Cover

1

Weil es echt ist. Ich stehe noch, weil alles so perfekt ist. Ich fall nicht hin, weil mich immer jemand hält. Weil ich stark genug bin, um mich selbst zu halten. Das Glück fließt durch meinen ganzen Körper und ich spüre es in jedem meiner Körperteile. Ich spüre diese innere Wärme, die mich erfüllt, die mich leben lässt. Ich schätze das Leben so sehr. Ich danke Gott für jeden Augenblick mit diesen wunderbaren Menschen um mich herum.Die letzten Jahre war alles so schwer.Ich will, dass alles wieder einfach wird, unbeschwert und kinderleicht. Seit ein paar Wochen fühl ich mich, als würde ich schweben, nur so durch das Leben fliegen und trotzdem nichts verpassen. Ich habe dieses gute Gefühl, alles richtig gemacht zu haben, das Leben auszuleben, wie man es ausleben sollte. Ja, da war diese Zeit in der ich ‚Leben‘ gehasst habe. Es gab die Zeit, in der ich jeden Tag verabscheute und mich beim Aufwachen fragte, wozu ich die Augen öffne. Lange hatte das alles keinen Sinn für mich. Ich hatte meinen Glauben in Allem und Jedem verloren und konnte mir bei Gott nicht erklären, warum ich geboren wurde. Aber manchmal muss man leben, ohne nachzudenken und ohne Fragen zu stellen. Manchmal muss man sich einen Ruck geben, um zu verstehen, was Gott einem geschenkt hat. Ich habe es verstanden. Ich habe erlebt, wie es ist, jedes nette Lächeln einer Person und jede Art von Zuneigung und Liebe zu schätzen, egal wie klein und zaghaft sie ist. Ich habe in letzter Zeit versucht, jedem gerecht zu werden, jeden zufrieden zu stellen und mich selbst dabei nicht zu betrügen. Ich muss sagen, es ist mir gelungen und es tut gut, das zu wissen. Kennt ihr dieses Gefühl von Unbeschwertheit? Von Vollkommenheit? Ich habe es nie gekannt. Ich durfte es nie erleben, immer stand mir etwas im Weg. Jahre habe ich nicht eine winzige Andeutung von Zufriedenheit gespürt. Während ich lachte, hab ich immer wieder selbst gemerkt, das war kein echtes Lachen, es war kein Lachen, bei dem man Glück ausstrahlt. Das kennt ihr doch bestimmt. Es gibt so einige Personen, bei denen man immer lächeln muss, wenn sie lachen, weil sie so eine unglaublich zufriedenstellende und erfüllende Ausstrahlung dabei haben. So eine hatte ich wohl nie, wohl eher das Gegenteil. Für mich selbst ist das ziemlich niederschlagend, weil gerade die glücklichen Menschen immer so sympathisch wirken und ich schon immer gerne nur mit meinem Lächeln andere Leute glücklich machen wollte.

Aber jetzt kommts. Diese unglaublich negative, bedrückende und belastende Zeit soll nun ein Ende finden und ich soll die schönen Seiten des Lebens kennenlernen. So steht es jedenfalls in der Broschüre.

Ihr habt doch nicht ernsthaft geglaubt, diese Worte wären meine, oh Gott, nein. Ihr habt gerade ein paar Aussagen von Mädchen dieser Anstalt gelesen, mit denen die Eigentümer oder auch Leiter wohl auf ihrer Broschüre und auch auf ihrer Website Werbung machen wollen. Wahrscheinlich alles ausgedacht. Ja, tatsächlich steht doch als Hauptwerbespruch überall: „Die negative, bedrückende, belastende Zeit soll ein Ende finden. Du hast es verdient, die schönen Seiten des Lebens kennen zu lernen. Mach den Anfang!“ Gott, darauf soll ich anspringen? Wenn ich mir jeden Tag deren Gelaber von „eine graue Welt in eine wunderschöne, glitzernde, funkelnde, strahlende, bunte Welt verwandeln“ anhören muss, krieg ich‘s kotzen. Ich will mir garnichts von denen anhören und dort hingehen oder geschweige denn für eine Zeit dort leben kommt für mich überhaupt nicht in Frage. Ich brauche niemanden, der mir sagt, wie oder dass ich zu leben habe. Ich kann alleine Entscheidungen treffen und da brauch mir auch keiner reinreden. Das Leben ist nunmal nicht gerecht und es macht auch keinen Spaß. Ich möchte das nicht mehr und ich will mir nicht von irgendwelchen fremden Menschen sagen lassen, wie schön das Leben doch sein kann. Ich habe gemerkt, wie das Leben ist und ‚schön‘ nenne ich das nicht. Nie haben sie mir die geringste Aufmerksamkeit geschenkt, nie. Sie haben gar keinen Gedanken daran verschwendet, wie es mir geht oder was ich möchte. Es ging immer nur um sie. Ich war Nebensache. Es ist so schwer zu beschreiben, wie es mir die letzten Jahre ging oder wie es mir geht. Es war einfach diese große Hoffnungslosigkeit. Diese Leere in meiner Brust, die ich jeden Tag spürte. Ach, ich will euch auch nicht vollheulen. Aber ich versuche, euch das Ganze so zu erklären, dass ihr es nachvollziehen könnt und nicht wie die meisten denkt, ich wäre gestört oder krank. Ich kann euch weder eine Sache noch einen Menschen auf der Welt nennen, den ich vermissen würde. Ich habe ja nichtmals einen Abschiedsbrief geschrieben und ich habe auch nicht nochmal meinen Eltern gesagt, dass ich sie liebe. Jedoch wäre das auch gelogen gewesen. Zu meinen Eltern hatte ich noch nie das beste Verhältnis und in den letzten Jahren ist es wirklich schlimm geworden. Klar, man kann das jetzt auf die Pubertät und das Alter schieben, aber wenn man die Sache genauer betrachtet, merkt man, dass das nicht richtig wäre. Viele Eltern behandeln ihre Kinder schlecht und ich will auch nicht hören, dass es irgendwem leid tut, wie es bei mir zuhause aussieht. Mitleid ist das Letzte was ich jetzt brauche. Das Einzige, was ich will ist, allein für mich entscheiden können. Ich ertrag es nicht mehr, dass mir ständig in alles reingeredet wird und jeder meint, er wüsste viel besser, was gut für mich ist. Das weiß nur ich. Und ich will darum gar kein Geheimnis machen, ich wäre in diesem Augenblick lieber tot. Es gibt mehrere Gründe dafür und erst wenn ihr alle gehört habt könnt ihr darüber urteilen, ob ihr es versteht oder nicht. Und auch wenn ihr es nicht versteht ist mir das egal, es ist allein meine Entscheidung.

2

„Joyce, setzt du dich bitte mal zu uns? Dein Vater ist hier.“, rief Theresa, Joyce Mutter, die Treppe hoch. „Und warum?“, fragte Joyce. „Weil wir mit dir reden wollen, jetzt komm runter.“ Ihr Vater wurde lauter. Langsam trottete Joyce die Treppenstufen hinunter. „Gott Joyce, du hast noch mehr abgenommen.“, sagte ihr Vater Sam vorwurfsvoll. „Garnicht wahr.“, entgegnete Joyce teilnahmslos. Theresa warf Sam einen warnenden Blick zu. Gelangweilt ließ sich Joyce auf einen Stuhl am Küchentisch fallen. Mit ihren Fingern spielte sie an den Fransen der Stuhlkissen herum. „Du weißt, worüber wir reden wollen.“, sagte Sam. „Über mich, worüber auch sonst.“ Sam atmete langsam aus und man sah ihm an, dass er versuchte, sich zu beruhigen. „Guck mich verdammt nochmal an, wenn ich mit dir rede. Ich mache das hier nicht zum Spaß und ich bin auch nicht gern in dieser Situation.“, schrie Sam schon fast. Joyce wollte aufstehen, doch ihre Mutter legte eine Hand auf ihr Bein. „Fass mich nicht an.“, zischte Joyce, blieb aber sitzen. „Wie redest du mit deiner Mutter? Und was ist überhaupt aus dir geworden? Schau dich doch einmal an. Das bist doch nicht du. -“, begann Joyce Vater. „Warum wolltest du mit mir reden? Um mich fertig zu machen, um mich anzuschreien? Kannst du nicht einmal ruhig bleiben? Du hast dich immernoch kein Stück geändert.“, warf Joyce ein. Mit voller Wucht gab Sam ihr eine Ohrfeige. „Daran sieht man es ja.“, sagte Joyce. Theresa liefen die Tränen über die Wangen. Sie stand auf und drehte sich mit dem Rücken zu Sam und Joyce. „Theresa, es tut mir leid. Ich habe überreagiert. Du kennst mich, das passiert mir manchmal.“, versuchte Sam es wieder gerade zu biegen. Joyce Augen glänzten vor Wut. „Das ist nicht das, worüber wir reden wollten. Joyce hat sich vor einigen Tagen versucht, das Leben zu nehmen. Das ist viel wichtiger.“, entgegnete Theresa und ihre Stimme stockte bei den Worten ‚sich das Leben zu nehmen'. „Ich wüsste nicht, was daran wichtig wäre.“, erwiderte Joyce. Aus dem Wohnzimmerschrank holte Theresa einige Broschüren. Langsam ging sie zurück zum Tisch. Man konnte sehen, wie schwer ihr jeder Schritt fiel. Sie hatte ein paar harte Tage hinter sich. Sam lächelte ihr gut zu. Sie legte die Broschüren vor Joyce auf den Tisch. „Schau dir das mal an.“ „Was soll das?“, fragt Joyce. „Ihr wollt mich doch nicht ernsthaft in so eine Anstalt für schwerkranke und psychisch gestörte Menschen schicken?“ „Ich glaube es wäre-“ „Das Beste?“, unterbrach Joyce ihre Mutter. Theresa nickte. „Das entscheide immernoch ich und ich sage nein.“, sagte Joyce. „Du hast überhaupt gar keine Wahl.“, wandte Sam ein. Joyce schaute ihn an, als hätte er ihr gerade erzählt, dass er jemanden umgebracht hatte. „WAS?“, schrie Joyce. Sie sprang auf und warf mit Schwung die Broschüren auf den Boden. „Da gehe ich auf gar keinen Fall hin, das könnt ihr dermaßen vergessen.“ Joyce ging wütend aus dem Zimmer, knallte die Tür hinter sich zu und rannte die Treppe hoch. „Hast du schon wieder getrunken?“, fragte Theresa. „Nein, was wollt ihr heute alle von mir?“,entgegnete Sam. „Du trinkst zu viel und das weißt du auch.“ „Und du redest zu viel. Ich hau jetzt ab, muss noch mit Freunden raus.“ „Und was ist mit Joyce?“ „Mach du das mal.“ Sam verließ das Zimmer und ging in Richtung Tür. „Du bist unmöglich geworden.“, rief Theresa ihm noch nach. Darauf hatte er nichts mehr zu sagen. Er verschwand und Theresa saß nun nur noch allein am Küchentisch.

Ich hatte keine Lust gehabt mit meinen Eltern zu reden. Ich möchte keine Fragen mehr beantworten müssen. Es macht doch nichts besser oder ungeschehen, wenn ich ihnen erkläre, warum, wie oder wo ich mir das Leben nehmen wollte. Das Leben nehmen... Ich würde dazu eher ‚von einem Horror erlösen‘ sagen, denn das ist doch kein Leben mehr. Mein ‚Leben‘ besteht aus Enttäuschung, Angst, Schmerzen und Verlust. Ich fragt euch jetzt sicherlich, ob ich denn keine Freunde habe, das muss sich ja auch so anhören. So ist es allerdings garnicht. Ich halte nur generell nicht viel von unserer ach so tollen Menschheit auf diesem Planeten. Jeder denkt nur noch an sich und daran, dass er perfekt aussieht und viel Geld hat. Die Menschen sind so egoistisch und eitel geworden. Und die ganze Welt ist voller Lügen und Intrigen. So sieht es auch mit meinen Freunden aus. Natürlich mag ich sie, irgendwie. Aber ich kann es einfach nicht ab, dass jeden Tag ein Anderer zu mir kommt und die neusten Gerüchte weitererzählt. Ich kann auch nicht zusehen, wie jeder alle 2 Monate seinen kompletten Freundeskreis austauscht und wie sich alle darum streiten, wer am meisten Freunde bei Facebook hat. Ich wäre viel lieber arm und hässlig und dafür wirklich glücklich, als so, wie es mir jetzt geht. Ohne eingebildet klingen zu wollen muss ich dazu sagen, ich bin schon recht hübsch, was ich aber auch nur behaupten kann weil ich oft genug die Blicke aller möglichen Typen auf mir habe. So manch einer von euch denkt sich jetzt, ich müsste darauf stolz oder glücklich darüber sein, aber da liegt ihr falsch. Ich finde es wirklich schrecklich. Es zieht mich runter, wenn ich merke, dass jeder gerne was mit mir haben will, aber keiner versucht mich zu lieben und mir wird schlecht bei dem Gedanken, dass ich mir bei jedem Einzelnen vorstellen könnte, dass er nur mit mir befreundet ist, um mich flachzulegen. Es gibt die Art Mädchen die wenn sie mit einem Jungen redet ihre Brust rausstreckt und das Top unauffällig weiter runterzieht, die Art von Mädchen, die sich das Lächeln nicht verkneifen können, wenn sie merken, dass die Blicke aller Typen auf ihrem Ausschnitt hängen. Ich bin so ziemlich das Gegenteil. Wenn ich mit jemandem rede, dann möchte ich, dass er mir in die Augen schaut. Und keinem, der das nicht tut, kann ich vertrauen. Da bleiben auch kaum Leute über, die tatsächlich noch anständig sind und mit diesen mag ich meistens nicht über mein Leben und meine Probleme reden, weil ich sie nicht einschätzen kann oder sie noch nicht so lange kenne. Ich fühl mich schrecklich wenn ich auf eine Party gehe und mir die Typen an den Arsch packen, weil sie denken, bei mir hat man eine Chance. Und ich muss mich dann jedes Mal fragen: „Sehe ich so billig aus?“ Ich denke dann jedes Mal darüber nach, ob alle denken, ich wäre leicht zu haben. Und glaubt mir, dabei geht es einem nicht gut. Da kann ich euch auch direkt den nächsten Grund erzählen, warum ich dieses Leben nicht mehr leben möchte. Der hat nämlich auch irgendwie mit Sexualität zu tun. Es gab einfach ein Erlebnis in meinem Leben, dass mich für immer prägen und nie wieder loslassen wird. Das kann ich garantieren. Solche Erlebnisse zerstören das ganze Leben. Sie versauen dir jede Lust am Leben und vor allem am Lieben. Es fällt mir wirklich schwer darüber zu sprechen, aber ich geb mir Mühe. Ich war 14 an diesem Tag, es war vor 2 Jahren. Es war der 08.10.‘09. Ich weiß es noch ganz genau, denn es war einer der Schlimmsten Tage meines Lebens. Ich bin mit Freunden in der Stadt gewesen, wir haben den Geburtstag einer Freundin gefeiert. Es war ein wirklich schöner Abend mit viel Musik, guter Laune und auch Alkohol. Um 23:53h wollte ich den Bus nach Hause nehmen. Ich wäre allein gefahren, was auch an vorigen Abenden nie ein Problem gewesen war. Ich verpasste aber den Bus und die Anderen waren schon vor knapp 5 Minuten gegangen. Das ganze nur, weil ich noch zur Bank gehen musste. Ich kam also an der Bushaltestelle an und regte mich total auf, weil mein nächster Bus erst 40 Minuten später kam. Da ich recht angetrunken war lallte ich in mein Telefon, während ich einem Freund auf die Mailbox sprach. „Malte, bitte ruf mich mal an, ich steh hier ganz alleine und muss total lang warten, die andern sind schon gegangen“ Niemand, wirklich niemand außer mir stand an der Bushaltestelle, dachte ich. Als ich aufgelegt hatte und hin und her ging spürte ich plötzlich, wie mich jemand nach hinten ins Gebüsch zog und mir eine Hand auf den Mund presste. Ich wollte schreien, doch sein Griff war so stark, dass ich mich kaum bewegen konnte. „Du, meine Kleine bist jetzt ganz leise und machst einfach alles mit, dann passiert dir auch nichts weiter. Du bist doch bestimmt noch Jungfrau, oder Süße? Ich steh auf Jungfrauen.“, raunte eine tiefe Männerstimme, doch ich konnte ihn noch nicht erkennen, da ich mit dem Rücken zu ihm festgehalten wurde. Ich begann zu weinen und versuchte wieder zu schreien und ihn zu beißen, doch ich konnte absolut nichts ausrichten. „Nanana, du bist also ein böses Mädchen? Auf sowas stehst du?“, fragte er. Ich hasste seine Stimme und ich wusste, ich würde sie nie wieder aus meinem Kopf bekommen. Ich verspürte so einen Hass in mir und es war so warm, mir war so warm vor lauter Angst. Mir wurde schwindelig und meine Beine gaben nach. „Du willst doch jetzt nicht in Ohnmacht fallen? Du willst doch auch etwas davon mitkriegen oder? Natürlich willst du das.“ Er biss seine Zähne zusammen, das konnte ich hören. Dann drehte er mich plötzlich um, nahm seine Hand von meinem Mund, doch als ich losschreien wollte hatte er mir schon Klebeband über die Lippen geklebt. „Mäuschen, du musst einfach mitmachen, dann wird es nicht schlimm. Und falls du noch Jungfrau bist, du solltest doch wissen, dass es viel mehr wehtut, wenn du dich nicht entspannst.“ Ich konnte sein Gesicht erkennen und seine Augen funkelten. Seine Lust spiegelte sich in ihnen wieder. Er ekelte mich so sehr an, dass mir kotzübel wurde. Da kommt wieder dieses ‚in die Augen gucken, während man miteinander redet. Der Mann konnte seinen Blick garnicht von meinem Dekoltee abwenden. Er war ungefähr mitte 40 und hatte schwarzes Haar. Er war kräftiger gebaut, aber um ehrlich zu sein, es hätte doch rein gar nichts an der Situation geändert, wenn er einen Waschbrettbauch vorzuzeigen hätte. Ich war so verzweifelt und hilfflos, wie noch nie in meinem Leben. Ich fühlte mich so klein, so schwach und wehrlos. Es war schrecklich. Er begann mein Oberteil auszuziehen, ohne dass ich es verhindern konnte und ich konnte garnicht mehr aufhören zu weinen. Er begann mich anzufassen, erst bloß an meinem Bauch, dann immer höher bis er den unteren Bügel meines BHs entlangfuhr. Ich betete zu Gott, dass irgendwer mein Weinen hörte und mir helfen konnte. Langsam ging er mit seinen Finger über meinen BH und strich über mein Dekoltee. Er gab ein widerliches, leises Stöhnen von sich. Er beugte sich vor um an meinen Haaren zu riechen. Das war meine Chance, dachte ich mir, er guckte mich einmal nicht an. Ich zog mein Bein an und trat ihm voller Wucht zwischen die Beine. Er fluchte und sank zu Boden. Ich schnappte mir mein Oberteil und rannte. Ich rannte einfach durch das Gebüsch immer weiter. Ich meinte hinter mir manchmal ein leises Atmen zu hören, aber ich wusste nicht mehr, was Wirklichkeit und was Einbildung war. Das Klebeband riss ich ab und musste mich zusammenreißen nicht loszuschreien, weil es so wehtat, doch der Schmerz interessierte mich eigentlich nicht. Bestimmt eine halbe Stunde rannte ich weiter aus Panik, er könnte mich finden. Ich war irgendwo, ich hatte absolut keine Ahnung wo ich war, aber das war mir egal, hauptsache er war nicht mehr hinter mir her. Als ich mich sicher fühlte, rief ich eine Freundin an, die mich direkt mit ihrer Mutter abholte. Ich konnte nicht aufhören zu weinen und ich bekam kein Wort heraus. Wochen habe ich es nicht geschafft, irgendeiner Person davon zu erzählen. Erst nach langer Zeit redete ich mich meiner besten Freundin und ihrer Mutter darüber, doch dabei beließ ich es. Nochmal wollte ich nicht darüber sprechen, weder mit der Polizei noch mit meiner eigenen Mutter. Jedes Mal wenn mir nun ein Fremder an den Arsch packt oder mich auch nur mit diesem bestimmten Blick anguckt, mir hinterher pfeift kommt in mir diese Panik hoch und ich habe das Gefühl, meine ganze Kehle schnürt sich zu. Noch lange werde ich es kein Mal genießen oder schön finden können wenn ein Typ mir den BH auszieht oder meine Brüste berührt, weil ich jedesmal an den alten Mann denken muss, der vorhatte mich zu vergewaltigen. Dieses Erlebnis wünsche ich wirklich keinem einzigen Mädchen auf der ganzen Welt, obwohl ich von den meisten Menschen nicht viel halte. Das hat keiner verdient.

 

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Tag der Veröffentlichung: 14.04.2013

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