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Kapitel 1

Ich strich mit meinen Fingern über die rauen Kanten der Bretter. Die hellblaue Farbe blätterte ab. Zufrieden ließ ich meine Augen schweifen. Es war noch sehr früh, weshalb noch kaum jemand am Strand war. Aber der Platz hier war sowie so ziemlich verlassen. Ich liebte den Geruch vom Meer. Weißer Sand und Türkises Wasser. Das Rauschen der Wellen hatte eine hypnotisierende Wirkung auf mich. Wind zerzauste meine Haare und der salzige Duft grub sich noch tiefer in meine Nase.
Mum war nicht Nachhause gekommen. Sie war seltener da. Arbeiten oder bei Paul. Ich mochte ihn nicht. Er roch immer nach Zigaretten und er trank zu viel, aber irgendwelche wertvollen Eigenschaften musste er besitzen, sonst würde Mutter nicht so viel Zeit mit ihm verbringen.
Das Haus der Arnolds kam in Vorschein. Sie hatten ein kleines Haus ganz für sich. Es gab sonst niemanden hier. Mein Herz begann automatisch schneller zu schlagen, als ich die Rot gestrichenen Wände und die rostbraune Tür sah. Das Windspiel aus bemalten Glocken davor hängend. Mrs. Arnolds hatte es gemeinsam mit ihren Kindern und mir gemacht. Wir waren zu der Zeit noch in der Grundschule gewesen. An dem Tag war Mutter komatös zuhause auf dem Sofa gelegen.
Die letzten Meter joggte ich, nahm den Schlüssel, den mir Mrs. Arnolds gegeben hatte und öffnete die Tür. >Hallo?<
>David? In der Küche.< Ich hängte meine Jacke an den Hacken und schritt durch den Flur. Die Wände waren in einem hellen Blau gestrichen. Selbst bemalte riesige Plakate waren aufgehängt. Es waren Bilder, die wir selber gemalt hatten. Bunte typische Kindergarten-Bilder von Jack, Tulisa und mir. Die Lampe, die über mir hing, war in Form eines Goldfisches und strahlte oranges Licht aus. Der Fisch hatte große Glubsch-Augen und hatte die Lippen zu einem großen Kussmund verzogen.
Mrs. Arnolds war anders als meine Mutter. Anders als jede Mutter, die ich je gesehen hatte. Das ganze Haus widerspiegelte ihre Persönlichkeit.
Ich trat in die Küche. Tulisa aß Müsli und lächelte mich breit an. Ich wusste, dass Tulisa in mich verliebt war. Sie machte keinen Hehl daraus. Sie war auch sehr hübsch. Ihr schwarzes Haar reichte ihr bis zur Hüfte. Glatt und glänzend. Große graue Augen, eine kleine Nase und volle Lippen. Sehr zierlich und süß, aber... sie war wie meine Schwester.
>Hi, Tulisa.< Sie bot mir Müsli an, aber ich lehnte ab und setzte mich ihr gegenüber an den Tisch. Das Licht im Backofen war an. Der Geruch von Gebäck lag in der Luft. >Backt deine Mum?<, fragte ich und fuhr mir durchs Haar.
Sie grinste mich weiter an. >Ja. Irgendwas, das sie in einem Buch gelesen hat. Warum bist du schon so früh hier?< Ihre Wangen bekamen einen leichten roten Schimmer. Verlegen schob sie sich eine lose Strähne hinter ihr Ohr.
Ich zuckte mit der Schulter und sah mich um. Dieses Haus hatte ich schon immer geliebt. Die Kücheneinrichtung war Giftgrün. Der Tisch, an dem ich saß, hatte einen Gummibärchen-Aufdruck. Tulisa aß aus einer Schüssel in Form eines Bärenkopfes. Hier war alles so farbenfroh und positiv.
Zuhause war alles grau oder braun und so trostlos. Als würde dort niemand wirklich leben. Und es war ja auch nur sehr selten jemand da. Mum fast immer unterwegs und ich war in der Schule oder bei den Arnolds.
>Mir war langweilig und ich dachte mir, Jack hat vielleicht Lust was zu machen.< Sie nickte. Ihr Lächeln wurde schwächer und sie stocherte etwas enttäuscht in der Schüssel herum. >Du... du kannst natürlich auch mitkommen und...< 
Sie zuckte mit der Schulter. >Als ob Jack mich mitkommen lassen würde.<
>Hey! David!< Mrs. Arnolds. Sie kam auf mich zu und schlang ihre Arme um mich herum. Ihre roten Lippen drückten sich an meine Schläfe.
>Morgen, Mrs. Arnolds.<, lachte ich. Sie kitzelte mich und zerzauste mir das Haar.
Sie hatte rot gefärbtes Schulterlanges Haar. Der Ansatz war schwarz. Mrs. Arnolds trug immer rote Kleidung. Heute hatte sie sich für ein rotes Sommerkleid entschieden.
>Süßer, Lust auf Karottenkuchen? Ich habe mir ein neues Kochbuch gekauft. Sehr lecker.< Sie schob ihre Hände in zwei Backofenhandschuhe. Der eine sah aus wie eine Ente, der andere wie ein Frosch. Damit holte sie den Kuchen heraus und präsentierte ihn mit einer ausschweifenden Handbewegung. >Tadaa!<
Tulisa beäugte die pinke Backform misstrauisch. >Und das soll schmecken?<
>Ja, das soll es und wird es.< Sie schnitt ein Stück ab und hielt es mir hin. >Mund auf.< Ich biss ab. Erwartungsvoll sah sie mich an.
>Gut.<, sagte ich. Es schmeckte anders. Etwas würziger, aber trotzdem süßlich.
Sie biss selber ab und reichte dann ihrer Tochter das Kuchenstück. >Das schmeckt, Tulisa. Probier es.< Diese sah erst schüchtern zu mir und nahm dann auch einen Bissen. >Und?< Sie verzog das Gesicht und zuckte mit der Schulter. >Miesepeter. Jacky! Komm runter, David ist hier!<
Erneut begann mein Herz schneller zu schlagen, als ich die dumpfen Schritte auf dem grünen Teppich hörte. Seine Sportschuhe sah ich zu erst. Joggend kamen sie die Wendeltreppe hinab.
Und da war er. Jack Arnolds. Das schwarze Haar lag ihm seitlich im Gesicht, doch das Grau seiner Augen war dennoch hervorstehend. Es sah so aus, als würde er lediglich mit seiner Hand durch sein Haar fahren. Er hatte ein markantes Kiefer und die vollen Lippen, die auch seine Schwester hatte. Doch seine Nase war anders. Ein gerades Nasenbein. Große Augen und dichte Brauen. Anders als bei Tulisa, war sein Vater Grieche und das merkte man. Er sah aus wie... diese Kerle auf Gemälden. Unecht und irgendwie zu gut und schön, um der Realität zu entsprechen.
Er grinste. Ich hielt die Luft an. Zwei perfekte Zahnreihen strahlten mich an. >David.< Wir sahen uns für ein paar Sekunden einfach an, bevor er sich abwandte und zum Wasserkocher ging.
>Bringst du uns bitte Teller, David? Dann können wir frühstücken.< Ich tat, wie gesagt. Jack setzte sich neben mich, schenkte jedem Wasser ein und stellte noch eine Box voll verschiedener Teesorten hin. >Hier. Karottenkuchen.< Jeder bekam ein ganzes Stück auf den Teller gesetzt. Jacks Oberschenkel und sein Arm berührten mich, wann immer er sich bewegte. Jedes Mal atmete ich innerlich tief ein.
Ich kannte Jack seit ich ein Kleinkind war. Seit ich denken konnte, waren wir Freunde. Er war mit mir in einer Klasse. Uns gab es nur im Doppel-Pack. Früher hatten wir uns als Brüder bezeichnet, aber jetzt... war es anders...
>Wollen wir raus an den Strand? Wir können surfen.< Er zog sein Knie unter sein Kinn und sah mich mit der Schläfe dagegen gelehnt an. >Du hast dein Surfboard nicht dabei, was?< Ich schüttelte den Kopf. >Dann gebe ich dir meines.< Mit einem zarten Lächeln beobachtete er mich dabei, wie ich aus der Tasse trank.
>Kann ich mitkommen?< Wir sahen beide überrascht zu Tulisa auf. Mrs. Arnolds ging zum Radio, schaltete es an und begann summend durch die Küche zu tanzen. >Ich meine, ich kann zuschauen und...<
>Nein, lieber nicht. Du würdest dich nur langweilen und...< Er fuhr sich durchs Haar und zuckte mit der Schulter. >Was bringt das schon?<
Sie sah zu mir und dann wieder zu ihrem Bruder. Ich lächelte sie entschuldigend an. >Ja, klar...<, brummte sie und rauschte wütend aus der Küche.
>Ich glaube, sie hat ihre Tage.<, bemerkte er amüsiert und trank von seinem Tee. Ich lachte leise. Er und seine Schwester verband eine seltsame Hass-Liebe-Beziehung. Meistens waren sie distanziert, aber manchmal auch unzertrennbar. Sie hielten dann sogar Händchen und schliefen im gleichen Bett. Es war nervig, aber sie waren nun mal Geschwister.
Mrs. Arnolds schlug ihn leicht gegen die Schulter. >Sie möchte einfach nur Zeit mit euch beiden verbringen. Und sie mag...< Sie nickte zu mir.
Beide sahen sie mich mit angehobener Braue an. Unwohl rutschte ich auf dem Stuhl hin und her. >Ist das so?... Na ja, ich habe keine Lust, sie mitzunehmen. Später würde sie sich sowie so nur beschweren, weil wir nur auf dem Wasser sind.< Jack stand auf und räumte unser beider Geschirr in die Spülmaschine. >Komm.< Er winkte mich hinter sich her.
Jack wohnte im Dachgeschoss. Es war wirklich cool. Ein Bett mit einfachem Eisengestell stand vor der Doppeltür aus Glas die zum Balkon führte. Er hatte zwei Regale. Der eine war für Bücher, der andere für seine Kleidung. Der Rest hing an einer Kleiderstange. Ich mochte sein Stockwerk. Hier befand sich unsere gemeinsame Kindheit. Bilder, Fotos und Gegenstände. Sowie den Ast, den wir am Strand gefunden hatten. Er war 2-3m lang. Aus irgendeinem Grund waren wir furchtbar fasziniert von ihm gewesen und hatten ihn mitgenommen. Letztes Jahr hatten wir dann Leuchtgirlanden und ein paar wenige Glühbirnen daran gehängt und nun diente er ihm als Deckenlampe. Auf dem Boden lag ein grauer Teppich auf dem ein Fleck war. Beerensaft. Ein kompletter Krug Beerensaft, den ich verschüttet hatte.
Die Erinnerungen strömten nur so auf mich ein, wenn ich hier war. Er hielt mir eins seiner Boards hin. >Hier. Ich habe aber nur einen Neopren-Anzug. Du kannst dir Shorts nehmen.<
Ich ging an das Regal und nahm mir ein Paar Shorts in Blau. Als ich mich zu ihm umdrehte, war er schon dabei sich umzuziehen. Sein Oberteil lag auf dem Boden. Wir waren beide Surfer und hatten deshalb die typische sportliche Schwimmer-Statur, aber Jack war irgendwie anders. Er besaß diese Anziehung. Ich war erst 16, er fast 17. Jack wirkte aber älter. Wie 18 oder 19. Seine Muskeln waren definierter und fester. Die Mädchen in der Schule sahen ihm nach, wenn er vorbeilief.
Ich bemerkte erst, dass ich ihn beobachtete, als er sich zu mir umdrehte. >Ist was?<, fragte er und warf seine Schuhe in eine Ecke.
>Nichts, ich... Nichts.< Er öffnete seine Jeans. Unsicher linste ich zu ihm hinüber, gerade als er sie hinunterzog. Ich musste meinen Atem kontrollieren.
Nicht schon wieder.
Meine Finger kribbelten etwas, während ich mich ebenfalls auszog und dann die Shorts überstreifte. >Ich habe jetzt genug Geld angespart, um mir ein Motorrad zu kaufen.<
>Wirklich?< Ich klemmte das Board unter meinen Arm. >Cool. Wann hast du es?<
Er zog sich den Neopren-Anzug über, ließ seinen Oberkörper aber frei. >Nächsten Monat, denke ich. Du und ich werden die ersten sein, die damit fahren.< Lächelnd schlang er seinen Arm um meinen Nacken, während wir herunter liefen. >Glaub mir, dass wird richtig gut. Und wir fahren natürlich zusammen zur Schule.<
>Wie hast du es nur geschafft, deine Mutter dazu zu überreden, dich einen Motorradführerschein machen zu lassen?<, murmelte ich. Ich hatte es auch versucht, aber neben den offensichtlichen Geldproblemen, meinte Ma auch, dass es zu gefährlich sei. >Meine Mutter hat mir fast eine gelangt, als ich sie gefragt habe.<
Jack lachte und stieß mich an. >Meine Mum ist da einfach lockerer, weißt du doch.< Wir liefen zur Hintertür. >Mum, wir sind am Strand!< Er schob mich vor nach draußen. >Oh, ist ein bisschen kalt. Willst du meinen Anzug doch haben?<
Ich schüttelte den Kopf. >Nein, geht schon. Die Wellen sind heute gut. Wer zuerst da ist!< Sofort begann ich zu rennen. Hinter mir konnte ich Jack lachen und mir folgen hören. Jack kniff mich in den Hintern, als er an mir vorbeilief. Erschrocken fuhr ich zusammen. Meine Schritte verlangsamten sich und ich sah ihm mit offenem Mund nach.
Er zwinkerte mir nur zu und rannte weiter. >Na komm, David.< Er steckte seine Arme in den Anzug und zog ihn zu. Seine festen Rückenmuskeln verschwanden unter dem schwarzen Stoff. >Bist du bereit? Die Wellen sehen gut aus.< Ich kam neben ihm an. Spürte seine Hand noch immer an meinem Hintern. Die Wellen waren groß und hielten ihre Form. Gemütlich wateten wir durch das Wasser. Es war relativ warm. Wir setzten uns, sobald das Wasser auf Hüfthöhe war, auf die Boards. Ich schloss genießerisch die Augen und atmete durch. Das Salz in der Luft legte sich auf meine Zunge. Ich leckte mir über die Lippen. >David, da kommt was.< Ich öffnete die Augen und tatsächlich. Vor uns baute sich eine Welle auf. In geprobten Bewegungen, drehten wir uns herum, legten uns flach auf das Board und paddelten was das Zeug hielt. Sobald wir der Welle nah genug waren stellten wir uns drauf und richteten uns auf, während unsere Boards an der Welle hinaufstiegen. Und dann erfasste sie uns. Ich stand breitbeinig da, ging etwas in die Knie und streckte meine Arme in Richtung der Wellen, für bessere Stabilisation. Ich richtete die Spitze meines Boards nach oben, sodass ich an der Welle hoch schoss. Sofort griff ich mit beiden Händen nach dem Board und machte einen Salto. Rückwärts landete ich auf der Welle, drehte mich und strich über das Wasser. Ein perfekter Rodeo Flip.
Jack johlte hinter mir laut. >Ja!<, rief er und hob die geballte Faust. Ich lachte atemlos. Mein Herz schlug rasend schnell und pumpte das Adrenalin durch meine Adern. >Genial, David.< Die Welle fuhr an uns vorbei und verging am Strand. Wir setzten uns wieder auf das Board. >Perfekter Flip.< Er klopfte mir auf die Schulter. >Alley Oop. Jetzt.<
Ich schüttelte den Kopf. >Auf keinen Fall.<
Er biss sich auf die Unterlippe und paddelte der nächsten Welle entgegen. Ich folgte ihm. Beobachtete ihn. Er drehte sich mit dem Rücken zur Welle und stieg auf. Ich tat es ihm gleich. Seine Finger strichen über das Wasser. Es schäumte hinter ihm. Auf einmal sprang er hoch in die Luft und drehte sich zweimal um seine eigene Achse. Ungläubig trennten sich meine Lippen. Er kam zu mir und boxte mich gegen die Schulter. >Hab doch gesagt, dass ich das packe.<, prahlte er.
So blieben wir den ganzen Morgen und den Mittag auf dem Wasser. Teilweise lagen wir auch einfach nur auf den Boards und ließen uns von der Sonne bestrahlen. >Ich liebe Wasser.<, gähnte ich. Meine freie Hand hing über dem Board im Wasser. Es war so klar und sauber. Jack brummte zustimmend. >Dieser Geruch und so...<
>Ja. Das Meer, die kratzbürstige Frau. Neptun, der Gott der Meere.< Ich lachte und sah gleichzeitig zu ihm hinüber, wie er zu mir. Sein Haar klebte an seiner Haut. Es glänzten noch immer Wassertropfen auf seiner Brust. Seine Bauchmuskeln spannten sich an und ab. Die schönen Farben um ihn herum traten in den Hintergrund. Das Licht der Sonne verlieh ihm einen unwirklichen Schein. >Die Shorts stehen dir. Kannst sie behalten.< Er sah runter zu meinen Beinen und wieder hoch in mein Gesicht. >Passt zu deiner blonden, blauäugigen Unschuld.<, schmunzelte er und stieg vom Board. Ich lachte kopfschüttelnd. Er hielt sich an dem Surfboard unter mir fest und tauchte ab.
>Hör auf, Jack.<
Sein dunkler Haarschopf stieg auf der anderen Seite wieder auf. >Mit was?< Seine Fingerspitze malte wirre Muster auf dem Surfboard. Direkt neben meiner Hüfte. >Ich habe die Shorts in diesem kleinen Laden da gekauft...< Er fuhr mit den Fingern über den Saum. Ich stützte mich auf den Ellenbogen ab und sah zu seiner Hand hinunter. >Laguna beach. Da war dieses kleine Geschäft und ich...< Er fuhr weiter hoch. >... habe meine Schwimmsachen nicht dabei gehabt. Bin relativ spontan dahingegangen.<
>Was...?< Meine Atmung beschleunigte sich. >Was tust du...?<
>Ich habe sie eigentlich sogar für dich gekauft. Die Farbe hat mich an deine Augen erinnert.< Seine Hand hielt an meiner Leiste. Er blickte mir direkt in die Augen. Ein paar Sekunden starrten wir uns an, dann fragte er: >Gefallen sie dir?<
Seine Frage bezog sich nicht auf die Shorts. Unsicher schluckte ich und sah runter auf seine Finger. Ich konnte nicht lügen, denn unter dem blauen Stoff der Badeshorts baute sich eine Erhebung auf. Langsam bewegte ich mein Kinn auf und ab. Er biss sich auf die Unterlippe und ließ seine Hand auf meinen Schritt gleiten. Ich schnappte nach Luft. Sofort begann er mich zu massieren. Langsam und intensiv. Ich schloss meine Augen und lehnte meinen Kopf zurück. Meine Lippen öffneten sich und mein Atem kam stoßweise heraus.
Jack schob meine Waden zurück, bis meine Beine angewinkelt waren. Das Board wackelte, als er sich breitbeinig darauf setzte. Er legte meine Beine über je einen Oberschenkel. >So...< Er atmete schwer. >Weißt du, so sehr gefallen mir die Shorts auch wieder nicht.< Damit öffnete er die Bändel und zog meine Shorts herunter. Etwas panisch blickte ich hinab. Meine Erektion sprang ihm entgegen.
Als er sich hinab lehnte, hielt ich ihn an der Schulter auf. >Ich... ich glaube nicht, dass das eine so gute Idee ist. Wir... wir sind auf dem Wasser und...<
Er schnaubte und beugte sich meinem Druck entgegen weiter hinab. >Hier kommt doch niemand her, das weißt du.< Zärtlich hauchte er mir einen Kuss auf die Spitze, bevor er mich langsam und gemächlich in den Mund nahm.
Mir stoppte der Atem.
Wie zum Teufel waren wir hierzu gekommen?
Ich bäumte mich auf und krallte meine Finger in seine Schulter. Die Angst davor, gesehen zu werden, der Unglaube, das mit meinem besten Freund zu machen, und das Gefühl, der Wellen unter uns, war eine fast unerträgliche Mischung. Ich verstand zwar nicht ganz genau, was das jetzt zwischen uns zu bedeuten hatte, aber es war seltsam. Gut, aber seltsam.
Sein Mund fühlte sich unglaublich an. Ich wollte nicht wissen, was er getan hatte, um das so gut machen zu können. Es fühlte sich unbeschreiblich an und das es Jack war, war nicht schlecht. Fast kam es mir vor, wie ein erfüllter... Wunsch, denn... als wir jünger waren, hatte ich mir einmal vorgestellt, wie Jack mich küsste. Nur einmal. Danach hatte ich mich eine Woche lang von ihm ferngehalten.
Und jetzt? Jetzt hatte er mich im Mund und ich stöhnte ungehalten. Und das Ganze auf dem Surfboard.
>Jack,...< Meine Stimme brach. Ich griff in sein Haar. Der Knoten in meinem Bauch lockerte sich langsam. >Ich glaube, ich...< Und plötzlich entlud sich die Hitze. Ich erstarrte und verkrampfte mich. Jack fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund und leckte sich die Unterlippe. Ich wich seinem Blick aus und zog meine Shorts wieder hoch. Seufzend legte ich meinen Arm über meine Augen. >Scheiße...<, flüsterte ich und zog meine Beine wieder an, damit er runtersteigen konnte.
>Komm, gehen wir zurück.<, hörte ich ihn sagen. Langsam richtete ich mich auf. Er lag flach auf dem Brett und bewegte sich dem Strand entgegen. Wenige Sekunden lang beobachtete ich ihn einfach. Konnte noch immer nicht glauben, was hier passiert war. Die Hitze seines Mundes schien noch da zu sein. Nach und nach schaffte auch ich es, mich auf das Board zu legen und zum Strand zu paddeln. Jack wartete dort auf mich. Unschlüssig lief ich ihm nach zum Haus.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Wie ich mich verhalten sollte.
Jack nahm mir das jedoch ab, in dem er vor mir ging. Fast 5m war er von mir entfernt. Ich traute mich nicht, etwas zu sagen. Er machte auch keine Anstalten, mit mir zu reden.
Waren wir jetzt keine Freunde mehr? Freunde machten so etwas doch nicht oder? Wenn die anderen davon erfahren würden, würden wir tot sein. Die in der Schule würden uns das Leben zur Hölle machen. Meine Mutter... Gott, sie würde mir nie wieder ins Gesicht sehen. Wie konnte es nur dazu kommen?
>Ihr wart ja lange unterwegs.<, sagte Mrs. Arnolds, gerade als wir in die Küche kamen.
Jack nahm sich etwas zu trinken aus dem Kühlschrank und reichte auch mir eine Flasche Wasser. Zurückhaltend spickte ich in sein Gesicht. Es war ausdruckslos. Nichts zu sehen, von dem, was wir gerade getan hatten. >Die Wellen waren gut. Wir gehen hoch.<
>In Ordnung. Ich gehe nur kurz zum Markt und kaufe Gemüse, dann machen wir heute leckeren Eintopf. Brenessel-Eintopf.< Aufgeregt strahlte sie uns an und hängte sich die bunte Tasche um. >Und schließt deine Schwester nicht aus. Sie schmollt in ihrem Zimmer.< Sie klopfte mir auf die Schulter und war gleich darauf weg.
Es war Mucks-Mäuschen still in der Küche. Ich trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Meine Haut kribbelte und meine Nackenhaare stellten sich auf. >Ich hab keine Lust mit ihr zu reden und du?<, fragte er und machte sich schon auf den Weg zur Wendeltreppe.
Ich räusperte mich. >Ehm... ich denke, ich sehe kurz nach ihr.< Schweigend ging er hoch und ich schlürfte durch den Flur in Tulisas Zimmer. Es war leer. Verschiedene Stimmen drangen an mein Ohr. Der Fernseher. Als nächstes kam ich also ins Wohnzimmer und da saß sie. Auf dem Sofa und schmollte tatsächlich. Ihre Unterlippe war vorgeschoben und ihre Brauen lagen tief auf ihren Augen. Sobald ich aber eintrat, entspannten sich ihre Gesichtszüge. >Hey. Du bist doch nicht sauer oder?<, fragte ich sie.
Kopfschüttelnd zog sie ihre Beine an. Da, wahrscheinlich, fiel ihr erst auf, was ich trug... oder nicht trug. Sie wurde puterrot und begann mit ihren Haarsträhnen zu spielen. >Nein, ist schon gut. Er will dich doch immer nur für sich haben.< Ich verschluckte mich an dem Wasser, dass ich gerade runterschlucken wollte. Hüstelnd beugte ich mich vorn über. Tulisa beäugte mich argwöhnisch. >Geht's?<
Ich nickte. >Ja. Sorry. Hab mich verschluckt.<
>Habe ich gesehen.<, schmunzelte sie. Ich lächelte. >Kann ich dir mal was zeigen?<
Sie führte mich in ihr Zimmer und ging an die Staffelei, die neben ihrem Schreibtisch stand. >Ich war mit meiner Klasse doch auf dem Kunstausflug und...< Sie schlug das Deckblatt auf. Ein Bild von einem See.
>Wow! Das sieht unglaublich aus!< Ich strich über die Leinwand. Tulisa konnte schon immer gut malen. Jack hatte mir einmal einen kleineren Block gezeigt, in dem sie mehrere Bilder von mir gezeichnet hatte. Er war in Gelächter ausgebrochen. >Du bist verdammt gut, Tulisa.<, lobte ich sie.
>Danke.<, murmelte sie leise. Sie blickte stur zum Boden herunter. >Gefallen sie dir wirklich?< Ich lächelte sie an und nickte. >Ich würde euch gerne mal beim Surfen zeichnen, aber Jack lässt mich ja nie mitkommen.< Genervt verdrehte sie die Augen.
Lachend tätschelte ich ihre Schulter. >Nächstes Mal rede ich mit ihm, dann kannst du bestimmt mitkommen.< Sie lehnte sich etwas an mich an. >Du kannst das wirklich gut.< Ich blätterte weiter um. Eine Wiesenlandschaft. Ein Bauernhof... >Wie lange wart ihr dort?<
Sie legte ihren Arm um meinen Rücken. Ich räusperte mich. >2 Tage.<
>Du hast das in 2 Tagen gezeichnet?<, fragte ich sie ungläubig und nutzte die Chance, um mich aus ihrer halben Umarmung zu winden.
Grinsend stieß sie mit ihrer Schulter gegen meine. >Nein, natürlich nicht. Wir durften Fotos machen und davon dann...<
Ich nickte. >Trotzdem obercool.<
>Hey.< Wir drehten uns zu Jack herum. Er trug nun ein T-Shirt. Mit den Armen vor der Brust verschränkt, lehnte er gegen die Tür und hob erwartungsvoll die Augenbrauen an. >Warum bist du noch hier?<, fragte er und sah missbilligend zu den Bildern. >Tulisa...< Seufzend trat er ein. >Schwesterherz, bist du immer noch eifersüchtige oder was?<
>Nein, ich bin schon an deine Blödheit gewöhnt, also...<
Jack nahm sie in dem Arm, lehnte sein Kinn auf ihrem Kopf ab und sah mich emotionslos an. Ohne Umwege entgegnete ich seinen Augen. >Tut mir leid, Lisa. Nächstes Mal kommst du mit, aber lass jetzt meinen besten Freund in Ruhe.< Er hielt sie auf Armeslänge. >Alles gut?<
>Ja, was auch immer.<
Er drehte sich herum und ging raus. Nervös folgte ich ihm. Raufte mir mein Haar, während ich mit ihm die Wendeltreppe hochging. Der Fernseher lief. Er warf sich auf das Bett, nahm sich die Fernbedienung und schaltete um. Ich stand nur blöd am Eingang herum und trat von einem Fuß auf den anderen. Minutenlang blieb ich da stehen und versuchte nicht zu Jack zu schauen. Die Stimmung war seltsam. Und auch wenn Tulisas Verliebtheit mir sehr unangenehm war, wäre ich jetzt lieber bei ihr unten gewesen.
>Legst du dich jetzt hin oder was?<, schnauzte er und nickte zum Bett.
>Ich...< Ich sah zu meiner Kleidung, die auf dem Boden lag. Unglaublich, aber ich wollte wirklich nachhause. Doch wie sollte ich mich ihm gegenüber nun verhalten? Wenn seine Lippen doch noch vorher an meinem... Ich betrachtete die schön geschwungenen Mundwinkel. >Ich... ich denke, ich geh jetzt.< Ich nahm meine Kleidung und ging hinter den Schrank, um mich umzuziehen.
>Arschloch...<, hörte ich Jack raunen.
Mit meiner Hose an trat ich wieder hervor. >Was hast du gesagt?<, fragte ich fassungslos.
Er stand auf, schaltete den Fernseher ab und warf die Bedienung auf das Bett. >Arschloch habe ich gesagt. Hast du mich nicht gehört?< Ich schlüpfte in mein T-Shirt und blieb vor ihm stehen. >Du bist ein Witz, deshalb bist du ein Arschloch.<
>Was?! Was stimmt nicht mit dir? Ich habe doch gar nichts...<
Er packte meine Hand und ich entriss sie ihm sofort. >Sag du mir, was stimmt nicht mit mir, David?<
Ich schnaubte. >Keine Ahnung, von was du redest, Mann.<
>Ich habe dir einen geblasen, jetzt komm runter...<
Ich schloss die Augen und fuhr mir durchs Haar. >Das... das ist doch nicht... Ich meine,...< Mir fehlten die Worte. Was sollte ich sagen?
>Gott, sieh dich an.< Genervt warf er die Hände in die Luft und drehte sich von mir weg. >Ein bisschen schwules Gehabe und...<
>Ich.. ich habe nichts schwules getan. Du hast...<
Ruckartig riss er seinen Kopf zu mir herum und sah mich entsetzt an. >Du mickriger Schwachkopf. Da gebe ich dir schon deinen ersten verdammten Orgasmus und du...<
>Das war nicht...< Doch war es.
Er lachte laut auf. Sein Gesicht war zu einer wütenden Grimasse verzogen. Wir waren noch nie ernsthaft sauer aufeinander gewesen. Das hier fühlte sich jedoch ziemlich ernsthaft an. >Du, der schüchterne kleine David? Von wem willst du je so...?<
>Elliott Kendrick.<
>Was?< Seine Gesichtszüge verrutschten. >Was...?<
>Ich und sie... Wir...< Meine Wangen wurden warm. >Ich glaube, sie steht auf mich und wir...<, fing ich an.
Noch immer verwirrt trat er näher an mich heran. >Wir was...? Was willst du machen? Ich habe dich noch nie ein Wort mit ihr wechseln gesehen.<, merkte er misstrauisch an.
>Ich muss kein Wort mit ihr gewechselt haben, um sie zu ficken, Jack. Und ich... ich will das auch tun, also bin ich kein Homo oder so was. Wenn du das also machen willst, dann... von mir aus, aber nicht mit mir... Das ist nicht richtig und...<
>Nicht richtig?!< Er atmete lautstark durch. >Also, es war nicht richtig, aber gut. Es muss gut gewesen sein, sonst wärst du nicht so blitzschnell in meinem Mund gekommen, nicht wahr?< Ich wich seinem Blick aus. >Elliott Kendrick. Das ich nicht lache.<
>Schnauze, Jack. Ich kann nichts dafür, dass sich alle hier in mich ver-...!<
>Verschwinde.< Meine Kinnlade klappte herunter. >Verschwinde. Dein beschissenes Gesicht geht mir auf den Sack.< Ich runzelte die Stirn. Meinte er das ernst? >Verpiss dich! Los!<
Noch immer etwas unsicher trat ich zur Wendeltreppe. >Jack, es...<
>Hau ab, verdammte Scheiße nochmal!<
Wortlos stieg ich die Treppen herunter. In meinen Händen tragend meine Sportschuhe. Tulisa kam mir in der Küche entgegen. >Hey, hat er dich endlich rausgelassen? Willst du noch ein paar Bilder anschauen?< Ich zog mir meine Schuhe über und ließ sie mit schnellen Schritten im Haus zurück. Mein Körper kribbelte. Alles. Er hatte mich noch nie beleidigt. Wir beide nicht.
Davor hatte ich mir erdenken können, dass Jack so von mir dachte. Auf diese Weise. Ich hatte nicht gewusst, dass er mir einen blasen würde. Das hätte ich nicht erwartet. Nicht im Geringsten.
Wie konnte er das so lange geheim halten? Wahrscheinlich wusste er, dass die Leute das nicht akzeptieren würden. Wenigstens wusste er, dass es nicht richtig war und wir das... Wir mussten etwas daran ändern, aber zuerst musste ich irgendwie alles wieder ins Lot bringen. Morgen würden wir zusammen in die Schule fahren und dann würden wir reden und hoffentlich alles wieder einrenken. Hoffentlich.
Ich lief den Weg von heute Morgen wieder zurück. Er kam mir nicht mehr annähernd so schön vor. Der Schock, den Jacks Reaktions in mir hervorgerufen hatte, saß noch tief in meinem Bauch. Wie ein kalter Ball, ließ er mich innerlich erfrieren. Schauer über Schauer wanderte meinen Rücken hinab.
Bevor ich ins Haus trat, schloss ich die Augen und atmete durch. Ich fühlte mich alleine. Irgendwie verlassen. Er hatte recht, ich war schüchtern. Elliott Kendrick machte zwar immer mal wieder gewisse Anzeichen, aber ich traute mich nie, darauf zu reagieren. Eigentlich hatte ich auch nie den Drang dafür verspürt, zu reagieren. Sie war so aggressiv. Aufdringlich.
Die Tür knarzte kurz. >Mum?<, rief ich in die Stille. Keine Antwort.
Ich schlüpfte aus meinen Schuhen und ging ins Wohnzimmer. Müde ließ ich mich auf das graue Sofa fallen und blickte auf den schwarzen Bildschirm des Fernsehers.
Er war so wütend gewesen. Was war nur sein Problem? Ich konnte doch nichts dafür, dass er so war.

Kapitel 2

10 Jahre später:

>Hast du die Autoschlüssel?< Ich fasste suchend in meine Hosentasche. >Was wärst du nur ohne mich?< Jess hielt sie mir hin.
Grinsend lief ich zu ihr zurück, küsste sie und nahm den Schlüssel entgegen. >Danke, Süße.<
>Viel Spaß, Süßer.< Sie zwinkerte mir zu.
Lächelnd kniff ich ihr in den Hintern. >Mein Hemd steht dir gut.<, sagte ich ihr und sah runter zu ihren nackten, schlanken Beinen, die unter dem hellblauen Saum hervorschauten.
>Danke, gefällt mir auch. Jetzt geh.< 
Ich nickte und ging dieses Mal wirklich. Im Auto sitzend sah ich lächelnd auf meinen Ringfinger mit dem Ehering daran. Jessica und ich waren seit 6 Jahren ein Paar und seit 1 Jahr verheiratet. Ich hatte sie auf einer Party getroffen und war sofort hin und weg von ihr gewesen.
Mit ihren dunkelblonden Rapunzel-Haaren und der kurvigen Figur war ich sofort Feuer und Flamme mit ihr und dann sprachen wir miteinander und ich verfiel ihr vollkommen.
Sie war wundervoll. Und sie war eine willkommene Unterstützung, während der Beerdigung meiner Mutter gewesen. Sie war mir unentbehrlich geworden.
Und dann vor einem Jahr. Wir spazierten gerade im Park. Sie hielt einen Blumenstrauß in der Hand und schnuppert glücklich an ihm, da fiel ich vor ihr auf die Knie. Auf der Mitte einer Brücke. Die Leute um uns herum waren stehen geblieben und hatten beobachtete, wie ich nervös eine Box hervorkramte und sie ihr hinhielt. Ihr Mund formte sich zu einem „O“. Bevor ich die Frage stellen konnte, flüsterte sie schon „Ja“ und sprang in meine Arme. Der Sprung warf uns glatt um. Wir küssten uns unter dem Applaus und den Jubelrufen der Passanten.
Es war perfekt. Ich lebte mit meiner Traumfrau zusammen in einem schönen Haus und verdiente gutes Geld als Polizist.
Meine Mundwinkel sanken, als mein Blick an dem Surfboard-Anhänger an meinem Wagenschlüssel hängen blieb. Er war schon älter. Hatte ein paar Macken.
Ich dachte nicht mehr so oft an ihn. Erinnerte mich aber dennoch sehr gut daran, wie wir auseinander gegangen waren.
Der Streit in seinem Zimmer war das letzte richtige Gespräch gewesen, das wir geteilt hatten. Die letzten Worte aber waren, „Ich wünsche dir viel Glück in deiner Zukunft.“ zu unserem Abschlussfest. Ich hatte erbärmliche Tränen geweint und mir immer wieder ein schlechtes Gewissen eingeredet, denn wir sprachen kein Wort mehr miteinander. Es war ein Schock für mich gewesen, wie sehr mich seine Abwesenheit getroffen hatte. Ich war am Ende, war aber ebenfalls zu stolz und zu feige, um etwas an der Situation zu ändern. So endete unsere Freundschaft damit, dass erst er umzog und dann ich.
Seitdem hatte ich ihn nicht mehr gesehen und keine Anstalten gemacht, ihn aufzusuchen. Wollte ich auch nicht. Ich lebte ein neues Leben und wollte es mir von ihm nicht durcheinander bringen lassen.
Kopfschüttelnd fuhr ich weiter und parkte anschließend auf dem Parkplatz hinter der Polizei Dienststelle. Mit dem gepackten Rucksack auf meiner Schulter spazierte ich pfeifend zur Tür und trat ein. >Hey, Jungs.<, begrüßte ich meine Kollegen. Ähnliche Grüße wurden zurück gemurmelt. >Was für ein genialer Tag oder?<
>Oh, das hört sich nach Morgen-Sex mit der frisch angetrauten Ehefrau an.<
Ich lachte und knöpfte mein Hemd auf. >Ich will nicht lügen.<, sagte ich, legte es ab und zog das zur Uniform passende über.
>Wir kriegen heute einen Neuen.<
>Einen Neuen? Von wo?< Gedankenverloren schob ich das Hemd in die Hose und schloss sie dann.
>Florida.<
Ich lachte auf. >Florida?< Die anderen klangen in das Gelächter ein. >Das kann ja was werden.<, brummte ich und legte mir die Krawatte um.
In voller Montur versammelten wir uns im Konferenzraum, wo der Chef uns erwartete. Neben ihm stand ein Mann, mit dem Rücken zu uns, und las von einem Plakat, das dort hing. >Also, Männer...< Er hielt inne. >... und Frauen, natürlich...< Lachend ließen wir uns auf die Stühle nieder. Ich sah zu dem Fremden. War er es also? >Ihr habt wahrscheinlich schon davon gehört, dass wir einen Neuzugang haben. Jack, stell dich vor.<, sagte er nur und zeigte auf den Typen mit den dunklen Haaren.
Er drehte sich herum. Ich verschluckte mich an dem Wasser, das ich gerade trank und stand auf. >Mein...< Seine großen grauen Augen sahen amüsiert zu mir. >... Name ist Jack Arnolds. Hi, David.< Argwöhnische Augenpaare richteten sich auf mich. >Ich bin hier in Los Angeles. aufgewachsen, bin dann aber für kurze Zeit umgezogen. Jetzt bin ich wieder hier und hoffe, dass wir alle gut miteinander klar kommen werden.<
>Ja, stimmt. Ihr beide kennt euch doch? Dann führ' du Jack herum, David.< Meine Kinnlade lag auf dem Boden. Ich kam nicht aus dem Entsetzen heraus. >Und jetzt geht arbeiten.< Die Gruppe löste sich auf.
Jack und ich blieben allein zurück. >Na, wie...?<
Ich wandte mich ab, ging aus dem Konferenzraum. >Am Ende des Flures sind Umkleide-, Dusch- und Fitnessräume. Hier waren wir gerade im Konferenzraum...< Ich ratterte alles stur herunter und sah mich dabei kein einziges Mal zu ihm herum. Es war mir egal, ob er mir folgte. Fast war ich mir nicht sicher, ob er wirklich da war. Was, wenn ich mit mir selber gesprochen hatte? Die ganze Zeit über. Ich halluzinierte. Stellte mir vor, wie mein früherer bester Freund zurück in mein Leben trat. Der beste Freund, der mir auf einem Surfboard einen geblasen hatte. >Das war es. Ich muss jetzt arbeiten gehen. Bis später.<
>Hey, warte. David,...< Ich rauschte an ihm vorbei an meinen Arbeitsplatz. Über den Tag hinweg musste ich 6x raus. Die frische Luft tat mir gut, doch die Arbeit am Schreibtisch funktionierte nicht. Kein Gedanke wollte solange anhalten, um zu einer Tat zu führen. Er war im selben Gebäude. Jack. Mein Jack. Mein bester Freund.
>Du kennst den Neuen also?<, fragte mich Thomson. Ein Kollege.
Schulterzuckend zündete ich mir eine Zigarette an und führte sie an den Mund. >Irgendwie schon.< Ich fuhr mir durchs Haar.
>Irgendwie?<
>Wir waren auf der gleichen High School. Das war's.<, brummte ich nur, nahm einen tiefen Zug und stieß den Rauch wieder hinaus.
>Hey, kann mir einer Feuer geben?< Ich erkannte die Stimme sofort und wandte mich demonstrativ von ihr ab.
>Hier. Ich lasse euch beide mal allein. Habt euch ja bestimmt eine Weile lang nicht mehr gesehen.< Innerlich fluchend lehnte ich gegen die Wand.
Jacks Lachen ließ mich schaudern. >Danke... David?<
>Lass mich einfach in Ruhe, Jack.<
>Ach, du kennst meinen Namen also noch? Hab mir schon Sorgen gemacht.<, scherzte er.
Ruckartig sah ich mich zu ihm um. >Was willst du hier, huh?<, schnauzte ich ihn an.
Verblüfft sprangen seine dunklen Brauen in die Höhe. Erst jetzt registrierte ich sein Aussehen. Sein Gesicht hatte die Züge aus der Jugend eins zu eins übernehmen, sie waren nur männlicher, erwachsener, kantiger geworden. Unter der Uniform konnte ich seine Muskeln erkennen. Breiter, fester. Er war kein Junge, kein aufstrebender Erwachsener, sondern ein Mann. Ich konnte nicht umhin, zu erkennen, dass er sogar noch besser aussah als früher.
>Warte. Du denkst, ich wäre wegen dir hier?< Ich stutzte, während er lautstark auflachte und sich mit der flachen Hand auf den Oberschenkel klopfte. Der Rauch trat dabei aus seinen Lippen. >Du hast dir aber einen ziemlichen Batzen Selbstvertrauen über die Jahre hinweg angeeignet, Kleiner.< Ich presste die Zähne fest aufeinander. >Jetzt komm mal runter, David. Ich bin wieder zurückgezogen, weil in Florida...< Er schmunzelte und schüttelte den Kopf. >Ich bin aus privaten Gründen hier her gezogen, die nicht auch nur annähernd etwas mit dir zu tun haben, David. Bis gestern Morgen wusste ich noch nicht einmal, dass du wieder hier bist. Lass die Vergangenheit Vergangenheit sein, in Ordnung? Ich bin jetzt nun mal hier und du auch. Machen wir das Beste daraus, ja?< Argwöhnisch betrachtete ich ihn. Er schien es ernst zu meinen. >Komm, hier... Vergessen wir, was war. Wir waren doch noch Jungen.<, beschwichtigte er und streckte seine Hand zu mir aus.
Zögernd reichte ich ihm meine und schüttelte sie. >Okay. Schon... vergessen.< Ich löste hastig meine Finger von seinen. Die Wärme seiner Handinnenflächen kitzelte unter meiner Haut. Wir rauchten wenige Minutenlang schweigend nebeneinander weiter.
>Tut mir leid, wegen deiner Mutter, David.<
Ich sah mich zu ihm um und nickte kurz. >Danke.<
Er fuhr sich mit seiner freien Hand durch die dunklen Wellen seiner Haare. >Ich war da, weißt du?<
>Was?<
Er nickte. >Ja, ich bin im Hintergrund geblieben. Dachte mir, dass wäre richtig und... ich war immer noch ziemlich Arsch sauer auf dich.<, erklärte er und nippte an der Kippe. Mein Mund stand offen. Ungläubig betrachtete ich ihn. >Na ja, und deine Freundin war da. Seit ihr immer noch...?<
>Wir sind...< Ich hielt ihm die Hand mit dem Ring hin.
Einen kurzen Moment lang verrutschten seine Gesichtszüge. Fassungslosigkeit. Dann plötzlich hoben sich seine Mundwinkel wieder an und er klopfte mir auf die Schulter. >Gute Arbeit, Jungchen.<, sagte er nur, räusperte sich und wandte seinen Blick ab.
>Ja...< Eine seltsame Spannung umschloss uns. Wir schwiegen wieder. Jack war gedanklich weit weg. >Ich... geh rein.<, nuschelte ich leise und ging. Er sagte etwas, aber ich hörte ihn nicht mehr. Meine Hände waren kalt, doch die Hand, die er angefasst hatte, war wärmer. Als könnte ich ihn noch darauf fühlen.
Bis zum Abend hin musste ich alles geben, um die Frustration aus meinem Kopf zu halten. Dieser Idiot hatte sich in meine Gedanken eingebrannt. Er war tatsächlich hier. Hier.
In meiner Brust wuchs eine Kugel aus Aufregung. Wie früher, wenn man kurz davor war, in eine große Achterbahn zu steigen.
Lachend fasste ich mir an die Stirn. Lehnte mich in den Stuhl zurück und rieb mir das Kinn. >Verdammt, Jack.<, flüsterte ich leise. Mein bester Freund. Er war wieder hier. Ich hatte ihn vermisst. Ich wollte es nie zugeben, aber ich hatte ihn vermisst. Wie lange war ich nicht mehr gemeinsam mit einem Gleichgesinnten surfen gegangen? Freunde von mir hatten es versucht, aber niemand hatte mich jemals so gut verstanden, wie Jack. Jack und ich verbrachten früher Stunden ohne Worte. Einfach nur surfen. Wir verstanden uns auch so. Es waren keine Worte nötig. So jemanden fand man nicht oft.
Besonders zu meiner Hochzeit... Zu meiner Seite stand ein Freund aus der Arbeit. Ein guter Freund, aber... Wäre es nicht gelaufen, wie es gelaufen ist, dann wäre hundertprozentig Jack dort gestanden. Hätte mir Mut zugesprochen, als ich nervös an meiner Krawatte herumgefuchtelt hatte. Mich beglückwünscht und mit mir die ganze Nacht gefeiert. Er hatte gefehlt. Sehr.
Mit den Gedanken bei Jack verflog die Zeit rasend schnell. Ich duschte die Arbeit von meinem Körper, verabschiedete mich von meinen Kollegen, inklusive Jack, und fuhr im Auto sitzend nachhause.
Ich konnte das Gefühl in meinem Bauch nur sehr schwer beschreiben. Natürlich, war ich wütend, dass er hier war und alles so durcheinander brachte. Ich hatte lange gebraucht und mir sehr viel Mühe gegeben, damit zwischen ihm und mir ein gewisser Abstand lag. Aber... ich war überglücklich, meinen besten Freund nun wieder zu haben. Vielleicht hatten wir ja eine Chance, alles wieder wie früher werden zu lassen. Es war ein Wirrwarr aus allem Möglichen. Allem Erdenklichen.
Mein Magen rumorte und doch trat ich lächelnd ins Haus.
Jess stand in einem T-Shirt von mir in der Küche und machte Essen. Der Geruch von süßlicher Tomate lag in der Luft. >Liebling.< Ich stellte meine Tasche auf dem Tisch ab. Sie drehte sich zu mir um. Ihr Haar war zu einem unordentlichen Knoten gebunden. Die Schminke war runter. >Hast du heute überhaupt einmal Hosen getragen?<, fragte ich und schlang von hinten meine Arme um sie. >Hm... riecht gut.<
>Ich war heute tatsächlich arbeiten. Tu nicht so, als würde es dir nicht gefallen.<
Ich strich von ihrem Knie aufwärts zu ihrer Taille und schob dabei das Oberteil hoch. Sie trug keine Unterwäsche. Schmunzelnd vergrub ich meine Lippen in ihrem Hals und liebkoste sie zärtlich. >Würde ich niemals behaupten...< Meine Hand schob sich zwischen ihre Beine.
>David!<, rief sie überrascht aus. >Das Essen.<
Ich schaltete den Herd ab. >Später.< Sie drehte sich zu mir herum und küsste mich leidenschaftlich. >Nein, Babe. Warte...< Langsam drehte ich sie wieder herum und beugte sie über die Arbeitsfläche. Ich konnte sie laut atmen hören. Meine Hand an ihrem Rücken, hob sich langsam an und senkte sich. Gespannt biss ich mir auf die Unterlippe, während ich sie stimulierte. Öffnete meine Hose. Ihr Atmen wurde zu Stöhnen. Ihre rosa Fingernägel kratzten über die Marmorplatte. Sie wimmerte meinen Namen. >Und jetzt...< Langsam schob ich mich in ihr Inneres. Ein langgezogener Laut entwich ihren Lippen. Ich warf meinen Kopf in den Nacken und begann mich zu bewegen. Schnell erreichte ich ein hohes Tempo. Jessica windete sich vor mir, bäumte sich auf und umschloss meine Hand an ihrer Hüfte.

>Was ist denn nur los?<
>Was? Darf ich etwa nicht mit meiner Frau schlafen?<, fragte ich sie und schloss meine Hose wieder. Sie strich sich ihre Kleidung glatt. Lächelnd schob ich mir Zeige- und Mittelfinger meiner rechten Hand in den Mund. Sie wurde rot. >Ich mach dich sauber.< Sie schaltete den Herd wieder an. Derweil riss ich ein paar Küchentücher von der Rolle, hielt sie kurz unter den Wasserstrahl und säuberte sie dann am Schritt.
Schrill quiekte sie auf. Wir lachten beide. >Du bist ein Arsch.< Sie stieß mich von sich.
>Ich liebe dich.<, flüsterte ich und küsste sie. Nachdem ich das Tuch weggeworfen und meine Hände gewaschen hatte, half ich ihr beim Kochen. Wir setzten uns anschließend zusammen vor den Fernseher und aßen. Sie saß zwischen meinen Beinen mit dem Kopf gegen meine Brust gelehnt.
Im nächsten Moment erschien Jacks Gesicht vor meinem inneren Auge. Er, wie er auf dem Wasser einen Alley Oop machte. Er war wirklich gut im Surfen. Von Anfang an schon. Es lag ihm einfach. Seine Bewegungen waren immer so präzise und perfekt. Ich hatte ihn bewundert, war sogar eifersüchtig gewesen, bis meine Faszination für ihn Überhand gewonnen hatte.
Jack. Jack, der gutaussehende, talentierte, tolerante, höfliche, intelligente, humorvolle Jack. Jack, der perfekte Jack. Wie wir zusammen gelacht haben, er mich getröstet hat, wenn Mutter wieder Mal verschollen war... Unsere Freundschaft schien end- und bedingungslos. Ich konnte immer auf ihn zählen und er konnte immer auf mich zählen. So war das.
Eine Zeitlang war Jack ziemlich deprimiert gewesen. Gerade weil alle dieses perfekte Bild von ihm hatten. Wegen dem Druck, der deshalb auf ihm lastete. Alle erwarteten die besten Ergebnisse von ihm. Seine Mutter war zu sehr mit ihrer Exkursion Leben beschäftigt und zwischen ihm und Tulisa war es ein ständiges Hin und Her. Da passierte es, wenn auch selten, dass wir oben auf seinem Dachboden saßen. Das er weinte, zitterte und sich in meinen Armen verkroch. Diesen Jack hatte abgesehen von mir noch nie jemand gesehen. Er behielt ihn immer gut unter Verschluss. Zeigte den anderen sein schönes Lächeln und brachte diese zum Lachen, wenn es nötig war.
Dieser Jack... Er gehörte mir.
Dieser Gedanke blieb bestehen. Ich lag neben Jess im Bett. Mein Arm um sie geschlungen. Küsste sie auf die Stirn und stand auf.
>Hey, wo gehst du hin?<, gähnte sie krächzend.
Ich drückte ihre Hand. >Nur kurz eine Rauchen.<
>Mitten in der Nacht? Jetzt schaffst du keine Nacht mehr ohne Zigarette?< Ich verdrehte die Augen. >Das habe ich gesehen.<, lachte sie.
>Schlaf weiter. Bin gleich wieder zurück.< Ich ging zu dem großen Bücherregal im Flur und ging in die Hocke. Am Boden war ein DIN A4 großer, brauner Briefumschlag angeklebt. Mit einer Bewegung riss ich ihn herunter, setzte mich an die Wand und öffnete ihn.
Das erste Bild zeigte Jack und mich, natürlich am Strand. Er hatte seinen Arm um meinen Hals geschlungen, die andere Hand war zum Peace-Zeichen verformt und ein breites Grinsen prangte auf seinem Gesicht. Ich hatte rote Wangen und sah zu ihm.
Ich erinnerte mich gut an diesen Tag. Unsere frühen Tage. Wir waren erfolgreich surfen gewesen. Mrs. Arnolds war dabei gewesen und hatte Unmengen Bilder geschossen.
Auch die hatte ich da. Unzählige Aufnahmen von uns im Wasser, schlafend vor dem Fernseher, essend am Morgen am Tisch in der Küche. Sogar eines von uns als Kinder. Das war bevor wir in die Schule kamen und als meine Mutter noch mit zu den Besuchen kam. Wir saßen auf dem Boden und spielten mit Klötzen. So viel Zeit, die wir miteinander verbracht haben. Wir waren wann immer es möglich war, zusammen gewesen.
Nichts stand über Jack und ich konnte mir sicher sein, das auch für ihn nichts über mir stand. Den Beweis hatte ich, als ich mal wieder vollkommen aufgelöst vor seiner Haustür stand. Er trug nichts weiter als Shorts und seine Haare waren vollkommen zerzaust gewesen.
>David? Was ist los?<, hatte er müde gefragt und sich am Kopf gekratzt.
>Ich... Meine Mum... Sie... Dieser scheiß Paul...<, brummte ich und schluckte, denn es stiegen Tränen auf. Ich denke, dass Paul mich in dieser Nacht das erste Mal geschlagen hatte. Vor meiner Mutter. Und sie hatte nichts getan.
Ich brauchte nicht näher zu beschreiben, was los war. Wahrscheinlich war der blaue Fleck, um mein Auge herum, Information genug. Er nickte nur und ließ mich rein in die Küche. >Warte kurz hier.< Schon war er weg.
Ich hörte Stimmen. Ein Mädchen. >Du schmeißt mich raus?<
>Ja, tut mir leid...<
>Einfach so? Wo ist mein BH, verdammt?! Ich kann es nicht glauben.< Sie war sauer gewesen. Offensichtlich hatte ich sie mitten aus einem Schäferstündchen gerissen. >Glaub nicht, dass ich wieder komme...<, zischte sie. Da kamen sie die Treppe herunter. Sie trug einen verboten kurzen Rock und ein enges Top. In ihrer freien Hand hielt sie hohe Stöckelschuhe, einen dunklen BH und einen Fetzen Stoff, der wohl ihr Höschen darstellen sollte. Ihre Augen fielen auf mich. Sie sah sich zu Jack um. >Wirklich? Wegen dem schmeißt du mich raus?<, fragte sie ihn mit giftigem Unterton.
Nur schwer verdrängte ich meine Tränen und senkte meinen Blick auf den Boden. Ich lief feuerrot an. Konnte nicht glauben, wobei ich gerade gestört hatte. Aber Jack war schon immer beliebt bei den Mädchen gewesen. >Geh einfach, ok?<
Sie tapste an mir vorbei. >So ein scheiß. Ruf mich an, ja?<
In seiner Stimme schwang ein Lachen mit. >Ja.<
>Versprochen?<
Er schnaubte. >Ja. Komm gut nachhause.< Die Haustür fiel in das Schloss. Es wurde still im Haus. >Kommst du? Das Bett ist vorgewärmt.<, lachte er, nahm meine Hand und zog mich hinter sich her die Treppen hoch.
Ich schniefte und fuhr mir mit dem Ärmelzipfel meines Pullovers über die Nase. >Tut mir leid, Jack. Hätte ich gewusst, dass du...<
Er streifte mir den Pullover ab, setzte mich auf das Bett und nahm mir auch die Schuhe von den Füßen. >Schon gut, David. Sie hat sowie so zu viel geredet.<, scherzte er und zwinkerte mir zu.  Ich legte meine Hose auf den Boden und schlüpfte unter die Decke, während Jack zum Mülleimer ging. Er fasste sich in die Shorts, heraus kam ein weißes Kondom. >Ich wasch nur kurz meine Hände.< Ich hörte das Wasser im Badezimmer rauschen. Meine Lungen arbeiteten auf Hochtouren. Er hatte gerade Sex mit einem Mädchen gehabt.
Ich war Jungfrau bis ich 18 war. Jack und ich waren bis dahin schon getrennte Wege gegangen.
Im Bett liegend brannte ich. Mir war furchtbar heiß. Der Schlag von Paul war vergessen.
Neben mir raschelte die Decke. Ich erstarrte. >Uh! Du bist kalt.<, flüsterte er. >Schlaf gut, Kleiner.< Ich hatte in dieser Nacht maximal 2h geschlafen. Der Rest der Zeit wurde für innere Verwirrtheit genutzt.
So viele Erinnerungen. Erst nach unserem Vorfall verstand ich, weshalb Jack so oft bei anderen Jungen und sie bei ihm übernachteten. Ich war früher immer unglaublich eifersüchtig gewesen. Es dauerte ein bisschen, bis ich verstanden hatte, dass er bisexuell war. Bei seinem Aussehen war es kein Wunder, dass sich beide Geschlechter von ihm angezogen fühlten.
Kopfschüttelnd sah ich mir alle Bilder an und versank in Nostalgie.
Jack. Er war wieder da und dieses Mal würde es schwer, richtig schwer, werden, ihn abzuschütteln.

Kapitel 3

>War echt schön, mal später zur Arbeit zu gehen.< Jess saß neben mir im Auto. Sie würde nach der Arbeit mit ein paar Freundinnen essen gehen, deshalb fuhren wir zusammen zur Arbeit.
>Kann ich mir vorstellen.<
Sie streckte sich neben mir auf dem Sitz und sah mich an. >Das gestern hat mir gefallen.< Ich nahm ihre Hand in meine und küsste den Rücken. >Hab schon lange nicht bei dir vorbeigeschaut.<
Ich taxierte sie. >Wäre besser, wenn du nicht mitkommst. Sonst machst du denen noch Hoffnung.< Der kurze schwarze Rock, die enge weinrote Bluse und die hohen Schuhe mit Absätzen. Sie sah scharf aus.
>Hör auf. Ich mag deine Kollegen...<
Jack.
>Nein, ich... ich denke, ich sollte dich direkt zur Arbeit fahren. Das ist doch...<
Sie kniff mich in die Seite. >Was ist denn los? Ich will mal wieder zum Polizei Präsidium und die Hüter des Gesetzes motivieren.<
>Mit diesem Aufzug tust du das auf jeden Fall.<
Scheiße, was würde er sagen?
Ich stieg aus und lief mit ihr Hand in Hand zur Tür. Er hatte gesagt, dass wir die Vergangenheit vergessen sollten. Er kam mir zwar etwas überfordert vor, als ich ihm gesagt hatte, dass ich verheiratet war, aber ich denke, er war froh für mich.
Ich öffnete ihr die Tür und ließ sie rein. Etwas nervös sah ich mich um. Wir gingen zusammen in den Aufenthaltsraum, wo uns alle Kaffee trinkend erwarteten.
>Hey, Leute.< Jessica hob den Arm und winkte.
>Oh! Das junge Paar.< Ich schob sie lachend vor mir in den Raum. Meine Kollegen kamen auf sie zu und umarmten sie. Alle waren auf unserer Hochzeit gewesen, sie kannten sie also und mochten sie. >Und wie ist es so? Noch immer alles...< Gary zwinkerte uns zu. >... fit im Schritt?< Ich warf ihm einen anklagenden Blick zu.
Jessica schlang ihre Arme um meine Mitte und klopfte mir auf den Brust. >Ja, bis jetzt läuft es noch ziemlich gut.<, sagte sie mit einem verführerischen Wimpernschlag.
Hinter uns kam jemand rein. Jack. >Hey, Jack. Kennst du Jessica? Davids Frau.<
Seine Lippen trennten sich und er sah zwischen uns beiden hin und her.
Jess runzelte die Stirn. >Jack?< Sie sah zu mir, doch ich war noch damit beschäftigt, seine Reaktion zu ergründen. >Der Jack Arnolds? Hi!< Sie nahm seine Hand in ihre und schüttelte sie. >Ich habe schon so viel von Ihnen gehört.<
Jack erwachte aus seiner Starre und lächelte sie an. >Ach wirklich? Ich hoffe, nur Gutes.<
>Warum hast du mir nicht erzählt, dass Jack hier arbeitet?<, beschwerte sie sich bei mir und sah dann wieder zu ihm. >Ich muss jetzt los, aber hat mich gefreut, Sie kennen lernen zu dürfen. Bis zum nächsten Mal!< Sie winkte den anderen wieder zu. Nach einem letzten Blick auf Jack, führte ich sie wieder hinaus und fuhr sie zur Arbeit. >Warum hast du mir nichts gesagt?<
>Keine Ahnung. Kam nicht dazu.< Sie grinste und boxte mich leicht. >Jack und ich... Wir sind nicht mehr so eng miteinander befreundet, wie früher.<, versuchte ich zu erklären.
Sie fuhr durch mein Haar. >In Ordnung, aber ich würde ihn gerne kennenlernen. Er ist dir doch so wichtig gewesen.<
Ich atmete durch. >Das ist keine gute Idee, Liebling. Wirklich. Vergiss ihn einfach. Du machst deinen Job, als Ehefrau, auch ohne meine Kindheits-Freunde zu kennen, sehr gut.<
>Oh, vielen Dank.< Bevor sie ausstieg, küsste ich sie. >Bis heute Abend, ich habe dir Essen in den Ofen gestellt. Ich liebe dich.<, rief sie noch.
>Danke, Babe. Ich dich auch.< Ich atmete erleichtert durch, als sie weg war. Aus irgendeinem Grund hatte ich erwartet, dass Jack eine Szene gemacht hätte. Ich hatte ihn falsch eingeschätzt.
Dieses Bild wich aber sofort, als ich zur Arbeit kam.
>Wo ist Jack?<, fragte ich, nachdem ich umgezogen wieder in den Aufenthaltsraum kam.
>Keine Ahnung. Er ist zum Chef und danach abgerauscht.<
>Er ist abgehauen?<, fragte ich ungläubig.
Sie nickten.
Ich fasste mir an die Stirn. 10 Jahre war das jetzt her. Er hatte doch gesagt, dass wir die Vergangenheit Vergangenheit lassen sollten. Jess hier mitzubringen war eine schlechte Idee gewesen.
Jack kam den Tag nicht mehr. Ich hatte aber keine Zeit, mir Sorgen um ihn zu machen, denn es gab viel zu tun. Eine Prügelei vor einem Einkaufscenter, geklauter Wagen, Diebstahl etc. Es ging den ganzen Tag so. Ich kam kaum in meinem Büro zu sitzen.
Dafür war die Fahrt nachhause zu ruhig.
Einfach abgehauen. Wir waren Polizisten. Seine Gefühle durfte er nicht in seine Arbeit mit einfließen lassen. Wir mussten neutral bleiben. Und ich hatte ihm ja wohl zu Genüge klar gemacht, dass ich nicht auf diese Art und Weise an ihm interessiert war. Ich wusste nicht,...
Ich musste lachen.
Na ja, dass ich mir von ihm einen blasen lassen hatte, hatte wohl nicht die richtigen Zeichen gesetzt.
Ich schüttelte den Kopf.
Dennoch... ich war jetzt verheiratet. Er wusste es und... Was hatte er erwartet? Er kam zurück und wir würden plötzlich zusammen in ein Häuschen ziehen und sich liebendes Ehepaar spielen? Ich hatte mein Leben weitergeführt.
>Scheiße.<, brummte ich. Mein Herz fühlte sich schwer an.
Mit einem Bier in der Hand setzte ich mich vor den Fernseher. Ich hörte Menschen sprechen, doch gedanklich war ich weit weg. Ich war da, wo auch immer Jack war.
Ging es ihm wohl gut? Er, in seinen dunklen Stunden, tauchte auf. Was, wenn er jetzt gerade deprimiert in seiner Wohnung saß?
Machte ich mir jetzt zu viel Gedanken? Oder... keine Ahnung, war ich zu arrogant?
Ich war wohl eingeschlafen, denn Jess fand mich auf dem Sofa und brachte mich dann ins Bett. >Denkst du noch über heute Morgen nach?< Ich war schon am Dösen und verneinte nachdenklich. >Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. So unglaublich wichtig ist es jetzt auch wieder nicht, dass ich ihn näher kennenlerne. Letztendlich ist er dein Freund und...< Ab da war ich in Schlaf versunken.

>Jack, bist du bei dem Barbeque nächstes Wochenende dabei?<, fragte einer der Kollegen.
Wir hatten Mittagspause und trainierten dann normalerweise im Fitnessraum. Ich schloss die Augen und drückte die Hantel von mir. >Nächstes Wochenende? Klar, gerne.< Keuchend setzte ich mich auf und massierte meine Handgelenke.
Ich sah zu Jack. Wir hatten nicht wirklich viel miteinander gesprochen. Er kam mir nicht verändert vor. Tatsächlich schien er sogar zufrieden. Besonders mit Melanie, eine Polizistin, die mit uns hier arbeitete.
Seit dem Moment, an dem er sein Oberteil ausgezogen hatte, war sie gefesselt von ihm gewesen. Wie erwartet, war er muskulös und braungebrannt. Er sah... ja... man konnte sagen, dass er gut aussah.
>Hey, was steht da?< Ich blickte zu ihr hinüber. Sie zeigte auf seine Hüfte, wo ein Teil eines Schriftzuges zu sehen war.
>Das sagt meine Mutter immer...< Er zog schamlos den Saum der Sporthose hinab, bis der Schriftzug und der Ansatz seines Hinterns zu sehen war. Ihr fielen fast die Augen aus.
„Never get tired to discover.“
Ich konnte es von hier sehen. Ich konnte die Grübchen an seinem Steißbein sehen, die Muskulatur seiner Leiste und seines Oberschenkels. Mein Herz schlug schnell und schwer. Langsam ließ ich meinen Blick an ihm hochwandern. An seiner schmalen Hüfte, den breiten Armen und Schultern und dem zu mir gewandten Gesicht, dessen Augen darin auf mich gerichtet waren.
Erschrocken fuhr ich zusammen und lehnte mich wieder runter auf die Bank. >Scheiße.<, brummte ich leise. Ich fing an das Gewicht langsam anzuheben. >Verdammte scheiße.<, wiederholte ich aufgebracht.
Sein Gesicht tauchte über mir auf. >Hey.<
>Hey.<
>Gefällt dir mein Tattoo?<, fragte er und strich über die Stange.
Ich atmete durch. >Ich kann mich daran erinnern, wie Mama Arnolds das gesagt hat.< Er nickte grinsend. >Geht es ihr gut?< Ich hatte sie schon ein Weilchen lang nicht mehr gesehen. Ich besuchte sie immer mal wieder. Das letzte Mal war jetzt aber wahrscheinlich schon einen Monat lang her.
>Ja, das alte Haus steht noch. Aber weißt du, was mich wirklich beschäftigt?< Er ging in die Hocke. Sein Gesicht war auf meiner Höhe. >Kleiner, was mich wirklich beschäftigt, ist die Tatsache, wie scheiße heiß du bist.< Meine Hand rutschte ab und ich verlor die Stange. Gerade noch rechtzeitig schnappte sich Jack die Hantel und stellte sie ab. >Komm runter, das war ein Scherz, David.< Er stand wieder auf und ging kopfschüttelnd davon.
Arschloch.
Ich stellte mich unter die Dusche. Warmes Wasser prasselte auf mich nieder.
>Mann, Mann, Mann... Also David, Jessica ist wirklich...< Gary schnalzte mit der Zunge.
Ich fuhr mir durchs Haar. >Danke und jetzt mach den Mund zu. Du sabberst.< Die anderen lachten. War ja klar. Mit ihrem Aufzug hatte sie den Jungen den Kopf verwaschen.
Jack kam ebenfalls in den Duschraum. Er zog das Handtuch von seinen Hüften und hängte es an. Unweigerlich sah ich an ihm hinab. Auch er verweilte kurz an der Tür, um mich zu taxieren. Als unsere Augen aufeinander trafen, konnte ich nicht wegsehen. Die Luft war dick und schwer, alles war in Dampf gewickelt. Jacks Haut glänzte unter dem Schweiß, dass sich auf seiner Haut abgesetzt hatte. Der griechische Gott, wie er leibt und lebte.
Schmunzelnd stellte er sich an eine freie Dusche und schaltete das Wasser an. Ich versuchte starr an die weißen Kacheln vor mir zu sehen, erwischte mich jedoch dabei, wie ich um die anderen herumlinste, um nochmals einen Blick auf ihn zu bekommen.
Das Wasser klebte seine Wellen an seine Haut und perlte an seiner Brust ab. Ein kleines Rinnsal bewegte sich in den Kerben seiner Bauchmuskeln. Die Hand auf seiner Brust schien mich einladen zu wollen.
Oh, verdammte...!
Ich atmete geschockt durch und ließ meine Lider sinken, um mich zu entspannen. Meine Schultern waren hart wie Stein. Ich schob den Hebel hinunter. Der Wasserstrahl verebbte. >Oh, nein, nein, nein, nein...<, flüsterte ich mir selber zu.
>Was?<
>Nichts.< Auf dem Weg nach draußen, sahen Jack und ich uns noch einmal an. Mit einem süffisanten Lächeln wandte er sich ab. Ich konnte mich nicht davon abhalten, ihm einmal auf den Hintern zu sehen. Das Tattoo legte sich um seine Hüfte und war in kursiver Schrift geschrieben. Ein heißer Stich fuhr in meinen Schritt. Ich raufte mir das Haar, schnappte mir mein Handtuch und zog mich um.
Was für ein mieser Mist! Das konnte doch nicht wahr sein!

Ich stand am Wagen und rauchte. Abwartend starrte ich an die Tür. Die meisten waren schon weg. Ich nahm einen Zug, da kam er raus. Er erblickte mich, blieb stehen, runzelte die Stirn und kam dann auf mich zu. >Ich gehe davon aus, du wartest hier auf mich.<
Ich nickte. >Ja, ich... ich denke, dass es besser wäre, wenn du...<
Er war gerade dabei eine Zigarette anzuzünden, da sah er zu mir auf. >Du willst, dass ich zu einem anderen Präsidium gehe.< Ich nickte zurückhaltend. >Fick dich...< Er wandte sich ab und wollte gehen.
>Nein, warte. Jack, hör mir zu.< Widerwillig blieb er stehen. >Jack, es ist mir egal, wie du dein Leben führst, aber ich habe verdammt lange gebraucht, um mein Leben so zu regeln, dass ich nicht mehr an dich denken muss. Und ich bin jetzt verheiratet und kann das nicht gebrauchen, verstehst du? Das du hier bist... ist wirklich... Es...<
>Hörst du dich eigentlich selber reden? Hörst du, was du sagst?< Er lachte leise und inhalierte den Rauch der Zigarette. Ich zertrat meine Kippe. >David, ich bin nicht wegen dir hier. Warum sollte ich? Du bist ignorant, konservativ, homophob und ängstlich. Und verheiratet, wobei das, das kleinste Problem ist.< Das Letzte murmelte er leise. >Tatsache ist, du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dass ich dich anspringe oder so was. Wir sind aus dem Jugendalter raus. Ich kann nicht glauben, wie arrogant du bist.<, rief er verblüfft aus.
>Soweit ich mich erinnern kann, hattest du das letzte Mal, als wir uns gesehen hatten, meinen Schwanz im Mund. Und gestern hast du dich krankschreiben lassen, weil meine Frau hier war. Was also soll ich anderes erwarten, als dich, der mit irgendeiner hirnrissigen Idee hier auftaucht?<, warf ich ihm vor.
Seine Braue hob sich an. >Tja, du hast dich geirrt.<
>Liebst du mich?<
Er hielt inne und sah mich an. Ich wusste nicht, was ich hören wollte. Doch alles fokussierte sich auf seine Lippen, die sich mehrere Male öffneten und sich dann wieder schlossen. >Nein.< Mein Herz setzte kurz einen Moment aus. >Liebst du mich?<, fragte er, nun mit einem Lächeln auf den Lippen.
Ich stieß ihn an. >Halt's Maul. Bis Montag.<
>Ja, bis Montag... David?< Mit der Hand an der Tür hob ich meinen Kopf an und blickte ihn an. >Wollen wir mal wieder Surfen gehen?<, fragte er.
Grinsend öffnete ich die Tür. >Klar. Ich war schon länger nicht bei Mama Arnolds.<
>Cool. Gute Nacht.< Ich stieg ins Auto und fuhr los.
Sobald ich das Grundstück der Polizeistelle verlassen hatte, brachen meine Mundwinkel hinunter. Ich atmete durch. Reflexartig rieb ich mir mit dem Handrücken über das Auge.
Er liebte mich nicht und er war auch nicht wegen mir hier. Das war es, was ich wollte. Was besser für uns beide war.
Ich musste mich räuspern.
Surfen. Ich liebte das Meer noch immer so sehr wie früher, aber ohne Jack war es nicht mehr ganz so schön gewesen, wie in meiner Erinnerung. Wir würden also wieder zusammen surfen gehen. Irgendwann.
Ich konnte es kaum erwarten. Endlich wieder die Wellen unter einem spüren. So wie früher.
Ich dachte darüber nach, ihn gleich morgen anzurufen, da fiel mir auf dass ich seine Nummer nicht hatte. Wir kannten uns ja kaum noch, 10 Jahre waren eine lange Zeit, in der vieles passieren konnte.
>Wo warst du?< Jess brachte gerade den zweiten Teller an den Esstisch.
>Ich musst etwas länger in der Arbeit bleiben. Mit dem Boss reden.< Ich warf Jacke und Tasche ab und setzte mich. Sie fuhr mir durchs Haar und legte meinen Kopf in den Nacken, sodass sie mich küssen konnte. >Ich weiß nicht, ob ich dein Abendessen oder dich essen soll.<
Sie lachte und ließ sich neben mir auf den Stuhl fallen. >Du kannst ja beides machen.<

>Hey, ihr beide!< Margret schlang ihre Arme um uns beide. >Oh, die sind ja schön.< Ich überreichte ihr den Strauß gelber Tulpen. Gelb war ihre Lieblingsfarbe. Sie war verrückt danach. >Na, kommt rein. Schön, dass ihr hier seid.< Jess' Mutter legte ihren Arm um meine Schulter. >Und Herr Polizist? Wie läuft es auf den kalifornischen Straßen?<, fragte sie mich.
Lachend schlang ich meinen Arm um ihre Taille. >Alles Tip Top, Margret. Brauchst dir keine Sorgen zu machen.<
>Würde ich nicht. Würde ich nicht, mein Lieber.<
>Margie, sind es die beiden?<
>Wer soll es denn sonst sein, Miles?< Und da kam auch schon ihr Vater, küsste seine Tochter auf die Wange und schüttelte meine Hand. >Ich stelle die nur schnell ins Wasser. Ihr könnt doch schon einmal in den Garten.< Sie zweigte ab in die Küche. Wir gingen weiter durch das Wohnzimmer auf die Terrasse, wo auf einem gläsernen Tisch Kaffee und Gebäck bereitstanden.
>Setzt euch. Wie geht es euch beiden? Behandelst du mein kleines Mädchen auch gut, David?<, fragte Miles und legte seine Brille ab, um uns beiden etwas zu trinken einzuschenken.
Ich zog Jessica in meine Arme und legte meine Lippen an ihre Schläfe. >Bis jetzt hat sie sich noch nicht beschwert.< Sie reichte mir die Tasse gefüllt mit dampfenden Kaffee. >Danke.< Während ich trank und sie von ihrer Arbeit erzählte, sah ich über das Essen. Ich hatte einen Bärenhunger. Mir fiel etwas ins Auge und ich lehnte mich vor, um es in die Hand zu nehmen. >Ist das...?<
>Das ist Karottenkuchen. Das ist das erste Mal, dass ich ihn gebacken habe. Kennst du den?<
>Ja, ich... ich kenne ihn. Es ist aber schon sehr lange her, dass ich ihn gegessen habe.<, merkte ich nachdenklich an und betrachtete ihn weiter interessiert.
>Er muss ja ziemlich gut schmecken, wenn du so fasziniert bist.< Aus den Gedanken gerissen, sah ich zu Margret auf, die mich freundlich anlächelte. >Iss und sag mir, ob er gut ist, dann mache ich ihn das nächste Mal wieder.<
Unsicher sah ich zu Jess. Es kam mir seltsam vor, den Kuchen zu essen, wo sie doch neben mir saß. Lächerlich welch einen Wert ich dem Kuchen damit verlieh. Schnaubend biss ich hinein. Er war gut, sogar sehr gut. Der fahle Geschmack, der sich mit eingeschlichen hatte, verschrieb ich meinem Gehirn. >Gut.<
>Danke. Habe ich doch gesagt, dass er gut schmeckt, Miles.< Sie setzte sich neben ihren Mann.
Ich konnte mich kaum an den Rest des Besuchs erinnern. Ich war gefesselt von dem Kuchen. Das letzte Mal war an diesem Tag, in der Küche von Mama Arnolds gewesen. Der letzte Tag, den wir ehrlich als Freunde verbracht hatten. Von da an war alles aus dem Ruder gelaufen. Wegen dieser einen Sache, die uns beide daran gehindert hatte, weiter beste Freunde zu sein.
Wir hatten uns nach dem Abschluss nie wieder gesehen. Kein Anruf, kein Brief, nichts. Mit seiner Schwester und seiner Mutter hielt ich bis heute hin regelmäßigen Kontakt, doch Jack hatte ich aus meinem Herzen gelöscht, wie eine fehlerhafte Datei. Es war so traurig. So traurig, dass wir getrennte Wege gegangen waren, wo wir doch immer davon gesprochen hatten, zusammen zu studieren, zusammen zu leben und immer für den anderen da zu sein. Und doch waren wir in der Lage dazu gewesen, diese jahrelange Freundschaft wegzuwischen. Einfach so.
Wo wären wir wohl heute, wenn ich früher nicht so abweisend reagiert hätte? Wenn ich... na ja, wenn ich mich auf ihn eingelassen hätte?
Der Gedanke rüttelte mich wach.
>Alles in Ordnung, Schatz?< Jess' weiche Hand legte sich um meinen Hals. Ich sah ihr in das kleine Gesicht und nickte langsam. >Du bist so weit weg.< Ihre vollen Lippen verformten sich zu einem Lächeln. Jessica. So schön und liebevoll.
>Ich bin genau hier.<, raunte ich, nahm ihre Hand und drückte meinen Mund in ihre Innenfläche. Zufrieden seufzend lehnte sie sich gegen mich.
>Ach, Kinder. Schön, dass ihr euch gefunden habt.< Margret streckte ihre Finger über den Tisch. Ich nahm sie zwischen meine und drückte sie. >Ich freue mich so für euch.<
Langsam kam ich von der Welle herunter. Von den Erinnerungen, die von einem blöden Karottenkuchen erweckt wurden. Was stimmte nur nicht mit mir? Was lief nur so verdammt falsch? Warum konnte ich ihn nicht einfach ignorieren und mein Leben weiterleben? Weshalb verwirrte mich seine Präsenz so sehr? Und was verdammt nochmal war das gestern in dem Duschraum? Wie ein junger Teenager starrte ich ihn an und ich konnte nicht lügen, es war Erregung, die durch mich gefahren war.
Gott, was stimmte nur nicht?

Ich stand schweigend vor dem Handy. Es lag vor mir auf der Arbeitsfläche. Unschuldig lag es da, mit verdunkeltem Bildschirm, stumm und bewegungslos. Jess schlief schon. Wir waren nach dem Essen mit ihren Eltern ins Kino gegangen und hatten anschließend etwas getrunken und uns ins Bett gelegen. Doch ich war aufgewacht. Lag erst wortlos da, aber es brachte nichts. Meine Gedanken kreisten um ein und dasselbe und nachdem ich eine Kopfschmerztablette gegen den Kater eingeworfen hatte, landete ich in der Küche.
Atemlos raufte ich mir die Haare. >Ok.< Ich schnappte mir das Handy und tippte die Nummer ein, die ich mir von Melanie hatte geben lassen. Es dauerte etwas, bis der Freizeichenton verstummte und das erschöpfte Krächzen einer tiefen Männerstimme erklang. >Ehm... Jack?<
>Fick dich, scheiße nochmal. Hast du eine Ahnung, wie viel Uhr es ist?!<
Ich drehte mich zum Ofen herum. 4 Uhr morgens. >Ja, ich weiß.<
Er räusperte sich. >Wer ist da?<
Mein Atemrhythmus stieg an. >David.<
>David? Was... was willst du?< Ich fuhr mir durchs Haar und seufzte ausgelassen. Die Worte kamen nicht über meine Lippen. >David, verdammt. Ich will schlafen, was willst du von mir?<, schnauzte er mich an.
Überfordert ging ich in die Hocke und stützte mich mit meinem Kopf gegen die Arbeitsfläche. >Ich wollte dich fragen, ob... ob du Lust hättest... also... Wir haben doch gestern oder... vorgestern gesagt, dass...<
>Halt die Klappe.< Ich schloss meinen Mund und schloss auch peinlich berührt meine Augen. Mein ganzes Gehirn war blank. >David?< Ich brummte leise. >Wir gehen morgen zu meiner Mum und surfen, in Ordnung?<
Ich lächelte.
So viele Jahre waren wir getrennt gewesen und doch verstand er mich sofort.
>Ja, in Ordnung. Wir treffen uns bei ihr. Bis später, Jack. Und sorry, dass ich dich geweckt habe.<, nuschelte ich.
Er lachte heiser. Gänsehaut rieselte über meinen Rücken. >Nacht, Kleiner.< Er legte auf.
Gott, wie das Adrenalin sprudelte. Aufgeregt versuchte ich meinen Atem zu beruhigen.
Surfen. Endlich wieder zusammen mit Jack. Mit einem breiten Grinsend ging ich wieder hoch ins Schlafzimmer. Ich verlor meine Lust am Surfen immer mehr, denn ohne Jack war es nicht das Selbe. Nicht einmal annähernd. Das Wasser war nicht mehr so blau, die Sonne schien abgedunkelt, die Wellen waren nur noch nervig und der Geruch erinnerte aus irgendeinem Grund an irgendwas verwesendes. Immer seltener ging ich an den Strand, um zu surfen. Ich lag mit Jessica zusammen am Strand und sah den anderen dabei zu, wie sie auf den Wellen ritten und vermisste es. Vermisste es, wie Jack und ich mit großer Faszination auf eine Welle zu paddelten und uns danach gegenseitig in die Hand schlugen, weil wir uns wie Profis vorkamen.
Ich schlang meine Arme um Jess. Im Schlaf umarmte sie mich. Ich war noch immer am Grinsen.

>Kann ich wirklich nicht mitkommen? Ich sehe dich so selten surfen.< Sie lehnte an der Tür, während ich eine Tasche packte.
>Baby, ich bin heute Abend wieder zurück. Ich möchte nur ein bisschen Zeit mit Mama Arnolds verbringen. Es ist schon länger her und ich... brauche ein bisschen Ruhe.<
Sie sah mich an. >Und ich bin da keine gute Gesellschaft?<
Ich ging auf sie zu, umfing ihr Kinn und hob es so an, dass ich sie küssen konnte. >Du bist die beste Gesellschaft für alle möglichen aufregenden und erregenden Dinge, Liebling,...< Sie lachte leise. >... aber nicht für Ruhe. Warum gehst du nicht mit Patricia aus?<, fragte ich sie und nahm die Tasche mit runter zur Küche, wo ich ein paar Flaschen Bier in eine Kühlbox packte.
>Und da habe ich mich jetzt gefreut, nackte, feuchte Haut zu sehen.< Sie sagte das mit einem angedeuteten Lächeln auf den Lippen.
Ich hob sie auf meine Arme und küsste sie. >Hör auf damit.<, warnte ich sie. >Heute Abend, wir beide unter der Dusche. Na, was sagst du?<, raunte ich in ihr Haar. Sie schlang ihre Arme um meinen Nacken und drückte ihre Lippen an meine. >Gut, oder?<
>Ja, sehr gut. Jetzt hau ab und mach dein Ding.<
Damit schnappte ich mir meine Tasche und die Kühltruhe und ging zur Tür. >Bye, Baby.<, rief ich und ging zum Wagen. An das Dach war mein Surfboard angebunden. Ich setzte mich an das Lenkrad, stellte die Sachen auf dem Beifahrersitz ab und fuhr los.
Mit jedem Meter, dem ich Mama Arnolds Haus näher kam, schlug mein Herz schneller. Ich konnte das Wasser jetzt schon rauschen hören. Begeistert sah ich dabei zu, wie immer mehr Häuser verschwanden. Die blaue Linie zu meiner Linken folgte mir unentwegt. Das Wasser sah gut aus. Ich hoffte, es würde so bleiben.
Das rote Haus tauchte auf. Mit der rostbraunen Tür, dem Windspiel und allem drum und dran. Nichts hatte sich verändert. In der Einfahrt stand sein schwarzes Auto und natürlich der kunterbunte Van, mit dem wir früher auf Ausflüge gefahren waren. Ich parkte hinter ihm und stieg aus. Mehrere Sekunden blieb ich stehen und sah zum Haus. Betrachtete einfach nur das Gebäude, in dem ich über die Hälfte meiner Kindheit verbracht hatte. Das hier war mein Schutzbunker gewesen, wenn zu Hause die Bomben geflogen waren.
>Was stimmt hier nicht?<, fragte ich mich selber und ging über den Weg zur Haustür. Ich klingelte, woraufhin Mama Arnolds die Tür öffnete.
Sie grinste mich breit an. Gleich darauf fielen ihre Mundwinkel hinab. >Oh, ich... ich wusste nicht, dass du...<
>Mama, ich weiß, dass er hier ist. Wir haben uns hier verabredet.< Ihre Augen weiteten sich kurz, bevor sie mich fest umarmte. >Hey, Mama Arnolds.<, begrüßte ich sie und ließ meine Tasche auf den Boden fallen.
Sie küsste mich auf die Wange. >Ich hatte ein bisschen Angst, als ich gehört habe, dass er bei dir an der Dienststelle arbeitet.< Ihre Hand strich über meine Wange. Kleine Tränen glitzerten in ihren Augen. >Meine Fresse. Endlich habt ihr euren Zickenkrieg beiseite gelegt. Jetzt gibt es erstmal was zu trinken!<, rief sie aus und wischte sich versteckt über die Augen. >Jacky, David ist hier! Oh, es ist so lange her, dass ich das gesagt habe.<
Mrs. Arnolds war kaum gealtert. Hier und da ein paar Fältchen um die Augen herum und ein paar an den Wangen, aber sie war noch immer das gebündelte Feuer, dass sie vor 10 Jahren gewesen war. Die Haare waren sogar noch rot und heute hatte sie sich für eine rote Leinenhose und eine rote Bluse aus dem gleichen Stoff entschieden.
Jack saß am Tisch und trank Kaffee. >Ja, Mum. So nostalgisch, nicht wahr, David?< Er sah mich an. Ein Lächeln lag auf seinen Lippen.
Ich erwiderte es. >Hey.< Mama Arnolds sah uns beide an. Man sah ihr an, dass sie mit den Tränen kämpfte. >Mama, hör auf.<, warnte ich sie und verdrehte die Augen.
>Oh Gott, Mum. Komm runter.<
Sie stieß ihn an. >Ich habe euch nur so lange nicht mehr zusammen gesehen und habe mir so Sorgen gemacht, dass ihr euch nie wieder...< Sie atmete durch. >Ok, jetzt reicht's. Ich brauch einen Kurzen.< Wir lachten beide und sahen ihr nach, wie sie zum Esszimmer ging.
>Ich habe gewusst, dass es sie freuen würde uns zusammen hier zu sehen.<
Ich nickte. >Ja, dachte ich mir auch.< Er sah zu mir auf. Ich saugte sein Gesicht gierig auf. Er roch nach Zigaretten. Mit Sicherheit war er kurz vorher eine rauchen gewesen.
>Ich hole kurz mein Board.< Er stand auf und lief hoch in sein früheres Zimmer. Ich folgte Jack nach kurzer Zeit hoch. Das Zimmer war eine ziemliche Gefahrenzone für mich geworden. Wegen der ganzen Erinnerungen. Ich hatte mich bei meinen Besuchen nicht hier hoch getraut. Viel zu sehr fürchtete ich mich vor meiner Reaktion.
Doch nun wieder hier oben zu sein. Es sah alles genauso aus wie früher. Alles hier schrie nach uns. Fast so, als wären wir 10 Jahre jünger.
Er stand neben seinem Bett und wachste das Board.
>Wo ist die Lampe?< Der Ast war verschwunden.
>Hängt in meinem Wohnzimmer.<, antwortete er.
Ich lächelte. >Ich habe mir was geklaut. Hoffentlich ist das in Ordnung für dich.< Er sah sich suchend im Zimmer herum.
>Was?<
>Das Bild von uns dreien im Flur unten...< Er schnaubte. >... und...< Aufhorchend hob er seinen Kopf wieder an. >... die blauen Shorts. Sie passen mir nicht, aber...< Ich zuckte mit den Schultern und blickte zu Boden. Auf den grauen Teppich, mit dem roten Fleck. Jack sagte nichts, weshalb ich zu ihm aufblickte. Argwöhnisch betrachtete er mich, nickte und widmete sich wieder dem Board.
>Jungs, kommt runter.< Wir liefen runter zu Mama, wo sie mit drei kurzen Gläsern in der Küche stand und sie auffüllte. >Jetzt gibt es erst einmal einen Schluck, bevor ihr auf das Wasser geht. Ist das eigentlich sicher?<, fragte sie nach, verteilte aber dennoch die Gläser.
>Wenn wir ertrinken, kannst du uns ja retten, Mummy.< Er stürzte das Glas hinunter, verzog etwas das Gesicht und ging raus.
>Bis später, Mrs. Arnolds.< Sie lächelte mich breit an. Schnell stürzte ich den Drink hinab und folgte Jack. Er stand schon an seinem Wagen und zog sich aus. Die Sonne schien heiß und hell vom Himmel hinab. Es wehte ein leicht kühler Wind. Perfektes Wetter zum Surfen. Und perfektes Licht, um Jacks Muskeln zu unterstreichen.
Es war peinlich, wie unangenehm es mir war, mich vor ihm auszuziehen. Es lag an dem Vorfall in der Dusche. Er musste gemerkt haben, wie ich ihn angesehen hatte, denn ich hatte auf jeden Fall gemerkt, wie seine Augen an mir gehangen hatten.
Ich warf meine Kleidung ab und nahm das Board vom Dach. Lachend sah Jack auf die Kühlbox in meiner Hand und hob ebenfalls eine an. >Wir werden so was von betrunken werden.<
Wir schlenderten zusammen um das Haus herum zum Strand. Ich sah zu Jack hinüber und blieb stehen. Er runzelte die Stirn. >Wer...<, fing ich an.
>... als erster da ist!<, rief er und rannte los. Lachend kam ich ihm nach. Sobald er am Wasser war, ließ er die Box in den Sand plumpsen und warf sich mit dem Board voran in die Wellen.
>Das war echt mies.<, sagte ich, als ich neben ihm zu paddeln begann.
Er schlug mir eine Handvoll Wasser ins Gesicht. >Sei keine Memme, Kleiner. Die da...< Er zeigte nach vorne. >Die nehmen wir.<, kündigte er an und das taten wir. Ich musste erst wieder reinkommen. Musste mich an die vielen Empfindungen gewöhnen, die auf mich einschlugen, während das Salzwasser um mich herumspritzte.
Ich geriet in einen Tunnel. Sonnenstrahlen schienen durch die blauen Wände. Vor mir konnte ich Jack sehen. Wie immer bewegte er sich auf so elegante, unmenschliche Weise, dass es mir den Atem verschlug. Er gehörte einfach ins Meer. Hier passte er hinein. Das Meer war unsere Welt. Nur unsere. Es kam mir nur wie ein Wimpernschlag vor. Die Stunden vergingen so rasant schnell. Wir gingen wieder in unser altes Muster. Machten alle möglichen Tricks, die wir noch kannten und feierten den anderen, bei sauberen Ausführungen.
Jede Spannung fiel von uns ab. Es wurde von uns gewaschen. Wir lachten ausgelassen, triezten einander und schwelgten in Kindheitserinnerungen, als wären sie von gestern.
>Was ist mit Becky Johnson?<
Er lachte und drehte seinen Kopf weg. >Sie hat sich schon mit 14 gewachst.<
>Oh Gott!<, rief ich.
>Da gab es noch nicht mal was, aber war allglatt.<
>Krank.< Ich lag auf dem Rücken. >Elliott Kendrick?< Das Mädchen, in das ich sozusagen verliebt war. Ich hatte sie erwähnt, als wir uns gestritten hatten.
Wir sahen uns an. Er grinste breit. >Direkt nach unserer kleinen „Diskussion“.<
>Was?< Ich setzte mich auf und sah zu ihm runter. >Direkt danach?<
>Nein...< Wieder lachte er. >Eine Woche danach, denke ich.<
Ich drehte mich auf dem Board zu ihm. >Warum? Du standest doch nie auf sie.<
Er zuckte mit den Schultern. >Ich wollte, dass sie sich in mich verliebt, damit du keine Chance mehr bei ihr hast.<, erklärte er.
Ungläubig hoben sich meine Brauen an. >Hat funktioniert. Ich habe sie gefragt und sie meinte, sie wäre nicht interessiert.< Er zuckte selbstgefällig mit den Schultern. >Du Arsch.< Ich schnappte das Board, auf dem er lag, und warf ihn um. Platschend landete er im Wasser. Lachend hielt ich mir den Bauch. Da tauchte er plötzlich hinter mir auf und riss mich an den Schultern herunter. Grölend tauchte ich ab. >Jack!< Er paddelte schon zum Strand. >Blöder Wichser!<
Er lachte laut schallend. >Jaja!<
Das Grinsen konnte ich nicht aus dem Gesicht wischen. Es war schon früher Abend. Der Horizont verlief von einem hellen Blau, zu Gelb und zuletzt Orange. Er nahm den Gurt von seinem Fuß und legte das Board ab. >Vollidiot.<
>Lagerfeuer?<, fragte er.
Ich stieß ihn noch ein letztes Mal an und suchte dann nach Steinen und Stöcken.
Wir saßen im Schneidersitz um das Feuer herum und tranken Bier und hier und da was von einem fantastischen Whiskey. >Unglaublich. Früher warst du dieser kleine, schüchterne, blonde Engel und jetzt...< Er schnaubte. >... bist du groß, immer noch blond, aber verheiratet und so selbstbewusst.< Ein kleines Lallen lag in seiner Stimme. Er hatte am meisten von dem Whiskey getrunken. >Weißt du, es... Wenn ich ehrlich bin,... es hat mich echt verletzt, wie du auf mich reagiert hast.<
Ich fuhr mir durchs Haar. >Hör mal,...<
>Nein, hör du mir zu...< Er kniete sich hin, drückte seine Zigarette aus und leerte sein Bier. >Du... Wir waren auf dem Wasser, so wie immer, wir haben gelacht, so wie immer, wir haben gesurft, So. Wie. Immer., und dann... dann habe ich dir einen geblasen und... ich meine, es war gut, denke ich. Musste es, denn du bist abgeschossen, wie sonst was, und dann... dann hast du dich verhalten, als wäre ich... keine Ahnung... verseucht oder so was. Du hast dich lieber von meiner Schwester anhimmeln lassen, was du hasst, als mit mir zu reden. Oh Gott,...< Er ließ sich auf seinen Hintern fallen und rieb seine Stirn, als hätte er Kopfschmerzen. Ich war perplex. Konnte nicht glauben, wie er gerade ausbrach. >Und als ich dich dann mit hoch genommen habe,... fängst du an diesen Müll zu labern. Du kannst dir nicht vorstellen, wie enttäuscht ich war. Ich bin so wütend geworden, weil ich... David, ich war in dich verliebt und du hast mich so scheiße behandelt. Und...< Er atmete durch und sah mich an. >Und du behandelst mich noch immer beschissen. Nicht, wie der beste Freund, der ich war. Ich war der einzige, der dich verstanden hat. Diese ganzen Stunden die wir damit verbracht haben dem anderen zu helfen, wenn die ganze Welt gegen einen zu spielen schien. So war es doch. Oder? So war es! Du warst der einzige, der mir helfen konnte, weil du der einzige warst, dem ich bedingungslos vertraute und dann bin ich der Störfaktor Nummer 1 in deinem Leben und du kannst es kaum erwarten, mich wieder los zu sein.< Er sah runter auf seine Hände. >Ich liebe dich...<
>Du hast gesagt,...<
>Ich hab gelogen. Was hätte ich denn sonst machen soll? Du warst von Anfang an gegen mein Auftauchen und hast mich angesehen,...< Er runzelte die Stirn. >Mit diesem “Raus hier!“-Gesichtsausdruck.< Frustriert winkelte er vor sich die Beine an und raufte sich das Haar. >Das ist echt... deprimierend, weißt du?<
Das Feuer schmeichelte seinem Hautton. Er wirkte unecht. Wie immer, der perfekte Jack. Schlau, schön, humorvoll. Ich rutschte zu ihm und tätschelte seine Schulter. >Es tut mir leid. Jacky, es tut mir wirklich leid. Ich war so überfordert und hatte Angst. Plötzlich waren da diese...< Ich räusperte mich. >... diese Gefühle...< Er sah zu mir auf. >Ganz nebenbei war das tatsächlich mein erster Orgasmus und zwar ein richtig guter.< Wir lachten. >Ich fand dich schon immer schön, weißt du das? Ich meine, alle fanden dich gutaussehend. Du kamst mir immer so unerreichbar vor und...< Ich verschränkte die Arme auf meinen Knien. >Ich habe mir vorgestellt, dich zu küssen und so was, aber... Zu der Zeit, du weißt doch, wie die Leute gesprochen haben und ich war ein Angsthase. Es tut mir leid, Jack. Ich bereue, die ganze Zeit, die wir verloren haben. Das wir einander nicht aufwachsen gesehen haben.< Wir sahen uns wieder an.
>Was war das in den Duschräumen?<, fragte er mich. Meine Lippen trennten sich. Natürlich, hatte er gemerkt, wie ich ihn angesehen hatte. >Ich will nicht lügen, die letzten 10 Jahre habe ich mir dich vorgestellt und du bist sogar besser.<, murmelte er und rieb sich das Kinn.
Mein Mund stand offen. Was sollte ich sagen? Was sollte ich ihm jetzt sagen? Wir waren endlich wieder richtige Freunde. Ich wollte das nicht zerstören. Ich wollte meinen Jack nicht wieder verlieren. Ich hatte so viel Zeit verloren und wollte nicht noch mehr verlieren. >Wie gesagt, ich finde, dass du sehr gut aussiehst, aber...<
Er lächelte. >Du findest, dass ich sehr gut aussehe, aber...? Was sieht gut aus an mir?<
Lachend tippte ich gegen seine Schulter. >Deine Muskeln.< Als nächstes sein Gesicht. >Deine Brauen. Deine Augen, weil sie so hell sind. Deine Nase ist gerade und sauber geschnitten und deine...< Wir sahen einander an. >... Lippen sind voll und...<
Er drückte seinen Mund an meinen. Ruckartig fuhr ich zurück. Seine Augen wurden groß. >Tut mir leid. Das war...<
Ich umfing sein Gesicht und zog ihn wieder heran. Eine heiße Kugel platzte zwischen unseren Lippen und fuhr in meinen Körper. Ich biss auf seine Unterlippe. Er stöhnte in meinen Mund und kroch auf meinen Schoss. Fest griff ich nach seinem Hinterkopf und presste ihn an mich. Sein harter Schritt rieb gegen meinen. Ich zog ihn an seinem Hintern näher an mich heran. Mit einem Ruck drehte ich uns beide. Er lag auf dem Rücken und bog sein Becken nach oben. Ich war vollkommen in den Kuss versunken, dass ich nicht merkte, wie er unser beider Erektionen ausgepackt hatte und uns gleichzeitig pumpte. Ich bewegte meine Hüfte vor und zurück und bedeckte seine Brust mit zarten Küssen.
>David...<
Ich packte sein Haar und zog seinen Kopf nach hinten. Hungrig knabberte ich an seiner Kehle. >Komm schon, schneller...< Ich legte meine Hand um seine und beschleunigte die Bewegungen. Keuchend lehnte ich meine Stirn gegen seine Schulter. Ein schwerer Knoten bildete sich in meinem Magen. Wurde größer und drückte gegen die Wände meines Bauches.
Jack windete sich unter mir, bäumte sich immer wieder auf und schien seinem Höhepunkt näher zu kommen. >David,... ich...<
>Ja, komm...< Er kam und verstärkte dabei den Griff, was mich dazu brachte, ebenfalls zu kommen. Ich erschlaffte auf seinem Körper. Verteilte noch ein paar Küsse auf seiner Brust, bis mir klar wurde, was ich gerade getan hatte. >Oh...< Ich hob meinen Körper an. >Oh... Fuck...< Mit großen Augen starrte ich auf ihn runter.
Jack war noch dabei seinen Atem unter Kontrolle zu kriegen und sah mich unschlüssig an. >Was...? Oh... Fuck...<, wiederholte er, als auch ihn Klarheit traf.
>Scheiße, verdammte...< Hastig stand ich auf und packte meinen Schwanz wieder ein. >Scheiße, scheiße, scheiße! Wie konnte das passieren?< Er tat es mir nach und sah mich mit unergründlicher Miene an. >Ich... ich bin verheiratet und...<
>Es tut mir leid. Ich habe damit angefangen und... Tut mir leid, David. Wirklich...< Er sah mir überfordert dabei zu, wie ich zusammen packte, mein Board schnappte und an ihm vorbei stampfte. >David!< Ich drehte mich nicht um. Ging einfach wortlos davon.
Ich war fremdgegangen. War meiner wunderschönen, liebenswürdigen Frau fremdgegangen, die es nicht einmal im entferntesten verdient hatte, so behandelt zu werden.
>Hey, kommt ihr jetzt endlich auch...?<
>Mama, ich muss schnell gehen. War schön dich wieder zu sehen.<, ratterte ich schnell herunter.
Verblüfft sah sie mir nach. >Aber...<
Ich zog hinter mir die Tür zu, schnallte mein Board an den Wagen und stieg ein. Geradezu panisch fuhr ich los. Mir war schlecht. Speiübel. Ich konnte nicht mehr. Mein Körper war gespalten. Zwischen dem Übel, der in mir wütete, und der noch immer lodernden Lust, für dich ich mir am liebsten eine reinhauen wollte. Was zum Teufel war nur in mich gefahren?

Kapitel 4

Wütend schlug ich mit der Hand gegen das Lenkrad. Niemals in den 6 Jahren, die ich schon mit Jess zusammen war, hatte ich je das Bedürfnis empfunden, mit jemand anderem als ihr zu schlafen. Nie. Es war mir noch nicht einmal in die Gedanken gekommen. Ich war wunschlos glücklich mit ihr und ich war es doch immer noch Wie zum Teufel war es möglich, dass meine Zunge in seinem Mund landete?
Ich parkte am Straßenrand und nahm mein Handy hervor. Mit der Kurzwahltaste 1, rief ich sie an. Sie ging gleich nach dem zweiten Klingeln ran. >Babe, wie war das Surfen?<, fragte sie glücklich.
>Süße, wo bist du? Ich hole dich ab.<
>Oh, ja klar.<
Sie war in einer Bar mit ein paar Freundinnen. Ich fuhr dort hin und trat ein in den Schuppen. Viele Frauen, die mich ansahen. Ich hatte mein Hemd nicht ganz zugeknöpft, vielleicht lag es daran. Jess stand weiter hinten an der Theke und winkte mich zu sich. Ich ging auf sie zu. >Liebling, da bist du ja.< Sie strich mit den Fingern über meine freiliegende Brust. >Hm... die Ruhe hat dir wirklich gut getan.< Sie machte Anstalten mich zu küssen, fast wollte ich mich abwenden, ließ es dann aber zu. >Komm, ich stell dich meinen Freundinnen vor.< Wir stießen zu den Frauen zu, die zusammen an der Theke standen und tranken. >Mädels, dass ist mein Traummann, David.<
Anerkennende Blicke wanderten über mich hinweg.
Nach meiner Ausbildung hatte ich ein gewisses Maß an Muskelmasse angebaut. Damit wuchs auch das Interesse der Frauen an mir. Nicht, dass ich davor unsichtbar gewesen war, aber mein jetziger Körperbau hatte eindeutig geholfen.
Doch mit Jessica war das für mich uninteressant gewesen... Na ja, die Situation war jetzt natürlich ganz anders als noch vorher.
>Guten Abend, Ladys.<, begrüßte ich sie und versuchte mich an einem Lächeln.
>Hi. Ihr beide seht wirklich toll zusammen aus.<
Jess schlang ihre Arme um mich herum. Sie schien etwas angetrunken zu sein. >Vielen Dank. Und daran wird sich so schnell nichts ändern, was?<, fragte sie mich und umfing mein Kinn.
Ich sah ihr in ihre blauen Augen. Diese schönen blauen Augen. Wie konnte ich ihr das nur antun? Ich musste es ihr sagen. Ich musste es ihr sagen. Das konnte nicht unter Verschluss bleiben. >Ja,...< Ihre Lippen legten sich noch einmal an meine. >Lass uns gehen, ja?<
>Oh, da hat es jemand aber eilig.< Sie sah zu ihren Freundinnen und hob vielsagend ihre Brauen an. >Wir gehen dann, meine Süßen. Bleibt fantastisch!<, rief sie laut, beim Rausgehen. >Baby, das war so ein schöner Abend. Wie lief es bei dir? Gab es gute Wellen?< Ich hielt ihr die Tür zum Auto auf und ließ sie einsteigen. Die Fahrt war ich in Gedanken versunken. Jacks atemlose Stimme hallte noch immer in meinem Kopf. Genauso wie die Hitze seines Körpers an meiner Brust und natürlich der erschütternde Orgasmus. Und jetzt plötzlich saß ich hier neben meiner Frau.
Wie war das möglich? Diese 180°-Drehung. Plötzlich stand ich an diesem vollkommen neuen Punkt in meinem Leben.
So unvorstellbar, dass ich hoffte, ich würde gleich aufwachen und mich neben Jess in unserem Ehebett finden.
>Du bist so ruhig? Was ist los?<, fragte sie mich plötzlich. Ihre Hand legte sich an meinen Oberschenkel.
Ich schüttelte den Kopf. >Nichts.<
>Baby, ich sehe dir doch an, dass es...<
>Es geht mir gut, verstanden?<, blaffte ich. Sie nahm ihre Hand von mir runter. Ich atmete durch und fuhr durch mein Haar. Es wurde ruhig im Auto. Angespanntes Schweigen.
Immer und immer wieder, baute ich in meinem Kopf Sätze zusammen, wie ich mich ihr offenbaren konnte. Wie ich die Last von meinen Schultern lassen konnte, doch letztendlich sagte ich nie etwas. Ich wollte mich entschuldigen, wenigstens für meine Schroffheit gerade eben, aber auch das schaffte es nicht über meine Lippen. Jeder Mut hatte mich verlassen. Nur noch ein Häufchen Angst, Schuldbewusstsein, immenser Reue und... und Sehnsucht.
Gott, wie war es möglich?!
Sehnsucht, nach dieser fast unerträglichen Hitze, die in mir aufgewallt war. Verdammt, hatte er sich gut unter mir angefühlt. Alles um mich herum war in Vergessenheit versunken. Ich meine, ich hatte meine Frau vergessen. Sie hatte nicht mehr existiert. Da waren nur noch wir beide und das Meer.
Hör auf, verdammt!
Ich parkte in der Garage. Jessica stieg aus, noch bevor das Auto zum Stehen kam und ging hastig durch die Tür ins Haus. >Oh, Mann...<, stieß ich frustriert aus und schloss meine Augen. Eine Weile lang blieb ich sitzen und versuchte mich zu sammeln. Die ganzen verschiedenen Bilder in meinem Kopf ordnen und einen gewissen Überblick bekommen.
>Baby, es tut mir leid.< Sie trank ein Glas Wasser und ging daraufhin die Treppen hoch in unser Badezimmer. >Ich bin etwas gereizt, es tut mir leid.<
Ohne auf meine Worte zu achten, schlüpfte sie aus ihrer Kleidung, kam dann auf mich zu, zog mein Hemd aus und legte es sich selber an. Ich beobachtete sie dabei, wie sie sich die Zähne putzte und gesellte mich zu ihr. Nachdem auch ich mich ausgezogen hatte, ging ich ihr nach ins Bett und legte mich hin. Wir lagen da, dass Licht war aus. Gebannt starrte ich auf die zarte Silhouette, die sich nur hauchzart in der Dunkelheit abzeichnete.
Sie drehte sich zu mir um. >Ist zwischen uns alles in Ordnung?< Ich sah sie an. >Du erscheinst mir... gedanklich sehr weit weg. Irgendwie traurig. Willst du... mir etwas sagen?< Sekundenlang schwieg ich. Ihre Augen schienen zu leuchten. >David?<
Der Strand trat wieder in Augenschein. Jack und ich, wie wir uns im Sand wälzten. Jess und ich an unserer Hochzeit. Sicher, bis an unser Lebensende vereint zu sein. Sie war eine stolze Frau und würde mich verlassen. Noch vor wenigen Wochen, war sie das erste Mal mit dem Thema Baby auf mich zugekommen und nun bangte ich um die Beständigkeit unserer Ehe.
Alles war drunter und drüber und das nur wegen dieser einen Person aus meiner Vergangenheit. Nur dieser einen wegen.
>David?<
Ich rutschte zu ihr hinüber, bettete meinen Kopf an ihre Brust und schlang meine Arme um sie herum. >Nichts. Ich bin nur müde.<, murmelte ich und schloss meine Augen.
Feigling. Lügner.
>Schlaf gut, Baby.< Ihre Lippen legten sich kurz an meine Stirn.

Ich hatte einen Albtraum. Ich hörte ein Baby weinen. Mit unter mischte sich das Weinen einer Frau. Jess. Sie rief immer wieder, dass sie mir vertraut hatte. Die Stimmen schienen immer lauter zu werden, bis sie in meinem Kopf dröhnten. Laut und schmerzhaft.

Ich schreckte aus dem Schlaf und sah mich suchend umher. Das Bett war leer. War sie weg? Wie hatte sie es herausgefunden?
>Ehm... Jessica?<, fragte ich in die Leere des Schlafzimmer. Sie kam mit einem Handtuch um die Brust und mit einem um den Kopf geschlungen zu mir. >Ah...< Erleichtert atmete ich durch. >Morgen.<
Lächelnd lief sie um das Bett herum und setzte sich an den Rand. >Du hast so einen traurigen Gesichtsausdruck, Baby. Was ist los?< Zärtlich umfing sie mein Gesicht und küsste mich auf die Lippen. >Du kannst mit mir über alles reden, Süßer.<, erklärte sie.
Ich nickte und schmiegte mein Gesicht in ihre Hand. >Ich weiß, Liebling. Ich weiß.<
Wir machten uns für die Arbeit bereit und frühstückten. Hand in Hand gingen wir zu unseren Wagen. Als ich zu meinem Wagen gehen wollte, ließ sie meine Hand nicht los. Meine Mundwinkel hoben sich an. >Jess, ich muss zur Arbeit.<
>Ich weiß.< Sie trat an mich heran und ging auf ihre Zehenspitzen, um mich zu küssen. >Bist du dir sicher, dass zwischen uns alles gut ist?<, fragte sie erneut. Ich nickte. >Sicher?< Wieder bejahte ich. Argwöhnisch beäugte sie mich. >Na gut. Ich werde schon einen Weg finden, dich aufzumuntern.<, sagte sie und ging zu ihrem Auto.
Ich sah ihr nach, wie sie wegfuhr und begab mich schließlich auch zu meinem Auto. Nur widerwillig stieg ich ein und startete den Motor. Mir wurde schlecht, bei dem Gedanken, ihn in Kürze zu sehen. Mich erregte der Gedanke, ihn in Kürze zu sehen.
Irgendwann musste ich mich dann aber auf den Weg machen.
Die Häuser zogen zu schnell an den Autoscheiben vorbei. Die Geräusche, die von außerhalb in den Wagen drangen, verschwammen  zu einem einzigen Haufen Lärm. Es ging zu schnell. Die Zahl der Meter bis zum Ziel schrumpften rapide. Ich musste dran halten, nicht suchend umher zu schauen.
Wie würde er reagieren? Was würde er tun? War jetzt alles wieder kaputt? Dieser eine kurze Tag, den wir zusammen verbracht hatten. Eine Zeitreise in die unbeschwerte Vergangenheit. Begrenzte Flucht vor... vor was?
Ich fuhr in eine freie Parklücke, blieb jedoch noch sitzen und starrte auf meine Hände. Meine Knöchel traten weiß hervor. Jeder Mut verließ mich. Mein Rückgrat war wie aufgelöst.
>Hey, David. Na, alles klar?< Ich schlug in irgendeine Hand ein. Ich registrierte noch nicht einmal, wer mich begrüßte. Dafür war ich zu sehr damit beschäftigt gewesen, herauszufinden, wo Jack war und ob er schon hier war.
Ich zog mich um, richtete mich und trat in den Aufenthaltsraum, wo die anderen schon Kaffee tranken. Gähnend gesellte ich mich zu ihnen und genehmigte mir ebenfalls eine Tasse. >Wie war euer Wochenende?<, fragte jemand.
>War im Kino.<
>Club in der Innenstadt.<
>Shoppen!<
>Schwiegereltern.<
>Uh!<, riefen sie alle gleichzeitig und verzogen das Gesicht, als würden sie Schmerzen erleiden. Lachend schüttelte ich den Kopf und nippte an der Tasse. >Tut mir leid, Alter.<
>Ach was. So schlimm war es nicht. Ihre Eltern sind toll.<
Einer zupfte an seinem unteren Augenlid, um zu signalisieren, dass ich log. Ich verdrehte die Augen und nahm wieder einen Schluck.
Ich bekam Jack über den Tag hinweg nicht zu Gesicht. Mir war nicht ganz klar, ob ich darüber erfreut oder traurig war. Was ich aber wusste, war, dass mein Herz rasend schnell schlug, als ich zum Anbruch der Nacht aus der Dienststelle zu einem der Polizeiwagen ging und er davor stand. Mit einem kurzen Blick in meine Richtung schob er die Tür auf der Fahrerseite auf und setzte sich rein.
Zögernd setzte ich mir den Hut auf ließ mich neben ihn auf den Beifahrersitz fallen. Schweigend fuhren wir an den Strand. Wo eine Prügelei stattfand. Sobald wir am Ort des Geschehens angekommen waren, stiegen wir sofort aus und begannen routiniert zu schlichten. Ohne darüber nachzudenken, arbeiten wir umeinander herum und hatten die Situation schon bald unter Kontrolle.
>Fickt euch alle! Ihr verdammten Schweine habt es doch auf mich abgesehen!<, brüllte der Junge. Er war höchstens 16 und sehr aussagekräftig. Die Handschellen schienen ihm nicht zu gefallen. Vergeblich versuchte er immer auszureißen, doch ich hatte ihn fest im Griff. Sein Kontrahent wurde von Jack in Schach gehalten. Er hatte kein Problem damit, den Jungen ins Auto zu bugsieren. Seine Stärke übertraf die des Jugendlichen um Längen.
Er hielt mir die Tür auf, während ich den Jungen, mit dem Namen Kevin, auch auf die Rückbank schaffte und schloss sie. Dabei trafen sich unsere Augen. Wir verharrten kurz. Sahen uns schweigend an.
Dieser kleine Kräfteakt hatte das Blut in Wallung gebracht. Erregung zuckte wie die Zungen von Flammen in seinen Augen. Meine Lippen öffneten sich. In der Uniform wirkte er noch männlicher, breiter, kräftiger, autoritärer. Sie stand ihm perfekt. Wie angegossen.
>Lass mich raus!< Wir schreckten zurück. Das Klopfen des Jungen riss uns beide aus unseren Gedanken.
Ich lief um das Auto herum und stieg ein, Jack tat es mir nach. Zusammen fuhren wir zur Dienststelle und schoben die beiden in eine Zelle ab. Die anderen aus unserer Schicht waren schon zum Feierabend weg.
>Hey, Jungs. Macht Schluss, ja? Bis zum nächsten Mal.< Jack war schon hinten. Ich verabschiedete mich von meinen Kollegen und ging zu den Umkleideräumen. In geübten Bewegungen zog ich mich aus und schritt mit einem Handtuch um die Hüfte gebunden zu den Duschen. Meine Schritte verhallten.
Er stand, natürlich nackt, unter der laufenden Duschhaube und rieb seine glänzende Brust mit Seife ein. Das Wasser rann zwischen seinen muskulösen Schulterblättern, an seiner Wirbelsäule zu seinem festen Hintern hinab.
Das Rauschen des Wassers war pure Hypnose. Keine blauen Wellen, aber dennoch zufriedenstellend.
Sein Kopf fiel in seinen Nacken. Seine Augen waren geschlossen, die Lippen geöffnet. Er spuckte das Wasser aus, sobald er seinen Blick wieder auf die weißen Kacheln vor sich gerichtet hatte. Ich atmete durch, schob das Handtuch von mir und hängte es an den Hacken.
Er fuhr mit beiden Händen durch sein Haar. Da verlor ich es.
Ich stürmte auf ihn zu, presste ihn mit meinem Körper gegen die Wand und hielt ihm seine beiden Hände über den Kopf. Dies war ein Griff, den wir in der Ausbildung lernten, um einen Kriminellen unter Kontrolle zu bekommen, wenn er sich wehrte.
>Scheiße, verdammte...<, knurrte ich, schob seine Beine auseinander und begann ihn wenig sanft zu pumpen.
Der erschreckte Laut, der ihm entkommen war, verwandelte sich zu einem lauten Stöhnen. Er lehnte seinen Kopf gegen die Kacheln und sog scharf Luft ein, als ich seine Backen auseinander schob und mich mit einem brutalen Stoß in ihn versenkte.
Ich packte mit der freien Hand seine linke Schulter und intensivierte meine Bewegungen. Wir beide gaben abgehakte Geräusche von uns. Der Rhythmus meiner vorstoßenden Hüften war unser Metronom. Es tat weh, so gut fühlte es sich an.
Hungrig biss ich ihn in den Nacken. Küsste ihn und leckte über die Bissspur. Seife, metallisches Wasser. Doch er schmeckte fantastisch. Gott, Jack war wie ein Aphrodisiakum. Meine ganze Haut stand in Flammen. Jeder Muskel kribbelte unter Millionen kleinen Nadeln. In meiner Brust flatterten keine Schmetterlinge. Keine Schmetterlinge. Nein, es waren Millionen und Abermillionen riesige Falken, die ihre Flügel schwingen ließen. Dieser brennende Ball aus Glut und Lava, der meinen Magen ersetzte, verschaffte mir Fieber. Schweren Fieber. Blinde Wildnis wütete in meinen Augen. Jede Vernunft trat als Dampf aus unseren Poren.
Gott, ich wollte ihn so sehr. So sehr.

Wir lagen halbnackt auf den zurückgestellten Sitzen meines Autos. Die Fenster waren unten, sodass wir rauchen konnten. >Du kannst scheiße gut ficken.<, murmelte er irgendwann.
Ich lachte leise. Er klang ein. >Danke. Ich bin auch sehr stolz auf meine Techniken.<
>Kann ich dich was fragen?< Ich brummte zustimmend und nahm einen tiefen Zug. >Wenn du... mutiger gewesen wärst. Dich also getraut hättest, meine Gefühle zu erwidern, wären wir dann zusammengekommen?< Er drehte seinen Kopf zu mir. Ich spürte seinen Blick auf meinem Gesicht. Ich schwieg lange. >David, wir kennen die Antwort beide. Sag es einfach.<
>Ja...<, hauchte ich leise und stieß dabei den Rauch aus.
Er setzte sich auf. >Scheiße, Mann.<
Ich fuhr mir durchs Haar. >Die Zeit, in der wir gelebt haben, war einfach anders, Jack. In den letzten 10 Jahren hat sich viel geändert und...<
>Wir leben in Kalifornien, David. San Francisco ist direkt um die Ecke. Willst du mich verarschen? Noch dazu kommt, dass du fast nur bei uns warst. Nicht einmal Buddhisten sind so tolerant wie Mama.<, lamentierte er und sah mich fassungslos an.
>Meine Mutter war aber nun mal nicht so und... Du weißt doch, dass ich einfach nur von ihr gemocht werden wollte und Paul...< Ich zuckte mit den Schultern. >Es war eine andere Zeit und ich war ihr verfallen.<
Er nickte enttäuscht. >Würde ziemlich anders aussehen, alles hier...< Ich schwieg. >Und das hier... Das Ganze hier ist eine echt beschissene Sit...<
>Ich will nicht darüber nachdenken, Jack. Lass mich später... Verschieben wir das auf später.<
>In Ordnung, aber ich muss jetzt los. Ich treff' mich mit Tulisa.< Er beugte sich über mich drüber, um mich zu küssen, doch ich fuhr zurück. Mit einem selbstgefälligen Schmunzeln auf den Lippen betrachtete er mein Gesicht, bevor er seine Lippen an meine drückte. Und wie auch zuvor erwischte mich das Feuer wieder. >Bye, David.<, murmelte er zwischen zwei Küssen. Ich konnte nicht von ihm ablassen. Umfing seinen Hintern und zog ihn an mich. >David... Ich muss gehen.< Er bewegte sich aus dem Auto heraus, während ich ihm hinterher kroch und mich auf den Beifahrersitz setzte, um ihn weiter bei mir zu behalten.
>Nächstes...< Ich wanderte küssend an seinem Bauch hinauf. >... Mal will ich, dass du mir einen bläst.<, raunte ich und umfing eine Brustwarze.
Er atmete laut durch und küsste mich auf die Stirn. >Nächstes Mal?<, fragte er nach.
Ich nickte. >Nächstes Mal.<
>Du willst mich also wieder?< Er zog meinen Kopf hinunter und lehnte seine Stirn an meine. >Ich weiß, dass du das nicht erwidern kannst, aber... ich liebe dich, David. Von Anfang an schon.<, flüsterte er. Seine Finger fuhren mir durchs Haar. >Bis dann, Kleiner.< Er trennte sich von mir und ging zu seinem Motorrad, dabei streifte er sich sein Oberteil über.
>Jack, ich... Jack, kannst du das... für dich behalten?<, fragte ich ihn kleinlaut.
Er schnaubte. >Wir sehen uns morgen.<

>Ein Zimmer.< Der Kerl hinter dem Tresen, beäugte mich skeptisch, bevor er mir einen der Schlüssel reichte, die hinter ihm an der Wand hingen. >Nur eine Nacht. Wie viel kostet das? Ich würde gerne im Voraus zahlen.<
>150$< Ich reichte ihm meine Kreditkarte und wartete ab, bis er die Karte durch das Gerät durchgezogen hatte. >Schöne Nacht, wünsche ich Ihnen.<, sagte er mit einem seltsamen Unterton.
Schweigend ging ich über die Treppe hoch in das Zimmer. 302. Es war fast soviel wert, wie der Preis es versprach. Alles in Grau-Tönen gehalten. Sehr simpel.
Ich warf meine Jacke und meinen Rucksack auf den Schreibtisch mit der Tischlampe drauf. Erschöpft warf ich mich auf das Bett und schloss meine Augen.
Ich betrug also meine Frau mit meinem besten Freund. Es ging nichts mehr drum herum. Doch das eigentlich Schlimme an der Sache waren die Gefühle, die sich mit in diese Affäre gemischt hatten. Wäre es lediglich Sex, dann...
Blind fischte ich mein klingelndes  Handy aus meiner Hosentasche.
>Liebling. Wo bist du?<, fragte sie.
Ich presste meine Lider fest aufeinander. Noch nie hatte ich sie angelogen. >Ich bleibe heute bei einem Freund, Jess. Ich fahre von hier dann morgen zur Arbeit, ja?<, antwortete ich und rieb mein schmerzendes Nasenbein. Da bahnten sich Kopfschmerzen an.
>Ehm... ok. Geht es dir gut?<
>Ja, alles gut, Babe. Bis morgen.< Ich legte hastig auf. >Scheiße!<, fluchte ich.
Wir hatten so viele schöne Dinge miteinander erlebt. So viele Erinnerungen, die wir teilten, und die ich für nichts auf der Welt aufgeben wollte. Ich liebte sie. Ich liebte sie wirklich. Und bis vor Kurzem war ich noch der festen Überzeugung gewesen, dass sie die Liebe meines Lebens war.
Stumm starrte ich an die Decke. Die Migräne in meinem Kopf hielt mich vom Schlafen ab.
Ich verdiente es. Diese tiefen Schuldgefühle und diese körperlichen Schmerzen. Ich hinterging sie. Ich hinterging Jessica. Meine wunderschöne, süße Jess.

Das Licht, das zwischen den Gardinen ins Zimmer fiel, zeigte mir, dass die Nacht vorbei und der Morgen angebrochen war. Ich sah mich um. Der Raum mit seiner Einrichtung hatte noch immer die gleiche traurige Wirkung auf mich, wie gestern...
Nein, das liegt daran, dass du deine Frau betrogen hast.
Hastig setzte ich mich auf. >Fuck.<, krächzte ich und kratzte meine Stirn. Nur schwerfällig kam ich auf meine Beine und bewegte mich in das Badezimmer. Alles war zu laut, zu intensiv. Gleichzeitig fühlte ich mich seltsam abgestumpft und distanziert von allem.
Nach einer kurzen Dusche, checkte ich aus dem Hotel und fuhr zur Dienstelle. Ich war schrecklich müde. Doch ich wusste, wenn ich mich jetzt in eine Bett legen würde, wäre an Schlaf nicht zu denken.
>David, du siehst scheiße aus.< Dankend nickte ich den anderen  zu, als ich in den Aufenthaltsraum kam und mir Kaffee einschenkte. Jack stand an der Theke und trank aus seiner Tasse. >Gab's Streit mit der jungen Angetrauten?<, fragte einer.
Ich hob den Mittelfinger in die Luft und ging wieder raus. In meinem Büro sitzend kam Jack rein. Ich versuchte ihn zu ignorieren, doch er hatte die Tür abgeschlossen, die Tastatur vor dem Computer weggeschoben und sich direkt vor mich auf den Schreibtisch gesetzt. >Du warst also nicht zuhause?<, fragte er wissend.
Seufzend schüttelte ich den Kopf und lehnte meine Stirn erschöpft an seinen Oberschenkel. >Ich konnte nicht zu ihr.<, murmelte ich. Seine Finger fuhren durch mein Haar. >Scheiße.<, fluchte ich. >Wir... Das hätte niemals passieren dürfen, Jack.< Ich lehnte mich zurück und sah ihm in sein Gesicht. Er schob mich von sich und kniete sich vor mich hin. >Was tust du?<
>Du hast gesagt, ich soll dir einen blasen.<
>Hast du nicht gehört, was ich gerade gesagt habe?< Ich drückte ihn von mir, aber er stützte sich an meinen Oberschenkeln ab und stemmte sich zu mir hoch, bis sein Gesicht direkt vor meinem lag.
>Ist mir scheißegal, was du gesagt hast. Ich lass nicht zu, dass wir wieder in diese beschissene Situation kommen und uns ignorieren.< Er küsste mich und ging dann in die Hocke. Ich sah ihm dabei zu, wie er meine Hose öffnete. Mein Atem beschleunigte sich dabei rasend schnell. Seine Lippen fühlten sich unbeschreiblich an. Ich legte meinen Kopf in den Nacken. Keuchend verkrampften sich meine Finger um die Armlehne des Stuhls herum. Ich kam in seinem Mund, schnappte ihn an der Hüfte und hob ihn auf meinen Schreibtisch. Hastig begann ich auch seine Hose zu öffnen, doch er hielt meine Hände fest. >Warte Mal, hör auf. Du hast unser erstes Mal schon zerstört.<, lamentierte er.
Ich runzelte die Stirn. >Ich habe unser erstes Mal zerstört?<, fragte ich ungläubig und schloss meine Hose wieder.
>Ja.< Er lachte. >Billiger Sex in einer Duschkabine.< Sein Daumen fuhr über meine Unterlippe. Ich streichelte seine Wange. >Mein Kinderzimmer.< Ich begann zu lachen. >Ohne Witz. Hast du eine Ahnung...< Er zog mich zu sich heran. >... wie oft ich mir im Zimmer einen runtergeholt habe und mir vorgestellt habe, es mit dir zu tun, David?< Überrascht hoben sich meine Brauen an. Er nickte. >Ist so und du wirst mir helfen, diese Vorstellung in Realität zu verwandeln. Heute Nacht.< Seine Lippen drückten sich an meine.
Ich erwiderte hungrig seinen Kuss, entfernte mich dann aber von ihm und sah ihn an.
Jess' Gesicht tauchte in meinem inneren Auge auf. >Jack, ich... kann... Wir sollten das heute nicht machen. Ich sollte zu Jess.<
Sein Lächeln schrumpfte und seine Schultern sanken hinab. Er stieg vom Schreibtisch und richtete seine Kleidung. >Ok.<
>Es tut mir leid, aber...<
>Schon gut. Letztendlich ist sie deine Frau.< Mit diesen Worten zog er ab.
Ich sah ihm besorgt nach.

>Schmeckt's?<
Ich lächelte Jess an und nahm einen Schluck vom Bier. >Ja, danke, Liebling.< Die unangenehme Spannung, die auf unseren Schultern lag, war nahezu unerträglich. Noch nie, gab es diese Atmosphäre zwischen uns. Niemals. Wir waren wie eine perfekt eingeölte Maschine. Es lief einfach immer gut. Immer. Wir hatten die perfekte Ehe und nun? Ich konnte ihr kaum in die Augen sehen.
>Wenn es dir so schmeckt, warum hast du es dann noch nicht angerührt, David?<, fragte sie und legte ihre Hand an meine. >Was ist los? Du verhältst dich in letzter Zeit so seltsam. Ich mache mir Sorgen.< Ich sah auf unsere ineinander verschränkten Finger hinunter. Die Zärtlichkeit, die sonst aus ihrer Haut strömte, wenn sie mich berührte, war verschwunden. Es fühlte sich nicht richtig an. Nicht wie vorher.
>Ich habe nur keinen so großen Hunger.< Langsam zog ich meine Hand unter ihrer hervor und zwang mich dazu eine Gabel voll von dem Auflauf in den Mund zu schieben. 10 Minuten später stand ich auf. >Tut mir leid, ich kann nicht mehr.< Ich brachte mein Geschirr in die Küche und wollte hoch ins Schlafzimmer, doch Jessica hielt mich auf.
>David, was ist los?< Ihre Hand umfing meinen Unterarm. >Habe ich etwas falsch gemacht? Ist etwas in der Arbeit passiert? Bitte, rede mit mir.<, bettelte sie.
Und ich hätte es hier beenden können. Ich hätte es ihr hier sagen und der ganzen Sache ein Ende geben können.
>Ich...<
Doch stattdessen zog ich den Schwanz ein, verkroch mich in einer dunklen Ecke und versteckte mich vor der Wahrheit, die irgendwann ans Licht kommen würde.
>Ich... fühle mich nicht so gut, Baby. Das war's. Mach du es dir hier noch gemütlich. Ich geh schlafen.<, sagte ich, küsste sie auf die Stirn und ging dann hoch ins Schlafzimmer.
Ich duschte lange und ausgiebig. Stand eine Weile vor dem Spiegel und betrachtete mich selber. Ich sah nicht anders aus, dennoch fühlte ich mich anders. Wie ein Fremdkörper, der abgestoßen wurde. Dieses Haus war nicht mehr meines.
>Arbeit heute war schrecklich. Es gab so viel zu tun und aus irgendeinem Grund, hatte niemand die Möglichkeit, mir zu helfen. Ich meine, natürlich war das meine Arbeit, aber ich versuche auch immer allen zu helfen, wenn sie Hilfe brauchen. Da ist es ja wohl nicht zu viel verlangt, auch mal mir zu helfen oder?< Sie zog sich vor mir aus. >Gott, es ist so heiß.<, seufzte sie und legte sich in Unterwäsche zu mir ins Bett. Ich schaltete das Licht aus und zog die Decke an meine Schultern hoch. >Baby, ich bin so müde. Umarm' mich.< Ihr Arme umschlangen meinen Körper. Gänsehaut kroch meinen Rücken hinauf. Ich sprang aus dem Bett. Erschrocken sah sie mich an. >Was ist los?<
Mit großen Augen starrte ich auf sie nieder. Wie sie da lag. Halbnackt und entblößt. Ich hätte sie jetzt einfach nehmen können. Keine Wiederworte von ihrer Seite. Ich verdiente diese Schönheit nicht. Dieses Leben sollte jemand anderer führen.
>Ich schlafe unten.<, sagte ich knapp und ging hinunter.
>Was? Warum? David, hör jetzt bitte auf damit. Warum verhältst du dich so komisch?< Sie stand auf und stellte sich vor die Tür, bevor ich hinaus konnte. >Ich will wissen, was hier zwischen uns abläuft. Du scheinst es zu wissen, nur ich stehe hier im Dunkeln. Was ist mit dir?< Mit vorgeschobener Unterlippe trat sie auf mich zu, umschlang meinen Nacken und ging auf ihre Zehenspitzen, bis wir auf Augenhöhe waren. >David, wir sind verheiratet. Das heißt, wir können uns vertrauen.< Ich wollte flüchten. Mich der Wärme ihres Körpers entziehen. Dem Druck ihrer Brüste, die sich gegen meine Brust wölbten. >Wir lieben uns. Wenn es dir nicht gut geht, musst du mir das sagen. Baby, ich werde alles mir Mögliche tun, um es wieder in Ordnung zu bringen.< Sie küsste mich. Ihre weichen, vollen Lippen pressten sich vorsichtig an meine. >Bitte, David.<, seufzte sie an meinem Mund. >Schlaf mit mir.< Sie hob ihr Knie an meine Hüfte. Reflexartig umfing ich ihren Oberschenkel und zog sie hoch auf meine Arme. >Zum Bett, Baby.<

>Denkst du noch über das mit dem Baby nach?<, fragte sie. Wir lagen nackt im Bett. Ich hatte meinen Arm über meine Augen gelegt, um die anklagenden Blicke unsichtbarer Wesen zu verdenken, die sich im Schlafzimmer zu befinden schienen.
>Was meinst du?<
>Na, du weißt schon. Wir haben doch darüber geredet, ein Kind zu kriegen. Baby, du hast doch selber immer gesagt, dass du ein Kind haben willst. Wir sind jetzt 6 Jahre zusammen. Denkst du nicht, dass es da langsam Zeit wird... sesshaft zu werden? Ein kleines Du, das wünsche ich mir so sehr.<, murmelte sie und verteilte kleine Küsse auf meine Brust. >Ich liebe dich so abgöttisch, Baby.<
Ich streichelte ihren Kopf. >Ein Baby ist sehr viel Verantwortung und...< Ich sah zu ihr runter. >Es ist nicht das Baby. In letzter Zeit geht es in meinem Kopf einfach nur ein wenig drunter und drüber, sonst nichts. Mach dir keine Sorgen.<, beschwichtigte ich. >Schlaf gut.< Sie erwiderte besorgt meinen Blick und kuschelte sich dann an mich.
Ihr schlagendes Herz an meiner Seite war wie ein ständiger Weckruf. Eine Erinnerung, dass ich sie betrogen hatte und ich es wieder tun würde. Eine Stimme, die mir immer wieder sagte, dass ich ihr die Wahrheit sagen sollte.

Ich hatte wieder kaum geschlafen. Jede Bewegung, auch nur das Drehen des Lenkrads, war so erschöpfend, das ich fast beim Fahren einschlief.
Doch ich schaffte es sicher in die Dienststelle und begab mich sofort in mein Büro, wo ich mich in Papierarbeit vergrub. Meine Gedanken kreisten permanent um meine Frau herum. Ich musste mich von Jack trennen. Endgültig. Das konnte so nicht weiter gehen. Dieses Verhalten war nicht fair. Nicht richtig.
Und erneut fragte ich mich, wie alles so aus dem Ruder laufen konnte?
>Was ist los?<
>Nichts.<
>Hey, rede mit mir...< Ich schlug Jacks Hand weg, die an meinem Arm lag. >Was...?< Wortlos wandte ich mich ab und setzte mich an einen der freien Tische im Aufenthaltsraum. Vor mir dampfte mein Mittagessen. Hunger hatte ich nicht. Ich hielt es nur nicht mehr in meinem Büro aus. >David, was ist los?<, fragte Jack.
Ich trank von meinem Kaffee. >Was los ist? Ich habe meine Frau betrogen, Jack. Wir wollten Kinder kriegen und jetzt muss ich mir Sorgen um eine Scheidung machen. Das ist los und jetzt lass mich in Ruhe.<, zischte ich.
Er schwieg eine Weile. Atmete durch und legte seine Hand unter den Tisch an meinen Oberschenkel. Ich versuchte mich ihm zu entziehen, denn da kam gerade ein Kollege. >Komm heute mit zum Strand. Wir gehen surfen und...<
>Das alles hat beim Surfen angefangen, also „Nein“.<
Er rieb sich die Stirn. >Aber...<
>Nein. Jack, es reicht. Es ist vorbei...< Ich stand auf und ging um ihn herum, blieb aber stehen, bevor ich ging. >Tut mir leid.<, murmelte ich und wollte gehen, doch er packte meinen Arm und zog mich hinter sich her in den Flur. >Jack,... Was...?< Wir landeten auf den Toiletten für die Männer. Es war niemand drin. Natürlich.
Hart presste er mich gegen die Wand und küsste mich. >David, du willst mich. Und ich will dich.< Er packte meinen Kopf, schob sein Knie zwischen meine Beine und schlüpfte mit seiner Hand in meine Hose.
>Jack. Scheiße! Hör auf.< Ich versuchte ihn von mir zu schieben, zuckte dann aber zusammen, als er mein Glied erreichte und ihn pumpte. Lautstark sog ich scharf Luft ein und reckte meinen Hals.
Er liebkoste meine freiliegende Kehle. >Ich liebe dich und... ich glaube, du...< Sein Gesicht drückte sich in meinen Hals. Keuchend krallte ich mich in seinen Schultern fest. >... liebst mich auch.< Ich erstarrte. Mit einem Ruck stieß ich ihn von mir. Er stolperte und landete auf dem Hintern. >Fuck, was bist'n du für eine Memme?!<, brummte er.
>Du kannst mich mal.< Ich richtete meine Kleidung. >Ich liebe meine Frau und sonst niemanden. Das... war ein Fehler, mehr nicht...<
>Oh, komm einmal von deinem hohen Ross herunter.< Er stand auf. >Du und deine Süße wollt also ein Kind, huh?< Selbstgefällig trat er auf mich zu. >Ein Kind... Ich kann persönlich bezeugen, dass du mehr als schussbereit bist, also... warum gibt es noch keine erfreulichen Nachrichten über einen Mini-David?< Meine Augen verengten sich. Er hob wissend seinen Zeigefinger und nickte. >Kann es da vielleicht sein, dass unser großer David nicht sicher weiß, was er will? < Er stand vor mir. >... Du hattest schon Zweifel, vor meinem Auftauchen. Jetzt bin ich hier und alles liegt in Unruhe, was?< Ich machte einen Schritt in Richtung Tür. >Heute Nacht bleibe ich bis 22 Uhr am Strand. Nur damit du das weißt.< Ich schüttelte ihn ab und trat raus.
Wir hatten schon oft über Kinder geredet. Beide mochten wir sie und wollten schon immer welche. Doch... als die ganze Situation dann immer konkreter wurde, wir zogen zusammen, heirateten. Kinder wurden immer realer. Und mit dieser Realität stieg die Nervosität in mir an. Ich fragte mich jedes Mal auf's Neue, was Jack wohl davon halten würde. Ich, als Vater von Jess' Kindern. Dieser Gedanke erweckte wieder und wieder die Furcht, einen immensen Fehler zu machen, weshalb ich versuchte das ganze Gespräch zu verschieben, um mir mehr Zeit zu verschaffen. Doch mit Jack. Er erinnerte mich so sehr an eine andere Zeit. Meine Zweifel verdreifachten sich. Ich konnte nicht. Ich konnte einfach keine Kinder mit ihr kriegen. Es ging nicht.
Frustriert rieb ich meine Stirn, während ich ein Formular zu einer Festnahme ausfüllte. Die Buchstaben verschwammen zu einem sinnlosen Klumpen.
Ich lehnte mich zurück in meinem Stuhl und trank von meinem Kaffee.
Heute Nacht, am Strand.
Ich sprach nicht mit ihm. Ignorierte ihn und versuchte meiner Arbeit so isoliert von den anderen wie möglich zu nachzugehen. Je näher ich dem Feierabend kam, umso nervöser wurde ich. Jess würde Zuhause auf mich warten. Auf mich, ihren lügenden Ehemann.
Gott, wo war nur mein Rückgrat hin? Wo war meine Ehrlichkeit? Ich war nichts als Elend und Angst. Angst davor, was passieren würde, wenn ich es ihr erzählte. Wenn alles, dass wir uns aufgebaut hatten, zusammenbrach. Einfach so.
Ich saß in meinem Auto. Alle waren schon weg. Mit geschlossenen Augen massierte ich meine Schläfen. Ich wusste, was ich wollte. Ich wusste, nach wem ich mich sehnte und wo ich heute Nacht sein wollte.
Ich startete den Wagen und fuhr los.
Ich aß mit Jess zu Abend, sah mit ihr Fernsehen und betrachtete dann im dürftigen Licht der Schreibtischlampe im Arbeitszimmer meine Jugendbilder. Die Bilder mit Jack, die mich auf so intensive Weise in die Vergangenheit versetzten, dass ich verzweifelt meinen Kopf in die Hände warf und mich zwanghaft in die Gegenwart zurückholen musste. Ich war in solch einem Zwiespalt. Wusste nicht mehr wo Rechts und wo Links war. Aus dem Nichts zweifelte ich an, ob dieses Leben wirklich das Richtige für mich war.
Und plötzlich stand ich unten vor der Tür zur Garage, hatte sie geöffnet und nahm mein Surfboard an mich. Hastig schnürte ich es auf das Autodach. Auf dem Beifahrersitz eine gepackte Tasche.
>Was machst du?<
Erschrocken sah ich zu Jess auf. >Ich... ich gehe zu Jack. Wir wollten surfen...<
>Surfen? Um diese Uhrzeit?< Sie raufte sich gähnend das Haar.
Ich ging zu ihr und küsste sie auf die Stirn. >Ich weiß nicht. Hat uns einfach gepackt. Es könnte sein, dass ich bei ihm übernachte. Warte nicht auf mich.<, sagte ich und ging zurück zu meinem Wagen.
Mit hoher Geschwindigkeit raste ich durch die Gegend. Die flache Landschaft. Der helle Sand, der selbst in der Dämmerung strahlte, Holzbrettzaun, mit abgeblätterte Farbe, und das rote Haus, das langsam aufstieg. Wunderschön. Ich konnte die Wärme in meiner Brust nicht aufhalten, die mich ummantelte, sobald das Glockenspiel in Sichtweite trat.
Ich öffnete die Tür mit meinem Schlüssel und trat ein. Alles lag im Dunkel. Die Uhr in der Küche zeigte 22:34Uhr an. Er war wahrscheinlich schon im Zimmer oder... weg. Ich bestieg die Wendeltreppe, doch das Zimmer war leer.
>Scheiße.<, flüsterte ich und warf meine Tasche auf dem Boden ab. Mein Blick fiel über das Fenster auf den Strand. Der Strand. Der unersetzbare, so erinnerungsreiche Strand.
Wenn ich schon hier war, konnte ich auch surfen gehen. Ich zog mich um, nahm mein Board vom Wagen und lief hinüber.
Ich merkte erst, dass jemand auf mich zukam, als ich meine Konzentration vom Meer nahm. Nach mehreren Schritten sah ich dann, dass es Jack war, der niedergeschlagen über das Sand lief. Er war staubtrocken, aber in Schwimmsachen und hielt auch sein Board zwischen Arm und Taille.
>Jack...<
Er sah auf. Ungläubig weiteten sich seine Augen. Mit schnellen Schritten ging ich auf ihn zu   und schlang meinen freien Arm um ihn. Er ließ sein Brett ganz fallen und nahm mich in den Arm. >Du blöder Sack.<, brummte er und drückte sein Gesicht in meine Halsbeuge.
Ich lachte leise und presste meine Lippen unter sein Ohr. >Jacky, ich kann nicht mehr ohne dich.< Mit dieser Aussage wurde mir die Wahrheit in diesen Worten klar. >Eine ziemliche Scheiße, in die wir uns...<
>Nicht jetzt.< Er umfing mein Gesicht und küsste mich. >Lass uns reingehen.< Ich biss auf seine Unterlippe und drückte ihn an seinem unteren Rücken an mich. >Warte, David.< Mit meiner Hand in seiner lief er Richtung Haus.
>Jack, dein Board.<
>Oh, verdammt!< Er ging zurück und nahm es wieder an sich. >Los jetzt.<
Schon auf der Wendeltreppe fielen wir übereinander her. Die Boards lagen im Wohnzimmer. Küssend und stolpernd kamen wir langsam voran, bis wir in seinem alten Kinderzimmer auf dem Bett landeten. Erst hob ich meine Hüfte an, damit er mir meine Shorts abziehen konnte. Gleich darauf wiederholten wir das bei ihm. >Hast du ein Kondom?<, fragte ich.
Lachend schob er sich über mich. >Dafür ist es wohl schon zu spät.< Ich schmunzelte. >Keine Panik, Kleiner. Ich bin gesund.< Er wanderte küssend an mir hinab, aber ich hielt ihn ab.
>Warte. Ich will heute was für dich machen.< Ich drehte ihn auf seinen Rücken und knabberte an seinem Schlüsselbein. Hungrig biss er sich auf die Unterlippe und sah mir begeistert dabei zu, wie ich seinen Oberkörper mit vielen kleinen Küssen bedeckte. Ich schob seine Beine auseinander. Über seinem Zentrum hielt ich inne.
Er hatte es für mich gemacht, ich sollte es also auch für ihn machen, aber... Ich hatte noch nie jemandem...
>Süßer, du musst das nicht machen...<
Ich schüttelte den Kopf. >Ich will aber...< Er lachte in sich hinein und fuhr mir durchs Haar. Langsam lehnte ich mich vor und küsste die warme Haut. Ungeschickt umfing ich ihn und tat, was ich mir als angenehm vorstellte. Über mir hörte ich sein Stöhnen immer lauter werden. Ich sah zu ihm auf. Er war wunderschön, wie er sich über mir räkelte, seine Finger in die Laken grub und seine Brust hektisch anheben und senken ließ.
Ich machte weiter und fand immer mehr Gefallen daran. Er begann schon bald zu zucken und zog an meinen Haaren. >Langsam, Surferboy.<, raunte er schmunzelnd. >Wir wollen doch noch etwas Spaß miteinander haben.< Ich glitt wieder zu ihm hoch und ließ mich auf den Rücken legen. Mit einem frechen Lächeln auf den Lippen stützte er ein Knie auf je eine Seite. >Letztes Mal hast du mich richtig hart genommen.<, raunte er und drückte seine Lippen an mein Kinn. Ich atmete hektisch. >Mein Arsch tut immer noch weh...< Ich lachte heiser. >Heute will ich es langsam und sinnlich, also...< Er leckte über meinen Hals. >... wirst du...< Seine Hand umschloss meine und führte sie an seinen Hintern. Sobald ich den Muskel an meinen Fingern spüren konnte, begann ich ihn zu penetrieren. Sein Stöhnen fand sofort wieder Anklang. Wunderschön. >Noch einen...< Ich kam seinem Wunsch nach. Er verstrickte mich in einen Kuss.
Mit jeder Sekunde wurde ich mutiger. Ich drehte uns wieder. Überrascht schnappte er nach Luft und grinste mich dann breit an. >Gut so?<, fragte ich ihn. Er nickte und schloss keuchend seine Augen. Sein Anblick erregte mich auf so intensive Weise. Ich versank vollkommen in seinen flatternden Lidern und seinem halboffenen Mund. In der Wärme, die sich um meine Finger schloss und seiner Brust, die sich warm gegen meine presste.
>Ok, jetzt... kannst du.< Sofort stieß ich in ihn. Aufschreiend bäumte er sich auf und krallte sich an meinen Schultern fest. >Sieh mich an, Süßer.< Ich lehnte meine Stirn gegen seine und sah ihm direkt in seine Augen. Langsam bewegte ich meine Hüften vor und zurück. Wir küssten uns. Ich hakte sein Bein unter und umfing mit der freien Hand seinen Nacken. Jack ging unter mir in Flammen auf. Sinnlich räkelte er sich und spornte mich an, weiter zu machen.
Und ich tat es. Stieß weiter tief in ihn und berührte wieder und wieder den Punkt, der diesen wundervollen Laut aus ihm hervorbrachte.
Ich fühlte mich noch nie so vereint mit jemandem. Wie wir uns in die Augen sahen und jede Bewegung im Gesicht des anderen in uns aufnahmen. Alles verschwamm um uns herum. Nur noch seine Hitze und seine Beine um meine Hüfte waren existent für mich.
Tausend Blitze zuckten durch meine Glieder. Pure Lust drückte gegen die Wände meines Magens. Ich verlor jedes Gefühl für die Umgebung und die Zeit. Hier waren nur noch Körper und Empfindungen. Nichts weiter. Und nichts weiter war von Nöten. Nur sein Atem auf meiner Haut und in meinen Ohren.
>David...<, hörte ich ihn hauchen. Gänsehaut rieselte auf mich nieder. >David, ich liebe dich.< Diese Worte waren wie Magie. Ich wollte etwas sagen, doch meine Lippen blieben verschlossen, bis der Orgasmus uns beide überrannte und wir in Ekstase vergingen.

>Zieh ihn ab.<
Ich nahm die Zigarette aus meinem Mund und sah fragend zu Jack auf, während ich den Rauch ausstieß. >Was meinst du?<
>Deinen Ring.< Er zog mir meinen Ehering ab und legte ihn auf dem Nachttisch neben dem Bett ab. >Du siehst ihn die ganze Zeit an. Ich kann doch sehen, wie du immer deprimierter wirst.<, brummte er und nahm einen Zug von seiner Zigarette.
Nachdenklich schnippste ich die Asche in den Aschenbecher auf seinem Bauch. >Wir beide... rauchend in deinem Zimmer... Mama hätte uns den Kopf abgerissen.< Er lachte leise und nickte. >Wann hast du angefangen zu rauchen?<, fragte ich ihn.
>Kurz nach dem Abschluss. Du?<
>Ich auch.< Die Finger seiner freien Hand fuhren unentwegt durch meine Haare. >Als du gegangen bist, war ich ziemlich am Arsch.<, flüsterte ich ehrlich. So war es. Ich hatte geheult, wie ein Baby und mich in meinem Zimmer verkrochen. Ich war mir sicher, dass ich ihn für immer verloren hatte und war furchtbar wütend auf mich und die Welt gewesen.
Er küsste mich auf die Kopfdecke. >Ich auch, Baby.<, raunte er an meinem Kopf. Ich schloss meine Augen und versteckte mein Gesicht an seiner Seite. >David...<
>Ich hatte Angst, Jack.< Er nahm mir meine Zigarette ab und räumte sie zusammen mit seiner und dem Aschenbecher weg. Ich rutschte hoch auf das Kissen, sodass wir auf Augenhöhe waren. >Meine Gefühle für dich waren schon vor dem Vorfall unglaublich stark. Du warst alles für mich.<, murmelte ich. >Und dann auf einmal...< Wir sahen uns an und lachten leise. >Das war ein Schock für mich. Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte und...<
Liebevoll streichelte er mein Gesicht. >Schon gut. Ich habe dich auch ziemlich überfordert. Das erste Mal so berührt und dann mitten auf dem Wasser, also...< Ich schlang meine Arme um ihn. >Ich liebe dich so sehr, David.<, flüsterte er und küsste meine Wange. >Sex mit David in meinem Kinderzimmer. Das nennt man also wunschlos glücklich.<
Grinsend sah ich zu ihm auf. >Übertreib mal nicht.<
>Kleiner, ich wollte dich schon seit Jahren flachlegen. Lass mich jetzt einfach diesen Scheiß genießen, in Ordnung?< Wir sahen uns wieder an. >Ich wünschte nur, dass du morgen nicht wieder... zu ihr müsstest.< Ich seufzte. >Egal. Schlaf jetzt. Hier liegt was in der Luft und das gefällt mir nicht.< Er zog die Decke über meine Schultern und zog meinen Kopf an seine Brust. >Gute Nacht.<
>Gute Nacht.<, erwiderte ich und zog ihn fest an mich.

Kapitel 5

Als ich aufwachte, fiel mein Blick sofort auf Jack, der direkt neben mir lag. Lächelnd fuhr ich mit meinen Fingern die Züge seines Gesichtes nach. Er war so abartig schön. Vollkommen perplex beobachtete ich, wie seine Lippen sich bewegten und mein Name erklang.
Da verlor ich meine Beherrschung und warf mich auf ihn. Erschrocken schnappte er nach Luft. Ich wanderte küssend über seinen Hals und seine Brust. >Oh, was für ein Morgen-Gruß.< Ich biss in seine Leiste. Er griff fest in meinen Nacken, als er zusammenzuckte. >David, wir haben keine Zeit...<, merkte er an.
Hungrig küsste ich ganz knapp um seinen Genitalbereich herum. >Hast Recht. Ist nur schade.<, säuselte ich und sah zu ihm auf.
Er biss sich unschlüssig auf die Unterlippe und setzte sich auf. >15 Min werden schon niemandem wehtun.< Ich küsste ihn schnell, bevor ich mich wieder runterbeugte und ihn in den Mund nahm.

Wir stiegen nach einer raschen Dusche die Wendeltreppe runter in die Küche, wo Mama schon zu Frühstück aß. Etwas überrascht begrüßte sie mich.
>Ich wusste nicht, dass du hier bist.<
Ich nahm dankend den Kaffee an, den sie mir reichte. >War auch eine ziemlich spontane Aktion.<, erklärte ich und nahm einen Schluck.
Jack ging an den Kühlschrank und begann sich ein Brot zu schmieren. >Wo ist dein Ehering?< Ich sah auf meine rechte Hand. Für einen kurzen Moment wurde ich panisch. Mein Ringfinger war leer. Nur die etwas hellere Haut erinnerte an den Schwur, den ich meiner Frau geleistet hatte.
>Auf dem Nachttisch.<, erinnerte Jack mich.
Ich nickte. >Ja, stimmt.< Schnell stellte ich die Tasse ab und ging wieder hoch. Mamas Augen, die zwischen Jack und mir hin und her geschweift waren, hatte ich gemerkt. Sie schien nicht sonderlich erfreut. Verstand sie die Situation?
Ja, tat sie.
>Das ist nicht richtig. Du weißt, dass er verheiratet ist.<, zischte sie wütend.
>Es geht dich nichts an, Mum.<, beschwichtigte Jack gelangweilt und setzte sich mit der Zeitung an den Tisch. Als ich in den Raum trat sahen beide zu mir auf. Angespanntes Schweigen. Jack brach es. >Wir haben nicht viel Zeit. Ich habe dir ein Sandwich gemacht.<
Unter dem Blick Mama Arnolds gebückt schlürfte ich an ihr vorbei an den Tisch. >Danke.<, murmelte ich leise. Dieser Morgen war das aller erste Mal, dass ich mich in diesem Haus und bei dieser Familie unwohl fühlte.
Mrs. Arnolds war wie meine Mutter gewesen. Ich hatte sie respektiert, bewundert und geliebt und nun wusste sie, dass ich meine Frau betrog. Bis jetzt stand ich in relativ gutem Licht bei ihr. Doch jetzt...
>Ich kann nicht glauben,...<
>Mum.<, übertönte Jack seine Mutter und blätterte um. >Was David und ich machen, geht dich nicht ein Bisschen an. Also kannst du bitte dein Genörgel lassen?<, bat er genervt.
Ich schüttelte den Kopf. So hatte ich ihn noch nie mit seiner Mutter reden hören. Es war nie von Nöten gewesen, einen genervten Ton bei Mama Arnolds anzuschlagen, da wir immer im Einklang mit ihr waren. Immer selber Meinung.
>Jack.< Ich sah ihn an und bettelte mit meinen Augen, dass er den Mund halten sollte.
Er verdrehte die Augen.
Als wir rausgingen umarmte Mama Arnold uns nicht. Sie stand mit den Armen vor der Brust verschränkt in der Küche und sah uns mit zu Schlitzen verformten Augen nach. War Mama jemals ernsthaft sauer gewesen? Ich konnte mich nicht daran erinnern.
Schweigend fuhren wir nebeneinander zur Arbeit. In den Ersatzuniformen, die man immer bereit haben musste, begannen wir unseren Tag an der Dienststelle.
Obwohl ich Mamas Vorwürfe nicht vergessen hatte, schien das Arbeiten an diesem Tag einfacher. Jack war auffallend lange bei mir. Wir lachten, machten Witze und kamen ganz nebenbei unseren Pflichten nach. Selbst das Aufsammeln der Kriminellen war heute nicht so anstrengend wie sonst.
>Scheiß Wichser!<
Jack verdrehte die Augen und geleitete den Mann durch die Flure zur Zelle. >Du schaufelst dir dein eigenes Grab, Kumpel.<, warnte er ihn. Ich schloss die Tür auf, damit er ihn reinbringen konnte. >Ich versteh diese Leute nicht. Klar, ist man frustriert, wenn man geschnappt wird, aber...< Wir gingen zum Aufenthaltsraum. >... ist doch schon passiert.<
Kopfschüttelnd lachte ich. >Würde mich auch aufregen, von so einem Neunmal-Klugen gefasst zu...< Ich erstarrte.
>Hallo, Liebling.<, begrüßte mich meine Frau: Sie saß neben einer Kollegin am Tisch, trank Kaffee und aß Kekse. Lächelnd stand sie auf und nahm mich in den Arm. Ihre Lippen legten sich dabei warm und weich an meine.
Ich erwiderte ihre Umarmung halbherzig. >Was... was machst du hier?<, fragte ich sie und linste zu Jack, der schon zur Kaffeemaschine gegangen war.
>Tja, da mein Mann mich ganz allein Zuhause gelassen hat, dachte ich mir, ich besuche und überhäufe ihn mit meiner Liebe.< Ein weiterer langer Kuss. >In letzter Zeit kommt es mir so vor, als würde ich dich kaum zu Gesicht bekommen.<, murmelte sie und zog mich an der Hand zurück zusammen zu dem Stuhl, wo ich mich mit ihr auf den Schoss hinsetzte. >Hi, Jack. Na, wie geht es dir?<
Er drehte sich mit unergründlicher Miene zu uns um und lehnte gegen die Theke. Sich Zeit lassend nahm er einen Schluck aus der Tasse und sah dabei mich an. Ich hob argwöhnisch eine Braue an. >Ging mir schon besser, Jessica.<
Fragend sah sie zwischen uns beiden hin und her. >Ehm... das tut mir leid. Warst du heute nicht mit ihm?<
Ich nickte. >Ja, war ich... Lass uns rausgehen. Ich möchte eine Rauchen.< Ich warf Jack auf dem Weg nach draußen noch einen Blick zu. Er drehte sich mit enttäuschtem Gesicht weg.
>Ist irgendwas mit ihm?<
Kopfschüttelnd zündete ich mir eine Zigarette an. >Keine Ahnung. Kümmer dich nicht drum.<, beschwichtigte ich und nahm einen tiefen Zug.
>Ich weiß nicht, David. Du gibst es zwar nicht zu, aber ich sehe doch, wie eng ihr noch miteinander seid. Die Blicke, die ihr austauscht, sprechen Bände. Ich will mich mit ihm verstehen, um das mit euch teilen zu können.<, erklärte sie und nahm meine freie Hand in ihre. Liebevoll spielte sie mit meinen Fingern. >Ich weiß doch nichts aus deiner Kindheit. Und Mama Arnolds sagt mir auch nichts, also...<
Wieder schüttelte ich den Kopf. >Ich bin jetzt hier, Babe.< Ich trat auf sie zu und strich mit unseren ineinander verschränkten Fingern über ihre Wange. Sie lächelte. >Ich habe dir doch schon erklärt, dass das früher bei mir nicht so schön war und ich das einfach hinter mir lassen will.<
Sie ließ sich von mir in eine Umarmung ziehen und lehnte ihren Kopf gegen meine Brust. >Aber ich bin deine Frau.<
Ich schloss meine Augen.
Ja, das war sie. Meine Frau.
>Bist du, Liebling.<, flüsterte ich und küsste ihren Kopf. Sie entnahm mir die Zigarette und zog selber daran. >Ich dachte, du rauchst nicht mehr.< Schmunzelnd strich ich ihr einzelne Strähnen hinter ihr kleines Ohr.
Lächelnd sah sie mich an. >Wenn mein Mann Geheimnisse vor mir hat, rauche ich eben.<, schmollte sie.
Ich schnaubte und hob ihr Gesicht an, um sie zu küssen. >Keine Geheimnisse, Jess. Nur unwichtige Dinge.< Ihre Finger legten sich an meine Wangen. Als ich meine Augen wieder öffnete und mich von ihr löste, sah ich Jack. Er warf mir einen nicht allzu glücklichen Blick zu, lief aber weiter. In seiner Hand hielt er eine Zigaretten-Packung.
>Hey, Jack.< Jessica winkte ihm zu, sobald sie ihn entdeckt hatte und strahlte ihn an. >Kann ich dich kurz etwas fragen?< Sie löste sich von mir.
>Jess...< Ich versuchte ihre Hand zu schnappen, um sie vom Gehen abzuhalten, aber sie war schon auf dem Weg zu ihm.
Mit tiefsitzenden Brauen sah er noch immer mich an. >Was gibt’s?<, brummte er, nahm eine Kippe heraus und winkte mich heran. >Feuer.<
Ich reichte ihm das Feuerzeug. Unsere Finger berührten sich kurz  und es schien, als würde alles für einen Moment stillstehen. Ich spürte die tiefe Verletzung, die in ihm saß. Und ich fühlte den selben Schmerz.
Jess schlang ihren Arm um meine Hüfte und lehnte sich an mich. Das holte uns wieder zurück auf den Boden. >Du bist doch bei dem Barbeque dabei oder?< Er nickte und zündete die Zigarette an. >Ehm...< Etwas verunsichert hob sie ihren Blick zu mir an. >Ich wollte fragen, ob du Lust hättest am Sonntag mit uns zu Essen...<
>Jess, ich denke nicht...<
>Liebend gerne.<, unterbrach mich Jack und grinste mich selbstgefällig an. >Das ist eine wundervolle Idee. Zusammen Essen und gemütlich quatschen. Wird sicher toll.< Mit diesen Worten wandte er sich von uns ab und stolzierte davon.
Scheiße. Das würde noch ein Nachspiel haben.

Hatte es.
>Fass mich nicht an, verdammt!<
>Jack, jetzt... Hör mir zu. Sie ist noch immer meine Frau...<
Er stieß mich von sich. >Ja, von mir aus. Verschwinde, David.< Er setzte sich an seinen Schreibtisch und klatschte die Unterlagen vor sich auf den Tisch. Sein Kiefer wirkte wie aus Stein.
>Hey.< Ich umfing die Rückenlehne seines Stuhls und drehte ihn zu mir. Seufzend ließ er seine Hände in seinen Schoss rutschen und sah mich an. >Es... Ich wusste nicht, dass sie kommen würde. Wirklich. Ich kann sie nicht einfach ignorieren und...<
>Ist schon gut.<, murmelte er niedergeschlagen. Ich umfing sein Gesicht und küsste ihn zärtlich. Er fuhr mit seinen Fingern in mein Haar im Nacken und zog mich enger an sich heran. >Ich liebe dich so verdammt sehr, David.<, nuschelte er zwischen zwei Küssen. Ich sah ihn an. >Ich weiß, du kannst mir nichts zurück sagen. Aber... ich liebe dich einfach. Schon immer.<
Vorsichtig streichelte ich seine Wange und fuhr mit den Fingern seine Gesichtszüge nach. >Es tut mir leid, Jacky.< Er nickte nur.

>Was für ein schönes Plätzchen.< Wir liefen zusammen über die Wiese zum Grillplatz. Unsere Freunde und Kollegen hatten sich schon versammelt, darunter Jack, der von einem Bier trank. Ein großer Grill stand bereit auf dem Fleisch brutzelte. Sogar ein Büfett war aufgestellt. Salate, Kuchen und vieles anderes wurde serviert.
>David, hast du es auch endlich hier her geschafft?< Hände wurden geschüttelt und Umarmungen ausgetauscht. >Was hat denn so lange gebraucht?< Der zweideutige Unterton brachte mich zum Lachen.
>Du weißt schon. Die ganz alltäglichen Dinge.< Jessica setzte sich grinsend auf meinen Schoss, gerade als sie etwas zu trinken bekam.
Jack sprach mit einer Kollegin. Melanie. Sie standen eng beieinander und lächelten sich gegenseitig verführerisch an. Sie flirteten. Wütend beobachtete ich die beiden. Konnte meinen Blick einfach nicht von ihnen abwenden. Selbst als er mich ansah. Er hob grüßend seinen Becher an. Wortlos nickte ich ihm zu. Wir hatten seit dem in seinem Büro nicht miteinander gesprochen.
Aus dem Auto, das heran gefahren wurde, kam laute Musik. Die Sonne knallte auf uns herunter. Doch die Hitze wurde mit dem kühlen Wind ausgeglichen. Es versammelten sich auf der Wiese noch weitere Gruppierungen, die ebenfalls picknickten. Schon bald roch es überall nach Steak und Grillkohle.
Es fiel mir jedoch schwer, mich auf das schöne Wetter und die zufriedene Stimmung zu konzentrieren, da Jack und Melanie noch immer intensiv am Reden waren. Sie saßen nebeneinander an einem der Tische. Er war zu ihr vorgebeugt und hatte seine Hand hinter ihrem Hintern auf der Bank abgestützt.
Was sollte das? Warum machte er sich an sie ran?
Sie flüsterte ihm etwas ins Ohr und er lachte.
Die Eifersucht in meinem Bauch wuchs immer weiter an. Auch als er sein Bein über die Bank schwang und näher an sie heran rutschte. Mel streichelte seine Wange und er ihren Rücken.
>Die beiden stehen wohl aufeinander, was?<, flüsterte mir Jess beim Essen zu und nickte zu den beiden hinüber.
Sein Lächeln wurde größer, als Mel sich zu ihm vorbeugte und ihn küsste. Ein leidenschaftlicher, langer Kuss. Ruckartig stand ich auf. Jess stützte sich am Tisch ab, um nicht hinunter zu fallen.
>Hey, was soll das?< Ich ignorierte sie und ging zu Jack.
Überrascht trennten die beiden sich voneinander und sahen mich an. >Komm mit.<, blaffte ich, packte seinen Arm und zog ihn hinter mir her weg von den anderen. Er lachte hinter mir. >Was tust du?<
Schulterzuckend nahm er einen Schluck. >Was tue ich?<
>Hör auf mit dem Scheiß. Was läuft da zwischen dir und Melanie?<, fragte ich drängend.
>Ich amüsiere mich. Wir haben hier ein Barbeque.<
Ich atmete genervt durch und raufte mein Haar. >Ich will nicht, dass du mit...<
>Wenn du diesen Satz zu Ende bringst, verpasse ich dir eine.< Ich wusste, meine Worte waren dumm, aber wie sollte ich sein Geflirte sonst annehmen? >Kleiner, ich werde ganz sicher nicht zu sehen, wie du mit deiner Süßen die Rolle des perfekten Paares spielst und einsam in der Ecke sitzen.< Er zwinkerte mir zu und lief an mir vorbei. >Letztendlich ist das zwischen uns sowie so nur eine gemütliche Ficknummer, nicht wahr? Ich bin der Einzige, für den Gefühle im Spiel sind. Von daher...<, hörte ich ihn noch sagen.
Ich schloss die Augen und wollte fluchen. Behielt aber alles drin und ging wieder zurück. Hier war keine Zeit für so etwas. Ich musste warten, bis wir alleine sein würden.
>Ok, es wird Zeit für ein Spiel!<, rief einer aus und hob einen roten Football in die Luft.
Ich wurde sofort herangezogen. Jack und ich kamen in ein Team. Früher waren wir unschlagbar gewesen. In jeglicher Sportart. Wir verstanden uns schlichtweg auch ohne Worte. Es lief einfach immer glatt bei uns.
>Los geht’s!< Wir bekamen das Ei und legten sofort los.
Und wie vorhergesagt zogen wir die anderen ab. Trotz der Differenzen zwischen uns ging es nicht anders, als dass wir schon nach kurzer Zeit lachten und einander in die hochgestreckte Hand schlugen.
Nach den ersten Punkten, zog ich mein Oberteil aus. Jess nahm es mir liebend gern ab und strich mir über die Brust. >Hm... was für eine Aussicht, Officer.< Lachend umschlang ich ihre Hüfte und hob sie hoch an meine Lippen. Letztendlich liebte ich meine Frau und ihren Charakter. Sie war eine wundervolle Frau.
>Sie sind auch nicht zu verachten, meine Liebe.<, raunte ich ihr ins Ohr und knabberte am Läppchen.
>Oh, hör auf!< Wir sahen beide auf.
Jack und noch ein paar andere, hatten sich auch dazu entschieden, sich auszuziehen. Er hob Melanie gleich darauf auf seine Schulter und rannte mit ihr rundherum. Kreischend schlug sie ihm auf den Rücken und stieß ihn kichernd von sich, als sie wieder am Boden war.
Selbst wenn das nur eine Eifersuchts-Aktion war, warum verhielten die beiden sich so natürlich umeinander herum? Ich konnte nicht glauben, wie viel Effekt sein Verhalten auf mich hatte. Mein Herz pumpte und ich spürte ätzende Wut in meiner Brust. Gott, es gefiel mir überhaupt nicht, was bei den beiden ablief.
Im Spiel passte ich ihm den Football zu. Er landete den Punkt und wir gewannen.
>Ja!<, rief ich aus. Ich sprang auf Jacks Rücken und hob jubelnd die Faust in die Luft. Es war wie früher. Oftmals wurde es uns verboten in einem Team zu sein, da wir die anderen zusammen immer abzogen. Uns hatte das nicht gestört. Im Wechsel halfen wir dem anderen, sodass ein faires Spiel nicht möglich war. Meistens wurden wir dann für die Sportstunde ausgeschlossen. Dafür bekam ich Zuhause immer ziemlichen Ärger, aber das war unser Ding. Jack und ich bekamen deshalb eine Note schlechter in Sport.
>Wir Süßen haben euch schon ziemlich den Arsch aufgerissen, na?<, stichelte er.
Lachend klopfte ich ihm auf die Brust und umschlang seinen Hals. >Gute Arbeit, Jacky.<, flüsterte ich ihm ins Ohr. Er ließ mich runter und sah mich an. Ich konnte mir das Lächeln nicht von den Lippen wischen.
Ebenfalls schmunzelnd taxierte er mich und nickte. >Danke, Kleiner.< Ich sah zu meiner Frau, die am Tisch bei den anderen saß und lachte, und dann wieder zurück in Jacks Gesicht. Herausfordernd hob er eine Braue an. >Na, an was denkst du, David?<
>Ach, an so Manches, Jacky. An so Manches.<, murmelte ich und schlenderte davon, zurück zu Jessica, die mich willkommen zwischen ihren Beinen auf dem Boden sitzen ließ. Jack spielte noch weiter. Ich konnte meine Augen nicht von ihm nehmen. Wie seine Muskeln unter seiner leicht gebräunten Haut spielten. Der zarte Schweißfilm der sich mit der Zeit entwickelte und ihm einen unwirklichen Schein verleite.
Jack, der griechische Gott.
>Jack, wenn du sowie so morgen zum Essen kommst, warum bleibst du nicht gleich über Nacht bei uns?<, fragte sie auf dem Weg  zum Auto. Ich verschluckte mich an meinem Bier und beugte mich hüstelnd vorn über. >Liebling, was ist denn?< Jess's dünne Finger strichen über meinen Rücken.
Kopfschüttelnd stellte ich mich wieder auf und fuhr mir mit dem Handrücken über den Mund. >Babe, er muss doch duschen und so weiter... Er kommt einfach morgen Nachmittag, so wie wir es geplant haben, in Ordnung?< Ich warf ihm einen eindringlichen Blick zu, doch seine steigenden Mundwinkel machten mir Sorgen.
>Eigentlich wäre es ziemlich Interessant, die Wohnung meines kleinen Davids zu sehen.<
Glücklich begann Jessica zu lächeln und nickte. >So, du bist mit dem Motorrad da oder? Fahr uns einfach nach, Jack.<
>Ja, gerne, Jessica.< Ich stierte ihn wütend an und stieg in den Wagen ein. Hinter mir konnte ich ihn lachen hören. Dieser Arsch.
>Jess, warum... Warum willst du unbedingt, Zeit mit Jack verbringen?<, fragte ich auf der Fahrt gereizt. Im Rückspiegel konnte ich Jack sehen. Wie er auf seinem Motorrad saß. Das Scheinwerferlicht angeschalten und der Helm auf seinem Kopf. Er trug eine schwarze Lederjacke und dunkle Jeans. Er sah fantastisch aus. Das Gefährt stand ihm.
Sie zuckte mit den Schultern und massierte meinen Nacken. >Er ist dein bester Freund, David. Du liebst ihn...<
>Jess.< Ein eiskalter Schauer wanderte meinen Rücken hinab. Für eine kurze Sekunde schloss ich meine Augen. >Ich will nicht, dass du dich dazu verpflichtet fühlst, ihn näher kennenzulernen, nur weil ich mit ihm befreundet bin.<
>David, ich fühle mich nicht verpflichtet. Ich will ihn kennenlernen. Wenn du ihn so magst, dann muss er ein toller Mensch sein.<, erklärte sie und küsste meinen Hals.
Ich seufzte. >Ja, aber...<
>Bla, bla, bla. Wir sind schon auf dem Weg nachhause und wir werden einen tollen Abend und Morgen haben.< Ich seufzte und nickte widerwillig. Wir parkten in der Garage. Jack stellte die Maschine ab und lief grinsend an mir vorbei ins Innere. >Also... wir haben oben eine Gästezimmer, das du haben kannst. Soll ich noch was kleines zu Essen machen?< Jack nickte wortlos. >Gut. David, zeig ihm doch das Zimmer.< Sie legte ihre Tasche und Jacke auf dem Sofa ab und ging in die Küche.
Jack und ich blieben alleine zurück. Er sah mich an, bevor er aber etwas sagen konnte, kam ich ihm dazwischen. >Du hättest „Nein“ sagen sollen.<, blaffte ich und ging die Treppen hoch.
Er folgte mir. >Ich wüsste nicht, warum. Deine Frau hat mich eingeladen und mir die Wahl gelassen, also...<
Ich drehte mich rasch zu ihm herum, packte seinen Kragen und drückte ihn gegen die Wand im Flur. >Du weißt ganz genau, um was es geht, Jack.< Frustriert löste ich mich von ihm und raufte mein Haar. >Ok, jetzt bist du schon hier also...< Ich zeigte ihm das Zimmer. >Hier kannst du schlafen.< Bevor ich ging, schnappte er sich meine Hand.
>Wenn du willst, gehe ich. Ich dachte nicht, dass es dich so stören würde.<, murmelte er entschuldigend.
Ruhiger gestimmt strich ich mit meinem Daumen über seinen Handrücken. >Ach...< Er sah mir ins Gesicht. >Ich bin nur... Schon ok. Ich übertreibe nur.< Ich machte Anstalten ihn zu küssen, wurde mir aber unserer Umgebung bewusst und entzog mich ruckartig seiner Nähe. >Du kannst duschen gehen. Ich gebe dir Sachen von mir.< Ich öffnete die Tür zum Schlafzimmer und ging an unseren Kleiderschrank.
Jack blieb an der Tür stehen. >Das ist also euer Reich, huh?<
Ich nickte und warf ihm Kleidung entgegen. Er fing sie auf. >Ja, das ist es.< Ich erhob mich, sobald ich ihm alles zugeworfen hatte, und verharrte, als ich sah, wie er sich das T-Shirt an die Nase hob.
>Das ist kein frisches Oberteil oder?<, fragte er mit tiefer Stimme und erwiderte meinen Blick.
Bevor ich antwortete, schluckte ich. >Nein, ist es nicht. Ich... ich hatte es gestern an. Willst du ein anderes?<
Er schüttelte den Kopf. >Schon ok.< Mit einem spitzbübischen Lächeln verschwand er in den Flur. Gleich darauf hörte ich, wie die Badezimmertür sich schloss.
Ich stellte mich zu Jessica in die Küche. Sie stand am Herd und rührte in einem Topf mit roter Soße herum. >Beim Spielen saht ihr aus wie kleine Kinder.<, sagte sie lächelnd. >Ist wirklich süß, wie ihr euch verhaltet zusammen. Man kann sehen, wie eng ihr miteinander seid.< Ich rieb mir die Augen. >Was ist los? Hast du Kopfschmerzen?<
>Nein, schon gut. Kann ich dir helfen?< Sie zeigte auf das Gemüse, das schon auf einem Schneidebrett lag.
Wir kochten gemeinsam, bis Jack sich zu uns gesellte. >Also... du bist also das Frauchen, das mein kleiner David sich angelacht hat, was?< Er lehnte sich hinter uns gegen die Arbeitsplatte. Ich hatte ein ungutes Gefühl.
>Ja, bin ich. Die einzig wahre Liebe, nicht wahr?< Sie stieß mich mit ihrer Hüfte an. Hinter mir konnte ich Jack leise schnauben hören. >Sag mal, wie war David früher so? Weißt du, er erzählt mir nichts aus seiner Kindheit. Deine Mutter hat er da wohl mit reingezogen, denn sie sagt mir auch nichts.<, lachte sie und holte mehrere Teller aus dem Regal.
>Hm... David, als kleiner Scheißer.<
>Hey.<, brummte ich.
Jack piekste mich in die Seite. >Sehr ruhig und schüchtern, aber immer nett und freundlich,... obwohl die Leute nicht immer nett zu ihm waren. Nicht wahr, David?< Ich nickte und erinnerte mich an einen sogenannten Freund. Ich denke, sein Name war Erik. Ich hatte ihn angehimmelt und war sehr jung gewesen. Und irgendwann, als ich einmal vor meiner Mutter abgehauen bin, hatten er und seine Kumpel es für lustig empfunden, mich mit 10 Jahren über 10 Kilometer von Zuhause entfernt mitten in der Nacht auszusetzen.
Nachdem die Polizei mich gefunden und nachhause gebracht hatte, hatte ich mir eine kräftige Ladung Prügel von Paul eingeheimst. Danach hielt ich mich immer fern von Erik und seinen Leuten und Jack hatte sich immer mal wieder mit ihm angelegt, wenn sie sich über mich lustig machten.
>Aber zu mir warst du immer nett und ich war zu dir nett. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wie wir zusammen gekommen sind. Das war doch irgendwann im Kindergarten oder so.< Grinsend bejahte ich wieder. >Hm... was kann man noch so über unseren David sagen?<
>Nichts, denn es gibt Essen.<
Jessica trug die vollen Teller ins Wohnzimmer. >Nein, nein. Ich möchte noch mehr hören.<
Ich holte noch zwei Bier und stellte eins davon vor Jack ab, bevor ich mich selber hinsetzte. >Ich weiß nicht, ob du das weißt. Kann ja auch sein, dass er dich angelogen hat. Das macht unser David ja gern, wenn es um's Surfen geht.< Ich schüttelte den Kopf und lachte leise. >David hat von mir das Surfen gelernt.<
>Habe ich nicht. Ich habe es mir selber beigebracht, du bist dann einfach nur dazu gekommen.<, lamentierte ich.
Er hob drohend seine Gabel und zeigte auf mich. >Laber keinen Scheißdreck. Du bist auf die Schnauze geflogen. Direkt mit der Nase drauf.< Wir lachten gleichzeitig auf. >Du hattest so schlimmes Nasenbluten.< Er sah zu Jess und zeigte ihr, wo es alles runter lief. >Die ganze Brust war voll.< Angeekelt verzog sie das Gesicht. >Dann habe ich deine Nase erst einmal mit Taschentüchern vollgestopft und dir dann gezeigt, wie es wirklich geht.< Selbstgefällig zwinkerte er mir zu.
Ich schüttelte den Kopf. >Ja, von mir aus.<
>Hast du Davids Mum kennengelernt?<, fragte er und nahm einen Schluck vom Bier.
Sie verneinte. >Nein. Wir sind zusammen gekommen, da ist sie gerade gestorben.<, erklärte sie mit niedergeschlagener Miene.
>Ach ja. Das alte Haus.< Er schnaubte, was Jessica augenscheinlich verwirrte. Sie runzelte die Stirn. >Was ist mit Paul?< Ich schloss die Augen und lehnte mich zurück.
Nein, den kannte sie nicht.
>Paul?< Fragend sah sie zu mir.
>Du hast ihr nicht von Paul erzählt?< Ungläubig hob er die Brauen an. Alle Augenpaare waren auf mich gerichtet. >Bist du nicht schon eine Weile lang mit ihr zusammen?< Er lachte wieder auf und begann zu essen.
Ich atmete durch und rieb mein Nasenbein. >Nein, habe ich nicht.<
>Wer ist Paul? Leute, hört auf mit dieser Geheimniskrämerei. Ist das irgendeine wichtige Person?< Ich wollte ihr nicht von Paul erzählen und was er mit mir gemacht hatte. Es ging einfach niemanden an. Jack reichte mir. Ich hatte mich ihm anvertraut und sonst brauchte ich niemanden. Jessica das auch zu erzählen, kam mir nie in den Sinn. Es erschien mir nie als notwendig.
Und so war es noch immer.
>Niemand wichtiges, nein.<
Jack kicherte leise. Wir beide sahen zu ihm. Sie aufgebracht, ich wütend. Er machte das absichtlich. Gott, was für eine beschissene Idee, ihn mit hier her zu nehmen. >Niemand wichtiges, wobei... ich meine, er hat dich jahrelang missbraucht, nicht wahr?<
>Was?!< Jess' Stimme überschlug sich. >Du... Was? Du... Was?!< Sie stand auf. >Von was redet er? Wer ist dieser Paul?<
>Das ist euer ernst? Sie weiß es nicht?<
>Natürlich nicht.<, knurrte ich.
Jessica stierte mich wütend an. >Was heißt hier, natürlich nicht? Ich bin deine Frau, David!<
>Es geht niemanden was an, Jessica. Bitte, mach keine große Sache daraus.< Ich atmete durch und sah wenig begeistert auf das Essen.
>Keine große Sache...< Fassungslos schnaufte sie und stürmte davon.
Mein Kopf fiel in den Nacken. >Scheiße.<, seufzte ich.
>Hier sind ja überall Fettnäpfchen verteilt.<
>Jack.<, blaffte ich und stand auf.
>Woher hätte ich wissen soll, dass du ihr nichts gesagt hast? David. Letztendlich ist sie deine Frau. Oder kriselt es etwa zwischen euch beiden?<, fragte er provozierend und sah mir nach, während ich Jess folgte. Als Antwort hob ich ihm meinen Mittelfinger entgegen. >Uh! Ich spür's.<
>Baby...< Sie saß im Schlafzimmer auf dem Bett und sah stumm auf ihre nackten Füße. >Jess, du weißt doch, dass ich nicht so gern über meine Zeit bei meiner Mutter rede...<
>Vielleicht solltest du das langsam. Wir sind jetzt schon 6 Jahre zusammen, David. Dir ist nicht einmal in den Sinn gekommen, dass du mir so etwas erzählen solltest oder?< Ihre Augen füllten sich mit Tränen. >Du wurdest missbraucht?<
Ich setzte mich vor sie auf den Boden. >Der langzeit Freund meiner Mutter war ziemlich gewalttätig und hat seine Wut nun mal an mir raus gelassen.<, murmelte ich und nahm ihre Hände in meine.
>Was ist mit deiner Mutter? Hat sie nichts gemacht?<
Ich verneinte. >Gehörte wohl nicht zu ihrem Aufgabenbereich.< Sie wimmerte leise. >Baby, es tut mir leid.< Ich setzte mich auf das Bett und zog sie auf meinen Schoss.
>Ich fühle mich so blöd, weil ich nie eine Ahnung hatte und ich bin sauer, weil du mir nichts gesagt hast.< Sie boxte mich leicht in die Brust. >David, nach all diesen Jahren muss ich dir noch immer sagen, dass du ehrlich zu mir sein sollst?< Schluchzend strich sie sich ihr Haar aus dem Gesicht und sah mich an. >Bitte, lüg mich niemals an.<
Das Blau in ihren Augen strahlte durch die Tränen. Sie wirkten größer und unschuldiger: Der Brocken in meiner Brust schien zu wachsen. Ich konnte spüren, wie mir die Luft ausging.
>Ja. Kommst du runter?<
Sie zog mich näher an sich heran. >Nein, nach diesem Auftritt bleibe ich hier oben.< Lächelnd küsste ich sie auf die Stirn. >Ich leg mich schlafen. Bleib du noch bei deinem Liebling. Du scheinst ihm ja mehr zu vertrauen, als mir.<
>Jessica.<
>War ein Scherz, aber darüber reden wir noch.< Sie begann sich auszuziehen, da ging ich schon wieder raus.
Was für eine Kacke. Ich hatte nicht vor, ihr das zu erzählen.
>Geht's ihr gut?< Ich lief schweigend zum Tisch, nahm ihren und meinen Teller und brachte sie beide in die Küche. >Ignorierst du mich?<, fragte er schmunzelnd und folgte mir.
Genervt stellte ich beides in den Ofen und sah mich dann zu ihm um. >Was sollte das, Jack? Warum kannst du dich nicht einfach normal verhalten?<
>Weil.. das keine normale Situation ist, David. Ich habe mit einem verheirateten Mann geschlafen und esse jetzt bei ihm und seiner Frau zu Abend. Noch hinzu kommt, dass ich ihn liebe. Seit ich ein Kind bin. Also sag mir, was wäre wohl die angebrachteste Vorgehensweise in dieser „normalen Situation“?<, fragte er mit gereiztem Unterton. >Weißt du was, du hast recht. Das war eine blöde Idee. Tut mir leid, dass euer Haussegen jetzt schief hängt.< Er wandte sich ab, stellte sein Bier auf der Arbeitsplatte ab und wollte die Küche verlassen.
Ich hielt ihn aber zurück und zog ihn zur mir ran. >Nein, jetzt...< Überfordert lehnte ich meine Stirn an seine Schulter. >Ich habe ihr nichts gesagt, weil... Ich wollte das einfach zwischen uns behalten. Es geht doch niemanden an, verstehst du?< Ich konnte spüren, das er nickte.
>Hast du ihn wieder mal gesehen?< Ich verneinte. >Er war auch nicht auf der Beerdigung oder?< Wieder schüttelte ich nur den Kopf. Durchatmend schlang er seine Arme um meinen Nacken. Ich tat es ihm nach und legte meine Arme um seine Hüfte. >Ich habe dir das zwar schon einmal gesagt, aber... Es tut mir wirklich leid, dass es früher bei dir so scheiße gelaufen ist.<
>Danke, Jack.< Seine Lippen strichen über meine Wange. Ich konnte seine Finger in meinem Haar spüren. >Tut mir leid, dass du jetzt hier bist und... Das Ganze einfach. Tut mir leid.<
>Schon gut, Kleiner. Ich...< Er räusperte sich. >Ich bin immer für dich da, David.<
Ich hob meinen Kopf an. Stirn an Stirn mit geschlossenen Augen atmeten wir gleichmäßig ein und aus. All die Schwere in mir verflüchtigte sich langsam. Als wir uns wieder ansahen, lehnte er seinen Mund etwas zu mir vor, aber ich verdeckte ihn mit meinem Daumen. >Nicht hier, Jacky.<, erinnerte ich ihn.
Er nickte. >Natürlich. Sorry.<
Lächelnd streichelte ich seine Wange. >Ich geh hoch. Fühl dich... wie Zuhause.<
>Ja. Danke.<
Widerwillig löste ich mich von ihm und schritt an ihm vorbei aus der Küche. Jessica schlief schon. Ich ging schnell duschen und legte mich zu ihr. Sie schmiegte sich sofort an mich und hauchte mir einen Kuss auf den Hals. >Tut mir leid, wegen vorher.<, gähnte sie. >Es war einfach ein Schock.<
Ich strich ihr durchs Haar. >Schon gut. Ich hätte es dir sagen sollen.<, erwiderte ich.
>Lass uns darüber reden, wenn Jack nachhause gegangen ist.< Sie seufzte zufrieden. >Gute Nacht, Baby.< Ich starrte geradewegs zur Decke.
Fast konnte ich Jack durch die Wände spüren. Jess' Körperwärme sickerte durch ihre und meine Kleidung. Es war zu warm. Viel zu warm. Ihre Arme um meinen Körper, ihr Kopf an meiner Schulter. Es fühlte sich falsch an.
Was machst du hier?
Welchen Sinn hatte diese Beziehung noch, wenn ich neben ihr lag aber nur an ihn, ein Stockwerk weiter unten, dachte?
Ich versuchte meine Augen zu schließen, riss sie aber wieder und wieder auf, weil Jacks Gesicht vor mir auftauchte.
Er war in meinem Haus. In diesem Moment war er unten schlief, sah fern, aß, rauchte oder machte sonst was, aber er war hier. Bei mir.
Frustriert rieb ich meine Stirn und atmete durch. >Verdammt.<, flüsterte ich leise.
Langsam setzte ich mich auf und raufte mein Haar.
Diese Situation... Ich hatte mich selber hinein geritten. Ich wusste es. Ich wusste es, aber... Wie würde das alles ausgehen? Was würde passieren? Meine Gefühle waren ein Haufen Verwirrung. Bis vor Kurzem war ich noch überglücklich mit meiner wunderschönen Ehefrau verheiratet und jetzt? Jetzt schwärmte ich meinem besten Freund aus der Jugend nach und hielt es kaum aus hier im Schlafzimmer zu sitzen.
Aber es hatte nicht mit ihm angefangen. Es hatte nicht angefangen, als er gekommen war. Schon, als sie nach Kindern gefragt hat, war ich mir furchtbar unsicher. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, Kinder mit Jessica zu haben, obwohl ich doch eigentlich Kinder haben wollte.
Jessica hatte mir unglaublich geholfen. So sehr und so lange. Während der Beerdigung war sie Tag und Nacht für mich da gewesen. Und ich war ihr so dankbar gewesen. Ich bin ihr noch immer dankbar.
Und was tat ich ihr hier an? Hier, neben ihr? Was tat ich ihr hier an? Dachte an eine andere Person und bekam Herzklopfen.
Gott, ich fühlte mich so gut mit Jack. So gut. Wir verstanden uns vollkommen wortlos. Vollkommen. Meine frühste Erinnerung war sein Gesicht. Wir beide auf dem Wasser. Ich wollte von Anfang an mein ganzes Leben mit ihm verbringen. Nur dachte ich, dass wir Freunde sein würden. Nicht... Partner. Kein... Paar.
War es denn das, was ich wollte? Mit Jack in einer Beziehung sein? War alle Hoffnung für meine Ehe vertan?
Ich stand auf und trat in den Flur. Hinter mir zog ich die Tür zu und wartete einfach. Langsam atmete ich durch. Ich versuchte mich dazu zu zwingen, wieder zurück ins Schlafzimmer zu gehen, doch ich wandte mich um und ging zum Gästezimmer.
Vor der Tür blieb ich für ein paar Sekunden stehen. Meine Hand schwebte über dem Henkel. Anstatt diesen aber zu betätigen, drehte ich mich kopfschüttelnd herum und ging die Treppen runter ins Wohnzimmer. An der Bar machte ich mir einen Drink und steckte mir eine Kippe an. In der Tür zum Wintergarten blieb ich stehen. Jack saß auf der Bank und rauchte. Ich öffnete die Tür. >Kannst nicht schlafen, was?<, fragte ich und gesellte mich zu ihm.
Er nickte und ließ mich neben sich sitzen. >Nein. Darf ich?<
>Ja, klar.< Ich reichte ihm mein Glas und ging wieder zurück ins Wohnzimmer.
>Wo gehst du hin? Ich wollte nur einen Schluck.<
Ich ging schnell an den Schrank, um nicht zu viel vom Zigarettenrauch im Zimmer zu verteilen, und riss den Umschlag mit den Bildern vom Boden ab. >Nein, nein. Ich will dir nur was zeigen.< Mit dem Umschlag kam ich zu ihm zurück und setzte mich wieder neben ihn. Ich reichte ihm die Bilder.
>Oh!<, stieß er laut aus. >Oh, wie klein wir waren!< Ein Grinsen zauberte sich auf seine Lippen. Ich konnte auch spüren, wie meine Mundwinkel anstiegen. >Sieh dich an.< Er hob das Bild direkt neben mein Gesicht. >Dein Kiefer und deine Wangenknochen...  Viel kantigere Gesichtszüge.< Seine Finger fuhren über meine Wange.
Er ging weiter durch. Ich zeigte auf eins der Bilder. >Das war in Laguna Beach, weißt du noch?< Lachend nickte er. >Das waren noch Zeiten, was?<
Wir rutschten tiefer in die Bank und schwelgten in Erinnerungen.
>Das ist doch im Kindergarten oder?< Ein Bild von uns, wie wir im Kindergarten im Sandkasten spielten. Lachend und Sandburg bauend.
Ich nahm die Bilder an mich und ging durch sie durch >Ja, die Sandburg ist doch ziemlich groß geworden.< Er nickte und lehnte sich gähnend an mich. Ich linste zu ihm. Ein weiteres Bild. Er auf meinem Rücken, ins offene Meer laufend. >Wir sind so jung gewesen.<, bemerkte ich ungläubig.
>Was für eine lange Geschichte wir zusammen haben oder?< Ich nickte. Er nahm erst einen tiefen Zug von der Zigarette und dann einen Schluck von meinem Glas. Ich lehnte meine Stirn an seine und schloss meine Augen. Wieder nahm er mir die Bilder aus der Hand. Ich atmete seinen Geruch ein. >David.<, raunte er und drehte seinen Kopf zu mir.
>Nein. Kein Kuss, Jack.<, flüsterte ich, umfing sein Gesicht und hielt ihn davon ab, mich zu küssen. Er machte einen Schmollmund. Ich schmunzelte. >Du weißt doch, wo wir hier sind.< Er bewegte seinen Kopf, sodass er mit seinen Lippen meinen Daumen küssen konnte. >Jack...< Ich schnappte seinen Hinterkopf und zog ihn an mich. Es war nur ein sehr kurzer Kuss. Kurz, aber dennoch so intensiv, dass es mir die Luft nahm. Ich löste mich von ihm, bevor er sich noch weiter hineinsteigerte. Räuspernd setzte ich mich wieder anständig hin. Im Blickwinkel konnte ich ihn grinsen sehen. >Hör auf so blöd zu grinsen.<, schimpfte ich.
Lachend lehnte er sich an meine Schulter. >Ich liebe dich.< Ich schüttelte den Kopf, doch meine Lippen waren dennoch zu einem Lächeln verzogen. >Weiter. Was hast du noch da?<
Wir machten weiter. Sahen uns die Bilder nach und nach an. Irgendwann mussten wir eingeschlafen sein, denn ich schreckte auf, als Jess in den Wintergarten kam.
>Hey, Jungs.< Automatisch rückten wir auseinander. Sie ließ sich auf meinem Schoss nieder und kuschelte sich in meine Arme. >Tut mir leid, wegen gestern.<, murmelte sie entschuldigend.
Jack zuckte mit den Schultern. >Schon gut. Wusste ja nicht, dass er dir nichts gesagt hat.<
>Gut, darüber werden wir auch noch reden oder?< Sie sah zu mir auf.
Scheiße.
Ich nickte. >Ja, klar.<
>So. Wollt ihr Frühstück?<
>Frühstück? Wie viel Uhr ist es?<, fragte ich überrascht.
Sie küsste mich auf die Stirn und spazierte um uns herum wieder zurück ins Wohnzimmer. >Es ist Morgen, Baby. Wart ihr die ganze Nacht wach oder was?<
Ich sah zu Jack. Leichte Anzeichen von blauen Ringen lagen unter seinen roten Augen. Sein Kiefer war angespannt. >Morgen.<, krächzte ich.
Er nickte... >Morgen.< … und verschwand wortlos. Fragend sah ich ihm nach.
>Geht es ihm gut?<
Schulterzuckend kam ich zu ihr in die Küche und machte uns Kaffee. >Keine Ahnung. Er ist wahrscheinlich nur müde.<, tat ich die Sache ab, doch der Blick in seinen Augen sagte mir etwas anderes.
>Ok. Was mag er zum Frühstück?<
>Schon gut, Babe. Ich mach schon.<
Sie fuhr zurück. >Du kochst? Seit wann kochst du? Für mich kochst du nie!<, rief sie geschockt aus.
Ich zuckte mit den Schultern. >Wir sind auch keine besten Freunde, seit wir im Kindergarten waren.<, antwortete ich und streckte ihr die Zunge raus, als sie mir ihre entgegenstreckte. Ich nahm drei Tassen aus dem Regal und füllte sie. Jessica, ein Löffel Zucker und viel Milch. Jack und ich, schwarz. Umgezogen kam Jack wieder runter. Zusammen machten wir Omelett, was Jessica begeistert beobachtete. Wir hatten früher zusammen mit Mama Arnolds unzählige Male Omeletts gemacht. Das Rezept kannten wir mittlerweile auswendig.
>Riecht wie früher.< Ich nickte. Sein Handy klingelte. >Oh, warte kurz.< Seine Finger ableckend ging er aus der Küche und ging an sein Telefon. >Hey... Nein, ich bin nicht Zuhause... Ich... ich bin bei David... Was? Darf ich ihn nicht besuchen?... Mum, ich bitte ...< Er sah mich an, raufte sich das Haar und ging raus in den Garten. Durch die Fenster konnte ich sehen, wie er den Mund zum Sprechen öffnete.
Jessica bekam von dem Ganzen nichts mit. Wir servierten das Essen, sobald es fertig war. Zu dem Zeitpunkt, stieß auch Jack wieder zu uns.
>Ehm... Ich hoffe, ihr habt nichts dagegen, aber... meine Mutter ist auf dem Weg hier her, also...< Mit offenem Mund sah ich ihn an. Er räusperte sich und setzte sich an den Tisch.
Das restliche Frühstück verging vergleichsweise schweigsam.
Warum kam Mama Arnolds jetzt verdammt nochmal her? Wollte sie es Jess sagen?

Kapitel 6

Ich versuchte Jack über den Tisch zu fragen, was das alles sollte, aber seine Augen waren fest an seinen Teller gebunden.
Als es dann an der Tür klingelte, fuhr ich innerlich zusammen. Doch besser war es, selber an die Tür zu gehen. Ich stand also auf und ging zur Tür, wo ich Mama Arnolds eintreten ließ. Ich machte Anstalten sie zu umarmen, doch sie drückte mich an meiner Brust von sich und ging mit emotionsloser Miene an mir vorbei. >Mama...< Sie reagierte nicht. >Ma,...< Ich schnappte nach ihrer Hand und hielt sie davon ab, weiterzugehen. Wenig begeistert sah sie mich an. >Mama, ich... ich bitte dich...<
Ihre Brauen hoben sich an. >Nein, keine Angst, David.< Sie streichelte meine Wange. >Du wirst es ihr selber sagen. Diese Aufgabe werde ich dir nicht nehmen...< Kopf schüttelnd stellte sie ihre Tasche ab und zog ihre Jacke aus. >Junge, ich bin es, die dich erzogen hat, wenn deine Mutter nicht in der Lage dazu war. Das habe ich dir nicht beigebracht. Wie kannst du ihr das antun?<, zischte sie.
Ich schloss kurz meine Augen und fuhr mit meiner Hand über mein Gesicht. >Ich weiß, Mama. Ich weiß. Es ist nur...<
>Jack liebt dich. Das weiß ich, aber Jessica so zu hintergehen...<
>Ich weiß, verdammt.<
>Du wirst es ihr sagen, David. Du wirst es ihr sagen. Das erwarte ich von dir.< Ich nickte. >David, liebst du Jack?<, fragte sie und legte ihre Hände an meine Schultern. >Wenn du ihn liebst dann... Dann kannst du das hier nicht so weiter machen.< Sie zeigte um sich herum. >Du wirst das hier hinter dich lassen müssen, denn... so ist das nicht richtig. Deine Frau hat das nicht verdient, David.< Ich massierte mein Nasenbein. Sie legte hier alles auf eine Karte. >Sag, Baby, liebst du Jacky?<, fragte sie wieder.
>Ich...< Ich sah in ihre Augen und zuckte hilflos mit den Schultern. >Mama, ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, was los ist und was ich fühle.<
Ihr Blick wurde weicher und sie schlang ihre Arme um mich herum. >Ok, David. Du bist ein anständiger Mann. Ich will, dass du dich entscheidest... Nicht heute, aber so schnell wie möglich. Nein, noch schneller. Und selbst, wenn du dich für Jessica entscheidest, wirst du es ihr sagen und sie wird sich dann als nächstes entscheiden müssen. Hörst du?< Ich nickte. >Mein kleiner Junge...< Sie umfing mein Gesicht und sah mich an. >... was hast du nur angestellt?<
>Es tut mir leid, Mama.<
Sie schüttelte den Kopf. >Bei mir musst du dich nicht entschuldigen. Ich bin zwar enttäuscht, aber liebe dich zu sehr, als das das irgendetwas an meinen Gefühlen für dich ändern könnte. Es ist deine liebe Frau, bei der du dich entschuldigen musst.< Sie strich über meine Schultern. >So, jetzt... lass uns zu den anderen gehen.< Sie hakte sich bei mir ein und ging mit mir zusammen zurück ins Esszimmer. >Hallo, Kinder.<, begrüßte sie die anderen.
Jessica stand auf und umarmte sie. >Hey, Mama Arnolds. Schön, dass du hier bist. Wie geht es dir?<, fragte sie und führte sie an den Tisch. >Willst du etwas essen?<
>Danke, Kleines. Mir geht es gut und euch? Hey, Baby.< Sie küsste Jack auf die Stirn. Seufzend ließ sie sich auf den Stuhl neben ihm nieder. >Ich bin jedes Mal auf's Neue von eurem Haus begeistert. Unser Kleiner hatte früher keinen sonderlich großen Sinn für Ordnung... oder Geschmack.< Jessica lachte und kam mit dem Frühstück für Mama zurück. >Süße, du siehst mal wieder fantastisch aus. Nicht wahr, David? Was für eine schöne Frau du hast.<
>Mum.<, fuhr Jack ihr rein und stand auf. >Lass uns kurz rausgehen.<
Sie gingen zusammen in den Garten. Besorgt sah ich den beiden nach. Die beiden durften sich nicht streiten. Sie liebten sich. Waren unzertrennlich. Ein Streit wäre katastrophal.
>Stimmt bei den beiden was nicht?<, fragte Jess.
Ich zuckte mit den Schultern und sah räuspernd zu Boden. >Keine Ahnung.<
Zusammen mit den beiden begannen wir zu essen. Wir setzten uns ein bisschen in den Garten und verfielen in nostalgische Gespräche. Sie blieben bis in den frühen Abend. Es machte richtig Spaß. Wir lachten und diskutierten. Mama Arnolds und ich kamen immer in verbale Konflikte. Nie etwas persönliches, aber wir hatten einfach verschiedene Meinungen. Schon als Jugendlicher, wenn ich bei Jack übernachtet hatte, landeten wir am Küchentisch und führten lange Diskussionen aus. Jack und Tulisa mussten uns meistens trennen, damit wir zu Schlaf kamen.
Es machte immer furchtbaren Spaß, mit ihr zu reden. Sie war schlagfertig und intelligent. Und ich sturköpfig und ein Klugscheißer, der ab und zu mal in der Schule aufpasste.
>Junge, wir sprechen uns noch.<, warnte mich Mama Arnolds auf dem Weg nach draußen. Ich drückte sie an mich. Ich konnte noch immer ihre negative Spannung in meine Richtung spüren, doch ich wusste, dass sie mich verstand. Ich würde sie nicht weiter enttäuschen. Diese Sache musste ein Ende haben. Sie hatte recht.
Wir winkten ihnen auf dem Weg zum Motorrad und zum Wagen zu. Ich sah zu, wie Jack sich den Helm aufsetzte. In seinem Gesicht konnte ich die ganzen Gedanken sehen, die in seinem Kopf herumschwirrten. Ich warf einen Blick in Mama Arnolds Gesicht. Sie sah zwischen uns beiden hin und her, während sie auf die Straße fuhr. Sie hupte und winkte lächelnd.
>Ehm... Jack! Warte kurz.< Ich trat in meine Schuhe und ging raus. >Ich komme gleich wieder.<, sagte ich zu Jess und lief zu Jack raus.
Er saß schon auf dem Bike und war bereit los zu fahren. Und ich hatte das Gefühl, dass er unbedingt hier weg wollte. >Geht es dir... gut?<, fragte ich und hätte mir gleich darauf selber eine scheuern können.
>Gute Frage. Es geht mir fantastisch. Tatsächlich... Es ging mir noch nie so...<
>Ok, ok, ok. Ich habe verstanden. Blöde Frage. Was hat sie...?<
Er nahm sein Helm ab und massierte sein Nasenbein. >Was wohl? Sie ist enttäuscht und will, dass das endet.< Er räusperte sich. >Sie sagte auch, dass du dich entscheiden würdest.< Wir sahen uns an. >Was... was meinst du?<
>Ich weiß nicht. Ich werde...<
>David, liebst du mich?... Nein, was noch wichtiger ist, liebst du Jessica noch? Deine Frau? Denn, wenn du das nicht tust, dann... dann musst du diese Ehe auflösen. Mum hat recht, es ist einfach...< Er sah mich an. >Das... Problem ist, ich... ich...< Unsicher sah er auf seine Hände. >... ich kann nicht „Nein“ zu dir sagen.< Seufzend fuhr er sich durchs Haar. >Kann ich wirklich nicht, aber ich will das nicht so weiter machen. Sag mir, liebst du sie?<, fragte er mich erneut und blickte zu mir auf.
>Jack, ich... Das kann ich nicht einfach so jetzt...<
>Du hast sie geliebt, bevor ich kam, nicht wahr?< Ich nickte und scharrte mit meiner Schuhspitze über den Boden. >Hast du noch immer das selbe Gefühl für sie, wie zuvor?<
Wortlos sah ich ihn an.
Ob ich noch fühlte, wie vor 3 Wochen? Die selben Gefühle für Jessica wie noch vor 3 Wochen? Nein. Nein, alles in mir war nur noch ein Chaos. Jack hatte alles umgeworfen. Ich dachte, dass ich Jess die letzten 6 Jahre lieben gelernt hatte. Das ich Jack hinter mich gelassen hatte und mir mit ihr ein neues Leben aufbaute. Doch ich hatte ihn nie vergessen. Er war in meinen Gedanken geblieben und die Erinnerungen an ihn waren immer präsent gewesen.
>Du warst immer da, Jack. Die ganze Zeit. Uns gab es immer zu Zweit. Und dann plötzlich gingen wir getrennte Wege und... Es ist alles schief gelaufen. Jessica war für mich da, aber...< Er nickte mit emotionsloser Miene. >... selbst als du nicht da warst, warst du da.< Ich stützte meine Stirn in die Hand. >Aber... aber ich weiß nicht, wie ich...<
>Du bleibst bei ihr...<
Ich sah ihn an. >Es... Sie ist meine Frau und ich...<
>Ist in Ordnung.< Seine Lippen verzogen sich zu einem Strich.
>Jack, ich... Es tut mir...<
>Nein, schon gut.< Er schmiss den Motor an. >Bis morgen, Kleiner.<, verabschiedete er sich und fuhr los. Das Motorrad entfernte sich immer weiter, bis er um die Ecke bog und verschwand. Es fühlte sich fast so an, als verschwand er aus meinem Leben.
Gott, was für ein sentimentaler Scheißdreck.
Mit den Fäusten in den Hosentaschen vergraben kam ich wieder ins Haus. Mir war kalt und warm zu gleich. Alles lief rund herum. Hatte ich ihn verloren? Für immer? Würde er mich jetzt ignorieren oder mich mit bösen Blicken strafen? Wie sollte ich morgen in die Arbeit und mit ihm zusammen arbeiten?
Jess wirkte gestresst. Ich stellte mich in die Tür zur Küche. Ihre Lippen waren zu einer Linie verzogen und ihr Kiefer angespannt. Sie und Jack trugen einen ähnlichen Gesichtsausdruck. >Was war noch?<
Ich schüttelte den Kopf. >Nichts. Nur was über die Arbeit. Kann ich dir was helfen?< Vielleicht war sie einfach schlecht drauf. Vielleicht noch wegen gestern. Sie hatte es noch nicht angesprochen. Eigentlich dachte ich, dass das Ganze vorbei war. Heute morgen erschien sie mir beruhigt.
Sie räumte das Geschirr aus der Waschmaschine in die Schränke. >Nein, bin schon fertig.< Auch wenn sie sauer war, sie war die Frau, mit der ich mein Leben verbringen würde. Ich hatte mich in sie verliebt. Ich war mit ihr den Bund der Ehe eingegangen. Und das nicht einfach so. Wir fühlten diese Verbindung zueinander.
Ich erinnerte mich noch an den Tag, an dem wir uns das Ja-Wort gaben.
Die Vorbereitungen, der ganze Stress bis zur eigentlichen Zeremonie waren auslaugend und es gab unzählige Momente, in denen ich mir Jack herbei gewünscht hatte. Ich brauchte ihn an meiner Seite. Und... es gab auch Momente in denen ich weg wollte. Einfach abhauen. Mit ihm. Ich schob es immer auf die typische Nervosität vor der Hochzeit. Mit der Zeit schwächte es dann ab.
Mein Herz rutschte in die Hose. Jessica war wunderschön. Ihr weißes Kleid war anliegend und hatte eine lange Schleppe. Es funkelte und brachte ihre pfirsichfarbene Haut so wunderschön zum Vorschein. Sie schien von innen heraus zu leuchten.
Wir standen voreinander und schnitten Grimassen, um einander zum Lachen zu bringen. Stattdessen lachte der Priester, die Brautjungfern und die Trauzeugen. Ihre Eltern zischten uns zu, aufzuhören, doch es beruhigte tatsächlich und wir kamen jubelnd und lachend aus der Kirche.
Unsere Flitterwochen verbrachten wir in Frankreich. Ich konnte kein Wort, aber Jessica sprach fließend Französisch.
Tatsächlich gingen wir aber nicht oft raus. Wir blieben... ziemlich lang im Hotelzimmer.
>Jess, ich geh eine Runde Joggen.<
Sie las ein Buch und behielt ihre Augen auch darin, als sie etwas brummte. Ich verstand nicht, was sie sagte, also nickte ich bloß.
Wortlos ging ich raus und lief los. Ich steuerte sofort den Wald an, der nicht weit von unserem Haus entfernt war, und zündete mir dabei eine Kippe an. Wie paradox.
Die Baumkronen bildeten eine Kuppel über mir. Die Gedanken schmolzen von mir herunter. Die frische Luft durchflutete meinen Kopf und befreite mich von all der Schwere.
Doch als ich nach oben und ein Nest entdeckte, erinnerte ich mich daran, wie wir einmal einen Vogel mit gebrochenem Flügel gefunden hatten. Jack und ich nahmen ihn sofort mit zu Mama Arnolds. Wir bastelten aus einem Schuhkarton ein Bett und pflegten ihn gesund. Noch nie war ich für etwas verantwortlich gewesen. Das Mama Jack und mir dieses Vertrauen entgegen brachte, machte mich unglaublich stolz. Wir gaben dem Vogel all unsere Aufmerksamkeit, bis er wieder gesund war. Es war wirklich schwer ihn gehen zu lassen. Doch wie das nun mal mit Kindern war, fand ich schon bald etwas Interessantes, das mich ablenkte.
Meine Mundwinkel hoben sich an.
Jack.
Nur sein Name, rief so viele Gefühle in mir auf. Am intensivsten... Trauer und Verlust. Ich würde es ihr sagen. Ich würde Jessica beichten, dass ich sie betrogen hatte. Und mit hoher Wahrscheinlichkeit würde sie sich von mir trennen. Und dann hätte ich alles verloren. War es das was ich wollte? Selbst, wenn Jess sich dafür entschied, mir zu verzeihen. War dies das Richtige?
Nun... die andere Möglichkeit war es, Jessica zu verlassen und mit Jack zusammen zu leben.
Mit ihm zusammen leben.
Trotz der aufkeimenden Sorgen, schmunzelte ich. Als Kinder hatten wir uns auch diese Art unserer Zukunft ausgemalt. Erst lebten wir in einem unrealistisch großen Baumhaus im tiefsten Dschungel, wo die Affen mit uns zusammen Bananen für das Frühstück sammelten. Mit den Jahren  wurden unsere Aussichten ernsthafter. Soweit, das wir uns sogar einmal zusammen setzten und in der Zeitung nach Wohnungen in der Stadt suchten.
Mit Jack zusammen zu wohnen war lange Zeit eins meiner größten Ziele gewesen.
Scheiße.
Der Himmel war in ein tiefes Indigo getränkt. Nur wenig kleine helle Punkte und ein Halbmond spendeten Licht.
Im Haus war alles dunkel. Ich ging in die Küche und nahm eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank. Erschöpft setzte ich mich im Dunkeln auf das Sofa. In meiner freien Hand hielt ich die Bilder aus meiner Jugend. Alles war so perfekt gewesen. So einfach und problemlos.
Das Bier war schon bald leer und ich war gewillt mir noch eins zu nehmen, doch die Arbeit morgen hielt mich davon ab. Stattdessen duschte ich lange und ausgedehnt. Ich ließ heißes Wasser auf mich nieder prasseln. Ich verließ ihn und hatte mich für Jessica entschieden. Nun war es ihre Entscheidung, wie es weiterlaufen würde.
Es war... vorbei.

Die ersten zwei Tage der Woche waren katastrophal. Zwischen Jessica und mir hatte sich eine schalldichte Wand entwickelt. Ich spürte ihre Blicke immer wieder auf mir liegen. Es war einfach kaputt. Selbst, wenn sie mir verzeihen würde, gäbe es keinen Weg zurück. Sie ging mir aus dem Weg. Schloss sich im Arbeitszimmer ein und redete kaum noch ein Wort mit mir. Jack bekam ich überhaupt nicht zu sehen. Er blieb bis Mittwoch bei einer anderen Dienststelle. Das war genauso Fluch wie Segen. Ich wollte ihn nicht sehen, weil noch soviel im Dunkeln lag. Doch ich wollte ihn sehen, weil ich mich nach ihm sehnte.
>Was ist denn los mit dir? Du bist in letzter Zeit so komisch.<
>Keine Ahnung, von was du redest.<, murmelte ich seufzend und trank von meinem Kaffee.
Sie huschte schon den ganzen Morgen durch das Haus. >Richard, ich kenne dich jetzt schon eine Weile lang und am Sonntag... Ich war Luft für dich. Seit Jack da ist...< Sie zuckte mit den Schultern und sah mich an. >... sind da diese Spannungen zwischen uns. Das musst du doch auch spüren oder nicht? Ich weiß, dass du ihn lange nicht mehr gesehen hast und das er dir wichtig ist und... Aber irgendwas ist jetzt anders und ich verstehe nicht was. Sag es mir.<, verlangte sie und sah mich verzweifelt an.
Das war dann wohl der Moment, ihr die Wahrheit zu sagen.
>Jess, ich...< Mein Herz schlug rasend schnell, doch alles darum herum lief in Zeitlupe. Meine Glieder wurden heruntergezogen. Jede Bewegung kostete mich unendliche Kraft. >Ich...< In meinem Hals bildete sich ein Knoten. Die Worte schafften es nicht vorbei. Fast tat es weh, zu sprechen. >Ich muss...<
Ich konnte es nicht. So war das nicht richtig. Hier stimmte etwas nicht.
>Es ist nichts. Das Jack wieder da ist, macht mich nur ein bisschen nostalgisch. Es tut mir leid.< Wir wussten beide, dass das nur eine lahme Entschuldigung war.
Unbegeistert blickte sie mich an. >Ok. Wenn das so ist... Werd nur schnell wieder normal.<
>Ja.< Sie nahm ihren Kaffee in der Thermotasse an sich, warf mir noch einmal einen Blick zu und ging dann. Die Tür krachte ins Schloss.
>Scheiße.< Ich schloss meine Augen und stützte mich an der Arbeitsfläche ab. In diesem Haus zu sein fühlte sich falsch an. Es kam mir wie ein Verbrechen vor. Ich ging in die Hocke und atmete tief durch. >Scheiße.<, wiederholte ich. Hier lief was gewaltig schief.
Alles war gewaltig falsch gelaufen. Alles. Jack kam und alles lief drunter und drüber. Gott, wie konnte ein Ereignis vor 10 Jahren so eine enorme Wirkung auf die Gegenwart haben?
War meine Ehe von Anfang an zum Scheitern verurteilt? Wenn Jacks bloßes Auftreten meine Beziehung zu Jessica so zum Schwanken brachte, dass ich sie hinterging, wie stabil war unsere Ehe dann wirklich? Lebten wir seid 6 Jahren hinter einer Fassade? Vielleicht... waren wir auch einfach nur in Watte eingewickelt gewesen und wurden nie wirklich erprobt, sodass...
>Oh Gott, was rede ich mir hier ein?<, murmelte ich und ließ meinen Kopf nach vorne fallen.
Mit einer qualmenden Zigarette im Mund setzte ich mich ins Auto und fuhr los. Ich hatte nur wenig geschlafen und deshalb Unmengen Kaffee getrunken. Ich war gleichzeitig unglaublich müde, aber auch furchtbar aufgekratzt.
Mein Herz begann zu rasen, als die Dienststelle auftauchte. Jetzt war es also so weit. Jack war wieder da und ich würde auf ihn treffen.
Ich zog mich um und ging direkt in mein Büro. Ein Haufen Papierarbeit wartete hier auf mich. Und das erste Mal, war ich wirklich froh darüber. Mir war klar, dass ich mich verkroch, aber das war mir egal. Ich musste meinen Kopf entleeren. Und wenigstens in der Arbeit wollte ich tatsächlich nur die Arbeit im Kopf haben.
Anders als sonst, ging mein Plan sogar auf. Ich blieb alleine und im Büro. Zwar hörte ich, wie die anderen nach draußen gerufen wurden, aber ich fiel an diesem Tag glücklicherweise aus.
In der Mittagspause nickte ich ein. Ich hatte einen Albtraum. Es war nur Jessica, die vor mir auf dem Boden saß, weinte und mich anschrie. Ihr Gesicht war Tränen überströmt und zu einer weinerlichen Grimasse verzogen. Sie schlug immer wieder mit der Faust auf den Boden und warf mir Schimpfwörter gegen den Kopf. Mir war natürlich klar, um was es ging. Umso schmerzvoller war es, denn das war die nicht allzu ferne Zukunft.
Alles brach aus ihr heraus.
Ich riss aus dem Schlaf. Ihre gebrüllten Worte hallten in meinen Ohren.
Seufzend rieb ich mir die Augen und sah auf die Uhr. Noch 4 Stunden bis zum Feierabend.
Ich versuchte zu arbeiten, aber die Worte auf dem Bildschirm und auf dem Papier verschwammen. Jedes Mal, wenn Schritte im Flur erklangen, erstarrte ich. Wie zum Teufel, sollte ich reagieren, wenn er hier eintrat? Was würde er tun? Ich wusste einfach nicht, wie ich mit dieser Situation umgehen sollte.
Zuhause wartete meine Frau, die sehr wohl merkte, dass etwas faul war. Sie würde mich verlassen und in meinem Kopf kreisten meine Gedanken unumgänglich um Jack herum. Immer und die ganze Zeit.
>Hey, David. Hab dein Gesicht heut noch gar nicht gesehen?< Ich schüttete mir Kaffee in die Tasse und nickte. >Alles klar, Kumpel? Du siehst fertig aus. Stress beim Traumpaar?<, fragte einer meiner Kollegen und stellte sich neben mich.
Ich schüttelte den Kopf. >Nein, hab nur... schlecht geschlafen.<, krächzte ich und räusperte mich. >Alles gut Zuhause.<, versicherte ich ihm und fuhr im nächsten Moment zusammen, als Jack neben mir auftauchte und an den Kühlschrank ging. >Ich... muss wieder an die Arbeit.<, sagte ich nur und drehte mich weg.
>David,...< Er griff nach meinem Arm. Hastig entzog ich mich ihm. Nervös sah ich zwischen ihm und unseren Kollegen hin und her. Jack fuhr sich durchs Haar und rieb sich das Kinn. >Können wir kurz reden?< Nichts hätte ich lieber getan, als abzuhauen, jedoch konnte ich in seinen Augen sehen, wie wichtig es ihm war. Wir waren letztendlich beste Freunde, nicht wahr?
>I-in Ordnung.< Wir verließen den Aufenthaltsraum und gingen in mein Büro. Ich ließ mich auf meinen Stuhl fallen und stellte vor mir die Tasse ab. Gebannt starrte ich auf den Dampf, der aufstieg. >Was gibt’s?< Ich wagte es nicht, zu ihm aufzuschauen.
Er schloss die Tür hinter sich und blieb mit verschränkten Armen davor stehen. >Ich... also... ich wollte nur sehen, ob zwischen uns alles klar ist.< Als ich zu ihm aufblickte, sah ich ein aufgezwungenes Lächeln auf seinen Lippen. >Letztendlich brauchst du noch ziemliche Hilfe beim Surfen.< Er lachte, aber es war offensichtlich nicht echt.
Ich zwang meine Mundwinkel dazu, zu steigen. >Natürlich, ehm... alles ist gut. Mach dir keine Gedanken.<
Er nickte und machte Anstalten zu gehen. >Hast du es ihr gesagt?<, fragte er mit dem Gesicht zur Tür gewandt.
Seufzend fuhr ich mir mit beiden Händen ins Haar. >Nein, ich habe es ihr nicht gesagt.<, antwortete ich und schloss meine Augen. Ich konnte hören, wie die Tür sich schloss.
Gut, jetzt wusste ich es. Wir würden so tun, als wäre nichts passiert, aber das Gewicht dennoch immer spüren. Und wir wussten, wie so etwas enden würde. Getrennt. Letztendlich würden wir uns beide so gut wie möglich ignorieren, um der Konfrontation auszuweichen. Ende der Freundschaft und das war...
Ich presste meine Lider fest aufeinander und drückte meine Handflächen in die Augenhöhlen.
Wenn ich mich daran erinnerte, wie eng wir früher miteinander waren. Wir hatten uns aber und abermals geschworen, unser Leben miteinander zu verbringen. Dem anderen zu helfen und ihn immer zu unterstützen und jetzt hatten wir miteinander geschlafen, damit meine Frau hintergangen, und konnten uns nicht mehr in die Augen sehen.

Jessica hatte am Abend das Essen schon gemacht, doch es stand nur ein Teller auf dem Tisch. Ich legte meine Sachen ab und suchte sie in der ersten Etage. Sie war im Arbeitszimmer und arbeitete an etwas. Schweigend trat ich ein und legte meine Hand an ihre Schulter. > Babe,...?<
>Hör auf.< Sie schüttelte mich ab. >Hör auf damit. David, was ist los?<, fragte sie und drehte sich zu mir herum.
>Was soll los sein, Jess? Ich verstehe nicht...<
Fassungslos seufzte sie. >David, ich liebe dich, aber du musst ehrlich mit mir sein, verstehst du? Sag mir, was hier zwischen uns nicht stimmt.<, verlangte sie.
Mein Atem wurde flacher. Ich sollte es ihr sagen, aber... ich schaffte es nicht. Ich sah ihr in ihre großen blauen Augen. >Es ist nichts. Jessica, wir...<
>Weißt du was, du hast recht. Das mit Jack war keine gute Idee. Irgendwas ist da zwischen euch beiden und ich will wissen, was da los ist. Ihr... ihr beide kennt euch euer Leben lang und deshalb kennt ihr euch sehr gut. Verstanden. Aber ich bin deine Frau, David! Ich sollte die Person sein, die dich am besten kennt. Jack sollte mir nicht plötzlich erzählen, dass du von dem Partner deiner Mutter missbraucht wurdest.<
>Du hast doch gesagt, dass du...<
>Ich habe mich umentschieden. Nach diesem peinlichen Zusammentreffen, bei dem definitiv etwas in der Luft war, ist... Ich bin nicht blöd, David. Ich bin...< Sie seufzte. >Lass mich einfach... Ich hab Kopfschmerzen.<
>Jess, es...<
>Lass mich für heute bitte einfach in Ruhe, ok?< Mit diesen Worten ging sie an mir vorbei in den Flur und gleich darauf ins Schlafzimmer. Erneut fiel die Tür laut ins Schloss.
Heute gab es viele Türen, die ins Schloss fielen und damit etwas aussagten.
Und das hier war Wut.
Ich hob das Essen auf und setzte mich mit einem Bier auf das Sofa. Seufzend lehnte ich meinen Kopf zurück und schloss die Augen.
Es war dreist, aber ich sehnte mich nach Jack. Mit ihm Surfen gehen und mit ihm reden. Dieses wortlose Einverständnis gab es nur zwischen uns und hatte ich sonst mit niemandem.
Ich kam früher einmal zu Jack nachhause. Ganz früh am Morgen. Es war noch dunkel draußen. Paul hatte mich wieder verprügelt. Mit seinem Gürtel. Ich war mit blauen Flecken übersät und als meine Mutter am Morgen kam, war sie so besoffen, dass sie es noch nicht einmal registrierte und mit ihrem Freund ins Schlafzimmer verschwand.
Alles tat weh und ich war so wütend. So unglaublich wütend. Ich weiß noch, ich kickte gegen den Holzzaun und fluchte immer wieder. Murmelte Schimpfwörter vor mich her, die ich noch nie gewagt hatte, zu sagen.
Jack nahm mich auf. Er berührte mich kein einziges Mal, sondern ließ mich einfach neben dem Fenster auf dem Boden sitzen. Nur als ich angefangen hatte mit meinem Kopf gegen die Wand zu schlagen, hatte er mich von der Wand weggeschoben und mir eine Decke umgelegt. Als Mama und Tulisa aus dem Haus waren reichte er mir eins seiner alten Surfboards und ließ es mich kaputt machen. Wir sprachen in der ganzen Zeit kein Wort und es gab keinen Menschen auf der Welt, der hätte besser damit umgehen können.
Danach heulte ich mich bei ihm aus und er sagte mir, dass er diesem Paul den Arsch aufreißen würde. Das brachte mich dann zum Lachen. In dem Alter kamen wir gerade zu den Ausdrücken. Da war das immer ein ziemliches Highlight.
Ich bat ihn darum, es nicht zu tun. Mein Zuhause war mir peinlich und ich wollte ihn nicht in der Nähe meines Heims haben.
An diesem Abend trank ich einfach. Ich musste meinen Kopf abschalten.
Weshalb am Morgen eine ziemlich leere Flasche Gin und 6 Flaschen vor mir standen und in meiner Hand eine Halbvolle war.
Ich wachte von den Geräuschen auf, die Jess in der Küche machte. Jede Schranktür, die sie zuschlug, feuerte einen Blitz direkt in meinen Schädel.
Schlürfend setzte ich mich an den Tisch und sah zu ihr. >Morgen, Liebling.<, krächzte ich.
Sie kam zu mir raus. >Morgen. Du hast getrunken?< Sie nickte zum Wohnzimmertisch und trank von ihrem Kaffee.
Ich sah sie an. >Habe ich.<
Sie nickte. >Gut.<
Ich schüttelte den Kopf. >Jess, bitte.<
>Bis heute Abend.< Weg war sie.
Doch ich fing sie auf, bevor sie das Haus verließ. >Jess, ich...<
>Du hintergehst mich.<, sagte sie. Mein Mund blieb offen. >Wir hatten nie Geheimnisse voreinander, David. Und jetzt ist da soviel zwischen uns. Ich habe nicht die Zeit und nicht die Lust dieses Versteck-Spiel zu spielen. Wirklich nicht. Also...< Sie atmete durch und ging zu ihrem Auto.
Ich sah ihr nach.
>Scheiß drauf.<, brummte ich und lief wieder ins Haus zurück. Ich stieg unter die Dusche und ließ mir Zeit. Setzte mich auf den Boden, lehnte meinen Kopf gegen die Kacheln und schloss meine Augen. Ich weiß nicht, wie lange ich unter der Haube blieb. Das Bad verwandelte sich in eine Sauna. Meine Sorgen schafften es nicht durch den Dunst. Umkreisten mich stattdessen.
Ich wollte es ihr sagen, aber hier stimmte etwas nicht. Hier war etwas falsch und ich hatte Angst vor der Lösung.
Getrost zog ich mich an und aß. Ich warf Aspirin ein und fuhr zur Arbeit. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass ich fast 2h zu spät war. Das war das erste Mal, das ich zu spät war. 2h zu spät. Das würde keinen positiven Anklang haben.
>Was zum Gottes Namen soll das?! Du kannst nicht einfach zu spät zur Arbeit kommen und ganz bestimmt keine 2h, David! Du bist Polizist, verstehst du? Wir müssen uns auf dich verlassen können.< Die Ansage meines Chefs dauerte schon 15Min an. An den Anfang konnte ich mich gar nicht mehr erinnern. Es war alles nur zu einem einzigen Ton verschmolzen.
Ich nickte nur immer wieder und gab einen zustimmenden Laut von mir, wenn es angebracht schien. Als er dann nichts mehr sagte, entschuldigte ich mich und ging. Jack kam mir auf dem Flur entgegen. In seiner Hand hielt er eine Akte, die wohl zum Chef sollte. Wir sahen uns an. Nur einen kurzen Augenblick.
>Morgen.<, murmelte ich.
>Ja, Morgen. Wobei es eigentlich schon Mittag ist, Kleiner.< Ich drehte mich zu ihm um. Er lächelte. Es wirkte natürlicher als gestern. Ich spürte erst, dass ich auch lächelte, als ich in meinem Büro war.
Meine Brust hob sich hastig an und ab. Hitze breitete sich aus. Nur dieses eine Lächeln. Dieses eine kurze Lächeln. Dieser eine kurze Wortaustausch und schon brannte alles in mir. Jack war wie ein Virus. Er war überall und egal was ich tat, er blieb beständig. 10 Jahre lang war er in meinem System und selbst jetzt, wo ich versuchte, ihm aus dem Weg zu gehen, verließ er meine Gedanken nicht.
Ich zog aus meiner Hosentasche eins der Bilder, die ich mitgenommen hatte. Von Jack und mir am Strand. Es war erbärmlich, aber wen interessierte das schon. Die Zeiten früher waren problemlos. Selbst mit Paul und meiner Mutter, war alles perfekt. Und ich war mir sicher, das Jack mit seinem neurotischen Selbsthass in seiner Jugendzeit, das Selbe sagen würde.
Es war perfekt gewesen und jetzt war alles...
Ich schüttelte den Kopf.
Das war meine Schuld. Alles wäre noch in Ordnung, wenn ich Jack nicht angefasst hätte. Ich hatte alles zu Fall gebracht. Alles zerstört. Jessica und ich waren glücklich. Wir hätten irgendwann sicher Kinder gehabt. Irgendwann sicher. Jahre lang hätten wir eine schöne Ehe geführt. Vielleicht für immer. Ich hatte mir oft gewünscht, dass wir bis zu unseren letzten Tagen zusammen sein würden.
So oft. Und jetzt... Ich wusste nicht mal mehr, ob wir am Ende diesen Monats noch ein Paar sein würden. Ich... wusste auch nicht, ob ich noch mit ihr zusammen sein wollte. Ob es noch das Richtige war.
Was war das Richtige?
Ich musste raus. Ein paar Mal. Nur kleine Dinge. Ein Nachbarschaftsstreit, ein kleiner Ladendiebstahl und noch ein paar weitere Fälle.
Gott sei Dank nicht mit Jack. Da wäre wahrscheinlich nichts Gutes raus gekommen.
Die Arbeit laugte mich an dem Tag besonders aus. Ich arbeitete die Mittagspause durch. Schaffte es nicht „Pause“ zu machen. Sobald mein Hirn frei von Arbeit war, raste ich wieder hinüber zu Jessica und Jack.
Am Abend kam ich also ausgebrannt nachhause. Jess war noch immer schlecht gelaunt. Es schien so, als hätte sie mit ihren Freundinnen geredet und diese sie dazu ermutigt, weiter zu bohren.
>Du siehst doch wie alles den Bach runter geht oder nicht, David?< Ich versuchte zu essen. Doch sie hatte ihre beiden Fäuste auf den Tisch gestützt und sich vorn über gebeugt. >Ich kann das so nicht. Ich kann es nicht. Du bist gedanklich nicht mehr hier und...<
>Jess, lass mich bitte einfach essen. Können wir nicht vielleicht später darüber reden?<
>Nein, können wir nicht. Ich möchte doch einfach nur, dass zwischen uns beiden wieder alles besser wird.< Sie stemmte ihre Handy in ihre Hüfte und begann hin und her zu laufen. >Ich erkenne dich nicht mehr. Ich erkenne uns beide nicht mehr.<
Frustriert legte ich meinen Kopf in meine Hände und atmete durch. >Alles ist gut, Jessica. Bitte.<
>Es ist nichts gut.< Ihre Stimme brach. >Ich möchte, dass du mir jetzt sagst, was los ist. Sofort.< Ich ließ meine Hände über mein Gesicht gleiten zu meinem Mund und sah zu ihr auf. Sie weinte.
Ich stand auf und ging um den Tisch herum. >Babe, es ist einfach gerade hart. Durch so etwas geht jedes Paar einmal.< Sie sah mich verunsichert an. Ich musste sie beruhigen. Nur für heute. Ich würde es ihr sagen, nur nicht heute. Ich konnte nicht. >Wir schaffen das.<
Ich schloss meine Augen, gerade als ich das sagte. Jessica war nicht dumm und auch nicht gutgläubig. Sie war realistisch und unsicher. Sie war nicht die Art von Frau, die ihrem Mann hinterher schnüffelte, aber sie wurde sehr leicht verunsichert.
>Hör auf. Ich weiß, was du hier machst. Du lügst mich an. Hier ist etwas und ich will wissen, was es ist. Ich habe das Recht darauf. Ich bin deine Frau.<
>Gut, von mir aus. Jess, es war ein schwerer Tag für mich und ich brauche unbedingt eine Mütze Schlaf. Deshalb gehe ich jetzt pennen.<
Sie schnappte nach meiner Hand und zog mich zurück. >Nein, geh nicht. Lass uns reden.<
>Ich will nicht! Es gibt nichts zu bereden und selbst wenn, will ich nicht darüber reden.< Ich schüttelte den Kopf und ging.
>David!< Ich schloss meine Augen. Sie verdiente eine Erklärung.
Mir wurde das alles zu viel. Die Luft war zu dick und das Haus zu klein. Ich musste unbedingt raus. Brauchte eine Pause von alle dem.
Ich schnappte meine Jacke und meine Wagenschlüssel und ging raus. Es fühlte sich an, als würde das Dach des Hauses von meinen Schultern gleiten, sobald ich aus der Haustür war. Ich konnte meine Knochen erleichtert ächzen hören und spüren.
Ich stieg ins Auto und fuhr los. Keine Ahnung, wo ich hin wollte. Es verging sicherlich eine halbe Stunde des sinnlosen Fahrens, bevor ich bemerkte, dass mein Benzin knapp war, und zu einer Tankstelle fuhr. Ich machte voll. Die Frau an der Kasse schien mit mir zu flirten. Ich erinnerte mich noch nicht einmal daran, wie sie aussah. Nur ihr hohes Kichern. Plötzlich lag da auch ein Sixpack-Bier und eine Flasche Wodka neben mir auf dem Beifahrersitz.
Es gab keine Richtung, in die ich wollte. Letztendlich parkte ich vor einem Einkaufscenter und sah nur durch die Windschutzscheibe.
Irgendwann musste ich ihr sowieso gegenübertreten. Ob heute oder morgen. Letztendlich war das doch egal. Weshalb also noch warten?
>Weil du nicht die verdammten Eier dazu hast.<, brummte ich und zog aus meiner Jackentasche meine Zigaretten. Ich schob mir eine in den Mund und hielt die Flamme meines Feuerzeugs ran. Hier hatte ich jetzt einen unermesslichen Fehler gemacht und konnte nicht dafür einstehen. Mit geschlossenen Augen sank ich in den Sitz und ließ das Fenster hinunterfahren. 
Meine Brust zog sich zusammen, wenn ich daran dachte, was Jessica jetzt wohl zuhause machte. Sie war nicht wirklich der Typ, der weinte. Nicht bei meinem Antrag, der Hochzeit, nicht einmal, als sie sich bei unserem Ski-Urlaub ihr Schienbein verstaucht hatte. Aber heute hatte sie geweint.
Ich wollte einfach nur, dass das alles schnell vorüber ging.
Alles war einfach so ungewiss. Ich stand vollkommen im Dunkeln. Ich verstand mich selber nicht mehr.
>Gott, verdammt.< Ich lehnte meine Stirn gegen das Lenkrad.
Wie viel Zeit war vergangen? Ein paar wenige Wochen? Noch nicht einmal eine Handvoll und ich stand kopfüber.
Und dennoch, nur der Gedanke daran, wie er mich küsste... Wie wir uns auf seinem Bett herum wälzten. Jeder Fetzen meiner Haut stand in Flammen. Ich verzehrte mich nach ihm. So sehr. Wir beide gingen so makellos ineinander über. Perfekt. Wortlos bewegten wir uns im Einspiel mit dem anderen
Ich atmete durch. Pure Erregung lief durch meinen Körper und sammelte sich in meinem Unterleib. Und natürlich Jacks Gesicht hinter meinen geschlossenen Lidern. Er war so schön. Der griechische Gott. Immer bewundert von seinen Mitmenschen.
Ich wurde langsam müde. Nachhause gehen war heute Nacht keine Option. Einziges Problem war, dass ich nicht wusste, wohin ich sonst gehen sollte.
Eine Zeitlang fuhr ich also wieder nur ziellos durch die Gegend, bevor ich vor einem Gebäudekomplex hielt. Ich war noch nie bei Jack gewesen. Seine Adresse hatte ich irgendwann mal aufgeschnappt.
Kann auch sein, dass ich unbedingt wissen wollte, wo er wohnte und suchte.

Kapitel 7

Ich drückte auf die Klingel. Die dunkelbraune Tür vor mir schwieg mich an. Ich sah auf die Uhr. Es war Halb 1Uhr morgens. Er schlief bestimmt und ich weckte ihn einfach auf.
Als würde ich Leuten absichtlich das Leben schwer machen wollen.
Scheiße. Scheiße. Scheiße.
Was tat ich hier? Warum war ich hier?
Ich starrte auf den Henkel. Ich wusste nicht, ob ich mir wünschte, dass er sich bewegte, oder nicht. Ich wusste nicht, was passieren würde, wenn ich in diese Wohnung trat. Was war mein Ziel, mit diesem ganzen Scheißdreck hier?
Genervt wandte ich mich ab, da ging die Tür auf. >Ehm... hey! Guten Morgen.<, begrüßte ich ihn und raufte mit der Wodka-Hand mein Haar. Seine Augen waren zu Schlitzen verformt, darunter lagen leichte Schatten. Er trug kein Oberteil, nur tiefsitzende Schlafhosen. Mit müden Gesichtszügen verschränkte er fest die Arme vor der Brust. >Ich... ich hab mich mit Jessica gestritten und...<
Er sah runter zum Alkohol in meinen Händen. >Bist du betrunken?<
>Nein.<
>Willst du dich jetzt hier betrinken?<
Ich wog ab, was ich ihm sagen sollte und biss auf meine Unterlippe, bevor ich nickte. >Ja.<
Er schnalzte mit der Zunge. >Dir ist klar, wie scheiße früh es ist oder?<
>Ja, Jack. Kann ich bleiben oder nicht?<
>Nicht gleich zickig werden, Drama-Queen.<, murmelte er und ging zurück in die Wohnung. Ich folgte ihm rein und schloss hinter mir die Tür. Vor mir eine große Küche mit Essbereich. Eine weitere Tür, die verschlossen war. Daneben ein noch viel größeres Wohnzimmer, mit einer Wand aus Glas, die einen perfekten Ausblick auf die Stadt und das Meer gab. Ich konnte direkt ins Schlafzimmer sehen und durch die offenstehende Tür neben mir ins Badezimmer. Die Wohnung war wie aus einem Möbelkatalog. Und er hätte aus einem Modemagazin sein können.
Ich war zu müde, um höflich zu sein. Also setzte ich mich einfach auf das Sofa und öffnete mein Bier mit meinem Feuerzeug. >Du kannst schlafen gehen. Ich bleibe einfach hier und trink was.<, sagte ich so unbekümmert, wie es nur ging und setzte die Flasche an.
>Du weißt, dass wir morgen arbeiten oder?<, erinnerte er mich. Er lehnte an der Wand neben dem Fernseher. Ich zog meine Jacke aus und legte sie neben mir ab. Wortlos rutschte ich tiefer in die Sitze und legte meinen Arm auf der Rückenlehne ab. Seine Zunge blitzte hervor und fuhr über seine Unterlippe. Wir taxierten einander.
Er musste ein Oberteil anziehen.
Um mich abzulenken, nahm ich eine Reihe von tiefen Schlücken. >Ja, weiß ich. Aber anders geht es gerade nicht.<, erklärte ich. Nickend lief er um den Couchtisch herum. Ich blickte auf. Über uns leuchtete der Ast, der früher noch in Jacks Zimmer gehangen hatte. >Oh, der Ast. Passt gut ins... Ambiente rein.< Er schnaubte. >Ich liebe diese Lampe. Erinnert mich an unsere Zeit früher. Wir beide gegen die Welt. Früher war alles besser.<, schwafelte ich.
>War es.< Er nahm eine Flasche an sich und öffnete sie sich. >Also, kommen wir zur Sache. Was ist passiert?<
>Ach, scheiß drauf.< Ich stürzte die Flasche herunter und machte mich gleich an den Wodka. >Das ist nur eine Phase. Das geht bald wieder vorbei.<
>Es geht also vorbei?<, hörte ich ihn fragen. Ich war gefesselt von dem Licht, das sich auf der Mündung der Flasche in meinen Händen brach.
>Ja, es geht vorbei.< Ich nahm einen kräftigen Schluck. >Oh Mann. Ich hab Scheiße gebaut, Jack. Ich habe Scheiße gebaut und zwar auf die extravagante Weise.< Er lachte neben mir. >Weißt du, ich... ich habe sie wirklich geliebt. Sonst hätte ich sie nicht geheiratet. Man ich kann mich an alles erinnern. Das erste Mal, dass ich sie sah... Im Bus. Mein Wagen sprang nicht an und...<
>David. Kleiner, ich würde nichts lieber tun, als die Liebesgeschichte von deiner Süßen und dir zu hören, aber... Du erinnerst dich?< Er zeigte mit den Fingern zwischen uns beiden hin und her.
Ich nickte. >Ah, stimmt. Tut mir leid. Aber... Na ja.< Ich trank wieder was und stand auf. >Kann ich hier drinnen rauchen?<, fragte ich ihn.
>Tu, was du nicht lassen kannst.<
Ich zündete eine Zigarette an und begann auf und ab zu gehen. Immer wieder stürzte ich den hochprozentigen Alkohol. >Weißt du, Jess ist nicht dumm. Ihr ist aufgefallen, dass etwas nicht stimmt. Deshalb durchlöchert sie mich jetzt die ganze Zeit und das ist ihr gutes Recht, aber... ich kann das einfach nicht.<, erklärte ich ihm und wanderte weiter durch die Räume. >Diese Wohnung ist riesig.< Ich nahm ein paar Schlücke. Es brannte in meinem Hals. Wärme breitete sich in meinem Bauch aus.
>Ich glaube, der Alkohol zeigt seine Wirkung, Kleiner.<
>Jack, wir waren so jung. Wie kann das auf jetzt übergreifen?<, fragte ich ihn und fuhr mit den Fingern über das Holz des Esstisches. >Hörst du mich überhaupt von so weit weg?<, fragte ich ihn.
Er gluckste. >Ja, ich höre dich.<
Ich öffnete die Tür zum Kühlschrank. >Gut, dass du mich...< Ein tiefer Schluck. >Fuck.<, zischte ich und besah mich des Inhaltes. >Oh, lecker.< Ich schob mir die Zigarette in den Mund und stieß Rauch aus meinen Lippen. >Schokoladen-Pudding.<, nuschelte ich.
>David. Komm und setz' dich.<
>Wetten, ich schaff es, die Flasche zu leeren? Ich brauche eine freie Hand, um Pudding zu essen.<, erklärte ich und setzte die Flasche wieder an.
Jack stand auf. >Nein, dass machst du nicht. Ich hab keine Lust, deine Kotze aufzuwischen.<
>Oh, und das willst du aufhalten wie?< Ich lief um den Tisch herum und begann wieder zu trinken.
>David, hör auf!< Die Flasche stieg in die Senkrechte. >David! Hör auf!< Er versuchte mir den Wodka wegzunehmen, doch ich wandte mich ab. >Hör auf zu trinken. Du wirst nur betrunken und... kotzt mir die Bude voll.< Er griff um mich herum und erwischte die Flasche. Bevor ich sie zurückverlangen konnte, trank er selber aus ihr und schüttete den Rest ins Waschbecken. >So, jetzt ist sie leer. Ab ins Bett.<
Die Wände begannen sich zu bewegen. >Ich glaube, ich sollte echt schlafen gehen.< Er nickte und stützte mich. >Tut mir leid, Jack. Das ich dich in diese Scheiße gezogen habe.<
>David, ist schon gut.<
>Nein, nein, nein.< Ich löste mich von ihm und ging auf das Sofa zu. Es rückte immer weiter in die Ferne und schien auf Wellen hin und her geschaukelt zu werden. >Wir wissen es alle, ich habe alles kaputt gemacht. Unser beider Leben lief gut und ich musste alles in die Scheiße fahren. Genau, dass habe ich gemacht. Vielleicht war das ja von Anfang an so geplant. David, der In-Die-Scheiße-Fahrer.< Ich lachte und schüttelte den Kopf. Keine Ahnung, was ich machen wollte. Ich drehte mich herum, stolperte und landete auf dem Sofa.
>Fahr mit dir selber nicht so hart ins Gericht, David. Wir haben beide Mist gebaut.<
Ich legte mich hin und stellte das Bier auf dem Boden ab. >Danke, Jacky. Ich bin echt betrunken.<, bemerkte ich.
Er nickte lächelnd. Doch seine Mundwinkel sanken, als er meine Gestalt betrachtete. Ich erwiderte seinen Blick. >David, du... kannst in meinem Bett schlafen, wenn du magst.<, sagte er und beobachtete mich noch etwas, bevor er ins Schlafzimmer verschwand. Ich sah zur Tür.
Gott, scheiße. Ich frage mich noch heute, ob dieser Moment alles verändert hatte? Was passiert wäre, wenn ich auf dem Sofa liegen geblieben wäre? Wahrscheinlich redete ich mir dabei nur etwas ein.
Frustriert schloss ich meine Augen und drückte meine Stirn in die Polsterung. Ich setzte mich auf, hob eine Flasche an und hielt sie mir an den Mund.
Ich war so betrunken.
Alles drehte sich und irgendwie war auch alles so schwer. Die Arme hochheben, aufstehen und zur Schlafzimmertür gehen. Ich sah ins Zimmer. Er lag rücklings auf dem Bett. Sobald ich in der Tür stand, sah er zu mir. >Leg dich hin oder verschwinde.< Ich sah auf seine Silhouette, die sich unter der Decke abzeichnete.
>Ok, ich leg mich hin und... Nein, zu erst hole ich mir Kleidung und dann...< Ich zuckte mit den Schultern.
>David, mach schon!<
>Ok, ok, ok.< Ich ging an seinen Schrank und suchte nach Kleidung. Eine Hose und ein T-Shirt. >Oh Mann. Das wird jetzt...< Ungeschickt zog ich mir jeden Schuh aus und warf einen in je eine Richtung.
>Daaaaavid!<, rief Jack hinter mir.
>Das ist verdammt anstrengend, wenn man...< Ich hickste und brach gleich darauf in Gelächter aus. Jack lachte ebenfalls. Glucksend warf ich mich zurück. Ich legte mich auf seine Beine und begann meine Hose zu öffnen. Es dauerte peinlich lange.
>Bitte, leg dich einfach hin. Es ist scheiße früh und wir müssen arbeiten. Heute noch, also...<
Ich streckte meine Gliedmaßen von mir ab und seufzte laut. Mir entkam ein Rülpser. Wieder lachte ich. >Jack.< Er brummte. >Jacky.<
>Was?!<
>Ich schaff das nicht. Hilf mir.<
>Nein. Du bist ein großer Junge. Mach es selber.< Ich fasste unter die Decke und kitzelte ihn an den Sohlen seiner Füße. >David!< Er lachte. >Hör auf<
Ich bekam eine Ohrfeige verpasst und sah entsetzt zu ihm auf. >Du verdammtes Arschloch!< Damit bekam er einen Schlag in den Schritt.
>Oh mein Gott!<, stöhnte er auf. Lachend rollte ich mich von ihm runter und wich damit seinen Fäusten auf. >Wichser! Du dreckiger... Ok. Nein, wir gehen jetzt schlafen.< Er stieg vom Bett und ging leicht humpelnd darum herum. >So. Jetzt halt still.< Ich schloss meine Augen und ließ mich von ihm aus- und anziehen. Er gab sich alle Mühe, mich so wenig wie möglich anzufassen. Sobald ich angezogen war, kroch ich über das Bett und ließ mich dann einfach fallen. >David. Du bist so anstrengend, wenn du blau bist.< Er zog die Decke unter mir hervor und legte sich zu mir.
Ab da wurde meine Erinnerung verschwommen.
Wir redeten noch und ich spürte, wie sein Körper näher an mich heranrückte. Irgendwas hatte ich noch gesagt, ich konnte mich nicht mehr daran erinnern. Aber nachdem ich gesagt hatte, was ich gesagt hatte, legten seine Arme sich um meine Taille und sein Kopf bettete sich auf meine Brust.

>Morgen, Kleiner.<
>Ich...<
Weiche, warme Lippen auf meinen. >Ich dich auch, David.< Er küsste mich wieder.
Ich fuhr mit meinen Fingern in weiches, lockiges Haar und zog ihn an mich heran. Plötzlich fuhr ich zusammen. >Was tust du?!<, blaffte ich Jack an und stieß ihn von mir.
Er sah mich aus großen Augen an. >Ich... Du...<
>Jack, ich habe dir gestern noch gesagt, das... Meine Frau und...<
>Aber heute morgen... Du hast  mir gesagt, dass du mich liebst.<
>Was?!< Er fluchte leise und stand auf. >Von was redest du?<
>Scheiß drauf. Mach dich fertig. Wir müssen bald los.< Meine Kopfschmerzen waren immens. Mal wieder. Er ging in die Küche. Es kam mir so vor, als würde er die Türen absichtlich fester zuschlagen. Ich hatte ihm gesagt, dass ich ihn liebte? Von was redete er? Ich war sturzbesoffen. Da... war es doch naheliegend, dass ich Müll laberte oder?
Ich trat raus in den Flur, sah ihn kurz an und ging dann ins Bad, um zu duschen und mich anzuziehen.
Was hatte ich ihm erzählt? Und was noch wichtiger war, warum hatte ich ihm das erzählt?
Ich liebte Jack? Ich liebte Jack? Ich betrachtete seinen muskulösen Rücken. Seine Schulterblätter bewegten sich, wann immer er seine Arme bewegte. Es war wunderschön mitanzusehen.
Unzählige Bilder zuckten vor meinen Augen hin und her. Wir waren immer zusammen. Zu fast jeder Stunde des Tages. Und jedes Mal, wenn ich ihn sah, schlug mein Herz höher und der ganze Tag hellte sich auf.
Und dann dieser blöde Vorfall, der alles verändert hatte. Ich hatte scheiße Angst, aber mein Körper vibrierte gleichzeitig unter fast schmerzender Lust und auch... Freude. Es fühlte sich gut und beängstigend an.
Als Kind hatte ich mir immer mal wieder vorgestellt, Jack zu küssen. Erst fand ich es ganz normal. Ich liebte ihn über alles. Nein, er war alles für mich. Bedingungslos. Und dann kamen wir in das Alter, in dem Jungen begannen sich für Mädchen zu interessieren. Es wurde mehr und mehr zu einem Unding und ich zwang mich dazu aufzuhören. Doch er sah nun mal sehr gut aus. Mit jedem Jahr stieg das Interesse an ihm und mich ließ er nicht kalt. Er wurde schneller muskulöser, größer und einfach männlicher. Die Mädchen sabberten ihm hinter her, egal wo er hin lief. Und vereinzelt gab es auch Jungen in der Schule, die ihm nachsahen. Ich war scheiße eifersüchtig. Die Mädchen gaben ihm seine Nummer und er traf sich mit männlichen Mitschülern hinter der Schule, bevor er mit mir nachhause lief. Ich hasste es.
Meine frühste Erinnerung war Jack. Im Kindergarten. Wir beide im Sandkasten. Und von da an, gab es nur uns beide. Deshalb war ich wohl auch immer der Annahme, dass er mir gehörte. Gänzlich.
Und da machte es doch Sinn, dass ich ihn liebte oder?
Ich hatte ja keine andere Wahl. Jack hatte sich von unserem ersten Zusammentreffen an in meinem Kopf eingenistet.
Gab es nicht eine These, dass man im betrunkenen Zustand die Wahrheit sprach? Und dann noch morgens im Halbschlaf. War diese Mischung nicht vielleicht... eine Art Wahrheitsserum? Zum Teufel, von was redete ich hier?
Ich trat auf ihn zu. Blieb direkt hinter ihm stehen. >Willst du auch Kaffee?<
Ich liebte also Jack?
Er ließ seine Arme sinken und atmete durch.
Ich liebte Jack.
Ich schnappte seinen Ellenbogen, zog ihn zu mir herum und küsste ihn. >Tut mir leid, Jacky.< Ich umfing seinen Hinterkopf, drehte uns und drückte ihn auf den Tisch. Seine Beine schlangen sich um meine Hüfte und seine Arme um meinen Nacken. >Ich liebe dich. Ich liebe dich.<, flüsterte ich immer wieder und verteilte Unmengen an Küsse auf seinem Gesicht. Meine Finger zitterten, während ich beinahe erhaben über seine Haut strich.
Fast als würde mein Herz Flügel bekommen. Ich wurde plötzlich Fliegenleicht. Die Worte schienen gewartet zu haben. Jahrelang gewartet zu haben. Und jetzt kamen sie endlich raus und es fühlte sich... fantastisch an.
Doch ich spürte auf einmal Nässe. Verwirrt sah ich ihn an. Tränen liefen über seine Wangen. >Hey, was ist los?<, fragte ich. Er presste mich fest an sich, vergrub sein Gesicht in meiner Halsbeuge und weinte leise. >Jacky, was ist?<, fragte ich und setzte ihn auf. Zärtlich umfing ich sein Gesicht und strich mit den Fingern über seine Wangenknochen, um die Tränen wegzuwischen.
>Du hast dir scheiße nochmal Zeit gelassen, Arschloch.<, knurrte er mich an und schob mich von sich. >Du denkst auch wirklich, du warst der Einzige, der versucht hat, den anderen zu vergessen, was? Erst... erst sagst du mir, du stehst auf mich und plötzlich sagst du dann wieder, dass das nicht sein kann und jetzt bist du wieder Feuer und Flamme mit mir.< Er fuhr sich mit dem Handrücken über das Gesicht. >David, du kannst dir nicht vorstellen, was ich alles gemacht habe, um dich zu vergessen. Nichts hat etwas gebracht. Dann bin ich hier und.... du entscheidest dich für sie...< Er sah mich an. >Und jetzt... plötzlich...<
Ich streichelte seine Wange. >Es tut mir leid, Jacky.<
>Hör auf, mit dem Scheiß „Jacky“! Nicht nochmal, ok? Nicht nochmal. Und ich werde auch ganz sicher nicht, mit dir schlafen. Fuck, du bist verheiratet. Es reicht jetzt. Geh zu deiner Frau, verstanden? Geh einfach und lass mich allein.< Er drehte sich von mir weg. >Vielleicht sollte ich mich wirklich wieder verpissen. War eine dumme Idee, her zu kommen.<, murmelte er.
>Jacky, es tut mir leid.<
>Schieb dir dein „Es tut mir leid“ sonst wohin. Ich hab keine Lust mehr. Geh zu ihr und bring die Sache wieder in Ordnung.<
Bevor er sich von mir wegdrehte, schnappte ich ihn mir wieder und zog ihn in meine Arme. Er machte noch Anstalten mich von sich zu schubsen, aber ich presste ihn fester an mich. >Ich bring das wieder in Ordnung. Ich bringe das wieder in Ordnung, Jack. Glaub mir, bitte.< Ich zwang ihn dazu mich anzusehen und lehnte meine Stirn an seine. >Ich bring das in Ordnung. Ich werde es ihr sagen. Jack, ich liebe dich. Hörst du? Du... du hattest recht.<
Er wandte genervt seinen Blick ab. >Lass es.<
>Jacky.< Ich küsste ihn noch einmal. Drückte ihn gegen den Kühlschrank und fuhr mit meinen Händen über seine Brust. Er erwiderte nach langsam bröckelndem Zögern hungrig meinen Kuss und hob seine Hüfte an. Wir drängten uns immer enger aneinander. >Ich liebe dich, Jacky. Tut mir leid, dass ich so lange gebraucht habe.<, flüsterte ich und stöhnte leise in seinen Mund. In meinem Magen sprudelte pure Hitze.
>David, wir müssen gehen.<, raunte er, griff mir aber in den Hintern und rieb seinen Schritt an meinem. >Ok, stopp.< Er schob mich von sich. Atemlos sahen wir uns beide an. >Klär' das mit deiner Frau und dann vögel' ich dir das Hirn aus dem Schädel.<, beschwor er keuchend und stützte sich am Schrank ab.
Ich atmete durch und nickte. >Ja.<
Wir küssten uns noch einmal. >Und David?< Auf dem Weg zur Tür blieb ich stehen und sah ihn an. >Mach schnell, ja? Ich mein's ernst.<
Ich wollte unbedingt bei Jack bleiben, doch ich wusste, dass ich die Arbeit nicht schwänzen konnte. Nicht wieder. Widerwillig und mit Kopfschmerzen fuhr ich Zigarette rauchend in der Arbeit ein und wollte gleich darauf wieder abhauen.
Es funktionierte eh nichts. Ich machte Fehler. Unzählige. Wenn ich raus gerufen wurde, fand ich irgendeine Ausrede, um nicht gehen zu müssen. Nur einmal aß ich zusammen mit Jack im Aufenthaltsraum. Schweigend und nachdenklich, doch mit der Zuneigung zu ihm, die stetig in mir hallte. Ich wollte seine Hand streicheln, ihn an mich ziehen und mich in ihm verlieren.
Jetzt wo mir klar wurde, wie sehr ich ihn liebte, fiel es mir schwer nicht über ihn herzufallen. Ich wollte ihn so sehr und die ganzen Jahre wieder wett machen.
Ich liebe Jack. Ich liebe Jack.
Diese Worte hallten immer wieder in meinem Kopf.
Sie fühlten sich fremd und doch so vertraut an.
Gleichzeitig brannte alles durch bei mir. Ich würde es ihr heute sagen. Es musste ein Ende haben. Jack hatte recht. Ich wollte mit ihm zusammen sein.
Das ich endlich diesen Entschluss gefasst hatte, trieb Gänsehaut über meine Arme.
Jetzt war alles tatsächlich durcheinander. Jack und ich liebten uns. Meine Frau würde noch heute Abend von meinem Fremdgehen erfahren und unsere Ehe beenden. Alles war vorbei. Alles hatte sich verändert. In diesem Monat. In diesem Monat war alles in eine komplett neue Richtung gegangen.
Mir wurde schwindlig nur bei dem Gedanken. Alles drehte sich.
>Alles klar?< Ich sah zu Jack auf und stützte mein Kinn in meine Hand. >Siehst fertig aus.<
Ich schüttelte schmunzelnd den Kopf. >Warum sagen mir das in letzter Zeit so viele?<, murmelte ich. Nervosität lag in seinen Augen. Er musste wohl genauso durcheinander und überfordert sein, wie ich. >Jack,...<
Der Aufenthaltsraum leerte sich und wir blieben alleine zurück. Er sah mich an und fuhr sich durch's Haar. >Bist du dir sicher, dass du das machen willst? Ich meine,...<
>Hör auf. Hör auf. Ich...< Ich hatte es heute Morgen noch unzählige Male gesagt. Und ich hatte es gemeint. Die Gefühle waren in mir. Flogen herum in meinem Körper wie Feuerwerkskörper. Alles brannte lichterloh. >Jack, ich liebe dich und ich lasse dich nicht gehen.< Ich lachte leise. >Du kannst machen, was du willst. Wir haben schon zu viel Zeit verloren.< Er lächelte. >Ich liebe dich.< Viele kleine spitze Nadeln stachen in meine Lippen. Ich konnte Aufregung auf meiner Zunge schmecken.
>Ok. Ok, jetzt hör auf mit der Arschkriecherei.< Er schob mich von sich. >Heißt das, du kommst heute Abend zu mir?<, fragte er kleinlaut.
Ich sah ihn an und nickte. >Ja, ich... Bis ich mir eine neue Wohnung gefunden habe, wäre es nett, wenn ich bei dir bleiben kann.< Er nickte und wandte sich wieder seinem Mittagessen zu.
Ich stieg nach der Arbeit in meinen Wagen und fuhr nachhause. Jack fuhr gleichzeitig raus und nickte mir zu, als er in die andere Richtung fuhr.
Durchatmend lenkte ich in die Einfahrt meines einst heimischen Zuhauses. Ich hielt und stieg aus. Alles war fremd. Selbst die Tür und die zwei Frontfenster, die ich selber eingebaut hatte. Ich öffnete die Tür und trat ein. Der Geruch von gebackten Paprika lag in der Luft. Ich konnte sie kochen hören.
>Jessica.< Ich stellte mich hinter ihr in die Küche.
>Ja?<, flüsterte sie leise und drehte sich zu mir um.
Ich atmete durch. >Können wir uns setzen?<
Verwirrt sah sie mich an. >Was ist los?<
>Bitte.< Ich raufte mein Haar. Sie schob das Essen vom Herd, schaltete den Ofen ab und lief voraus ins Wohnzimmer. Wir setzten uns nebeneinander auf das Sofa. >Du hattest recht.<, begann ich. Das hier war wohl unser längstes Gespräch in dieser Woche, ohne die Stimme anzuheben.
>Mit was?<
Ich knetete meine Hände. >Jess, ich habe dir den Antrag gemacht, weil ich dich liebe. Weil du mir geholfen hast, als es mir schlecht ging und weil wir uns immer gut verstanden haben.< Ich lächelte, wenn ich mich an die ganzen schönen Momente erinnerte. Sie hatte einmal so stark gelacht, dass ihr Champagner aus der Nase kam. Es war ihr so peinlich und ich hatte mich gleich nochmal in sie verliebt. Wie sie ihr Gesicht mit der Serviette versteckte. Ihre roten Wangen konnte sie jedoch nicht verbergen. Sie war süß und schön und mein Herz klopfte noch auf dem Weg nachhause schwer. >Und glaub mir, unser Hochzeitstag war...< Ich nahm ihre Hände in meine. >... traumhaft und ich fühlte mich wunschlos glücklich.<, beschwor ich ihr und das war die Wahrheit. Ich war zufrieden und konnte nicht darauf warten, den Rest meines Lebens mit ihr zusammen zu verbringen.
Sie nickte und sah auf unsere ineinander verschränkten Finger. Wir hatten uns kaum berührt in der letzten Zeit. Ich hatte nicht einmal bei ihr im Bett geschlafen. Stattdessen blieb ich auf dem Sofa. Diese Berührung war also... Ihre warmen kleinen Hände in meinen. Mein Daumen und Zeigefinger massierten ihren Ringfinger und fuhren über den Ehering. Ich hatte Wochen gebraucht ihn auszusuchen. Ich hatte bestimmt 5 Schmuckläden aufgesucht und in diesen Läden unzählige Verkäufer und Verkäuferinnen um Rat gebeten. >Worauf... willst du hinaus?<
Ich schloss meine Augen und nahm einen tiefen Atemzug. >Jessica, du hattest recht. Ich...< Sie beugte sich zu mir vor. War da Sorge in ihren Augen? >Jess, ich... ich habe dich betrogen.< Ihre Lippen trennten sich. Überrumpelt fuhr sie zurück, während ihr Augen sich weiteten. Mit Herzzerreißendem Schmerz sah ich ihr dabei zu, wie diese sich mit Tränen füllten und rot anliefen. >Es tut mir so leid. Es tut mir so leid. Ich weiß nicht, was passiert ist, aber...< Kopfschüttelnd blickte ich ihr ins Gesicht. >Es geht nicht mehr. Das wissen wir beide. Und ich... Ich habe diesen dummen, dummen Fehler gemacht, für den nur ich verantwortlich bin. Einzig und allein ich und ich kann nicht oft genug, um...<
Ihre flache Hand klatschte auf meine Wange.

Kapitel 8

Ein Brennen zog durch die Haut und zerrte an ihr. >Du...< Sie schluckte und atmete durch. >Du... hast mich betrogen?< Ich schwieg. >Du...< Ihre Stimme brach. Hörte sich auf einmal viel schwächer und höher an. >David, ich liebe dich. Ich dachte, du...<
Ich sah sie an. >Jessica, ich... Es... Ich habe dich...<
>Mit wem?<
Ich verneinte und senkte meinen Blick zu Boden. >Das spielt doch keine Rolle...<
>Ich entscheide, was eine Rolle spielt, David.< Mein Mund schloss sich wieder. >Mit. Wem.< Es klang nicht einmal mehr wie eine Frage. Ihre Stimme war so verletzlich und gleichzeitig voller unterdrückter Wut.
Das Loch in meiner Brust grub sich immer tiefer. Mein Herz schlug härter und härter gegen meine Rippen. Als wollte es diese aufbrechen. >Ich...<
>David.< Sie umfing mein Kinn und drehte es zu sich herum. >Mit wem?< Tränen liefen über ihre Wangen. Ihr Kiefer war angespannt, sodass ihre Lippen zu einem Strich zusammen gepresst waren.
Ich schloss meine Augen. >Jack.<
Sie erstarrte, bevor sie sich von mir löste und einen schockierten Laut von sich gab. >Was?! Jack? Jack, dein Kollege aus der Arbeit?< Ich nickte und blickte zu ihr auf. >Jack, der... der Freund aus deiner Kindheit?< Sie fuhr mit ihren Fingern in ihr eigenes Haar und starrte mich an. >Aber... David,... Bist du schwul?<, fragte sie ungläubig.
Ich stemmte meine Ellenbogen auf meine Knie und zuckte hilflos mit den Schultern. >Ich... ich weiß es nicht. Ich... Wir haben...<
>Oh mein Gott, du liebst ihn!<, rief sie aus.
>Jessica,...<
>Wie kannst du mir das antun?! Wir waren doch glücklich oder? Wir waren doch glücklich. Wie kannst du dich plötzlich nicht nur einfach in eine andere Person, sondern auch noch in das verschissen andere Geschlecht verlieben? Das ergibt doch keinen Sinn!< Sie ließ sich weiter von mir weg auf das Sofa fallen. Es liefen noch immer Tränen über ihr Gesicht, aber all ihre Züge waren erschlafft. Sie schluchzte leise und ließ ihr Haar nach vorne fallen. Ich konnte ihre Augen nicht mehr sehen.
Ich schob den Couchtisch beiseite und kniete mich vor sie hin. >Jess, es... es tut mir leid.< Sie schlug meine Hände weg, als ich sie auf ihre Knie legen wollte. >Bitte, hör mir zu. Ich wollte das nicht. Ich...<
Sie verpasste mir eine weitere Ohrfeige. Diese brannte sogar noch mehr als die davor. >Fass mich nicht an! Nach sechs Jahren gehst du einfach und betrügst mich?! David, ich habe dich unterstützt. Immer und überall! Ich... Hast du überhaupt eine Ahnung, wie sehr ich dich liebe?< Ihre Haarsträhnen klebten an ihren nassen Wangen. Sie strich sich alles zurück. Mit einem letzten Blick in meine Richtung stand sie auf und ging die Treppen hoch.
Ich wusste, was sie tat, weshalb ich ihr folgte und gerade noch rechtzeitig zum Schlafzimmer kam, um zu sehen, wie sie meine Kleidung aus dem Schrank warf. Sie schluchzte noch immer. >Du stehst also auf einmal auf Männer, huh? Ich wusste von Anfang an, das etwas bei euch beiden läuft...< Sie schüttelte fassungslos den Kopf und gab ein gehässiges Lachen von sich. >Aber das ihr fickt, dass...< Ich fuhr mir durchs Haar, riss aber meinen Kopf hoch, als der Kraftausdruck aus ihrem Mund kam. Jessica war nicht wirklich der Typ für Ausdrücke. >Ich setze mich mit einem Scheidungsanwalt in Kontakt.< Ich nickte nur wieder stumm. >Bis morgen früh, will ich dich aus dem Haus haben.< Sie hielt in ihren Bewegungen inne und sah mich an. >Es ist vorbei.<, sagte sie nur noch und drängte sich dann an mir vorbei aus dem Raum. Niedergeschlagen ließ ich meinen Kopf nach vorne fallen. Kaum eine Minute später schlug die Tür zu und es wurde totenstill.
Ich setzte mich auf das Bett und sah mich um. Um mich herum lag all meine Kleidung verteilt. Ein einziges Chaos. Nicht einfach nur das Zimmer, sondern alles. Diese Situation, meine Beichte, ihre Reaktion, alles. Einfach alles.
Es war vollkommen zu Recht. Ich verdiente noch mehr. Sie konnte mich Tausende Male ins Gesicht schlagen und es wäre noch immer nicht genug. Ich hatte sie zutiefst verletzt. Ihr auf so miese Weise weh getan und ich bereute es. Sie hatte das nicht verdient. Nicht einmal annähernd.
Seufzend holte ich aus dem Schrank Koffer und begann alles einzupacken. Ich holte mir einen Karton und räumte alle meine Gegenstände ein. Mit den gepackten Sachen ging ich zum Auto. Meine Sachen nun so geordnet und verpackt zu sehen. Sie kamen mir so klein und mickrig vor. So wenig und nichtssagend. Als würden sie nicht wirklich zu einer Person gehören.
Im Auto sitzend sah ich zum Haus, welches nun im Dunkeln lag. Es hatte sich so viel verändert.
Als ich sie auf meinen Armen in das Haus getragen hatte, war mein Traum in Erfüllung gegangen. Sie hatte das Haus noch nicht gesehen. Ich hatte viel Geld und Zeit hineingesteckt, um es in unser gemeinsames Traumhaus zu verwandeln. Freunde und Kollegen halfen mir bei den Umbauten, dennoch war es harte Arbeit. Doch es hatte sich gelohnt, denn als ich Jessica die Augenbinde von den Augen genommen hatte, gab sie erst nur einen überraschten Laut von sich, bevor sie in meine Arme sprang und mich mit Küssen überhäufte.
Ich hatte ihr stolz alles gezeigt und mit jedem Raum strahlte sie immer mehr. Dieses Haus war unser Heim gewesen. Unseres. Jeder Zentimeter war für Jessica und mich bestimmt.
Und jetzt plötzlich war ich drauf und dran es hinter mir zu lassen und alles, was ich damit verband.
Es stand jetzt also fest: Ich liebte Jack und er liebte mich. Ich trennte mich von Jessica, meiner Noch-Ehefrau. Plus, ich zog bei Jack ein und hatte keine Ahnung, wie es von da an weitergehen würde.
Mit jedem Meter, mit dem ich mich von dem Haus entfernte, wurde das Loch in meiner Brust tiefer. Im Rückspiegel wurde es immer kleiner. Kopfschüttelnd wandte ich mich ab und schluckte den Kloß in meinem Hals herunter.
In der Dienststelle wurden wir beide immer als das Traumpaar betitelt. Barbie und Ken. Dumme Witze darüber, dass wir beide blond waren. Mit ihrer leichtfertigen Eleganz wirkte Jess wirklich wie eine Prinzessin.
Sie war wunderschön. Sie war immer freundlich. Und sie war gut in allem. In allem. Sie war die pure Perfektion einer Frau und doch nicht perfekt genug für mich, was?
Ich stemmte mein Ellenbogen gegen die Autotür und stützte meine Stirn in meine Hand. Was für eine Scheiße.
Jack gab mir den Schlüssel zu seiner Garage. Er benutzte ihn nicht, weil er ja sein Motorrad hatte. Ich parkte meinen Wagen und fuhr mit dem Aufzug hoch in seine Etage. Hinter mir her zog ich einen Koffer, eine Tasche und trug mit meinem rechten Arm den Karton.
Ich fühlte mich bescheuert. Wie ein verdammter Loser. Hier kam ich angekrochen, bat um Asyl bei meinem besten Freund.
Zu wem wäre ich wohl gegangen, wenn Jack nicht parat gewesen wäre...?
...wenn Jack nicht da gewesen wäre, hätte ich bei niemandem um Asyl bitten müssen.
Ungeschickt drückte ich auf die Klingel und lehnte meinen Kopf gegen die Wand. Ich war scheiße müde. Auf einmal löste sich jede Kraft aus meinem Körper. Ich war einfach fertig. Da war nichts mehr in meinem Kopf. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Ich spürte den Drang, zu weinen, aber es fühlte sich nicht richtig an. Sollte ich wütend ausbrechen?
Die Tür ging auf. Jack tauchte auf. In T-Shirt und Jeans und mit einem kühlen Bier in der Hand. Sofort stellte er es ab und nahm mir die Box ab. Er trug es wortlos ins Wohnzimmer. Ich stellte meinen Koffer und die Tasche ab und ging wieder raus. Er schnappte meine Hand und zog mich in seine Arme. >Warte mal kurz.< Ich drückte ihn fest an mich und schloss meine Augen. >Setz dich hin und entspann dich. Ich hol den Rest deiner Sachen.< Er nahm mir den Autoschlüssel ab, tätschelte meine Schulter beim Rausgehen.
Ich sah ihm nach, setzte mich auf das Sofa und warf mein Gesicht in meine Hände.
Jack kam mit meinen letzten zwei Koffern in die Wohnung und stellte sie ab, bevor er sich neben mich setzte und mit seiner Hand über meinen Rücken strich. >Du hast das Richtige getan, David.< Seine Lippen strichen über meine Schläfe.
>Ich habe ihr so scheiße weh getan, Jack. Sie weinte, war vollkommen aufgelöst...< Er strich mit seinen Fingern durch meine Haare. >Was habe ich nur getan, Jacky?<
Er drehte mein Gesicht zu sich und küsste mich zärtlich. >Du hast das einzig Richtige getan. Das Falsche wäre gewesen, ihr nichts zu sagen.< Meine Wange streichelnd sah er mich lächelnd an. Wir schlangen unsere Arme umeinander. >Ist schon gut. Wir haben Kacke gebaut und wir hätten nichts anderes tun können, als es ihr zu sagen.< Ich schloss meine Augen. >Du hattest in dieser Situation keine andere Wahl.< Er hielt mich auf Armeslänge von sich und nickte mir aufmunternd zu. >Bier?< Ich nickte dankend. >Auf dem Weg.<, sagte er und ging in die Küche. Ich schob mir eine Kippe in den Mund und zündete sie mir an. Jack reichte mir die Flasche und setzte sich hinter mich auf das Sofa. >Leg dich hin.< Ich schob meine Schuhe von meinen Füßen, legte meine Beine auf das Sofa und lehnte mich zu ihm zurück. Er drückte seine Lippen in meinen Hals und legte seine beiden Hände auf meine Brust. >Du kannst schlafen, wenn du magst.< Ich verschränkte meine Finger mit seinen. Sah sie an. Er war etwas dunkler als ich. Sein natürlicher südländischer Hautton. Seine Hände waren größer und rauer, als Jessicas. Warm schmiegten sie sich an meine. Es passte so schön zusammen. 
Gedankenverloren strich ich mit meinem Daumen über seinen Handrücken und stieß Rauch aus. >Küss mich.<, verlangte ich. Er schnaubte, zog meinen Kopf zurück und drückte seine Lippen an meine. >Nochmal.<, brummte ich und hob mein Kinn an. Sein Mund presste sich erneut an meinen. Er schob seine Finger in mein Haar. >Ich habe das Richtige getan...<
Er nickte. >Hast du.<
Ich drehte mich zu ihm herum, schlang meinen Arm um seinen Nacken und stützte ihn in die Rückenlehne. >Ich habe keine Lust mehr zu reden.<, raunte ich, drückte meine Zigarette aus und schob meine Knie unter seine Beine, sodass er sie um meine Hüfte legen konnte. Ein verführerisches Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Er knöpfte mein Hemd auf. Sein Kopf landete in seinem Nacken, während ich mich immer weiter über ihn beugte. Ich küsste ihn und zog ihn enger auf meinen Schoss. Schon gleich lag meine Brust frei.
Jack setzte sich auf und biss mein Schlüsselbein. >Ich auch nicht mehr.< Seine Finger lösten meinen Gürtel. Immer mehr Kleidungsstücke glitten von unseren Körpern. Er liebkoste meinen Hals und verknotete seine Füße an meinem Rücken, wobei ich mich enger an seinen Schritt schmiegte. Erregung kribbelte auf meiner Haut. Überall, doch ein Bild zappte plötzlich auf. Jess, wie sie mich wutentbrannt aus tränenden Augen ansah.
„Es ist vorbei.“
>Scheiße.< Ich setzte mich ruckartig . Frustrierend rieb ich meine Stirn . >Ich kann nicht.<, murmelte ich.
Jack kniete sich vor mich hin. >Was ist los?<, fragte er mich besorgt.
>Mit dem hier...< Ich zeigte auf uns beide. Halbnackt sitzend auf dem Sofa. >... habe ich sie so verletzt. Wie kann ich jetzt damit weiter machen?< Ich stand auf, verschränkte die Arme vor der Brust und begann nervös durch die Wohnung zu laufen. Das schien sich zu einem anhaltenden Hobby für mich zu entwickeln. >Ich habe geschworen, sie zu lieben und sie zu ehren und ihr nur Gutes zu tun. Jetzt habe ich ihr das Herz gebrochen und ficke gleich darauf.<
>Du hast noch nicht gefickt, also...< Er lachte leise. Ich warf ihm einen anklagenden Blick zu. >Sorry.< Er atmete durch, stand auf und umarmte mich von hinten. >Kleiner, du hast, auch wenn du und ich einen Fehler gemacht haben, noch immer das Recht zu leben, wie es für dich am Besten ist. Du darfst immer noch Spaß haben und sexuell aktiv sein...< Er küsste meine Schulter entlang. >... mit mir.< Lächelnd zog ich seine Hand an meine Lippen. >Aber du hast recht, wir sollten das heute vielleicht lassen und uns einfach hinlegen.< Erleichtert seufzte ich. >Und los. Einen Fuß vor den anderen.< Er schob mich in Richtung Schlafzimmer.
Wir blieben vor dem Bett stehen. >Und jetzt?<, fragt ich ihn.
>Baum fällt!< Er stieß vom Boden ab und wir fielen gemeinsam bäuchlings auf das Bett. Ich lachte wieder und steckte mein Gesicht in die Laken. Seine Lippen schlossen sich um mein Ohrläppchen. >Und jetzt Haja-Haja, Kleiner.< Er stand auf und schaltete im Wohnzimmer das Licht aus, bevor er sich neben mich legte.
Ich umfing sein Gesicht und küsste ihn. >Danke, Jacky.<
Im Dunkeln konnte ich ein Lächeln sehen. >Immer gern, David.< Er fuhr mir durchs Haar und schmiegte sich an mich.

Ich wachte auf. Das war jetzt wohl das 6. Mal in der Nacht. Jack schlief noch. Fluchend gab ich auf und löste mich schweigend von ihm. Auf dem Weg nach draußen schloss ich hinter mir die Tür und sah mich in der Wohnung um. Das war wirklich eine große Wohnung. Eine dunkle Tür gegenüber des Schlafzimmers fiel mir auf.. In diesem Raum war ich noch nicht gewesen. Haare raufend schob ich sie auf. Ein Trainingsraum. Hantelbank, Laufband. Über mir am Türrahmen war eine Stange befestigt. Es stand auch noch ein Mini-Kühlschrank und eine Anlage im Raum.
Ich schnaubte und strich mit den Fingern über die Fläche der Bank. Auf der Jack lag, wenn er schwitzend und keuchend Gewichte stemmte. Ich stellte mir vor, wie er ohne Oberteil in Shorts in den Raum trat. 
Was diese Wände mit ansehen durften.
Jack, sich atemlos an der Stange hochziehend. Aus einer Flasche gefüllt mit eiskaltem Wasser  trinkend. Vielleicht ein paar Tropfen, die auf seiner nackten sich hastig hebenden Brust landeten. Schweißfeuchte Haut. Glänzend unter dem Licht der Lampen. Seine Muskeln wie sie sich unter der sandfarbenen Haut bewegten. Wer weiß, vielleicht konnten sie einen Blick auf seine kräftigen Schulterblätter werfen, wenn er aus dem Zimmer trat und sich auf dem Weg zum Bad auszog.
Enttäuscht sah ich an mir runter, zu der eindeutigen Beule in meinem Schritt. >Scheiße.<, flüsterte ich und trat wieder raus.
Waren wir wirklich schon so weit? Gegenstände und die Vorstellung und schon stand alles in mir in Flammen?
Ungläubig ging ich wieder raus und sah mich um. Im Wohnzimmer lag überall unsere Kleidung verteilt. Ich machte lieber Hausarbeit, als darüber nachzudenken, was Jessica wohl gerade tat. Erst räumte ich unsere Kleider auf, machte gleich darauf eine Maschine fertig und begann dann Frühstück zu machen. Nebenbei putzte ich alle Oberflächen, die mir entgegenkamen und auf denen ich auch nur einen Staubkorn fand.
Ich geriet in einen richtigen Wahn. Als würde ich mit jeder Handbewegung die Erinnerung, an die Schuldgefühle und die Scham aus meinem Gedächtnis radieren. Leider funktionierte dieses Bild nur als Metapher und sonst nichts.
>Hey.<
Ich fuhr zusammen und sah mich um. Jack schlenderte auf mich zu. >Morgen.<, brummte ich und wandte mich dem Omelett zu. Ich war kein sonderlich guter Koch. Eigentlich konnte ich fast nur die Omeletts von Mama Arnolds machen. Vielleicht Nudeln mit Tomatensoße.
>Hast du aufgeräumt?< Ich nickte stumm. >... Läuft die Maschine?<, fragte er hörbar überrascht. Ich nickte wieder. >Das war aber nicht nötig. Seit wann bist du denn so putzwütig?< Ich zuckte mit den Schultern und kratzte blinzelnd meine Stirn. >Hast du geschlafen?< Schulterzuckend nahm ich zwei Teller aus dem Schrank und platzierte auf das erste eins der Omelettes. >He, David.< Er drehte sich zu mir um und sah mich an. >Komm schon. Ich weiß, diese Situation ist gerade ziemlich scheiße, aber...< Zärtlich strichen seine warmen Finger über meine Wange. >... wir müssen  jetzt einfach... weiter machen, ok?< Seine Lippen legten sich an meine. >Hör mal, dass wir etwas schlechtes gemacht haben, bestreitet niemand, aber es geht weiter. Jetzt. Du wirst das mit Jess klären und dann... dann gibt es nur noch uns.< Er schlang meine beiden Arme um sich und legte seine um meinen Nacken. >Ich liebe dich. Schon verdammt lange.<
Ich lehnte meine Stirn an seine und schloss meine Augen. >Ich liebe dich auch.<
>Gut, dann ausziehen und ab in die Dusche. Ich mach hier weiter.< Damit schob er mich von sich und in Richtung Bad. Im Türrahmen sah ich noch einmal zu ihm herüber. Er nahm eine der Paprika-Stücke und warf sie nach mir. >Verschwinde jetzt. Los.<
>Komm mit.<
Sein Lächeln wurde weicher. >Ich denke, das ist keine gute Idee. Ich bin hier, wenn du was brauchst.<, versprach er.
>Ok.<, murmelte ich und trat ins Badezimmer, ließ die Tür aber offen. Gähnend langsam zog ich mich aus und stieg unter die Dusche. Das heiße Wasser löste jegliche Anspannung aus meinen Muskeln. Alle Sorgen, Schuldgefühle und Trauer blieb in meinem Kopf, aber ich konnte wenigstens physisch durchatmen. Meine Brust fühlte sich nicht mehr so sperrig an. Ich strich durch mein Haar und legte mein Gesicht in meine Hände.
>Kleiner, bist du fertig?<, hörte ich ihn fragen.
>Ja, gleich.<
>Alles klar?< Er zog den Vorhang beiseite und sah mich an. >David.< Seine Finger schoben sich zwischen meine. >Komm.< Ich stieg aus und ließ mir von ihm ein Handtuch um die Schultern legen.
Hilfesuchend sah ich ihm in seine Augen. >Wie konnte ich ihr das antun?< Ich drehte mich zum Spiegel. >Fuck!<, fluchte ich und stützte mich am Waschbecken ab. >Ich weiß nicht, was ich machen sollen. Ich krieg' das einfach nicht aus dem Kopf.< Er strich über meinen Rücken. >Was ist,... wenn das hier jetzt auch nicht funktioniert?< Ich nickte zu ihm.
Kopf schüttelnd ging er raus. >Ich mach mir weniger um unsere Beziehung sorgen, als um dich. Du kannst dich nicht den Rest deines Lebens geiseln, Babe.< Er kam mit Kleidung wieder zurück. >Trockne dich ab.<
>Aber...<, wand ich ein und tat, wie gesagt.
Er schnippte mit den Fingern und ging aus dem Bad. >Ruhig jetzt. Ich warte doch kein Jahrzehnt, um dich dann meckern zu hören. Ich wärme das Essen nochmal auf und wir schauen uns einen Film an?< Trocken und umgezogen trat ich raus ins Wohnzimmer. Jack schob gerade eine DVD rein. >Holst du unser Frühstück?< Lächelnd nickte ich und ging in die Küche. >Nach dem Film, wollen wir rausgehen? An den Strand oder in die Stadt?<, fragte er nach und machte es sich auf dem Sofa gemütlich.
>Ja, klar.<
>Gut, dann komm her.< Er klopfte neben sich auf die Polsterung und startete den Film, da setzte ich mich gerade hin. Gähnend lehnte ich mich zurück und begann zu essen. >Schmeckt gut, Baby.< Ich sah ihn an. Meine Mundwinkel zogen sich nach oben. >Was?<
Unbekümmert zuckte ich mit den Schultern. >Es gefällt mir, dass du mich so nennst.<
>Baby?< Ich nickte. >Gefällt mir auch, dass ich dich so nenne.< Wir begannen mit dem Film zu essen. Irgendein Action-Flm. Nachdem mein Teller leer war, legte ich mich auf die Seite und bettete meinen Kopf in seinen Schoss. Jack stellte seine Füße auf dem Wohnzimmertisch ab und kraulte gedankenverloren mein Haar. >Ich fand dein blondes Haar schon immer toll.<
>So blond bin ich gar nicht.<
>Hast recht, es ist ziemlich dunkel. Aber es hat einen so schönen Unterton. Es erinnert mich an den Herbst.< Ich stieß schnaubend Luft aus und schüttelte belustigt den Kopf. >Wirklich. Lach nicht.< Er zwickte mich in die Seite.
Grinsend zuckte ich zusammen. >Hör auf.<, wehrte ich ab und schlug seine Hand sachte beiseite.
>Niemals, Baby. Du wirst von mir jetzt nur noch Komplimente zu deiner Schönheit hören.<, brummte er und lehnte sich zu mir vor, so dass sein Mund in meiner Halsbeuge verschwand. Er machte schmatzende Geräusche und biss mich. >Na, wie gefällt dir das?<
Ich schloss meine Augen und lachte. >Du bist ein Idiot.< Lachend drehte ich mich auf den Rücken und sah ihn an. Ich nahm seine Hand in meine und küsste sie in die Innenfläche. >Ich liebe dich, Jacky.< Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem liebevollen Lächeln.
Zärtlich strichen seine Finger über meine Wange. >Ich liebe dich auch, Baby. Sehr sogar.<
Wir schauten weiter den Film an. Irgendwann musste ich eingeschlafen sein, denn als ich aufwachte, leuchtete das Logo des DVD-Players auf dem Fernsehbildschirm und Jack lag schlafend mit seinem Kopf auf meiner Hüfte. Seine Oberschenkel dienten dabei noch immer als meine Kissen.
Ich fuhr mit meinen Fingern in sein Haar und schloss wieder die Augen.

>Oh, Mann. Wir haben den ganzen Nachmittag verpennt.<, gähnte Jack laut. Wir streckten uns, dabei rutschte mein T-Shirt hoch. Er packte die Gelegenheit beim Schopf und verteilte kleine Küsse auf meinem Bauch knapp vor meinem Hosenbund. >Lass uns heute Zuhause bleiben.<
Ich nickte. >Und morgen an den Strand. Ich habe mein Board noch im Auto.<
>Ne. Ich hab's in meinen Keller gebracht, bevor ich den Rest deiner Sachen hochgebracht habe.< Er drehte sich auf dem Sofa herum und legte sich auf mich. Seine Lippen legten sich an meine. Er war erregt. Spürbar. >Baby.<, flüsterte er leise. Ich zog seine Beine an, bis er rittlings auf mir saß. Mit einem spitzbübischen Grinsen beugte er sich zu mir vor und küsste mich inniger und tiefer. Seine Hüfte bewegte sich dabei stetig und erweckte das heiße Kribbeln in meinem Magen.
>Jack.< Er liebkoste meinen Hals. Seine Hand schob sich zwischen uns. Ich schnappte nach Luft. Fest umfing er mich und massierte mich. >Jack.<, wiederholte ich atemlos. Mit Leichtigkeit riss er meine Hose auf und wollte mich berühren, aber ich umfing sein Handgelenk und hielt ihn davon ab. >Jack, bitte. Ich... ich bin noch nicht soweit.< Er sah mich an. Die Erregung steckte tief in seinem Blick. Brannte förmlich. >Es... tut mir leid.<
Er küsste mich auf die Lippen. >Ist ok, Baby.< Er stand auf und lehnte sich seufzend zurück ins Sofa. Entschuldigend sah ich ihn an. >Schon ok. Nur...< Hilflos blickte er zu seinem ausgebeulten Schritt. >... was mach ich jetzt damit?<
Ich zog meine Knie an. >Ich weiß nicht. Geh ins Bad.< Er zog seine Hose etwas herunter. >Jack, hör auf.<
>Noch, ist das nur meine Wohnung. Ich darf also machen, was ich will.< Seine Hand schlüpfte unter seinen Bund. >Heißt ja nicht, dass du mich anspringen musst. Nur weil ich...< Er warf seinen Kopf in den Nacken und seufzte. Meine Augen zog es sofort runter zu seiner Hand, die sich langsam auf und ab bewegte. >Hm... David.<, flüsterte er und sah mich wieder an.
>Jack, ich will das nicht. Noch nicht. Ich...<
Lachend nahm er seine Hand wieder aus seiner Hose. >War ein Scherz, Kleiner.< Gähnend kratzte er sich das Kinn. >Du willst mich jetzt also 1-2 Monate lang nicht anfassen? Schaffst du das überhaupt?<, fragte er selbstgefällig.
>Das muss ich wohl, denn ich... ich werde es nicht tun.< Sein Lächeln war herausfordernd und verdammt verführerisch. Ich schüttelte den Kopf. >Das wäre nicht richtig. Du hast selber gesagt, dass wir einen Fehler gemacht haben. Mehrere. Und jetzt... Es wäre jetzt das gleiche.<, erklärte ich und sank in den Sessel.
>Nein, wäre es nicht. Du liebst sie nicht mehr. Jetzt bin ich da. Du willst mich, ich will dich. Fertig.<, fasste er zusammen.
>Ich möchte, das über den Tisch bringen. Offiziell sind Jessica und ich noch ein Paar. Mein Versprechen ist immer noch beständig. Selbst, wenn ich ihr schon so wehgetan habe.< Kopfschüttelnd sah er mich an. >Tut mir leid. Ich weiß, dass ich es dir schwer mache. Aber... ich brauche einfach Zeit. Kannst du das verstehen?< Schweigend sah er mich an. >Ich meine, ich will dich. Du hast recht. Ich liebe dich. Und ich liebe sie nicht mehr. Nicht mehr, wie früher. Das stimmt. Aber... aber... deshalb kann ich nicht alle Prinzipien über Bord werfen...< Ich raufte mein Haar. >Wo ich sie doch schon über Bord geworfen habe.<, nuschelte ich leise.
Jack setzte sich neben mich und massierte meine Schultern. >Keine Sorge. Ich kann warten. Und bis wir wieder...< Er beugte sich vor und wanderte küssend an meinem Hals hinab. >... Spaß haben können, schau ich dir einfach dabei zu, wie du dir Spaß verschaffst.< Schnaubend drehte ich mein Gesicht weg. Er lachte und ließ sich auf meinen Schoss fallen. >Nein, aber wir kriegen das schon geschaukelt. Ich bin doch kein Sex-Süchtiger oder so was.<
>Danke.<
Wir faulenzten den Rest des Tages. Lagen herum. Machten die Wäsche. Und vertrieben uns mit Sonstigem die Zeit bis zum Abend. Wir trainierten sogar zusammen, was keine sonderlich gute Idee war, denn es machte mich unsagbar an, Jack dabei zu sehen. Unsagbar.

>Gott, ich liebe San Francisco.< Jack schob seine Sonnenbrille zurecht und warf seinen Zigarettenstummel in einen Mülleimer, der unseren Weg kreuzte.
Wir schlenderten gemeinsam an den Strand. In der Kühltasche, die ich geschultert hatte, lag unser Bier drin. Die Sonne strahlte, als wäre es der letzte Tag, an dem sie scheinen würde. Gleichzeitig wehte ein kühler, salziger Wind. Der Strand war gut besucht.
Es war ein wunderschöner Tag. Das Rauschen des Meeres beruhigte und entspannte mich. Genauso wie das Gefühl, des Boards, welches ich zwischen meinen Arm und meine Seite geklemmt hatte. Und natürlich auch der warme Sand unter meinen Füßen. Alles war perfekt. Strände waren einfach die perfekten Orte. Alles rückte immer so weit weg. Alles. Hier waren nur wir beide. Jack und ich. Meine Augen wanderte zu ihm herüber. Sein strahlendes Lächeln war hypnotisierend. Noch strahlender als die Sonne. Die Frauen am Strand sahen ihm verlangend nach. Sie hatten allen Grund dazu. Aber er gehörte mir. Er gehörte ganz allein mir.
Ich sah auf seine Lippen. Auf seine schmackhaften, vollen Lippen. Von denen ich so oft gekostet hatte und von denen ich noch viel öfter kosten würde.
Wieder fielen mir die Zuschauerinnen ins Blick. Ich schnappte seinen Nacken und zog ihn zu einem Kuss an mich heran. Erst hielt er erschrocken inne, fuhr aber dann mit seinen Fingern in meine Haare. Wir blieben stehen. Ich schlang meinen Arm um ihn und zog ihn näher an mich heran. Er lehnte sich an mich. Seine Hand legte sich an meine Hüfte. >Von wo kommt denn das jetzt her?<, fragte er und küsste mich wieder.
Ich schob ihn wieder von mir und lief weiter. >Wollte nur sichergehen.< Er stieß mit seiner Schulter gegen meine. Alles kribbelte auf meiner Haut. Ich hatte gerade das erste Mal in aller Öffentlichkeit einen Mann geküsst und niemand sagte etwas. Ich sah mich um. Ein paar der Frauen, die vorher noch geschaut hatten, waren jetzt mit enttäuschter Miene abgewandt, aber mehr gab es nicht an negativen Reaktionen.
>San Francisco. Hab es dir doch gesagt.<, flüsterte Jack mir zu.
Wir warfen unsere Sachen ab und liefen mit den Boards weiter. Sobald das Wasser auf Hüfthöhe war, legten wir uns bäuchlings drauf und paddelten den Wellen entgegen. Doch ich ließ Jack vor. >Ich lasse dir den Vortritt.< Ich sah ihm dabei zu, wie er direkt auf die Welle zusteuerte. Begeistert beobachtete ich ihn. Jack und die Welle schienen miteinander zu tanzen. Als würde er sie so beeinflussen, dass er auf ihr reiten konnte. Seine Bewegungen sprühten vor Anmut und Eleganz. Er war wunderschön. Wie er sich bewegte. Perfekt. Er war ein genialer Surfer. Ich hatte mich schon immer gefragt, warum er das nicht zu einem Beruf machte. Das Talent hatte er sicher.
Ich betrachtete ihn bewundernd und wartete ab, bis er wieder zurück zu mir kam. Atemlos grinste er mich. >Die Wellen sind genial.< Er strich sich die Locken aus dem Gesicht.
Zusammen nahmen wir die nächste Welle. Und wie auch schon zuvor verschlang uns eine frühere Zeit. Ich fühlte mich wieder wie ein Jugendlicher. Wir trietzten uns, machten Witze und hatten einfach eine gute Zeit. Vollkommen losgelöst von der Furcht entdeckt zu werden.
Ich hatte beide Boards unter gehakt und lachte über Jack, der im Handstand neben mir zu unserem Platz lief. >Das ist doch cool oder? Kannst du das noch?<, fragte er und ging wieder runter auf seine Beine. Ich stellte die Boards wieder ab und setzte mich auf eins der Handtücher. Jack ließ sich neben mir fallen und streckte sich seufzend. >Oh, gibt es Besseres, als ein Tag am Strand...< Er sah mich an. >... mit seinem heißen besten Freund?<
Lachend schüttelte ich den Kopf und trank aus der Flasche. >Wenn man nur so einen hätte, was?< Er kickte mich gegen die Schulter. >War ein Spaß, Jacky.< Ich stellte meine Flasche zurück in die Kühlbox und drehte mich zu ihm auf die Seite. Lächelnd sahen wir uns an. Ich nahm seine Hand in meine und küsste die Knöchel. >Ich bin wirklich froh, dass wir jetzt... zusammen sein können. Nur noch ein bisschen und es gibt nichts mehr, dass uns halten kann.<, murmelte ich leise.
Jack streichelte meine Wange und rückte näher heran. >Ich liebe dich, Baby.< Ich küsste ihn. Er schob mich zurück auf meinen Rücken und stützte sich mit beiden Unterarmen auf den Seiten meines Kopfes ab. Sein Gesicht war direkt über meinem. >Ich liebe dich so sehr, ich kann es nicht in Worte fassen.< Zärtlich strich er mit seiner Nase über meine. Ich schloss meine Augen. >Am liebsten würde ich dich einfach nur stundenlang vögeln. Du glaubst nicht, wie scharf ich auf dich bin. Schon seit über verdammten 10 Jahren bin ich spitz.< Seufzend legte er sich wieder hin und holte eine Kippe aus seiner Tasche raus. >Aber ist ok. Dann mach ich halt nichts mehr, außer mir einen runter holen und dir beim Schlafen zu zuschauen.< Lachend schüttelte ich den Kopf und zündete mir mit ihm eine Zigarette an.
Wir blieben die ganze Nacht. Sprachen und tranken.
>Was für ein mieser Start für eine Beziehusa    ng, huh?<, brummte er. Ich nickte. >Aber es ist doch trotzdem ok oder?< Ich nickte nur wieder. >Willst du wissen, was ich mir immer vorgestellt habe?< Fragend sah ich ihn an. Er nahm meine Flasche aus der Hand und schob sie in den Sand. >Wilde Jugend-Knutscherei.< Schon drückte er mich nieder und kroch auf allen Vieren über mich.
Kopfschüttelnd grinste ich ihn an. >Sind wir dafür nicht ein bisschen zu alt?<, fragte ich provozierend.
Er setzte sich auf meinen Schoss und hob sein Gesicht direkt vor meines. Seine Nasenspitze stupste gegen meine. >Niemals, Baby.< Und schon küsste er mich. Ein inniger, leidenschaftlicher nach Bier schmeckender Kuss unter den Sternenhimmel, der meinen ganzen Körper zum Kribbeln brachte. Ich fuhr mit meinen Händen in sein Haar. Obwohl ich in meiner Jugend nie in dieser Weise mit Jack zusammen war, fühlte ich mich wie ein Jugendlicher. Es kam mir fast so vor, als würde ich mich an eine gemeinsame Zeit erinnern. Wir drehten uns. Jacks Beine schlangen sich um meine Hüfte.
>Jacky. Jacky. Jacky.<, nuschelte ich vor mich hin und biss ihn in seinen Hals. >Hab doch bitte Geduld mit mir...< Er erschlaffte langsam und ließ seinen Kopf seufzend fallen. >Es tut mir leid. Wirklich. Aber ich kann einfach nicht. Nicht jetzt.<
Seine Lippen legten sich an meine. Er streichelte mein Gesicht und lächelte. >Schon ok. Sorry, dass ich so...< Das Lächeln war schwach. Berührte seine Augen nicht.
>Ich weiß, du willst nur... Das ist es, was man normalerweise tut... Nur ein bisschen noch, Jack. Nur ein bisschen noch. Versprochen.< Er nickte. >Gott, die ersten Beziehungsprobleme.< Er lachte. Seine Lippen drückten mir unzählige Küsse auf die Haut. Ich lehnte meine Stirn an seine, schloss meine Augen und öffnete sie dann wieder langsam. Stechendes Grau. >Wenn ich wieder Single bin...< Er zwickte mich in die Seite. >Wenn ich nicht mehr verheiratet bin,... besorg ich es dir so hart, dass du nicht mehr laufen kannst, Jacky.< Ich knabberte an seiner Unterlippe und fuhr mit meiner Zunge die Linie seines Kiefers nach. Er sog scharf Luft ein und grub seine Finger in meinen unteren Rücken. >Stundenlang.<, hauchte ich an seiner Haut und konnte es mir nicht nehmen, mit meinem Schritt an seiner so deutlichen Erektion zu reiben. >Hart.<
>Gott, hör auf.< Er stieß mich von sich auf den Sand. >Scheiß Wichser...<, knurrte er und stampfte davon.
Glucksend sah ich ihm nach. >Tut mir leid, Jack.<
>Fick dich und bring die scheiß Sachen ins Auto!<
Ich packte alles zusammen und trug es ihm hinterher. Er schwieg die ganze Fahrt lang bis nachhause und sprach auch nicht mit mir, als wir in die Wohnung traten. >Komm schon, Jack. Das war mies, ich weiß...<
Er ging ins Badezimmer, zog sich aus und stieg unter die Dusche. Ich folgte ihm, aber er drehte sich von mir weg. >Du bist ein Arschloch... und du schläfst auf dem Sofa.<
>Was? Nein, Baby.<
>Doch.< Widerwillig ließ er sich von mir in meine Arme ziehen. >Darf ich dir wenigstens einen blasen?< Ich schüttelte den Kopf. Fluchend löste er meine Arme von sich und ging nackt aus dem Bad ins Schlafzimmer. >Ich versteh es ja, aber es ist trotzdem frustrierend.<
Wir putzten uns beide die Zähne und legten uns ins Bett. Jack neben mir. >Ich liebe dich, Jacky.< Unsere Finger schoben sich ineinander.

>David?< Ich wandte mich um und fuhr zusammen. Es war ein ereignisloser Morgen gewesen. Ebenso ereignislos war die Fahrt zur Arbeit. Aber das hier... Jessicas blaue Augen wanderten zu Jack hinüber und dann wieder zurück zu mir. >David, ich will mit dir sprechen.< Sie schluckte. Es bildete sich ein roter Rand um das Blau.
>Jess, wir sollten...<
>Ich habe das Recht,...< Ein Räuspern. >...mit dir zu sprechen.<
Ich sah zu Jack. Auch er war überrascht. Nickte aber und ging nach einem kurzen Seitenblick zu ihr in Richtung Dienststelle.
Ich ging auf Jessica zu und blieb vor ihr stehen. Sie durchbohrte mich mit ihrem Blick. Sekundenlang. Und ich wusste einfach nicht, was ich sagen sollte. Also wartete ich ab, bis sie bereit war.
Hass, Angst, Wut und tiefe, endlos tiefe, Traurigkeit standen ihr ins Gesicht geschrieben.
>Warum, David?<, hauchte sie zittrig. Erschöpft ließ meine Lider sinken. Diese schmerzende Stimme... Sie schmerzte mir. Es tat weh und ich hasste es.
>Es tut mir so unendlich leid, Jessica. Unendlich. Ich weiß nicht... Ich kann dir nicht erklären, wie es passieren konnte.< Ich sah sie an und bat sie gedanklich abermals um Entschuldigung.
Sie bedeckte mit der Hand ihren Mund und rang um Fassung. >Du hast mir... weh getan. So unendlich weh getan. Ich habe noch nie in meinem Leben so einen Schmerz gefühlt. Ich hatte das Gefühl, es würde mich umbringen, David. Du hast mir einfach so...<
>Nein...< Ich nahm ihre Hände in meine. >Jack und ich...< Wie sollte ich es erklären? >Früher gab es schon...< Ich zwang mich dazu, ihr in die Augen zu sehen. >Ich war als Jugendlicher schon in Jack verliebt. Aber ich... ich habe ihn von mir gestoßen und bin abgehauen. Und dann habe ich ihn verlassen und angefangen dich zu lieben. Glaub mir, Jess, aber...< Ich schüttelte den Kopf. >... ich konnte ihn nie vergessen. Es ist...<
>Pscht.< Sie biss sich auf die Unterlippe. >David, du liebst mich. Du hast mich geheiratet und hast mit mir ein Leben aufgebaut. Du liebst mich und ich will es mit dir...<
>Nein.< Ich löste meine Hände von ihren. >Bitte, sag so etwas nicht. Du bist mehr wert, Jess. Viel mehr und du wirst dich nicht mit mir abgeben. Nicht nachdem ich dir auf so respektlose Weise wehgetan habe. Wir müssen das beenden. Ein glatter Schnitt. Hast du die Anwälte schon kontaktiert?<, fragte ich und versuchte eine kalte Stimme zu wahren. Sie verneinte. >Ich werde das übernehmen.< Ich trat einen Schritt von ihr zurück. >Ich kann mich nicht genug entschuldigen. Deswegen werde ich es auch nicht mehr versuchen.< Ich sah sie an und lächelte. >Nur noch dieses eine Mal.< Langsam atmete ich durch. >Es tut mir leid, Jessica.< Damit wandte ich mich ab und ging in die Dienststelle.
>Und?< Jack kam direkt auf mich zu.
>Nichts. Wir haben es beendet. Ich rufe in der Mittagspause die Scheidungsanwälte an und dann sollte es schnell vom Tisch sein.<
>Rede nicht so.< Ich sah ihn an. >Du brauchst nicht so zu tun, als bedeute sie dir nichts. So funktioniert das mit Gefühlen nicht. Du liebst sie.< Meine Augen begannen zu brennen. >Du liebst sie abgöttisch, sonst hättest du sie nicht geheiratet.< Ich nickte und fuhr mir durchs Haar, um die Tränen zu verbergen, die still über meine Wangen liefen. Jack schlang seine Arme um mich und drückte mein Gesicht in seine Halsbeuge. >Es ist ok. Es ist ok.<
>Ich habe alles kaputt gemacht.<, brummte ich. Seine Hand drückte sich in meinen Nacken. >Gott, ihre Eltern... Sie sagten, ich sei der perfekte Schwiegersohn. Ich bin gut für ihre Tochter. <
Er hob mein Gesicht an und wischte mir die Feuchtigkeit weg. >Ist einfach scheiße gelaufen.<, sagte er.
Ich lachte leise und nickte. >Ja, ein bisschen, was?<
Er küsste mich kurz. >Los, lass uns Bösewichte einfangen.<
Wir wurden an dem Tag oft raus geschickt. Hauptsächlich Jugendliche, die in die Schule gebracht werden mussten oder irgendwo bewusstlos lagen. Jack versuchte mich so gut wie möglich abzulenken. Erinnerte an unsere Dummheiten aus der Jugendzeit, um mich auf andere Gedanken zu bringen. Doch er konnte nicht die Schwere von meinen Schultern nehmen, als ich mit dem Handy vor mir an meinem Schreibtisch saß.
Er kam zu mir ins Büro. >Noch nicht angerufen?< Ich nickte.
>Gott, das kann es doch nicht sein...< Ich schnappte mir das Handy, tippte auf die Nummer, die ich schon dreimal eingegeben hatte. Der Freizeichenton erklang. Hastig legte ich auf und sah mit großen Augen fassungslos zu Jack auf.
>Ist schon gut. Das ist ein großer Schritt.<
>Aber wie soll ich denn mit dir zusammen sein, wenn ich das nicht hinter mich bringe?< Seine Mundwinkel sanken. >Wir werden niemals zusammen sein können, wenn das nicht endlich... abgepackt in einer staubenden Schublade liegt.< Ich tippte wieder die Nummer ein und dieses Mal wartete ich, bis die Stimme des Sekretärs erklang. >Meine Name ist David Wilson und meine Frau, Jessica Wilson, und ich wollen uns scheiden lassen.<

Kapitel 9

Wir saßen nebeneinander vor dem Fernseher.
Es war jetzt also offiziell. Ich war auf dem Weg zur Scheidung. 6 Jahre. Einfach so einen Schlussstrich ziehen.
Ich atmete noch immer überwältigt von dieser Tatsache durch.
Lächelnd sah ich zu ihm herüber, als die vertrauten Finger meines Partners sich zwischen meine schob. Jack und ich sprachen nicht. Wie auch früher, wusste er ganz genau, wie er mit mir umzugehen hatte.
Ich wollte einfach nur Ruhe. Ruhe und Zeit zum Nachdenken. Mein Gedächtnis ließ sich nicht davon abhalten, Erinnerungen aufzurufen. Ich würde Jessica niemals so lieben wie zuvor, aber ich würde sie ebenfalls niemals nicht lieben. Sie war einer meiner engsten Vertrauten. Sie war mein bester Freund gewesen, als Jack nicht da war.
Neben ihm im Bett liegend kam ich nicht zu Schlaf. Alles drehte sich um Jessica und ich fühlte einfach, dass sie in dem selben Moment an mich dachte.
Jack drehte sich gähnend herum, schob seinen Kopf in meine Halsbeuge. Im Halbschlaf suchte er nach meinen Lippen. Er hauchte meinen Namen und schlang seine Arme um mich. Schmunzelnd küsste ich ihn.
>Geht's dir gut?<, krächzte Jack und räusperte sich.
Ich zog ihn enger an mich heran und nickte. >Ja. Schlaf weiter.<

Es trommelte laut an die Tür. Ich war gerade am Frühstück machen und Jack öffnete sie. Eine bekannte Stimme drang an mein Ohr. Sofort schaltete ich den Herd ab und ging zu ihm. Es war Jess' Vater. Mit großen Augen sah er zwischen Jack und mir hin und her. >Du verdammter...< Er kam auf mich zu und packte mich am Kragen.
>Hey!< Sofort kam Jack dazwischen und trennte uns. >Wer zum Teufel sind Sie und was suchen Sie hier?<, fragte er ihn lautstark.
Mein Schwiegervater. Ich war sein Sohn gewesen. Er hatte mich in die Arme geschlossen, mit sich reden lassen, wenn es mir nicht gut ging, und immer mit Stolz von mir geredet.
>Du hast meiner Tochter das Herz gebrochen, du verdammte Schwuchtel!<
>Miles, hör mir zu. Es tut mir schrecklich leid. Ich habe mit Jess geredet und...<
>Ah!< Er lachte gehässig auf. >Du hast also mit ihr geredet, was? Geredet! Mein Kind liegt heulend wie ein Schlosshund in den Armen ihrer Mutter, aber keine Sorge, David hat mit ihr geredet!< Ich atmete durch und raufte mein Haar.
>Hören Sie,...<, begann Jack. >... es tut uns leid, wie die ganze Geschichte gelaufen ist und was für Konsequenzen das mit sich zieht, aber wir können leider nichts daran ändern.<
Miles blickte mir ins Gesicht und zeigte mit dem Finger auf mich. >Wir haben dir alles gegeben. Dich immer gut behandelt und dann so was, David? Ein Kerl?!< Er verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf. >Junge, was ist passiert?<
Ich trat vor. >Ich habe einfach nicht mehr die gleichen Gefühle für... Jessica, wie zuvor. Es tut mir leid, Miles. Ich wünschte, ich hätte sie nicht verletzen müssen. Ich wünsche es mir wirklich.<
Er fiel einen Schritt zurück. >Ich kann das nicht glauben.<, hauchte er ungläubig.
>Es tut mir...< Er brachte mich mit einem Hände heben zum Schweigen und verließ die Wohnung. Schmerzend sah ich ihm nach. >Scheiße.<
>Das ist also der zornige Vater der blonden Schönheit.<
>Das ist nicht witzig. Er war auch mein Vater und sie waren meine Familie. Ich habe ihnen allen wehgetan.< Ich wandte mich wieder ab und ging an den Herd.
Jack schloss die Tür und folgte mir. >Ich weiß ja. Ich mache mir nur Sorgen, dass du das hier nicht wirklich willst, verstehst du? Mit jedem Mal wirst du deprimierter. Wenn es dir so verdammt scheiße geht, dann...<
Ich sah ihn an und runzelte die Stirn. >Ist das dein Ernst? Wir gehen diesen harten Weg, sind schon fast am Ziel und du kommst mir jetzt mit Sorge über meine Gefühle? Für wie blöd hältst du mich eigentlich?<
>Was? Aber...<
>Warum zum Teufel sollte ich diese Scheiße hier durchmachen, wenn ich nicht sicher wäre?< Ich legte meine Hände an seine Oberarme. >Ich liebe dich. Ich habe lange gebraucht, um es zu verstehen, ich weiß, aber jetzt bin ich mir sicher. Bitte, zweifel nicht daran, in Ordnung?< Ein leichtes Lächeln lag auf seinen Lippen, bevor er nickte. >Gut, dann lass uns frühstücken und dann zur Arbeit gehen.<

Die Wochen vergingen und nach und nach bekam die Situation eine feste Struktur. Ich sah Jessica zu den Zusammentreffen mit den Anwälten. Ich überließ ihr alles. Das Haus und alles das dazu kam. Sie wollte kein Geld von mir und auch sonst keine Verbindungen mehr zu mir. Kein einziges Mal mehr, konnte ich ihre blauen Augen sehen. Stattdessen waren sie an ihre Hände in ihrem Schoss fest gebunden. Auch war keines ihrer Worte an mich gerichtet.
Es ging schnell und zog sich gleichzeitig in eine unendliche Länge. Als wir heirateten, ich erinnere mich noch daran, als wäre es gestern gewesen, schwor ich mir, dass sie die Frau meines Lebens war und ich alles, ausnahmslos alles, tun würde, um ihr ein schönes, glückliches und wunschloses Leben zu bescheren. Und hier nun saßen wir. Jeder auf einer Seite des Tisches und die Anwälte, die alles ausdiskutierten.
>Ich kann Ihnen ehrlich sagen, dieses Scheidungsverfahren ist das einfachste und schnellste, welches ich bis jetzt über den Tisch gebracht hatte.< Wir liefen zusammen zum Konferenzsaal. Gleichwürde ich sie wieder sehen. Dies würde tatsächlich das letzte Mal sein, dass wir uns sehen würden. >Natürlich, ist es dennoch sehr bedauernswert...<
Ich nickte wortlos und öffnete ihm die Tür. Wir traten ein. Sie saß schon mit ihrem Anwalt am Tisch. Vor ihnen waren Unterlagen ausgebreitet. Kurz sah sie mich an, bevor sie ihre Augen wie schon zu den vorigen Terminen an ihre Hände in ihrem Schoss heftete.
Wir nahmen ihnen gegenüber Platz.
Ohne Weiteres gingen wir durch die verschiedenen Inhalte des Vertrags durch. Es dauerte fast eine Stunde und zum Schluss...
Zum Schluss schrieb ich meinen Namen mit einem schwarzen Kuli mit blauer Tinte an den unteren Rand des Papiers.
Und damit war meine 6-jährige Ehe beendet. Einfach so.
Mein Anwalt schüttelte mir die Hand und wünschte mir alles Gute. Alleine stand ich auf dem Flur und starrte auf die Wand vor mir. Ich war ein geschiedener Mann.
Ich atmete durch und machte mich in meinem Kopf dazu bereit zu gehen, aber ich rührte mich nicht. Ich wusste, Jessica war schon weg. Eigentlich hätte ich gerne mit ihr gesprochen. Einfach… um ihr zu sagen, dass sie, auch wenn wir kein Paar mehr seien, immer zu mir kommen könne, wenn sie etwas brauchte. Ich würde immer für sie da sein. Und das war die Wahrheit. Jessica war nicht mehr meine Frau, aber ich würde sie dennoch beschützen. Sie bedeutete mir auch jetzt noch enorm viel. Enorm. Sie bedeutete mir noch immer so viel.
>Mister?< Ich drehte mich herum. >Geht es Ihnen gut? Sie stehen hier schon seit Stunden.< Ein Mann in Uniform stand vor mir. >Soll ich Ihnen ein Taxi rufen?<
>Nein, ich…< Ich räusperte mich. Meine Stimme war schwach. >Danke. Ich gehe. Schönen Tag noch.< Ich lief an ihm vorbei und ging die Treppen runter ins Erdgeschoss.
Schweigend fuhr ich zu Jack… nachhause. Denn das war es jetzt. Nicht das Gebäude, die Heimat, die ich mir mit Jessica zusammen aufgebaut habe.
>Scheiße!< Schluchzend kam ich in die Wohnung. Ich wurde für heute von der Arbeit entlassen. Jack würde aber erst heute Abend zurück kommen. Ich warf meine Kleidung ab und stieg unter die Dusche. Schuldbewusstsein pulsierte noch immer in mir. Ich hatte der Frau, die mir so viel bedeutet, so immensen Schmerz bereitet.
Ich setzte mich auf den Boden und fuhr mir mit den Händen ins Haar, während heißes Wasser auf mich nieder prasselte. Ihre Präsenz war so eindringlich gewesen. Die Stimmung im Raum schien auf meine Schultern zu pressen. In jeder Sekunde hörte ich ihre weinerliche Stimme in meinem Kopf. Dieser Tag, an dem ich ihr offenbart hatte, was für ein verdammtes Arschloch sie geheiratet hatte. Wie ich auf unsere Liebe gespuckt hatte. Einfach so. Einfach so, verdammt.
Ich lehnte mich zurück und ließ meinen Kopf in den Nacken fallen. Mit geschlossenen Augen sah ich in den Wasserstrahl. >Scheiße, es tut mir so leid.<, flüsterte ich und spuckte das Wasser aus. Stundenlang verbrachte ich in Selbstmitleid, bevor ich aus dem Bad stieg und zu trainieren begann. Ich übertrieb es, das wusste ich. Doch nur für kurze Zeit wollte ich sie vergessen. Und wenn das Muskelkater als Folge hatte, war das ein erträgliches Opfer.
Als die Tür ins Schloss fiel, war ich noch dabei Gewichte zu stemmen. Ich hörte, wie er seine Sachen ablegte und zu mir kam. >Hey.< Ich stemmte weiter. Jack lehnte am Türrahmen. >David, du kannst nicht die ganze Zeit hier bleiben. Deine Hände müssen schon ganz wund sein. Komm…< Er tippte mein Bein an.
Sofort steckte ich die Stange wieder auf ich Den Haken und setzte mich auf. Ich nahm die Zigarette aus meinem Mund und steckte sie in den halbvollen Aschenbecher, den ich mir bereit gestellt hatte. >Das alles ist deine Schuld, verdammt. Wärst du nicht hier hergekommen, hättest du mich einfach in Ruhe gelassen, dann hätte ich mein Leben noch. Alles habe ich verloren wegen dir.<, zischte ich und trat an ihm vorbei ins Wohnzimmer. In der Küche holte ich mir eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank.
>Ok, ich weiß, dass du aufgewühlt bist. Das ist ein ereignisreicher Tag heute gewesen, aber…<
>Scheiß auf den Tag heute! Vor Wochen war ich noch verheiratet mit meiner wunderschönen Frau, die mir alles bedeutet!...< Kopfschüttelnd fasste ich mir an die Stirn. >Ex-Frau. Ab heute Ex-Frau. Meine Frau, meine Familie, mein ganzes verdammtes Leben habe ich verloren, Jack!< Ich sah ihn an. >Mein ganzes Leben, für was…?<
Ein leidender Ausdruck lag in seinem Gesicht. >Mich, David. Du hast mich.< Er trat näher an mich heran. >Ich war schon immer für dich da und ich werde es immer sein.< Seine Hand strich über meine Wange, meine Schulter runter bis zu meiner Hand und verschränkte seine Finger mit meinen. >Bitte, stoß mich jetzt nicht weg.< Er legte sein Gesicht in meine Handinnenfläche und sah mir besorgt in die Augen. >Es tut mir leid. Ich weiß, heute ist… Das alles ist sehr viel für dich. Aber ich liebe dich und ich werde warten, bis du bereit bist. Nur bitte, bitte, bitte…< Er atmete durch und drückte seine Lippen an mein Handgelenk. >…stoß mich nicht weg.<
Ich schluckte schwer. Was hatte ich nur wieder getan? >Es tut mir leid.< Ich schlang meine Arme um ihn herum. >Es tut mir so leid. Gott, Jacky.< Tausende Küsse verteilte ich auf seinem Hals. >Ich bin nur.. Du hast recht. Heute war sehr viel für mich. Ich liebe dich auch, Baby. Ich liebe dich.< Wir legten unsere Lippen aneinander.
Er presste mich fest an sich und vergrub sein Gesicht in meiner Halsbeuge. >Endlich gehörst du mir. Nur mir.< Ich bejahte. >Endlich.<, hauchte er immer wieder.
>Oh, Mann. Was hast du nur angestellt?< Ich saß auf dem Badewannenrand. Jacky rieb meine Hände mit einer Salbe ein. Sie waren wund vom Gewichte stemmen. >Wenn du schon so lange an der Bank sitzt, dann zieh dir die Handschuhe an.< Ich nickte. >In ein paar Tagen ist das wieder weg.< Er lächelte mich an und wickelte Verband um meine Hände.
>Danke.<
>Kein Problem, David.< Er klopfte auf meine Schulter und wollte rausgehen, doch ich hielt ihn davon ab und zog ihn zurück in meine Arme. >Hm?<
Ich küsste ihn. >Ich bin jetzt dein Mann.<, drängte ich und schob meine Hände unter sein Oberteil. >Nur deiner. Du kannst mit mir machen, was du willst.< Meine Mundwinkel hoben sich an. Sie fühlten sich in dem Fall jedoch tonnenschwer an.
Er erwiderte meine Küsse. Ich hob ihn auf den Waschbecken. >David, warte Mal.<
>Was?<
Ich sah ihn an. >Baby, wir müssen das nicht jetzt machen.<
>Ich will das jetzt aber mit dir machen.<
Er schnaubte. >Nein, willst du nicht. Du hast heute eine Scheidung hinter dich gebracht. Sex ist wahrscheinlich das Letzte, das du heute brauchst. Und ich will nicht mit dir schlafen, wenn du gedanklich nicht dabei bist.<
>Aber…<
>Und ich will nicht mit dir schlafen, denn das Ganze ist auch nicht einfach für mich.<, ergänzte er.
Ich löste mich von ihm. >Aber wir haben doch gesagt, dass wir…<
>Und glaub mir, Baby. Nach diesen enthaltsamen Wochen, werden wir auch mächtig vögeln, aber nicht jetzt. Es ist einfach noch nicht Zeit dafür, David.< Er glitt vom Becken runter. >Ich hab Hunger. Komm mit.< Jack machte uns Essen. Ich setzte mich mit ihm zusammen an den Esstisch. Wir aßen im Schweigen. Ich war zu sehr in Gedanken versunken. Und Jack machte auch keine Anstalten, mich aus diesen zurückzuholen. Dafür war ich ihm mehr als nur dankbar.
Als er ins Bett ging, blieb ich noch wach und trainierte weiter. Dieses Mal aber trug ich die Handschuhe, von denen Jacky vorher gesprochen hatte. Ich traute mich nicht zu schlafen, denn ich wusste, welche Träume mich jagen würden und ich hatte nicht den Mumm, diesen Stand zu halten.
Erst als Jack sich fertig machte für die Arbeit, hörte ich auf.
Er zwang mich dazu, wenigstens mit dem Trainieren aufzuhören und ging dann los. Ich hatte für diese Woche frei. Und heute war Freitag. Mein letzer freier Tag und ich war mehr als froh darüber. Endlich nicht mehr tatenlos herum liegen und seinen depremierten Gedanken nachhängen.
>Ich gehe, ja?< Fürsorglich strich er mir mit seinen Fingern durch mein Haar. >Brauchst du was?<
Ich ließ meinen Kopf nach hinten fallen und bekam einen Kuss aufgedrückt. >Nein, danke. Komm nur schnell wieder nachhause.< Meine Hand legte sich an seinen Hintern und drückte ihn.
Lächelnd streichelte er meine Schultern. >Mach ich. Versink du nicht in Selbstmitleid, Kleiner.< Nochmal küsste er mich. Bevor er sich von mir löste, lehnte er seine Stirn an meine. >Ich liebe dich, ja?< Ich schloss meine Augen und nickte. >Gut, bis später.<
Damit ging er und ließ mich allein. In Stille hielt ich ein paar Minuten an meinem Platz inne.
Ich ging ins Schlafzimmer. Er hatte seinen Pyjama auf dem Bett liegen lassen. Erschöpft ließ ich mich auf dieses fallen und nahm sein T-Shirt in meine Hände. Es war ein Trainings-T-Shirt von der Dienststelle. Ich hielt es mir an die Nase und atmete seinen Geruch tief ein. Herb.
>Um Gottes Willen.< Hastig warf ich das Oberteil wieder weg. >Ich schnüffel an seinem T-Shirt.<, erkannte ich entsetzt und ging wieder raus in die Küche, wo ich mir ein Bier holte.
Erst dachte ich mir auf dem Sofa zu schlafen, doch ich bekam meine Augen nicht geschlossen und entschied mich deshalb dafür mit dem Board raus an den Strand zu fahren.
Ich kam an einem Blumenladen vorbei. Vor dem Laden wurden mehrere riesige Blumensträuße präsentiert. Große, tiefrote Blüten. Wunderschön. Ich fuhr jedoch daran vorbei und steuerte direkt den Strand an. Es war relativ leer. Die Leute waren in der Schule und in der Arbeit. Das gerade war das richtige für mich heute. Ich saß mit Sicherheit eine Stunde auf dem warmen Sand und rauchte. Das Board lag vor mir. Meine Finger strichen wie von selber durch die Sandkörner. Ließen sie durchrieseln. Das Salz, welches vom Wind getragen wurde, setzte sich auf meinen Lippen ab. Ich leckte es herunter und sah mich um. Eine schwangere Frau mit einem herum tollenden Kleinkind versuchte einen Sonnenschirm aufzubauen, doch sie konnte ihn nicht aufziehen, da sie gleichzeitig auf das Kind aufpassen musste und es unbedingt ins Wasser wollte.
>Ich helfe Ihnen.< Ich stand auf und ging zu ihr hinüber.
Dankend lächelte sie mich an. >Vielen Dank. Mickey, komm sofort her!<
>Aber Mama...!<
>Nichts aber.< Ich schob den Riegel des Schirms hoch und sah dabei zu, wie sie den Jungen auf das Handtuch zog und ihm ein geschmiertes Brot in die Hand drückte. >Essen.< Mit Schmollmund tat er, was sie sagte. Bis dahin stand der Schirm schon. >Möchten Sie vielleicht auch etwas essen? Ich habe noch ein Thunfisch-Sandwich.< Sie hielt mir eine Tupper-Dose hin. Das Sandwich lag darin.
>Nein, danke.<
>Sicher? Sie sehen mir so traurig aus. Essen kann da helfen.< Ihr Lächeln erinnerte mich an Mama.
Mein Blick wanderte herunter zu dem Jungen. Er war mit Sicherheit noch nicht in der Grundschule. Vier oder fünf. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie energetisch Jacky und ich umher gesprungen sind. Doch Mama Arnolds hatte nie Probleme mit uns umzugehen. Unter anderem deshalb, weil sie all die Sachen, die wir taten, begann. Sie war es, die sich im Sand eingrub, die sich von einem Hügel rollte. Die die Wände im Wohnzimmer mit Farbe bespritzte. Das war alles sie gewesen. Und wir Kinder zogen nun eben nach.
Plötzlich hatte ich Sehnsucht nach ihr. Ich musste mit ihr reden. Sie hatte mich immer aufgemuntert, wenn es mir schlecht ging.
>Ich denke, ich hole mir jetzt auch etwas zu Essen bei meiner Mutter.<, sagte ich und zwinkerte dem kleinen Mickey zu. Er kicherte mit seinem verschmierten Mund.
>Das freut mich. Schönen Tag noch.< Ich winkte ihnen beiden zu, schnappte mir mein Board und joggte zu meinem Wagen. Ohne auf dem Wasser gewesen zu sein, setzte ich mich rein, startete den Motor und fuhr los. Ich wurde auf dem Weg fast schon aufgeregt. Ich weiß nicht, ob Jacky seine Mutter auf den neuesten Stand gebracht hatte, aber ich musste unbedingt mit ihr reden. Einfach meinem Kopf Luft lassen.
Ich fuhr die Landstraße entlang und atmete erleichtert auf, als das rote Haus auftauchte. Das Glockenspiel klingelte. Ich trat auf die Terrasse und drückte auf die Klingel. Sie hatte die Melodie geändert. „Toxic“ von Britney Spears in Glockenform.
>Was zum Teufel...?<, fragte ich leise.
Von drinnen konnte ich sie reden hören. Ihre Schritte hallten zur Tür raus. Sie öffnete sie. Komplett in Rot gekleidet. Natürlich. Leinen-T-Shirt und Leinen-Shorts. An ihren Füßen, rote Sandalen. >Hey! David!< Ihre Arme legten sich um mich. >Schatz, komm rein. Tulisa ist hier. Warum trägst du nichts? Warst du am Strand?< Ich nickte und folgte ihr ins Wohnzimmer. Wo Tulisa tatsächlich am Tisch saß. Vor ihr stand eine Flasche Champagner und zwei halbvolle Gläser. Auf dem Fernseher war ein angehaltenes Bild. Ich erkannte nicht welcher Film es war.
>Hi, Tulisa.< Sie nippte an ihrem Glas und taxierte mich. Ihre schüchterne Persönlichkeit hatte sich mit circa 16 verflüchtigt.
>Hi, David. Ich habe gehört du fickst meinen Bruder.<
>Tulisa!<, stieß Mama hinter mir erschrocken aus und stemmte die Hände in die Hüfte. >So redest du nicht in meinem Haus, hast du verstanden, junges Fräulein?<, rief sie mit drohender Stimme aus.
Tulisa zuckte mit der Schulter und sah zum Fernseher. >Es stimmt doch.<
>Schatz, willst du auch etwas trinken?<
Ich schüttelte den Kopf. >Kann ich vielleicht was zu essen haben, Mama?<
Zärtlich streichelte sie mein Gesicht. >Natürlich, komm.<
>Wo ist dein Ring?<, fragte Tulisa und folgte uns mit dem Glas in die Küche. Das sie und Jacky Geschwister waren, war unverkennbar. Die dunklen Haaren und die grauen Augen. Ihre Züge unterschieden sich ein wenig, doch das war nur bemerkbar, wenn man genug Zeit mit ihnen verbrachte. Und genauso wie Jack war sie über die Jahre hinweg weiter aufgeblüht. Ihr lockiges, dickes Haar reichte bis zu ihrem unteren Rücken. Es glänzte und umrahmte ihr ovales Gesicht wunderschön. Sie war natürlich auch als Gesamtpaket wunderschön. Wir waren zusammen an den Strand gegangen und ihr Körper war makellos. Schlank, aber dennoch kurvig.
Sie war jedoch sehr aggressiv geworden. Obwohl ich verheiratet war, flirtete sie offensichtlich mit mir. Selbst mit Jess dabei. Sie beide mochten sich nie. Tulisa gab ihr keine Chance. Ich lud sie zu unserer Hochzeit ein, doch sie kam nicht. Stattdessen versuchte sie, nachdem wir aus den Flitterwochen zurück waren und ich bei Ma zu Besuch war, mich zu verführen. Ich hatte natürlich abgelehnt und sie war aufgebracht abgerauscht.
>Ehm... darüber wollte ich mit dir reden.< Ich sah zu Mama. Sie blickte mit offenem Mund zu meiner Hand runter. >Also... ich... Wir haben uns... getrennt.<, erklärte ich unsicher.
Mama bedeckte ihren Mund mit ihrer Hand. >Heißt das jetzt, dass du und...<
Lächelnd nickte ich. >Ja. Jack und ich...< Ich räusperte mich und sah zu Tulisa. Sie hielt das Glas an ihren Mund und beobachtete mich, als wäre sie ein Raubtier. >... sind jetzt ein Paar.<
>David...< Sie kam auf mich zu und umarmte mich wieder. >Das freut mich so sehr. Du kannst es dir nicht vorstellen.<, murmelte sie in meinen Hals.
>Super! Noch ein schwules Paar auf der Welt, dem wir unsere ungezügelte Toleranz entgegenbringen dürfen.< Tulisa hob feierlich die Arme und verließ Augen verdrehend die Küche.
>Tulisa, benimm dich. Deine Bitterkeit ist hier nicht von Nöten.<
>Hier sind Kondome und HIV-Tests von Nöten.<
Mama löste sich von mir und ging ins Wohnzimmer. >Noch so ein Wort und du gehst in dein Zimmer, hast du verstanden?<
>Ich bin eine erwachsene Frau. Du kannst mich...<
>Probier es.<, drohte ihre Mutter.
Es wurde still. 
Ich blieb in der Küche stehen, denn ich kannte diese Art der Stille. Tulisa schluchzte. >Jetzt ist er also schwul? Und... mit meinem Bruder?< Ich schloss die Augen und ließ mich auf dem Hocker an der Theke fallen. >Mommy?<
>Baby, du musst das akzeptieren. Es tut weh, aber was Liebe bedeutet, ist den anderen Menschen glücklich sehen zu wollen. Und Jack macht ihn glücklich, Tulisa.<
Sie wimmerte leise. >Ich will ihn glücklich machen.<, flüsterte sie.
Ich hörte das Sofa rascheln. Ma setzte sich wohl neben sie. >Es tut mir leid. Es tut mir furchtbar leid, Liebling, aber du musst das akzeptieren, ja?<
>Ich geh ins Zimmer.<
>In Ordnung, Schatz. Ruh dich aus.< Ich legte mein Gesicht in meine Hände. Mama kam ein paar Minuten später in die Küche und rieb meinen Rücken. >Das ist schon ok, David. Sie muss einfach jetzt damit umgehen. Wir wissen doch alle, wie hin und weg sie von dir ist. Schon immer.< Seufzend legte ich mein Kinn auf meinen auf der Theke verschränkten Armen ab. Mama ging an den Kühlschrank und begann dort mir etwas zu Essen zu machen. >Ich bin nur sehr froh für euch beide. Ich habe noch nie eine solch intensive Liebe gesehen.<
>Mum.<, klagte ich und sah sie an.
>Es ist so, David. Ihr beide wart auf eine ganz besondere Weise unzertrennlich. Es war immer klar, dass ihr beide alles, und ich meine wirklich alles, füreinander tun würdet, damit es dem anderen gut geht. Damit ihm nichts passiert und ich... ich habe das geliebt. Ich habe es genossen, zu sehen, wie mein Sohn so sehr geliebt wird. Und ich tue es auch jetzt, wo du ihn endlich wertschätzt.<, sagte sie ruhig und legte mir lächelnd einen Teller vor.
>Danke, Mama.<
Sie nickte. >Komm, wir machen eine Zeitreise.< Damit zog sie mich hinter sich her ins Wohnzimmer. Sie schmiss eine Kassette rein und wir setzten uns zusammen auf das Sofa.
Natürlich am Strand. Tulisa in einem pinken Badeanzug und Jacky und ich im Kreis tanzend vor ihr. Ungefähr im Alter von 7 und 8 Jahren. Wir lachten unbekümmert und rannten ins Wasser.
Und das ging in den nächsten Videos immer weiter. In einem Ausschnitt saßen wir auf dem Boden in Tulisas Zimmer und malten an einer großen Leinwand. Wie er mich ansah. Seine Augen hingen an mir, als wäre ich ein Heiliger. Er lächelte und lachte, wenn ich lachte. Er war einfach zufrieden.
Das Gleiche in einem anderen Video. Zu der Zeit waren wir wahrscheinlich um die 13 oder 14 Jahre alt. Er zeigte mir, wie ich mein neues Surfboard wachste. Gegenüber einander saßen wir auf je einer Seite des Boards. Er bestaunte mich glücklich.
Gott, wie konnte ich das nur übersehen? Seine Verliebtheit war unfehlbar. Wie blind war ich denn? Er liebte mich. Von klein auf.
>Siehst du das? Er liebt dich so sehr, David.< Ich legte meinen Arm um ihre Schulter. Sie lehnte sich an mich und seufzte. >Wie geht es Jessica?<
Gedankenverloren fuhr ich mir durchs Haar. >Wir sind beide sehr verletzt. Ich bin mir sicher, ich habe jetzt schon einen Monat lang nicht mehr mit ihr gesprochen. Selbst in den Verhandlungen. Sie hat mich kaum angesehen.<, murmelte ich und ließ meinen Kopf in den Nacken fallen.
Mama setzte sich in den Schneidersitz und nahm eine meiner Hände in ihre. >David, du bist ein Fremder für sie.< Ich sah sie an. >Du bist ein wundervoller Mensch. Du warst immer so aufmerksam, liebevoll und hilfsbereit. Mit dem, was du getan hast, bist du für sie zu einem Fremden geworden. Das ist nicht der Mann, den sie geheiratet hat. Nicht einmal im Entferntesten. Das kann ich bestätigen.<, erklärte sie mir und streichelte meine Wange.
Mein Mundwinkel hob sich an. >Ich habe sie wirklich geliebt. Sie hat mir alles bedeutet. Sie war meine Welt, Mama. Ich weiß nicht, wie ich ihr so wehtun konnte. Es tut mir so schrecklich leid und ich weiß, ich bin ein schrecklicher Mensch, aber...< Ich sah sie an. >... ich bin so froh, dass Jack und ich jetzt...< Ich senkte meinen Blick und fuhr mir durchs Haar. >Ich liebe ihn. So sehr, Mama.<
Sie nickte verständnisvoll. >Ich sehe es und ich freue mich sehr für euch beide.<
Ich blieb den ganzen Tag bei Mama im Haus. Erst am Abend verabschiedete ich m ich von ihr. Bevor ich aber ging, trat ich noch in Tulisas Zimmer. Ich war mir nicht sicher, ob sie schlief. Sie lag mit dem Rücken zu mir auf ihrem Bett. Auf dem Nachttisch konnte ich einen ihrer Zeichenblöcke sehen. Ich erkannte ihn als diesen, der mein Gesicht in allen möglichen Facetten und von allen Perspektiven aus beinhaltete.
Vorsichtig setzte ich mich an den Rand. >Tulisa?< Sie drehte sich zu mir herum und fuhr zurück, als sie mich erkannte. Ihre Augen waren Rot umrandet und ihr Make-Up etwas verschmiert.  >Tulisa, es tut mir leid.<
>Ist egal. Geh einfach.< Sie wollte sich wieder wegdrehen, aber ich zog sie zurück.
>Nein, hör mir zu. Ich liebe dich. Du bist mir unendlich wichtig und ich möchte dich nicht verlieren, verstehst du? Ich möchte nur wissen, ob ich... mir Sorgen um unsere Beziehung machen muss. Denn das will ich nicht. Ganz und gar nicht, Tulisa.< Unsicher sah ich auf das Bett herunter.
Sie lachte leise. >Darum machst du dir also Sorgen. Ich weiß nur nicht wie... das funktionieren soll. Im Gegensatz zu dir, liebe ich dich nämlich wirklich.< Sie setzte sich auf. >Aber du liebst mich nicht. Du liebst meinen Bruder und ihr seid das perfekte Paar, denn ihr seid seit dem Kindergarten ein Herz und eine Seele. Wie stellst du dir das vor? Soll ich zuschauen, während ihr euer wundervolles von Liebe erfülltes Leben führt? Ich denke nicht, David.< Sie legte sich wieder auf die Seite.
>Aber was soll ich denn machen?<
>Du kannst nichts machen. Ihr seid... perfekt füreinander. Ich freue mich ja für euch...< Sie atmete tief durch. >Ich will es nur nicht sehen müssen. Nicht die ganze Zeit zu Mindestens.< Wieder ein Seufzer. >Es tut weh.<
Ich streichelte ihren Arm und beugte mich zu ihr vor, um sie auf die Wange küssen zu können. >Bis dann, Tulisa.< Damit stand ich auf und verließ das Zimmer. >Gute Nacht, Mama.<, rief ich ihr auf dem Weg zur Haustür zu.
>Tschüss, David.<
Ich stieg in mein Auto und fuhr los. Auf dem Heimweg kam ich wieder an dem Blumenladen vorbei. Die Rosen standen noch immer draußen: Anstatt aber dieses Mal daran vorbeizufahren, hielt ich davor und ging hinein. Eine ältere Dame stand an der Kasse und lächelte mich freundlich an. >Guten Abend.<
>Guten Abend.<, begrüßte ich sie. >Ich würde...< Ich sah nach draußen zu den blutroten Sträußen. >... gerne alle Rosen kaufen, die sie da draußen ausgestellt haben.<
Überrascht hoben sich ihre Brauen an. >Alle?< Ich nickte. >Heute muss ein besonderer Tag sein.<, lachte sie. Ich half ihr die Sträuße einzupacken, zahlte und verstaute sie im Wagen. Jack hatte noch zwei Stunden, bevor er von der Arbeit zurückkam.
In der Zeit kam ich Zuhause an. Ich schaltete die Heizung etwas höher und begann aufzuräumen. Gleich darauf verteilte ich Rosenblüten von der Tür um Sofa und von dort zum Schlafzimmer. Ich füllte ebenfalls mehrere Vasen mit Wasser und stellte sie gefüllt mit Sträußen an verschiedenen Plätzen ab. Auf dem Esstisch, dem Bücherregal, dem Sofatisch, den beiden Nachttischen im Schlafzimmer, auf der Küchentheke, neben dem Fernseher. Anschließend zündete ich auch ein paar Kerzen an und verteilte diese in der Wohnung. In Unterwäsche setzte ich mich auf das Sofa und nahm eine einzelne Rose in meine Hand. Vorsichtig roch ich an ihr und sah auf die Uhr. Er war mit Sicherheit schon auf dem Weg. Vielleicht sogar schon hier.
Ich dachte über den heutigen Tag nach. Was Mum zu mir gesagt hat und all diese Aufnahmen.
Wenn ich nur daran dachte, wie er mich angesehen hatte, schlich sich schon ein Schauder über meinen Rücken. Seine und meine Liebe waren tatsächlich grenzen- und bedingungslos. Wir beide als Kinder, als Jugendliche und als aufstrebende Erwachsene. All die Jahre, die wir miteinander verbracht haben. Nicht zu fassen. Keine Erinnerung meiner Kindheit und Jugend waren nicht erfüllt von Jack. Seit dem Moment an dem wir uns kennenlernten, war er Bestandteil jedes Gedanken zu jeder Stunde des Tages.
Und auch wenn der Beginn unserer Beziehung eine Reihe von schrecklichen Entscheidungen und Taten war, war ich doch überglücklich nun mein Leben mit ihm verbringen zu dürfen. Ich war jetzt schon aufgeregt darüber, was die Zukunft uns bringen würde. Es fühlte sich richtig an. Schlichtweg richtig.
Das Schloss klickte. Die Tür ging auf und Jack trat ein.

Kapitel 10

>Oh mein...< Er schloss hinter sich wieder zu und kam in langsamen Schritten zu mir. >Baby.<, flüsterte er leise.
>Hi.<
Verwundert sah er sich um und stellte seine Tasche auf dem Boden ab. >Das ist wirklich...<
>Ich war heute... beim Mama und wir haben geredet.< Ich nickte nach unten zu seinen Schuhen. Er begann sich auszuziehen und legte Schuhe und Socken hinter sich ab. >Ich... will dich. Jetzt. Genau in diesem Moment.<, erklärte ich und reichte ihm die Rose. Er trug nur noch seine Hose, deren Reißverschluss offen lag. Seine Oberkörper war ein einziger Traum in diesem Licht.
Auch er roch an ihr und sah mich aus verführerischen Schlafzimmer-Augen an. >Bist du dir sicher?<, fragte er besorgt und ließ seine Hose sinken.
Ich sah hungrig runter zu seinem Schritt und nickte. >Komm her.<
Er stellte die Rosen ab und kam weiter auf mich zu. Im Vorbeigehen strich er mit seinen Fingern über die Blüten in der Vase. >Wie war das nochmal? Du besorgst es mir stundenlang? Bis ich nicht mehr laufen kann?< Ich biss mir auf die Unterlippe. Lässig stieg er rittlings auf meinen Schoss und legte seine Arme um meinen Nacken. Wir lehnten die Stirn aneinander und schlossen die Augen. Zärtlich strich er mit seiner Nasenspitze über meine. Die Hitze im Raum war hypnotisierend. Erst konnte ich seine Lippen nur erahnen. Doch nach und nach verstärkte sich der Druck. Ich ließ meine beiden Hände über seinen Rücken zu seinem Hintern wandern und zog ihn näher an mich heran. Er stützte sich auf seine Knie, sodass er größer als ich war und küsste mich intensiver von oben herab.
>Willst du es hier oder im Schlafzimmer tun?<, fragte ich leise.
>Schlafzimmer. Trag mich.<
Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf. >Du bist doch wahnsinnig.<, murmelte ich, hob ihn aber dennoch hoch.
>Mein starker Mann.<, flüsterte er.
Ich trug ihn zum Bett und setzte ihn ab. Anbetungswürdig. Dieses Wort fiel mir ein, als ich bewundernd zurücktrat und mich an der gegenüber liegenden Wand anlehnte. Jack stand kurz auf und stieg aus den letzten Teilen seiner Bekleidung, bevor er sich wieder auf das Bett legte. Vollkommen entspannt lehnte er am Kopf und schob langsam seine Beine auseinander. Sein auf mich gerichteter Blick blieb standhaft und hochgradig entzündlich. Wobei meiner stetig sank.
>Was? Kannst du schon nicht mehr, Baby?<, fragte er verführerisch und lächelte.
>Ich genieße nur dir wunderschöne Aussicht, die sich mir gerade gibt.<, antwortete ich und schlüpfte ebenfalls aus meinen Shorts. Wir beide waren erigiert und mehr als bereit. Ich kniete mich auf das Bett. >All das...< Ich nahm seinen Fuß in meine Hand und wanderte küssend seine Wade und seinen Oberschenkel entlang, bis ich auf seine Leiste traf und zu ihm aufblickte. Er leckte sich gespannt die Lippen. >... gehört mir allein, verstehst du?< Mit großen Augen auf mich gerichtet nickte er. Seine Brust hob sich schwer. Ich nahm ihn in den Mund und begann ihn langsam mit den Fingern an seinem sensibelsten Punkt zu massieren. Über mir zuckte und räkelte er sich. Stöhnte sein atemberaubendes Stöhnen und bäumte sich auf, als würden Blitze durch ihn durch fahren.
>David! Stop! David!< Er packte mich in den Haaren und zog mich zurück. >Oh Gott!< Seufzend sackte er zusammen. >Du machst mich fertig, Baby. Ich will nicht von deinen Fingern kommen.< Seine Finger schoben sich in meinen Nacken und zogen mich heran.
Wir küssten uns wieder und ich drückte ihn nieder. >Umdrehen.<, verlangte ich streng. Er kam meinen Worten nach und grub seine Finger in die Bettwäsche. Ich verteilte Küsse von seiner Schulter entlang seiner Wirbelsäule auf seiner warmen Haut. >Gott, dieser Hintern ist wirklich ein Traum.<, raunte ich in seinen unteren Rücken und schob meine Hand wieder zwischen seine Backen.
Er schrie auf und richtete seine Augen geschlossen gen Decke. >Dann mach verdammt nochmal endlich was, bevor ich platze.< Ich erhob mich lächelnd und platzierte mich hinter ihm. Seine Finger umfingen das Gestell des Bettes und als ich mich dann in ihn rammte, kratzten seine Nägel über das Holz. Ich trieb mich immer weiter und härter in ihn. Wir beide brachen in unkontrollierte Laute aus. Mein Körper agierte von selber. Ich verlor mich in dem Gefühl der Ekstase. Fast fühlte ich mich wie ein Verhungernder. Ich bekam nicht genug.
Selbst nach dem ersten Orgasmus, war ich nicht bereit, aufzuhören. Ich drehte ihn einfach wieder herum und stieß mich in ihn. Jack begrüßte das nur zu gerne und schlang jeweils Arme und Beine um mich herum.
Es war tatsächlich eine Nacht purer Lust und Empfindungen.
Der Morgen graute, als Jack sich von seinem Höhepunkt erholte. Ich lehnte am Türrahmen und beobachtete ihn. Wir waren beide voll geschwitzt. Seine Haut glänzte unwirklich. Er lag schwer atmend auf dem Bauch und hatte seine Beine weit gespreizt.
Ich war furchtbar erschöpft und gleichzeitig aufgedreht. Mein ganzer Körper kribbelte und zuckte noch immer von den vielen Orgasmen. Ich war nicht gesättigt, aber zufrieden. Die Wochen ohne ihn berühren zu können, waren schrecklich. All die zurückgehaltenen Sehnsüchte.
Und jetzt endlich konnte ich mein Versprechen einlösen. Es ihm besorgen bis er nicht mehr laufen konnte.
>Wollen wir eine Runde joggen gehen?< Er hob mir seinen Mittelfinger entgegen. Lachend schlenderte ich zum Bett hinüber und legte mich zu ihm. Sofort rollte er sich mit dem Rücken zu mir ein und ließ mich meine Arme um ihn legen.
>Ich schwöre es dir, ich kann meine Beine nicht bewegen.<, gähnte er und hob meine Hand an seine Lippen. >Alles klar?<
Ich küsste seine Schulter und schob mich näher an ihn heran. >Alles klar, Jacky.<
>Gut.<
Wir schliefen in den Tag hinein. Ich wachte auf, als Jack das Bett verließ. >Wo gehst du hin?<, fragte ich und legte mich auf den Rücken.
>Ich muss schon seit Stunden pinkeln. Jetzt endlich kann ich mich soweit bewegen, dass ich gehen kann.< Lachend zwinkerte ich ihm zu und sah ihm dabei zu, wie er das Zimmer verließ. >Oh Gott! Tut das gut!<, hörte ich ihn rufen.

Ich behielt meinen Ehering immer in meinem Geldbeutel. In der Arbeit erwischte ich mich hin und wieder dabei, wie ich meinen Geldbeutel in der Hand hielt und abtastete.
Meine Mitarbeiter bemerkten das wohl auch. Sie wussten, dass ich nun geschieden war und gaben mir all ihr Mitleid. Sie liefen an mir vorbei und tätschelten meine Schulter, sprachen mir aufmunternde Worte zu und versuchten ein Gespräch mit mir über meine Gefühle anzufangen. Ich versuchte ihnen alle so gut wie möglich auszuweichen, was natürlich problematisch war,w o wir doch an der gleichen Arbeitsstelle waren. Deshalb freute ich mich auch jeden Morgen auf den Feierabend und auf die Zeit nach der Trauer-Phase.
Jack war währenddessen sehr, sehr hungrig. Wir schliefen täglich miteinander. Mir machte es natürlich nichts aus. Ich war sein Mann und er durfte mit mir machen, was er wollte. Und genau das tat er. Jede Nacht.
Wenn wir es nicht taten, gingen wir surfen.


Am Freitag gingen wir dann zu Mama, um bei ihr zu übernachten. Sie hatte Geburtstag und wir trafen uns alle bei ihr. Um ehrlich zu sein, war ich sehr nervös, wieder auf Tulisa zu treffen. Seit dem letzten Mal waren sicher zwei Monate vergangen. Als ich Mum gefragt hatte, wie es ihr ging, meinte sie nur, dass es ihr weitaus besser ging und ich mir keine Sorgen zu machen brauchte. Dennoch. Ich war mir nicht sicher, wie sie auf uns reagieren würde. Bevor wir gingen hatte ich Jack vorgeschlagen, vielleicht nachträglich zu Mama zu gehen. Nur um keinen Streit auszulösen. Ich wollte nicht, dass Tulisa sich wegen mir unwohl fühlte. Jack hatte mir das aber sofort ausgeredet. Mama wäre enttäuscht, mich nicht dabei zu haben.
Also saß ich nun mit wippendem Knie neben Jack im Auto, während er vor dem roten Haus parkte. >Würdest du mal bitte aufhören? Sie wird schon nicht das große Heulen bekommen und wenn...< Er zuckte mit der Schulter. Unbekümmert schaltete er den Wagen ab und stieg aus.
Ich folgte ihm. >Ich möchte aber nicht, dass sie das große Heulen bekommt, Jack. Warum bist du nur so? Was hat sie dir getan? Ich verstehe nicht, warum du ihr das Leben immer so schwer machen...<
>Weil sie dich will, David. Und der Einzige, der dich kriegt, bin ich. Aber sie lässt einfach nicht locker. Ich liebe dich wirklich und ehrlich und sie...< Er zeigte zum Haus und verzog das Gesicht. >... sie ist nur in ihrer Schwärmerei für dich hängengeblieben. Ich habe mich ihr anvertraut und ihr gesagt, dass du die Liebe meines Lebens bist und das ich dich irgendwann heiraten werde und was macht sie? Benutzt ihre scheiß Brüste, ihre Möse und ihre weiblichen Kurven, um dich anzumachen. Und vergessen wir nicht ihre süßen, großen Augen, huh? Sie wolle dich mir wegnehmen und genau deswegen geht sie mir ziemlich auf den Sack, ja.< Er fuhr sich durchs Haar. >Ich habe immer Angst gehabt, dass du dich... in sie verliebst.<, murmelte er leise.
Ich ging zu ihm und nahm seine Hand in meine. >Aber jetzt weißt du, dass ich mit dir zusammen sein will. Und sie ist deine Schwester, also...<
Er atmete durch und nickte. >Ja, das weiß ich tatsächlich. Ich liebe sie auch wirklich und es tut mir immer so leid, wie ich sie behandle. Du weißt doch, wie oft ich mit ihr zusammen in einem Bett geschlafen habe.< Ich bejahte. >In Ordnung. Ich bin heute nett zu ihr.<
>Kinder!< Mama nahm uns beide in den Arm. Jeden von uns küsste sie dick auf die Wange und zog ihn rein ins Haus. >Kommt rein in die gute Stube! Das alte Haus hat nämlich Geburtstag!< Laut lachend reichte sie uns zwei Gläser. Sobald ich meine Nase hinhielt zog ich sie wieder zurück. Purer Alkohol.
Jack exte das ganze Getränk. >Lecker.<, schmunzelte er und leckte sich die Lippen.
>Danke. Ich verzichte heute.< Ich reichte ihm mein Glas und weg war es. >Du kippst mir noch aus den Latschen, wenn du den Rest der Zeit so weiter trinkst.<
Er zwinkerte mir zu. >Ich habe ja dich, um mir dann wieder auf die Beine zu helfen.< Ich legte meinen Arm um ihn herum und küsste ihn an die Schläfe. Wir sahen beide gleichzeitig zu Mama.
Sie bestaunte uns lächelnd. >Schön, wie ihr beide...< Wortlos zeigte sie zwischen uns beiden hin und her. >Es ist einfach schön.<
>Gottes Willen, Mum. Ich wusste ja nicht, dass du so...< Er machte ihre Bewegung nach. >Eklig.< Sie zwickte ihn in die Seite und hob warnend einen Finger. >Alles Gute, Mommy.< Er küsste sie auf die Stirn und streichelte ihre Wange. >Bitte schön.< Ich reichte ihm die Geschenk-Box. Sie war in rotes mattes Papier gewickelt und mit rotem Metallic-Band gebunden.
Mit großen Augen sah sie es sich an und riss es ihm aus den Händen. >Ist das alles oder kommt noch was?<, fragte sie, während sie ins Wohnzimmer sprintete.
Jack schnaubte. >Na klar. Vor dem Haus steht noch ein Lama.< Wir traten ins Wohnzimmer. >Wo ist mein bezauberndes Schwesterchen?<
>Draußen, natürlich. Und sie hat jemanden dabeeeei.<, sang sie und ließ ihre Brauen tanzen. Wir folgten ihr auf die Terrasse. Ein kleiner Esstisch war gedeckt. >Den Kuchen hat Tulisa gemacht. Süß oder?< Er war in Form eines Kussmundes. Strahlend Rot.
>Ja, der ist echt toll.<
Tulisa drehte sich zu mir herum. Ihr dunkles Haar war unordentlich hochgesteckt. Sie trug nur ein locker geknüpftes Kleid, durch das man ihren schwarzen Bikini sehen konnte. Erneut ein Beweis dafür, was für schöne Früchte die Familie Arnolds hervorbrachte.
>Hallo David.< Wir umarmten uns.
Bevor ich sie aber richtig an mich drücken konnte, schob Jack mich von ihr und nahm sie seinerseits in den Arm. >Wunderschönen Tag, geliebte Schwester.<, begrüßte Jack sie und verteilte Küsse auf ihrem ganzen Gesicht.
Sie stieß ihn weg. >Hör auf, du Freak. Na, wie geht’s dem schwulen Paar?<
>Blendend. David macht sich sehr gut. Glaub mir, wenn er einmal anfängt...< Ich stieß ihn mit dem Ellenbogen an. Er sah mich an. >Was denn? Ach so...< Augen verdrehend streckte er seine Hand aus. Erst jetzt bemerkte ich den jungen Mann hinter ihr, der Mama das Geschenk abnahm und es auf den Tisch mit noch einem weiteren Geschenk abstellte. >Und Sie besorgen es meiner Schwester, Mr...?<
Er schob seine Hand in Jacks. >Nathan. Nathan Rodgers. Und ich durfte es ihr leider noch nicht allzu oft besorgen.< Tulisa nahm dankend ein Glas Wein an sich und verschränkte schmunzelnd die Arme vor der Brust.
>Kinder, setzt euch.< Mama saß am Kopf des Esstisches und begann den Kuchen anzuschneiden.
Jack legte seine Hand unter den Tisch an meinen Oberschenkel. >Ich brauch nichts vom Kuchen, Mama. Ich bin hier, um mich zu betrinken. Kein Platz für Essen.< Er klopfte sich auf den Bauch und füllte sich gleich darauf sein Glas.
Ich schüttelte tadelnd den Kopf. >Unglaublich, dass du Bulle bist.<
Er zwickte mich ins Ohr. >Dafür muss man Strafe zahlen.< Ich schnaubte. >Und überhaupt: Jetzt im Moment bin ich nicht Polizist und das Leben ist viel zu schade als es den Gesetzen ständig recht zu machen. Gib mir ein Stück.< Ich schob ein Stück Kuchen auf die Gabel und hielt sie Jack hin.
Tulisa linste zu uns rüber, während ihr Bruder die Gabel in den Mund nahm. Sobald sie meinen Blick entdeckte, wandte sie sich zu Nathan um und sprach mit ihm.
Wir sangen für Mama und aßen den Kuchen, während wir in Erinnerungen schwelgten und lachten. Die Spannungen zwischen uns lockerten sich Gott sei Dank mit dem Gelächter. Und zum Abend hin, als wir dann den Tisch wegräumten und die Gäste für die tatsächliche Party kamen, war da nichts mehr von den Zwängen zu spüren.
Eine gute Menge an Leuten war da. Die Leuchtgirlanden um die Terrasse herum beleuchteten, während die Nacht langsam einbrach. Musik brach aus dem Haus. Teilweise waren welche im Haus, draußen und am Strand.
Jack und ich waren natürlich im Wasser. Er war schon gut betrunken.
>Oh, Baby. Mama weiß, wie man eine Party schmeißt.<, lachte er und sprang auf meinen Rücken auf. Ich hakte seine Beine unter und nahm seinen Kuss auf die Wange lachend an. >Hey! Dahin!< Er zeigte zu einer Gruppe. Sie saßen auf einer Wolldecke und rauchten Gras.
>Jack.<
>Komm schon. Nur heute. Das letzte Mal, dass ich etwas geraucht habe, war in Florida.<
Ich setzte ihn ab. >Dann geh alleine. Ich möchte nicht in die Nähe von so Zeug kommen.< Jack hatte früher schon Drogen genommen. Nicht immens viel. Ich hatte auch nie das Gefühl, er wäre abhängig. Wobei er ja auch „nur“ hauptsächlich Marihuana geraucht hatte. Ab und zu zog er sich eine Nase rein, aber sonst nichts. Soweit ich es zu Mindestens sehen konnte.
>Kommst du auch nicht. Ich komme in die Nähe. Jetzt zick' nicht rum.< Er verschränkte seine Finger mit meinen und zog mich hinter sich her in den sitzenden Kreis. >Hey, Schwester.< Tulisa nahm gerade einen tiefen Zug von dem Joint. Jack setzte sich hinter sie und zog sie zwischen seine Beine an sich heran. >Mein kleines Baby.<, sang er mit schriller Stimme und begann ihren Hals mit schmatzenden Küssen zu bedecken.
Kichernd legte sie ihren Kopf auf seine Schulter. >Jacky, hör auf.<
>Gib mir auch was.< Sie hielt ihm ihren Joint hin und ließ ihn daran ziehen. Er inhalierte den Rauch und schloss entspannt die Augen. >Hm... gutes Zeug. David, du willst sicher nichts?<
Ich nickte. >Mir geht es soweit gut, danke.<
Tulisa lehnte sich an ihren Bruder und räkelte sich seufzend. Jack umarmte sie und legte seine Hände an ihre Brüste. >Mann, ey! Ich fasse so selten Brüste an, dass ich vergessen habe, wie geil die sich eigentlich anfühlen.<
Genau das beschrieb ihre Beziehung fehlerlos. Noch heute Nachmittag gifteten sie einander an und jetzt hing er vollkommen schamlos an ihren Brüsten und ließ sie tanzen, während er dazu sang. >David, sieh mal. Die hättest du fast bekommen, David.< Ich zeigte ihm meinen Mittelfinger. >Schön rund und fest, darauf stehst du doch, Baby.< Tulisa war in ihre eigenen Gedanken versunken, so dass sie wahrscheinlich nicht einmal mitbekam, wie ihr geschah. >Und sieh dir diese Beine an.< Mit einem verführerischen Lächeln strich er von dem Knie seiner Schwester bis tief in die Innenseite ihres Oberschenkels. >Hier steckt das Glück.<
>Jack, das ist deine Schwester.<
Er zuckte mit der Schulter. >Meine sexy, Hot-Mama Schwester. Das ist sie.<
Ich verdrehte die Augen. >Wo ist eigentlich ihr Lover?<, fragte ich und sah mich um.
>Der liegt irgendwo und schläft.< Tulisa sah an sich herunter und entdeckte Jacks Hand. >Was machst du da?<
>David seine Verluste vorzeigen.<
Sie sah zu mir und nickte. >Gut. Dann sieht er endlich, was er verpasst. Ich sehe doch gut aus. Ich bin doch scharf oder?<, fragte sie in die Runde und an ihren Bruder gerichtet.
Alle nickten. >Du bist total geil, Schwester.<, stimmte Jack ihr zu.
Lachend lehnte ich mich zurück und stützte mich auf meinen Ellenbogen ab. >Das habe ich ja auch nie widerlegen wollen, Tulisa.<, erklärte ich.
Jack schnalzte mit der Zunge. >Wie er sich verteidigt...<
>Jack!<, rief ich empört aus. >Du hast mich verführt.<
>Zieh mich da nicht rein, du undankbares Stück.< Er strich Tulisa liebevoll das Haar aus dem Gesicht. >Er hat dich gar nicht verdient, Süße.< Kopfschüttelnd schnaubte ich und sah raus in die Ferne des Meeres. >Deswegen habe ich ihn mir geschnappt, Schwester. Wir sind beide deiner unwürdig, verstehst du?< Tulisa nickte verständnisvoll und küsste die Handinnenfläche ihres Bruders. >Alles nur für dich, geliebte Schwester.< Wieder liebkoste er ihren Hals und die Schulter.
>Danke, Jacky. Es muss eine Qual sein, von diesem Körper gevögelt zu werden.<
Jack nickte. >Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich mich dafür hasse.< Er zwinkerte mir zu und warf mir einen Kussmund zu. Ich schüttelte den Kopf. Er schob sich den Stummel noch einmal in den Mund und sog hungrig daran, bevor er mit zitternden Lippen den Rauch wieder entließ. >Ich bin so ein beschissener Polizist.<
Ich bejahte. >Du bist ein sehr schlechter Polizist.< Wir verließen die rauchende Gruppe, nachdem Jack noch zwei Züge genommen hatte. Hand in Hand schlenderten wir durch den Sand. >Wie spät ist es?<, nuschelte er.
>Unglaublich, dass du noch laufen kannst, Jack.< Wir traten ein in das warme Wohnzimmer. Die Luft war dick und versetzt mit Rauch. Es mussten noch mehr Leute gekommen sein, denn nur in diesem Raum waren bestimmt 50 Leute. Es war furchtbar voll. Ich blickte zur Uhr. >Es ist gleich 4Uhr.< Ich führte ihn hinter mir her zur Wendeltreppe. >Wir gehen schlafen oder?< Er nickte und rieb sich mit der Faust das Auge. Langsam ließen wir Stufe für Stufe hinter uns. In seinem Zimmer knutschten gerade zwei auf dem Boden. Kopf schüttelnd schob ich Michael zum Bett. Die beiden ignorierend zog er sich einfach nackt aus. >Hey, ihr beide. Verschwindet. Macht unten weiter.< Ich packte erst den Typen und dann die Frau.
>Alter, komm schon. Wir stören euch doch nicht.<
>Doch tut ihr. Raus.<
Fluchend torkelten sie aus dem Zimmer. Ich schloss die Tür sicherheitshalber ab und warf meine Shorts ebenfalls zur Seite. >Hm...<, brummte ich und betrachtete Jack. Mit allen Gliedern von sich gestreckt, lag Jack auf dem Rücken und gähnte leise. Ich kroch über ihn drüber und küsste ihn auf die Nase, bevor ich mich neben ihn warf. >57.< Ich packte meine Zigaretten aus dem Nachttisch und zündete mir eine an.
Jack drehte sich auf die Seite. >Sie ist noch ziemlich fit für ihr Alter, was?< Schnaubend nickte ich. >Sie ist schon echt eine tolle Frau.< Er küsste meine Brust. >Und sie hat einen furchtbar talentierten homosexuellen Sohn aufgezogen.<, sagte er und rutschte runter.
>Ich weiß nicht, ob er so talentiert ist, wenn er high und betrunken ist.<
>Talentierter.<, sagte er nur und ging an die Arbeit.
Kurz bevor ich kam, klopfte jemand an die Tür.
Jack hob seinen Kopf an. >Wer ist das?<, grölte er wütend.
>Jack...<, bettelte ich und streichelte seine Wange.
>Ja, warte... Hallo!<
>Ich bin es, Jacky.<
Tulisa.
Fluchend fuhr er sich durchs Haar. >Gleich!< Er schob mich wieder in seinen Mund und brachte mich zum Abschuss. >Lass du sie rein.<
Ich schlüpfte aus dem Bett und ging zur Tür. Mit der Hand schützend vor meinen Genitalien, öffnete ich die Tür und linste raus. >Morgen, Tulisa.<
>Ist es schon Morgen?<, fragte sie mit schwerer Zunge. Sie torkelte an mir vorbei.
>Es ist schon eine Weile lang Morgen. Was...?< Sie legte sich zu Jack ins Bett und kuschelte sich an ihn an. Er tat es ihr nach und schon waren sie beide eingeschlafen. >Also kein Sex.< Ich schloss die Tür wieder ab und ging zurück ins Bett, wo ich mich neben sie beide legte.

Kapitel 11

Ich wachte von den Geräuschen eines Schluchzens auf. >Es tut mir leid.<
>Ist schon ok, Baby.<
>Nein, ist es nicht. So eine Scheiße.<, fluchte Tulisa.
>Es tut mir leid, Kleine. David hat gesagt, dass wir hier nicht zusammen herkommen sollten. Ich habe aber nicht auf ihn gehört.< Sie lachte bitter auf. >Bist du denn nicht glücklich mit diesem Nathan.<
>Wir haben einmal miteinander geschlafen. Ich kenne ihn kaum. Ich wollte nur nicht alleine hier auftauchen.<, gestand sie. Ich drehte mich auf den Rücken und sah zur Seite. Sie saßen voreinander auf dem Boden. Jack trug mittlerweile Shorts. Als er bemerkte, dass ich wach war, nickte er zur Tür. >Ich kann nicht aufhören, daran zu denken, wie es wäre, wenn wir zusammen wären.< Ihre Stimme versagte zum Ende.
Ich stieg wortlos aus dem Bett, schnappte mir meine Shorts und ging, ohne zurück zu schauen, aus dem Zimmer. Unten lagen noch eine Menge Leute herum. Ich schlüpfte in die Shorts, nahm mir Zigaretten und Feuerzeug vom Wohnzimmertisch und ging raus auf die Terrasse.
Kaum hatten wir eine weinende Frau hinter uns gelassen, verletzten wir die Nächste. Wir hätten damit auftreten können.
Gähnend sog ich an der Zigarette und ließ meinen Blick über den wunderschönen Strand laufen. Der kühle Wind zerzauste mir das Haar und setzte sein Salz auf meine Lippen. Ich liebte dieses Gefühl. Wenn ich mir über die Unterlippe leckte und den bekannten Geschmack des Meeres schmecken konnte.
Ich schloss die Augen und inhalierte den Rauch. Müde warf ich meinen Kopf in den Nacken. Nur das Geräusch der Wellen war genug, um die Spannungen in meinen Muskeln zu lösen.
Und dann noch das Gefühl der warmen Hand meines Mannes, die über meinen Rücken auf meine Schulter lief. >Hey, Baby.<, raunte er und stützte sein Kinn auf meine Schulter. >Alles klar?<
>Ist sie gegangen?<
>Hat ihren Macker geschnappt und ist weg.<
>Oh Mann.<, seufzte ich und fuhr mit meiner freien Hand über mein Gesicht.
Er küsste mich unter das Ohr. >Sie wollte sowie so immer nach Spanien. Kann die Sprache ja fließend sprechen.<, fügte er leise hinzu.
Ich drehte mich mit großen Augen zu ihm um. >Was?<
>Ja. Sie hat die Tickets schon vor einer Woche gebucht. Für sie und den Typen. Nur... Hin.<
>Was?! Sie geht? Wegen mir? Aber...<
Er schüttelte den Kopf und umfing meine Wange. >Nicht wegen dir. Sie fühlt sich hier einfach nicht mehr wohl. Nicht mehr am rechten Platz. Das ist nicht deine Schuld.<
>Das ist jetzt die zweite Frau, der wir weh getan haben, Jack. Wie soll das denn weitergehen?<
>David.<
>Nein.< Ich schob seine Hand beiseite, steckte die Zigarette in einen Aschenbecher und ging wieder rein. >Sie haut ab in ein anderes Land, weil sie meine Gegenwart nicht erträgt?< Fassungslos füllte ich mir ein Glas Wasser auf, trank es aus und stützte mich auf dem Spülbecken ab. >Wieder eine verletzte Person. Wieder!< Ich sah Jack an. >Wieder, verdammt!< Ich schloss meine Augen und atmete durch. >Was für eine Scheiße!<
Seine Hand landete wieder auf meiner Schulter. >Baby, was Tulisa macht ist ihre Sache und wenn sie das als für sich richtig...<
>Ich bin nicht wie du, Jack. Ich kann nicht meine Kindheit mit jemandem verbringen und dann meine Gefühle für ihn abschalten, wenn es gerade für mich passt. Tulisa ist wie meine Schwester, verstehst du? Ich will nicht, dass sie abhaut, weil sie sich nicht wohl fühlt. Wegen mir. Wegen uns. Ich möchte, dass sie glücklich mit uns ist. Gemeinsam. Denn wir sind eine Familie. Tulisa ist ein Teil von meinem Leben. Ein wichtiger Teil. Was ist denn, wenn wir heiraten oder... oder Kinder kriegen... also adoptieren? Sollte sie da nicht da sein und das miterleben?<, fragte ich ihn aufgebracht. Er grinste von Ohr zu Ohr. >Was, Jack?!<
>Du willst mich heiraten und Kinder mit mir aufziehen?<
Ich seufzte. >Jack, das...< Erschöpft massierte ich mir das Nasenbein.
>Ok. Tut mir Leid. Darum geht es gerade nicht.<
>Genau. Wir...< Ich sah ihn an. Ein breites Grinsen prangte auf seinem Gesicht. >Jack...<
Er sprang in meine Arme und küsste mich. >Ich liebe dich so sehr.<, nuschelte er zwischen zwei Küssen.
Ich schlang meine Arme um ihn herum und erwiderte seine Küsse. >Ich dich auch, Baby.< Seine Lippen legten sich in meine Halsbeuge. >Denkst du, sie hasst uns?<, flüsterte ich.
Jack strich mit seinen beiden Händen über meinen Hinterkopf in meinen Nacken und sah mich an. >Nein. Gerade deshalb ist sie gegangen. Jetzt...< Er atmete durch, löste sich von mir und nahm meine Hände in seine. >... lass uns ihr einfach die Zeit und den Raum geben, den sie braucht. Glaub mir, Süßer. Es ist nicht einfach, dich nicht mehr zu lieben.< Unser beider Mundwinkel hoben sich etwas an. >Ich kann das aus eigener Erfahrung sagen.< Ich küsste ihn auf die Nasenspitze. >Wollen wir abhauen?<
Ich nickte. Wir packten also zusammen, hängten Mama noch einen Zettel an den Kühlschrank und gingen. Zusammen fuhren wir zurück nachhause, wo wir uns gemeinsam auf das Sofa legten.
Mit zwei dampfenden Tassen kam ich zu ihm und reichte ihm eine davon. >Danke.< Er lehnte sich an mich an und nippte am Kaffee. Seine Finger verschränkten sich mit meinen und hob meine Hand an seine Lippen. >Wir beide.< Ich nickte. >Und wann....?< Er räusperte sich und sah mich an. >Hast du irgendwie eine... Ahnung, wann... wann du....?<
>Bist du noch betrunken? Was ist los?<
>Ich will wissen, wann du... mir den Antrag stellst. Das ich diese Worte jemals aussprechen würde.< Ungläubig hielt er seine Hand vor seine Lippen.
Lachend schüttelte ich den Kopf. >Warum muss ich dir denn den Antrag machen?<, fragte ich provozierend.
>Du Arsch.< Er boxte mich in die Schulter. >Natürlich fragst du mich.< Liebevoll drückte er seine Lippen an meine Knöchel. >Es wird sich auf jeden Fall lohnen, mich als Mann zu haben, Baby.<, flüsterte er an meinem Ohr. Gleich darauf grunzte er.
Ich brach in Gelächter aus und zog die Schultern hoch. >Du bist doch echt...<
>Weißt du was?< Wir sahen einander an. >Ich freue mich auf die Zukunft. Nicht wegen dem... also heiraten oder so... Ich bin einfach nur etwas... aufgeregt.<
Ich streichelte seine Wange und küsste ihn vorsichtig auf die Lippen. >Ich auch, Jacky.<

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Tag der Veröffentlichung: 22.07.2014

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