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Lose, ein Gewinner und Sozialdienst


„Und Kandidatin Nummer drei geht an Los… 398! Herzlichen Glückwunsch!“
Die Aula tobt, alle klatschen und trampeln mit den Füßen. Die Köpfe drehen sich in alle Richtungen und schauen, ob sich jemand erhebt. Nach einigen Sekunden erhebt sich ein Gemurmel und der Sprecher fragt: „Ist der Besitzer des Loses nicht anwesend? Schauen Sie alle noch mal genau nach, schließlich ist es Kandidatin drei, die schöne Liz! Die Nummer ist 398.“ Michael, der Oberstreber unserer Schule und dazu noch die größte Schleimschnecke, steht einen Meter vor mir auf der Bühne. Mit seiner schrecklichen Hornbrille und der Weste sieht er wirklich abgrundtief hässlich aus. Tut mir leid, ich bin gemein. Aber er hat mich in diese Lage gebracht und das werde ich ihm nie verzeihen!
Vor ungefähr einer Woche wurde ich beim Sms-Schreiben im Unterricht erwischt. Und da mein Geschichtslehrer mich sowieso nicht ausstehen kann, hat er mich gleich zum Direktor geschickt. Heute ist so was wie eine Kirmes in unserer Schule, aus Wohltätigkeitsgründen und so. Es gibt Zuckerwatte, Clowns, Schießstände und sogar ein Karussell für die Kleinsten. Und es gibt eine große Tombola. Zu gewinnen gibt es nicht kleine, plüschige Teddybären, oder Plastikspielzeug, das eh niemand braucht, sondern Dates. Dates! Wer kommt auf so eine schwachsinnige Idee?!
Der Direktor hat mich jedenfalls dazu verdonnert, bei diesem ganzen Schwachsinn mitzuhelfen und als Michael die Aufgaben verteilt hat, ist ihm klar geworden, dass noch nicht genug Mädchen zum Verlosen da sind. Also hat er mich kurzerhand als „Kandidatin drei“ mit ins Programm genommen. Yeaaah! Ich stehe zusammen mit vier anderen Mädchen auf der Bühne, die Verlosung der Jungs kommt nach uns. Kandidatin eins und zwei haben ihre Traumprinzen schon. Der erste ist ein etwa fünfzigjähriger Mann mit Brille und Bierbauch, über dem sein rot-kariertes Hemd spannt. Passend dazu ist er rot im Gesicht und schnauft wie eine Dampflok. Nummer zwei hat es da schon etwas glücklicher getroffen: ein vierzehnjähriger, der auch auf unsere Schule geht und etwas schüchtern zu Libby, seinem Gewinn, hochschaut.
Endlich erhebt sich jemand, der mich, Liz, „gewonnen“ hat. Das Licht blendet so stark, dass ich ihn erst erkennen kann, als er die Stufen zur Bühne hochsteigt. Ich hoffe, dass man im Publikum nicht sehen kann, wie mir alle Farbe aus dem Gesicht weicht und wie ich ihn anstarre. Ray. Das kann doch nicht wahr sein! Wer weiß, wie viele Leute bei dieser Tombola mitgemacht haben, und ausgerechnet er hat mein Los gezogen? Das kann doch kein Zufall sein!
Um euch kurz aufzuklären, wer Ray ist: er geht in meine Stufe, in der Unterstufe war er sogar in meiner Klasse. Er ist ein Macho und ich weiß wirklich nicht, wie man so überzeugt von sich selbst sein kann. Mit meiner großen Klappe kann ich mich da natürlich meistens nicht zurückhalten, einen dummen Spruch abzulassen. Deswegen haben wir uns immer angekeift.
Gut, ich muss zugeben, er sieht wirklich ganz schön gut aus, aber das gibt ihm noch lange nicht das Recht, sich besser zu fühlen, als andere!
Ich bin sicher, er hasst mich und ich habe auf der anderen Seite auch nicht viel für ihn übrig. Na, das wird ein Spaß!
Mit seinem üblichen Grinsen betritt Ray die Bühne und schüttelt Michael die Hand. Dann stellt er sich neben mich, ohne mich auch nur anzuschauen. Das glaubt man doch nicht!
Als schließlich alle Mädchen vergeben sind, fordert Michael die Herren auf, ihre Dame von der Bühne zu begleiten. Alle bieten sofort ihren Arm an, sogar der Vierzehnjährige schafft das. Ray läuft einfach los. Das macht mich so wütend, dass ich am liebsten meinem Impuls folgen möchte, ihm fest in den Hintern zu treten, doch ich kann mich gerade noch so zurückhalten. Das würde ja bloß noch mehr schlechtes Licht vor der Schule auf mich werfen. Also drängele ich mich schnell an ihm vorbei und laufe hinter Libby her. Der Durchgang zu dem kleinen Raum hinter der Bühne ist ziemlich schmal und so passt nur eine Person hindurch. Drinnen scheint es sich schon zu stauen und mit einem Mal bleiben alle unerwartet stehen. Ich muss mir Mühe geben, nicht in Libby reinzulaufen. Meinem Hintermann gelingt das Anhalten allerdings nicht so gut. Ray läuft voll in mich rein. Ich stolpere kurz, fange mich aber schnell wieder. Wutentbrannt drehe ich mich zu ihm um.
„Kannst du nicht aufpassen? Guck einfach mal nach vorne, anstatt dauernd in den Spiegel, dann hast du auch ganz bestimmt genug Platz für dich und dein Ego!“
„Tut mir echt leid, ich konnte ja nicht damit rechnen, dass dein Arsch doppelt so groß ist, wie normal“, erwidert er. Ich schnappe empört nach Luft und da klatscht es einmal laut. Uuups. Anscheinend waren da meine Reflexe schneller, als mein Gehirn. Ich hab ihm vor versammelter Mannschaft eine geklatscht. Da es sich vor dem Durchgang immer noch staut, stehen wir noch am linken Rand der Bühne und deshalb war für die Zuschauer auch alles zu sehen.
Zornig schaut er mich an und rauscht dann an mir vorbei. Er quetscht sich durch die Leute in den kleinen Vorraum zu Bühne und verschwindet durch die Tür. Im Publikum erhebt sich lautes Gemurmel. Ich sehe zu, dass ich so schnell wie möglich von der Bühne komme.
Als wir schließlich alle in den kleinen Raum sind, kommt mein Biologieleherer, Mr. Sanchez, herein und schleift Ray mit sich.
„Wir wollen ja noch alle mitbekommen, was das für ein toller Ausflug wird, nicht wahr?“, sagt er zu ihm. „Also für Sie alle ist ein Tagesausflug nach Virginia Beach am nächsten Wochenende geplant. Sie können auch eine Person ihrer Wahl mitnehmen", hierbei zwinkert er dem 50-jährigen zu, dem der Schweiß schon auf der Stirn steht. "Natürlich steht es Ihnen frei, ob Sie auch mitkommen wollen…“
„Na dann ist’s ja gut“, murmelt Ray. Auch ich bin erleichtert. Virginia Beach ist ja schön und gut, aber was soll ich da?
„Außer“, fährt Mr. Sanchez fort, „Miss Archer und Mister Carter.“ Entsetzt schaue ich ihn an. Was soll das denn? Wer sagt denn bitte, dass Ray und ich mitkommen müssen??
„Also das verstehe ich aber nicht, wieso?“, frage ich erbost, doch meine Stimme geht in einem Knurren von Ray unter. „Was soll das?!“
„Erstmal reden Sie nicht in diesem Ton mit mir und den Rest klären wir später. Die anderen Paare bitte ich, sich in dieser Liste einzutragen, wenn Sie mitkommen wollen.“ Er hält ein Stück Papier hoch und reicht es herum.
Zehn Minuten später stehen wir drei auf dem Flur – Ray, Mr. Sanchez und ich.
„Ray, Ihr Verhalten auf der Bühne war wirklich unverschämt! Wissen Sie eigentlich, was das für ein schlechtes Licht auf unsere Schule wirft? Die ganze Aula war gefüllt und Sie können noch nicht einmal über Ihren Schatten springen, um Liz hinauszubegleiten? Das ist wirklich arm.“
Ich grinse Ray breit an, doch Sanchez bekommt es mit. „Liz, das ist kein Grund, sich zu freuen. Sie haben ihm vor versammeltem Publikum eine Backpfeife gegeben! Das ist wirklich kein Stück besser. Der Direktor ist außer sich! Sie beide werden diese Woche schon anfangen, Sozialstunden abzuleisten. Beim Ausflug herrscht für Sie Anwesenheitspflicht und Sie werden in die Organisation mit eingebunden. Ihnen ist ja sicherlich auch klar, dass Sie keine weitere Person mitnehmen dürfen. Alles Weitere werden wir sehen. Gehen Sie jetzt.“
Wutschnaubend zischt Ray ab, ich gehe in die andere Richtung und mache mich auf die Suche nach meiner besten Freundin Abby. Eigentlich heißt sie Abigail, aber das soll ein Geheimnis bleiben.
Ich finde sie am Losstand mit den süßen Plüschtieren, die man durch ein Quiz gewinnen kann. Sie spricht mit Hank, der in der Stufe über uns ist.
Abby flirtet gerne. Das weiß jeder. Ihr gutes Aussehen und ihre Figur kommen ihr dabei zugute. Viele Kerle verfallen ihr, aber so richtig ernsthaft was angefangen hat sie noch mit keinem.
Ich tippe Hank auf die Schulter und als ich ihn frech angrinse, verzieht er sich ganz schnell. Neulich hat er mich betrunken gefragt, ob er wohl eine Chance bei Abby hätte. Wahrscheinlich ist ihm das schon irgendwie peinlich.
„Hi Süße“, begrüße ich sie, während sie schmollt. „Hast du schon von meinem Date gehört?“
„Du hast ein Date?“, fragt sie begeistert. Offenbar hat sie völlig verdrängt, dass ich wie ein Teddy verlost wurde.
„Ja, mit Ray.“
„Ray wer?“, will sie jetzt entgeistert wissen.
„Na, der Ray. Ray Carter.“
„Liz, ich werde grün vor Neid! Wie bist du denn an den rangekommen?“ Abby steht mindestens so lange schon auf Ray, wie ich ihn hasse. Wie ungefähr jedes Mädchen.
Mit einem Mal huscht ein Hauch der Erkenntnis über ihr Gesicht. „Warte mal… War die Verlosung etwa schon?“
Gequält nicke ich.
„Und was ist das jetzt für ein Date?“
„Wir fahren nächstes Wochenende nach Virginia Beach mit allen Gewinnern.“
„Ist doch genial! Strand, Wärme, Meer…“
„Ray…“, ergänze ich und stöhne. „Nicht nur, dass uns der Direktor dazu gezwungen hat, mitzukommen“
„Warte mal, wieso das denn?“, lacht Abby.
„Naja, ich hab Ray auf der Bühne eine geklatscht…“
Jetzt kriegt sie sich nicht mehr ein. Während sie sich vor Lachen krümmt, gucken die Leute sie an, manche belustigt, andere verärgert.
„Liz, du bist die Beste! So was kannst echt nur du machen. Wahrscheinlich ist er unglaublich sauer.“
„Das kannst du laut sagen! Wir müssen jetzt zusammen Sozialstunden machen und uns bei dem Ausflug um alles kümmern.“
„Mach dich doch mal an ihn ran“, sagt Abby und zwinkert mir zu. „Die Gelegeheit hast du jetzt ja. Ich wette, dass dich einige Mädchen hier darum beneiden.“
„Tzz, ganz bestimmt nicht!“ Das kommt ja gar nicht in Frage! Rays ohnehin schon viel zu großem Ego schmeicheln, indem ich ihn anmache? Niemals.

Unser Sozialdienst fängt erst am Freitag an. Wenn Ray und ich uns diese Woche auf dem Schulflur begegnet sind, haben wir uns ignoriert.
Jetzt sind wir zu zweit in der Schulkantine und dürfen die Kaugummis und ähnliche mysteriöse Substanzen von den Tischen kratzen. Toll.
Keiner von uns hat auch nur ein Wort gesagt, er wirft mir nur ab und zu Blicke zu, die fast tödlich sind. Als wäre ich an allem schuld! Er hat doch schließlich mein blödes Los gekauft, er hätte gefälligst auch mal irgendein anderes nehmen können! Oder in der Aula nicht sagen sollen, dass er diese Nummer hat oder irgendwas… Dann müssten wir diese hässlichen Tische jetzt nicht sauber machen. Aber ich trage daran nun wirklich keine Schuld, beruhige ich mich.
Demonstrativ schalte ich meinen Ipod an und stecke mir die Kopfhörer in die Ohren. Der kann mir mal den Buckel runterrutschen! Während Starships von Nicki Minaj läuft, bessert sich meine Laune gewaltig. Eigentlich ist es ja gar nicht so schlimm. Schließlich scheint draußen strahlend die Sonne und wir müssen nur noch eine Viertelstunde oder so machen. Dann kann ich nach Hause fahren, Abby anrufen und mit ihr erst mal gewaltig über Ray lästern. Naja okay, lästern wahrscheinlich eher nicht. Sie wird von seinem süßen Hintern – ich korrigiere mich: nur Hintern! – schwärmen, während ich mich auskotze. Aber immerhin!
Eigentlich müsste ich am Wochenende arbeiten, aber das kann ich mir dann ja abschminken. Mein Chef hat sich gefreut, als ich ihm das gestern mitgeteilt habe. Ich arbeite in einer Pizzeria, die bei uns um die Ecke liegt. Mein Chef ist Italiener, hat einen Bierbauch und viel zu hohen Blutdruck. Das kommt davon, wenn man sich immer über die kleinsten Kleinigkeiten aufregt! Dafür kann er tolle Pizzen und Spaghetti machen… jeder hat ja so seine Ecke.
Dafür muss ich nächste Woche Überstunden machen.
Ein Tisch ist besonders dreckig – ich weiß wirklich nicht, was die Leute immer damit anstellen – und ich muss mir das Putzmittel und einen Lappen holen. Wir haben nur einen bekommen und den hält Ray gerade in der Hand. Super. Jetzt muss ich auch noch mit ihm reden.
Er steht von mir abgewandt und ich muss schon zugeben, dass das helle, enge Shirt betont, dass er auch Muskeln am Rücken hat. Und breite Schultern.
Schnell zwinge ich mich, wegzugucken. Nicht, dass er meinen Blick noch sieht und denkt, dass ich auf ihn stehe! Leider, leider übersehe ich beim angestrengten Weggucken den Putzeimer, der auf dem Boden steht.
Es kommt, wie es kommen muss.
Ich bleibe am Eimer hängen, strauchele und falle direkt in Rays Arme – Moment! Hat er nicht gerade noch mit dem Rücken zu mir gestanden?? Jetzt jedenfalls schaue ich in sein überraschtes Gesicht, als ich mich an ihm festhalten will und auch er seinen Halt verliert. Während wir fallen, sehe ich wie in Zeitlupe, dass der Eimer seinen Inhalt über dem ganzen Boden verteilt. Ray kommt auf dem Boden auf (und ich auf ihm), aber damit ist es noch nicht vorbei. Weil alles jetzt nass ist, rutschen wir ab und alles dreht sich für einen Moment, bis wir endlich zum Stillstand kommen. Autsch!
Vorsichtig wage ich es, erst ein Auge aufzumachen, dann das Andere. Ich schaue direkt in seine dunkelblauen Augen. Er liegt mit seinem ganzen Gewicht auf mir. Ich bewege meine Finger, dann meine Zehen. Aha, alles noch heile.
Ray starrt mich immer noch an. Sein Gesicht ist nur Zentimeter von meinem entfernt.
„Kannst du nicht aufpassen, wo du hinläufst?“, knurrt er mich an.
„Wenn du den Eimer nicht so scheiße dahin gestellt hättest, wo man ihn nicht sehen kann, wäre das nicht passiert!“, keife ich zurück.
„Dumme Ziege!“
„Arrogantes Arschloch!“
„Zicke!“
„Kannst du jetzt mal von mir runtergehen oder stehst du auf mich?“ Er liegt nämlich immer noch auf mir. Und zwar mit seinem ganzen Gewicht!
„Auf dich?“, fragt er und schnaubt, während er aufsteht. „Ganz bestimmt nicht, solche eingebildeten Tussis wie du sind nicht mein Typ.“
„Achja, das sagt Mr. Ich-bin-ja-so-selbstverliebt-und-alle-Mädchen-stehen-auf-mich höchstpersönlich!“
„So ist es ja auch“, sagt er und grinst dabei frech.
„Boah!“ Mehr bringe ich einfach nicht hervor. Ich bin sprachlos von so viel Arroganz. Also haue ich ihm auf die Brust, drehe mich dann um und gehe. Ist mir doch egal, wenn ich deshalb noch mehr Tische putzen muss. Ich halte es keine Sekunde länger mit diesem Arsch aus!
Als ich die Tür schon fast erreicht habe, ruft er mir noch hinterher: „Schöner BH übrigens!“
Ich drehe mich um und bin erst verwirrt, doch dann schaue ich an mir runter. Durch das Wasser aus dem Eimer ist mein weißes Top ungefähr nicht mehr vorhanden. Ray hat also einen super Ausblick auf meinen Kirsch-Bh. Die anderen waren halt alle in der Wäsche! Man!
Böse schaue ich ihn an. Er grinst immer noch und schaut mir unverhohlen auf die Brüste. Dieser Junge löst bei mir einen permanenten Drang aus, ihn zu schlagen! Vielleicht sollte ich mal ein Anti-Aggressionstraining machen.
Wortlos drehe ich mich um und stürme aus der Kantine.

Zu Hause pfeffere ich meine Tasche in die Ecke und rufe als allererstes Abby an. Klagend erzähle ich ihr von dem schrecklichen Zwischenfall und dass ich nie wieder auch nur in Rays Nähe sein möchte.
Zuerst fragt sie, ob er aus der Nähe auch so gut aussieht und ob ich seine Muskeln fühlen konnte. Doch dann wird ihr bewusst, dass ich es wirklich ernst meine.
„Wir brauchen einen Plan!“, findet sie. „Du musst ihn richtig runtermachen.“
„Nur wie?“, frage ich hilflos. „Er ist so selbstüberzeugt, dass ich ihm so schnell nichts anhaben kann. Es ist schrecklich!“
„Naja, irgendwo muss er ja eine Schwachstelle haben. Und die musst du angreifen…Oder noch viel besser, schlag ihn mit seinen eigenen Waffen!“ Abby wird ganz aufgeregt.
„Was meinst du?“
„Na das liegt doch auf der Hand! Alle Mädchen stehen auf ihn, aber er fickt sie höchstens Mal und lässt sie dann links liegen.“
„Oh Gott, Abby! Du verlangst doch wohl nicht, dass ich mit ihm schlafe?!“
„Nein“, lacht sie. „Es reicht ja schon, wenn du ihn so weit bringst dass er das gerne will!“
„Du meinst, ich soll ihn heiß machen?“
„Genau, und wenn er dann bei dir ankommt, gibst du ihm einen Korb.“ Ich höre den Triumph in ihrer Stimme. Der Plan ist wirklich super und auf meinem Gesicht breitet sich ein großes Grinsen aus.
Direkt morgen wird die Mission Macho in seine Schranken weisen gestartet.

Mission: Impossible?


Donnerstag. Tag 1. Es ist 10:30 Uhr. Ich befinde mich im Schulgebäude.
Abby und ich haben abgesprochen, dass ich erst mal noch kein Vollgas gebe, sondern langsam anfange. Er soll ja nicht misstrauisch werden. Heute bieten sich mir sowieso noch nicht so viele Chancen. Ich habe nur einen Kurs mit Ray, nämlich Mathe.
Mein Ausschnitt ist ein wenig größer, als üblich und Ray hat die besten Aussichten darauf, doch das scheint ihn gar nicht zu interessieren. Außerdem trage ich eine knallenge schwarze Lederimitathose und High Heels. Normalerweise würde ich so nicht in der Schule herumlaufen, doch ungewöhnliche Umstände erfordern ungewöhnliche Taten, oder wie sagt man?
Als unsere Lehrerin eine Gruppenarbeit ankündigt, stöhne ich erst mal auf, doch dann merke ich, dass ich mit Ray zusammen in einer Gruppe bin. Natürlich freue ich mich nicht darüber, doch so habe ich bessere Chancen, ihn darauf aufmerksam zu machen, wie toll ich bin.
Unsere Kleingruppe bestehend aus mir, Ray, einer asiatischen Streberin namens Yuk-Yuk und einer grauen Maus, die Tiffany heißt, findet sich zusammen und wir bekommen unser Aufgabenblatt. In Ruhe sehe ich es mir an und warte ab, ob mir eine Erleuchtung kommt, doch es bleibt alles beim Alten: Ich bin eine absolute Null in Mathe.
„Also ich versteh das nicht“, kläre ich die anderen auf.
„Ich auch nicht“, gibt die graue Maus zu.
„Dann schlage ich vor, Ray hilft mir und Yuk-Yuk dir, das geht schneller. Dann vergleichen wir unsere Ergebnisse.“ Liebenswert lächele ich die anderen an. Die graue Maus ist offensichtlich enttäuscht, dass sie nicht mit dem ach-so-tollen Ray arbeiten darf, doch sie traut sich nicht, dem etwas entgegenzusetzen. Also setze ich mich mit meinem Stuhl neben Ray, der mir bislang gegenüber saß.
„Was ist denn mit dir los? Normalerweise würdest du lieber aus dem Fenster springen, als mit mir zusammenzuarbeiten“, witzelt er.
Ja da hast du vollkommen recht, denke ich. Würde ich auch jetzt am liebsten, du Kotzbrocken! Hältst dich wohl für was ganz Tolles. Als hätte er meine Gedanken gelesen und wolle noch einen drauf setzen, fügt er noch hinzu: „Hast dich wohl schon in mich verliebt, während wir gemeinsam Tische geputzt haben, wie?“
Am liebsten würde ich ihm das Grinsen aus dem Gesicht schlagen, doch ich gehe einfach nicht auf ihn ein. Schließlich habe ich einen Plan!
Strahlend lächele ich ihn an. „Kannst du mir bitte erklären, wie das geht?“ Dabei lehne ich mich leicht nach vorne, um ihm die besten Aussichten zu bieten. Ganz unauffällig, versteht sich. Leider beachtet er mich keines Blickes. Mh, dabei hab ich doch heute so schöne Wäsche an…
„Also, im Prinzip ist es ganz einfach. Du musst einfach nur die beiden Vektoren subtrahieren“, sagt er und deutet auf den Zettel, wo ich nur irgendwelche verwirrenden Ziffern und Buchstaben erkennen kann.
„Danach bringst du alles in eine Matrix, aber das haben wir ja letzte Stunde schon gemacht, das kannst du ja sicher.“
Mist, ich bin ihm wirklich vollkommen unterlegen. Na warte mal ab, Freundchen! Ich dachte, wenn er mir was erklärt, kommen wir uns irgendwie näher, aber er lässt eigentlich nur raushängen, wie stolz er darauf ist, mehr zu wissen, als ich.
Einen Teil verstehe ich aber wirklich und kann mich in unsere Gruppenarbeit sogar ein wenig einbringen.
Gestern haben Abby und ich im Internet nach Tipps gesucht, wie man einen Kerl heiß machen kann. Ganz schön primitiv, ich weiß.
Aber ich beschließe, es mal auszuprobieren und fahre nachdenklich an meinem Stift hoch und runter.
Naja mit viel Fantasie kann Ray sich natürlich einbilden, dass der Stift sein bestes Stück ist, aber irgendwie kommt mir das nicht so effektiv vor. Ich sehe seinen Blick zwar einmal kurz in der Gegend ruhen, in der meine Hand grad Poledance macht, aber er verzieht keine Miene und so gebe ich nach kurzer Zeit resigniert auf.
Bleibt noch mit meinen Haarspitzen über den Ansatz meiner Brüste zu streichen. Mal sehn. Ganz gedankenverloren, versteht sich.
Aha! Hab ich dich!
Sein Blick bleibt definitiv eine Sekunde lang an meinem Dekolletee hängen.
Aber dann wendet er den Blick doch wieder ab und zeigt keine Reaktion. Man! Den Kerl lässt aber auch alles kalt!
Ich habe beschlossen, morgen bei dem Ausflug ein sehr sexy Outfit anzuziehen. So denkt keiner in der Schule, dass ich zur Hure werde, aber Ray sieht hoffentlich mal etwas, worauf er reagiert!

„Wiee, er hat dich nicht nach einem Date gefragt? Und du hast auch alles so gemacht, wie wir es geplant haben?“ Abby ist ganz geschockt, dass es nicht funktioniert hat. Ich bin ja auch etwas enttäuscht.
Wir sitzen bei Starbucks und trinken den Kaffe des Jahres: Caramel Frapuccino.
„Das kann ich mir wirklich nicht vorstellen. Hast du dich so hingesetzt?“, fragt sie, überkreuzt schwungvoll ihre Beine und streckt mir ihre Möpse so entgegen, dass ich mit geübtem Blick abschätzen kann, dass sie 75C hat.
„Naja, so ungefähr“, nicke ich. Ich hoffe wirklich, dass ich dabei nicht so aufdringlich wie meine beste Freundin rübergekommen bin.
„Mhh, und hast du die Sache mit den Haaren ungefähr so gemacht?“ Jetzt nimmt sie ihre Haarsträhnen und spielt an ihrem Ausschnitt rum. Man, wieso sieht das bei ihr so sexy aus? Ich wette, ich hab mich damit total lächerlich gemacht.
„Hrrrchhhm!!“, räuspert sich der Rentner am Nachbarstisch. Erst jetzt fällt mir auf, dass sich viele Blicke in unserem Umkreis auf uns gerichtet haben. Schnell bedeute ich Abby, aufzuhören und kichere.
„Das hat wirklich nicht funktioniert? Nicht mal ein kleines bisschen?“ Sie kann es immer noch nicht glauben.
„Vielleicht bin ich ja nicht sein Typ?“
Genervt schnalzt Abby mit der Zunge und verdreht die Augen, um diesen völlig sinnfreien Beitrag meinerseits schnell zu vergessen.
„Süße, manchmal hast du echt einen Knall. Hast du dich schon Mal im Spiegel betrachtet, nachdem du 14 warst? Ich meine damals, diese Zahnspange war wirklich nicht so schön… Aber du hast dich echt gemacht.“
Für die Bemerkung mit der Zahnspange trete ich sie gegens Schienbein. Sie weiß, was ich damals für Komplexe damit hatte. Ich weiß aber auch selber, dass man heutzutage keinen Augenkrebs bekommt, wenn man mich ansieht. Ich habe langes, mittelbraunes Haar, das mir in Locken auf den Rücken fällt, braune Augen, eine Stupsnase und eine sportliche Figur mit ein paar Kurven.
„Dann machen wir es eben auf die harte Tour. Komm mit“, fordert Abby mich auf und schleppt mich zehn Minuten später in ein Dessous-Geschäft.
„Ich dachte, ich muss nur so tun, als würde ich mit ihm schlafen wollen? Ich werde nicht…!“, protestiere ich, aber Abby zieht mich am Arm nach ganz hinten durch.
Zu den Corsagen. Ohne, dass ich ein Mitspracherecht hätte, drückt sie mir eine nach der anderen in die Hand und befiehlt dann: „Anziehen!“
„Jawohl, Sir!“, salutiere ich und stoße die Hacken zusammen. Dann suche ich mir eine freie Umkleide und ziehe mich um.

Eine Stunde später verlasse ich den Laden mit einer pinken Tüte in der Hand. Meine Wahl ist auf eine Corsage gefallen, die knapp über den Hüftknochen endet und in einem schlichten Schwarz gehalten ist. Muss ja nicht so auffällig sein, ne. Sie ist trägerlos, mit schöner Spitze verziert und hat einen integrierten Push-Up. Wenn Ray da nicht hinsieht, ist er wahrscheinlich schwul.
„Und du ziehst deine dunkelblaue Jeans-Shorts an, hörst du? Die mit den Fransen, in der dein Arsch so gut aussieht“, gibt Abby mir noch mit auf den Weg, bevor sich unsere Wege trennen.

Es sind nicht mal zwanzig Minuten vergangen, als sie mich anruft. „Du Liz, Hank schmeißt morgen eine Party und er hat uns eingeladen… da müssen wir hin!“, erzählt sie aufgeregt. Ihr wisst schon, Hank aus der Stufe über uns, Abbys aktuelles Flirt-Opfer…
„Du weißt doch, dass ich Samstag früh raus muss, um diesen schrecklichen Tag mit Mr-ich-bin-der-Tollste zu verbringen. Da kann ich schlecht Freitagabend feiern gehen.“
„Na komm schon, gerade deswegen musst du doch feiern. Du musst den Abend vorher richtig genießen, um Samstag überstehen zu können. Und du musst ja auch nichts trinken. Meinetwegen kannst du auch schon früher gehen. Aber ich finde, wir sollten da unbedingt hingehen.“
„Dass du das findest, ist mir klar“, murmele ich. Aber insgeheim weiß ich, dass sie das Gleiche auch für mich machen würde und irgendwie hat sie ja auch recht.

Wie ich es Abby versprochen habe, trage ich am nächsten Tag die dunkle Shorts. Und zu der wunderbaren Corsage meine schwarze Ray-Ban-Brille. Alle Blicke sind auf mich gerichtet. Wow. Fühlt sich gar nicht mal so schlecht an.
Mit meinen schwarzen 13-Zentimeter-Heels stöckele ich zu meinem Schließfach. Ich nehme mein Geschichtsbuch heraus und schließe die Tür, da steht auf einmal Gavin vor mir. Uhh, denke ich mir, als ich sein übliches blondes, verwuscheltes Haar sehe. Gavin gehört zu den begehrtesten Kerlen der Schule, Ladies. Wenn das mal nichts heißen soll.
„Hey Liz. Hast du heute Abend schon was vor?“, fragt er und grinst mich dabei an.
Mhhh, wie gerne würde ich mit diesem Schnuckelchen mal ausgehen…. Aber nein, das geht nicht. Solche Kerle sprechen einen schließlich nur an, wenn man so aussieht, wie ich heute. Und in 99,9% der Fälle pflege ich nicht auszusehen, wie eine Edelprostituierte.
„Süß, dass du fragst, aber ehrlich gesagt habe ich schon was vor“, flüstere ich ihm mit einem provokanten Augenzwinkern zu und zische schnell an ihm vorbei in Richtung Geschichtsraum, damit er mich nicht noch nach anderen Tagen fragen kann.
Auf dem Flur fange ich super viele begierige Blicke von Typen auf und manchen winke ich auch zuckersüß zu. So viel Aufmerksamkeit hat man ja nicht alle Tage! Gerade, als ich einem Jungen zuzwinkere, der Justin heißt, soviel ich weiß, laufe ich gegen eine Wand.
„Pass doch auf“, ruft die Wand. Hu, seit wann können die denn sprechen? Und dann auch noch so genervt?
Erstaunt schaue ich auf und sehe meinen Lieblingsmitschüler. Ray. Verärgert sammelt er seine Sachen wieder auf. Der Blick, der auf mir ruht, ist zunächst wütend. Und dann sehe ich, dass ich endlich zu ihm durchgedrungen bin! Wenn auch nur für einen kleinen, unkontrollierten Moment weiten sich seine Augen und sein Blick wandert von meinem Gesicht nach unten.
Man, was freue ich mich schon aufs Tische-Putzen später!
Ich bücke mich elegant, um mein Geschichtsbuch wieder aufzusammeln. Dann nehme ich meine Sonnenbrille ab, mache einen Schritt auf Ray zu, der immer noch wie angewurzelt vor mir steht, und flüstere ihm ins Ohr: „Wie konnte ich dir nur übersehen, Süßer? Hast du nicht zufälligerweise Lust, morgen was mit mir zu unternehmen?“
Ich nehme wieder etwas Abstand von ihm, um ihm mein Outfit noch einmal zu präsentieren, dann gehe ich mit einem koketten Kichern zum Geschichtsraum. Um uns ist es still geworden, und erst als ich mich wieder in Bewegung setze, fangen die Gespräche wieder an. Jemand pfeift mir sogar hinterher!

Als ich in der letzten Stunde für heute sitze – Biologie – wurde ich ohne Scherz von 8 verschiedenen Typen nach einem Date gefragt. Irgendein Spaßvogel hat mir sogar auf den Hintern gehauen und meine Telefonnummer wird von den Leuten, die sie haben, zu einem ziemlich hohen Preis gehandelt. Innerhalb von einem Tag bin ich anscheinend zur Schulqueen mutiert. Und das nur, weil ich mich übertrieben sexy anziehe. Wie vielen von den Jungs, die mich angesprochen haben, es dabei wirklich um mich ging und nicht um Sex, will ich glaub ich gar nicht wissen. Die Zahl tendiert sicherlich irgendwo in dem Bereich, die auch mein Verständnis für Mathe wiedergibt. Also ungefähr bei null.
Naja, aber was viel wichtiger ist: Ray schaut sich immer wieder unauffällig nach mir um. Bio ist einer der Kurse, in dem mir die Ehre zuteil wird, eine Reihe schräg hinter ihm zu sitzen. Ich glaube er denkt, dass ich das nicht merke. Haha, denkste!

Später bin ich die Erste in der Mensa und fange lustlos mit den hinteren Tischen an. Eklig, diese Essensreste auf den Tischen! Und wie die Nudeln oben an die Decke gekommen sind, ist mir auch ein Rätsel…
Gedankenverloren beuge ich mich über den Tisch, um auch an die andere Ecke zu kommen, da klappert etwas hinter mir. Erschrocken fahre ich herum.
Ray steht nur wenige Meter hinter mir und starrt mich an. Als er meinen Blick bemerkt, verdunkelt sich seine Miene und er beeilt sich, den Stuhl aufzuheben, den er umgeschmissen hat.
Ohne ein Wort zu sagen, schnappt er sich Eimer und Lappen und beginnt am anderen Ende der Kantine. Immer, wenn sich unsere Blicke zufällig treffen, guckt er mich richtig böse an und schrubbt dann noch aggressiver weiter, als zuvor. Hab ich dem irgendwas getan?
Trotzdem gebe ich mir weiterhin Mühe, das Tischewaschen so sexy aussehen zu lassen, als würde ich Autos putzen und präsentiere ihm mein Hinterteil dabei aus allen erdenklichen Blickwinkeln.
Ich gebe mir sogar so viel Mühe, dass mir der Lappen vor lauter Schwung aus der Hand rutscht… und leider Gottes Ray trifft, der gerade den Nebentisch säubert.
Erschrocken fahre ich zusammen, als er mit seiner Faust auf den Tisch haut.
„Bist du noch ganz dicht?“, herrscht er mich an. Meine Güte, zu wenig Sex oder was?
Genervt schleudert er den Lappen zurück und um zu verhindern, dass er auf meiner Kleidung landet, muss ich ihn fangen. Mein Nagel bleibt dabei leider an einer Kante des Tisches hängen und reißt ein.
Auuuuuu!!!
Als ich wieder atmen kann, zicke ich: „Kannst du nicht aufpassen! Mein Nagel ist eingerissen, das tut echt weh!“ Dabei bemühe ich mich, die Tränen zurück zu halten.
„Tss, nur weil du nicht fangen kannst. Krieg dich mal wieder ein“, macht er sich über mich lustig.
Ich marschiere auf ihn zu und baue mich vor ihm auf. Mein anklagender Zeigefinger schwebt schon in der Luft, da zerreißt eine schneidende Stimme die Luft.
„Was ist hier los?“
Mr. Sanchez kommt auf uns zu und seine Miene ist alarmiert.
„Nichts“, versuche ich ihn zu beruhigen, doch Ray will lieber Kindergarten spielen.
„Sie hat mich mit dem Putzlappen abgeworfen und mich dreckiges Arschloch genannt!“
„Waaas?“ Mit offenem Mund starre ich ihn an. „Das ist nicht wahr! Ich habe so etwas nicht gesagt. Er hat dumme Ziege zu mir gesagt!“, versuche ich zu kontern.
„Seid ruhig, alle beide!“, befiehlt Mr. Sanchez. „Ich hoffe ihr wisst, dass dieser Ausflug morgen dazu dient, dass ihr euch beide besser kennen lernt und euch gut versteht. Diese Schule präsentiert ein friedliches Bild nach außen hin und so soll es auch bleiben. Wenn ihr beide nicht miteinander klarkommen solltet, werdet ihr in dieser Mensa Tische putzen, bis ihr euren Abschluss habt!“
Mr. Sanchez ist offenbar genervt von uns, denn er ist ganz schön laut geworden. Jetzt schnauft er noch einmal ordentlich durch und lässt uns dann alleine.
Ich werfe Ray einen ultrabösen Blick zu und hoffe, dass er stirbt. Mieses Schwein! Der kann mich mal!!

Ein ganz normaler Freitagabend, an dem nichts so ist, wie es sein sollte

„Lizzyyyy“, quengelt Abby mit Kleinkindstimme. „Jetzt hilf mir doch mal!“ Genervt verdrehe ich die Augen. „Nimm das Blaue!“, finde ich und deute auf das linke der beiden Kleider, die sie mir hinhält.
Ich habe mir keine große Mühe mit meinem Outfit gegeben, bloß ein schwarzer Rock mit einem weißen Top aus Spitze. Ich bin ja heute schon extravagant genug herumgelaufen. Ich bin immer noch ein bisschen mies drauf wegen Ray und Abby bemerkt es.
„Na komm schon, wenn du morgen überstanden hast, brauchst du nie wieder ein Wort mit diesem Affen zu wechseln“, versucht sie mich aufzubauen. Bei dem Gedanken an morgen könnte ich jetzt schon kotzen, echt. Wie soll ich es denn nur sooo lange mit diesem Vollhorst aushalten, ohne mich vor den Bus zu werfen?
Als wir Abbys Haus verlassen, hat meine Laune sich immer noch nicht gebessert.
„So“, sagt meine beste Freundin mit strengem Ton, „jetzt sei bitte wieder die fröhliche und lustige Lizzy, die ich kenne und denk nicht mehr an Ray. Heute Abend wirst du ihn ja wohl nicht sehen.“
Wie falsch sie damit liegt, ahnt zu diesem Zeitpunkt keiner von uns.

Kurze Zeit später steigen wir aus dem Taxi und stehen vor Hanks Haus. Scheint so, als würden seinen Eltern beide Hälften des Doppelhauses gehören. Wir klingeln. Irgendein Mädchen öffnet uns, das ich noch nie gesehen habe. „Haaank“, ruft sie und schaut sich um. An uns gewandt fragt sie: „Seid ihr eingeladen? Wie lauft ihr denn rum? Guckt euch doch mal an! Ich glaube nicht, dass Hank sich mit solchen Teenagern wie euch abgibt.“ Sie grinst und will uns schon die Tür vor der Nase zuknallen. Na super, die Blondine ist höchstens ein Jahr älter als wir. Das fängt ja schon toll an. Zum Glück kommt in dem Moment Hank an die Tür und sieht Abby. Mit zwei Schritten ist er bei ihr, zieht meine überraschte Freundin in die Arme und küsst sie leidenschaftlich. Der Blondine vor mir fallen fast die Augen aus dem Kopf und ich grinse sie triumphierend an.
Dann marschiere ich an ihr vorbei ins Innere des Hauses, da ich damit rechne, dass die beiden Turteltäubchen auf der Veranda noch ein bisschen länger brauchen. Dann betrete ich das Wohnzimmer und merke, dass ich hier irgendwie keinen kenne. Es sind echt viele Leute da und alle tanzen. Das Licht ist gedimmt und die Musik gut. An das Wohnzimmer grenzt die offene Küche an, wo es Häppchen und etwas zu trinken gibt. Ich beschließe jetzt, meinen Vorsatz nichts zu trinken offiziell zu brechen und begebe mich zu der Schüssel mit Bowle. Alleine untätig in einem Raum voller Menschen, die ich vom Sehen vielleicht kenne, aber mehr auch nicht, herum zu stehen, kommt mir nämlich noch blöder vor. Wie bin ich eigentlich auf die bescheuerte Idee gekommen, mit zu gehen? War doch klar, dass das so läuft… Genervt schöpfe ich mit einer Kelle Bowle in meinen Plastikbecher und probiere sie vorsichtig. Mhh, ganz schön lecker. Zu meiner Erleichterung schmecke ich nicht ganz so viel Alkohol und ich habe echt Durst. Dann kann ich ja auch ein bisschen mehr trinken. Vielleicht ist das ja sogar die anti-alkoholische Bowle? Ich leere den Becher in einem Zug.
Endlich sehe ich ein bekanntes Gesicht. Libby kommt auf mich zu.
„Hi, du bist ja auch hier! Musst du nicht morgen schon früh aufstehen?“
„Wie, du doch auch?“, frage ich verunsichert. Schließlich stand sie mit mir zur Verlosung auf der Bühne. Doch sie winkt ab.
„Ich fahre doch gar nicht mit, keine von den Mädels tut das.“
Ich werde blass. „Wie, ihr lasst mich alle alleine?!“
„Du bist doch mit Ray da, freu dich doch!“ Offenbar kann sie es nicht verstehen, dass ich in dieser Situation eher anfangen könnte zu heulen, anstatt mich zu freuen. Ich kann es einfach nicht fassen. Einen ganzen Tag alleine mit Ray und dicken, bärtigen Männern mit ihren Familien. Wenn Libby oder irgendwer anders noch mitgefahren wäre, hätte ich es vielleicht überlebt. Aber so? Niemals! Ich muss meiner Familie noch sagen, dass ich einen grauen Grabstein will und keine Kreuz aus Holz oder so…
Jetzt muss ich erst mal noch einen zweiten Becher Bowle exen.
Okay. Ich muss die Nerven bewahren. Ich werde Ray morgen einfach ignorieren, das ist es. Wenn ich ihn nicht beachte, wird er mich auch in Ruhe lassen.
Zu Libby und mir gesellt sich ein Kerl, von dem ich weiß, dass er mit Hank im Football-Team spielt. Er hat blonde Haare und ist viel größer als ich.
„Hi ich bin Tom“, stellt er sich vor und reicht uns beiden die Hand. „Du bist Lizzy, oder?“
„Woher…“, stammele ich erstaunt, denn ich habe noch nie mit ihm geredet, doch er unterbricht mich.
„Ab heute kennt jeder deinen Namen, da musst du dich nicht wundern.“
Libby wird das anscheinend zu einseitig und sie geht weg.
Ich stehe immer noch auf dem Schlauch. „Wie meinst du das?“
Tom verdreht seine blauen Augen und grinst. Nach kurzem Überlegen fällt auch bei mir der Groschen. Ach ja, ich bin ja heute herumgelaufen wie eine Nutte. Ob es das wohl wert war? Weiter gebracht hat es mich ja nun nicht wirklich, abgesehen davon, dass wildfremde Kerle meinen Namen kennen.
Tom beugt sich vor, während er seinen Blick über mich wandern lässt. Ihh, irgendwie ist mir das unangenehm. „Hast du nicht Bock auf ne kleine Nummer? Wir können in Hanks Schlafzimmer gehen“, flüstert er mir schließlich ins Ohr.
Ich weiche von ihm zurück und reiße die Augen auf. Reflexartig knalle ich ihm eine. Fluchend hält er sich die Wange, die langsam rot wird.
„Hast du sie noch alle?“, raunze ich ihn an.
„Musst dich doch nicht wundern, wenn du so rumläufst“, sagt er angepisst und verzieht sich. Eigentlich hat er recht. Vielleicht hätte ich vorher ein bisschen ausgiebiger darüber nachdenken sollen. Aber jetzt ist es halt so gelaufen und der Plan war ja eigentlich nur… Ray scharf zu machen, um ihm dann eine Abfuhr zu erteilen. Auf diesen ganzen Schreck trinke ich noch einen Becher Bowle.
„Hey, alles klar bei dir?“, reißt mich Gavin aus meinen Gedanken. Oje, geht das jetzt noch weiter? Ich habe ihm zwar heute Morgen gesagt, dass wir uns vielleicht heute Abend hier sehen, aber das war doch nicht ernst gemeint… Er muss meinen verstörten Blick bemerkt haben, denn er besänftigt mich.
„Keine Angst, ich bin nicht so wie Tom. Der will doch mit allem ins Bett, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Was war das denn heute?“
Ich kann Gavin schlecht den wahren Grund meiner Verkleidung von heute Früh verraten, also denke ich mir schnell was aus. „Ich habe eine Wette verloren und musste einen Tag so rumlaufen.“
„Ganz schön mutig von dir“, findet Gavin. „Wenn ich es mir recht überlege, war es ziemlich doof, dich ausgerechnet heute zu fragen, ob du Lust auf ein Date hast. Wahrscheinlich war ich damit lange nicht der Einzige, hab ich recht?“
Ich schüttele den Kopf und bewundere seine tollen dunkelblonden Haare. Ich würde sie gerne mal anfassen.
„Weißt du, ich hätte dich schon lange vorher gefragt. Aber irgendwie hab ich’s nie gemacht. Frag mich nicht, warum ausgerechnet heute.“ Er schüttelt den Kopf. „Aber ich habe dich gesehen und du sahst so… gut aus, ich konnte einfach nicht anders.“ Wieder macht er eine kurze Pause und schaut mich an. „Versteh mich bitte nicht falsch. Ich will dich nicht flachlegen, so wie Tom. Ich würde mich einfach nur gerne mit dir treffen.“
„Ähh…“, stottere ich. Jetzt bin ich mir sicher. Diese Bowle ist nicht alkoholfrei. Aber jetzt ist es auch zu spät, denn ich merke schon was. Gavin will wirklich mit mir ausgehen? Er hätte doch einfach früher fragen können, ich glaube nicht, dass er zur schüchternen Sorte gehört.
„Willst du vielleicht erst mal mit mir tanzen?“, fragt er schmunzelnd über meine Sprachlosigkeit und hält mir die Hand hin. Klar will ich! Wie könnte ich da nein sagen? Ich trinke den Becher aus, den ich noch in der Hand halte und lasse mich dann von Gavin auf die improvisierte Tanzfläche ziehen. Es läuft Play Hard von David Guetta und die Bowle tut ihren Teil zu meinen wilden, aber sexy Dance Moves dazu. Seine Hände liegen locker an meiner Hüfte und der Abstand zwischen uns ist nicht zu groß, aber auch nicht zu klein. Er kann echt gut tanzen für einen Kerl und er schaut mich soo süß an!

Wir tanzen eine Weile und zwischendurch wird immer wieder was getrunken. Irgendwann muss ich dann auch mal aufs Klo und bahne mich zwischen den Leuten durch, da fange ich an zu halluzinieren.
An die Wand zum Flur gelehnt steht ein Kerl mit kurzen dunkelbraunen Haaren. Groß. Blaue Augen. Unverkennbar, da gibt es nicht viele. Ray flirtet lässig mit der Blondine, die uns vorhin die Tür geöffnet hat. Beim Anblick meines persönlichen Albtraums bleibt mein Herz kurz stehen, dann rast es doppelt so schnell weiter.
Fakt ist Ray steht direkt neben der Tür zum Flur und da muss ich lang, wenn ich auf die Toilette will. Fakt ist auch, ich muss super dringend und kann nicht warten, bis er weg ist. Also muss ich mich irgendwie an ihm vorbeischmuggeln. Ich sehe mich um. Natürlich könnte ich mir  eine Jacke übers Gesicht legen, nur angetrunken, wie ich bin, verliere ich dabei wahrscheinlich die Orientierung und lege mich auf die Fresse.
In den Moment kommt dieser Tom an mir vorbei und geistesgegenwärtig halte ich ihn fest.
„Hör mal zu, das mit vorhin tut mir leid. Ich komm mit dir nach Hause und da können wir machen, was du willst, wenn du jetzt zu Ray gehst, dein Shirt ausziehst und es ihm über den Kopf legst, sodass er nichts mehr sieht.“
Mein Angebot steht und Tom, der anscheinend schon ordentlich was getrunken hat, fängt an zu strahlen.
„Klar Baby, mach ich sofort.“ Mit diesen Worten stellt er seinen Drink ab, läuft zielstrebig auf Ray zu und tut genau das, was ich gesagt habe. Braver Junge.
Im gleichen Moment schnappe ich mir eine Zimmerpflanze, die neben mir auf dem Boden steht, und halte sie zur Tarnung neben mich. Dann sprinte ich (leichter gesagt, als getan mit so einem Kübel voller Erde in den Händen) an Ray und Tom vorbei, die inzwischen anscheinend angefangen haben, sich zu prügeln. Fand Mr-ich-bin-so-geil wohl nicht so toll, die Aktion mit dem T-Shirt. Kann ich verstehen, wenn mir jemand irgendwas über das Gesicht ziehen würde… Naja, die Pflanze lasse ich fallen, sobald ich auf dem Flur bin und flitze in die Toilette.
Nach meiner Erleichterung kommt mir folgender Gedanke: Wie komme ich ungesehen wieder zurück? Vielleicht hätte ich vorher mal nachdenken sollen… Ich könnte mich rundum mit Klopapier einwickeln… aber das sähe wahrscheinlich ziemlich komisch aus. Ich könnte auch aus dem winzigen Fenster oben im Klo klettern. Oder auch nicht. Scheiße, ich muss da wohl wieder raus. Ein Mal tief durchatmen und los.
Gerade als ich auf den Flur trete, sehe ich, wie Tom durch die Haustür verschwindet. Ein Problem gelöst.
„Sonst geht’s dir aber gut?“, reißt mich eine Stimme hinter mir aus den Gedanken und ich wirbele herum. Dann werde ich leichenblass. Mist! Ray steht mir gegenüber. Er trägt ein graues Hemd, dessen Ärmel hochgekrempelt sind, und Jeans. Seine Miene verrät nichts, aber an seinen Augen kann man sehen, dass er gereizt ist. Naja. Ist ja nichts Neues. „W-Wovon spricchst du?“, lalle und stottere ich gleichzeitig. Er kommt bedrohlich auf mich zu, bis er direkt vor mir steht und ich bemerke, dass in seinen Augen nicht nur Gereiztheit sondern auch Verwirrung zu sehen ist.
„Was sollte das?“, will er wissen.
„Ich war auf dem Klo“, erzähle ich. Er kneift die Augenbrauen zusammen.
„Weshalb erzählst du unschuldigen Männern, dass sie dich ficken können, wenn sie sich mit mir prügeln? Hört sich ziemlich schlampig an, wenn du mich fragst. Und vor allem: Was hast du davon?“
Also so war das ja gar nicht. Ray stellt die Tatsachen völlig verkehrt da. Was bildet der sich überhaupt ein, auf der gleichen Party aufzutauchen, auf der ich auch bin? Ich drehe mich um und will gehen, doch er steht sofort wieder vor mir. Wie hat er das gemacht? Naja, Alkohol trübt ja bekanntlich die Sinne. Meine zumindest.
„Glaubst du, dass irgendjemand in einer Schlägerei eine Chance gegen mich hat?“, fragt Ray und ich kann nicht anders, als los zu prusten.
„Nein, natürlich nicht. Du bist schließlich der Tollste und Stärkste und Heißeste…Fuck, ich meine Hässlichste….“ Oh Gott, jetzt bin ich völlig raus. Scheiße, das war noch nicht mal so gemeint! So heiß finde ich Ray gar nicht. Also klar, er sieht echt super aus und seine blauen Augen sind der Wahnsinn…Aber er ist ja sowas von überhaupt nicht mein Typ! Und noch dazu diese Arroganz, da kriegt man ja das Kotzen. Und jetzt habe ich sein überdimensionales Ego auch noch gestreichelt und er denkt, ich stehe auf ihn. Suuuper gemacht, Lizzy!
„Ich gehe jetzt was trinken“, murmele ich und zu meinem Erstaunen lässt Ray mich diesmal vorbei. Ahhh, ich könnte mir gerade in den Hintern beißen.
Unterbewusstsein, was sollte das? Wolltest du mich bloßstellen?? Mein Unterbewusstsein kichert leise…HAB ICHS DOCH GEWUSST! Na vielen Dank auch!
Hank hat in weiser Voraussicht, dass die Bowle nicht den ganzen Abend halten wird, auch ein paar Flaschen Wodka und kalte Cola bereitgestellt. Einem ersten Glas folgt ein zweites. Jetzt geht’s mir schon besser.
„Wow, so durstig?“, fragt Ray und grinst verschmitzt.
„Sag mal, verfolgst du mich?“, schnauze ich ihn an. „Verpiss dich!“
„Na komm schon, trink einen mit mir“, verlangt er.
„Ne, ganz bestimmt nicht.“ Ich starre stur geradeaus und würdige ihn nicht eines Blickes.
„Dann tanz mit mir“, geht es weiter.
Jetzt muss ich ihn doch ungläubig angucken. Von Verärgerung, Gereiztheit, Wut oder irgendwelchen anderen negativen Spannungen ist bei ihm nichts mehr zu sehen. Er steht locker neben mir, entspannt und grinst.
„Bist du behindert?“, frage ich und meine es fast ein bisschen ernst. Ich meine, mal im Ernst. Auf die Idee kann er doch jetzt nur kommen, wenn sein Hirn einen Vollschaden hat.
„Wir müssen morgen gut miteinander auskommen, schon vergessen?“
„Pah, ich denke gar nicht dran“, erwidere ich.
„Also mir reicht‘s mit dem Tischeputzen. Dir nicht?“
Boah, du musst jetzt nicht denken, dass ich mich mit dir verbünde du Vollspast! „Tanzen hilft dir da bestimmt auch nicht weiter“, fauche ich und mache mich auf, um Abby zu suchen.
Sie steht auf der Terrasse mit Hank und leistet ihm beim Rauchen Gesellschaft.
„Also ich geh jetzt. Du hättest mich auch mal sagen können, dass Ray kommt“, sage ich immer noch auf 180.
„Ray ist da?“, freut sie sich. „Das ist doch perfekt! Füll ihn ab und mach ihn scharf!“
Verständnislos gucke ich meine beste Freundin an. „Ich fürchte, nachdem ich ihn erst sich prügeln lassen hab und ihn dann nur angeschnauzt habe, wird daraus nichts mehr.“
„Waaas hast du? Was wird denn jetzt aus unserem Plan?“ Abby schmollt. Ich zucke nur die Schultern.
Sie startet einen letzten Versuch. „Du warst die ganzen letzten Tage so sauer auf ihn. Das muss doch was gebracht haben. Du bist doch so eine gute Schauspielerin. Deine einzige Chance, es ihm irgendwie zurück zu zahlen, ist unser Plan!“
Auch mit vernebeltem Schädel sehe ich ein, dass sie Recht hat.
„Du reißt dich jetzt zusammen und biegst das wieder hin. Lächel mal“, fordert Abby mich auf. Ich bringe ein gequältes Grinsen zustande. „Sehr gut, meine Hübsche. Und jetzt los!“

Innerlich seufze ich. Ich will diesen Arsch von Ray eigentlich echt nur noch loswerden. Aber meine Freundin hat schon recht. Wenn ich will, dass er sich richtig gedemütigt fühlt, muss ich ihn verarschen. Sonst wäre die ganze Tortur heute in der Schule ja wohl umsonst gewesen. Ich beschließe, vorher noch einen Schluck Wodka zu trinken und nehme vorsorglich zwei kleine Shot-Gläser mit. Schließlich finde ich Ray. Diese Blondine hat sich schon wieder an ihn ran gehängt.
„Ray“, rufe ich aus sicherer Entfernung. Er dreht sich um, sieht mich und die beiden Shots und kommt grinsend auf mich zu. Blondie wurde schon zum zweiten Mal heute Abend stehen gelassen und ich strecke ihr die Zunge heraus.
„Ich hab‘s mir anders überlegt“, erkläre ich, als er vor mir steht. Versöhnlich halte ich ihm den Wodka-Shot hin und kriege sogar ein Lächeln auf die Reihe.
„Auf Mr. Sanchez“, sage ich und hebe mein Glas. Ray wiederholt den Spruch und stößt sein Glas an meines. Dann kippen wir das Zeug herunter und ich verziehe unwillkürlich das Gesicht.
„So schöne Frau, würdest du dann auch noch mit mir tanzen?“
Schöne Frau? Ich muss schon wieder losprusten. „Aber klar doch“, sage ich zuckersüß.
Eine Weile tanzen wir, ohne uns zu berühren. Allerdings schaut Ray mir dabei die ganze Zeit in die Augen. Hatte ich schon erwähnt, dass sie wunderschön blau sind? Sein Mund ist voll und grinst mich an. Ich muss zugeben, dass ich das Blondchen schon irgendwie verstehen kann. Ray ist eine Sahneschnitte. Die harten Gesichtszüge lassen ihn männlich aussehen und älter als er ist.
Ich lege meine Hände um seinen Hals und ziehe ihn ein Stück näher zu mir. Dabei versuche ich so sexy, wie möglich zu tanzen.
Meinen allerersten Erfolg verbuche ich jetzt. Bisher hat ihn nichts beeindruckt,  von Haaren im Ausschnitt bis zum Stifte-Poledance. Aber jetzt knacke ich seine harte Schale zumindest ein bisschen. Meine linke Hand lasse ich, wo sie ist. Ich ziehe ihn noch ein Stück näher zu mir, sodass wir uns ganz nah sind. Dann lasse ich meine rechte Hand ganz langsam Richtung Süden wandern. Als ich schließlich bei seinem Oberschenkel angekommen bin, fahre ich mich der Hand wieder nach oben und grinse ihn frech an. Den völlig verdatterten Ray lasse ich stehen, nehme mir meine Jacke und kann endlich von dieser Party verschwinden.

Impressum

Texte: geistiges Eigentum von Stefanie M.
Bildmaterialien: Cover by just.love - Danke! :)
Tag der Veröffentlichung: 14.04.2012

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