin besteht Monster zu töten. Die Wahrscheinlichkeit, dass du verlierst und langwierige Schäden davon trägst ist sehr hoch, wie du jetzt hoffentlich begriffen hast.“, erklärte Lyr mit kalter Resignation in der Stimme, dann ließ er den zappelnden Körper des Betrunkenen los, der unter qualvollem Geschrei auf den Knien landete, dann verpasste er ihm einen schweren Schlag gegen die Schläfe, der ihn ins Reich der Träume verfrachtete. Haley betrachtete ihn etwas überrascht. „Wow, hätte nicht gedacht, dass es dich so treffen würde, wenn man dich einen Hurensohn nennt.“, erklärte sie, die erwartetet hatte, dass er deutlich cooler damit umgehen würde. „Meine ganze Familie, meine Mutter mit eingeschlossen wurde vor meinen Augen grausam in Stücke gerissen, als ich Sieben Jahre alt war. Irgendwie stört es mich, wenn irgendein besoffener Vollidiot sich über die Mütter anderer lustig macht. Ich kannte meine Mutter zwar kaum, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sie keine Hure war.“, entgegnete Lyr ruhig und entspannt. „Lyr das…“, begann sie und führte offensichtlich im Schilde ihm ihr Beileid auszusprechen. Geschenkt. „Lass gut sein, das alles ist schon etwas länger her, die Umwandlung zum Psychopathen hatte ich bereits hinter mir und hab mir dann mit 16 gedacht, dass mir das nicht steht.“, grinste er ruhig. „Er ist diese Wut trotzdem nicht wert…“, gab sie zurück und seufzte. Er zuckte mit den Schultern. „Er hat provoziert. Nicht ich…“, seufzte Lyr und schloss die Augen, ehe er seinen Blick wieder auf den Wirt richtete. „Sagen sie… Seit wann läuft dieses Vieh da draußen rum?“, fragte Lyr den Wirt, der sofort nachzudenken begann. „Vielleicht seit zwei Wochen…“, gab er zurück und schien sich dabei recht sicher zu sein. „Okay… Und werden irgendwelche Frauen vermisst?“, hakte Lyr als nächstes nach. Der Wirt dachte darüber nach, dann begann er langsam zu nicken. „Ja… Ich habe Lara seit einiger Zeit mehr gesehen und ihr Verlobter hat sie eine ganze Zeit lang gesucht… Aber das ist auch schon ca. drei Wochen her. Lyr nickte. „Gut… Ich muss wissen wo diese Lara wohnt und wo wohnt dieser Verlobte?“, entgegnete Lyr mit ruhiger Stimme. Der Wirt lächelte. „Nun Lara wohnte am Stadtrand und ihr Verlobter… Er wohnt seit ca. drei Wochen hier.“, antwortete der Wirt und zeigte auf die Schnapsleiche hinter Lyr. Aber natürlich. Gut, das würde wohl mindestens bis morgen warten müssen. „Habt ihr Holzstäbe und Verbandsmaterial?“, stellte Lyr die nächste Frage und der Wirt grinste erneut und nickte, dann zog er einen Kasten unter dem Tresen hervor, entnahm Verbandsmaterial und zog zwei einigermaßen stabil aussehende Holzstäbe ebenfalls unter dem Tresen hervor. Lyr stieß einen Seufzer aus und betrachtete das Bein des Mannes hinter ihm, dann rückte er den Bruch zurecht. Der Mann erwachte um zu schreien, jedoch schien der Schmerz ihn direkt wieder ins Reich der Träume zu schicken. Das war auch gut so. Er schiente das Bein und schaute dann dem Wirt entgegen. „Meinen Sie, dass sie ihn bis morgen dazu bringen mit mir zu reden?“, fragte Lyr und lächelte dem Wirt entgegen. „Für einen Goldmond füll ich ihn ab, sodass er selbst mit Gott redet… Allerdings… Er ist nachtragend, er wird also wahrscheinlich nicht mit dir reden wollen. Vielleicht mit ihrer Begleiterin.“, grinste er und nickte Haley zu. Haley wandte sich ein Lächeln ab. Lyr seufzte. „Dann soll es wohl so sein.“, brachte Lyr seufzend hervor, ehe der Wirt zwei Krüge auf den Tresen stellte. „Der Apfelwein geht aufs Haus, Es wurde wirklich Zeit, dass jemand diesem Kerl das Maul stopft.“, grinste der Wirt und Lyr, wie auch Haley lächelten. Haley setzte den Apfelwein an und stürzte das mittlerweile nur noch warme Getränk herunter, sie schien es eilig zu haben. Lyr stieß einen Seufzer aus und trank seinen Apfelwein ebenfalls in einem Zug leer, was Haley zu überraschen schien. Nicht jeder war dazu fähig heißen Apfelwein mit einem Zug herunter zu kippen. Der Wirt legte klimpernd einen Zimmerschlüssel auf den Tresen. „Bis Morgen Meister Jäger, Meisterin.“, lächelte er und nickte ihnen nacheinander zu. Lyr nickte. Haley griff sich den Schlüssel und zog Lyr hinter sich her zum Zimmer.

 

Als sie die Zimmertür öffneten zeigte sich vor ihnen ein kleines, aber sehr saubreres Zimmer, dazu kam, dass es keinen unangenehmen Geruch gab, der ihnen das Zimmer abspenstig machte. Es war klein und hatte seinen Charme. Lyr betrat den Raum und schaute sich um, Haley jedoch umarmte Lyr von hinten, küsste seinen Nacken und seufzte ihm ein: „Es tut mir leid…“ ins Ohr. Lyr spürte wie ihn eine leichte Gänsehaut über Rücken und Arme lief. „Was tut dir leid?“, fragte er nach und genoss ihre Umarmung. Es war unglaublich wie gut sich eine einfache Umarmung anfühlte nach einem solchen Tag. „Das mit deinen Eltern.“, erklärte sie und seufzte. „Muss es nicht. Sie haben ihr Leben gelebt und dann sind sie eben gestorben. Das ist nun wirklich nicht deine Schuld.“, gab Lyr zurück und Haley drückte ihn noch fester an sich. „Nein, ich meine… Du hättest das nicht durchmachen dürfen…“, erklärte sie und Lyr legte seine Hand sanft auf die ihre. „Ob ich es nun durfte oder nicht. Es ist passiert, daran ändert sich jetzt auch nichts mehr.“, lächelte er und drückte sanft ihre Hand. „Es ist trotzdem nicht fair. Ein Kind von sieben Jahren sollte sowas nicht erleben.“, gab Haley zurück und kuschelte sich an seinen Rücken. „Das Leben ist nicht fair, oder willst du mir erzählen, dass alles was dir in deinem Leben wiederfahren ist fair war?“, entgegnete Lyr trocken. Er hatte Recht. Das Leben war nicht fair. War es nie. „Komm lass uns besser darüber nachdenken, wie wir diese Nachtwandlerin loswerden.“, wechselte Lyr geschickt das Thema und ging voraus. Er setzte sich auf das Bett und winkte sie zu sich. Sie setzte sich neben ihn und lehnte sich an ihn. „Ich will, dass du weißt womit wir es hier zu tun haben… Weißt du wie eine Nachterscheinung entsteht?“, fragte Lyr und Haley dachte darüber nach. „Es sind die Geister von Frauen, die in  der Nacht getötet wurden?“, entgegnete sie wenig überzeugt. „Nein. Eine Nachterscheinung entsteht immer auf die gleiche Art. Wenn eine Frau ihre Liebe gefunden hat und mit ihrem Mann glücklich ist und von einem eifersüchtigen Stalker grausam vergewaltigt und getötet wird, dann entsteht eine Nachterscheinung. Aber dieser Geist ist etwas Besonderes. Nachterscheinungen sind normalerweise nicht dazu in der Lage logisch zu denken, statt dessen töten sie alles was sich um sie herum bewegt, sie unterscheiden nicht ob ihr Opfer männlich oder weiblich ist. Normalerweise machen sie sich auch nicht die Mühe sich an Kindern zu vergreifen. Dazu kommt, dass Nachterscheinungen meistens an den Ort ihres Todes gebunden sind. Unser Geist jedoch differenziert nicht nur, sie geht über die normalen Grenzen einer Nachterscheinung hinaus. Sie scheint nicht an einen bestimmten Ort gebunden zu sein, dazu kommt, dass sie Kinder entführt und nur Männer tötet, aber nicht nur das… Sie hat nur Augen für Männer, aber sie hat gezögert und abgewartet bis sie mich angegriffen hat. Die Nachterscheinung hat erst angegriffen, als ich mein Schwert gehoben habe. Sie hat sich verteidigt und ist dann in ihrem Zorn versunken. Sie hat in dem Moment ihren Angriff unterbrochen, als das Baby geschrien hat, also ist ihr Drang Kinder zu entführen stärker als der Drang Männer zu töten. Das passt alles nicht zusammen. Dazu kam der Satz den sie gesagt hat. Sie möchte Gerechtigkeit für Magarete. Das passt nicht, denn die einzige Frau, die hier in der Gegend verschwunden ist und in das Profil passt ist eine gewisse Lara. Keine Magarete, das bedeutet, dass sie keine Gerechtigkeit für sich selbst fordert. Was ist also wenn sie ihren eigenen Rachedurst hinten anstellt? Sie tötet die Männer für sich, zögert aber vor Fremden, ich nehme an, dass sie zögert, bevor sie Menschen tötet, die keinen Kontakt mit ihrem Mörder hatten. So wie wir beiden.“, zählte Lyr auf, was er wusste und vermutete. „Verstehe… Hast du denn schon eine Idee, warum sie Kinder entführt?“, fragte Haley und schien erschöpft. „Gute Frage, wie bereits gesagt, ist mir dieses Verhalten komplett neu. Vielleicht finden wir eine Antwort, wenn ihre Leiche gefunden haben.“, erklärte Lyr ruhig und dachte genau darüber nach. „Lara ist unser einziger Hinweis. Wir sollten also morgen mit dem Verlobten reden. Beziehungsweise... Du solltest mit ihm reden. Ich bezweifle stark, dass er besondere Lust hat mir auf irgendeine Art und Weise zu helfen.“, lächelte Lyr ruhig und schaute sie an. Sie lächelte ihm ebenfalls zu. „Soso, du brauchst also meine weibliche Überredungskunst und meine Intuition.“, grinste sie provokant und Lyr grinste zurück. „Sieht wohl ganz danach aus…“, entgegnete er noch immer mit einem Grinsen auf den Lippen. „Dann beweise ich dir jetzt, dass du diese Gaben nicht grundlos benötigst, meine weibliche Intuition sagt mir nämlich, dass du dringen Ablenkung brauchst.“, lächelte sie schelmisch und küsste seinen Hals. „Und was sagt sie dir noch?“, fragte er mit einem genussvollen Seufzen. „Dass meine Überredungskunst nicht gerade gefragt ist.“, lächelte sie und zog ihr Top aus und schmiegte sich an ihn, während sie weiter seinen Hals küsste. „Meinst du?“, seufzte Lyr fragend und ließ sich von Haley nach hinten in das weiche Polster des Bettes drücken. Sie ließ sich auf ihn fallen und er entledigte sich ihres BHs. Sie seufzte genüsslich, als seine Lippen sanft ihre Brustwarzen umschlossen und er zu saugen und zu knabbern begann, während er sie zärtlich leckte. „Lass uns heute Nacht nicht an die Jagd denken, wer weiß schon wie viele dieser Nächte uns noch bleiben.“, flüsterte sie ihm lüstern ins Ohr und begann daran zu knabbern, wurde jedoch unterbrochen, als sie ihm sein Shirt auszog. Er stieß sie sanft von sich, sie quiekte freudig und in stiller, leidenschaftlicher Erwartung auf das, was er als nächstes tun würde. Mit schnellen Griffen löste sie Knopf und Reißverschluss ihrer Hose und er begann sie ihr samt Unterwäsche von den Hüften zu streifen. Er schluckte, als er sie erneut in all ihrer weiblichen, splitternackten Pracht vor sich auf dem Bett liegen sah. Sie lächelte und wies ihn, indem sie den Finger in ihre Richtung krümmte darauf hin, dass sie wollte, dass er näher kam. Als er einen Schritt auf sie zu tat begann sie damit seine Hose abzustreifen. „Ich will dich, lass mich die Schrecken der Nacht vergessen.“, seufzte sie in sanften Flüsterton und Lyr schloss sie in die Arme, sie lehnte sich zurück, was bewirkte, dass er auf ihr landete, dann spreizte sie die Beine führ ihn und stieß einen genüsslichen Schrei aus, als er in sie hinein glitt.

 

Laras Verlobter blickte Haley misstrauisch an, die ruhig und entspannt vor ihm auf einem Stuhl saß. Lyr war vorsichtshalber an der Bar geblieben. „Also? Seit wann wird Lara vermisst?“, fragte Haley ruhig und der Mann verzog misstrauisch das Gesicht. „Was geht euch das an?“, fragte er und nickte zu Lyr, der an der Bar saß, offensichtlich hatte er nicht vergessen, dass die beiden zusammen gehörten. Also gut, dann eben auf die harte Tour. Haley stieß genervt den Atem aus. „Wir wollen nur eine Spur verfolgen.“, erklärte Haley so ruhig, wie sie konnte. „Eine Spur? Sie ist weg, wahrscheinlich ist sie abgehauen, weil sie Schiss vor der Hochzeit hatte. Es kann mir egal sein, wo sie ist und für euch gilt das gleiche.“, entgegnete der Laras Verlobter genervt. „Machst du dir keine Sorgen, dass ihr was passiert sein könnte?“, fragte Haley und schaute ihn an. „Was soll das werden? So eine Good-Cop, Bad-Cop Nummer? Dein Kumpel hat mir das Bein gebrochen und egal wie gut du aussiehst, ich werde dir nichts erzählen.“, entgegnete der Mann und spuckte ihr vor die Füße. „Er hat dir ein Bein gebrochen, glaube mir aber, wenn ich dir sage, dass ich deutlich kreativer bin, wenn es darum geht Schmerzen zu verursachen. Denn deine Logik scheitert an einer entscheidenden Stelle. Du gehst davon aus, dass ich der Good-Cop bin.“, grinste sie und strich ihm mit einem Finger zärtlich über den Unterkiefer. Der Mann sog tief den Atem ein und schloss die Augen, sein Oberkörper erzitterte kaum merklich. Sie beugte sich zu ihm herunter, sodass er freien Ausblick in ihren Ausschnitt hatte. „Glaub mir, wenn ich dir sage, dass du Unrecht hast.“, seufzte sie, während sie sich lasziv wieder erhob. Die Röte stieg ihm kurz ins Gesicht. Wie sie es sich gedacht hatte, dieser Kerl hatte es wirklich nötig. Mit erotisch anmutenden, kleinen Schritten ging sie um seinen Stuhl herum, beugte sich wieder vor, als sie hinter ihm stand und hauchte ihm mit einer Stimme, die vor sexueller Begierde nur so zu triefen schien in Ohr: „Wer weiß, was ich nicht alles mit dir machen würde, wenn du mir sagst, was ich wissen will.“ Sie konnte hören wie Lyr begann verhalten zu lachen. Die Rolle der Domina war ihr manchmal wirklich auf den Leib geschneidert, auch wenn ihre eigenen sexuellen Bedürfnisse mit dieser Rolle nicht konform liefen und das wusste Lyr mittlerweile besser als jeder andere, der mit ihr das Lager geteilt hatte, denn die letzte Nacht hatte alle voran gegangenen noch einmal in den Schatten gestellt. Wahrscheinlich gelang es ihr deshalb so gut ihre Anspielungen wie ein Versprechen auf mögliche sexuelle Dienstleistungen klingen zu lassen. Sie musste sich einfach nur vorstellen, dass Lyr vor ihr saß und schon flossen die Worte auf eine Art und Weise, die selbst den obersten Führer der Inquisition geil gemacht hätten. Sie hörte, dass der Mann schwer atmete. Viel zu einfach. Er schwitzte leicht, wenn sie sich jetzt auf seinen Schoß setzen würde, würde er wahrscheinlich anfangen zu sabbern und auf unheimlich unwürdige Art und Weise kollabieren. Sie seufzte. „Nur schade, dass du mir nichts erzählen willst, wo du doch so ein starker Mann bist.“, erklang ihre Stimme und sie hörte sich an, wie eine sexbesessene Edelhure, die ihn und nur ihn auserkoren hatte, als sie mit den Fingerspitzen sanft und zärtlich über seinen Bizeps strich. „Ich… Ich…“, begann der Mann und Haley lächelte. Sie hatte ihn. Aber sowas von. „Ja?“, fragte sie sanft, aber bestimmt. „Ich habe Anna zuletzt vor drei Wochen gesehen. Ich hatte ihr nach unserem letzten Treffen einen Brief geschrieben, sie sollte sich an unserem üblichen Platz mit mir treffen, aber sie ist nicht aufgetaucht. Ich habe Stunden lang dort gewartet und bin dann irgendwann nach Hause. Seit dem hab ich sie nicht mehr gesehen.“, erklärte er mit einer überreizten Art, während er heftig atmete. „Und was meinst du? Ist sie wirklich geflüchtet?“, fragte Haley sanft und pustete ihm zärtlich von hinten ins Ohr. Er erzitterte. „N…Nein… Ich glaube nicht… Ich weiß es nicht.“, seufzte er mit zittriger Stimme. „Dieser Platz… Wo ist er?“, fragte sie mit noch mehr Verlangen in der Stimme. „Wenn man den Wald von Westen aus betritt dauert es nicht lange bis man an eine Lichtung kommt, dort haben wir uns immer getroffen…“, seufzte er genießerisch. „Und wo wohnt sie?“, stellte sie die nächste Frage. Er fraß ihr aus der Hand. Sehr gut. „Das Haus ihres Vaters… Sie hat es geerbt, es ist eine Jagdhütte. Sie steht etwas Abseits, westlich von hier, in der Nähe des Waldrandes. Ich… Ich habe einen Schlüssel.“, plapperte er weiter und Haley grinste. „Und wo ist dieser Schlüssel?“, hakte sie nach und strich ihm mit den Fingerspitzen über den verschwitzten Nacken. Ekelhaft. „In meiner linken Hosentasche….“, antwortete er geistesabwesend und genoss es Haleys Hand an seinem Becken zu spüren, während sie in seine Hosentasche griff und einen kleinen Schlüsselbund heraus zog. „Danke, ich bringe ihn dir bestimmt wieder.“, gab sie mit wieder vollkommen normaler Stimme zurück und Lyr grinste ihr zu und begann zu applaudieren. Der Mann riss den Kopf zu ihr herum, er war vollkommen rot angelaufen und starrte Haley an, die ihn angrinste. „Keine schlechte Leistung.“, erklärte Lyr und ging auf die Beiden zu. „Ich weiß, ich bin hinreißend.“, grinste sie und Lyr zog sie zu sich um sie küssen. Sie ließ es zu und genoss den Kuss, während sie ihn verlangend erwiderte. Warte mal… Moment… Sie küssten sich… Schon wieder… Einfach so. Und es gefiel ihr? Ja, es war ein absolut berauschender Kuss, sein Geschmack erfüllte ihren Mund, seine Zunge spielte sanft und verlangend mit der ihren, sie spürte wie ihre Brüste zu kitzeln begannen und es zwischen ihren Beinen immer wärmer wurde. Was war das? War sie nach dem Sex mit ihm so verwöhnt, dass sie nicht mehr aufhören konnte daran zu denken? Warum wollte sie immer sofort mehr, wenn er näher kam, warum küssten sie sich grundlos? Egal… Sie krallte sich in seine Schultern, schmiegte sich verlangend an ihn und spürte seine Hand auf ihrem Hintern. Er sollte ihr hier, vor all den Leuten die Kleider vom Leib reißen und sie nehmen. Moment mal… Hatte sie, sie eigentlich noch alle? Bevor sie sich komplett in dem Kuss verlieren konnte löste er den Kuss und sie stieß einen leidenschaftlichen, genießerischen, schon beinahe schmachtenden Seufzer aus. Na Klasse, jetzt wollte sie ihn. Später. Er würde ihr auf keinen Fall entkommen. Sie versuchte zu verdrängen, dass sie erst vor einer Stunde das letzte Mal Sex gehabt hatten. „Wir sollten das Haus und den Platz unter die Lupe nehmen.“, erklärte Haley um sich selbst davon abzuhalten ihm erneut um den Hals zu fallen. Lyr nickte. „Das klingt vernünftig.“, erklärte Lyr mit seiner kräftigen, männlichen Stimme. Verdammt nochmal, reiß dich zusammen Haley, du bist kein kleines schmachtendes Mädchen. „Wir sollten uns Zeit sparen, indem wir uns aufteilen, ich nehme den Platz im Wald unter die Lupe, siehst du dir das Haus an?“, entgegnete Lyr und lächelte ihr freundlich zu. Der Stecher der Vermissten war beschämt auf seinem Stuhl zusammen gesunken. Offensichtlich hatte er heute genug gelitten. Wahnsinn, dass man einen Mann so sehr demütigen konnte, ohne ihn großartige Schmerzen zu zufügen. „Ja. Ich gucke mir das Haus an, hey Arschloch… Wenn deine Freundin das nächste Mal einfach verschwindet, solltest du dir wenigstens die Mühe machen sie zu suchen. Ich wette du hast dir nicht mal die Mühe gemacht in ihrem Haus nach dem Rechten zu sehen…“, seufzte Haley, und blickte den Ex-Verlobten der Vermissten finster an. Dieser schüttelte nur den Kopf. Hatte sie es sich doch gedacht. Er war die Frau, die ihn geliebt hatte nicht wert. „Also dann… Wirt… ein Glas deines härtesten Whiskys für den armen Tropf hier… Er hat nicht nur seine Freundin, sondern auch seine Würde verloren.“, lächelte Lyr dem Wirt entgegen, der sich ergeben verbeugte. Lyr hatte eine unheimliche Ausstrahlung und der Teil, der sie nicht und andere Frauen nicht dazu brachten vor Verlangen dahin zu schmelzen wirkte offensichtlich auf Barkeeper und Tavernen Wirte. Sie musste lächeln. „Dann also los, solange es noch hell ist.“, sagte Lyr und Haley nickte zustimmend. Sie durften kein Tageslicht verschwenden. Zusammen gingen sie zum Ausgang der Taverne, öffneten die Tür und sahen eine Ansammlung von Dorfbewohnern, die sich vor der Taverne zusammen gefunden hatten. Haley schluckte, als sie die Aufmerksam der Menge erregten. Die Bürgermeisterin kam langsam auf Lyr zu, ihr Blick spiegelte keine Wut wieder, eher Verzweiflung. „Meister Jäger… Heute Nacht… Wurde ein weiteres Kind entführt.“, begann die Bürgermeisterin an Lyr gewandt, dieser schlug den Blick nieder. Das war zu erwarten gewesen. Lyr nickte und schaute der Bürgermeisterin in die Augen und lächelte. „Ich tue mein Bestes den Spuk zu beenden.“, erklärte Lyr mit ernster Miene und die Bürgermeisterin schaute ihm in die Augen. „Gibt es schon erste Erkenntnisse?“, fragte die Bürgermeisterin mit trostloser Stimme. „Ja, aber das sollten wir nicht hier draußen und schon gar nicht jetzt, ich werde der Spur erstmal nachgehen. Wir treffen uns heute Abend in der Taverne.“, gab Lyr zur Antwort, die Bürgermeisterin wirkte unzufrieden, nickte dann aber und ging zur Menge zurück. Sie begann zu erklären, was das Gespräch ergeben hatte und Haley konnte sehen, wie eine junge Frau sich die Hände vors Gesicht schlug und Herzerweichend zu weinen begann. Lyr kam auf sie zu. „Wir sollten uns auf den Weg machen.“, erklärte er und sie blickte noch einmal zu der Menge und zu der weinenden Frau. Diese Nachtwandlerin musste aufgehalten werden. Sie wollte gar nicht darüber nachdenken, was wäre, wenn sie an ihrer Stelle wäre. Hätte sie ein Kind… Was würde sie tun? Sie würde dieses Kind lieben und es würde ihr Leben zerstören, würde es einfach so verschwinden. Sie spürte einen dichten Kloß in ihrem Hals, als sie daran dachte. Ihr Blick wanderte zu Lyr, der sie betreten anblickte. „Werden wir die Kinder finden?“, fragte sie und Lyr dachte kurz über die Frage nach, dann blickte er ihr tief in die Augen. „Wir werden dieses Monster vernichten und wir werden jedes einzelne Kind finden und sie alle zu ihren Eltern zurück bringen. Ich werde nicht eher ruhen, bevor ich sie alle gefunden habe.“, gab er zur Antwort und Haley hatte erneut das unbändige Verlangen ihn küssen zu wollen. „Gehen wir.“, unterbrach sie widerwillig ihre Gedanken und Lyr nickte. „Ja, du das Haus, ich den Platz im Wald.“, erklärte er ruhig und sie nickte.

 

Der Wald erstreckte sich weit, grün und mächtig vor Lyr. Das Grün schloss zwei Drittel des Dorfes ein. Hier konnte man als herkömmlicher Jäger wahrscheinlich wirklich Geld machen. Soviel Wald bedeutete zumeist auch viele Tiere. Lyr seufzte und ging weiter auf den Wald zu. Er musste den Wald von Westen aus betreten, hatte der Verlobte der Vermissten gesagt. Dann würde er das tun. Mal sehen was er herausfand. Langsam ging er am Waldrand entlang und betrat das üppige Gestrüpp von Westen aus. Der Wald war zwar grün und gesund, allerdings wirkte er irgendwie trostlos. Mit einem ruhigen Seufzer drückte er Äste und Sträucher aus seinem Weg und ging immer weiter in den Wald herein. Hin und wieder raschelte es um ihn herum, er schenkte dem keine Beachtung und dann war es wieder dieses bohrende, nervenaufreibende Gefühl beobachtet zu werden. Lästig. Aber es war das gleiche Gefühl, was er bereits am Abend zuvor gehabt hatte.  Wahrscheinlich die gleiche Person, die ihn im Auge hatte. Er hasste es beobachtet zu werden, doch wie immer ließ er sich nichts davon anmerken, dass er seinen Verfolger bemerkt hatte. Er sog tief den Atem ein und drückte einen weiteren Strauch zur Seite. Er gelangte auf einen schmalen Trampelpfad, der weiter ins Innere des Waldes führte. Mit langsamen Schritten folgte er der festgestampften Erde weiter in den Wald hinein und es dauerte nicht lange bis er zu der genannten Lichtung gelangte. Es war zweifelsohne die richtige Lichtung. In der Mitte war eine kleine Feuerstelle aufgebaut worden. Lyr ging an die Feuerstelle heran und hielt eine Hand darüber. Kalt. Hier hatte länger kein Feuer mehr gebrannt. Er zerrieb etwas Asche zwischen den Fingern, sie zerbröselte zu feinem Staub. Die Asche war nicht feucht geworden. Seltsam. Es regnete und schneite andauernd. Auch gestern Nacht hatte es geregnet. Aber diese Asche hier war vollkommen trocken. Bei diesen Temperaturen hätte die die Asche auf keinen Fall trocknen können. War das ein Hinweis? Er zog seinen Wasserschlauch aus dem Gürtel und träufelte etwas der klaren Flüssigkeit in die Asche. Die Asche blieb trocken. Das Wasser schien kurz bevor es die Asche erreichte zu verdunsten. Ein Fluch? Lyr hob den Trinkschlauch an den Mund, doch das Wasser benetzte seine Lippen nicht. Interessant. Er blickte sich um, eine typische Lichtung. Er legte eine Hand auf die Feuerstelle und wischte die Asche weg. Unter der Asche kam fester Lehm zum Vorschein in den mehrere Symbole geritzt worden waren. Mehr als Interessant. Er betrachtete die Symbole und übertrug sie in sein Notizbuch. Auf Anhieb erkannt Lyr nur drei der insgesamt 8 Verschiedenen Symbole, die Kreisförmig angeordnet waren. Ryv, Var und Rir. Runen die für Gerechtigkeit, Leid und Hunger standen. Das hier war auf jeden Fall ein magischer Bannkreis, aber ob er zu einem größeren Kreis gehörte oder einzeln diese Lichtung betraf konnte Lyr nicht erkennen. Wie dem auch sei. Er hatte etwas gefunden, auch wenn es nicht das war, was er zu finden gehofft hatte. Dieser Fluch würde Leute davon abhalten in der Nähe etwas zu essen, aber viel mehr würde dieser Kreis nicht bewirken. Wieder dieser stechende Blick im Rücken. Langsam ging es ihm auf den Zeiger. „Komm raus, ich weiß, dass du mich beobachtest.“, erklärte er mit ruhiger Stimme. Ein rascheln hinter ihm erklang und als er sich umdrehte stand eine hübsche, rothaarige Frau vor ihm, die in eine Art Robe gekleidet war. „Respekt, bisher ist es noch niemanden gelungen heraus zu finden, dass ich ihm folge.“, seufzte die Frau anerkennend. „Einmal ist immer das erste Mal.“, gab Lyr kurz angebunden zurück. Erneut seufzte die Frau und schaute zur Feuerstelle herüber. „Ist das dein Werk? Deinem Aufzug nach zu schließen bist du eine Hexe oder eine Druidin.“, fragte Lyr nach und schaute der Frau in die grünen Augen. „Ja, ich habe diesen Fluch gewirkt.“, gab sie zurück und lächelte rechthaberisch. „Haben sie deine Ruhe gestört? Die, die sich hier getroffen haben?“, fragte Lyr weiter. Er hasste es den Leuten jede Information einzeln aus der Nase ziehen zu müssen. „Ja… Sie waren furchtbar, ständig dieses Geturtel, dann das Geheule… Nach einer Zeit knickt da jeder ein, egal was er gewohnt ist.“, erklärte die Frau und Lyr zog die Augenbraue nach oben. „Hast du was mitbekommen?“, gab Lyr zurück und schaute die Frau ernst an. „Das eine oder Andere… Die beiden sind verliebt, haben hier draußen das ein oder andere Mal gefickt und das letzte Mal hat sie dem Kerl erzählt, sie sei schwanger, als er das nicht so toll fand wie sie, ist sie ausgeflippt und hat rumgeheult. Letztendlich ist er gegangen und hat sie hier alleine gelassen.“, erzählte die Frau und Lyr hatte das Verlangen dem Kerl gleich nochmal das Bein zu brechen. „Was ist dann passiert?“, hakte Lyr nach und die Frau zuckte mit den Schultern, sie ist dann irgendwann gegangen, aber ich glaube nicht, dass sie nach Hause gegangen ist, warum interessiert es dich überhaupt?“, gab sie zurück und Lyr seufzte. Vielleicht konnte er mehr Informationen aus ihr herausholen, wenn er ihr die Wahrheit erzählte. „Ist dir die Legende der Nachterscheinung ein Begriff?“, fragte er und sie taumelte einen Schritt zurück und verschlug die Hände vor dem Mund. „Du meinst sie ist…“, begann sie und Lyr schnitt ihr das Wort ab. „Ja. Genau das glaube ich, deshalb muss ich alles wissen.“, entgegnete er und sie nickte langsam. „Gut… Ich will dir erzählen, was ich weiß. Falls sie wie ich denke nicht nachhause gegangen ist wird sie zu diesem Ernar gegangen sein… Sie hat ihn während des Gespräch oft genannt, zumeist im Zusammenhang wie: ‚Er würde das verstehen.‘, jedenfalls meinte der Typ immer wieder, dass sie doch zu ihm gehen soll, wenn sie ihn so sehr liebt und dann ist er abgedampft. Sie hat den Wald nicht auf dem üblichen Weg verlassen, sie ist in Richtung des Dorfes gegangen.“, erzählte sie und versuchte sich dabei alles so gut sie konnte wieder ins Gedächtnis zu rufen. „Ernar… Den Namen hab ich noch nicht gehört, nur gut, dass einer meiner besten neuen Freunde der Wirt der Taverne ist.“, seufzte er und lächelte dann. „Danke, du hast mir weiter geholfen… Du solltest solche Spielereien hier lassen… Wenn tatsächlich mal ein Inquisitor das Dorf besucht wird er dich als Gefahr für die Menschheit einstufen und dich zu Brennholz verarbeiten.“, erklärte Lyr der Frau und sie nickte. „Ich werde mein Bestes geben.“, gab sie zurück und trat ein paar Schritte zurück, bis sie den Rand der Lichtung erreichte. „Sei vorsichtig Jäger, oft ist es nicht so, wie es scheint.“, seufzte die Frau, dann schien sie mit dem Wald zu verschmelzen. Eine seltsame Frau. Egal, er hatte eine Spur und der würde er nach wie vor nachgehen.

Kapitel 7 - Alte Bekannte

 

„Ich hätte nicht gedacht, dass du so gut im Bluffen bist.“, grinste Arel und hob seinen Krug mit dem dampfenden Apfelwein. Claire grinste und stieß mit ihrem Krug leicht dagegen. „Es gibt eine ganze Menge, was du nicht von mir weißt.“, entgegnete sie mit einem geheimnisvollen Augenklimpern. Arels Grinsen wurde breiter und er begann damit den Kopf zu schütteln. „Scheint wohl so… Aber vielleicht habe ich ja bald das Glück dich etwas besser kennen zu lernen.“, gab er zurück und zuckte mit den Schultern. „Ja… Vielleicht… Jetzt lass uns erstmal was trinken, mir ist kalt und ich hab Durst.“, erklärte sie und Arel lächelte verständnisvoll, während er den Krug an die Lippen hob. Der heiße Apfelwein lief ihm die Kehle hinunter und in ihm breitete sich allmählich eine wohlige Wärme aus. „Du hast deinen Job auf jeden Fall gut gemacht…“, seufzte er und zog die Geldbörse des Bürgermeisters aus der Tasche und öffnete sie. „Ich habe einen Vorschlag. Wir zahlen die Getränke und teilen uns dann den Rest der Belohnung 50/50.“, lächelte Arel Claire an, die ihn anblickte, während Sie sich einen gewaltigen Schluck Apfelwein die Kehle hinunter spülte. „Das klingt doch nach einem Plan.“, grinste sie leicht, wow, war sie jetzt schon angeheitert? Nein. Unmöglich. Die Tür des Gasthauses wurde aufgestoßen und eine Gruppe Männer trat in ein. Arel blinzelte. Oh… Nein… sie hatten auch eine Frau dabei. Groß, blond mit einem hübschen Gesicht. Naja Arel nahm an, dass sie hübsch wäre, würde sie nicht diesen Gesichtsausdruck darauf tragen. Auf den Umhängen war ein Zeichen zu sehen. Oh siehe da… Ein Schwert und eine Pistole, die gekreuzt vor einem ausgekippten Beutel voller Münzen lagen. Söldner, der Gilde Totenhandel. Arel hob eine Augenbraue. Hatte Claire nicht das gleiche Zeichen auf ihrem Schulterblatt tätowiert? Gehörte sie auch zu der Söldnergilde? Die Gruppe ließ sich an einem der freien Plätze nieder und begann Söldnertypisch zu grölen und Krach zu machen, während sich einer der Männer auf dem Weg zur Bar machte. Claire schaute demonstrativ weg. Was hatte das zu bedeuten? Sie trug zwar ihr Zeichen auf dem Rücken, wollte aber nicht von ihnen erkannt werden? ‚Vielleicht ist sie aus dem Verein ausgetreten?‘, hörte er das Weichei in seinem Hinterkopf sagen. Möglicherweise war sie das, aber Totenhandel war mittlerweile zu einer großen Organisation geworden. Konnte man da wirklich einfach so austreten? Es juckte Arel in den Fingern. Er wollte sein Schwert ziehen und Claire vor möglichen Übergriffen beschützen. ‚Mach jetzt keinen Scheiß, warte erstmal wie sich die Sache entwickelt.‘, erklang die Stimme des Anderen wieder in seinem Kopf. Verdammt. Er hasste es, wenn er Recht hatte. „Guten Abend. Sechs Bier und sechs Zimmer. Wir werden eine Weile bleiben, also würde ich sie bitten, wenn sie für genügend Nachschub sorgen würden, während wir hier sitzen.“, sagte der Söldner mit freundlicher, aber rau klingender Stimme, während er einen klimpernden Beutel auf den Tresen fallen ließ. Der Gastwirt nickte schnell und begann damit das Bier zu zapfen und die Gläser in einen Träger zu stellen. Der Söldner schaute sich um und… Oh scheiße, er hatte Claire gesehen. „Verdammte Scheiße, da hol mich doch der Teufel… Claire, bist du das?“, fragte der Mann freundlich und Claire schaute ihn finster an. „Bark… Es ist lange her.“, erklärte sie knapp und die Kälte in ihrer Stimme war fast greifbar. „Lange her? Verdammt ja, du bist groß geworden und tatsächlich noch hübscher als damals.“, lächelte der Mann, der vielleicht Anfang 30 war. Er war muskulös, wie man es von Söldnern erwarten würde und wenn dieses freundliche Lächeln nicht wäre, würde man sich wahnsinnig schnell von einem Kerl wie ihm einschüchtern lassen. „Danke…“, seufzte Claire, die wohl mit dieser Reaktion gerechnet hatte. „Welche Leute hast du noch mitgebracht?“, fragte sie und schaute zu den Söldnern am Tisch. „Gab und Syl, der Rest besteht aus Neulingen.“, antwortete Bark ruhig und schien Claires Reaktion aus ihrem Gesicht ablesen zu wollen. „Also zwei als der alten Truppe?“, fragte sie unruhig. „Ja, willst du dich zu uns gesellen? Ein wenig über alte Zeiten quatschen?“, fragte er hoffnungsvoll und Claire schüttelte den Kopf. „Besser nicht, das würde nicht gut ausgehen.“, erklärte Claire und Bark nickte nach kurzer Bedenkzeit. „Vielleicht hast du Recht… Gab und Syl halten immer noch sehr direkt zu Cal, wer will es ihnen auch verübeln, auch wenn er ein Arschloch ist, ist er ein verdammt charismatisches Arschloch.“, gab Bark zurück und schaute Claire schuldbewusst an. „Seit damals hat sich in der Gilde viel verändert und seit der alte Mann nicht mehr da ist… Cal hat die Gilde groß gemacht, aber er hat auch das eigentliche Ziel aus den Augen verloren, glaube ich manchmal.“, Bark zuckte mit den Schultern und Claire nickte. Arel hörte gespannt zu, bereit jederzeit in den Nahkampf überzugehen, doch von diesem Mann schien Claire keine Gefahr zu drohen. Jedenfalls vorerst. „Das eigentliche Ziel hmm? Er hat es nicht aus den Augen verloren, nur etwas abgeändert… Von: ‚Reichtum für uns Alle‘ zu ‚Reichtum für mich‘.“, seufzte Claire und Bark schüttelte leicht den Kopf. „Du weißt, dass es nicht ganz so einfach ist.“, gab Bark zurück und schaute Claire in die Augen. Diesmal allerdings zuckte Claire mit den Schultern. „Hey Bark, was dauert da so lange? Wir haben Durst.“, brüllte einer der anderen Söldner und kam von der Gruppe aus an die Bar. „Ich bin gleich bei euch.“, erklärte Bark ruhig, während Claire wieder sichtlich hoffte von niemanden erkannt zu werden. Anscheinend war ihr nicht jeder der Söldnergilde wohlgesonnen. Erneut juckte es Arel in den Fingern das Schwert zu ziehen und dem ganzen einfach so schnell wie möglich ein Ende zu machen. Er musste nur sechs Kehlen durchschneiden. ‚Lass den Mist. Leg dich nicht mit ihnen an, es sei denn, es ist nötig.‘, predigte der Andere in seinem Kopf. „Leck mich am Arsch… Wenn das nicht die kleine geile Claire ist.“, grinste der andere Söldner, sofort schaltete Claire in eine Abwehrhaltung, während der breitschultrige Mann auf sie zukam, sich hinter ihr aufstellte und nach ihr griff. Seine Hand wurde abgeblockt. Bevor Arel hatte darüber nachdenken können hatte er die Hand des Söldners, die zielsicher auf ihren Hintern zu geschnellt war abgefangen und hielt sie nun im eisernen Griff fest. „Hey, was soll das, lass mich los du Hurensohn.“, brüllte der Söldner und Claire stand von ihrem Barhocker auf und stellte sich vor ihn. Ihr Blick war finster und gefährlich und auch, wenn sie deutlich kleiner war, als der vor ihr stehende Söldner, tat dieser unkontrolliert einen Schritt zurück. Arel ließ seine Hand los und war überrascht mit welcher immensen Kraft er zugegriffen hatte. Am Handgelenk des Söldners zeichneten sich Handabdrücke ab, die sich ganz allmählich verfärbten. „Verschwinde Gab.“, seufzte Claire, als würde sie mit einem Kind reden, was ihr auf die Nerven ging. „Alle Achtung, du bist noch viel geiler geworden seit du Totenhandel verlassen hast, deine Titten sind größer als das letzte Mal oder?“, fragte Gab mit einem perversen Grinsen auf den wulstigen Lippen. „Meine Titten gehen dich nichts an, und wenn du nicht erfahren willst wie viel härter meine Schläge geworden sind, solltest du jetzt sofort verschwinden, bevor ich vergesse, dass wir mal Kameraden waren.“, erklärte Claire so ruhig sie konnte und Bark schluckte. „Hey Syl! Guck mal wen wir hier haben. Blutschwinge höchst persönlich, die süße kleine Claire!“, rief Gab hinter sich und Syl stand auf, gefolgt von den restlichen Söldnern. Blutschwinge? Diesen Namen würde sie ihm früher oder später erklären müssen. Die Söldner versammelten sich um Claire, jedenfalls so gut die Bar, Bark und Arel es zuließen. „Claire… Du bist… groß geworden.“, erklärte die Frau, von der Arel glaubte, dass sie auf den Namen Syl hörte. Sie sprach ihren Namen mit einer kaum wahrnehmbaren Verachtung aus, aber sie war da, irgendwas hatte sie gegen Claire. „Du nicht. Lasst mich einfach in Ruhe, dann passiert niemanden etwas.“, erklärte Claire kurz angebunden. Anscheinend war eingetreten was Claire hatte vermeiden wollen. „Zwing uns doch.“, grinste Gab finster. Ihr Blick wanderte zu Bark, der mit einem Mal schwer den Atem ausstieß. „Meinetwegen, aber denk daran… Was du kaputt machst musst du bezahlen… Oder ersetzen.“, stieß Bark aus und Claire stieß Gab nach vorn und ging an ihm vorbei. „Komm mit und lass es auf ein Duell ankommen, wenn du dich traust.“, zischte Claire, während sie sich entschlossen einen Weg durch die Söldner bahnte, die versuchten ihr den Weg zu versperren. Mit einem Mal sah Gab ziemlich verdutzt aus und warf einen verwirrten Blick zu Bark, der nur mit den Schultern zuckte und sagte: „Du hast damit angefangen, also bring es auch zu Ende und lebe mit den Konsequenzen.“ Arel reichte es, er drängte sich ebenfalls an den Söldnern vorbei und ging Claire nach, die bereits vor dem Gasthaus wartete. Dicht hinter ihm folgten Bark und die anderen Söldner. Neugieriges Gemurmel hatte sich unter den Söldnern und den Schaulustigen hinter ihnen breit gemacht. Bark stellte sich neben Claire. „Claire, die Blutschwinge wurde von Gab, dem Felsen zu einem Duell nach Söldnerkodex heraus gefordert!“, rief Bark und schien sich im Kopf bereits Notizen zu machen. Claires Blick war finster. Söldnerkodex, den kannte Claire nur zu gut. Bei Söldnern ging es nie wirklich um Leben oder Tod, es ging nur um Macht, Dominanz und Besitz. Wenn jemand in einem Duell nach Söldnerkodex besiegt wurde, war er dazu verpflichtet dem Gewinner alles zu geben, was dieser verlangte. Gab trat vor und starrte Claire lüstern an. Was er verlangen würde war klar und Arel würde nichts dagegen tun können, wenn Claire das Duell verlor. Verdammt nochmal, er durfte sich nicht mal einmischen um ihr zu helfen. „Die Regeln sind klar! Nur physische Waffen sind erlaubt. Keine Magie. Wählt eure Waffen.“, brachte Bark hervor und Claire zog beide Schwerter von ihrem Rücken. Gab zog ein langes, breites Schwert aus einer Scheide an seinem Gürtel. „Bevor das hier ewig braucht… Jeder, der glaubt er müsste mich in einem Duell nach Söldnerkodex heraus fordert soll vortreten und es sagen. Rückzieher sind nicht möglich. Los, tretet vor!“, rief Claire mit finsterem Blick und sofort machte sich wieder Gemurmel breit. Stimmen wurden Laut, die Sachen sagten wie: „Wenn sie erschöpft ist, wird es leichter für mich und verdammt nochmal, wenn ich sie besiege werde ich sie ficken, bis mir der Schwanz abfällt.“ Kurz dachte Arel darüber nach sich, dieser Idee folgend an das Ende der sich allmählich bildenden Schlange zu stellen, aber der andere brüllte: ‚Untersteh dich!‘ Ist ja gut, war nur so ne Idee… Die Schlange bestand aus Gab, der ganz vorne stand, gefolgt von zwei unbekannten Söldnern und den Schluss bildete Syl, die Claire finster anblickte. Bark schüttelte den Kopf, dann wiederholte er: „Denkt daran, eine Herausforderung kann nicht rückgängig gemacht werden.“ Einer der beiden Männer vor Syl schluckte und trat aus der Reihe wodurch Syl eine Position weiter aufschloss. Claire hatte drei Gegner, wenigstens würden sie nacheinander kämpfen. Jetzt musste Claire zeigen ob sie wirklich so gut war, wie sie von sich selbst zu glauben schien. Verdammt Nein! Er ging einen Schritt auf die Menge zu, doch er wurde an der Schulter zurück gehalten. Bark hatte sich hinter ihm aufgebaut und schüttelte verneinend den Kopf. „Hab Vertrauen. Sie kann das.“, erklärte er und Arel glühte innerlich vor Zorn. Er würde nicht zulassen, dass sie einer der Söldner anfasste. Ganz gleich, ob er gewann oder verlor. Gab stieß einen lauten, donnernden Schrei aus, während er auf Claire zu rannte. Claire blieb davon ungerührt stehen und wich in letzter Sekunde mit einer kunstvollen Pirouette aus, während sie die Schwerter kreisen ließ. Die Klingen erwischten ihr Ziel an der Seite und ließen Gab aufstöhnen, während er sich schwerfällig zu Claire umdrehte. Die Klinge seines Schwertes schoss blitzartig auf Claire zu, diese jedoch machte zwei schnelle Sprünge nach hinten womit sie dem Angriff entging. Es war unheimlich wie schnell sie sich bewegen konnte. Der Söldner machte einen weiteren Schritt auf Claire zu und hob erneut das Schwert. Er führte einen waagerechten Hieb mit der Klinge um sie wieder auf Abstand zu zwingen, doch sie nutzte den Größenunterschied der beiden um mit einer schnellen, geschickten Rolle unter der Klinge hindurch zu tauchen, links neben ihm sprang sie wieder auf die Füße und vollführte mit einer schnellen, fließenden Bewegung den nächsten Angriff. Die Klingen kamen dicht vor Gab zum Stehen und schnitten ganz leicht in die Haut seines Halses. „Die erste Runde geht an Claire.“, erklärte Bark hinter Arel mit monotoner Stimme. Gab brüllte auf, setzte einen Schritt zurück und setzte in einem Moment der Unachtsamkeit erneut zum Angriff an. Claire fuhr ungerührt herum, parierte den wuchtigen Angriff mit einer unglaublichen Leichtigkeit und stieß ihm die zweite Klinge in den Bauch. „Einen klaren Sieg nicht anzuerkennen ist gegen den Duellkodex und zieht Strafe nach sich.“, erklärte Claire völlig Emotionslos. Gab grunzte vor Schmerz auf und blickte in Claires unbarmherzig drein blickendes Gesicht. „Es wäre so einfach dich jetzt zu töten…“, seufzte sie, zog die Klinge jedoch ohne weiteren Schaden damit zu verursachen wieder aus dem Bauch ihres Gegenübers, der sich die Wunde haltend auf die Knie sank. Ihr Blick fand den nächsten Herausforderer und lächelte ihm ermutigend zu. „Na? Was ist? Hast du jetzt etwa Angst? Wolltest du mich nicht ficken bis dir der Schwanz abfällt? Was ist aus dem mutigen Idioten von vorhin geworden?“, fragte sie mit einem finsteren Lächeln. Auf Arels Lippen spielte ebenfalls ein langsames, aber deutliches Lächeln. Der Herausforderer schluckte und ging mit gezogener Axt auf sie zu. Bark sagte emotionslos den zweiten Kampf an. Zwei Ausweichmanöver und ein gezielter Schlag von Claire und der Kampf war entschieden. Dieser Herausforderer fügte sich seinem Schicksal und der Tatsache, dass er verloren hatte. Claires Blick fiel auf Syl, die sie nun mit offener Verachtung im Blick anstarrte. „Claire gegen Syl… kämpft fair und so weiter.“, erklärte Bark ruhig, während er den Kopf schüttelte. Er schien sich ziemlich sicher zu sein, dass auch Syl keine Chance gegen Claire haben würde. Ein seltsames Bild. Arel hatte gedacht sie beschützen zu müssen, aber offenbar war sie besser dazu geeignet ihn zu beschützen. Es war lange her, dass er eine so gute Kämpferin wie Claire gesehen hatte. Gab war kein schlechter Kämpfer gewesen und möglicherweise hätte Arel tricksen müssen um ihn so schnell zu besiegen wie es Claire getan hatte. Claire hingegen hatte ihre Vorteile gegen ihn mit einer eiskalten Unberechenbarkeit ausgespielt. Ihr Kampf hatte nicht einmal drei Minuten gedauert. Syl zog zwei Schwerter aus ihrem Gürtel, die an Rapiere erinnerten. Eine seltsame Waffenauswahl. Rapiere waren zwar zufällige Fechtwaffen, aber im direkten Duell war ein zweites Rapier in den meisten Fällen eher hinderlich. Tatsächlich wirkte es eher so, als würde sie in der linken Hand, die sie wie zu einem kreisrunden Hieb in eine Kampfhaltung gehoben hatte, während die zweite zum Stoß leicht nach vorne ausgestreckt war. War das zweite Rapier eine Ersatzwaffe für eine etwas wuchtigere Waffe? Was auch immer. Claire schaute ihrer Gegnerin in die Augen. „Willst du das wirklich tun?“, fragte Claire ruhig und Syl lächelte sie an, wie man ein Kind anlächeln würde, was schwer von Begriff war. „Du bist gegangen, hast uns alle alleine gelassen, nur um deinen eigenen kindischen Empfindungen nachzulaufen. Und jetzt wagst du es Gab heraus zu fordern, der nur der Domäne unserer Truppe folgt.“, erklärte Syl finster drein blickend und Claire schüttelte den Kopf. „Ich habe die Truppe verlassen, weil ich es nicht mehr ertragen habe… Euer jetziger Anführer…“, sie stoppte und spuckte aus. Syl schien das nicht zu imponieren. „Er ist der Grund, aus dem ich gegangen bin, keine kindischen Träume oder Empfindungen, ich bin gegangen, weil ich die ständigen Annäherungsversuche und Angebote Leid hatte.“, erklärte Claire mit finsterer Miene. „Ich kenne die Wahrheit, du musst nicht versuchen mich zu täuschen, dein Schicksal ist besiegelt und dein Leben endet hier und jetzt.“, entgegnete Syl mit finsterem Blick. „Syl, willst du wirklich?“, begann Bark und schloss dann den Mund. Sie hatte die Herausforderung zu einem Todeskampf bereits ausgesprochen. So ein Duell endete zwar nicht notwendigerweise immer mit dem Tod, aber wenn die eine Seite versuchte die andere zu töten, wieso sollte die andere dann nicht genau so weit gehen? Arel schluckte. Pass auf Claire. Claire stieß den Atem aus. „Also gut. Ich bin bereit.“, erklärte sie und hob die beiden Schwerter. Syl ließ keine Sekunde vergehen und rannte direkt auf Claire zu und deckte sie mit schnellen Stich und Schlagangriffen ein, denen Claire größtenteils auswich. Nur wenige streiften sie, die anderen wurden pariert. Claire stieß einen Seufzer aus und wich weiter nach hinten aus, bis sie an eine Mauer stieß. Genau das schien Syl beabsichtigt zu haben, denn die Intensität ihrer Angriffe erhöhte sich weiter, während Claire einen Hechtsprung zur Seite wagte. Die Klinge, die Syl zum Stechen nutzte fuhr Claire in die Schulter und sie stöhnte auf und brachte sich mit einer Rolle nach hinten nun endlich aus der Gefahrenzone. „Du bist genauso gut, wie damals.“, erklärte Claire, und Syl begann zu grinsen. „Schade, denn du bist in deiner Entwicklung stehen geblieben.“, seufzte Claire dann, was Syl ein finsteres grummeln entlockte während sie wieder zum Angriff überging. Sie hatte einen sehr offensiven Kampfstil, der allerdings darauf baute, dass der Gegner keine Zeit hatte zu kontern, Claire jedoch fand eine Lücke, duckte sich unter einem der Hiebe hindurch und entging einem Klingenstoß mit einer geschickten Körperdrehung, während sie zum Gegenangriff überging. Ein schneller, sorgfältiger Hieb streifte Syls rechten Arm, was eine längliche und blutende Schnittwunde hinterließ. Syl fluchte, als sie das rechte Rapier nicht mehr halten konnte. Claire hatte ihre Sehne durchtrennt? Das war übel. Claire ließ ihr keine Zeit sich zu beschweren und verpasste ihr einen schnellen, präzisen Tritt in den Magen, der sie nach hinten katapultierte. Sie stolperte und fiel zurück auf ihren Hintern. Sofort holte Claire aus und schlug zu. Die Klinge versank neben Syls Kopf in der festgetretenen Erde. Claires Blick war undeutbar, die andere Klinge ruhte an der Halsschlagader der Söldnerin. „Was soll das? Töte mich!“, brüllte Syl Claire an, die nur den Kopf schüttelte. „Ich bin nicht wie du.“, entgegnete sie mit finsterem Blick und Syl spuckte aus, verfehlte Claire aber. Sie würde eine ganze Weile nicht mehr kämpfen können. Sehnen brauchten selbst, wenn man einen geschickten Heilmagier an seiner Seite hatte eine ganze Weile bis sie wieder korrekt zusammen gewachsen waren und wieder so belastbar waren wie zuvor.  „Miststück.“, rief Syl mit schierer Verzweiflung in der Stimme. Als Söldnerin lebte sie davon zu kämpfen. Sie würde ihren Beruf mindestens zwei Monate nicht ausführen können und die Behandlung durch einen einigermaßen kompetenten Heilmagier war teuer. Claire ging auf Bark zu, sie blutete aus ein paar oberflächlichen Wunden, die einzige Wunde, die tiefer aussah war die Stichwunde an der Schulter, doch auch diese schien sie einfach zu ignorieren. „Ich habe drei Duelle gewonnen. Von Gab und dem anderen verlange ich alles, was sie an Geld mit sich tragen, des Weiteren verpflichte sich sie beide dazu die nächsten drei Monate dazu jedem Gesuch nach Hilfe, was ihnen gestellt wird kostenfrei nach zu gehen.“, erklärte Claire ruhig und schaute Bark, der dabei verstehend nickte, genau an. „Ich werde das überwachen.“, erklärte Bark und Claire nickte. Gab zog einen Beutel aus seiner Tasche und warf ihn schnaubend vor Claire in den Dreck, der andere Söldner jedoch knirschte mit den Zähnen und hob sein Schwert auf. „Du solltest dein Schwert stecken lassen und meiner Aufforderung Folge leisten.“, erklärte Claire mit ruhiger, aber finster klingender Stimme. „Du dumme Schlampe, du bekommst nichts von mir, außer meinen Schwanz, mit dem ich dir dein Maul stopfen werde.“, brummte der Söldner, während er Claire erneut angriff. Das hätte er wohl gerne. Arel zog in einer Kurzschlussreaktion das rechte Zwillingsschwert und schnitt dem Angreifer den Weg ab. Es dauerte nicht mal eine Sekunde bis der Arm des Angreifers zuckend im Dreck landete. Arels Blick war kalt und starr, während Blut von der Klinge des Zwillingsschwerts tropfte und stoßweise aus dem Armstumpf des Söldners spritzte, der gedankenverloren und mit vor Schock geweiteten Augen die Stelle untersuchte an der eben noch sein Arm gewesen war. „Du hast verloren. Du hättest das akzeptieren sollen.“, erklärte Arel, der ihn wütend anblickte. Er würde auf garkeinen Fall zulassen, dass er Claire noch einmal behelligte. Der Söldner sackte auf die Knie, während noch immer in pulsierenden Abständen Blut aus seinem Armstumpf schoss. Das Zwillingsschwert verschwand wieder in der Scheide auf seinem Rücken. Die anderen Söldner starrten ihn fassungslos an. Wenn ihr was von mir wollt, kommt und holt es euch, ich werde jeden einzelnen von euch Vollidioten ins Jenseits befördern. ‚Bleib ruhig. Sie werden nicht angreifen, du hast ihre Regeln befolgt.‘, erklärte die Stimme des anderen Lehrmeisterartig. Hoffentlich hatte er Recht. Er würde hier nur ungern ein Gemetzel veranstalten, auch wenn es ihm dazu in den Fingern juckte. „Beruhigt euch Männer. Er hat nur dem Söldnerkodex entsprochen. Hätte er nicht eingegriffen hätte ich es getan. Er hat das Duell verloren und sich geweigert seine Schulden zu zahlen. Wir Söldner zahlen unsere Schulden!“, rief Bark, der langsam auf seinen einarmig am Boden liegenden Söldnerkumpanen zuging und ihm zuerst den Geldbeutel vom Gürtel schnitt und dann seinen Puls fühlte. Er schüttelte den Kopf und warf Claire den Geldbeutel zu, dann wandte er sich zu Claire und Arel um. „Ihr bringt mich in eine missliche Lage.“, erklärte er und schaute in Claires finster drein blickendes Gesicht. „Deine Freunde haben angefangen.“, entgegnete sie spitzfindig und Arel bekräftigte ihre Haltung mit seinem finsteren Blick. Claires Blick wanderte zu dem einarmigen Söldner, der nun kraftlos am Boden lag. Sie ging auf ihn zu und stieß mit dem Schwert zu. Die Klinge durchschlug knackend das Genick des Söldners. Er wäre ohnehin gestorben. Sie hätten niemanden gefunden, der ihn auf die Schnelle vor dem Verbluten hätte retten können. „Wenn du jemanden tötest… Mach es richtig.“, erklärte Claire mit einer so immensen Kälte in ihrer Stimme, dass Arel es niemals für möglich gehalten hätte. Arel schluckte. ‚Du hast genug gespielt.‘, erklärte der andere Arel und er spürte wie er an seinem Verstand zerrte, er spürte wie der Andere wieder im Begriff war den Körper für sich zu beanspruchen. Sollte er nur. Er hatte Claire gerettet. Hatte er doch oder? Er spürte wie sein Verstand in den Hintergrund trat und stattdessen seine andere Hälfte das Ruder übernahm. Sollte er den Körper nehmen. Heute würde nichts aufregendes mehr geschehen. „Arel… Würdest du dich um meine Wunden kümmern?“, fragte Claire mit einem Lächeln. ‚Verdammte Scheiße, ich will den Körper wieder, gib mir die Kontrolle zurück! LOS!‘, rebellierte der Andere in ihm und Arel musste lächeln. „Wenn du das möchtest.“, erklärte Arel sich bereit. ‚Mieser Verräter!!!‘, brüllte der Andere in seinem Kopf. „Sehr gerne, Bark kann warten.“, schloss sie und ging voraus, während sie Arel mit sich ins Innere der Taverne zog.

 

Claire atmete scharf ein, während Arel die leicht gebogene Nadel durch ihre Haut an der Wunde zog um sie mit einem flexiblen Faden zu nähen. „Es tut mir leid, wenn ich dir weh tue…“, entschuldigte sich Arel gefühlt zum hundertsten Mal. Sie stieß den Atem aus. „Du brauchst dich nicht dafür zu entschuldigen, wie oft muss ich dir das noch sagen?“, fragte Claire mit ruhiger und etwas gelangweilt klingender Stimme. Arel lächelte hinter ihr, es war ihr klar, dass ihn ihr nackter Rücken, den er vor sich hatte erregte, doch dieser Arel hätte das nie gezeigt, geschweige denn die Situation ausgenutzt. Es war unglaublich wie unterschiedlich Menschen sein konnten, die ihr ganzes Leben miteinander verbrachten, auch wenn sie es möglicherweise nicht wollten. Erneut tupfte er mit einem Tuch eine klare Flüssigkeit auf die frisch vernähte Wunde an der Schulter. Sie hatte Glück gehabt. Die Klinge des Rapiers war glatt durch das Fleisch geglitten und an der anderen Seite wieder ausgetreten, ohne auf dem Weg etwas Wichtiges zu verletzen. Sie verzog leicht das Gesicht, als die Flüssigkeit in der Wunde brannte. Diesmal entschuldigte Arel sich nicht. Sie atmete auf. Oh siehe da, er betrachtete ihren Rücken. Ihm gefiel wohl was er sah. Es ging eben nicht nur um Rundungen, auch wenn sie Arel auch diese gezeigt hätte. Nicht, weil sie ihn damit ärgern wollte, sondern weil sie nicht viel in solche Dinge hinein interpretierte. Sie wusste genau, was Männer wollten, aber in diesem Fall… Sie liebte es einfach nackt zu sein, liebte es, wenn sie nicht eingeengt war und wenn Arel ihr dabei Gesellschaft leistete war das eben so. Aber im Augenblick schützte sie ihre Brust noch mit den Klamotten, die sie zuvor getragen hatte. Arel schien hinter ihr über etwas nach zu denken, dann zog er eine kleine Dose aus seiner Tasche. Sie war klein und irgendwas sagte ihr, dass diese kleine Dose ein kleines Vermögen gekostet hatte. Das war bei unbeschrifteten kleinen Blechdosen sehr oft der Fall, jedenfalls in diesem Zeitalter. Er öffnete die Dose und ein aromatischer Geruch stieg ihr in die Nase, sie kannte diesen Geruch, aber konnte ihn nicht zuordnen. „Was ist das?“, fragte Claire ruhig und klang dabei etwas unruhig. „Das ist eine Salbe aus Taubnessel, Schwarzfeige und Seraphampher… Sie verhindert, dass sich Narbengewebe bildet und sorgt dafür, dass die Haut wieder ordnungsgemäß zusammenwächst, egal wie groß die Wunde ist.“, erklärte Arel mit ruhiger Stimme. Sollte das heißen, dass sie keine Narbe von den Wunden tragen würde? In diesem Moment hätte sie Arel küssen können. Eine solche Salbe musste wirklich ein Vermögen kosten. Als sie sich zu Arel umwandte stellte sie fest, dass die Dose noch so gut wie voll war. Anscheinend benutzte er sie  nicht selbst. Vielleicht war sie ein Geschenk gewesen, auch wenn sie sich nicht vorstellen konnte wer eine solche Salbe verschenken würde, die Inhaltstoffe waren teuer. Selbst in geringen Dosen. Kein Kräuterkundiger würde auch nur ein bisschen davon verschenken. Nicht, weil es besonders wirksam war, sondern einfach aus der Tatsache, dass man sie kaum fand. Sobald ein Kräuterkundiger diese Kräuter zu Gesicht bekam dachte er unweigerlich an Geld. „Wieso verschwendest du diese Salbe an mich, die muss teuer gewesen sein.“, begann Claire, doch Arel legte eine Hand an ihren Rücken und begann sanft darüber zu streicheln. Gottverdammt fühlte sich das gut an. Es war lange her gewesen, dass ein Mann… Nein… Das hatte tatsächlich noch kein Mann bei ihr gemacht. „Ich habe vor zwei Monaten einem reichen Alchemisten mit einem kleinen Geisterproblem geholfen… Zum Abschluss des Jobs hat er mir die Dose geschenkt und gesagt, ich zitiere: „Wenn du irgendwann mal eine Freundin findest, die genauso hart drauf ist wie du, wird sie das bestimmt zu schätzen wissen.“, Tja… Ich hätte ja nicht ahnen können, dass es da draußen Frauen gibt, die deutlich härter sind als ich.“, erklärte Arel mit ruhiger Stimme und sie schien zu spüren, dass er lächelte. Nicht dieses begierige Lächeln, was sein alter Ego manchmal an den Tag legte, nein, ein sanftes, schon fast zärtliches Lächeln, was einer Frau ein warmes Gefühl bescherte. Genauso war es bei ihr, in dem Moment, als er lächelte lief ihr ein warmes Kribbeln über den Körper, keine Lust oder Begierde einfach nur… Glück? Ein seltsames Gefühl. Einfaches Glück hatte sie schon lange nicht mehr empfunden. Als er seine Hand weg ziehen wollte hielt sie ihn wie aus einer Laune heraus davon ab. „Kannst du… noch ein wenig weiter machen?“, fragte sie und klang wahrscheinlich seit vielen Jahren mal wieder, wie ein kleines Mädchen, was ihren Papa darum bat ihr ein Eis zu kaufen. Arels Auge zuckte kurz. Es war klar, dass der andere Arel grade wieder einen seiner Sprüche los gelassen hatte. Wahrscheinlich etwas wie: ‚Das ist eine Einladung, also nehme sie wahr und nimm sie.‘ Sie musste lächeln. Möglicherweise konnte man dies tatsächlich als Einladung verstehen. Sie hatte noch nie einen Mann darum gebeten sie weiter anzufassen, obwohl sie die meisten Männer, wenn sie es genau bedachte, entweder nie so nah an sich heran gelassen hatte. Sie war weiß Gott keine Nonne, nein. Sie hatte wahrscheinlich in ihrem kurzen Leben mehr Sex gehabt, als viele andere Frauen, aber irgendwie hatte ihr dabei immer etwas gefehlt. Etwas, was sie nun zu empfinden schien, auch wenn in diesem Fall die Ektase und der Rausch der Lust fehlten. Erneut ertappte sie sich dabei, wie sie darüber nachdachte, wie gut der Sex mit ihm wohl sein würde, doch erneut verwarf sie den Gedanken mit einem Lächeln. Sie sollte jetzt in diesem Moment in dem er seine Finger über ihren Rücken gleiten ließ nicht darüber nachdenken. Sie stieß einen wohligen Seufzer aus und rekelte sich wie ein Kätzchen, dem man das Rückenfell kraulte. Sie konnte den anderen Arel in seinem Kopf brüllen hören, so wie sie ihn kennen gelernt hatte brüllte er grade irgendwas von wegen ‚Nimm Sie! Sie will es auch!‘, aber  der andere Arel würde das nicht tun. Sie vertraute diesem Mann, obwohl sie sich nicht kannten, doch in seinem Blick war etwas gewesen, was ihr glauben machte, dass dieses Vertrauen sich lohnte. Ob sie sich wohl doch zu ihm umdrehen, den provisorischen Schutz um ihre Brüste fallen lassen sollte und ihn verführen sollte? Der letzte richtige Sex lag Monate zurück, beinahe ein ganzes Jahr, sie hatte es längst aufgegeben herum zu vögeln, obwohl sie alle Voraussetzungen erfüllte einen stolzen Mann innerhalb von wenigen Minuten in einen Sexbesessenen und sabbernden Vollidioten zu verwandeln. „Sag mal Arel… Wann hattest du das letzte Mal Sex?“, fragte sie mit ruhiger Stimme und spürte wie seine Fingerspitzen sich an ihrem Rücken  versteiften. „Warum ist das wichtig?“, fragte Arel mit leiser, aber etwas hektisch klingender Stimme. „Ist es nicht, ich würde es einfach nur gerne wissen.“, lächelte Claire zuckersüß, während sie sich zu ihm umwandte, dabei ließ sie nur zur Hälfte absichtlich das Kleidungsstück etwas sinken, was sie sich vor die Brust hielt, sodass er das sehen konnte, was man allgemein als sehr gewagten und tiefen Ausschnitt kannte. Sie hörte wie er tief und scharf einatmete. Seine Männlichkeit trat als deutlich erkennbare Beule in seinem Schritt hervor, sie grinste ihn an. „Oh… Kann man dir helfen?“, lächelte sie und Arel lief puterrot an. „Nein… Alles in Ordnung.“, versicherte er mit hochrotem Kopf. „Ganz sicher?“, sie fuhr mit einem Finger über seine Beule und er stieß einen erstickten Laut aus. „Drei!“, rief er mehr, als er sagte. „Drei was?“, fragte sie mit einem verlegenen, fast keuch wirkenden Lächeln. „Drei Jahre…“, presste er peinlich berührt heraus. Claire starrte ihn etwas baff an. Wow. Der Junge hatte es wirklich nötig und wiederstand ihrem Charme trotzdem mit dieser Bestimmtheit. Sie hatte sich in ihm getäuscht, egal was der andere Arel sagte. Der Arel, den sie vor sich hatte war ein Held, jeder andere Mann, in seiner Lage wäre schon längst über sie her gefallen wie ein hungriger Wolf über ein saftiges Steak. „Wow… Das ist… Übel.“, seufzte sie etwas unruhig, während sie kurz darüber nachdachte ihn aus Mitleid zu verführen, aber diesen Gedanken verwarf sie sofort wieder. Das wäre für keinen von Beiden befriedigend gewesen. „Okay… Ich höre auf.“, erklärte sie und schaute ihn lächelnd an und einen Moment lang schaute er betreten zur Seite. So so, dem kleinen Lustmolch gefiel also was sie tat. Ein kleines Bisschen konnte sie ihm noch geben. „Danke fürs nähen und verbinden.“, lächelte sie und ließ den Schutz um ihre Brust für ein, zwei Sekunden sinken, sodass er ihre Brüste sehen konnte, dann streifte sie das Kleidungsstück wieder über. Für heute Abend würde es trotz der Blutflecke seinen Zweck noch erfüllen. „Wir sollten nochmal runter gehen. Ich glaube Bark und ich haben etwas zu besprechen.“, erklärte sie und Arel, der sich noch nicht ganz von dem, was er grade gesehen hatte erholt hatte nickte nur gefällig.

 

Der Schankraum war wie man es von ihm erwartete erwärmt und stank nach verschütteten Bier, das einem unter den Schuhsolen klebte. Claire atmete tief durch und ging in Arels Begleitung auf die Söldnergruppe zu. Syl trug den Arm verbunden und schien Schmerzen zu haben. Claire gönnte es ihr. Sie und der jetzige Anführer der Söldner hatten sich verdient. Sie zweifelte kein Bisschen daran, dass sie mit ihm fickte und daran war sie selbst schuld. Sie kämpfte ihre Wut nieder und atmete tief durch um ihr gewöhnliches Lächeln wieder aufzunehmen. Bark stand auf um sie zu begrüßen, in Gabs, wie auch in Syls Gesicht war Reue zu erkennen. Gut so. „Claire… Du hättest mir echt nicht solche Schwierigkeiten machen müssen… Jetzt fehlen mir zwei Leute, der eine Tod und die Andere Kampfunfähig… Wie regeln wir das?“, eröffnete Bark das Gespräch und Claire setzte ihr finsteres Gesicht auf. „Wieviel willst du?“, stellte sie zur Gegenfrage und Bark zischte. „Geld bringt uns hier nicht weiter. Ich habe einen Auftrag für den ich acht Leute brauche. Du hast zwei ausscheiden lassen, also schuldest du mir zwei Leute, wir beide wissen, dass du dir das nicht leisten kannst und dein kleiner Freund auch nicht.“ Das war wieder typisch Bark. Hauptsache erstmal alle Leute, die auch nur ein kleines Bisschen kleiner waren als er mit grausamer Entschlossenheit daran erinnern. Wer konnte schon wissen, was er damit zu kompensieren versuchte. „Also was schlägst du vor Großer?“, seufzte Claire ruhig und genau wissend, was die Antwort auf ihre Frage sein würde. „Ich brauche zwei Leute um den Job zu Ende zu bringen. Es ist ein wichtiger Auftrag.“, erklärte Bark und lächelte Claire an. Wichtig hieß in Söldnersprache so viel wie: ‚Dieser Job spielt eine Menge Kohle ein.‘ Claire seufzte leicht und schaute Bark finster an. „Und jetzt willst du natürlich, dass Arel und ich diese zwei Männer ersetzen…  Hab ich nicht recht?“, entgegnete Claire mit finster klingender Stimme. Bark grinste und nickte. „Ja, das ist ziemlich genau das, was ich im Sinn hatte.“, erklärte er mit einem befriedigten Unterton in der Stimme. „Es gibt einen Grund, warum ich keine Söldnerin mehr bin.“, begann  Claire, doch wie es zu erwarten war interessierte das Bark einen Scheiß. „Glaub mir, niemand weiß besser als ich, dass du keine Söldnerin mehr bist und niemand bereut es mehr, immerhin warst du immer eine der zuverlässigsten Söldnerinnen, die ich jemals kennen gelernt habe.“, grinste Bark um Claire einzuwickeln, aber das konnte er vergessen. „Nein Bark… Vergiss es. Deine Söldner sind selbst schuld, dass sie sich mit  mir angelegt haben.“, entgegnete Claire mit unterdrückter Wut in ihrer Stimme. „Ich wusste, dass du das sagen würdest und im Endeffekt hast du ja Recht… Aber das alles ändert nichts an meiner Situation. Ich muss über jede Mission, die von mir geleitet wird Zeugnis vor dem Boss ablegen. Normalerweise interessiert ihn nicht, was bei einem Auftrag passiert, weil er selbst sehr gut weiß, wie problematisch eine Mission ablaufen konnte. Wenn allerdings ein Söldner stirbt und ein weiterer verletzt wird und die Mission deshalb nicht angetreten werden kann beginnt er Fragen zu stellen und ich bin mir ziemlich sicher, dass das letzte, was du im Augenblick möchtest der Anführer von Totenhandel ist, der anfängt nach zu forschen warum seine Männer dem Auftrag nicht antreten konnten. Denn wenn er nachforscht warum, stößt er auf deinen Namen und hast du eine Ahnung, was er tun wird, wenn er raus bekommt, dass du deine Finger hier mit im Spiel hattest?“, erzählte Bark mit logischer Vorgehensweise. Verdammter Mist, sie hasste es, dass Bark sie so gut kannte. Er hatte sie und er wusste es. Das letzte was sie wollte war, dass Totenhandels Anführer sie verfolgt. „Er wird sich selbst, zusammen mit einer Elitetruppe Söldner auf den Weg machen um mich zu suchen und er wird mir keine große Wahl lassen, wieder zu Totenhandel zurück zu kehren…“, seufzte Claire und Bark nickte. „Das trifft es ziemlich genau. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du das willst.“, bestätigte er ihre Annahme und sie fluchte innerlich. „Wieviel springt für mich dabei raus.“,  fragte Claire routinemäßig nach und schaute den Mann fest an. „Du weißt, dass ich dir dafür nichts…“, begann er, doch Claire schnitt ihm mit einer ungeduldigen Geste das Wort ab. „Hör zu Bark, du weißt, dass ich nicht blöd bin, also hör auf meine Intelligenz beleidigen zu wollen und sieh mich als das, was ich bin. Eine Geschäftspartnerin. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.“, gab Claire zurück und der massige Söldner lächelte leicht verlegen. „Ja… Du hast Recht. Tut mir leid, die Macht der Gewohnheit… Gut… Du bekommst den Sold, den der Tote bekommen hätte.“, seufzte Bark ruhig und Claire grinste. „Und wieviel wäre das? Tote können allgemeinhin nicht viel mit Geld anfangen.“, hakte Claire mit einem listigen Grinsen nach. Bark atmete tief ein. „Gut okay… der Sold des toten wären 300 Silbersterne gewesen.“, erklärte er und schaute wieder in Claires Gesicht, anscheinend suchte er darin nach so etwas wie Mitgefühl. Falsche Adresse. „Wer ist der Auftraggeber?“, fragte Claire routinemäßig nach. Bark mahlte mit den Zähnen und seufzte. „Ein Herzog.“, gab er zur Antwort und schien es sogleich physisch zu bereuen. „600 Silbersterne… deinem Herzog tut das nicht weh. Ich kenne die Auftragsregeln von Totenhandel, also versucht es nicht mal. Arel wird übrigens auch nicht tiefer einsteigen.“, erklärte sie ruhig und schaute zu Arel, der mit verschränkten Armen und Draufgängerblick hinter ihr stand. Guter Junge. „Claire… Dieser Mann ist…“, begann er erneut, doch Claire unterbrach ihn wieder. „Wirklich anstrengend Bla… Bla… Bla… Hör zu Bark, du willst, dass ich für dich arbeite, obwohl ich das Söldnerdasein hinter mir gelassen habe? Dann möchte ich auch wie ein Söldner bezahlt werden. Klar?“, gab Claire zurück und Bark stieß einen seiner apokalyptischen Seufzer aus. „Also gut.. ich kann dir 450 Silbersterne bieten…“,  versuchte Bark erneut zu feilschen doch erneut erntete er einen vernichtenden Blick von Claire. „Und tschüss, soll mir der Anführer doch hinter her reisen, ich werde ihm und jedem seiner Elitekämpfer den Arsch aufreißen…“, seufzte sie, zuckte mit den Schultern und erhob sich. „Okay… Okay… Ich habs ja verstanden… 600 für beide von euch… Das ist genug Geld um eine Zeit lang problemlos über die Runden zu kommen…“, gab er zurück, während er erneut heftig den Atem ausstieß. „Na also…“, gab sie zurück und ließ sich wieder auf dem Barhocker fallen. „Worum geht es also?“, fragte sie und bemühte sich wieder um einen einigermaßen freundlichen Tonfall, was ihr nur bedingt gelang. „Es geht um einen Schwarzmagier… Er hat dem Herzog übel mitgespielt und jetzt will er seinen Kopf.“, entgegnete er mit einem Mal grinsend. „Ein verdammter Auftragsmord? An einem verdammten Schwarzmagier? Ist das dein verdammter Ernst?“, knurrte Claire und jede Freundlichkeit war aus ihrem Blick, ihrer Haltung und ihrer Stimme verschwunden. Bark zuckte mit den Schultern. „Du solltest dich eben erkundigen was für einen Auftrag du annimmst, bevor du ihn annimmst…“, lächelte er und Claire spürte wie Arel hinter ihr allmählich finster drein blickte. Es war nicht schwer zu erkennen, dass er Bark im Moment gerne eine reinhauen würde. Dabei hatte sie ihn in diese Lage gebracht. Wenn es nicht gegen ihre mangelhafte Erziehung verstoßen hätte jemanden in einem Gasthof vor die Füße zu spucken hätte sie genau das gerne getan. Ein Schwarzmagier, das konnte alles bedeuten, möglicherweise sogar ein Selbstmordkommando. Schwarzmagier war ein sehr weitreichender Begriff. Es ging vom kleinen Idioten, der mit Schmerzflüchen experimentiert bis zum übermächtigen Dämonenbeschwörer und für einen kleinen Fisch würde man Totenhandel nicht anheuern. „Ich werde dich sterben lassen, wenn es soweit kommt, dass ich es zu entscheiden habe.“, erklärte Claire mit finsterer Miene. „So weit wird es nicht kommen, soweit ich gehört habe bezieht dieser Magier seine magische Kraft aus einem Relikt, wir müssen es ihm nur abnehmen und schon verpufft jeder seiner dunklen Zauber.“, entgegnete Bark schlicht und Claire bedachte ihn mit einem tödlichen Blick. „Schon mal darüber nachgedacht, wie unsere Chancen stehen, wenn er sein Relikt benutzt, bevor wir es ihm abnehmen können? Was für eine Art Relikt ist es überhaupt, ich habe keine Lust plötzlich von Geschwüren bedeckt zu sein, während ich in meiner eigenen Kotze liegend dahin sieche.“, stieß Claire ungehalten hervor. Es war nicht schwer zu erkennen, dass ihr die Schwertscheiden auf dem Rücken im Augenblick sehr locker saßen. „Wir lassen einfach nicht zu, dass er sein Relikt benutzt. Wir haben keine Informationen darüber welchen Zauber das Relikt enthält. Nur, dass es sich um schwarze Magie handelt.“, gab er zur Antwort und lächelte Clair entgegen. „Bark, du weißt, dass wir eigentlich immer gut miteinander ausgekommen sind… Ich hoffe du weißt, was du hier aufs Spiel setzt.“, stieß sie hervor und er nickte. „Du hast einen meiner Männer getötet und einen weiteren Söldner dauerhaft kampfunfähig gemacht, wenn dieser Auftrag vorbei ist, sind wir Quitt.“, erklärte er und ließ tatsächlich einen Hauch von Reue durchsickern, den er so natürlich niemals vor seinen Untergebenen hätte zeigen dürfen. „Ich übernehme keine Haftung für weitere Söldner, die bei diesem Selbstmordkommando draufgehen. Du kannst mir keinen weiteren Söldner, der zu Schaden kommt zur Last legen und solltest du es versuchen werde dich dir die Eier rausreißen und dich zwingen sie zu essen. Und das vor deinen Männern.“, erklärte sie ernst und konnte hören wie Arel hinter ihr schluckte, offensichtlich kam diese Androhung ernst genug rüber, dass selbst ihr nächster Verbündeter Schweißausbrüche und spontane Phantomschmerzen in tieferliegenden Regionen seines Körpers empfand. Gut. Bark würde leiden, sollte er nochmal versuchen sie zu täuschen. Aber jetzt würde sie sich erstmal mit einem Schwarzmagier auseinander setzen müssen. Das würde kein Kinderspiel werden, vor allem dann nicht, wenn sie mit einer Gruppe Söldner zusammen arbeiten musste, die ihr weder vertraute, noch sie wirklich ernst zu nehmen schien. „Wann geht’s los?“, hakte sie nach und ließ weiterhin die knallharte Braut raushängen. Bark musterte sie scharf. „Morgen früh, wir haben ihn knapp außerhalb der Stadt in einer Höhle ausfindig gemacht. Dieser Mistkerl wird nicht mehr lange Gebrauch seiner schwarzen Magie machen. Sein Wort in Gottes Ohr, Schwarzmagier waren keine leichte Beute, das waren sie nie und was ihr zusätzliches Unwohlsein verursachte war, dass niemand zu wissen schien aus welcher Art von Relikt er seine Macht bezog. Ein Amulett? Gut, Amulette verfügten meist über zwei verschiedene Zauber, die der Schwarzmagier anwenden konnte, ein Buch? Ganz schlecht, ob man es nun glauben wollte oder nicht, aber schwarzmagische Schriften waren die mächtigsten Relikte, die ein Schwarzmagier benutzen konnte. Mit einem alten schwarzmagischen Almanach war es selbst einem kleinen Novizen möglich innerhalb weniger Tage an die Macht eines Priesters der schwarzen Magie zu gelangen.  Verdammt nochmal, bitte lass es kein Buch sein. „Eins noch… Wenn wir drauf gehen, werde ich als Geist noch deine Urenkel heimsuchen.“, erklärte Claire finster, stand auf und verließ das Gasthaus. Arel kam ihr irritiert nach. Es war ein wirklich seltsames Gefühl, wenn ein Mann, der in der Kampfkunst so bewandert war wie er sich komplett, ohne auch nur ein verdammtes Wort zu sagen aus solchen Verhandlungen raushielt. Was war nur falsch mit ihm. „Warum hast du eigentlich nichts gesagt?“, begann Claire genervt und Arel lächelte freundlich. „Zwischen deinem Gemecker, hätte mich doch ohnehin niemand verstanden.“, erklärte er und sie stieß die Luft aus. Was wusste er schon. Sie musste sich jetzt ganz dringend abreagieren. „Wie wärs mit einem Trainingskampf? Ich muss Dampf ablassen.“, erklärte sie finster und Arel lächelte etwas zurückhaltend und verzog das Gesicht kurz zu einer Grimasse. Offensichtlich hatte der andere Arel grade wieder einen seiner Kommentare vom Stapel gelassen. „Wenn ich Dampf beim ficken ablassen will, lasse ich es dich wissen, jetzt ist mir danach Knochen zu brechen, da das etwas unproduktiv wäre gebe ich mich damit zufrieden ein paar Blaue Flecken zu verursachen.“, stieß sie dem anderen Arel entgegen. Arel lächelte sie an. „Es ist erstaunlich wie gut du darin bist, zu erraten, was er grade erzählt.“, seufzte er und rollte die Augen nach oben. Claire kicherte leicht. „Okay du Witzbold… Lass uns einen kleinen Trainingskampf veranstalten.“, seufzte sie und Arel nickte langsam, aber bestimmt. Sie hatte ihn.

Kapitel 8 - Rache

 

Das Haus der Vermissten war eine typische Jagdhütte aus Holz, an manchen Stellen blätterte der Lack mit dem das Holz behandelt worden war um Feuchtigkeit abzuweisen, ab. Langsam schob Haley den Schlüssel in das angerostete Schloss und drehte ihn herum. Als sie die Tür öffnete schlug ihr der süße Geruch der Verwesung in die Nase und sie musste einen Würgereflex unterdrücken. Sie biss die Zähne zusammen und betrat das Haus. Der Verwesungsgestank rührte von einem gedeckten Tisch her, auf dem ein riesiger gebratener, aber mittlerweile verfaulter Schweinebraten stand. Anscheinend hatte es was zu Feiern gegeben. Sie versuchte erst die Fliegen zu ignorieren, die überall im Haus herum flogen, doch als sie den Blick erneut zum Schweinebraten hinblickte und sah, wie die Maden über das Gericht wuselten, nahm sie all ihre Willenskraft zusammen um nicht ihren Teil zum Geruch beizutragen. Hinter ihr knarrte eine Holzdiele. Haley drehte sich sofort um und hob das Beil, welches Lyr ihr für alle Fälle mitgegeben hatte. Vor ihr stand ein Mann. Er war jung. Vielleicht in ihrem Alter und hob beschwichtigend die Arme. „Wer bist du? Und was willst du hier?“, fragte Haley gerade heraus ohne die Axt zu senken. „Mein Name ist Renar… Ich bin hier um eine Freundin zu suchen, viel eher frage ich mich, was ihr in ihrem Haus macht.“, erklärte sich der Mann und Haley senkte das Beil misstrauisch. „Ja! Meine beste Freundin Lara wohnt hier, warum habt ihr einen Schlüssel für ihr Haus?“, stieß er hervor und schien sie mit beruhigenden Gesten dazu bringen zu wollen das Beil zu senken. „Von ihrem Freund. Lara ist seit drei Wochen vermisst, warum kommst du erst jetzt darauf sie zuhause zu suchen?“, gab Haley, noch immer misstrauisch zurück. Renar stieß einen Seufzer aus. Das ist nicht das erste Mal, dass ich hier bin. Ich bin zufällig hier vorbei gekommen und habe gesehen, dass die Tür offen stand, ich gehe also ins Haus in der Hoffnung sie zu sehen, aber finden tue ich euch.“, gab Renar zur Antwort und Haley musste einsehen, dass es wenigstens am Rande Sinn machte. Bei dem Gestank hatte sie die Tür hinter sich nicht geschlossen. „Du solltest gehen, ich muss mich hier umsehen um Hinweise zu suchen.“, erklärte Haley und wollte nicht mehr unnötig Zeit verschwenden. „Hinweise worauf?“, fragte Renar sofort. „Auf den Verbleib deiner Freundin.“, erklärte Haley, allmählich am Ende mit ihrer Geduld. Ein toter Mann mehr oder weniger würde hier auch nicht auffallen. „Gut… Ich werde euch helfen… Habt ihr es schon an der Lichtung versucht? Sie hat sich dort oft mit ihrem Freund getroffen.“, entgegnete Renar, wobei er das Wort Freund mit einer leichten Verachtung aussprach. Offenbar waren die beiden keine Freunde gewesen. Ein leichtes Klopfen erklang von irgendwo her. Haley blickte sich um. „Hast du das auch gehört?“, fragte sie und schaute zu Renar, der nickte. „Ja… Es muss aus dem Keller gekommen sein, ich werde kurz nachsehen.“, erklärte Renar und zeigte in Richtung Kellertreppe. Gut, sollte er ruhig vorgehen. Eher fror die Hölle zu, bevor sie vor diesem Typen eine dunkle Kellertreppe hinab stieg. „Gut, geh, wenn du was findest ruf einfach.“, erklärte sie und schaute ihm nach, als er die Treppe hinab stieg. Ihr Blick fiel auf einen Brief, der auf einem der Teller lag. Sie nahm ihn und verzog das Gesicht, als der Gestank sich intensivierte, als sie dem verfaulten Braten noch näher kam. Sie öffnete den Brief und las ihn.

 

„Lara,

meine Liebe für dich kennt keine Grenzen. Bald wirst auch du erkennen, dass nur ich dir das Schicksal geben kann, was du dir so sehr wünschst. Warum hast du diesem Stümper von meinen Briefen erzählt mein Sonnenschein? Er steht doch nur im Weg. Verlasse ihn endlich und komm zu mir, du wirst es nicht bereuen. Wir sind füreinander bestimmt, das wusste ich bereits vom ersten Augenblick an, als ich dich gesehen habe. Wenn du nicht zu mir kommst, werde ich zu dir kommen und dich überzeugen. Ich kann sehr überzeugend sein. Mein Begehren für dich kennt keine Grenzen meine Lara, bald wirst du mein sein. Das weißt du genau so gut wie ich.

Dein heimlicher Verehrer“


Heimlicher Verehrer? Das hatte wohl eher was von einem Stalker. Das arme Mädchen. Haley legte den Brief zurück auf den Tisch und schaute sich um. Das Haus war nicht groß. Sie bezweifelte, dass es sich nur um einen Brief handelte. Es waren eindeutig mehr. Wenn sie Lara wäre hätte sie sich wahnsinnig gefürchtet und die Briefe trotz allem behalten um später beweisen zu können, dass sie gestalkt wurde. Aber wo würde sie solche Briefe verstecken? Nicht in der Nähe vom Bett. Irgendwo, wo sie niemand erwarten würde und wo sie sie notfalls möglichst schnell vernichten konnte. Holzhäuser verfügten nur sehr selten über einen Kamin… Also vielleicht… Der Ofen? Sie ging mit langsamen Schritten auf den Ofen zu und öffnete die Klappe. Der Geruch von abgestandenen Fett wehte ihr entgegen, aber sie ignorierte den Geruch und tastete die Seitenwände, wie auch ober- und Unterklappe ab. Auf der unteren Platte wurde sie letztendlich fündig. Dort befand sich eine Vertiefung in der ein in Feuerfestes Papier eingefasstes Päckchen lag. Sie nahm das Päckchen heraus und legte es auf den Herd, dann begann sie es auszuwickeln. Über zwanzig Briefe fielen vor ihr auf den Herd. Sie nahm die Briefe und ging zum Ausgang um frische Luft zu schnappen. Sie sog tief die frische Luft ein, die ihr bereitwillig entgegenwehte. Ihr Blick fiel auf einen neben der Tür stehenden Korb. Frisches Obst, Brot und Milch? Die standen vorher noch nicht hier. Was ging hier vor? Hatte dieser Renar den Korb her gebracht? Hatte er nicht gesagt er wäre nur zufällig hier? Zufällig brachte man keinen Korb mit Nahrungsmitteln mit, dann das Klopfen aus dem Keller und er hatte sich viel zu bereitwillig gemeldet nach zu sehen. Verdammt sie hatte den Kerl total vergessen. Ein knarren hinter ihr. Erneut hob sie das Tomahawk, wie hatte sie nur so dumm sein können. Ein schwerer Schlag traf sie am Hinterkopf, dann wurde es dunkel um sie herum.

 

Er hatte sich dazu entschieden zuerst beim Haus der Vermissten nach Haley zu sehen. Nicht, weil er davon ausging, dass sie seine Hilfe brauchte, eher aus dem Grund, dass er dachte, dass hier irgendetwas tierisch faul war. Die kleine Jagdhütte schälte sich allmählich vor ihm aus der Ferne. Mit einem tiefen Seufzer, ging er immer weiter darauf zu. Ob Haley wohl etwas gefunden hatte? Seine Schritte verschnellerten sich. Er machte sich Sorgen um sie. Nicht, weil er nicht glaubte, dass sie der sich ihr möglicherweise stellenden Herausforderung nicht gewachsen wäre, sondern weil irgendwas in seinem Kopf unerbittlich Alarm schlug. Die Tür zur Hütte stand offen und Lyr begann zu rennen. Als er die Hütte erreichte wurde recht schnell klar, dass sie verwaist war. Es war niemand hier. Wo war Haley? Sein Blick wanderte zu dem Tablett, was außen neben der Tür stand. Allerlei Lebensmittel stapelten sich darauf. Haley hatte dieses Tablett nicht mitgebracht, aber wer sollte sonst noch hier gewesen sein und wieso sollte jemand ein Tablett mit Lebensmitteln zu einem Haus bringen, was komplett verwaist war? Das machte alles kein Sinn. Der Gestank von verfaultem Fleisch stieg ihm in die Nase und auf einen Schlag war er froh darüber, dass er den Gestank von verfaultem Schweinefleisch, vom Gestank eines verfaulten Menschen unterscheiden konnte. Hier verweste ganz klar ein Schwein, kein Mensch. Mit angewiderter Miene betrat er das Haus, das vom Verwesungsgestank vollkommen erfüllt und durchzogen war. Die Briefe auf dem Tisch weckten seine Aufmerksamkeit, vor allem, der große Packen mit Briefen, auf dem sich ein blutiger Handabdruck befand. Lyrs ‚Oh-Shit-Sensoren‘ schlugen erneut Alarm und er glitt mit dem Finger über die Blutspuren. Frisch. Irgendwo in seiner Nähe erklang ein leises, gedämpftes Klopfen. Haley? Er schluckte und blickte sich um. Vielleicht der Keller? Mit schnellen Schritten überwand er den Abstand zwischen sich und der Kellertreppe. Er stieß die Tür auf und schaute in pure Dunkelheit, die sich vor ihm erstreckte. Seine linke Hand zeichnete nahezu sofort ein Siegel in die Luft, das Siegel für Licht. Das Symbol erstrahlte in hellem, weißem Licht und schwebte vor ihm, erleuchtete den schmalen Treppenabgang und Lyr zog das zweite der beiden Tomahawks, aus seinem Gürtel, für das Schwert war der Gang zu eng. Vor ihm erstreckte sich ein kleiner Raum. Für einen Keller viel zu klein. Jedenfalls für einen Keller dieses Hauses. Die Luft hier unten war feucht und roch unangenehm modrig, jedoch immer noch deutlich besser als der Gestank da draußen. Auf einem kleinen Tisch, der Irreal abseits von allen Regalen stand, stand ein Tablett, wie das, was draußen neben der Tür gelegen hatte. So wie es aussah handelte es sich um einen Besucher, der diesen Ort öfter mit seiner Anwesenheit beehrte. Das Tablett vor ihm auf dem Tisch war leer, vollkommen frei von irgendwelchen Resten. Geistesabwesend begann Lyr die Wand hinter dem Tisch abzuklopfen. Hohl. Und es klopfte zurück. „Hallo?!“, rief Lyr, er erwartete keine Antwort, aber dennoch bekam er eine. „Bitte tun sie uns nichts, wir sind ganz brav.“, erklang eine Kinderstimme, dich hinter der Wand. „Wie viele seid ihr?“, fragte Lyr ruhig und zog sein Schwert, dessen Griff er an die Wand legte um darauf zu klopfen. „Wir… Wir sind Sieben…“, erklang erneut die Kinderstimme und Lyr dachte nach. Er wusste nicht genau, wie viele Kinder im Dorf vermisst wurden, aber Sieben war schon mal ein Anfang. „Hör mir zu Junge, ich bin hier um euch hier raus zu holen und zurück ins Dorf zu bringen. Wer hat euch entführt?“, fragte Lyr nach und schaute sich um. An den Wänden hingen Kerzenständer, der linke von beiden, die an der Wand hingen, an der Lyr stand sah abgenutzt aus. „Die tote Frau…“, gab der Junge zurück und Lyr seufzte. Das machte keinen Sinn, wieso sollte eine Nachterscheinung Kinder entführen… Vielleicht… Das konnte es sein. Er griff nach dem abgenutzten Kerzenständer und zog daran. Gehorsam knickte der Kerzenständer nach unten und setzte einen Mechanismus in Gang. Dort wo die Wand hohl geklungen hatte schwang eine Tür auf, sofort waren Schritte zu hören. Lyr ging langsam auf die verborgene Tür zu. Die Dunkelheit in der kleinen Kammer wurde vertrieben, nicht aber der Geruch. Urin, Fäkalien und Schweiß im Schatten der Ecken glänzten weit aufgerissene Augen, die jedes Bisschen Licht zu genießen schienen. „Habt keine Angst. Ich bringe euch ins Dorf zurück.“, erklärte Lyr mit ruhiger und vertrauensvoller Stimme. Ein kleiner Junge von vielleicht Sieben Jahren trat langsam aus dem Schatten. „Gehörst du zu der toten Frau? Oder zu Renar?“, fragte der Junge und Lyr erkannte seine Stimme. Er hatte durch die Wand hindurch mit ihm geredet. „Nein, ich bin im Auftrag der Bürgermeisterin hier. Ich wurde beauftragt um euch zurück zu bringen. Ihr seid Sieben Kinder? Könnt ihr laufen?“, gab Lyr zurück und ging in die Knie um auf Augenhöhe mit dem Jungen zu sprechen. Der Junge sah schrecklich aus. Er trug einen verdreckten Pyjama, sein Haar war zerzaust und seine Hände, wie auch sein Gesicht von Schmutz verkrustet. Er nickte kurz und wandte sich um, blickte die anderen Kinder an, die im Schatten kauerten und darauf warteten, dass sich eine günstige Gelegenheit zur Flucht bot. Der Junge sog tief die stinkende und stickige Luft ein und sagte: „Ich vertraue ihm. Kommt mit. Wir werden euch zurück zu euren Eltern bringen.“ Der Junge hatte das Kommando übernommen. Und die Kinder trauten ihm. Das war wichtig. Lyr nickte, als die Kinder sich allmählich aus dem Schatten ihres Verstecks schälten. „Nehmt euch an den Händen und folgt uns. Wir geben alle aufeinander Acht, wie auch zuvor.“, erklärte der Junge und die Kinder nahmen sich wortlos an den Händen. Sie würden ihm ihr Leben anvertrauen. Offensichtlich konnten auch Kinder in Notsituationen über sich hinaus wachsen. Langsam, ganz allmählich schritten die Kinder Hand in Hand aus der kleinen Kammer in der sie gelebt hatten und Lyr ging langsam voraus, neben ihm ging ganz langsam und mit starrem Blick der Junge, der ihn misstrauisch betrachtete. „Dieser Renar, wer ist das?“, fragte Lyr und schaute den Jungen an. „Er wohnt am Stadtrand. Meine Mama sagte immer, er ist ein komischer Kauz und niemand weiß wovon er lebt.“, gab der Junge bereitwillig Antwort und Lyr nickte. „Wo am Stadtrand?“, hakte Lyr genauer nach und der Junge dachte nach. „Nordwestlich. Vom Rathaus.“, gab der Junge eine präzise Antwort. „Und was hat er mit eurer Entführung zu tun?“, stellte Lyr eine weitere Frage. „Er hat uns Essen gebracht, er hat jeden Tag die Tür zur Kammer geöffnet und uns Essen gebracht, aber er hat nie einen von uns rausgelassen.“, erklärte der Junge, nun das klang einleuchtend, aber meistens kommunizierten die Mörder nur sehr selten mit der entstandenen Nachtwandlerin. Viel öfter war es der Fall, dass der Mörder als erstes starb. Die Sorge um Haley wuchs. Als nächstes würde er bei Renars Haus nach ihr suchen. Wenn er ihr etwas angetan hatte würde er diesen verdammten Mistkerl in Stücke reißen. Und das meinte er wörtlich, er würde ihn Stück für Stück auf dem Fußboden verteilen, auch wenn das bedeutete, dass er einen weiteren Teil seiner Menschlichkeit aufgeben musste. „Mister? Worüber denken sie nach?“, fragte der Junge und es dauerte nicht lange bis Lyr herausfand, warum der Junge nachfragte. Er zog ein wirklich furchterregendes Gesicht, während er daran dachte, wie dieser Kerl was auch immer mit Haley tat. Nein, er würde auf keinen Fall zulassen, dass ihr etwas geschah, dafür war sie ihm viel zu wichtig. Seine Zuneigung zu ihr war echt und rührte keineswegs nur vom Sex her, den sie von Zeit zu Zeit hatten. Lyr lächelte so gut, wie er dazu fähig war und schaute dem Jungen entgegen. „War er gut zu euch?“, stellte Lyr eine Gegenfrage und konnte sich die Antwort schon denken. Niemand, der gut zu Kindern war, sperrte sie in einer Kammer ein, in der sie eingeengt waren und in vollkommender Dunkelheit dahin vegetierten. Der Junge schüttelte den Kopf, doch sagte nichts weiter. Neugierige Blicke beobachteten sie, als sie das Dorf betraten und es dauerte nicht lange bis die ersten Eltern aus ihren Häuser stürmten um ihre Kinder in die Arme zu nehmen und willkommen hießen. Lyr lächelte und blickte dem Jungen entgegen. „Kann ich mich darauf verlassen, dass du die anderen Kinder zu ihren Eltern bringst? Ich muss einem gewissen Renar auf den Zahn fühlen.“, brachte Lyr hervor, ohne es wie ein wütendes Schnauben klingen zu lassen. Mit einem schnellen Nicken bestätigte Lyr, was er gedacht hatte. Er war ihr Anführer, daran bestand kein Zweifel und die Kinder würden ihm vertrauen und ihm folgen. Gut. Er sog tief die kühle Luft ein und wandte seinen Blick in die Richtung, in der er Renars Haus vermutete. Er musste sich beeilen.

 

Licht flutete den Raum und Haley blinzelte, während sich Tränen in ihren Augen bildeten. Sie hatte sich zu sehr an die Dunkelheit gewöhnt, seit sie vor wenigen Minuten erwacht war. Sie lag auf einer unbequemen Konstruktion. Ihre Arme waren seitlich nach oben abgespreizt und festgebunden. Ihre Beine waren zu beiden Seiten gespreizt und ebenfalls festgebunden. Sie konnte den Kopf drehen, jedoch wusste sie nicht, ob sie das wollte. Hier unten roch es nicht verfault, aber trotzdem ging sie davon aus, dass auch hier der Tod herrschte. Schritte erklangen und Haley wurde mit einem Mal klar, auf was für einer Art Liege sie lag. Dieser Kerl aus Laras Haus musste sie gebaut haben. Eine Liege für Vergewaltiger. Verdammt. Warum immer sie. Sie versuchte ruhig zu atmen, doch ihr rechter Arm begann wieder zu pochen. Sie würde diese Macht brauchen, jetzt mehr denn je. Sie wandte den Kopf, erst zur rechten Seite. Das hätte sie nicht tun sollen. Dort lag ein Frauenkörper. Der Kopf zur Seite gewandt, der Mund offen und die Lippen blass. Tot. Ihre prallen Brüste zeigten gen Zimmerdecke. Verdammt nochmal, sie hasste es, wenn sie Recht hatte. Diese Frau hatte starke Ähnlichkeit mit der Frau, in die sich die Nachtgestalt verwandelt hatte. Schien so, als hätte sie Lara gefunden und das machte ihr auch keinen Mut. Sie wusste noch genau, was ihr Lyr über die Entstehung von Nachterscheinungen erzählt hatte. Tja, schien so als könne sie sich ihrer Vermutung sicher sein. Aber laut der Regeln müsste der Geist hier spuken, jedenfalls, wenn es dieser Ort war, an dem sie gestorben war. Sie drehte den Kopf etwas weiter, bis es schmerzte. Jemand hatte den Boden mit Kreidezeichnungen vollgeschmiert. Kreise, verschnörkelte Runen. Oh verdammt. Hielten diese Siegel den Geist von seinem Territorium fern? Hielten sie den Geist von seinen Überresten fern. Erneut Schritte, dann eine Tür, die sich öffnete. Dicht vor ihr. Sie atmete erneut tief durch und wünschte sich mit einem Mal, die Macht, die in ihrem rechten Arm schlummerte auf Abruf nutzen zu können. „Hallo meine Hübsche.“, erklang eine bekannte Stimme direkt vor ihr. Als sie die Kopf von den Kreidezeichnungen hob erblickte sie Renars Gesicht, was mit vor deutlicher Befriedigung geweiteten Augen vor ihr aufragte. „Hallo du kranker Psychopath.“, entgegnete Haley, den Plan ihm ins Gesicht zu spucken verwarf sie. Wahrscheinlich würde sie eher sich selbst treffen und das widersprach ihrer Ehre als Frau. Andererseits würde er alles daran setzen ihre weibliche Würde auf dem Boden zu zertreten, wenn er erstmal auf den Geschmack zu gekommen war. Ihr rechter Arm begann zu jucken. Pulsieren und Jucken? Das war neu. „Du wirst mich nicht mehr lange so nennen.“, erklärte Renar, der näher auf sie zukam und ihr mit einer Hand über die Wange strich. Sie schnappte nach seiner Hand, vielleicht konnte sie ihm wenigstens einen Finger abbeißen. Verdammt, nicht getroffen. Die Rückhand des Psychopathen traf sie hart im Gesicht. Sie spürte wie ihre Lippe aufplatzte und wie sich ihr Mund langsam mit einem metallischen Geschmack füllte. Dafür würde dieser Perverse bezahlen. Er packte sie am Hals und blickte sie fest an. Gut, sein Gesicht war in Spuckreichweite. Haley spuckte ihm einen blutigen Klumpen Speichel mitten ins Gesicht und grinste ihn trotzig an. „Du wirst mich nicht brechen.“, erklärte sie stolz und erinnerte sich an das, was ihr Vater ihr angetan hatte. Natürlich, er hatte sie nicht vergewaltigt, wenigstens das, aber konnte es wirklich so viel schlimmer sein, als in einem kühlen, nassen und dunklem Raum voller Insekten und anderen Tieren angekettet zu werden, nur damit der Vater wusste wie man mit Angst umgeht? „Ich muss dich nicht brechen. Du solltest glücklich sein, meine Geliebte Lara hat dich auserwählt ihr neuer Körper zu werden.“, erklärte der Perverse mit einem komplett wahnsinnigen Grinsen. „Hat dir das dein letzter Drink erzählt oder hörst du einfach nur Stimmen? Wieso sollte eine Frau, die von dir vergewaltigt und getötet wurde zu dir zurückkehren wollen?“, fragte Haley mit ruhiger Verachtung in der Stimme. „Weil sie mich liebt. Sie liebt mich und wusste ganz genau, dass ich sie bestrafen musste.“, lachte der Perverse und Haley verdrehte die Augen. Sie würde den Tag lobpreisen an dem die Schilderung eines Geisteskranken Perversen Sinn machte. „Wofür bestrafen?“, hakte Haley nach, halt ihn bei Laune Haley, dann ist er beschäftigt und beschäftigt sich nicht mit dir. „Sie kam zu mir, weil sie endlich begriffen hat, dass dieser Kerl an ihrer Seite nicht der richtige war, doch als sie endlich zu mir kam und meine Gefühle erwiderte trug sie das Kind von diesem Bastard unter dem Herzen. Das konnte ich nicht zulassen. Sie durfte nur mein Kind austragen, das war sie mir schuldig! Deshalb hab ich sie mir genommen, sie hat vor Glück geschrien und geweint und sie sah so glücklich aus, als ich ihr endlich den Bauch aufgeschnitten habe um ihr Kind zu töten. So Glücklich, deshalb habe ich ihr noch mehr gegeben.“, lachte der Mann und Haley schaute ihn aus aufgerissenen Augen an. Er hat sie vergewaltigt und die Schreie und das Weinen so gedeutet, dass sie glücklich war? Und als er ihr Kind getötet hat, hat er ihren Körper noch weiter geschändet? Ihr Blick wanderte hinüber zu der gut konservierten Leiche der Frau und sie schluckte. Offensichtlich hatte er sie auch noch lange nach ihrem Tod weiter geschändet. Kein Wunder, dass ihr Geist so wütend war und auf Männerjagd ging und jetzt machte auch mit der Kinderentführung Sinn. Sie Entführt Kinder, weil sie glaubt, sie damit zu beschützen, in einer Abart zu der ihre einstige, fast mütterliche Fürsorge zu ihrem ungeborenen Kind pervertiert war. Sie hatte die Nachricht, ihrer Schwangerschaft  mit ihrem Verlobten feiern wollen, doch dieser wollte keine Kinder, also war sie zu ihrem besten Freund gelaufen und hatte sich bei ihm ausgeheult, der es in seinem Wahnsinn und seiner Besessenheit so gedeutet hatte, dass sie ihren Verlobten verlassen hatte um endlich mit ihm zusammen zu sein. Dieser Mann war absolut krank, wie hatte sie nur auf ihn reinfallen können? „Du kranker Bastard… Du glaubst, dass Lara zu dir zurückkommt, wenn du ihren ohnehin schon korrumpierten und von Hass zerfressenen Geist an einen anderen Körper bindest? Streich die Bannkreise weg und überzeug dich davon, was sie wirklich von dir hält.“, stieß sie in all ihrer Verachtung für diesen kranken Perversen aus. Der Perverse schaute sie irritiert an. „Sie ist nicht bei Sinnen, sie kann meine Liebe in ihrer Gestalt nicht spüren und deshalb tobt sie und schreit sie, wenn sie mich sieht.“, erklärte der Perverse, wieder mit dieser kranken Abart eines Lächelns, was in Haley einen Würgereiz auslöste. „Sie tobt und schreit, weil sie dich in Stücke reißen möchte.“, gab Haley zurück und er grinste. „Was weißt du schon, du bist nur ihr neuer Körper, mit dem sie meine Liebe wieder erwidern wird.“, grinste der kranke Bastard breit und allmählich musste sich Haley wirklich etwas einfallen lassen. Er kam wieder auf sie zu. Er nahm ein Messer vom schmalen Tisch und sofort riss Haley an ihren Fesseln. Ein Messer war nie gut. Die kalte Klinge berührte sie am Bauch ehe sie ihre Oberkleidung auftrennte. Sie würde diesen kranken Bastard töten. Ohne es zu wollen traten ihr Tränen in die Augen, als der Perverse damit begann ihren Bauch aufwärts mit seinen Fingerspitzen zu streifen. Sie sah wie Begierde in seinem Blick aufblitzte. Dieser Kerl würde auf keinen Fall warten bis sein Ritual vollendet war, ehe er damit begann sie zu vergewaltigen. ‚Lyr, rette mich!‘, hallte es wieder und wieder in ihrem Kopf, doch er kam nicht. Was ihn wohl aufhielt? Sie schluckte, als die Klinge Ihre Hose an beiden Hosenbeinen auftrennte. Der Perverse leckte sich über die Lippen. „Sieh nur Lara, ich habe dir einen wunderschönen neuen Körper besorgt. Der kranke Bastard begann an ihr zu schnuppern. War das sein Ernst? Wie krank konnten Menschen sein? Sie spürte wie seine Zunge feucht und klebrig ihr Bein hinauf glitt und sie biss die Zähne zusammen, während sie versuchte sich aus ihren Fesseln zu befreien, doch keine Chance, die Fesseln saßen bombenfest. „Geh weg von mir du Bastard!“, brüllte Haley unkontrolliert voller Schrecken, Abscheu und Wut, während der Bastard begann ihre nackten Oberschenkel zu küssen. „Du wirst mich schon bald anflehen nicht mehr aufzuhören.“, grinste der Bastard von einem Ohr zum anderen ehe er kurz stoppte um den Raum zu verlassen, was auch immer er vorhatte, sie musste die Zeit seiner Abwesenheit nutzen. Sie musste sich was einfallen lassen, wenn nicht würde dieser ekelerregende, kranke Bastard sie ficken und das würde sie nicht zulassen, eher würde sie sterben, doch auch bei dem Gedanken, was dieser Kerl mit ihren sterblichen Überresten anstellen könnte lief es ihr kalt den Rücken herunter. Ihr arm pulsierte noch immer, er juckte und kratzte und dann hatte sie zum ersten Mal dieses seltsame Gefühl. Ein Gefühl was ihr sagte: ‚Nicht sterben… Will leben, will weiter fressen‘. Haley schluckte und schaute sich um. Sie hatte nicht wirklich eine Stimme gehört, es war viel eher, als würde sie den Willen einer anderen Existenz in ihrem Kopf wahrnehmen. Das Jucken an ihrem Arm verschwand allmählich und sie fühlte, wie sich etwas auf ihrem Arm bewegte. Etwas großes, was sich schuppig anfühlte, jedoch glatt genug über ihre Haut strich um sich nicht unangenehm anzufühlen. Trotz allem jagte ihr dieses Gefühl einen weiteren Schauer über den Rücken, als sie spürte, dass, was immer es war nicht an ihrem Arm blieb, sie schluckte, als das Gefühl ihren Arm hinauf zu ihrer Schulter und dann auf ihre Brust kroch, die nur noch von einem aufreizenden BH bedeckt war, den sie extra für Lyr angezogen hatte. Verdammt nochmal wo war er? War ihm was zugestoßen? Nein, er wusste wie man auf sich aufpasste, aber warum kam er dann nicht um sie zu retten? Er wusste natürlich nicht wo sie war. Wie sollte er auch, sie wusste ja nicht mal selbst wo sie war und wie sie hier her gekommen war. Das Gefühl kroch ihr über den dünnen Stoff des BHs und sie konnte spüren, wie ihr ein süßer Schauer  über den Körper lief, als ihre Nippel sich unter der sanften und zärtlich anmutenden Berührung aufstellten. Der Körper war ein mieser Verräter. Sie öffnete die Augen und sah so gut sie konnte an sich herab. Das Blut in ihren Adern musste sich in Eiswasser verwandelt haben, als sie die Schlange sah, die normalerweise so sorgsam unter der Haut ihres rechten Armes ruhte. ‚Nicht sterben, will helfen‘, konnte sie wieder fühlen, was die Schlange wollte. Sie nahm all ihren Mut zusammen. Wenn die Schlange sie ihren Willen fühlen lassen konnte, vielleicht konnte Haley ihr den Ihren aufzwingen. ‚Mach mich los! Löse die Fesseln‘, brüllte sie in ihrem Inneren, widerwillig setzte sich die Schlange in Bewegung und der Körper der Schlange von dem sie immer gedacht hatte, dass er sich schleimig anfühlen würde kroch zärtlich über ihr Gesicht hinweg, ehe sie hörte was geschah. Es klang, als würde etwas die Fesseln an ihren Armen durchätzen, doch als die Flüssigkeit ihren Arm hinab lief war sie kalt und fühlte sich wie normales Wasser an. Es brannte nicht, es war nicht heiß, es fühlte sich seltsam angenehm an. Als die Schlange ihren Arm wieder hinab zu ihren Brüsten hinunter schlängelte und diesmal von ihren Brüsten über ihren Bauch, hinunter zu ihren gespreizt angebundenen Beinen glitt lief ihr erneut dieser wohlige Schauer über den Körper. Es würde Tage in Anspruch nehmen heraus zu finden, warum dieses Gefühl eine Art sexueller Erregung in ihr auslöste, andererseits war es einerlei. Sie würde hier raus kommen und diese Erregung an Lyr ausleben. Ob er wollte oder nicht. Sie sog tief den Atem ein und versuchte sich ruhig zu verhalten, als die Fesseln an ihren Füßen durchtrennt wurden, diesmal jedoch wurden sie nicht durch geätzt, nein, diesmal fühlte es sich an, als würde ein Messer ihre Fesseln durchtrennen. Sie atmete tief durch, spürte wie die Schlange wieder an ihrem rechten Arm hinab glitt, dann wieder ein Kribbeln, Pulsieren und Jucken an ihrem Arm, als die Schlange wieder unter ihre Haut kroch. Die Tür wurde aufgestoßen, hoffentlich würde er nicht so schnell merken, dass die Fesseln gelöst waren. So hätte sie das Überraschungsmoment auf ihrer Seite. Sie streckte sich kaum merklich und tastete nach einem länglichen, dicken Holzsplitter, der hinter ihr auf dem Brett lag. Sie umschloss den Holzsplitter mit der Hand und ließ ihn darin verschwinden. Besser als nichts. ‚Nicht Sterben, will Leben‘, Ja, ja, ist ja gut. Der Perverse ließ ein schweres, in Leder gebundenes Buch auf den Tisch zu ihrer Linken fallen, eher er mit triumphierender Miene hoch hielt, was er in der anderen Hand hielt. Eine Spritze mit einer milchig weißen Flüssigkeit. Wahrscheinlich eine Droge, die sie gefügig machen sollte. Na Klasse. Inständig hoffte sie, dass ihre Schlange Drogen als Gift ansah und ihre Resistenz sich auch darauf bezog. Sie schluckte und wartete darauf, dass der kranke Dreckskerl ihr die Droge spritzen wollte. Die Nadel kam näher, doch Haley reagierte schnell, fuhr hoch und stieß mit dem Holzsplitter zu. Der grobe, längliche Splitter blieb unter Renars Schmerzensschreien in der Halsbeuge stecken. Haley setzte den Überraschungsmoment ein indem sie ihm einen schnellen Tritt in den Magen verpasste, der ihn zurücktaumeln ließ. Sie sprang auf und sah sich um. Eine Waffe, verdammt. Sie brauchte eine Waffe. Wieder begann ihr rechter Arm zu pochen und zu jucken. ‚Kämpfen, Überleben‘, spürte sie den Willen der Schlange. Der glatte Körper der Schlange wand sich um ihre Hand und nahm eine Form an. Okay Haley zwing ihr deinen Willen auf. Etwas langes, Schweres… In ihrer Hand formte sich die Schlange in einen… Regenschirm. Wenigstens hatte das Schicksal einen Sinn für Humor. Ohne nachzudenken schlug sie mit dem Regenschirm, der überraschend schwer war zu. Der Schirm erwischte den Gegner am Bauch und zwang ihn erneut dazu zurück zu taumeln. Geistesgegenwärtig hielt er sich an einem der kleinen Tische fest und zog ein Messer von der Tischplatte. Verdammt nochmal, warum hatte sie das nicht gesehen? Stattdessen stand sie hier mit einem Prügelregenschirm. Naja, wenigstens hatte sie eine höhere Reichweite. Als sie ganz klein gewesen war, hatte ihre Mutter ihr ein wenig Nachhilfe im Fechten erteilt. Vielleicht konnte sie sich noch an genug erinnern um den Schirm wie einen Degen gegen ihren Gegner führen zu können. Der Gegner brüllte auf und rannte mit erhobenen Messer auf sie zu. Sie atmete so gut sie konnte tief durch und stieß mit der Spitze des Schirms zu um den Wahnsinnigen von sich weg zu stoßen, doch der Regenschirm erwies sich im direkten Nahkampf ungefähr so nützlich wie… Naja eben ein Regenschirm im direkten Nahkampf. Der Gegner schob den Schirm zur Seite und schlug mit der Messerklinge zu, was Haley dazu brachte, den Schirm zur Parade gegen das Messer zu nutzen. Die Klinge glitt von der glatten Oberfläche des Schirms ab, jedoch blieb Haley keine Zeit zum Aufatmen, denn der Gegner ließ das Messer einfach los, tauchte unter dem Schirm hindurch und rammte ihr die Nadel der Spritze in den Arm. Sie schrie auf und nahezu sofort verschwamm die Welt vor ihren Augen. Sie ließ den Griff des Schirms los und taumelte zurück, ihre Hand legte sie an ihre Stirn, während ihr Körper unter dem Einfluss der Droge verrückte Befehle ausführte. Ihr wurde heiß und zeitgleich kalt. Sie schwitzte, spürte wie ihre Brüste zu zucken begannen und sich in ein wohliges warmes kribbeln steigerten, während ihr Schoß zu glühen begann. Was immer das für eine Droge war, sie war auch ein starkes Aphrodisiakum. Nicht gut. Der Schwindel der sich in ihrem Kopf manifestierte ließ sie zurück taumeln. Sie spürte wie etwas ihr Bein hinauf kroch und ertappte sich einen Moment lang dabei, dass sie dieses kriechende Gefühl auf ihrem Körper genoss, ehe das kratzen und Jucken an ihrem rechten Arm begann und die Droge ganz langsam, ganz allmählich an Stärke verlor. Ihre Sicht wurde zwar nicht klar, aber der Schwindel ließ langsam aber sicher nach. Ihre Lippen bildeten ihr Fremde Wörter, die sie ausspie wie eine bittere Arznei. Zusammen mit den Worten spürte sie, wie ihr Geisteszustand wieder stabilisierte, während ihr Mund von einer ekelhaften süßlichen Flüssigkeit gefüllt wurde. Ihr Gegner kam langsam auf sie zu, wohl noch immer glaubend, dass die Droge ihre volle Wirkung bei ihr entfesselte, doch da hatte er sich geschnitten. Voller Abscheu spie sie ihm die Flüssigkeit ins Gesicht, die sich in ihrem Mund gesammelt hatte und stellte fest, dass sie milchig trüb war, genau wie die Droge in der Spritze. Was auch immer diese Schlange mit ihr machte, es wirkte gegen die Droge und das war gut, obwohl die Wirkung des Aphrodisiakums noch nicht ganz abgeflaut war, das jedoch war ihre kleinste Sorge, denn sie wusste ganz genau, dass sie mit jedem Mann Sex haben wollte, nur nicht mit diesem ekelhaften, kranken Wichser dort vor ihr. Das Schwindelgefühl in ihrem Kopf ließ allmählich nach, also versuchte sie sich zu bewegen, doch sie hatte die Wirkung der Droge deutlich unterschätzt. Mit fast vollständig fehlender Körperkontrolle spürte und sah sie, wie ihr Körper langsam zur Seite kippte, ohne etwas dagegen tun zu können. Sie spürte wie Dieses Ekel sie packte und wieder auf diesen Tisch legte, während sie erbärmlich wirkende Gegenwehr zu leisten versuchte. Verdammt nochmal. Sie konnte spüren, wie wieder Fesseln um ihre Arme und Beine gelegt wurden. Sie konnte die Hand des kranken Mistkerls auf ihrer Wange spüren, aber sie war zu desorientiert um danach zu schnappen. Statt Gegenwehr zu leisten brachte sie das Mantra einer jeden entführten Ehefrau hervor, die früher oder später alles um sich herum aufgab, wenn  sie bemerkte, dass keine Rettung kommen würde: „Lass mich los!“ Renar lachte leicht und leckte ihr über die Wange. Seine Zunge war feucht, rau und fühlte sich auf ihrer Haut so ekelhaft und falsch an. „Schon bald wirst du das nicht mehr wollen.“, erklärte Renar mit ruhig klingender Stimme, während er wieder das Messer zur Hand nahm und die Klinge an den Bund ihres Höschens legte. Sie schluckte. „Nein…“, stieß sie hervor und musste sich davon abhalten los zu heulen. Sie kniff die Augen zusammen, während sie spürte, wie die Klinge des Messers allmählich begann den dünnen Stoff zu durchtrennen. Keine Panik… Denk an was Schönes. Irgendwas, was du in dieser Verbindung jetzt lieber tun würdest. Verdammt nochmal, es wäre einfach viel schöner, hätte Lyr sie so gefesselt, sie hätte sich damit abfinden können ihm zu gehören, aber diesem Kerl? Nein. An was Schönes denken. Ein lautes Geräusch erklang vor ihr, doch sie konnte es nicht zuordnen, vielleicht eine Tür, die aufgetreten wurde. „Hey? Was willst du hier?!“, brüllte Renar laut und sie konnte spüren, wie die Messerklinge von ihrem Höschen verschwand. Haley atmete auf, als sie Lyrs Stimme erkannte: „Ich bin hier um meine Freundin abzuholen.“ Sie versuchte die Augen zu öffnen, doch statt wirklich ein Bild vor ihr frei zu geben flatterten ihre Augenlieder und ihre Augen weigerten sich ihr ein klares Bild zu übermitteln. Sie konnte hören, wie Klingen aufeinander trafen, konnte den metallischen Gesang des Kampfes hören, doch er hielt nicht lange an, als Haley ihre Augen öffnete konnte sie Lyr sehen, auf dessen Gesicht ein gnadenloser und finsterer Blick lag, während seine Schwertklinge an der Kehle seines Gegenübers lag. Sein Blick wanderte zu dem Buch hinüber, was auf einem der Abstelltische lag. „Allmählich kann ich nachvollziehen warum dieses Wissen so gerne verbrannt wurde.“, seufzte er und blickte wieder zu seinem Gegner hin, der Regungslos da stand, während die Spitze der Klinge auf seiner Kehle lag. „Du kannst mich nicht aufhalten, was hier passiert ist Schicksal, du kannst meine Liebe nicht davon abhalten zu mir zurück zu kommen!“, brüllte Renar wütend und funkelte Lyr wütend an. „Ich habe nicht vor, sie davon abzuhalten zu dir zurück zu kommen. Sie kann dich so oft und ausgiebig „lieben“, wie sie möchte.“, erklärte Lyr mit ruhiger Stimme, die Klinge seines Schwertes senkte sich und Haley konnte sehen, wie er etwas tat, was auch Renar beinahe zu Tode erschreckte. Die Klinge durchtrennte die Linien mehrerer Bannkreise am Boden. Die Nachtwandlerin würde jetzt freie Bahn haben, „Du hast vielleicht noch eine halbe Stunde.“, seufzte Lyr mit einer unheimlichen Ruhe in der Stimme. Brüllend war Renar sich mit dem Messer auf Rylar, doch dieser wich aus, seine Klinge war von Blut benetzt. Renar hielt sich den Arm. Von draußen erklang ein lauter, geisterhafter Schrei. „Nein…“, stammelte Renar, der Lyr finster anblickte. „Du… Du hast alles verdorben.“, brachte er mit bebender Stimme hervor. Es dauerte nicht mal zwei Sekunden bis die Nachtwandlerin sich ihren Weg in den Keller gebahnt hatte. Sie erschien einfach mitten im Raum, umgeben von dunklem Nebel. Ihr Gesicht war noch immer von dieser Wut verzerrt, sie hob den Arm und zeigte auf Renar, der langsam einen Schritt zurück taumelte um in den nächsten Schutzkreis zu gelangen. Die Nachterscheinung brüllte. „Es ist noch nicht so weit mein Schatz, aber sieh doch, ich habe dir einen neuen Körper besorgt.“, er deutete zittrig auf die am Tisch gefesselte Haley, die sich unter dem Einfluss der allmählich wieder nachlassenden Droge zu regen begann. Lyr ging einen Schritt auf Renar zu. „Du hast nicht nur die Ruhe der Toten gestört, sondern auch die Lebenden missachtet…“, seufzte Lyr mit ruhiger Stimme, sein Blick wandte sich an die Nachtwandlerin. „Ich weiß, dass du mich verstehen kannst. Dein Spuk endet, wenn du diesen Mann tötest. Deine ganze Existenz wird vergehen, wenn er durch deine Hand fällt.“, erklärte Lyr mit ruhiger Stimme. Ihr Antlitz veränderte sich von einem Moment zum Anderen. Auch wenn sie zuvor die verweste Gestalt der Nachtgestalt gehabt hatte, hatte sie nun wieder ihre menschliche Gestalt angenommen, die kritisch, zwischen Lyr und Renar hin und her blickte. Die Gestalt nickte und ging mit langsamen Schritten auf den Bannkreis zu, hinter dem sich Renar versteckte. „Verbrennen…“, seufzte ihre Stimme, die im Tod, wie auch im Leben melodisch und liebevoll klang. Lyr nickte. „Lass die Finger von Haley und hör auf die Kinder der Dorfbewohner zu entführen. Sie sind in Sicherheit.“, erklärte Lyr ruhig und erneut nickte die geisterhafte Frau. Langsam fuhr Lyr mit der Schwertklinge über die Kreidezeichnung des Bannkreises und durchstrich damit eines der Siegel, dann ging er auf den Tisch zu, auf dem die gefesselte Haley lag. Er schnitt sie los, während Renar und die Nachtwandlerin sich kritisch beäugten. Haley konnte spüren, wie ihre Fesseln durchgeschnitten wurden, wie er sie hoch hob, dann spürte sie die sengende Hitze der Flamme, die den Leichnam der Nachtwandlerin einhüllte, nachdem Lyr ein schnelles Siegel in die Luft gezeichnet hatte. „Geht jetzt.“, erklang die vor Wut bebende Stimme der Nachtwandlerin. Haley verlor auf dem Weg durch den Keller das Bewusstsein, doch sie konnte noch hören, wie die Nachtgestalt Renar anfiel. Sie konnte die lauten Schreie hören, die er ausstieß, während er bei lebendigem Leibe verfaulte.

Kapitel 9 - Schwarzmagier

 

Arel atmete tief durch, während seine Hand leicht nach dem Griff des linken Zwillingsschwertes auf seinem Rücken griff. Claire streckte sich, wobei ihre Brüste wahnsinnig gut zur Geltung gebracht wurden. ‚Hey, frag sie, was der Gewinner als Belohnung erhält.‘, erklang die Stimme des anderen Arel in seinem Kopf. „Hey, was für eine Belohnung bekommt der Gewinner?“, sprach er abgelenkt wie er war aus, ohne darüber nach zu denken. Verdammt Nochmal. Claire grinste breit und beugte sich etwas vor, damit er in ihren Ausschnitt genau sehen konnte. ‚Ich hasse dich Arel, ich hasse dich Arel, ich hasse dich Arel!‘, stieß Arel innerlich aus. ‚Weiß ich doch Arel.‘, erwiderte der Andere mit deutlicher Belustigung in der Stimme. „Was möchtest du denn, als Belohnung?“, fragte Claire mit einem verführerischen Augenzwinkern, während sie mit verführerisch im Gang hin und her wiegenden Hüften auf ihn zu schritt. Verdammt nochmal. Aus der Sache kam er nicht mehr raus. ‚Sag ihr, dass sie heute Nacht uns gehört, wenn wir gewinnen.‘, schlug der andere Arel begierig klingend vor. ‚Sag es ihr doch selbst…‘, entgegnete Arel ruhig und ließ seine andere Hälfte die Kontrolle übernehmen. ‚Feigling.‘, schimpfte der Andere, während sich seine Schultern strafften und er sich zu voller Größe aufrichtete, während er Claire zu deutlich in den Ausschnitt blickte. „Hallo Arel 2.“, grinste Claire und kam noch immer auf ihn zu. „Arel 2? Wieso bin ich bitte die Nummer 2, ich habe die 1 verdient.“, zischte Arel und verfluchte den anderen, der in seinem Hinterkopf sein jungenhaftes Kichern ausstieß. „Dann überzeug mich.“, lächelte Claire und kam dicht vor Arel zum Stehen. Arel war  ein ganzes Stück größer als Claire, was ihm die Freiheit gewährte auch von Oben in ihren Ausschnitt schauen zu können. „Also du kleiner Perverser? Was ist dein Wunsch?“, stellte sie die Frage erneut. Arel grinste. „Wenn ich gewinne gehörst du heute Nacht mir.“, grinste Arel mit unaussprechlicher Begierde im Blick. „Ich muss sagen, dass mich die Tatsache, dass du mich so sehr willst wirklich ehrt.“, lächelte sie freundlich und trat noch einen Schritt auf ihn zu. Sie legte eine Hand auf seine muskulöse Brust. Seine Statur war eher drahtig, wie die jedes guten Monsterjägers. Eine Sache die ihr tatsächlich gut gefiel und kurz dachte sie wirklich darüber nach, ob sie nicht die gleiche Forderung stellen sollte, doch dann lächelte sie. „Du willst mich doch eigentlich nur aus sportlichem Interesse, nicht, weil du mich magst oder?“, seufzte sie mit Bedauern in der Stimme. Arel lief knallrot an. ‚Wahnsinn, das kannst du?‘, erklang die Stimme des anderen Arel in seinem Hinterkopf begleitet von einem bewundernden Pfiff. Claire grinste. „Vielleicht… Los erzähl schon deine Bedingung.“, gab Arel offensiv zurück. „Ich will eine Nacht in der ich dich dazu bringen kann mich zu lieben.“, lächelte sie sanft und strich ihm mit einer Fingerspitze die Brust hinab, bis zum Bauch, ehe sie mit dem Finger den Hüftbereich berührte sprang sie einen Schritt zurück und lächelte beschämt. Sie konnte sich auf jeden Fall gut verstellen. Dieser Frau war ganz offensichtlich nichts peinlich. „Regeln?“, fragte Arel viel zu ernst nach, während auf Claires vollen, wunderschönen, sinnlichen Lippen, erneut ein Lächeln breit machte, während sie mit fordernd wackelnden Hüften einen leichten Schritt auf ihn zu machte. Verdammt nochmal Arel, lass dich nicht ablenken. „Bis zur Unterwerfung… Du kannst so viel Magie anwenden wie du willst.“, erklärte sie schulterzuckend und in diesem Moment wurde ihm klar, dass er sie noch Magie anwenden gesehen hat. Naja jedenfalls nicht bis auf dieses eine, furchteinflößende Mal. Sie war sich ihres Sieges ziemlich sicher, jedenfalls vermittelte sie diesen Eindruck nach außen. ‚Du bist ein Arschloch.‘, erklärte der andere Arel trocken in seinem Hinterkopf. ‚Sag mir das nochmal, wenn ich zwischen ihre Schenkel gleite.‘, erwiderte er lautlos und Claire schaute ihn lächelnd an. „Also was ist jetzt mit unserem kleinen Trainingskampf?“, fragte sie und zog beide auf ihrem Rücken befestigten Schwerter aus ihren Scheiden. Arel sog die Luft ein und zog das Schwert, an dessen Griff seine Hand bereits geraume Zeit lag. Er spürte wie magische Energie ihn erfasste, er konnte genau spüren, wie die elementare Macht des Windes ihn umspielte. Sturmrufer, die Klinge des Windgeistes, wie sie viele scherzhaft genannt hatten, als es noch jemanden gab, der den Namen und die Fähigkeiten der magischen Klinge kannte. Der schwarze Stahl der Klinge reflektierte das Licht der Sonne nicht, es schien eher so, als würde sie es in sich aufnehmen. Claire lächelte ihn noch immer an, von der Macht, die das Schwert ausstrahlte vollkommen unbeeindruckt. Er errichtete eine Windbarrikade um sich herum, was mithilfe des Schwertes kein Problem darstellte. Diese Rüstung aus Wind würde die meisten Klingenangriffe abwehren, ohne eine Lücke in seiner Verteidigung zu offenbaren. Ob es eine Lücke gab war die große Preisfrage. Immerhin wusste man das immer erst dann, wenn es zu spät war. Sein Blick traf Claire, die tief Atem holte. Sie hatte die Augen konzentriert geschlossen, als sie ihre Augen wieder öffnete war es so, als hätte man ihm einen Topf mit kaltem Wasser ins Gesicht geschüttet. Ein seltsames Gefühl, egal, wie sie es geschafft hatte ihm dieses Gefühl zu vermitteln. Er sollte sie auf garkeinen Fall unterschätzen. Arel stieß ein Zischen aus und rannte auf Claire zu, die noch immer vollkommen ruhig da stand. Arels Klinge schwang in einem perfekten Bogen auf ihren Körper zu, doch in dem Moment in dem Arel schon gedacht hatte sie erwischt zu haben wurde seine Klinge abgeblockt und die gesamte Wucht, die hinter seinem Angriff gesteckt hatte wurde von ihr genutzt um ihn mit einem schnellen Griff über sich hinweg zu katapultieren. Arel nutzte die magische Energie, die um ihn herum pulsierte und zwang den Wind, ihn auf den Füßen landen zu lassen, doch er hatte nicht mit einem Konter gerechnet. Claire war verdammt schnell, wie ein Wirbelwind aus Klingen fiel sie über ihn her und mit einem Mal war er froh sie nicht unterschätzt zu haben. Die Windrüstung mochte eine Menge magische Energie verbrauchen, aber sie war jedes Bisschen davon wert, das spürte er, als Claires Klingen davon abglitten, einmal, zweimal, dreimal, viermal, verdammt nochmal wie oft konnte diese Frau in so kurzer Zeit zuschlagen? Er spürte wie seine magische Energie mit jedem Angriff abnahm. Es war nicht so, dass sie ihm ausging, aber der Verlust war deutlich spürbar. Die Klingen tanzten um ihn herum und viel zu spät begann er die Angriffe zugunsten seiner magischen Energie zu parieren. Zu seiner Überraschung drehte Claire sich mit einer geschickten Pirouette aus wirbelndem Metall um ihn herum und verpasste ihm einen Tritt in den Hintern, den er tatsächlich spürte. Erst jetzt bemerkte er, dass ihre Klingen bläulich schimmerten nicht so, wie es Silber im Mondlicht tat sondern so, als würde bläuliche Energie über die Klinge verlaufen. Lud sie die Klingen unbewusst mit ihrer Magie auf. Wusste sie überhaupt, dass sie diese besaß? Ein seltsamer Gedanke, wenn man bedachte, dass er seit er ein Kind war von seiner magischen Begabung wusste. Unwichtige Gedanken. Wie hatte sie es geschafft die Windrüstung mit einem Tritt zu überwinden? Als er sich zu ihr umdrehte lächelte sie ihn sanft, fast zärtlich an. Machte sie sich über ihn lustig? Wut flammte in ihm auf, der Wind um ihn herum wurde dichter, weil er mehr magische Energie darin speiste. Claires Schwerter glänzten nun im Licht, jedoch hatten sie nicht die Farbe von herkömmlichem Stahl, nicht mal die von Silber, die Klingen waren schneeweiß. Langsam ging er auf sie zu, der Sturm um ihn herum brauste und der Wind pfiff, Claire allerdings schien weiter unbeeindruckt. ‚Warte nur…‘, peitschte seine eigene Stimme durch seinen Kopf, während sich blasse Blitze zu dem Wind gesellten. ‚Hör auf mit dem Scheiß oder willst du sie umbringen? Wenn sie stirbt hast du nichts von deinem Sieg.‘, stieß die Stimme des Anderen in ihm hervor. Er hasste, hasste, verdammt nochmal er hasste es, wenn der Andere Recht hatte. Die Blitze um ihn herum verflüchtigten sich und Claire ging pfeilschnell wieder zum Angriff über. Sie rannte auf ihn zu, er erwartete die Klingen, doch sie wich zur Seite, statt ihn frontal anzugreifen. Die Klinge prallte an der Windrüstung ab, aber sie glitt nicht ab wie sonst. Stattdessen spürte er einen gewaltigen Druck, als die Klinge langsam Millimeter für Millimeter weiter vor glitt. War das ihr Ernst? Er sprang zurück um der Klinge zu entkommen, doch sie reagierte sofort, sprang einen Meter nach vorn um den Abstand zwischen beiden zu minimieren. Die Magie, die er um sich herum aufbaute brüllte und Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn, während ihm immer mehr bewusst wurde, dass seine magische Energie zwar noch reichlich vorhanden war, aber es immer schwerer wurde sie zu fokussieren. Diese Frau verwirrte ihn. Was kein Wunder war. Ein lebendiger, wunderschöner Wirbelwind aus Klingen war immer noch wunderschön und verdammt nochmal. Er wollte sie. Er wollte sie mehr, als er jemals etwas gewollt hatte. Aber wollte er sie wirklich so? Gezwungen durch einen Wettstreit? Nein… Das wäre doch langweilig. Sie sollte sich ihm freiwillig hingeben, im besten Fall sollte sie ihn darum anflehen, dass er es ihr machte. In seinem Hinterkopf tauchte das Bild auf, wie er mit Sonnenbrille und grinsend da stand, während Claire vor ihm kniete und ihn darum anbettelte, dass er Sex mit ihr hatte. ‚Idiot… Das wird niemals passieren.‘, erklärte der Feigling in seinem Kopf und Arel zischte, als er einen leichten, brennenden Schmerz an der Brust fühlte. Unmöglich, Claire hatte seine Verteidigung durchbrochen. Über seine Brust zog sich ein, sich hastig rot färbender spalt. Keine schlimme Wunde, aber sie würde genäht werden müssen. Arel sprang zurück und entging so den nächsten beiden wirbelnden Klingenschwüngen. Claire tänzelte geschickt auf ihn zu und er wehrte den nächsten Angriff ab, während er zum ersten Mal konterte. Sein Fuß verfehlte sie, doch er zog einen Schwertschwung nach, der sie nur knapp verfehlte. Sie setzte mit beiden Schwertern nach, während ihm weiterhin nur das eine zur Verfügung stand. Er wehrte die Angriffe so gut wie möglich ab, kam dadurch aber immer mehr in Bedrängnis. Es war wahnsinnig schwer die Angriffe einer Person abzuwehren, die wie ein Berserker mit zwei Schwertern auf einen eindrosch, während man selbst nur über ein Schwert verfügte. Er setzte drei Schritte zurück und besann sich auf seine Magie. Allmählich gelang es ihm wieder sich so weit zu fokussieren, dass die Windrüstung erneut entstehen konnte, doch der Klingenbesetzte Derwisch der Claire war tanzte wirbelnd weiter und zwang ihn in die Defensive. Er fluchte, während er die Klingen abwehrte und in manchen Augenblicken versuchte ihnen auszuweichen. „Wo hast du gelernt so zu kämpfen?“, fragte Claires Stimme unter den aufeinander schlagenden Klingen. Arel stockte, die Stimme eines Mannes drang aus seinem Gedächtnis und ließ ihn zögern. ‚Bande bedeuten für einen Inquisitor nur Fesseln, die er nicht zu durchdringen vermag. Deswegen werde ich deine Fesseln für dich durchtrennen. Verabschiede dich von deinen Freunden.‘, drang die Stimme seines Lehrmeisters in seinen Verstand zurück so siedend heiß und laut wie eine Explosion. All die Gefühle, die er mit ihm und dem was er getan hatte prasselten auf ihn ein wie ein Pfeilhagel. Angst, Wut, Hass, Trauer und Verzweiflung bemächtigten sich seines Verstandes. Nicht lange, aber lange genug, dass Claire seine Verteidigung durchdringen konnte. Sie verpasste ihm einen starken Tritt in den Magen, den er kaum mitbekam. Er spürte kaum, wie er allmählich nach hinten kippte und auf dem Rücken landete. Was er allerdings spürte, waren Claires wohlgeformte Pobacken, die auf seiner Hüfte saßen, während ihr Ausschnitt gut sichtbar in seinem Sichtfeld baumelte und eine ihrer Klingen an seiner Kehle lag. Sie hatte sich über ihn gebeugt um ihm in die Augen zu sehen. „Gewonnen.“, lächelte sie und Arel ärgerte sich darüber, dass er sich so einfach hatte ablenken lassen. „Scheint wohl so…“, seufzte er und grinste dann und griff nach ihren Hüften. „Aber wo wir schon mal in dieser Position sind…“, lächelte er und sie grinste. Langsam beugte sie sich weiter zu ihm herunter. Ihr Ausschnitt hing über ihm, deutlich sichtbar wie eine Sonnenfinsternis. Er wusste, dass man eine Sonnenfinsternis besser nicht ansah, aber er konnte sich einfach nicht von dem Anblick losreißen. Eine Strähne ihres roten Haares fiel ihm ins Gesicht und sie strich sie sich gedankenverloren hinter das Ohr. Als sich ihre Lippen den seinen näherten schloss sie ganz langsam die Augen, doch als sie sich fast berührten öffnete sie die Augen und grinste. „Bedaure, ich schlafe nicht mit halben Männern.“, entgegnete sie schelmisch und tippte ihm mit einer Fingerspitze auf die Nase. Was sollte das denn jetzt bedeuten? In seinem Hinterkopf erklang erleichtertes Gelächter. ‚Halt die Schnauze Feigling, du bist genauso halb wie ich es bin.‘, zischte er in Gedanken und das Gelächter des Anderen wurde noch ausgelassener. „Was soll das bedeuten?“, fragte er, als Claire die Klinge von seiner Kehle hob und die Schwerter noch im Sitzen zurück in die Rückenscheiden gleiten ließ. „Das bedeutet, was es bedeutet.“, grinste Claire belustigt. Frauenlogik, na klasse. Was sollte ihm das jetzt sagen? Frauen zu verstehen war wohl eine Magie, die zu mächtig wäre um sie jemanden jemals anvertrauen zu können. Möglicherweise könnte man das ganze Universum begreifen, wenn man die Frauen verstehen konnte. Vielleicht sprachen sie in Rätseln um die Männer bei der Stange zu halten. ‚Guck mal Schatz, weißt du warum es Leben auf der Welt gibt? Weil es so ist.‘, welche Weisheiten sich wohl hinter diesem Satz tatsächlich verbargen. Er würde es niemals begreifen. Zu schade aber auch, das hätte bestimmt genug Stoff um eine Splittersekte zu gründen und als Prophet in die Geschichte einzugehen. Kurz dachte er darüber nach, dann musste er grinsen. Vor ihm erstreckte sich das lebhafte Bild, wie er vor einer Gemeinde aus Menschen auf einem Podest stand und rief: „Oh Brüder und Schwestern… Was bedeutet es, dass die Banane krumm ist? Richtig! Es bedeutet was es bedeutet!“, rief er verschwörerisch, während die Menge vor ihm vor Begeisterung zu jubeln begann, nachdem sich erst begeistertes Gemurmel erhoben hatte. „Arel, bist du noch da?“, fragte Claire vor ihm und er lächelte. „Ja… Ich habe nur über eine bessere Welt nachgedacht.“, erklärte er grinsend, während Claire ihn verständnislos anblickte. „Eine bessere Welt?“, fragte Claire nach und verschränkte erwartungsvoll die Arme. „Ja eine Welt, in der einfach alles einfacher ist.“, entgegnete Arel und grinste dabei bitter. „Einfacher? Was soll das bedeuten?“, fragte Claire nach und hob eine Augenbraue. „Es bedeutet, was es eben bedeutet.“, grinste Arel finster und Claire schnippte ihm gegen den Kopf. „Nicht witzig.“, erklärte sie und Arel grinste noch breiter. „Ich fand es war ein Brüller.“, entgegnete er ruhig und machte sich auf weitere Schläge bereit. Claire musterte ihn nur, dann grinste sie. „Na wie du meinst, mal sehen ob ich dich heute Nacht auch zum Brüllen bringen kann.“, grinste sie und bedachte ihn mit einem mysteriösen Blick, der alles und nichts bedeuten konnte. Er hob eine Augenbraue. „Ich habe verloren, schon vergessen?“, fragte er misstrauisch nach. „Nein… Wie könnte ich das vergessen.“, gab sie mit einem breiten Lächeln zurück, während sie sich erhob.

 

Der Wind strich Claire sanft und doch schneidend kalt, wie eine Klinge durchs Haar, als sie zusammen mit Arel am Brunnen des Dorfes warteten. Dieser Brunnen war eher eine Metapher, die wirkliche Wasserquelle des Dorfes war und blieb der Fluss, anscheinend hatten die Bewohner des Dorfes es trotzdem für nötig befunden einen Brunnen zu graben. Möglicherweise aus einer Laune heraus, aber wer konnte das schon so genau wissen. Claire warf sich die Kapuze über den Kopf und versuchte ihr dichtes, langes und rotes Haar darunter zu verbergen. Sie strich das Haar, was ihr ins Gesicht fiel zurück und betrachtete Arel, der mit neutraler Miene da stand und wartete. Schnee begann allmählich von Himmel auf die beiden herunter zu tanzen. Sie stieß einen langen Seufzer aus, wie lange würde es wohl dauern bis Bark und seine Männer hier auftauchten? Er war normalerweise nicht die Art Mann, die jemanden gerne warten ließ, aber als Gruppenführer war er dazu verpflichtet auf jeden einzelnen seiner Gruppe eine gewisse Rücksicht zu nehmen. Allmählich erfüllten die Geräusche von stapfenden Schritten die Luft. Anscheinend hatten sie endlich den Weg gefunden. Claire blickte auf und erkannte die Söldnertruppe vor ihnen. Bark lief voran, auf seinem Rücken hin ein breites, langes Schwert mit dem irgendein Schmied versucht hatte anzugeben. Wenn es sich um das gleiche Schwert handelte, was er bereits getragen hatte, als sie zu Totenhandel gehört hatte, dann würde sie dieses Machwerk aus Stahl nicht einmal hoch heben können. Sie wusste bis heute nicht woher dieser Mann seine Kraft nahm, ein solches Schwert zu heben und es mit einer Leichtfertigkeit zu schwingen wie er benötigte eine Menge Kraft. Bark nickte Claire und Arel zu. Arel blieb stumm, doch Claire stieß einen Seufzer aus. „Da seid ihr ja endlich, ich dachte ihr taucht gar nicht mehr auf. „Oh haben wir euch warten lassen holde Prinzessin? Das tut mir ja schon fast leid.“, grinste Bark sarkastisch und Claire erwiderte seinen Blick emotionslos. Das würde ihm noch leidtun. „Treib es nicht zu weit Bark.“, gab sie zurück und funkelte ihn so böse an, dass einige der Söldner hinter ihm unwillkürlich zurück traten. „Ist ja schon gut, das soll kein Wettbewerb sein, wer von uns härter drauf ist.“, erklärte Bark mit abwehrend erhobenen Händen. „Das würde ich dir auch nicht raten.“, gab Claire bitter zurück, was Bark etwas zu irritieren schien.  „Also? Wollen wir los?“, mischte sich Arel ein, anscheinend versuchte er das Gespräch zwischen den beiden abzukürzen. Keine schlechte Idee. „Also gut…“, seufzte Claire und zog sich die Kapuze als Windschutz etwas tiefer ins Gesicht. Der Schnee schien mehr zu werden, dicke weiße Flocken blieben an ihrer Kleidung kleben. Verflucht sollte dieses verdammte Wetter sein. Warum konnte es nicht einfach Sommer sein? Als sie sich in die Richtung wandte, in die Bark wies um ihnen den Weg zu zeigen, hätte sie ihn am liebsten getötet. Schnee peitschte ihr als kalte, nicht abebbende Woge ins Gesicht. Eine Kapuze konnte eben nicht alles von ihr fern halten. Eigentlich schade. Mit geschickter Hand zog sie ihr Halstuch über Mund und Nase, sodass unter der Kapuze nur ein schmaler Schlitz für ihre Augen, wie auch hin und wieder strähnen ihres Haars zu sehen waren. Es würde nicht lange halten, bald würde auch der Stoff des Halstuchs vom Schnee durchnässt seine schützende Wirkung verlieren, aber in diesem Moment fühlte es sich gut an. „Wie weit ist es bis zu der Höhle in der sich der Schwarzmagier verschanzt hat?“, fragte Claire mit finsterer Stimme und der Klang von Barks Stimme in ihrem Rücken stachelte sie dazu an, etwas schneller zu gehen. Er war viel zu nah. „Ca. einen Kilometer weiter in diese Richtung.“, erklärte Bark und Claire verzog das Gesicht. „Offenes oder eingegrenztes Gelände?“, stellte sie die nächste Frage. „Offen.“, entgegnete Bark. Das war sowohl gut, wie auch schlecht. Im offenen Gelände war es zwar möglich sich besser zu verteilen, allerdings würde es dem Schwarzmagier eine Flucht unter Umständen einfacher machen, wenn er nicht von Geröll oder Felsen aufgehalten wurde. Andererseits konnte er sich im offenen Gelände nicht verstecken. Über andere Möglichkeiten wollte sie erst gar nicht nachdenken. Es war besser, wenn sie nicht daran dachte, dass sich Untote oder Dämonen einfacher auf einer freien Fläche beschwören ließen. Dieser Schwarzmagier musste sterben. Magier deren magische Energie einmal von einem Relikt der schwarzen Magie beeinflusst und vergiftet wurden, kamen nie wieder davon los und würden versuchen ihre Fähigkeiten zurück zu erlangen, selbst wenn das Relikt, was ihnen die Kraft verliehen hatte bereits zerstört worden ist. Schwarzmagier, die ihre Magie nicht mehr ausführen konnten waren wie Drogensüchtige, nur dass sich Drogen zumeist nur den Körper zu willen macht. Schwarze Magie hingegen zerfraß die Seele und veränderte den Charakter eines Menschen, verdrehte und zerstörte ihn bis nur noch ein Schatten von dem übrig war, was die Person einmal ausgemacht hatte. Schwarze Magie war scheußlich und Claire würde alles tun um sie davon abzuhalten noch mehr Menschen zu korrumpieren. Mit einem Mal kam ihr ein erschreckender Verdacht. „Der Magier ist nicht euer Ziel.“, erklärte sie mit betretener, fast tonloser Stimme. Bark wandte sich ihr zu. „Was meinst du?“, fragte er nach und auch Arel schien hellhörig zu werden. „Du hast mich schon verstanden, nicht der Magier ist euer Ziel, sondern das Relikt.“, gab sie zischend zurück und Bark musterte sie ruhig, dann seufzte er. „Du bist wie immer zu schlau, als es gut für dich ist.“, entgegnete er mit ruhiger Stimme. „Ja… Wir wurden geschickt um das Relikt aus den Händen seines Besitzers zu reißen.“, gab er zu und setzte weiterhin einen Fuß vor den anderen. „Was habt ihr mit dem Relikt vor, wenn ihr im Besitz davon seid?“, stellte Claire die nächste Frage, sie konnte förmlich spüren, wie Arel allmählich unruhig wurde und konnte sehen, wie seine Hand langsam an den Griff seines Schwertes wanderte. Bark zuckte mit den Schultern. „Das geht dich nichts an.“, erklärte er abgehackt. Er kannte sie mittlerweile lang genug um zu wissen, dass so eine Antwort bei ihr nicht zog. „Ich würde sagen, dass es mich sehr wohl etwas angeht. Schwarzmagie ist verführerisch und mordsgefährlich. Jemanden der unerreichte Ziele hat, korrumpiert sie innerhalb von Stunden und ich glaube nicht, dass du als Söldner alles erreicht hast, was du erreichen wolltest.“, entgegnete sie mit finsterem Blick. „Hör zu… Wir haben keine bestimmten Angaben dazu bekommen. Wir sollen ihn nur das Relikt abnehmen.“, erklärte er und lächelte. Pah, dass sie nicht lachte. „Gut. Dann zerstören wir es, sobald wir es in den Händen haben.“, erklärte Claire ruhig, während Arel ganz langsam den Griff um sein Schwert festigte. „Aber so ein Relikt bringt eine Menge Geld auf dem Schwarzmarkt.“, versuchte der Söldner zu verhandeln. „Vergiss es. Wenn du es verkaufst hast du innerhalb von ein paar Tagen den nächsten Schwarzmagier, den du verfolgen musst. Das fällt irgendwann auf.“, erklärte sie finster und zog eine Augenbraue hoch. „Mal sehen, was wir damit machen…“, gab er zischend zurück, während Arel die ersten Millimeter seiner Schwertklinge aus der Scheide befreite. „Hör zu… wir sollen das Relikt zurück zu unserem Auftraggeber bringen. Er ist ein Sammler. Du kannst deinen Wachhund zurück pfeifen.“, seufzte er und schüttelte den Kopf. „Ich bin kein Wachhund, ich bin ein Hund, der dein Leben beendet, wenn du uns weiter belügst.“, erklärte Arel, der von Schein und Körperhaltung her immer noch der normalerweise schüchterne Arel war. „Oh sieh da… der Wachhund versucht sich wichtig zu machen. Glaub mir wenn ich dir eins sage…  Das ist nicht die erste Morddrohung, die ich erhalte, aber die am wenigsten furchteinflößende. Wenn du jemanden einschüchtern willst, solltest du genügend Selbstvertrauen haben.“, erklärte Bark ruhig, dann wandte er sich wieder Claire zu. „Der Schwarzmagier war einmal ein Hausdiener, des Mannes der uns geschickt hat. Er hat das Relikt gestohlen und ist geflohen.“, erklärte Bark weiter und Claires Blick verfinsterte sich. „Wir jagen also einem armen Hausdiener hinterher, der durch ein Teil der Sammlung seines Herren der schwarzen Magie verfallen ist? Ich muss sagen, dass ich immer weniger davon überzeugt bin, diesem Herzog auch nur irgendetwas zurück zu bringen. Ich könnte mich damit zurechtfinden, dass wir das Relikt zerstören und ihr ihm die kaputten Teile zurück bringt.“, gab Claire bitter zurück und begann damit nervös eine Haarsträhne unter der Kapuze um den Finger zu drehen. Sie hasste es, wenn sie das tat. Es wurde von Männern generell falsch gedeutet. Bark würde wissen, dass es nur ein nervöser Tick war, wenn sie nachdachte, aber Arel? Er würde jetzt wahrscheinlich denken, dass sie mehr für Bark übrig hatte, als sie vorgab. Das war Quatsch. Bark und sie hatten, seit sie bei Totenhandel angefangen hatte ein rein professionelles Verhältnis. Er hatte sich nie wirklich an sie heran gemacht, sie vielleicht mal geneckt, das war es dann aber auch. Bark hatte wahrscheinlich schon damals begriffen, wie groß die Kluft zwischen ihnen beiden war. Sie war von klein auf darauf trainiert worden Menschen und Kreaturen zu töten. Ihr Vater hatte darauf bestanden und als ihr Vater ihr Training für weit genug fortgeschritten befand hatte er sie in Arenen geschickt um das Geld für die Familie zu verdienen. Das war als sie 9 war. Sie hatte früher als jeder andere Kämpfer gelernt, wie man mit einem Schwert umging, statt mit Puppen zu spielen wie normale Mädchen hatte sie verschiedene Schwerter und sie wusste genau, was sie mit dem einen oder anderen davon anrichten konnte. Ihr Vater hatte sie zu einer Viz´keilall ausgebildet,  zu einer menschlichen Waffe und das war sie. Eine Waffe. Nicht mehr. Nicht weniger. Das wirkliche Interesse daran, dass sie eine Frau war hatte sich erst mit der Pubertät gezeigt und vieles komplizierter gemacht. Wahrscheinlich war sie deshalb so auf ihre Weiblichkeit bedacht. Es gab viele Frauen da draußen, die sie als Schlampe bezeichnen würden. Aber sie war keine Schlampe, jedenfalls nicht im herkömmlichen Sinne des Wortes. Sie gab sich den Männern, denen sie mit ihrem Auftreten und ihrem atemberaubenden Aussehen den Kopf verdrehte meistens nicht hin. Vielleicht flirtete sie mal oder machte Jemanden schöne Augen, aber sie konnte sich in den letzten fünf Jahren nur an zwei Fälle erinnern, bei denen mehr daraus geworden ist. Nein. Der Schlampenpegel  würde bei ihr nicht den roten Bereich sprengen. Es sei denn natürlich das Wort Schlampe wurde mittlerweile mit einer neuen, anderen Bedeutung bedacht. Sie versuchte sich davon abzubringen an ihrer Haarsträhne herum zu spielen, doch vergebens, ihr Körper fuhr einfach damit fort, als würde ihr Wille nicht gegen diese spontane Körperreaktion ankommen. Ohne ein weiteres Wort zu sprechen ging sie weiter.

 

„Alles in Ordnung bei dir?“, fragte Arel eher unbeteiligt. Er hatte das Schwert auf seinem Rücken los gelassen und schaute sie aus freundlichen Augen an. Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. „Ja, aber das alles gefällt mir nicht.“, gab sie zur Antwort. Arel nickte ruhig und schwieg dann. Verdammt nochmal. Er sollte irgendwas sagen. „Du bist wirklich nicht der gesprächige Typ oder?“, stellte Sie eine Frage und Arel lächelte. „Ja… Normalerweise rede ich nicht besonders viel.“, erklärte er knapp und schaute zu Claire herüber, die ihn anlächelte. „Seltsam… Du führst also nicht mal Selbstgespräche?“, hakte sie nach und hob eine Augenbraue. Arel lachte leise. „Nein. Wenn ich ihm mal antworte, dann reicht ein Gedanke.“, gab Arel grinsend zurück, während Claires Augenbraue noch weiter hinauf wanderte. „Das heißt, er weiß was du denkst? Das muss mega gruselig sein.“, stieß sie überrascht hervor und Arel dachte genau darüber nach. ‚Ja… Ich kenne all deine geheimsten Gedanken Bro…‘, erklang die Stimme des Anderen in  seinem Kopf. Er konnte die Belustigung des Anderen deutlich spüren und er versuchte seine Gedanken zu lesen. Nichts. ‚Was denke ich grade?‘, stellte er dem Anderen eine Frage und zwang sich dabei nicht an Hähnchen mit Pommes zu denken. ‚Hähnchen mit Pommes.‘, erklang die prompte Antwort. Verdammt nochmal. ‚Und jetzt?‘, stellte er die nächste Frage. Hähnchen mit Pommes, Hähnchen mit Pommes verdammt nochmal! Hähnchen und Pommes! ‚Netter Versuch Bro.‘, erklang die nüchterne Antwort seines anderen Ichs. Arel biss die Zähne zusammen, dann formte er mit zusammen gebissenen Zähnen die Worte: „Du hast ja keine Ahnung.“ In seinem Kopf erklang lautes Gelächter Verdammt nochmal, warum konnte der Andere seine Gedanken lesen, aber er nicht die des Anderen. Das war doch komplett konfus. ‚Ist es nicht.‘, erklang erneut seine Stimme. ‚Doch ist es.‘, konterte er bestimmt. ‚Was überhaupt?‘, fragte der andere hämisch. ‚Das Eben!‘, knurrte Arel in Gedanken. ‚Bro, du redest schon fast so schlimm wie Claire.‘, zischte er innerlich, was der Andere mit einem Lachen quittierte. Man hatte es wirklich nicht einfach, wenn man eine andere Hälfte hat, die alles besser weiß. „Da hab ich wohl einen Nerv getroffen was?“, fragte Claires Stimme unvermittelt neben ihr. „Was, nein! Wie kommst du darauf?“, fragte er hastig nach und Claire lächelte ihn an. „Weil du grade aussiehst als wolltest du irgendjemanden töten.“, entgegnete Claire strahlend, während sie ihn weiter anlächelte. „Nein. Nicht irgendjemanden.“, erklärte Arel so ruhig er konnte. „Verstehe…“, erwiderte Claire nickend. „Hey ihr Turteltäubchen. Wir sind gleich da, ab jetzt absolute Ruhe, er darf nicht wissen, dass wir kommen.“, erklärte Barks zähe Stimme. Aus Claires eben noch lächelndes Gesicht wich mit einem Schlag sämtliche Art von Emotion, Arel schluckte. Das war seine erste Begegnung mit einem Dunkelkünstler, wie sie sein ehemaliger Lehrmeister, Gott ziehe ihm die Haut in Streifen vom Körper, sie immer genannt hatte. Allein der Gedanke an diese Person ließ pure, ungezähmte Wut in ihm aufsteigen, die er aber sogleich wieder nieder kämpfte. Nicht jetzt. Volle Konzentration. Er sog tief die kühle Luft ein und erblickte vielleicht 100 Meter vor ihnen den schemenhaften Eingang zu einer Höhle. Der Wind hatte sich ein wenig gelegt, jedoch rieselte noch immer der feine, weiße Schnee vom Himmel auf sie herab. Der Schleier aus wirbelnden weißen Schneeflocken verhinderte, dass er vor sich mehr von der Höhle sehen konnte als eine leichte, dunkle Farbabstufung vom Grau der Felsenwand. Seine Jägerinstinkte übernahmen und er suchte den Boden vor sich ab. Abgesehen von den Fußabdrücken der Söldner und denen Claires war hier noch ein Paar vertreten. Ein Paar von Fußabdrücken die Bogenförmig vor ihnen in die Richtung der dunklen Farbabstufung führten. Das mussten die Fußabdrücke des Dunkelkünstlers sein. Er stieß den Atem aus, der sich als weiße Nebelwolke vor seinem Mund abzeichnete. ‚Its Showtime!‘, rief der Andere in seinem Kopf und Arel verzog missmutig den Blick. Verdammt nochmal. Konnte er nicht einmal die Klappe halten? Langsam und so leise wie es den Söldnern in ihren teilweise stark klappernden Rüstungen möglich war näherten sie sich der Höhle. Eine Gestalt taumelte aus der Öffnung der Höhle. Aufgeflogen. Verdammt nochmal. Eine Sekunde. Länger dauerte es nicht bis Arel sein Schwert gezogen hatte. Die magische Kraft des Windes floss durch ihn hindurch und machte dem Schneesturm um sie herum ein Ende. Der Schnee wurde von einer riesigen Kuppel aus gebündelter Windmagie zurück gehalten, sodass sie freie Sicht hatten. Die Söldner zogen ebenfalls die Waffen. Der abgehärmte Mann, der im Höhleneingang stand blickte sie finster an und hob eine Halskette an der ein kleiner, schwarzer Obelisk baumelte. „Ihr werdet alle sterben.“, er sprach die Worte nur sehr leise aus, doch Arel verstand jedes einzelne Wort. Der Mann hob den Obelisken und hob eine Hand voll Schnee vom Boden auf. Der Obelisk begann rot zu leuchten und als er den Schnee in seiner Hand durch seinen Atem weg vor sich verteilte brach die Hölle los. Ein ekelerregendes Gefühl umfing ihn, während der Mann beschwörend die Arme hob, den Obelisken weiterhin in der Hand haltend. Die Luft um ihn herum wurde heiß und stickig. Oh nein so nicht. Arel atmete die, zum schneiden dicke Luft ein. Der Gestank von Dämonen. Er konnte sehen, wie Claire langsam ihre Schwerter zog. Arel wartete keinen weiteren Augenblick. ‚Töte den Bastard endlich… bevor er..!‘, brüllte die Stimme des Anderen in seinem Kopf, dessen Stimme in diesem Moment sämtlichen Humor verloren schien. Beim Thema Dämonen gab es einfach keine Möglichkeit zu scherzen. Es ist rein gar nichts witziges dabei von rasiermesserscharfen Klauen zerhackt und danach angeknabbert zu werden, während dieses Ding die Witterung deines Blutes aufnahm um alles zu töten, was dir nahe stand, nur um sich selbst zu amüsieren. Arel stieß einen lauten Kriegsschrei aus, während er todesmutig auf den Bannsprecher zu rannte. Der Schrei war sinnlos, Kriegsschreie waren dafür da um den Gegner zu verunsichern und an die Logik in seinem Kopf wach zu rufen, die besagte, dass er sich besser von schwertschwingenden, laut brüllenden Wahnsinnigen fernhalten sollte. Doch Schwarzmagier, die bereits genug von ihrer Menschlichkeit abgelegt hatten, dass sie dazu in der Lage waren Dämonen in dieses Gefilde zu rufen schraken nicht zurück. Egal was da vor Arel stand und diese groteske Beschwörung durchführte, es war nicht mehr menschlich. Die Schwarzmagie hatte den Menschen gezwungen alle Menschlichkeit nach und nach aufzugeben. Er war jetzt nur noch ein Dämonendiener und das sind Monster, die man auf garkeinen Fall am Leben lassen durfte, diese Art von Kreatur war selbst dann noch gefährlich, wenn man sie von der Quelle ihrer Macht trennte, denn ein Großteil der Macht, des Reliktes war bereits auf den Körper des Trägers übergegangen. Das Amulett mit dem Obelisken trug er nur noch nostalgiehalber in den Händen. Der Himmel über Arel färbte sich rot, die Luft um ihn herum schien mit jedem Augenblick dicker und wärmer zu werden. Es fühlte sich so an, als würde er gegen Sturm anlaufen, mit dem Unterschied, dass sein Sturm ihm wenigstens die blasse Hoffnung ließ den Wirkungsbereich jemals wieder zu verlassen. Schnee peitsche ihm entgegen, der sich in der Luft wirbelnd in trockenen Sand verwandelte, der an seiner Haut schabte und ihm in den Augen brannte, die er schmerzerfüllt zusammen kniff, aber alles in ihm schrie danach, dass er nicht aufgeben durfte. ‚Los verdammte Scheiße! Kämpf dich durch und stoß diesem schwarzmagischen Wichser dein Schwert in die Kehle!‘, brüllte der Andere in seinem Kopf und zum ersten Mal seit er seine Stimme hörte, waren seine Worte nie so wahr gewesen. Es wurde Zeit diesem Wichser zu zeigen, wie schmerzhaft es tatsächlich war die Klinge eines Jägers in den Eingeweiden oder anderen Stellen des Körpers zu spüren. Er konnte aus den Augenwinkeln sehen, wie sich um ihn herum Gestalten materialisierten. Irreal aussehend und von der Natur mit der Art Liebe gestaltet, die eben auch nur die Natur lieben konnte. Kein guter Vergleich. Diese Viecher hatten ungefähr so viel mit der Natur zu tun wie das, was manche Chemiker und Alchemisten in ihren Reagenzgläsern zusammen brauten. Er wagte es nicht sich umzusehen, doch das Brüllen, Kreischen und Schreien um ihn herum sagten ihm genau, was er nicht wissen wollte. Es waren Hunderte. Halt durch Claire! Mit nie gekannter Wut im Bauch rannte er auf den Dämonenbeschwörer zu, während rings um ihn herum grausige Schreie und hinter ihm das Gebrüll von Söldnern erklang, die sich gegen einen übermächtigen Feind zur Wehr setzten. Ein Blick über seine Schulter spornte seine Wut noch weiter an. Claire und die restlichen Söldner waren von einer Horde Dämonen überschwemmt worden. ‚Mach den Schleimer kalt!‘, brüllte der Andere in seinem Kopf und Arel grinste, ausnahmsweise waren sie mal einer Meinung und mit einem Mal spürte er einen Sog in seinem Geist, er spürte wie er mutiger und selbstbewusster wurde, während die Stimme des Anderen in seinem Kopf leiser wurde und viel mehr zu seiner eigenen wurde. Er durfte hier nicht versagen, er würde es sich niemals verzeihen können, wenn Claire verletzt, wenn nicht sogar getötet wurde. Mit einem entschlossenen Ruck zog er das zweite der beiden Zwillingsschwerter aus der Scheide, die Klinge, gleicher Bauart, wie das Andere hatte einen gravierenden Unterschied zu dem anderen Schwert. Die Klinge war nicht, wie Sturmrufer aus schwarzen Stahl gearbeitet, die Klinge von Brennender Himmel war aus bläulich glänzenden Silber geschmiedet, was manchmal transparent wirkte. Die Magie der beiden Klingen vermischte sich zischend, knackend und Funken sprühend, während der Himmel sich über ihnen verdunkelte und der Wind gemischt mit krachenden Donnerschlägen über den Boden peitschte. „Du wirst es als erster verstehen, warum es keine gute Idee ist uns wütend zu machen.“, erklärte Arel mit ruhiger Stimme, die trotz allem wie ein lauter Donnerschlag grollte und rannte mit beiden Schwertern von sich gestreckt auf den Schwarzmagier zu, während rings um ihn herum niedere Dämonen von präzise vom Himmel schlagenden Blitzen gegrillt wurden. Der Geruch von fauligem, verbrannten Fleisch stieg Arel in die Nase, doch diesmal löste es keinen Brechreiz aus, sondern eine erregte Euphorie und ein Grinsen auf seinen Lippen, als er sich in den Kampf mit dem Dunkelkünstler stürzte.

Kapitel 10 - Abschied

 

Allmählich flutete Licht ihr Blickfeld. Sie spürte, wie ihre Augenlieder unruhig flatterten, während sie allmählich aus ihrem Traumlosen Schlaf erwachte. Ihre linke Hand war warm und jemand hielt sie. Als sie den Kopf drehte erblickte sie Lyr, auf einem Stuhl an ihrem Bett saß und eingenickt war. Er schnarchte nicht. Das tat er nie, jedenfalls hatte er noch nie geschnarcht, während er in ihrer Nähe geschlafen hatte. Er hatte Albträume, aber schnarchen tat er nie. Sie drückte seine Hand und konnte sehen, wie er langsam, ganz allmählich aus seinem leichten Schlaf erwachte. „Hey…“, seufzte Lyr und blinzelte ihr zu. Er sah müde aus. Wen sollte das auch wundern. „Hey, wie geht es dir?“, fragte Haley und lächelte. Dieser Kerl hatte ihr schon wieder das Leben gerettet, er war wirklich unglaublich. „Mir geht’s gut… Wie geht es dir? Das ist viel wichtiger.“, entgegnete er und Haley wurde rot. Gute Frage. Wie ging es ihr eigentlich. Sie hatte keine Schmerzen, abgesehen von den brennenden Wunden, die sie sich an den Fesseln aufgescheuert hatte. Ansonsten… Sie konnte sich bewegen, atmete ganz normal, ihr war nicht schlecht und vor ihr stand auch kein irrer Vergewaltiger. „Ich glaube es geht mir gut.“, gab Haley zurück und zog an seinem Arm. Egal was ihr Arzt ihr verschreiben würde, nichts konnte sie jetzt davon abhalten Lyr zu küssen und an sich zu ziehen. Lyr folgte ihrer Forderung und setzte sich neben ihr auf das Bett. Er küsste sie. Verdammt fühlte sich das gut an. Sein Geschmack erfüllte ihren Mund und fordernd drang sie mit ihrer Zunge in seinen Mund. Überwältigende Wärme bemächtigte sich ihres Körpers, sie spürte das willige Kribbeln auf ihrem ganzen Körper, dieses Kribbeln, was nur von seinen Berührungen befriedigt werden konnte. Sie schluckte, spürte, wie seine Zunge die ihre kitzelte und liebkoste. Ihre Hand fand die seine und führte sie zu ihren Brüsten. Ein eindeutigeres Zeichen dafür, was sie wollte konnte sie ihm im Augenblick nicht geben. Sie seufzte willig auf, als seine Hand ihre Brust drückte und knetete. Ihre Hand wanderte zu seinem Hinterkopf, hielt ihn fest, während sie sich nach hinten auf das weiche Polster der Matratze sinken ließ. Er folgte ihr bereitwillig und stützte sich mit beiden Händen links und rechts von ihr ab, während er sie weiter küsste. Eine wohlige Leere breitete sich in ihrem Kopf aus, während sie spürte, wie sich eine willige Wärme in ihrem Schoß breit machte. Was auch immer er mit ihr machen würde, sie würde ihn gewähren lassen. Für das, was er für sie getan hatte, zum wiederholten Male hatte er es verdient jede Schweinerei mit ihr anzustellen, die sein Herz begehrte. Ihre Lippen trennten sich. Nein! Nicht jetzt. Sie schaute ihn sanft an. Er blickte sie freundlich an. „Bist du dir sicher?“, fragte er ruhig und sie nickte hastig. „Ja. Ich will dich.“, seufzte sie willig und spreizte bereitwillig die Beine für ihn, während sie sein Gesicht mit beiden Händen wieder an sich heran zog. Er erwiderte den Kuss und ließ sich neben ihr auf das Polster fallen. Sie rollte sich auf ihn. Auf garkeinen Fall würde er ihr jetzt entkommen. Keine Macht der Welt konnte sie jetzt wieder trennen. Es klopfte an der Tür. Lyr brummte und Haley stieß einen tiefen, leidenden Seufzer aus, als sich ihre Lippen wieder trennten. „Lass es uns einfach ignorieren…“, stieß sie hervor, vor Erregung schwer atmend. Die Tür öffnete sich. Verdammt nochmal. Geistesgegenwärtig schwang sie sich von Lyr herunter und wickelte ihren, nur von Unterwäsche bedeckten Körper in die Decke. Ein Junge und eine Frau mittleren Alters kamen herein und Lyr blickte die beiden mindestens genauso verblüfft an, wie Haley es tat. „Meister Jäger… Es ist mir eine Ehre euch kennen zu lernen. Ihnen habe ich es zu verdanken, dass ich mein Kind wohlauf wieder bekommen habe.“, begann die Frau, doch Lyr schnitt ihr mit einer schnellen Geste das Wort ab. „Was genau… möchten Sie hier?“, fragte Lyr respektvoll, ziemlich beherrscht dafür, dass er grade gestört wurde, als Haley auf ihm saß. „Nun… Die Bürgermeisterin möchte euch sprechen… und mein Sohn…“, sie blickte zu dem Jungen herab, der schüchtern den Blick gesenkt hielt. „…Wollte sich dafür bedanken, dass ihr ihn aus diesem Keller befreit habt.“, erklärte die Frau und Lyr stieß den Atem aus, während der Junge auf ihn zu kam und sich vor ihm verbeugte. „Ich danke euch, Meister Jäger.“, sprach der Junge, doch Lyr beugte sich zu ihm herunter und legte ihm eine Hand auf den Kopf. „Du musst dich nicht bedanken. Sorge einfach dafür, dass du deiner Mutter keine Sorgen machst. Streng dich an und zeige der Welt, was in dir steckt. Mach deine Mutter stolz. Klar?“, lächelte Lyr und der Junge schaute ihn kurz etwas ratlos an, dann jedoch nickte er hastig. „Ich nehme an, dass die Bürgermeisterin auf eine dringende Audienz besteht?“, stellte Lyr eine These auf, welche die Frau mit einem Nicken bedachte. Lyr stieß einen Seufzer aus. „Haley? Fühlst du dich dem gewachsen?“, fragte Lyr und Haley blinzelte überrascht. „Ich? Wieso?“, fragte sie und schien komplett ratlos. „Weil du meine Partnerin bist natürlich. Du hast mindestens genau so viel getan wie ich, also solltest du auch mitkommen.“, erklärte Lyr mit einem Lächeln. Jetzt übertrieb er, während er die Kinder aus dem Keller befreit hatte war sie damit beschäftigt gewesen sich von einem perversen Arschloch fesseln und fast vergewaltigen zu lassen. Haley blickte ihn ernst an. „Du weißt, dass ich lange nicht so viel getan habe wie du.“, begann sie, doch Lyr lächelte ihr zu und unterbrach sie mit zärtlicher Stimme. „Du bist meine Partnerin. Wir haben diesen Job zusammen angefangen und wir bringen ihn auch zusammen zu Ende.“, lächelte er, es dauerte einen Moment, doch dann nickte Haley und schenkte ihm eines dieser wundervollen Lächeln zu denen nur verliebte Mädchen im Stande waren. Zwar war sie sich nicht sicher ob sie Lyr wirklich liebte, aber wenn sie sich verlieben würde, hätte sie nichts dagegen, würde sie sich in Lyr verlieben. Die Frau ging mit ihrem Sohn voraus und als Lyr ihnen folgen wollte legte Haley ihm eine Hand auf die Schulter. Er drehte sich zu ihr um und sie küsste ihn. Nur kurz, aber in diesem Kuss lag ein Versprechen. Ein Versprechen, was den meisten Männern vollkommen den Atem geraubt hätte. „Ich warte draußen, ich denke du willst dich erst anziehen…“, lächelte Lyr und Haley grinste schelmisch. „Von wollen kann hier nicht die Rede sein. Wenn es danach ging, was ich will, dann würde ich dich jetzt aufs Bett werfen und vergessen, dass es noch mitten am Tag ist, wenn du verstehst was ich meine.“, grinste sie und blinzelte ihm verführerisch zu, natürlich verstand er. Und er verstand auch ihre Geste, als sie sich langsam und auf ihre körperliche Erotik besonnen umwandte und sich verführerisch rekelte, während sie auf das Bett und ihre Reisetasche zuging. Sie konnte ihn auf die Entfernung vor Begierde schlucken hören. Eine Begierde, die sie später mit Freude stillen würde.

 

Langsam schritten Haley und Lyr durch das Dorf. Die Menschen um sie herum blickten auf, als sie vorbei gingen und für einen kleinen Moment dachte Haley, dass es sich wohl so anfühlen würde verehrt zu werden, doch sie spürte zugleich, durch die Freude der Dorfbewohner hindurch einen tief sitzenden Schrecken. Er hatte zwar ihre Kinder zurück gebracht, aber andererseits war ein Dorfbewohner auf grausamste Art und Weise gestorben, damit die Existenz der Nachtwandlerin ausgelöscht werden konnte. Das Haus des kranken Bastards war in der  Nacht bis auf die Grundmauern nieder gebrannt. Niemand hatte sich des Nachts vor die Tür getraut um das Feuer zu löschen. Andererseits hatte es nicht unbedingt etwas mit ihrer Angst zu tun. Dieser Mann hatte die ganze Zeit gewusst wo sich ihre Kinder befanden und hatte nichts gesagt. Er hatte sie zwar nicht selbst entführt, aber er hatte sie gefangen gehalten, was mindestens genauso schlimm war. Einige der Kinder würden bis an ihr Lebensende von diesem Erlebnis traumatisiert sein. Verdammt nochmal, wenn Haley es möglich machen könnte, würde sie diesem Kerl gleich nochmal auf die Art und Weise sterben lassen auf der er sein Leben ausgehaucht hatte. Die Sonne stand hoch am Himmel. Sie hatte in ihrer Erschöpfung und dem, durch die Droge verursachten Delirium den halben Tag verschlafen, andererseits fühlte sie sich wahnsinnig lebendig und so wach wie seit Wochen nicht mehr. Ihre Begierde darauf mit Lyr zu schlafen konnte noch eine entfernte Nachwirkung der Droge sein, die zwar größten Teils aus ihrem Kreislauf gewichen war, aber noch immer Spuren in ihrem Blut zurück gelassen hatte. Sie seufzte leicht. Naja, so war das Leben. Die Schlange hatte wahrscheinlich schon alle Giftspuren restlos beseitigt und wie immer nur die spaßigen Seiten der Substanz zurück gelassen. Gut dass die Schlange das gleiche bei Teufelsnessel tat. Zuviel von dieser Substanz konnte dazu führen, dass eine Frau unfruchtbar wurde, sie allerdings wurde von der Schlange vor diesem Nebeneffekt geschützt, stattdessen entfaltete die Teufelsnessel bei ihr nur ihre Verhütende Wirkung. Sie würde heute noch eine ganze Menge von diesem Zeug zu sich nehmen, so wie sie es bereits die letzten Tage tat. Seit sie mit Lyr zusammen reiste. Wahrscheinlich würden ihr dafür eine ganze Menge Frauen den Tod wünschen. Wenn sie allein an die Blicke mancher Frauen dieses Dorfes dachte. Grade an die Blicke, die sie Lyr zuwarfen. Diese schmachtenden Blicke waren kein Wunder. Er war schon ein gutaussehender Dreckskerl. Das Rathaus befand sich im direkten Zentrum des Dorfes, gleich neben der Kirche. Haley stieß einen Seufzer aus, als ihre Führerin Lyr und sie darum bat kurz zu warten. Haleys Blick fiel auf das Anschlagbrett. Ein mit altertümlich verschnörkelter Schrift zog ihre Blicke auf sich. Eine Einladung zu einem großen Turnier. Arenakämpfe. Gegen Monster und gegen andere Menschen. Wow… Die Belohnung konnte sich sehen lassen. 2000 Platinsonnen und ein, als sehr wertvoll angegebener Zusatzpreis. Allein von einem Zehntel der gebotenen Gewinnprämie konnte man ein Leben in verschwenderischem Leichtsinn führen und musste sich über nichts mehr Sorgen machen. Haley schaute sich um und sah Lyr, der nervös von einem Fuß auf den anderen trat, während sie auf die Bürgermeisterin warteten. Es war eine wirkliche Frechheit, dass diese Frau sie auch noch warten ließ, nachdem sie daran schuld war, dass sie sofort losgegangen sind. Sie Riss das Blatt Pergament vom Anschlagbrett und verstaute es in ihrer Tasche. Vielleicht wäre das gar kein schlechtes nächstes Ziel. Ihr Blick fiel auf ein Schild, was für einen Kräuterladen warb. Die Kräuterkundlerin des Dorfes hatte bestimmt auch Teufelsnessel im Angebot. Es war sinnlos zu glauben, dass es sich um einen Kräuterkundigen handelte. Alle Kräuterkundler, die sie bisher kennen gelernt hatten, waren ausschließlich Frauen gewesen. Männer verstanden sich eben mehr darauf sinnlos auf Metall herum zu prügeln, während die Frauen dafür sorgten, dass ihre Männer nicht an ihren Verletzungen oder Krankheiten starben. So war der Lauf der Dinge. Schon seit der großen Wende. Seit die Magie ihren Weg zurück in diese Welt gefunden hatte. Sie lächelte Lyr zur und hatte sofort seine Aufmerksamkeit. „Ich gehe kurz zum Kräuterkundler. Ich bin gleich wieder da.“, erklärte sie, er nickte leicht und sie betrat den Laden. Die Kräuterkundlerin schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. Sie war eine betagte Frau von vielleicht 40 Jahren, die sie freundlich anlächelte. „Na meine Liebe, was darf es sein? Etwas Engelswurz um einen bestimmten Mann auf dich aufmerksam zu machen? Oder vielleicht etwas Rankenfeige um deinem Freund etwas mehr Leben im Bett einzuhauchen?“, grinste die Frau und Haley grinste zurück. „Wenn mein Freund noch lebendiger im Bett wäre, würden wir gar nicht mehr mit dem vögeln aufhören.“, lächelte Haley und fragte sich sofort, was sie da gesagt hatte. Naja egal… Sie hatte angefangen. Die Frau lächelte wohlwollend und nickte. „Dann vielleicht etwas, was seine Libido etwas abschwächt?“, hakte die Kräuterkundlerin nach und Haley grinste. „Nein bitte nicht, auf garkeinen Fall.“, sie lachte und die Kräuterkundlerin lächelte noch breiter. „Ich suche etwas Teufelsnessel.“, erklärte Haley und machte sich sofort auf eine Standpauke gefasst, doch die Frau nickte nur kurz. „Du bist dir über die möglichen Risiken und Nebenwirkungen bewusst?“, fragte die Frau kurz nach und begann unter dem Tresen herum zu kramen, ehe sie ein großes Glasgefäß darauf abstellte, was geriebene Teufelsnessel enthielt. Haley nickte kurz. „Ja, ich bin mir darüber im Klaren.“, entgegnete sie und schaute die Kräuterfrau an, die zu nicken begann. „Ich weiß, ich sollte mich nicht einmischen, aber… Es gibt andere Arten zu verhüten. Mittel, die zwar nicht so gut wirken, aber auch nicht so schädlich sein können wie Teufelsnessel.“, begann die Kräuterkundlerin, doch Haley unterbrach sie mit einer beruhigenden Geste. „Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll… aber ich habe vor den Nebenwirkungen nichts zu befürchten…“, seufzte Haley, davon überzeugt, dass die Frau sie gleich vollkommen ungläubig anblicken und sie als dummes Mädchen bezeichnen würde. „Warum glaubst du, dass du anders bist, als alle anderen Frauen.“, fragte die Kräuterkundlerin stattdessen. „Sagen wir einfach… Ich habe einen kleinen Schutzengel, der mich vor Giften schützt.“, gab Haley zurück und die Frau zog eine Augenbraue hoch, als würde Haley sie für dumm verkaufen. „Naja, wie du meinst. Es ist dein Leben und deine zukünftige Familienplanung.“, seufzte sie und schaute an Haley vorbei, dann grinste sie wieder. „Aber Hallo, für diesen jungen Mann würde ich das aber auch über Bord werfen. Du bist ein wirklicher Glückspilz Mädchen. Aber versprich einer alten Kräuterkundigen, dass du es nicht übertreibst.“, lachte die Frau und Haley musste lächeln. „Ja. Wieviel kosten sagen wir…. 200 Gramm?“, fragte Haley und war sich darüber bewusst dass bereits 10 Gramm dieser Substanz für einen Tag reichten. Die Kräuterfrau schüttelte seufzend den Kopf, füllte maß 200 Gramm ab und füllte es in einen kleinen Beutel. „Geht aufs Haus, aber mach keinen Unsinn.“, lächelte die Frau. Haley schaute die Frau verdutzt an. „Aber…“, begann sie, doch diesmal schnitt ihr die Kräuterfrau das Wort ab. „Sagen wir einfach, ich hätte genug Fantasie um das zu glauben, was all die Mütter mir über den gut aussehenden jungen Mann mit dem dunklen Mantel, den zwei Schwertern auf dem Rücken und dem kurzen braunen Haar erzählen. So wie es aussieht hat er heute Nacht etwas Spaß verdient. Immerhin hat er die Kinder zurück gebracht.“, grinste die Frau und Haley lächelte wieder. „Geh nun Kind, sonst schnappt unsere Bürgermeisterin ihn dir noch weg.“, erklärte sie und nickte in seine Richtung. Als Haley sich umwandte konnte sie die Bürgermeisterin sehen, die Händeringend vor ihm stand und ihn mit ihren Blicken förmlich auszog. Offensichtlich hatten die Leute Recht. Manche guten Tage machten mehr als Sexy. Haley sog tief die Luft ein, dann verließ sie den Kräuterladen.

 

Lyr ließ sich auf das Bett fallen. Es war unglaublich wie wahnsinnig anstrengend es sein konnte Verhandlungen mit einer Frau zu führen, die einem offensichtlich gerne die Kleider vom Leib reißen würde. Vor allem war es schwer, wenn die Frau, der man selbst gerne die Kleider vom Leib reißen würde dabei direkt neben einem saß. Die Atmosphäre war mehr als nur unheimlich gewesen, während sich die beiden Frauen gegenseitig finstere Blicke zuwarfen und man als einziger Mann wohl auch als einziger daran interessiert war den Deal über die Bühne zu bringen. Letztendlich hatte die Bürgermeisterin auf das persönliche Treffen mit ihm beschäftigt und ihnen 250 Goldmonde für den Auftrag gezahlt. Ein wahnsinnig großzügiges Entgelt, doch jetzt war Lyr einfach nur froh darüber, dass er wieder in seinem Zimmer war und direkt vor ihm, die Frau, die er auf der Welt wohl mit Abstand am meisten schätzte. Sie war eine wundervolle Person. Mutig, intelligent, wunderschön und schlagfertig und das waren nur wenige ihrer bemerkenswerten Eigenschaften. Jedes Mal, wenn er sie sah klopfte sein Herz auf eine ganz eigenartige Art und Weise und es war ihm  bereits seit längerem klar gewesen, er fühlte für diese Frau mehr als nur sexuelles Verlangen. Er wollte bei ihr sein, ob sie jetzt miteinander schliefen oder nicht. Natürlich aber war es ein gewaltiger Bonus, dass diese Frau genau so wenig genug von ihm bekam, wie er von ihr. „Das waren gute Verhandlungen.“, seufzte Lyr und lächelte, als er den Kopf hob. Haley kam lächelnd auf ihn zu, ihre Hüften schwangen dabei betont und sexy hin und her, während auch ihr schwarzes Haar mit den grünen Strähnen in einer seidigen Woge hin und her wiegte. Sie war einfach hinreißend. „Ja… es waren sogar sehr gute Verhandlungen. Ich glaube das sollte gefeiert werden.“, lächelte sie sanft und kam noch näher auf ihn zu. Er spürte, wie er sich allmählich anspannte, auch dass seine Hosen allmählich eng zu werden schienen. Diese Frau war der Teufel. Er liebte diese Teufelin. „Oh… Sieh mal…“, seufzte sie, während sie ihre Schultern hin und her schüttelte. Durch irgendeine Art weibliche Magie glitten ihre Kleider von ihr ab und ließen ihren wunderschönen, ausbalancierten und wohl proportionierten Körper nur mit Unterwäsche bekleidet zurück. Er hörte sich scharf einatmen. Ein schon fast schmachtendes Geräusch. Sie grinste. Offensichtlich genoss sie dieses Geräusch sehr ausführlich, während sie sich auf ihrem Schoß nieder ließ. „Es war ein harter Tag für dich… Ich finde, ich sollte dir dabei helfen dich ein wenig zu entspannen oder was meinst du?“, grinste sie, während Lyr sichtlich um Fassung rang. Er nahm all seine Selbstbeherrschung zusammen um nicht gleich wie ein Tier über sie her zu fallen. „Findest du das?“, hustete er mehr, als er normal sprach und sie grinste. Ihre eine Hand glitt über seinen Oberkörper, während die andere sich daran machte ihm dabei zu helfen sich seines Oberteils zu entledigen. Ihre Fingerspitzen glitten über seinen Oberkörper und kitzelten jeden Millimeter, den sie streiften. Er sog tief und genüsslich die Luft ein, als sie damit begann seinen Hals zu küssen. Er konnte absolut nichts dagegen tun. Seine Schultern verloren jegliche Anspannung und hingen einfach nur entspannt herunter, während er sich langsam von ihr nach hinten auf die Matratze drücken ließ. Sie küsste, leckte und knabberte an seinem Hals, es machte ihn fast verrückt und er griff nach ihr, sie jedoch wich vor seiner Berührung zurück, stand auf und lächelte ihn schelmisch an, während sie sich daran machte seine Hose zu öffnen und sie ihm von den Beinen zu ziehen. Lyr ließ es zu und ihre Fingerspitzen glitt nun über seine Beine, erst Knie, dann Oberschenkel, ihre Finger krallten sich an seine Unterwäsche und zogen die Shorts herunter. Lächelnd griff sie nach seiner ersteiften Männlichkeit und begann ihre Hand sanft auf und ab wandern zu lassen, während sie sich wieder auf ihn setzte, diesmal in Höhe seines Bauches, während sie damit fortfuhr sein Glied zu reiben. Er konnte sich nicht mehr beherrschen und er stieß vor, packte sie und öffnete unbeherrscht ihren BH, riss das Kleidungsstück schon fast von ihr herunter, was sie freudig aufschreien ließ. Offenbar genoss sie die Leidenschaft genau so sehr wie er. Seine Hände packten ihren Hinter, während sie nicht damit aufhörte seine Männlichkeit zu streicheln, sie schrie auf und beugte sich nach vorne, ihre Brustwarzen streiften seine Brust, was ihm einen wohligen Schauer über den ganzen Körper jagte. Sie biss in seine Unterlippe und küsste ihn fordernd, er konnte sich unmöglich noch weiter beherrschen. Wie ein Tier, stieß er sie von sich, packt ihr Höschen und  zog es ihr von den Hüften, erneut schrie sie, diesmal erfreut über die Wildheit mit der er vorging. Er stieß sie erneut, diesmal so, dass sie auf den Knien zum Liegen kam, dann zog er ihren Hintern zu sich hinauf, griff mit der anderen in ihr volles und wunderschönes, seidiges Haar, dann glitt er von hinten in sie ein, was ihr einen freudigen, lauten und ungehemmten Schrei entlockte.

 

Es war irgendwann in der Nacht. Haley hatte es versucht, doch sie konnte nicht einschlafen. Den ganzen Tag über war es in Ordnung gewesen. Seine Anwesenheit war wundervoll und der Sex war wie immer atemberaubend gewesen, doch jedes Mal, wenn sie jetzt die Augen schloss sah sie sich wieder gefesselt auf dieser Liege liegen und in dieser grausamen Illusion war Lyr nicht rechtzeitig gekommen. Ihre Gedanken waren gnadenlos und brutal. Tränen rannen ihre Wangen hinunter, als sie daran dachte wie hilflos sie sich trotz ihrer toughen Fassade gefühlt hatte. Ächzent erhob sie sich aus dem Bett, Lyr blieb schlafend liegen. Gut so. Sie musste weg. Sie war nicht für das Jägerleben geschaffen. Und egal was sie für ihn empfand. Jedes Mal, wenn sie ihn ansah, jedes Mal wenn sie sich liebten, egal wie gut es war, würde sie in der darauf folgenden Nacht an dieses Erlebnis denken müssen. Würde sich daran erinnern müssen wie hilflos sie gewesen war. Würde daran denken müssen was wohl der nächste Auftrag für Schrecken mit sich bringen würde. Sie wusste genau, dass Lyr genauso für sie empfand,  wie sie für ihn. Wie auch immer man diese Gefühle nennen wollte. Solange sie mit ihm zusammen war würde er sie beschützen, was nichts schlimmes war, jedoch würde es sie daran hindern sich selbst weiter zu entwickeln. Sie würde mit ihrer Gabe, mit der Macht der Schlange arbeiten müssen und was würde er wohl davon halten? Sie zog einen Notizblock aus ihrer Tasche, riss ein Blatt heraus und begann zu schreiben, während ihr die Tränen über das Gesicht rannen. Dann dauerte es nicht lange, bis sie sich wieder anzog, ihre Tasche über die Schulter schwang und die Tür öffnete um in die Nacht zu verschwinden. Sie durfte nicht zögern. Wenn sie ihn noch einmal ansah, wenn sie noch einmal sein Lächeln sah würde sie bleiben und sich für immer an ihn binden, das wusste sie genau. Das durfte niemals passieren. Sie durfte sich an niemanden binden, jedenfalls nicht für längere Zeit, würde sie sich an ihn binden würde ihr Vater, wenn er sie fand ihn dazu benutzen um ihr zu schaden und das durfte sie nicht zulassen. Egal wie viele Tränen es ihr entlocken würde. Sie konnte nicht länger bei ihm bleiben. Sie schloss die Zimmertür hinter sich und lehnte sich mit all ihrem Gewicht von außen dagegen. „Ich… Ich glaube ich liebe dich Lyr. Und das ist der Grund aus dem ich dich verlassen muss.“, seufzte sie und spürte wie allein diese Worte noch mehr Tränen aus ihren Augen heraufbeschworen. Sie wischte sich über die Augen und verließ das Gasthaus fluchtartig. Weinend und rennend floh sie in die Dunkelheit der Nacht, die sie umarmte wie eine Mutter ihr Kind. Nur, dass die Dunkelheit ihr keinen Trost spendete.

Kapitel 11 - Dämonen

 

Wenn man an Dämonen dachte kamen einem oft gehörnte Biester mit Messerscharfen Klauen und brennend roten Augen in den Sinn, die Wahrheit war etwas anders. Tatsächlich nahmen nur höhere Dämonen die wirklich coolen Formen an. Dämonen wie diese vergnügten sich mit dem Aussehen von Widderköpfigen, irreal aussehenden Kreaturen und den Körpern von riesigen insektenartig aussehenden Gebilden. Wenn ein Dämon menschliche Gestalt annahm konnte man davon ausgehen, dass er mächtig war. Sehr mächtig sogar. Für Dämonen ist es normalerweise schon schwer genug ihre wahre Form im Gefilde der Menschen anzunehmen, aber eine andere Form anzunehmen um sich anzupassen sprach nochmal für eine deutlich höhere Anstrengung. „Zusammen bleiben!“, brüllte Claire um den tosenden Sturm, der sich innerhalb von Sekunden über ihnen zusammen gebraut hatte. Prasselnder Regen durchnässte sie und Blitze schlugen unberechenbar um sie herum ein und trafen Wahlweise einen Baum, den Boden oder einen brüllenden Dämonen, der sich grade mal größer machte, als es gut für ihn war. Claire stieß einen lauten Fluch aus und hackte noch eines dieser Bestien in zwei blutige Hälften. Noch hielten sich die Söldner um sie herum gut, doch wie lange würde das wohl noch so sein, immerhin waren diese Drecksviecher in der klaren Überzahl. Geschickt duckte sie sich unter einer fliegenden Dämonenklaue hinweg, schoss dann in die Höhe um der, über sie hinweg hechtenden Kreatur das Schwert in den Bauch zu Stoßen und ihr präzise den Körper bis zu den Hinterläufen aufzuschlitzen. Blut und stinkende Innereien ergossen sich über sie, doch in diesem Moment war das egal, sie musste sich konzentrieren. Die Schwertgriffe, vom Blut der Dämonen um sie herum glitschig geworden packte sie immer fester, während sie wie ein tödlicher Wirbelsturm aus Klingen über das Schlachtfeld wirbelte. Sie hackte Gliedmaßen von den Körpern der Dämonen, schlitzte deren unnatürlichen Leiber auf und durchbohrte das Exoskelett mancher dieser Gebilde mit einem gezielten Stoß, während ihre Klingen wie von einem grotesken Tanz zur Symphonie von Sturm, Donner und Schreien, durch die Reihen der feindlichen Kreaturen schwangen. Zu ihren Füßen sammelte sich das Blut der Kreaturen, deren Strom einfach nicht abnehmen wollte. Zu ihrer Linken sah sie Gab zu Boden gehen und konnte genau erkennen wie eines der Biester ihm die Kehle heraus riss und damit beginnen wollte ihm mit den Klauen den Bauch aufzureißen. Der Kerl war ein Arschloch, aber Leichenfledderei hatte er nicht verdient. Sie trat eines der Biester, das auf sie zusprang in die Richtung des, auf Gabs Brustkorb sitzenden Dämonen, der von dem anderen Dämon getroffen durch die matschige Erde polterte. „Tor!“, brüllte sie in einem plötzlichen Anfall schlechten Humors und schlitzte den nächsten Dämonen mit einer geschickten Körperdrehung mit der Klinge ihres rechten Schwertes auf. Ein Schrei links von ihr, einer der neuen Söldner hatte sich von einem der Insektenartigen Kreaturen überraschen lassen und war zu Boden gestürzt, während die Kreatur, welche das Aussehen eines fetten Moskitos mit dem einer Gottesanbeterin vermischte auf ihm hockte und langsam die Sichelartigen Klingen ihrer Arme hob um sie in den Leib des wehrlos am Boden zappelnden Söldners zu schlagen. Claires innere Welt starb mit jedem Dämon den sie tötete ein wenig mehr, sie trat einen Dämon, der das Antlitz einer zu groß geratenen Made hatte zur Seite und stieß ihr beide Schwerter in den grotesk zuckenden Leib, aus dem grünes, stinkendes Sekret spritzte. Mit starrem Blick und sicherem Griff packte sie den Körper der zu groß geraten Mischung aus Moskito und Gottesanbeterin, zog sie mit einer gradlinigen, routiniert wirkenden Bewegung vom Körper des jungen Söldners und schleuderte den überrascht zappelnden Körper der Kreatur auf den von der Kälte verhärteten Erdboden, ihr Schmetterschlag hatte offensichtlich mehr Kraft hinter sich gehabt als Claire es erwartet hatte, knackend brach ein Teil des Exoskeletts der Bestie. Die Kreatur kreischte laut, bis zu dem denkwürdigen Moment als Claire der Kreatur, den schweren Absatz ihres Kampfstiefels ins Gesicht trat und der Schädel krachend und in einer Fontäne aus grünem Glibber nachgab. Teilnahmslos zog Claire beide Schwerter aus dem, noch immer zuckenden Körpers der Riesenmade und setzte einen weiteren Schnitt, der die Kreatur längs aufschnitt. Geschmeidig wie eine Tänzerin bahnte sie sich ihren Weg über das Schlachtfeld, aus Blut und abgetrennten Dämonenextremitäten. Ein riesiger Blutschwall spritzte ihr ins Gesicht als Bark eines der Biester mit seinem Breitschwert in zwei gleichgroße Teile schlug. Ihr tänzelnder Schritt bewegte sich auf den nicht abebbenden Strom der Angreifer zu und erneut begann der todbringende Tanz des Klingensturms, der Claire selbst war. Sie war der verlängerte Arm des Todes, wenigstens in diesem Moment in dem sie ihre Schwerter schwang wie Gevatter Tod seine Sense um einen Dämon nach dem anderen zurück in die Hölle zu schicken. Und wofür? Der Strom der Angreifer nahm nicht ab. Immer weiter krabbelten und sprangen die Biester auf Claire zu, schnappten nach ihr und versuchten sie mit ihren Klauen zu verletzen. Wut sammelte sich in ihrem Inneren. Ihr Vater hatte sie zu einer Waffe erzogen, dann würde sie auch kämpfen wie eine Waffe. Sie würde solange töten bis sie brach. Sie war eine Klinge, sie war die Klinge, die Klinge, die Gevatter Tods Sense schmückte. Sie wehrte eine der heranrasenden Kreaturen mit dem linken Schwert ab, wobei es ihr durch das viele Blut am Griff glitschig geworden, aus der Hand rutschte und einen Schritt hinter ihr im Boden stecken blieb. Zeitgleich hörte Bark vor Schmerz brüllen und das war der Moment in dem sie auf dem Kadaver einer der Kreaturen ausrutschte und nach hinten in das Blutbad fiel. Ihre linke Hand, mit der sie sich abstützte glühte vor Schmerz. Wahrscheinlich hatte sie sich an einer scharfen Kante einer Klaue die Haut aufgeschnitten. Ihre Hand lag im Blut, das den Boden unter ihr in ein Meer aus heißem, stinkendem Rot verwandelte, sie sah wie drei Dämonen zeitgleich auf sie zustürzten. Unmöglich sie alle aufzuhalten. Ein Kribbeln breitete sich in ihrem Arm aus,  sie spürte etwas, sie spürte magische Energie, die sich in ihrem Körper anfüllte. Es war so als würde ihr Blut eine Verbindung mit dem Blut auf dem Boden herstellen. Zuviel Energie. Woher kam diese Kraft, die in ihr brannte, sie spürte, wie ihr kalter Schweiß auf der Stirn ausbrach. Das Blut unter ihr schien vor Macht zu brodeln, magische Energie, die allmählich schwand, doch war sie da. Da und ungenutzt. Eine ungenutzte Quelle der Magie und sie spürte wie diese Macht allmählich in sie strömte, wie auch immer das geschah. Doch es war zu Viel. Die Magie pulsierte um sie herum und in ihr, schien ihren Schädel von innen sprengen zu wollen. Sie biss die Zähne aufeinander und als die drei Kreaturen bereit sich eine Scheibe blutiges Claire Steak von ihr abzuschneiden, auf sie zu sprangen passierte es. Der Schmerz und das Pochen in ihrem Kopf übernahmen die Überhand. Sie spie ein Wort, ihr Verstand war nicht dazu in der Lage es zu erfassen oder zu zuordnen. Das Gefüge der Magie erzitterte und eine Flutwelle vom Ausmaß eines Tsunami stieß mit ihr als Zentrum nach außen. Die Kreaturen, die eben noch versessen darauf schienen ein Stückchen Claire zu probieren schwebten wie erstarrt in der Luft, sie schwebten, vollkommen in der Bewegung erstarrt da. Der Schmerz in ihrem Kopf war gewichen und auch wenn sie nicht wusste, was genau sie getan hatte um diese Wirkung zu erzielen ließ sie die Zeit nicht einfach verstreichen. Langsam richtete sie sich auf, die Glieder und Wunden, die eben noch gebrannt und geschmerzt hatten fühlten sich taub an, aber bereit weiter ihrem todbringenden Handwerk nachzugehen. Ihre linke Hand griff nach dem Schwert, was ihr vor kurzer Zeit aus der Hand gerutscht war, dann holte sie tief Luft und stieß einen Kriegsschrei aus, der die Welt um sie herum zum Erzittern brachte. Sie konnte spüren, wie die Magie wie in einem unsichtbaren Vakuum gefangen um sie herum pulsierte. Sie hatte diese Blase erschaffen und sie würde sie auch zum Platzen bringen, aber bevor sie platzte würde sie so viele von diesen Biestern in die Hölle zurück schicken wie es ihr möglich war. Mit entschlossenen Blick zerteilte die erste Klinge die beiden links auf sie zugesprungene Bestie, während sie in einer formvollendeten Pirouette herum schwang und den dritten Dämon mit einem harten Tritt auf den Boden der Tatsachen zurück zwang, als ihr Stiefel den Körper der Bestie unter sich zermalmte begann die Welt um sie herum allmählich wieder damit sich zu regen. Sie nutzte jede Sekunde, rannte auf die Meute zu und tanzte wie der Pirouetten drehende Tod aus Klingen durch die Leiber der Dämonen, sie war eins mit der Magie um sie herum und eins mit dem Sturm, von dessen lauten Donnergrollen ihr die Ohren klingelten. Das war die Symphonie der Schlacht und so ungern sie es zugab, das war die Musik, die sie zum Tanzen brachte. Und sie würde tanzen, wenn es sein musste würde sie die ganze Nacht tanzen. Der Sturm über ihr sandte Blitze zur Erde, Dämonen zerplatzten unter den Elektrischen Schlägen, das laute Poltern der Blitze, zusammen mit dem platzenden Geräusch von Fleisch raubte ihr beinahe den Verstand, sie biss die Zähne zusammen und zerhackte einen Dämon nach dem Anderen. Sie würde leben, sie war eine Waffe, sie war Blutschwinge.

 

Arel spürte die Welle der Magie, die aus dem Treiben der Dämonen hinter ihm ihren Ursprung hatte. Die Klinge seiner Schwerter verfehlten den Schwarzmagier nur um Haaresbreite. Dieser verdammte Magier war schnell. Der Dunkelkünstler sprang schnell ein paar Schritte zurück, doch grade, als Arel nachsetzen wollte hob dieser Typ erneut das Amulett und brüllte eine Beschwörungsformel. Nein verdammt, so nicht. So schnell er konnte rannte er auf den Gegner zu, rings um ihn herum zerplatzten die Leiber unzähliger Dämonen und schwarzer Rauch sammelte sich vor dem Schwarzmagier. Irgendwas sagte Arel, dass er nicht unbedingt in die schwarze Wolke hinein laufen wollte. Doch ehe er darüber nachdenken konnte seinen Lauf zu bremsen nahm der dicke schwarze Qualm eine Form und eine feste Gestalt an. Vor ihm stand ein nahezu menschlich aussehender Dämon. Ein athletischer Männer Körper mit sehnigen Muskeln, an der rechten Brust schnappte ein Maul mit Zähnen nach ihm, die Augen der Kreatur schienen zugenäht worden zu sein und der Mund war zu einem euphorischen Grinsen verzerrt. Die Haut der Kreatur wirkte alt und ledrig, in seinen Händen lag ein Doppelschwert aus rotem, gezacktem Stahl, der unheilverheißend glühte. Die Kreatur wandte ihren Blick Arel zu und brüllte. Na Klasse, der Schwarzmagier hatte niedere Dämonen geopfert um aus ihrer Kraft und ihrer Energie die nächst höhere Form zu erhalten. Der Kopf der Kreatur vor ihr gab klickende Laute von sich, während sie den Kopf erwartungsvoll zur Seite legte. Das Doppelschwert in seinen Händen wirbelte herum. Der Sturm war es, der Arel wieder in die Realität holte. Dicht neben ihn schlug ein Blitz ein. Seine Ohren klingelten und er biss die Zähne zusammen. Erneut brüllte die Kreatur, deren Haut gespannt war und so aussah, als bestünde sie aus Brandwunden. Das Grinsen der Kreatur wurde breiter, während die Kreatur auf ihn zu rannte. Arel blockte die schnellen, aufeinanderfolgenden Schwertangriffe so gut er es vermochte. Dieses Vieh war wahnsinnig schnell. Gut, wenn dieses Vieh schnell war, musste er eben schneller sein. Der Puls seiner Magie stieß durch seinen Körper. Er spürte, dass er es früher oder später bereuen würde, aber sein Körper begann sich mit der Energie des Sturms anzureichern. Blasse Blitze rasten über seinen Körper und die Klingen in seinen Händen. Er konnte spüren, wie er sich plötzlich schneller bewegte und zum Angriff überging. Seine Angriffe prasselten blitzschnell auf den Gegner ein, der es trotz allem irgendwie schaffte die Klingenhiebe abzuwehren.  Das aufeinander Klirren der Klingen belebte ihn, brachte ihn zum Lächeln, während die Angriffe immer weiter auf seinen Gegner hinab prasselten. Er konnte spüren, wie sein Körper, gelenkt von der elementaren Magie, die durch ihn hindurch floss immer weitere Schläge auf den Gegner setzte, es schien kinderleicht den Angriffen seines Gegenübers tänzelnd auszuweichen. Ein schneller von Arel geführter Doppelhieb von Arel brach die Verteidigung des Gegners. Die bläulich silbern glänzende Klinge von brennender Himmel glitt von der Klinge des Doppelschwertes, mit einem geschickten Schritt lenkte er die Bahn des abrutschenden Schwertes um, sodass die rasiermesserscharfe Klinge über den Arm ihres Gegners schnitt. Der Dämon brüllte schmerzerfüllt, doch Arel stieß ihm den Schwertknauf von Sturmrufer ins grinsende Gesicht. Der Dämon ließ das Doppelschwert sinken und taumelte Arel nutzte diesen kurzen Augenblick um sich um ihn herum zu drehen und ihm mit einem X-Förmigen Hieb den Kopf von den Schultern zu trennen. Der Körper des Dämons begann zu brennen, während Arels Körper noch immer von der elementaren Energie der Elektrizität durchströmt wurde. Sein Blick fand den Schwarzmagier, der sich gedankenverloren und mit schmerzerfüllter Fratze die Hand an den rechten Unterarm presste. Arel wusste genau was passiert war. Die Schwarzmagie hatte damit begonnen ihn zu verändern. Jeder Anwender schwarzer Magie wurde früher oder später von ihr gezeichnet. Viele der Relikte wurden in diesem Moment unbrauchbar, weil sie ihre Energie und ihre Magie auf den Wirt übertrugen, doch im Gegensatz zu einem Amulett wuchs die schwarzmagische Energie in einem menschlichen Körper, je nachdem wie einfach der Wirt zu beeinflussen war.  Offensichtlich hatte der Kampf in seinem Inneren einen Sieger davon getragen, denn nun schaute Arel ein kalt berechnend drein blickender Gegner entgegen, der ganz langsam die Hand vom Arm nahm auf dem sich ein schwarzes, pulsierendes Mal zeigte. Wortlos ließ der Schwarzmagier die Kette mit dem nun aufgeklarten bläulichen Obelisken in den Dreck fallen. Die Metamorphose war abgeschlossen, die schwarze Magie, die im Amulett geschlummert hatte war auf seinen Wirt übergegangen. Arel umfasste seine Schwerter fester. Der Schwarzmagier würde nun deutlich stärker sein als zuvor und ehrlich gesagt, wollte Arel nicht wirklich herausfinden, wie stark er war. Der Magier stieß ein lautes, von Wahnsinn verzerrtes Gelächter aus. Der Magier murmelte ein paar Worte, mit denen Arel nichts anfangen konnte und in seiner Hand materialisierte sich ein, aus rotem Stahl geschmiedeter Speer, mit dem der Teufelsdiener zum Angriff überging. Die Geschwindigkeit des Magiers war unheimlich hoch, trotz der gebrechlichen Gestalt des Mannes. Unheilvolles Gelächter drang aus seiner Kehle, während er Arel mit Angriffen eindeckte. Auf seinem Unterarm wandte sich ein Mal, schwarz wie Tinte, was ein bizarres Eigenleben zu führen schien. Immer wieder pulsierte es deutlich sichtbar und schien von Augenblick zu Augenblick allmählich anzuwachsen, während schmale Tentakeln sich allmählich seinen Arm hinauf wandten. Arel hatte zwar keinen Kursus belegt, der schwarzmagische Metamorphose behandelte, jedoch war er sich sicher, dass ein Veelum nicht so schnell anwachsen durfte. Veelum war das Wort mit denen sein ehemaliger Lehrmeister die Hexermale bezeichnet hatte. Allmählich wurde es wirklich kritisch, niemals hätte er gedacht, dass dieser Typ ihn derartig mit Angriffen einzudecken vermochte. Das Mal wuchs im Sekundentakt, umwickelte mittlerweile seinen Oberarm bis hin zu seiner Schulter. Die Schwarzmagie musste den letzten Wiederstand seines Geistes gebrochen haben. Das war die einzige Möglichkeit, wie ein Veelum derartig schnell wachsen konnte. Was wohl geschah, wenn das Mal seinen ganzen Körper in Besitz nahm? Ein zuverlässiges Gefühl sagte ihm, dass er das nicht wirklich wissen wollte. Geistesgegenwärtig wich Arel einem weiteren Speervorstoß aus und entdeckte eine Lücke in der Verteidigung seines Gegners. So schnell er konnte wandte er sich mit einer schnellen Drehung ums seinen Gegner herum und vollführte einen schnellen Angriff in seinem Rücken. Die Klinge prallte ab, abgeblockt von einer tiefschwarzen Klaue, die ihren Ursprung im Veelum des Magiers zu haben schien. Unmöglich. Die Klaue schlug nach Arel, der vor ihr zurück wich und schützend beide Schwerter hob. Die Blitzmagie pulsierte durch seinen Körper und lange würde er die damit einhergehende Erschöpfung nicht mehr verkraften. Er musste sich etwas einfallen lassen. Weg laufen war keine Option, nicht während Claire von Dämonen eingedeckt wurde. Er sog tief den Atem ein und ließ zu, dass die Blitzmagie seinen gesamten Körper durchströmte. Er spürte den scharfen Schmerz, der ihn erfasste, doch in diesem Moment durfte er nicht zaudern. Selbst wenn er dabei drauf ging. Er würde nicht zulassen, dass Claire verletzt wurde. Immer davon ausgehend, dass sie nicht bereits verletzt oder gar tot war. Arel stieß einen Schrei aus und rannte auf seinen Gegner zu, während die Blitzmagie bereits Spuren ihrer Schädlichkeit auf seinem Gesicht hinterließ, zahlreiche schwache Brandwunden zierten seinen Körper, hauptsächlich sichtbar in seinem Gesicht.  Als der Speerstreich seines Gegners ihm entgegen schoss, begleitet von der gewaltigen schwarzen Klaue, die ihn versuchte mittels einer wischenden Geste mit dem Handrücken, der berüchtigten Zuhälterschelle von der entgegengesetzten Seite einfach so ins Reich der Toten zu befördern, ließ er einfach los und tat das was ihn ohne Weiteres töten konnte, doch in diesem Moment hatte er einfach keine Wahl. Er spürte kaum, wie er sich in Funken auflöste, er spürte lediglich, wie er mit einem Mal hinter seinem Gegner wieder körperliche Gestalt annahm. Hätte er sich nicht darauf vorbereitet das zu tun, würde er spätestens jetzt orientierungslos da stehen und nicht verstehen was geschehen war, so wie es gewesen war, als er diese Gabe zum ersten Mal an sich entdeckt hatte. Mit der Macht der Blitzmagie war es ihm möglich seinen Körper für kurze Zeit in elektrische Wellen aufzulösen und sich während dieser Zeit mit der Geschwindigkeit eines Blitzes von A nach B zu bewegen, allerdings sollten Punkt A und B nicht weiter als einen Meter auseinander stehen. Es bestand nicht nur die Gefahr, dass er seinen Körper in Form des tosenden Funkensturms nicht wieder bilden konnte, sondern auch die Möglichkeit, dass er sich komplett in diesem Funkensturm verlor. Arel stieß einen schmerzerfüllten Schrei aus und rammte dem Schwarzmagier mit letzter, ihm zur Verfügung stehenden Energie beide Klingen in den Rücken. Die Blitzmagie stoppte Augenblicklich in seinem Körper zu fließen und ließ ihn Energie- und Kraftlos zurück, doch seine letzten Reserven nutzte er um beide, im Rücken des Gegners steckende Klingen mit einem Ruck umzudrehen und seinen Körper aufwärts bis zum Schlüsselbein aufzuschlitzen. Blut spritzte ihm als warme, klebrige und rote Fontäne entgegen, während das Herz des Schwarzmagiers allmählich seinen Dienst einstellte. Die Klaue aus materialisierter Dunkelheit, die aus seinem Veelum gewachsen war löste sich auf, als Arel beide Klingen aus dem Rücken seines Gegners zog und kraftlos auf die Knie sank. Sein ganzer Körper schmerzte. Nicht nur äußerlich, die Brandwunden waren tatsächlich das geringste Problem bei der Handhabung von Blitzmagie, viel schlimmer waren die innerlichen Schmerzen, welche die Anwendung in dieser Größenordnung hervorriefen. Der von ihm selbst getaufte Funkensprung, wie er die kurzzeitige Auflösung seines Körpers in Elektrizität nannte war zu viel gewesen. Das würde er so schnell nicht nochmal probieren, aber die Hauptsache war, dass er lebte und der Schwarzmagier tot war. Das andere Problem war, dass er Claire nun nicht mehr beistehen würde. Sein Blick wandte sich dorthin, wo seine Gruppe in einer Schaar aus Dämonen verschwunden war und stutzte. Wo er eine weiterhin wuselnde und Schreiende Masse an Dämonen erwartet hatte, die grade seine Freunde in Stücke rissen, stand Claire, die grade mit einem geübten Schwerthieb den letzten Dämon in zwei Hälften hackte. Sie war über und über mit Blut und Innereien der Dämonen bedeckt und roch wahrscheinlich auch dementsprechend, was er ihr allerdings nicht vorwerfen würde. Er war froh, dass sie überlebt hatte. Langsam ließ er die beiden Schwerter wieder in die Scheiden auf seinem Rücken gleiten, der Sturm, der für säubernden Regen gesorgt hatte flaute sofort ab. Drei der Söldner saßen auf ihren Hintern und starrten Claire an, die langsam, als sei nichts gewesen ihre Schwerter zurück in die Rückenhalterung gleiten ließ. Ob diese magische Explosion wohl von ihr ausgegangen war? Wenn ja, war er wirklich froh darüber, dass sie ihre magischen Fähigkeiten nicht im Kampf gegen ihn entfesselt hatte. ‚Gibs zu, sie hat noch nie so gut ausgesehen wie jetzt.‘, erklang die Stimme des Anderen in seinem Kopf, während er rot anlief. Er hatte zwar Recht, aber dennoch fühlte er sich ertappt. Moment mal… Wo war er während des Kampfes gewesen? War er weg gewesen? Nein. Er hatte ihn gespürt, seinen Mut und seine Art zu kämpfen hatte sich unter die Seine gemischt. Jedoch sah es ihm nicht ähnlich, während eines Kampfes erstens nicht die Kontrolle zu übernehmen und zweitens die Klappe zu halten. ‚Ja…, wenn ich nicht so verdammt fertig wäre, würde ich jetzt anfangen zu schmachten.‘, scherzte er leicht und verzog das Gesicht, als er versuchte sich wieder richtig aufzusetzen. Stattdessen fiel er mit den Hintern voran in den Schlamm. Zwei der Söldner hatten im Kampf gegen die Flut aus niederen Dämonen ihr Leben gelassen. Und Claire sah aus, als hätte sie die Meute im Alleingang in ihre Einzelteile zerlegt. Mit langsamen, etwas kraftlos anmutenden Schritten taumelte Claire auf Arel zu, der so gut er konnte grüßend die rechte Hand hob. Sie ließ sich anmutig wie ein Sack Reis neben ihr in den Schlamm fallen. „Verdammte Scheiße…“, seufzte sie atemlos und starrte geradeaus. „Was du nicht sagst…“, entgegnete Arel kurz und mindestens ebenso Atemlos. Sein Blick wanderte wieder zu den Söldnern, die noch immer in ihrer Schockstarre gefangen zu sein schienen.  Wie man es auch drehen und wenden mochte, aber wären Claire und Arel nicht dabei gewesen, wären die Söldner restlos getötet worden. „Ich hab Bock auf Sex…“, seufzte Claire und Arel zog eine Augenbraue in die Höhe, war das jetzt ihr Ernst? „Ach wirklich?“, gab er trocken zurück und sie lachte leicht. „Ja verdammt… Ich will im Moment nichts anderes tun, als diese ganze Scheiße hier vergessen.“, erklärte sie düster lächelnd. „Dann schlage ich ein Bad oder eine Dusche vor.“, erklärte Arel ebenfalls lächelnd. „Genau das hatte ich vor. Allerdings nicht alleine.“, sie zwinkerte ihm verführerisch zu. Na Klasse, schon wieder ihre Masche, diesmal würde er nicht rot werden, sie meinte es ohnehin nicht ernst. „Ich wette Bark hätte nichts dagegen, ein paar seiner jüngeren Kollegen sicherlich auch nicht.“, erklärte Arel herausfordernd und lächelte sie freundlich an. „An die habe ich nicht gedacht.“, entgegnete sie und ihr Blick fand den toten Schwarzmagier. „Wow, nicht schlecht, du hast einen Schwarzmagier getötet, der die Macht seines Reliktes komplett in sich aufgenommen hat und innerhalb kurzer Zeit ein Veelum dieser Größe entwickelt hat… Normalerweise dauert es Wochen, sogar Monate bis das Veelum eine solche Größe erreicht hat.“, seufzte sie beeindruckt und schien von ihrem vorherigen Thema abgekommen zu sein. Gut. Arel zuckte mit den Schultern. Das Veelum des toten Schwarzmagiers begann allmählich zu verblassen, während schwarze Funken von ihm aufstiegen. Das Veelum würde sich in näherer Zeit aufgelöst haben, doch um ganz sicher zu gehen sollten sie die Leiche des Dunkelkünstlers verbrennen. „Also? Was ist nun?“, fragte Claire und Arel zuckte kurz zusammen, hatte er etwas verpasst, als er in Gedanken versunken war? „Was?“, fragte er kurz angebunden nach. „Hast du Lust mit mir zu baden?“, fragte sie und er konnte es nicht fassen, wie lange würde es wohl dauern, bis sie aufhörte derlei Späßchen mit ihm zu treiben. In Gedanken stieß er den anderen Arel an, der müde grummelte, doch als er fragte was los war schien ihn etwas zu verlassen. Was war mit ihm los? ‚Was willst du?‘, fragte der andere Arel. Okay hier stimmte ganz eindeutig etwas ganz und gar nicht. Der andere Arel würde solche Fragen wie: „Willst du mit mir baden.“, vor allem wenn sie von einer Frau wie Claire kamen niemals verschlafen. Egal, wahrscheinlich brauchten sie nach der heutigen Anwendung von Magie einfach nur Erholung. ‚Du bist dran.‘, erklärte Arel und überließ dem Anderen das Ruder. Arel gähnte müde und straffte die Schultern, seine Gesichtszüge verhärteten sich. „Kein Spruch?“, fragte Claire besorgt nach. „Tut mir leid, ich bin grade nicht ganz da. Was hattest du gesagt?“, erklärte Arel mit müder Stimme. „Ich habe gefragt ob du/ihr mit mir baden wollt und danach vielleicht Lust auf eine private Turnstunde habt.“, erklärte sie vollkommen ernst. Mit einem Mal war Arel hellwach. „Das ist ein Test.“, behauptete Arel mit hochgezogener Augenbraue, während er jeden Muskel in Claires Gesicht auf Regungen zu untersuchen schien. „Nein, diesmal meine ich es vollkommen ernst.“, gab sie zur Antwort und zwinkerte ihm erneut zu. Zugegebenermaßen hätte diese Geste jetzt, wo das Blut von niederen Dämonen auf ihrer Haut und in ihren Haaren klebte seine Wirkung wahrscheinlich hätte verfehlen müssen, doch für diesen kurzen Augenblick, in dem sie ihn anlächelte und diese Worte sprach hätte sie für ihn nicht schöner sein können. „Ich stehe zur Verfügung.“, erklärte sich Arel heldenmutig bereit. Claire schmunzelte leicht. „Und was ist mit dem anderen?“, fragte Claire ruhig und legte einen zuckersüßen Ton in ihre Stimme.  „Der andere ist doch egal, wir können auch alleine Spaß haben.“, behauptete Arel grinsend und versuchte Claire davon abzulenken, dass seine andere Hälfte alles mithörte. „Nein… Wenn, dann will ich euch beide. Immerhin bin ich ein böses Mädchen.“, grinste sie so verrucht sie konnte, es schien ihr keinerlei Mühe zu bereiten. „So? Bist du das?“, lächelte Arel grinsend. „Ja, also lass mich mit dem anderen sprechen.“, grinste Claire ruhig. Arel räusperte sich und ahmte den Klang der Stimme des Anderen perfekt nach. „Ja Claire, ich will unbedingt.“, erklärte er grinsend, wobei er allerdings vergaß, dass er und der andere Arel sich vor allem in der Haltung voneinander unterschieden. „Netter Versuch.“, grinste Claire ruhig und Arel seufzte, während er den anderen wieder ans Ruder ließ. Arels Blick wurde ruhiger, seine Schultern sanken zusammen und der ruhige und fragende Blick von Arel blieb zurück. „Was hältst du von meinem Vorschlag?“, fragte sie und lächelte ihn freundlich und auch ein wenig lüstern an. Arels Blick blieb unergründlich. „Das wäre keine gute Idee.“, erklärte er und vermied es sie dabei anzusehen. „Wenn es darum geht, dass du glaubst schlecht im Bett zu sein, stelle ich mich gerne für Übungen zur Verfügung.“, grinste sie schelmisch. Was stimmte nur nicht mit ihr..? „Was versprichst du dir davon?“, stellte er eine Frage und schaute Claire noch immer nicht an. „Was glaubst du?“, stellte sie eine Gegenfrage, wobei sie grinste. „Ich weiß es nicht, deshalb frage ich.“, entgegnete er mit stiller, unauffälliger Miene. „Ich verspreche mir einfach guten Sex davon.“, erklärte sie und Arel lächelte schief. Wenigstens war sie ehrlich. „Wir sind Partner, das würde alles nur unnötig kompliziert machen.“, stieß Arel hervor und schaute sie dabei sogar an. „Du hattest noch nicht viele Partner oder?“, fragte sie freundlich und lächelte dabei ruhig. Das Lächeln einer Raubkatze, die  bereit war ihre Beute zu reißen. Jedenfalls soweit Katzen lächeln konnten. „Nein.“, gab er die Antwort und vermied es erneut sie anzusehen. „Dann will ich dir mal was über Partner erzählen. Die meisten Partner betrügen sich früher oder später gegenseitig um selbst mehr Geld einzustreichen…“, begann sie und Arel schaute sie mit einer Mischung aus Unverständnis und  Empörung an. „Ich hatte genug Partner und habe mich immer an die Regeln gehalten und jedes Mal ging es für mich schlecht aus. Ich will keine Partnerschaft… jedenfalls nicht im normalen Sinne. Ich will mit dir befreundet sein und mit dir arbeiten.“, erklärte sie und legte dabei eine Hand an den Hinterkopf, als wäre ihr peinlich, was sie sagte. Arel zog eine Augenbraue hoch. „Glaubst du nicht, dass es schädlich für unsere ‚Freundschaft‘ wäre, wenn wir miteinander schlafen würden?“, stellte er eine Frage und Claire zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht, aber ich habe das Gefühl, dass…“, sie blickte kurz ins Leere und schien nachzudenken, dann schüttelte sie den Kopf. „Weißt du… es gibt da etwas, was ich schon eine ganze Zeit lang tun möchte und ich habe keine Ahnung warum.“, beendete sie ihren Satz und Arel schaute sie etwas irritiert an. „Und das wäre?“, hakte er nach, sie lächelte und beugte sich zu ihm vor, möglicherweise um leiser sprechen zu können, weil es ihr peinlich war. Stattdessen küsste sie ihn. Nicht wie ein schüchternes Mädchen, sondern mit einer Leidenschaft, die Arel wie eine Flut vorkam, die ihn mit sich reißen konnte. Keine gute Idee… ‚Verdammt nochmal! Wenn du sie jetzt nicht flach legst, dann..!‘, protestierte der andere in ihm und er war hin und her gerissen. Er spürte ihre Zunge, wie sie sanft über seine Lippen glitt, wenn er dem nachging was er wollte, dann gab es kein Zurück.  Sollte ihn nicht wenigstens die Tatsache abschrecken, dass sie von oben bis unten in Blut gebadet war? Sie stieß einen genießerischen Seufzer aus und er… Was wollte er? Er wollte sie, mindestens genau so sehr wie der Andere, aber das würde doch nur alles kaputt machen, wenn sie miteinander geschlafen hatten, würden sie sich voneinander entfernen. Das würde unweigerlich passieren, aber würde sie sich nicht auch so in die Arme eines Anderen flüchten, wenn er ihr aus Gewissensbissen nicht geben konnte was sie wollte? Würde er das ertragen? Er wusste es nicht. Verdammt nochmal warum konnte er sich nicht einfach in ein Abenteuer stürzen, so wie alle anderen Menschen auch. Arel schloss die Augen und ließ sich fallen, das Blut an ihr störte ihn nicht und warum sollte er nicht einmal nachgeben? Er öffnete den Mund und spürte ihre Zunge, die sanft über seine glitt, der schwache Geschmack von Metall, der nahezu sofort verschwand störte ihn nicht, denn ihr eigener Geschmack war zu berauschend um wirklich über etwas anderes nachdenken zu können. Als ihre Lippen sich trennten lächelte sie. „Küssen kannst du…“, seufzte sie mit einem genießerischen Unterton. „Hältst du es noch immer für eine so schlechte Idee?“, fragte sie und lächelte ihn verführerisch an. Er schwieg. „Wir werden nach dieser Geschichte nicht aneinander gebunden sein, wir werden uns gegenüber zu nichts verpflichtet sein, wenn du weiter ziehen musst, kannst du das tun. Aber ich will wenigstens etwas, was mich an den besten Partner, den ich je hatte erinnert.“, lächelte sie und Arel schluckte. Verdammt nochmal. Diesmal war er es, der sie küsste, willig und ungestüm nahm sie seine Zunge in sich auf, hieß sie willkommen und schmiegte sich verführerisch an ihn. Als sie sich erneut voneinander trennten stand sie auf und reichte ihm eine Hand, die Söldner schienen wohl weiterhin Abstand zu halten. Bark lächelte Claire entgegen. Ein wohlwollendes Lächeln, was so viel sagte wie: „Ich gönne es dir.“ Das war etwas was Arel nicht erwartet hätte. „Na los, lass uns ein Hotel suchen, ich glaube wir haben heute Nacht noch viel vor.“, lächelte sie ihm entgegen. Die letzte Chance um nein zu sagen. Die letzte Chance sich seiner Angst zu ergeben. Die letzte Chance der schüchterne Junge zu sein. Er ergriff ihre Hand und schritt dem Abenteuer entgegen. Das erste Mal in seinem Leben, tat er was er wollte und dieses Mal, gab es keinen Menschen, der sie ihm wegnehmen konnte bevor sie sich ihrer wahren Gefühle füreinander bewusst wären. Da war niemand, der sie tötete, bevor er sich seiner Gefühle bewusst werden konnte und niemand, der ihn zwang selbiges zu tun. Da waren nur er und sie. Es wurde Zeit, dass Arel erwachsen wurde und sich seinen verdammten Ängsten stellte. Er und der Andere waren eins. Er konnte nicht ohne den Anderen und der Andere nicht ohne ihn. „Lass uns gehen, ich kann es nicht erwarten, dir das Blut abzuwaschen.“, lächelte er und sie schenkte ihm ein wundervolles, liebevolles und sogar ein wenig schüchternes Lächeln. „Also? Wollen wir gehen?“, fragte sie mit lüsternem Blick. Neben ihnen bewegte sich etwas, Arel sah es nur aus dem Augenwinkel, aber er erkannte es, als das, was es war. Eine Bedrohung. Mist verdammt. Er hatte kaum noch Energie. Seine Hand glitt pfeilschnell an Sturmrufers Griff und er zog die schwarze Klinge aus der Scheide. Nahezu sofort erfasste sie ein scharfer, kühler Wind und als Arel sich umdrehte erblickte er, wie aus dem Veelum des toten Schwarzmagiers ein schwarzer Totenkopf spross, der sich unter der schwarzen Oberfläche der Haut regte und die Kiefer auseinander klappte zwei skelettierte Arme drängten sich gegen die Haut des Veelums und drohten die schwarze Membran zu zerreißen. „Wir werden das noch etwas verschieben müssen fürchte ich.“, erklärte er keuchend von der Anstrengung des vergangenen Kampfes. Das groteske Schauspiel schlug Arel in seinen Bann. Magie folgte keinerlei Logik, was es für die Menschen, die ihr Leben vor der Rückkehr so schwierig gemacht hatte zu verstehen, was es mit ihr auf sich hatte. Technik war logisch und sie hatte die Welt vor der Rückkehr beherrscht, jetzt jedoch hatte die Magie erneut die Oberhand gewonnen und verdrängte die Technik wieder von ihrem Podest der Herrschaft. Hörner sprossen seitlich aus dem Totenschädel und die Haut des Veelums zerriss, als sich die starren Skelettfinger von innen dagegen drückten. Vor ihnen stieg eine riesige, schwarze Skelettgestalt mit riesigen Schwingen aus dem Veelum des toten Schwarzmagiers. „Verdammt nochmal, ich hasse Schwarzmagie, die gibt nicht mal dann Ruhe, wenn ihr Wirt tot ist. Die Skelettgestalt brüllte abscheulich und in ihrem Maul wurden spitze Zähne sichtbar. Die Hände der Kreatur veränderten sich von normal anmutenden menschlichen Skeletthänden zu gewaltigen Pranken mit messerscharfen Klauen. Arel biss sich auf die Lippe. Wenn dieses Vieh so stark war, wie sie anmutete hatten sie wirklich ein Problem. Arel spannte sich an, jede Faser seines Körpers riet ihm weg zu laufen, als die Kreatur vor ihnen seine gewaltigen Schwingen ausbreitete und Claire ihre Schwerter zog. Wie sollten sie mit Schwertern gegen etwas kämpfen, was nur aus Knochen bestand? Keine Organe, keine Blutgefäße, nur blanker Knochen. Magie sammelte sich, überraschenderweise nicht bei der gewaltigen, dämonischen Kreatur, die sie um Meter überragte, sondern dicht neben ihm. Claire? Für einen Moment sah es so als würden ihre roten Haare noch roter leuchten, ihr Mund öffnete sich und stieß ein einziges Wort im klaren Befehlston aus. Magie explodierte in einer gewaltigen Welle aus Schmerz und Furcht genau neben ihm und der Knochendämon brüllte erneut, spannte die Schwingen an und stieß sich vom Boden ab. In der Luft schien er sich in Schattenhaften Dunst aufzulösen und Claire ging neben ihm heftig atmend auf die Knie. Was zur Hölle hatte sie da grade getan? Er blickte sie an und der leuchtende Glanz ihrer Haare hatte abgenommen. „Was ist passiert?“, fragte sie mit ruhiger Stimme und Arel blickte ihr irritiert entgegen. „Du hast Magie angewendet und dieses Vieh vertrieben.“, erklärte Arel so gut er konnte, während er um Claire besorgt neben ihr in die Hocke ging. „Ich würde mich ja wirklich gerne mal daran erinnern, wenn ich sowas tue…“, gab sie verächtlich zurück und hob sich zittrig wieder auf die Beine. Wortlos nahm Arel ihren Arm und stützte sie. Sturmrufer ließ er unbenutzt in die Scheide zurück gleiten. „Ich brauche dringend eine Dusche… und Sex… wehe du wehrst dich.“, erklärte Claire ruhig und ein Teil von Arel lachte. Er zog sie zu sich und küsste sie, überrascht von sich und der in ihm aufkeimenden Leidenschaft zusammen mit den Rückständen der Magie, die auf ihren Lippen prickelte zog er sie näher an sich und ließ all seine Leidenschaft in diesem Kuss fließen, während er zum ersten Mal, von sich selbst vollkommen überrumpelt ihre Hüften streichelte. Sie stöhnte wohlig auf unter seiner Berührung. Als sich ihre Lippen trennten schaute sie ihn überrascht an. „Ich mag es, wenn du die Initiative ergreifst. „Das kriege ich noch besser hin.“, keuchte er vor Verlangen ließ seine Hände an ihren Hüften entlang gleiten, griff fest in ihre Pobacken und zog sie dicht an sich heran. ‚Jetzt hast dus begriffen.‘, lachte die Stimme des Anderem in seinem Kopf. Er ignorierte den Kommentar und flüsterte leicht in ihr von Blut verschmiertes Ohr: „Lass uns zurück gehen.“ Claire nickte mit einem Lächeln.

 

Blut färbte, vermischt mit dem klaren Wasser der Dusche den Boden der schneeweißen Duschwanne rosa, während Arel ihrem Rücken mit einem weichen Schwamm bearbeitete. Sie genoss es, die Kruste aus Dämonenblut, die sie angesetzt hatte allmählich wieder los zu werden, doch letztendlich war es der größte Segen, dass er bei ihr war. Geschickt, führte er mit einer Hand den weichen Schwamm, der ihren Rücken abrieb, während er mit der anderen Hand ihre nackte Haut liebkoste. Es war so lange her, dass sie es schon fast vergessen hatte wie schön es war, mit einem Mann zu duschen, der einen begehrte. Seine harte Schwellung drückte gegen ihren Hintern und sie genoss, wie seine Hand langsam ihre Brust fand und zu kneten begann, während sie sich die Haare auswrang, die vor Blut nur so troffen. Als das Wasser, was von ihren Haaren tropfte nicht mehr rosa, sondern klar und transparent war drehte sie sich zu ihm um. Nur zu gern registrierte sie, wie sehr er den Anblick genoss, seine Augen glänzten, als er sie an sich heran zog und küsste, zwei seiner Finger fanden ihre Weiblichkeit und streichelten ihren Venushügel, was ihr ein sanftes Keuchen entlockte, als die Finger ihre Öffnung fanden klammerte sie sich an seinen Schultern fest und stieß ruhig und erregt die Luft aus, seine andere Hand massierte ihre Brust und sie wollte ihn. Verdammt nochmal sie wollte ihn. Eine Hand umklammerte weiterhin seine Schulter, während sie an seinem muskulösen, drahtigen Körper herab tastete und seine Männlichkeit sanft mit ihrem Griff um schmiegte. Ein entspannter Laut entrang sich Arels Kehle, während er den Kopf senkte um näher an ihr Ohr zu kommen. „Schon so verrückt? Dabei fange ich grade erst an.“, stieß er selbstgefällig hervor, sie grinste. Arschloch, sie würden schon noch sehen, wer hier wen verrückt machte. Mit einem schnurrenden laut, ließ sie sich auf die Knie sinken, schaute noch einmal kurz an ihm empor um seinen verdutzten Gesichtsausdruck zu genießen, während sie die Spitze seiner Männlichkeit küsste und sie kurz darauf in dem Mund nahm um sie mit ihrer Zunge zu umkreisen. Ein halblautes, lüstern klingendes Knurren erklang, als sie damit begann. Sie lächelte. Sie würde sowas von gewinnen. Ihre Zunge umspielte seinen Schaft, liebkoste ihn, während sie ihren Kopf hin und zurück wiegte um ihn noch verrückter zu machen. Ihre Hände krallten sich in seinen Hintern, was ihm ein überraschtes aufjauchzen entlockte, was sie freudig hinnahm, vor allem weil sie genau spürte, wie sehr er sich in diesem Moment in ihrem Mund anspannte. Sie ließ keine Zeit verstreichen und liebkoste die Öffnung seiner Männlichkeit mit ihrer Zunge, was ihm ein erneutes williges Stöhnen entlockte. Noch dreimal saugte sie fest an seiner Männlichkeit, ehe sie diese freigab. Mit einem selbstbewussten Grinsen schaute sie an ihm hinauf. „Schon so verrückt? Dabei fange ich grade erst an.“, lächelte sie wohl wissend, dass auch das ihn verrückt machte. Rasch erhob sie sich, ehe er ihr Haar packen konnte um sie zu zwingen weiter zu machen. Er knurrte lustvoll, als er gegen ihre Schulter drückte, sie zwang sich umzudrehen und sie weiter nach vorn stieß, sodass sie sich an den Kacheln der Duschwand abstützen musste. Sie schrie auf, als er grob von hinten in sie hinein glitt. Ein wohliges, angespanntes Gefühl löste sich in ihrem Bauch und entlud sich in einem Feuerwerk. Sie spannte sich an, zuckte und entspannte sich dann allmählich. Sie keuchte. Sie war gekommen? Jetzt schon? Das war unmöglich, hatte sie es wirklich so nötig gehabt? Oder er war einfach wirklich so gut? Das musste etwas damit zu tun haben, dass er sie so wild gemacht hatte, es war sehr lange her, dass sie jemanden wirklich so verrückt hatte machen wollen, dass sie es ihm gestattete sie bereits unter Dusche zu vernaschen, dazu kam die Tatsache, dass es noch deutlich länger her war, dass sie einem Mann oral angeturnt hatte. Seine Männlichkeit glitt mit schnellen harten Stößen immer wieder in sie hinein und sie wünschte sich spontan eine weiche Oberfläche in die sie die Finger graben konnte, vielleicht auch ein Kissen in dass sie beißen konnte. Stattdessen begnügte sie sich damit die Zähne in ihren Handrücken zu graben, was ihr gefälliges und lustvolles Schreien jedoch kaum zu lindern vermochte. Egal. Er sollte ruhig wissen wie gut es sich anfühlte, was er ihr gab, sie blendete aus, dass es wahrscheinlich gerade in diesem Moment das gesamte Gasthaus ein sehr genaues Bild davon bekam. Seine rechte Hand grub sich in ihre Brust, während die Linke auf ihrem Hintern lag und sie davon abhielt sich ihm zu entziehen. Egal wer die letzte Frau in seinem Leben gewesen war, sie hatte ihm wirklich eine Menge beigebracht, würde sie diese Person jemals treffen war wohl ein Danke fällig, aber dieser Moment gehörte nur ihr und Arel. Mit einem wohligen, viel zu lautem Seufzen registrierte sich, dass sie erneut kurz davor war zu kommen, was sie dazu brachte sich ihm noch inniger hinzugeben. Sollte er diese Nacht alles von ihr nehmen, sie würde ihm gehören, wenn auch nur dieses Mal, jedoch spielte sie bereits jetzt mit dem Gedanken diesen Teil in ihrer Partnerbeziehung hin und wieder zu wiederholen. Arels Stöße wurden schneller und ungehemmter, es machte sie verrückt, die Anspannung, die sich in ihr gesammelt hatte entlud sich in einem Knall und sie kam laut und willig jauchzend, während er seine Männlichkeit aus ihr heraus zog, eine warme, dickflüssige Substanz verteilte sich auf ihrem Hintern, die sofort von nadelfeinen Wasserstrahlen davon gespült wurden. Sie hörte Arel hinter sich keuchen und sie wusste genau, dass es für ihn genauso gut gewesen war. Sie drehte sich zu ihm um und küsste ihn willig.

 

Zärtlich fuhr sie mit den Fingern über seinen Rücken und die darauf liegenden Narben. Nicht, dass sie davon überrascht war. Ein Leben als Jäger brachte unweigerlich Narben mit sich, was sie verwunderte  waren nicht die Narben, die Klauen gerissen hatten, sondern die silbrig glänzenden, gebogenen Narben, die ihm bereits zugefügt worden mussten, als er viel jünger gewesen waren. „Zähne…“, sie führ über eine wulstige Narbe an seiner linken Schulter. „Klauen…“, ihre Finger glitten über drei tiefe Narben an seinem Rücken. „…Aber was ist das hier?“, fragte sie, als ihr Finger über eine der silbrigen Narben glitt. „Peitschenhiebe…“, gab Arel zurück, der genau so nackt, wie sie es war vor ihr auf dem Bett lag. Überall an sich konnte sie seine Wärme spüren, was in ihr ein Gefühl von Glück auslöste. In diesem Moment war sie wirklich froh, dass das Bett so groß war. Es war schön, viel Geld zu verdienen. „Von Schweinereien?“, fragte sie lüstern und mit zeitgleich schelmischem Unterton in der Stimme. „Nein… Von meinem Ausbilder…“, entgegnete er und sie küsste seinen Rücken. „Weißt du… Wir haben noch etwas Zeit, was hältst du davon deinen Rücken um noch ein paar Kratzer von Fingernägeln zu erweitern?“, fragte sie mit lüsterner Stimme und er lachte. „Das klingt verlockend…“, seufzte er und sie rollte sich von ihm herunter um sich neben ihn zu legen und die Beine für ihn breit zu machen. „Dann komm her mein großer Jäger.“, lächelte sie und stöhnte auf, als er erneut, diesmal sanft in sie hinein glitt. Es war nicht schwer zu erraten, welcher der beiden diesmal am Ruder war. Es fühlte sich wahnsinnig gut ist, aber das würde sie nicht sagen. Er würde es spüren. Als seine Männlichkeit in zärtlichen und sanften Rhythmus immer wieder in sie stieß, seufzte sie genüsslich und schlang ihre Beine um seine Hüfte, was ihn dazu zwang näher zu ihr aufzustoßen und somit tiefer in sie zu stoßen. Sie stieß ein glückliches, schrilles keuchen aus, als sie seine volle Länge in sich spürte und schlang die Arme um ihn, während sie ihn küsste. Er küsste sie und es fühlte sich vollkommen an, es war lange her gewesen, dass sie sich das letzte Mal so gut gefühlt hatte, von den letzten beiden Stunden einmal abgesehen. Als sich ihre Lippen trennten schlich sich ein Lächeln auf seine Lippen, was sie keck erwiderte. „Wie fühlst du dich?“, fragte er mit sanfter Stimme. Sie lächelte. „Sehr gut.“, flüsterte sie und er erhöhte die Geschwindigkeit seiner Stöße. „Und jetzt?“, seufzte er genüsslich, während sich ein leichtes Lachen in ihr Stöhnen mischte. „Noch viel besser!“, schnurrte sie willig, während sie jeden seiner Stöße genoss und in sich willkommen hieß. Erneut spürte sie, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis er sie zum nächsten Höhepunkt treiben würde. Sie vergaß die Welt um sie herum, ihr Stöhnen wurde lauter, leidenschaftlicher und steckte voller Genuss. Sie genoss jeden Faser seines Körpers und zog ihn zu sich herab, spürte seine Haut auf ihrer und stöhnte laut auf, als seine Stöße erneut schneller und diesmal auch kräftiger wurden. Lautes klatschen erklang, als ihr verschwitztes fest aufeinander schlug und sie dem Feuerwerk noch näher brachte. Vor Genuss laut schreiend zog sie sich näher an ihn heran, wölbte ihm ihre Hüfen entgegen und verfiel dann in dieses wundervolle Zucken, während sie den Höhepunkt genoss, der sich in ihr entlud. „Claire…“, seufzte er und sie schaute ihm tadelnd entgegen. „Wehe du hörst auf.“, keuchte sie, während sie sich noch näher an ihn heran zog. „Aber…“, begann er, doch dann verfiel auch er in das Zucken und ergoss sich in ihr, was sie mit einem jubelnden Stöhnen genoss. Sein Körper erschlaffte leicht über ihr liegend, doch seine Männlichkeit war noch immer hart. Sein heißer Samen floss in ihr und sie genoss jeden Tropfen davon, sie würde jetzt auf keinen Fall zulassen, dass sie aufhörten. Sie griff nach seiner Schulter und zwang ihn mit einer schwungvollen Bewegung sich zur Seite zu drehen, er landete auf dem Rücken und sie auf ihm, ohne, dass sie getrennt wurden. Sofort begann sie auf seinem Schoß sitzend und ihn tief in sich spürend sanfte Schaukelbewegungen auszuführen, was ihm sichtlich den Atem raubte. Er stöhnte heiser auf und sie spürte, dass er erneut in ihr kam, doch so schnell würde sie ihn nicht gehen lassen. Sie machte weiter, brachte sich selbst und auch ihn zum Stöhnen, während sie jede noch so kleine Bewegung genossen. Arels Züge veränderten sich, wurden härter, seine Augen zeigten einen festeren Blick und sie wusste, dass der böse Zwilling zurück war. Sie liebte es, wenn er ein böser Junge war. Sie spürte wie seine Hände in ihre Haare griffen und er ihren Körper an sich zog. Ihre Brüste drückten sich an ihn und er hob die Hüften und begann damit hart von unten zu zustoßen. Die plötzliche Änderung seiner Bewegungen raubte nun ihr den Atem und brachte sie laut und hart zum Kommen. Sie stieß einen lauten schrei aus, als er unsanft in ihre Brust biss. Sie liebte beide seiner Seiten. Sie liebte den schüchternen und zärtlichen Arel, von dem sie glaubte, dass er sie aufrichtig mochte, vielleicht sogar liebte und sie liebte den groben Arel mit der großen Klappe. Im Bett waren beide zusammen ein Erlebnis, was nur die wenigsten Frauen jemals kennen lernten, vielleicht sprach hier der Sexentzug aus ihr, aber im Moment konnte sie an nichts anderes denken, als daran, dass Arel sie hart vögelte, sie fickte bis sie den Verstand verlor, während das laute klatschen ihre lustvollen Schreie untermalte. Sie konnte kaum glauben, dass sie sich das eingestand, aber sie wollte es noch härter, sie wollte, dass er noch fester zustieß, er wollte, dass er ihre Brust noch fester knetete und mit seinem Mund bearbeitete. Sie wollte ihn spüren. Sie warf den Kopf zurück und stieß einen lauten Schrei aus, als sie erneut spürte, wie der Orgasmus nahte. Er nutzt diesen Moment um sie von sich zu stoßen. Sie landete keuchend auf dem Rücken und er stieß ihr seine Männlichkeit wieder hart hinein. Als sie mit jauchzend kam krallte sie ihm die Fingernägel in den Rücken und kratzte ihn. Er stöhnte auf, als auch er kam. Was auch immer mit ihr los war, in diesem Moment war es ihr egal, sie wollte noch mehr und würde sich mehr holen, das versprach sie sich, als er sich aus ihr zurück zog und sich schwitzend neben ihr auf dem Bettlaken zum Liegen kam. Sie konnte erkennen, dass er noch immer erregt war, seine Augen blitzten vor Begierde, als er sich wieder aufrichtete. Sie lächelte und erhob sich auf alle Viere. Niemand in diesem verdammten Gasthaus würde heute Nacht ein Auge zu tun, denn ihre Stimme war noch immer nicht erschöpft, das bewies ihr lustvoller, lauter Schrei, als er erneut von hinten in sie eindrang. 

Impressum

Texte: Sven B. & Jessica K.
Bildmaterialien: Jessica K.
Lektorat: Sven B. & Jessica K.
Tag der Veröffentlichung: 10.10.2016

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
An die wundervolle Person an meiner Seite, die mit mir zusammen dieses Buch schreibt und hinter der ganzen Idee steckt. Ein Genie im Schreiben, der bösartige Meister des Bösen, aber im Bedienen von gewissen kostenlosen Bildbearbeitungsprogrammen leider eher nicht so bewandert. ;-) - J An meine wundervolle Partnerin, ein knuffiges Genie des Bösen und Rechtschreibkünstlerin (Grammar Nazi), die mir immer wieder sagt, dass das Bedienen von Grafikprogrammen nicht alles im Leben ist. Sie ist zu mindestens 50% an der Sache beteiligt und kann sich jetzt nicht mehr rausreden :-)

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