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Kapitel 1

 

>Los! Komm aus dem Bett raus, Reese. Wir müssen gehen.<, verlangte ich und versuchte ihn von mir zu schieben.

Doch er gähnte nur und knabberte an meiner Brust. Ein Zucken ging durch meinen Körper und sammelte sich in meiner Mitte. >Ich will nicht.<, brummte er und ließ seine Zunge zwischen seinen Lippen hervorlugen. >Dein kleiner Freund ist, wie es aussieht, auf meiner Seite.< Er sah zu mir hoch und wie jedes Mal, wenn er mich so frech angrinste, überkam mich die Freude über mein Glück, dass ich mit ihm hatte.

Reese und ich waren erst seit kurzem zusammen. Knapp 2 Wochen. Er war das direkte Gegenteil von mir. Wild, leidenschaftlich, interessant, faszinierend... Die Liste konnte man unendlich weiterführen. Mit seinen giftgrünen Haaren, durch die nicht nur sein fast schwarzer Ansatz schimmerte, sondern auch die gelblichen Strähnen, wo die Farbe schon etwas raus war. Die braunen Augen, das Lippenpiercing, die Amateur-Tattoos auf seiner Oliven-Haut, die hier und da eine paar Sommersprossen hatte.

>Du weißt doch, dass ich total verrückt nach dir bin.< Er saß vollkommen nackt auf meinem Schoss und setzte sich auf. >Jetzt, komm. Muss ich dir denn echt bei allem helfen?< Er lehnte sich nach vorne und schob meine Shorts runter. >Kommen wir halt etwas später in die Schule.< Damit ließ er sich wieder runter und warf seinen Kopf keuchend in den Nacken zurück. >Ah!... Ich bin mir sicher, ich kann dich irgendwie überreden.< Er zog mich am Nacken zu sich hoch. Seine Zungenspitze fuhr über meine Unterlippe. Er bewegte seine Hüfte. Stark sog ich Luft durch meine Lippen und drückte meine Hände in seinen Hintern. >Hab ich es nicht gesagt?< Ich drehte uns und stieß fest zu.

 

>Das war eine dumme Idee. Wir sind total spät dran.<, klagte ich und schlüpfte in meine Hose.

>Dann können wir doch gleich...<

Ich warf ihm sein T-Shirt ins Gesicht. >Zieh dich an.<

Fluchend tat er, wie gesagt. Reese schnappte sich noch schnell einen Apfel und folgte mir dann zum Wagen. Ich fuhr. Während der Fahrt noch knöpfte er seine Hose und sein Hemd zu. Und drüber die Lederjacke. >Wenn du wütend bist, bist du echt scharf.< Ich schnaubte. Er lehnte sich zu mir rüber, knabberte an meinem Ohrläppchen und strich mit seiner Hand über meinen Schritt. Gänsehaut wütete auf meiner Haut und das Blut stieg mir in die Wangen. >Küss mich.< Ich schüttelte den Kopf. Er drückte zu. Ich ächzte mit geweiteten Augen. >Küss mich, Rick.<

>Nimm deine Hand da weg, Reese.< Ich umfing sein Handgelenk und löste es von mir. Nun packte er meinen Kiefer und drehte es, bis er mich küssen konnte. >Ich bin am Fahren.<, erinnerte ich ihn. Seufzend lehnte er seinen Kopf an meine Schulter. Er erinnerte mich immer an ein Kätzchen. Er musste immer alle Aufmerksamkeit haben. Ich konnte noch nicht einmal mit jemand anderem reden, ohne dass er eifersüchtig wurde.

Wir stiegen aus und traten ins Schulgebäude, wobei ich es war, der rannte wie verrückt und er mir gelangweilt hinterher schlenderte. >Reese, würdest du bitte?< Ich sah mich zu ihm um und blickte ihn erwartungsvoll an. Er lächelte und streckte mir bettelnd die Arme entgegen. Er machte wieder diesen Hundeblick. Ich hasste ihn. Mit dem hatte er schon allerhand Dinge von mir bekommen. Ich ging zu ihm zurück und nahm ihn auf meinen Rücken. Er war etwas kleiner als ich und viel dünner. Wobei ich jetzt nicht wirklich dicker war. Ich trieb einfach nur mehr Sport, weil ich Basketball spielte im Team.

Wir waren schon ein ziemlich abstraktes Paar. Ich, der Basketball-Spieler, und Reese, der, na ja, Außenseiter. Eine Woche, bevor wir zusammen gekommen waren, hatten wir noch kein Wort miteinander gesprochen. Ich war mir noch nicht einmal seiner Existenz bewusst gewesen. Doch plötzlich ist er in mein Leben getreten und ich konnte ihn nicht mehr loslassen.

 

Vor 3 Wochen:

>Hey, Richard. Ich mach es kurz und knapp. Ich steh auf dich... Na, was sagst du?< Das hatte er mich auf dem Klo gefragt, als ich mir gerade die Hände wusch.

>Was?<, fragte ich völlig überrumpelt.

Er seufzte. >Mann, ich wusste ja, dass du nicht der aller Hellste bist, aber das war doch gerade ziemlich klar oder?< Er rieb sein wild gepierctes Ohr und kam einen Schritt auf mich zu. Nun hatten seine Wangen etwas an Farbe gewonnen und er hatte auch diesen trotzigen Ausdruck aus dem Gesicht. Stattdessen lächelte er schüchtern. >Ich... hab mich... irgendwie verknallt.< Er linste durch seine langen Wimpern zu mir hoch. Seine kindlichen Züge waren bemerkenswert.

>Ich kenne dich doch gar nicht mal.<, bemerkte ich.

Nervös knetete er seine Finger. Sie waren fleckig. Er hatte das wohl schon lange gemacht. >Schon klar, aber...< Seine Augen erinnerten an die eines Teddys.

Ich konnte nicht anders. Lächelnd klopfte ich ihm auf die Schulter. >Wie wäre es, wenn wir erst Mal einfach nur Freunde sind und dann mal schauen?<

An diesem Tag noch, hatte er mir das erste Mal einen geblasen. Einige Tage später, hatten wir dann Sex und am Wochenende waren wir offiziell ein Paar geworden.

 

Vor dem Klassenzimmer, setzte ich ihn ab und strich mein T-Shirt wieder glatt. >So. Jetzt rein.< Er öffnete die Tür und schob mich ins Zimmer.

>Welch eine Ehre! Die verloren gegangenen Schüler.<, rief der Lehrer feierlich aus und lehnte sich fassungslos am Schreibtisch an. >Sie sollten sich wirklich einmal Gedanken darüber, wie weit Sie es mit Ihrem Verhalten bringen werden.< Ich senkte entschuldigend den Kopf.

>So wie ich das sehe, haben wir nicht allzu viel verpasst oder?<, fragte Reese schulterzuckend. Ich stieß ihn an. Der Lehrer schnaubte nur und winkte uns zu den Tischen. Ich nickte meinen Team-Kollegen zu und setzte mich neben Reese auf die hintere Bank. Sie konnte ihn nicht leiden. Mit seinem ganzen rebellischen Punk-Auftreten fiel er total aus der Rolle. Mir war das egal, er konnte anziehen was er wollte, denen ging es leider deutlich gegen den Stirch.

 

>Warum hängst du nochmal mit dem rum?<, fragte Ben. Ein Kumpel von mir.

Ich verdrehte die Augen. Dieses Thema besprachen wir etliche Male. Es ging mir ziemlich auf den Sack. >Weil ich mit ihm rumhängen will. Er ist cool.<

>Er ist ein storchbeiniger Vollidiot.<

Ich schüttelte den Kopf. >Halt`s Maul.< Er wich etwas vor meinen scharfen Worten zurück. >Dieses Ding mit den anderen, dass alle in eine Richtung denken müssen, ist Schwachsinn und das weißt du.<, beschwerte ich mich weiter.

Ben seufzte lang. >Gott, werd doch Prediger. Mal ohne Witz. Er passt einfach nicht zu uns, verstehst du? Wie sieht denn das aus? Ehrlich.< Er verzog angewidert das Gesicht.

>Das merke ich mir, wenn ich das nächste Mal deinen versemmelten Ball wieder geradebiege.< Ich stieg von der Bank, als Reese auftauchte. In seiner Hand hielt er eine Zigarette. Ich klaute sie ihm, bevor er sie sich anzünden konnte, und warf sie in eine Mülltonne.

>He!<

>Versuch doch wenigstens, weniger zu rauchen.< Ich stieß ihn an der Schulter an. >Statt rauchen könntest du essen.< Reese hatte schon vorher ein unglaubliches Problem mit Essen. Man musste es ihm sprichwörtlich einflößen.

Sobald wir hinter der Ecke verschwanden und niemand uns sehen konnte, stieß er mich gegen die Wand. >Ich habe Sahne und Erdbeeren zuhause. Du kennst bestimmt eine Methode, wie ich die runterkriege.<

Lächelnd legte ich meinen Arm um seine Schulter, wuschelte ihm durchs Haar und zog ihn mit mir mit. >Bestimmt.<

Er klopfte mir auf den Bauch und sah mich an. >Was hast du mit Ben besprochen?<

>Basketball.<, tat ich es ab und wandte meinen Blick ab.

Reese blieb stehen. >Der kann mich immer noch nicht leiden, was?< Er schob meinen Arm von meinen Schultern und lehnte gegen die Wand. >Die sind mir ja eigentlich scheißegal, aber du hängst die ganze Zeit mit denen rum, deswegen muss ich irgendwie mit den klarkommen oder?< Genervt kratzte er sich die Stirn. >Auch, wenn deine Kumpel echte Vollidioten sind und ihren Kopf aus ihrem Arsch ziehen sollten.<, brummte er und kickte mit seinen verratzten Chucks in das Gras.

>Ist ja nicht so, als würden deine Freude auf mich fliegen.<, erwiderte ich.

Er sah mich an. >In Ordnung, scheiß drauf. Lass uns knutschen.< Hungrig legte er meine Arme um seine Taille und ging auf die Zehenspitzen, um mich zu küssen.

Ich hob ihn auf meine Arme und knabberte an seinen Lippen. >Sahne und Erdbeeren. Ich kann es kaum erwarten.<

Wir gingen zum Beginn des Mittagsunterrichts wieder rein. Der Unterricht verlief gähnend langsam und war umso langweiliger, wobei ich in Gedanken schon bei Reese war und die Sahne aus dem Kühlschrank holte. Doch dafür musste ich auch noch das Basketball-Training überleben, welches jeden Tag anstand.

 

Ich joggte mit den anderen in die Halle. In Shorts und Shirt begannen wir uns aufzuwärmen. Reese saß währenddessen auf der Bank und nutzte wohl eher als mentale Unterstützung, da er fast einschlief, lediglich das Auftreffen von dem Basketball auf dem Boden, hielt ihn davon ab.

Ich liebte das Spielen und unser Trainer schwor schon seit Wochen darauf, dass ich problemlos ein Sportstipendium bekommen würde.

Ich und Ben harmonierten wie immer gut im Spiel. Das war von Beginn an so gewesen. Wir waren schon seit dem Kindergarten Freunde. Wir brauchten keine Worte, um uns zu verständigen. Das ging von ganz alleine.

Er passte mir den Ball zu und ich schaffte es, mit einem Sprung, den im Korb zu versenken. Jubelnd schlug ich ihm in seine ausgestreckten Hände. Ich ließ mich von ihm auf die Schultern heben. Reese war wohl erneut aus seinem Mittagsschläfchen erwacht, denn er rieb sich lächelnd die Augen und hob seinen Daumen hoch.

Ich grinste ihn an und sah lachend zu Ben runter, der mich wieder runterließ. Wir feixten noch etwas mit den anderen im Team, bevor wir in die Umkleiden gingen und uns umzogen.

>Jetzt mal ehrlich, Rick. Was ist das mit dem Typen da? Reese.<, fragte mich einer, als wir gerade duschten.

>Erklär du mir erst, warum du mit mir unter der Dusche über einen Kerl reden willst.<, konterte ich lachend und rieb das Duschgel in meine Brust ein. Die anderen klangen in mein Lachen ein und stießen den Jungen an.

Der hob mir den Mittelfinger hin. >Spaß beiseite. Was willst du mit dem?<, hakte er wieder nach.

Ich fuhr mir durchs nasse Haar und zuckte mit der Schulter. >Ich mag ihn. Er ist cool drauf. Und du reibst dir schon zu lange die Eier ein, Alter.< Wieder lachten sie. Bevor sie mir erneut irgendwelche Fragen stellten, legte ich mir ein Handtuch um die Hüften und spazierte von den Duschen zu den Schließfächern, wo ich mich umzog. Ben kam kurze Zeit später. Ich verdrehte schon die Augen.

>Er passt nicht zu uns.<

>Muss er auch nicht.<, merkte ich an und zog meinen Reißverschluss hoch. >Dieses ganze Jeder-Muss-Beliebt-Und-Wie-Wir-Sein-Gehabe ging mir schon immer auf die Eier.<, murmelte ich, streifte mir mein Oberteil über und sah ihn anklagend an.

Er zuckte mit einer Schulter. >So ist das einfach. Was für einen Eindruck hat das bei den anderen?<, fragte er und schlüpfte in seine Hose.

>Mir ist scheiß egal, welchen Eindruck das auf die anderen hat, Benjamin.< Ich sah ihn ungläubig an. Bei jedem drehte es sich um die anderen. Ich verstand dieses System nicht. >Da mach ich nicht mit, Alter. Warum soll ich Reese hassen und die „Streber“ verprügeln?<, fragte ich ihn und hob dabei meine Finger zu symbolischen Anführungsstrichen. Er seufzte. >Mal im ernst, was soll das denn bringen?< Ich schüttelte den Kopf und schulterte meine Tasche. >Es hat keinen Sinn und es bringt mir nichts. Warum also?<, brummte ich noch, bevor ich mich abwandte und ging.

Diese Sportler-Rolle, ich hasste sie.

Reese rauchte draußen an der Wand angelehnt eine Zigarette. >Ich mag diesen Ben nicht.<, schnauzte er sofort.

Ich lächelte. >Danke. Ja, das Training hat mir sehr Spaß gemacht und ich bin auch sehr glücklich darüber, dass wir gewonnen haben.<

>Dieser Idiot hat dir zwei mal auf den Hintern gesehen.<, beschwerte er sich.

Lachend boxte ich ihn. >Das hast du dir bestimmt nur eingebildet. Er ist mein bester Freund. Wir...< Reese blieb stehen und sah mich wütend an. Wenn er wütend war, sah er wirklich niedlich aus. Er hatte diese kindlichen Gesichtszüge, was durch die zarten Sommersprossen auf seiner Nase verstärkt wurde. Und wenn er dann sein Kinn trotzig vorschob, war das einfach perfekt. >Was denn? Wir kennen uns seit wir Hosenscheißer sind.<, verteidigte ich mich und öffnete uns die Wagentür. Ich warf meine Sachen auf die Hinterbank.

Reese stellte sich absichtlich nah an mich heran und sah mich an. >Komm bloß auf keine dummen Gedanken.<, warnte er mich leise und stieg ein.

Ich schnaubte. >Keine Sorge.< Ich schloss die Tür und ging um den Wagen herum. Da erblickte ich Ben und die anderen, die uns beobachteten. >Alles klar?<, rief ich ihnen zu. Sie nickten wenig begeistert. >Wir sehen uns morgen.<

>Fahren wir zu mir, ich muss noch mit dem Hund Gassi gehen.<, erklärte er und schaltete das Radio an. Ich nickte.

Wir fuhren also zu ihm, wo Barko uns sofort ansprang. Er war ein riesiger Bernhardiner und das liebste Tier, dass man sich vorstellen konnte. >Hey, Kumpel.< Ich ging in die Hocke und fuhr ihm durchs dicke Fell. Er schleckte mir über die Hände und rieb seinen Kopf an meinem Oberschenkel. Mit seinem Gewicht warf er mich fast um. Reese schnappte sich die Leine und setzte sich auf das Sofa im Wohnzimmer. Er klopfte auf seine Brust, woraufhin Barko sich sofort von mir löste, auf Reese zutapste und seine breiten Pfoten auf seine Knie stützte. So konnte er die Leine am besten an seinem Halsband festmachen.

>Kommst du mit?<, fragte er und stellte sich auf.

>Ne, ich fang mit den Hausaufgaben an. Irgendwas sagt mir, dass ich später keine Zeit dafür haben werde.<, schmunzelte ich.

Er kam auf mich zu und lehnte sich zu mir vor. >Stimmt.< Ich sah ihm lächelnd nach, als er aus der Tür trat. Er war wirklich dünn, doch sein Hintern war hübsch. Besonders in diesen schwarzen Jeans. Schnell schloss ich die Tür, bevor ich noch anfing zu sabbern. Ich packte meine Tasche und ging hoch in sein Zimmer. Es war das absolute Gegenteil von meinem. Seine Wände waren voll gekleistert mit Postern von Bands und Bildern von seinen Freunden. Und hier herrschte vollkommenes Chaos. Der Boden war nur noch zu erahnen, so viel Kleidung lag herum. Seine zwei Gitarren lehnten gegen sein Bett. Ich packte sie mir und räumte sie auf das Gestell vor dem Fenster. Mit einer Armbewegung wischte ich seine T-Shirts vom Bett und setzte mich darauf. Auf seinem Schreibtisch, oder das was man davon sah, lag noch der Becher mit der grünen Farbe, mit der er sich die Haare gefärbt hatte.

Ich begann mit den Hausaufgaben und kam ziemlich gut voran. Nachdem ich fertig war, spazierte ich runter in die Küche und nahm die Flasche Orangensaft aus dem Kühlschrank. Da ging die Haustür auf. >Hey, Rick. Wo ist der Grashalm?<, fragte Sandra, die Schwester von Reese. Abgesehen von ihren braunen Augen sah sie ihrem Bruder nicht einmal im entferntesten ähnlich. Sie hatte dunkelblondes Haar, war kurvig und hatte unglaublich helle Haut.

 

>Er ist mit Barko draußen.< Sie war die einzige, die über uns Bescheid wusste. >Wie war´s bei der Arbeit?<

Grinsend nahm sie mich in den Arm. >Oh, du bist so süß. Endlich hat mein kleiner Bruder einen guten Fang gemacht.< Sie küsste mich auf die Wange, was mich zum Glucksen brachte. >Danke, es war super. Nicht aus der Flasche trinken, Süßer.< Gerade als der Flaschenrand meine Lippen berührte, reichte sie mir ein Glas und hob warnend eine Augenbraue.

In dem Moment hörten wir draußen ein lautes Bellen. Die Haustür öffnete sich ein zweites Mal. Barko ließ sich von Sandra Essen geben und begann sofort zu fressen. Reese streckte sich und ließ sich dann theatralisch auf meinen Schoss fallen. >Machst du was zu essen?<, fragte er und fuhr mir durchs Haar.

>Mach dir selber was. Ich bin gerade von der Arbeit zurück und mir tut alles weh.<

Ich führte seine Hand zu meinen Lippen. >Schon gut, ich mache uns was. Omelett?<, schlug ich vor.

Sandra ließ sich gähnend auf das Sofa fallen und schaltete den kleinen Fernseher an. Ich konnte Reese dazu überreden, das Gemüse zu schneiden, während ich die Eier schlug und würzte. Wir schafften es zwei anständige Omeletts hinzubekommen, die nicht allzu verbrannt waren.

Ich wusch das Geschirr ab, wobei Reese meinen Nacken liebkoste. >Das würde viel schneller gehen, wenn du mithelfen würdest.<

Er lachte. >Das hier finde ich geiler.< Seine Hände schlüpften unter mein Oberteil. >Weißt du, ich mag deine Kumpels aus dem Team nicht, aber ich liebe deinen Körper.<, murmelte er an meinem Hals.

Ich schmunzelte. >Ich weiß, dass du ihn liebst. Du lässt deine Finger ja nicht von ihm.< Kichernd glitt er nun unter den Bund meiner Hose. >Lass das.< Ich schob seine Hand weg und trocknete ab.

>Würdet ihr das bitte in dein Zimmer verlegen? Ich esse hier.<

>Du störst.<, knurrte Reese und löste sich widerwillig von mir.

Sandra zuckte mit der Schulter und half mir, dass Geschirr aufzuräumen. >Du könntest ihm vielleicht helfen... Rick, sag mal, kennst du dich mit Auto aus?<, fragte sie mich.

Ich zuckte mit der Schulter. >Klar.<

Sie lächelte. >Mein Wagen rattert irgendwie so komisch...< Ich reichte ihr den letzten Teller. >Schaust du ihn dir an?< Ich nickte ruhig. >Siehst du, wie nett er ist? Nimm dir ein Beispiel an ihm.<, rief sie zurück zu ihrem Bruder, der nur genervt die Augen verdrehte und seufzte.

>Bin gleich wieder zurück.<, sagte ich noch, doch er wandte sein Gesicht gespielt beleidigt ab. Sandra brachte mich zu ihrem Auto und entsicherte das Schloss zum Motor. Ich hob die Klappe hoch und klemmte die Stütze dazwischen ab. Ich beugte mich näher zum Innenraum hinab. >Kein Problem.< Ich winkte den Werkzeugkasten zu mir her, den sie raus gebracht hatte. >Danke.< Mit dem Schraubschlüssel bewaffnet, machte ich mich wieder an den Motor. Mit wenigen Handgriffen war alles wieder gerichtet. >So. Starte den Motor.< Sandra setzte sich hinter das Lenkrad und schob den Schlüssel ins Schloss.

>Wow.< Sie stieg wieder aus und klopfte mir auf die Schulter. >Danke. Gehen wir lieber rein, bevor der sauer wird.< Ich joggte die Treppen hoch zu Reese ins Zimmer.

>Barko, verschwinde.<, hörte ich ihn von drinnen fluchen.

Lächelnd öffnete ich die Tür und trat ein. >Sei nicht so gemein zu ihm.< Als ich die Schale mit den Erdbeeren und die Sahnesprühdose erblickte, wurde mein Grinsen breiter.

>Hast ja keine Ahnung, was für Blähungen der bekommt, wenn er Früchte frisst.<, grummelte er. Ich stieß ihn an der Schulter an und setzte mich im Schneidersitz neben ihn auf den Boden. >Raus.<, sprach er, bevor Barko sich auf meinem Schoss fallen lassen konnte. Der gut trainierte Hund verschwand sofort durch die angelehnte Tür. Reese stand auf und schloss diese. >Zieh dich aus.< Ich lachte. >Ich mein´s ernst. Ausziehen.<, verlangte er erneut. Darauf fiel nicht nur mein T-Shirt, sondern auch seine Hose. Er stand in seinen engen, schwarzen Batman-Shorts da und winkte mich auf das Bett. Er war vollkommen hingerissen von Superhelden und dem ganzen Kram, es war fast fanatisch. Sobald ich auf den zerwühlten Laken lag, setzte er sich rittlings auf meinen Schoss. Er packte die Sprühdose und schüttelte sie. >Das mit dem Auto hat echt lange gedauert.<, beschwerte er sich und sprühte Sahne auf meine Brust.

Ich stützte mich auf meine Ellenbogen und seufzte. >Deine Schwester hat Hilfe gebraucht, Reese. Komm runter...< Meine Worte verklangen, als er mit seiner Zunge die Spur der Sahne nachlief. >Ok, das klären wir später.< Ich warf meinen Kopf zurück. Er biss mir neckend in die Haut. Gierig öffnete er meinen Reißverschluss und verteilte mehr von der Sahne auf meinem Körper. Als hätte er noch nie etwas geschmackvolleres probiert, leckte er alles von mir. Ich umfing seinen Nacken und zog ihn zu mir hoch, bis ich ihn küssen konnte. Er streifte sich seine Shorts ab und zog auch bei mir blank. Seine Wangen hatten eine zarte rosa Färbung. Mit hungrigen Augen knabberte er auf seiner Unterlippe herum und ragte vor mir auf den Knien auf. Er griff hinter sich und ließ sich langsam wieder sinken. Reese keuchte laut und krallte seine Finger in meine Schulter. Ich reckte meine Hüfte nach oben und zog ihn gleichzeitig zu mir runter, um das Gefühl, welches uns beide ummantelte zu verinnerlichen. Er drückte seinen Rücken durch und hätte dabei nicht übermenschlicher wirken können.

Seine zierliche, dünne Gestalt war atemberaubend. Wie er sich voller Lust über mir bewegte. Er fuhr sich durch sein eigenes Haar, strich sich über seine vollen Lippen und sah dabei auf mich hinab. Unser Atem formte den Namen des jeweils anderen. Der Erlösung näher kommend trieben wir uns an.

Er, nun unter mir, suchte Halt im vollgeschwitzten Laken unter sich. Wandte sich quälend leidend unter den Wellen von Entzücken, die ihn übermannten. Sein hilfloses Wimmern in meinen Ohren. Meine Küsse auf seiner Haut. Der feuchte Film auf unseren Leibern war wie ein Kleber, der uns nicht erlaubte sich voneinander zu lösen.

 

>Willst du wissen, warum ich mich in dich verguckt habe?<, fragte er und kroch wieder an mir herauf.

Immer noch nach Luft schnappend ließ ich meinen Kopf wieder in die Kissen fallen. >Ja,... klar.<, keuchte ich.

Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Seine Zunge für über die noch feuchten Lippen. In seinen Augen lag noch immer das dunkle Verlangen. Es ließ mich erneut vor Ekstase zucken. Er küsste meine Brust und lehnte dann seinen Kopf in meine Halsbeuge. Ich drückte meine Lippen an seine Stirn. >Du bist gut.<, murmelte er.

>Danke.<, erwiderte ich lachend.

Er lehnte sich zurück und sah mich anklagend. >Das meine ich nicht, Trottel.< Sein Schmunzeln war deutlich hörbar. >Du bist ein guter Mensch.< Ich schüttelte den Kopf. >Ich habe doch gesehen, wie du deine Idioten von Freunde davon abgehalten hast, wahllos Leute zu verprügeln oder die anderen Schüler zu piesacken. Du machst da einfach nicht mit. Gruppenzwang, dass ist zur Zeit die schlimmste Krankheit, der du im sozialen Sinne verfallen kannst, aber das lässt dich vollkommen kalt. Du bist gut.< Er stützte sich auf der Decke ab und sah mich an, als ich gerade wieder meinen Kopf abwandte. Forsch griff er nach meinem Kinn und drehte es zu sich. >Du bist ein guter Mensch... Das ist so selten.< Seine Lippen fanden meine. Auf seiner Zunge konnte ich noch immer mich schmecken.

>Danke.<, murmelte ich etwas verlegen. >Mann, irgendwas stimmt mit meinem Rücken nicht.< Ich stand auf und ging zu dem Spiegel den Sandra mal hier abgestellt hatte und nicht mehr raus geholt hatte.

>Ouh!< Ich drehte mich zu Reese um. Mit einer schuldbewussten Miene nahm er die Schüssel mit den Erdbeeren vom Boden und biss von einer ab. >Tut mir leid.<

Argwöhnisch ging ich zum Spiegel. >Ouh!<, wiederholte ich seine Worte. Mein Rücken war zerschrammt mit roten Striemen. >Das Kätzchen hat wieder zugeschlagen.<, rief ich aus und bekam sofort eine Erdbeere gegen den Kopf. Ich fing sie noch auf, bevor sie zu Boden ging und sah ihn lächelnd an.

>Ich habe dir gesagt, du sollst mich nicht so nennen.<, beschwerte er sich, dabei den Blick stetig weiter nach unten wandernd.

Ich grinste ihn an und setzte mich wieder zu ihm. >Deswegen steh ich auf dich. Du bist wie ein kleines Miezekätzchen.< Schmollend schürzte er die Lippen. Ich küsste sein Unterlippenpiercing und drückte seine Handinnenfläche auf meinen Mund. >Ich gehe, in Ordnung? Meine Eltern erlauben mir bestimmt nicht noch eine Nacht hier zu bleiben.< Ich richtete mich wieder auf und begann mich anzuziehen.

>Für dich sollte es ein allgegenwärtiges Gesetz geben: Kleiderverbot für Richard Krimber.< Er führte seine Hand vor sich, als würde er ein Schild nachzeichnen.

Lachend schlüpfte ich in meine Schuhe und zuckte mit der Schulter. >Schön, dass ich dir so gefalle.< Ich beugte mich über ihn. >Du gefällst mir auch. Sehr.<

Er ließ sich von mir nochmals küssen. Stieß mich aber von sich weg, bevor ich den Kuss zu lange ausdehnte. >So kommst du nie hier raus.< Ich machte die Tür auf. Barko kam sofort rein. Ich tätschelte seinen Kopf, als er ihn an meiner Wade rieb. Vor dem Bett setzte er sich und sah bettelnd zu Reese hoch. >Komm schon hoch, Dickerchen.< Er klopfte neben sich auf die Bettdecke und streichelte den kräftigen Hund zärtlich.

>Bis morgen.<

Ich ging die Treppen runter und verabschiedete mich von Sandra. Mit meinem Wagen fuhr ich nachhause. Unseres war um vieles Größer, als das von Reese´ Schwester. Das lag daran, dass sie alleine für ihren Lebensunterhalt arbeitete, da ihr Vater die Familie schon bei Sandras Geburt verlassen hatte und die Mutter gestorben war.

Kapitel 2

 

Ich lebte mit meinen Eltern, meiner kleinen Schwester und meinem kleinen Bruder in dieser seltsamen Straße, in der jedes Haus irgendwie gleich aussah. Wie jedes andere Haus, hatten wir auf der rechten Seite die Garage mit der Einfahrt. Daneben die große Tür mit dem Kristallfenster und dem runden Treppenabsatz davor. Unser Haus entsprach dem typischen amerikanischen Reiche-Leute-Wohnviertel-Stil. Nur trug es, statt dem üblichen rot, blau oder braun, ein zartes Gelb. Hinter dem Koloss befand sich dann der große Garten, mit den Apfelbäumen und den Büschen, um dass sich meine Mutter mit aller Liebe kümmerte.
Mum war Hausfrau. Früher hatte sie einmal als Redakteurin gearbeitet, hatte es dann aber aufgegeben, als sie mich bekommen hatte. Dad war Ingenieur und zur Zeit ziemlich gefragt. Meine 5-jährige Schwester, Haley, genoss ihr letztes Jahr im Kindergarten in vollen Zügen. Mein Bruder Josh, 13 Jahre, war drei Klassenstufen unter mir und ein unfassbarer Schlaukopf und immer auf meiner Seite, was ihm ziemliche Pluspunkte von meiner Seite einbrachte.
Sobald ich ins Haus trat kam meine Schwester aus dem Wohnzimmer gerannt. >Ricky!<, schrie sie und sprang in meine Arme.
Ich hob sie hoch und tat so, als würde ich sie auffressen. Kichernd schlang sie ihre dünnen Ärmchen um meinen Hals. >Na, Kleine?< Ich trug sie über den beigen Treppenläufer hoch in mein Zimmer, neben dem von Josh.
>Richard, wäschst du mit ihr die Hände? Das Essen ist fertig.<, rief meine Mutter von unten.
>Ja.< Ich warf Tasche und Jacke auf mein Bett. Immer wieder, wenn ich von Reese wieder zu mir kam, war ich von den Unterschieden überwältigt. Ich war nicht der ordentlichste Mensch, aber bei mir lag nie wirklich sonderlich viel herum. Vielleicht mal mein Trikot und meine Shorts, aber sonst nichts. Meine Wände waren in einem hellen Orange gestrichen. Ein paar Poster hingen dran, von Basketballern die ich mochte. Mein Doppelbett stand unter dem großen Fenster, das unseren Garten zeigte. Auf der Wand zur Rechten war mein Schreibtisch mit dem Computer. Darüber hing eine Pinnwand mit Bildern von meinen Freunden. Auf der anderen Seite befand sich das Sofa, der kleine Tisch, der Fernseher und die Musikanlage. Es lagen Welten dazwischen. Ich konnte mich nur noch nicht so ganz entscheiden, welches davon mir besser gefiel.
>Komm, gehen wir.< Ich nahm ihre Hand in meine und zog sie hinter mich her ins Bad. Beim Vorbeigehen klopfte ich auch noch auf die Tür zum Zimmer meines Bruders. >Das Essen ist fertig, Josh.< Haley nahm den Hocker, den brauchte sie, weil sie zu klein war, um an den Waschbecken zu kommen. Sie stellte sich darauf und schaltete das Wasser an. Wie immer benutzte sie viel zu viel Seife. Doch wegen ihres breiten Grinsens und ihrem Gekichere, während die Seifenblasen sprudelten, konnte ich ihr die Sauerei danach verzeihen.
Sie hopste singend jede einzelne Treppe runter und klatschte dabei in die Hände. Ich kam vor ihr ins Esszimmer, wo alles schon bereitstand. Ich ließ mich von Mom kurz auf die Wange küssen, und setzte mich dann gegenüber von Josh hin. Statt dem Braun, dass wir alle hatten, hatte er vor ein paar Tagen seine Haare schwarz gefärbt. Es stand ihm. Es passte zu seinen blauen Augen. Die Augen meines Vaters. Haley und ich hatten die grünen Augen meiner Mutter. Sonst waren wir uns aber ziemlich ähnlich, wobei er schulisch besser war, als ich zu seiner Zeit. Dad kam aus seinem Arbeitszimmer, half Haley auf den Platz neben Josh und setzte sich auch hin. Wir begannen zu essen, nachdem mein Vater das Gebet gesprochen hatte. Ich war gläubisch, aber nicht so extrem wie meine Eltern, bzw. mein Vater.
>Wir war euer Tag?<, fragte er und schob sich die Erbsen mit dem Stück vom Steak auf die Gabel.
>Alles gut. Ich denke, ich melde mich zum Leichtathletik an. Mr. Chambers meinte, ich hätte gute Chancen.<, sagte Josh und nahm dankend das Wasser an, dass unsere Mutter ihm ins Glas einschenkte.
>Gut, Junge. Musstest du schon deinen Aufsatz abgeben?<, fragte Dad weiter.
Ich zeigte auf Haley, da bemerkte Josh, dass sie ihr Fleisch nicht schneiden konnte. Er nahm ihr Gabel und Messer ab. >Nein, erst am Freitag. Ich mache es heute fertig und gebe es dann morgen ab.<, erklärte er.
>Darf ich?!<, quietschte Haley.
Mom lachte leise. >Natürlich, Liebes.<
>Ich habe ein Bild gemalt. Von einem Pferd. Bianca hat gesagt, dass es ganz schön ist. Daddy, darf ich es zeigen?<, fragte sie und wollte schon aufstehen.
>Warte, Kleines. Nach dem Essen, ja? Iss erst einmal auf.< Er schob ihre Beine wieder auf die Sitzfläche des Stuhles. Sie schmollte und aß weiter. Ihr Gesichtsausdruck erinnerte mich dabei etwas an den von Reese. >Richard, was lief bei dir?<
Ich zuckte mit den Schultern. >Ich habe leider kein Bild gemacht. Wahrscheinlich wäre es sowie so nicht so schön, wie Haleys.< Sie grinste mich überglücklich an und sprang auf ihrem Stuhl auf und ab, wobei ihre dunklen Locken zu hüpfen begannen. >Nichts Besonderes. Hab im Training natürlich wieder geglänzt, wie sonst auch immer.<, prahlte ich übertrieben.
>Immer so bescheiden.<, murmelte Dad. >Du kamst heute spät nachhause. Wo warst du?< Es musste also wieder von vorne beginnen. >Hat das Training länger gedauert?<
Ich sah ihn an. >Ich war bei Reese.<
Seine Augen wurden zu Schlitzen.
Mein Vater war sehr konservativ. Ich meine, ich durfte länger raus, er vertraute mir, aber keine bunten Haare, keine Piercings, kein auffallendes Auftreten, keine Meinung, die zu sehr von der Norm abzweigte, keine vulgäre Sprache, keine... Homosexuellen. Man konnte sich also vorstellen, wie gut er auf Reese zu sprechen war.
>Unmöglich, dass du dich mit dieser... Person abgibst.< Seine Stimme triff dabei vor Ekel.
Ich seufzte. >Deswegen gebe ich mich auch mit ihm ab und nicht du.<, entgegnete ich ruhig und aß weiter.
>Er ist eine Schand...<
>Ist er nicht.< Nun sah ich ihm in seine Augen. >Was willst du denn noch? Ich trinke nicht, nehme keine Drogen, mache brav meine Hausaufgaben und helfe im Haus mit, wenigstens meine Freunde kannst du mir lassen oder?<, fragte ich ihn herausfordernd.
>Liebling, dass könnt ihr doch auch später besprechen, nicht wahr?< Meine Mutter lächelte meinen Vater beschwichtigend an.
Wir aßen weiter, was nicht hieß, die Diskussion sei beendet.
Ganz im Gegenteil, sie ging nach dem Essen im Arbeitszimmer weiter. Josh warf mir einen mitleidigen Blick zu. Ich folgte Dad. >Was zum gütigen Herren dachtest du dir dabei, die Nacht einfach bei ihm zu verbringen?<, fragte er streng. Ich setzte mich schulterzuckend auf den Stuhl vor seinen Schreibtisch.
Mom kam rein und stellte sich hinter mich. Schützend legte sie ihre Hände auf meine Schultern. >William, er darf selber entscheiden, mit wem er seine Zeit verbringt. Und hättest du dir einmal die Mühe gemacht, dich mit Reese zu unterhalten, würdest du merken, dass er ganz und gar nicht deinem kleinkarierten Bild entspricht.<
>Dieser Kerl hat keinen guten Einfluss auf unsere Kinder. Sieh ihn dir doch nur an!<
>Dad, auf welche Weise schränkt es dich in deinem Leben ein, dass seine Haare grün sind? Kannst du mir das sagen?<, fragte ich ihn.
Er zuckte mit den Schultern. >So etwas gehört sich nicht. Wenn er als Obdachloser auf der Straße landete, ist das eine weitere Schüssel die wir in der Suppenküche mit unseren Steuern zahlen.<
>Woher willst du wissen, dass er Obdachloser wird?<
Er lachte auf. >Richard, es gibt Tausende, Millionen Fälle wie ihn. Das er auf der Straße landete ist so sicher, wie die Sonne morgen aufgeht.<
Ich stand auf. >Gut, dann hätten wir jetzt unsere Standpunkte klargestellt. Du magst ihn nicht, ich aber. Wie willst du vorgehen?< Er antwortete nicht. >Ich geh dann hoch.< Wortlos wandte ich mich ab und ging.
>Lass ihn einmal in Frieden.<, hörte ich meine Mutter hinter mir sagen.
Ich ging in mein Zimmer. Ich blieb nicht lange alleine. Mein Bruder gesellte sich zu mir und schaltete die Konsole unter meinem Fernseher an. >Spielst du mit?<, fragte er und warf sich in das Sofa. Ich nahm den Controller an, den er mir reichte. Wir begannen zu spielen. >Nur damit du es weißt, ich habe nichts gegen Reese.<, sagte er irgendwann beim Spielen. >Ich finde ihn richtig cool. Und Haley quengelt nicht beim Schlafen gehen, wenn er ihr was vorspielt.< Ja, das war wirklich praktisch. Wenn wir es schafften, Reese dazu zu überreden, spielte er Haley so lange etwas auf der Gitarre vor und sang auch dazu, bis sie einschlief.
Ich nickte zustimmend. Wir spielten noch lange, bis dann die Kleine gähnend zu uns kam und sich in meine Arme kuschelte. Da schalteten wir das Spiel ab und sahen uns einen Film bei niedriger Lautstärk an. >Cool, dass du so darum kämpfst.<, merkte er dann plötzlich an. Verblüfft hob ich die Brauen an und sah zu ihm rüber. >Ich habe davon gelesen, Stil ist sehr wichtig. Jeder muss einem Stil angehören und mit Leuten zusammen sein, die diesem Stil angehören. Manchmal fällt mir auf, dass ich das mache. Ich halte mich von Menschen fern, die nicht zu dem passen, dass ich verkörpern will. Das ist dumm. Ich finde es gut, dass du da nicht mit drin hängst.<, sagte er. Die Augen stur auf dem Bildschirm klebend.
Ich klopfte ihm auf die Schulter und stand mit Haley im Arm auf. >Das ist nichts besonderes.< Ich brachte meine Schwester ins Bett und holte mir von unten einen Apfel. Mit noch einem für Josh in der Hand setzte ich mich wieder zu ihm. Wir sahen den Film, irgendwas mit Action, zu Ende. Bis dahin war er selber fast eingeschlafen. Ich musste ihn wecken, damit er ins Bett gehen konnte. Ich ging kaum später selber schlafen.


>Können wir gehen?<, fragte ich Josh. Er nickte, wir verabschiedeten uns von unseren Eltern und gingen raus zu meinem Wagen. Es war ein Audi und ich liebte ihn wirklich sehr. Ich hatte mir selber Geld angespart für ein Auto, ein Gebrauchtes, natürlich. Ein paar Tage später, nachdem ich meinem Vater das Geld gegeben hatten, stand dann der Audi davor. Dieser war kaum gebraucht. Er gehörte einem Freund von ihm und mit einem Zuschuss von meinem Vater hatte ich ihn dann gekriegt. >Ich hole noch schnell Reese ab. Hoffen wir mal, dass er fertig ist.< Das letzte murmelte ich leiser, eher zu mir. Ich fuhr los, parkte vor dem Haus von Reese und hupte einmal, damit er wusste, dass wir da waren. Wir warteten geduldig, doch er kam nicht raus. >Scheiße. Ich bin gleich wieder zurück.< Ich joggte zur Haustür, nahm den Schlüssel, der unter der Fußmatte und dem Stein, den Reese mal für mich gelockert hatte, lag. Mit dem öffnete ich die Tür und rannte die Treppen hoch. Ich riss die Tür auf und da lag er. Angekuschelt an Barko, der aber war hellwach und sah mich Schwanz wedelnd an. >Morgen.< Ich wuschelte dem Hund durchs Haar und entzog seinem Herrchen mit einem Ruck die Decke, da sah ich auch, dass er sich eine Jogginghose angezogen hatte. Er zuckte zusammen. Ich schob die Gardinen zur Seite, was ihn zum Fluchen brachte. >Steh auf, Reese. Wir müssen los in die Schule.< Ich befreite Barko aus der Umarmung und ließ ihn runter. >Hast du ihn überhaupt gefüttert?<, fragte ich ihn.
>Meine Schwester war mit ihm Gassi. Die hat sich um ihn gekümmert. Kannst du mal leiser sein, verdammt?!<, knurrte er und versteckte sich unter den Kissen.
Problemlos zog ich ihn an den Bettrand. >Los jetzt. Mein Bruder muss in die Schule.< Ich musste ihn richtig umher scheuchen, damit er sich endlich fertig machte. 20 Minuten später folgte er mir gähnend die Treppen runter.
>Kriege ich etwa keinen Kuss?<, fragte er ungläubig. Seufzend drehte ich mich zu ihm um und drückte meine Lippen kurz an seine. >Das war hoffentlich nur ein Scherz.< Er zog mich zurück und küsste mich erneut. Nur trennte er nun meine Lippen und ließ stürmisch seine Zunge in meinen Mund gleiten.
>Ok, das reicht.< Ich hielt ihn auf Abstand. >Mein Bruder ist da draußen.<, erinnerte ich ihn. Schmollend folgte er mir zu meinem Wagen.
>Kleiner, alles klar? Die schwarzen Haare sehen echt gut aus.< Reese streckte sich. >Sorry, dass ich zu spät war.<, murmelte er. >Ich hatte einen hammermäßigen Traum.< Er linste zu mir rüber. Ich hielt nur schwer mein Lachen zurück, was wie automatisch die Kratzer auf meinem Rücken jucken ließ.
Er begann zu grinsen fühlte sich sichtlich wohl. Josh war auf der gleichen Schule wie wir, nur in einem anderen Gebäude, weshalb wir gemeinsam über den Parkplatz liefen. >Bis später.< Wir trennten uns von ihm und gingen weiter. >Gestern gab´s wieder Ärger mit meinem Vater. Er kann dich echt nicht leiden.<
Er zuckte mit den Schultern. >Scheiß drauf. Er braucht mich nicht zu leiden. Nur dein kleiner Freund in deiner Hose muss mich leiden können.< Er boxte mich gegen die Schulter. >Ach ja, und du auch.<
Ich schloss seine Augen mit meiner Hand. >Sei ruhig. Geh in deinen Unterricht.<
>Wir sehen uns.< Er hatte jetzt Mathe.
Ich ging ins Klassenzimmer, wo ich jetzt Geschichte hatte. Ben winkte mich zu sich. >Morgen.<, begrüßte er mich.

Nach der letzten Stunde liefen wir durch den Flur zum Training. Ben klagte über den Lehrer in Englisch. Er war zum Kotzen. Als wolle er gehasst werden. Ich konnte ihn selber nicht leiden. >Der kann mich mal. Echt nicht mehr witzig, was für einen Scheiß, der mit mir treibt. Der...< Wir hörten Bücher fallen.
Tom, ein Freund von uns, hatte einen anderen Schüler absichtlich angerempelt, sodass dessen Schulsachen zu Boden gefallen waren. >Trottel.<, lachte er nur abwertend und lief weiter.
Ben gluckste. >Echt nicht zu fassen, was für Loser hier rumlaufen.<
Ich blieb stehen und ging zurück zu dem Jungen. >Tut mir leid, Mann. Die haben das Hirn von einem Stein.<, scherzte ich und half ihm die Bücher aufzuheben. Er entsprach dem typischen Bild eines „Strebers“. Breite Brille, Hemd und Hose mit Bügelfalte.
>Steine... haben kein Gehirn.<, merkte er an.
Ich lachte. >Ja.< Er verstand und klang leise mit ein.
>Rick, lass den Scheiß.<, brummte Ben betreten.
Ich ignorierte ihn und stellte mich wieder auf. >Hast du alles?< Er nickte. >Bis dann.< Noch immer perplex nickte er. Ich holte wieder zu Ben auf. >Das war unnötig.< Da fiel mir wieder ein was Reese und Josh gestern gesagt hatten. „Du bist ein guter Mensch.“
>Dein Samariter Auftritt ist genauso schwachsinnig.<
Ich schnaubte.

Wir zogen uns um und begannen mit dem Training. Lauftraining, Ballpässe üben und das ganze Zeug. Wir spielten 10 Runden durch. Es machte natürlich wie immer Spaß.
Nach dem letzten Spiel duschten wir wieder. >Was ist auf deinem Rücken?<, fragte Ben. >Habt ihr euch ne Katze angelegt?< Ich schüttelte lachend den Kopf.
>Nein, der alte Hund hat gestern eine Mieze abgeschleppt.<, rief ein anderer laut. Ich grinste breit. >Erzähl schon, Rick!<
Wenn sie es unbedingt wissen wollte. >Na ja... ich will nicht angeben...< Die anderen setzten schon zu Buh-Rufen an. >... aber sie war ziemlich heiß!< Sie brachen in lautes Gejohle aus und hoben die Fäuste. >Also erst hat sie mich geritten.< Ich legte mir das Handtuch um und ging von den Duschen raus. Die anderen folgten mir interessiert. >Dann... hab ich es ihr gegeben.< Ben klopfte mir auf die Schulter. Die Haut darunter zerrte. >Und weil man immer Abwechslung braucht, dann von hinten.< Ich hob die Arme und stieg auf die Bank zwischen den Schließfächern. >Danach sahnte sie dann mit einer mündlichen Prüfung ein A+ ab.< Johlend klatschten sie in die Hände, grinsten breit und machten Bewegungen, als wären sie selber gerade am Vögeln.
Ben schlug in meine ausgestreckte Hand ein. >So lob´ ich mir das.<
Es war ja nicht vollkommen gelogen, nur das „sie“ stimmte nicht.

>Sag schon, wer war es.< Ich schüttelte den Kopf und spazierte weiter vor ihm nach draußen. >Rick.<
>Geht dich nichts an. Und sie würde sich auch nicht darüber freuen, wenn ich dir davon erzählen würde.<
Wir blieben vor meinem Auto stehen. Da kam auch gerade Reese aus dem Gebäude. Josh wartete schon am Wagen. >Josh.< Ben stieß die Knöchel seiner Faust gegen die meines Bruders. >Was hältst du von der Witzfigur deines Bruder?<, fragte er.
Reese hatte das wohl gehört. >Benjamin, geh doch nicht so streng mit dir ins Gericht. Du bist groß, es fällt kaum einem auf, dass du bestückt bist wie ein Neugeborener.<
>Du scheiß...< Ben hob schon seine Faust.
Ich drängte mich zwischen sie. >Reißt euch zusammen.<
Ben trat fluchend einen Schritt zurück. >Morgen ist die Party. Wir sehen uns da.< Er drehte sich um und ging nach einem ernsten Blick in Richtung Reese.
>Ach ja, ich weiß nicht so genau, ob ich...<, rief ich und wollte
>Du wirst kommen.<, knurrte er streng.
>Reese, ich kann morgen leider nicht zu dir kommen.<, sagte ich mit dem Blick noch immer auf Ben gerichtet, der in seinen Wagen einstieg.
Er nickte. >Dachte ich mir schon.< Wir fuhren los. Nachdem ich Josh zuhause abgesetzt hatte fuhren wir weiter. Barko auf der Rückbank sitzend parkten wir im Wald. >Ich mag Ben nicht.<, murmelte er. Er hatte seine Jacke und seine Schuhe beim Auto liegen lassen und stand nun barfüßig im Bach.
Ich spielte dabei mit Barko. Gerade folgte er dem Stock, den ich weit in die freie Wiesenfläche geworfen hatte. >Ich weiß, Reese. Und das ist mir egal.<
>Jetzt mal im Ernst, was bringt er dir?<
>Hör auf damit.< Ich sah mich zu ihm um. Er schmollte wieder, wobei ich lächeln musste. >Er ist mein bester Freund und das bleibt er auch.< An dem T-Shirt, dass er trug, hatte er die Ärmel soweit ausgeschnitten, dass man seine Seite sehen konnte. Ein „B“ prangte in der Innenseite seines Oberarms, für Barko. Er liebte diesen Hund. Er fing meinen Blick auf. Seine Mundwinkel zuckten etwas nach oben. Leider musste ich mich von ihm abwenden, als Barko mit dem Stock im Maul wieder bei mir auftauchte. Erwartungsvoll hechelte er mich an. >Ok, der wird weit.< Ich nahm Anlauf und warf den Stock mit voller Wucht raus er landete ganz weit draußen und der Bernhardiner folgte ihm bellend. Ich sah mich wieder zu Reese um. Meine Augen weiteten sich für einen kurzen Moment.
Er hatte die Plastikflasche genommen und sie mit dem Wasser aus dem Bach gefüllt. Mit geschlossenen Augen trank er aus der Flasche und hätte schärfer nicht aussehen können. Sein Oberteil lag am Stamm eines Baumes. Er ließ das Wasser über sein Gesicht und seine Brust laufen. >Rick, komm her. Es ist ganz frisch und süß.< Ich ging auf ihn zu und hob ihn hoch. >Was?< Er war so leicht, es war eine Leichtigkeit ihn mit seinem Gesicht vor meines zu halten. Er lächelte. >Ich bin heiß oder?< Ich nickte und küsste ihn. >Trink, hier.< Er gab mir die Flasche. Ich setzte ihn wieder ab und trank. Es schmeckte wirklich gut. >Das brauchen wir ja wohl ganz und gar nicht.< Er schlüpfte mit seinen Händen unter mein Oberteil, zog es mir aus und legte meine Arme um seine Schultern. Da kam Barko wieder angerannt. Er tauchte ins Wasser ab und plantschte gemütlich darin herum. >Gute Idee. Eine Dusche dürfte dir nicht schaden.< Reese ging in die Hocke. >Na los, mach eine Rolle.< Barko gehorchte sofort und wälzte sich im Wasser. >Gut.< Ich beugte mich zu ihm runter und küsste seinen Nacken.
Am Ufer sitzend sah ich Reese dabei zu, wie er Barko wusch. >Lecker, das Wasser, dass ich gerade getrunken habe.<
>Heul´ nicht, Prinzesschen. Das Wasser reinigt sich von selber.< Er kniete tief ins Wasser, setzte sich sogar rein. Ihm machte die nasse Hose dabei keine Sorge. Man merkte ihm deutlich an, dass er glücklich war hier draußen. Er liebte die Natur. Liebte alles an ihr. Die Luft, die Geräusche, die Gerüche, das Gras, die Bäume, alles daran. Ich liebte diesen Ausdruck in seinem Gesicht. Wunschlos glücklich. Ein breites Grinsen in seinem Gesicht. Seine Grübchen waren... Es gab kein anderes Wort. … hinreißend. Er fuhr sich mit dieser typischen Armbewegung, die ich liebte, durchs Haar und sah dabei mich an. Diese Spannung zwischen uns. Sie war die ganze Zeit präsent. Er musste mich noch nicht einmal berühren, um sie zu erwecken.
Ich wandte meinen Blick ab und lehnte mich auf den Boden zurück. Über mir verflochten die Baumkronen sich ineinander und wehten eintönig von Seite zu Seite. Dahinter erstreckte sich der klare blaue Himmel mit den wenigen weißen Wolken. >Das ist echt schön hier.< , murmelte ich und streckte mich.
Barko spazierte, nass wie er war, über mich trüber und tropfte immens auf mich. >Platz.<, flüsterte Reese kichernd. Der große Hund ließ sich auf meinem Bauch nieder und schmatzte genüsslich.
>Oh ja, sehr witzig.< Das Fell klebte kräftig. >Hopp. Steh auf.< Ich rannte dem grünhaarigen Jungen hinterher, als er ins Feld rannte. Barko sprang uns jaulend nach. Reese lachte laut und grinste breit zu mir nach hinten. Wir schnappten uns unsere Oberteile, knoteten sie zu einem Ball zusammen und spielten mit Barko. Dabei ließen wir aus meinem Wagen laut Musik laufen. Es war perfekt. Am liebsten wäre ich für immer dort geblieben.

Reese rangelte gerade mit Barko auf dem Boden. Dieser versuchte aufgeregt den Ball an sich zu reißen. >Gott, bist du stark, Bark.<, lachte Reese. Seine Haare verschmalzen beinahe gänzlich mit dem Grün der Wiese unter ihm. Wir waren nun alle trocken und genossen die Wärme der Sonne gänzlich. Barko bekam den Oberteil-Knäuel überlassen und schüttelte sich mit ihm im Maul.
Ich sah ihm nach und sank selber ins Gras. Reese atmete schnell. Ich erblickte das Kreuz, das kurz vor seiner Armbeuge auf seinem Unterarm prangte. Es sah aus wie die, die auf einer Piratenkarte verzeichnet waren. Seine Tattoos waren alle von minderwertiger Qualität. Er hatte mir erklärt, dass er die schlechte Angewohnheit hatte, sich unter Alkoholeinfluss tätowieren zu lassen. Die Tätowierer waren den Umständen entsprechend professionell. >Das ist cool oder? Einfach so ins Freie.< Er schloss seine Augen und atmete durch. Ich nickte zustimmend und sah mich um. Barko knabberte an unseren Oberteilen. >Wir müssen mal zelten gehen, Richard. Das ist echt schön. Unter den Sternen schlafen. Ich mein´s ernst, erst denkst du dir nur, „Kacke, Ameisen in der Hose.“< Ich lachte. >... aber es ist echt schön. Wirklich.< Er blickte hoch gen Himmel. >Und man kann hier ungestört vögeln.< Seine Augen fanden meine. Ich legte meinen Kopf schief. >Komm.< Er spreizte seine Beine und winkte mich zu sich. Lächelnd ließ ich mich an ihn ran ziehen und küsste ihn. Ich konnte nicht anders, als mich kurz umzusehen. >Keine Panik, hier sieht uns keiner.< Ich wanderte mit meinen Lippen an seiner Brust hinab zu seinem Bauchnabel und umkreiste diesen mit meiner Zunge. Reese keuchte. >Tiefer.< Ich wanderte weiter runter, schob den Knopf aus dem Loch und zog den Reißverschluss runter. Er zuckte, als ich ihn am Saum seiner Shorts küsste. >Rick...<, seufzte er hilflos. Ich schob seine Shorts runter. Seine Finger griffen in mein Haar, da hörte ich mein Handy klingeln. Ich sah auf. >Rick, wag es nicht...<
>Bin gleich zurück.< Hastig stand ich auf und ging zurück zum Wagen. Ich stellte die Musik ab und ging an mein Handy ran. >Hallo?<
>Richard, kommst du heute noch nachhause?<
Ich sah mich zur Wiese um. Reese hob mir den Mittelfinger entgegen. Ich lachte. >Doch, ich komme heute. Ich bin mit Reese unterwegs. Könnte etwas später werden. Esst ohne mich.< Barko hatte sich vom Ball abgewandt und kuschelte wieder mit seinem Herrchen.
>Richard, musst du deinen Vater so provozieren?<, fragte sie seufzend.
>Ich provoziere ihn nicht. Ich bring ihn aber trotzdem mit. Wir haben Barko dabei.<
Sie atmete durch. >Na gut.<
Ich legte wieder auf und ging zurück zu Reese, der etwas beleidigt war, weil ich ihn im Kalten stehen gelassen hatte. >Geh weg. Hast du eine Ahnung, wie ungesund es ist, jemanden einfach hängen zu lassen, wenn das ganze Blut im Lendenbereich ist?<, klagte er und leitete mit seinen flachen Händen in die genannte Gegend.
>Ich mach es wieder gut.< Er spielte weiter den Beleidigten und ließ sich nur schwer in meine Arme ziehen. >Babe, komm her.< Meine Zähne knabberte an seinem Ohr, zogen daran, bis er schmerzvoll wimmerte. Doch trotz des Schmerzes erwiderte er meinen Blick hungrig.

>Hey, Mom.< Ich schob die Tür auf und ließ Barko rein. Er fand sofort seinen Weg zur Küche.
Meine Mutter schrie erschrocken auf. >Du liebe Güte. Hey, Barko.< Sie ging in die Hocke und streichelte den Hund. >Haley wird sich freuen. Sie ist im Zimmer. Reese, hi. Wie geht es dir?< Sie strahlte ihn an. Anders als mein Vater, konnte sie ihn leiden.
>Super duper, Mrs. Krimber.<
>Du kannst schon mal hochgehen.<, sagte ich zu ihm nach hinten. Er nahm Barko mit sich nach oben. Wir hörten Haley kreischend lachen.
>Dürfte ich wissen, weshalb ihr beide keine Oberteile tragt?<, fragte sie.
>Wir haben mit Barko gespielt und die T-Shirts als Ball benutzt.<, erklärte ich und nahm zwei kleine Flaschen Wasser aus dem Kühlschrank. >Ist Dad da?< Sie nickte. >Das wird bestimmt ein aufregender Abend.< Sie nickte nur wieder und lächelte mich müde an. Ich sprang schnell die Treppe hoch in mein Zimmer. Barko lag wie ein schützender Wall um Haley herum, die sich genüsslich an ihn ran kuschelte. Er war so riesig und sie so winzig. Sie konnte wie bei einer Decke in seinem Fell versinken. Reese kniete derweil auf meinem Schreibtisch und sah sich die Bilder auf meiner Pinnwand an. Er hatte sich schon ein T-Shirt von mir genehmigt.
>Du hast das blöde Bild von deiner Ex-Tusse immer noch.<, bemerkte er abwertend.
>Ja, habe ich. Sie war eine sehr gute Freundin.< Ich setzte mich auf das Sofa, da sah ich, er nahm das Foto von der Wand nahm. >Hey, Reese, lass es dran.<, verlangte ich und stand hastig wieder auf. Ich versuchte es ihm aus der Hand zu nehmen, doch er streckte seinen Arm weit hinter sich, sodass ich nicht ran kam und grinste dabei verschlagen. >Das ist nicht witzig. Gib es wieder her.<, schimpfte ich.
Er lachte. >Warum? Sie ist deine Ex. Warum interessiert sie dich noch?<
>Sie interessiert mich nicht. Ich will einfach nur...<
Er wich wieder meiner Hand aus. >Scheiß auf sie. Lass es mich zerreißen, wenn sie dich nicht mehr interessiert.< Seine Augenbrauen tanzten feixend auf und ab. Immer wieder diese Spielchen.
>Reese, gib es mir wieder oder ich...< Er blickte an mir vorbei. Mein Bruder stand an der Tür. Schnell entzog ich ihm das Bild, was mir einen zornigen Blick von seiner Seite aus einbrachte. Ich pinnte es wieder an die Wand.
>Joshy.<, begrüßte Reese ihn. Josh hob ein Buch hoch. >Ah!< Er nahm es ihm aus der Hand und sah es sich an. >Ja, habe ich gelesen. Leg los.< Die beiden philosophierten gerne über Bücher, die sie beide gelesen hatten. Wie ein eigener Buchclub. Ich und Haley spielten dann mit Barko. Mit dieser Einteilung hatten wir uns schnell eingefunden.
>Richard, weshalb hast du mich nicht über Reese´ Eintreffen informiert?<, fragte mich Dad plötzlich. Ich lehnte mit dem Kopf auf Barkos Rücken und schaute mit Haley, die auf meinem Bauch lag, fern.
>Weil er Sie auch nicht über das Eintreffen von Benjamin informieren muss, Mr, Krimber.<, kam Reese mir zuvor.
Ich nickte. >Stimmt.<
Mein Vater warf einen missbilligenden Blick auf die Konstellation Reese und Josh. >Das ist mir vollkommen egal. Dies ist mein Haus und ich entscheide, wer hier ein und aus gehen darf.<
Ich seufzte. >Wem tut er denn was?<
>Es ist mir egal, wem...<
>Schon gut. Schon gut. Ich gehe. Es ist sowie so spät.< Reese legte sich seine Jacke um und stieg vom Bett runter. >Haley sag Tschüss zu deinem Prinzen.< Auf´s Wort sprang sie von mir hinab und schlang ihre Arme um den Dünnen. >Barko, los.< Ich setzte mich auf und sah Barko zu, wie er aufstand und Reese hinter her ging.
Ich folgte den beiden runter. >Ich bin begeistert von deinem erwachsenen Verhalten.<, brummte ich, als ich an meinem Vater vorbeilief. >Tut mir echt leid. Du weißt, wie der ist.< Wir waren draußen. Reese zündete sich eine Zigarette an und dieses Mal hielt ich ihn nicht davon ab.
>Schon gut. Ich kenn´ deinen Alten doch.< Ich begleitete ihn noch etwas weiter, bis wir um die Ecke verschwunden waren und wir das Haus nicht mehr sehen konnten. >Das mit dem Zelten, steht das?<
Ich lächelte ihn an und nickte. >Klar.<
>Gut. Bis morgen.< Er küsste mich ganz kurz und keusch und ging.
Im Haus angekommen ging ich sogleich hoch in mein Zimmer. Josh war daraus verschwunden, doch Haley war immer noch verzaubert von den quietschenden Stimmen der Cartoon-Figuren im Fernsehen. >Ab ins Bett, Schwesterchen.<
>Ich will noch nicht!<
>Na los.< Sie verschränkte die Arme vor der Brust. Ihre Beinchen lagen vor ihr auf dem Boden ausgestreckt. Wie ein Püppchen sah sie aus. >Haley.<, sprach ich mit warnendem Unterton. Kurz wurde ihre bockige Miene ängstlich. >Wenn du jetzt brav ins Bett gehst, fahre ich morgen mit dir Flugzeug.< Sie sah mich hoffnungsvoll an. Immer noch nicht ganz überzeugt stand sie auf und streckte ihre gierigen Arme zu mir aus. Ich hob sie hoch. Sie kuschelte sich sofort in meine Arme. Ihr fester Griff machte klar, dass sie nicht schlafen gehenn würde. >Haley.<
>Ich will nicht schlafen.<
Ich verdrehte die Augen. >Du musst aber schlafen, Kleines.< Sie schüttelte heftig den Kopf. Es war sowie so klar, worauf das hinauslief. >Gut, geh Mom fragen, ob du bei mir schlafen darfst.< Genervt setzte ich sie auf dem Boden ab. Sofort rannte sie los und suchte meine Mutter auf. Schnell zog ich mich um und legte mich schon ins Bett. Wie erwartet, erlaubte Mom ihr bei mir zu schlafen. Sie schloss die Tür und schlüpfte zu mir. >So, jetzt schlafen.< Gemütlich legte sie sich auf meine Brust.
>Fernsehen.<
Ich kitzelte sie in den Bauch. Kichernd rutschte sie von meiner Brust runter. Ich drehte mich auf die Seite und drückte kurz meine Lippen an ihre Schläfe. >Schlafen.<, drängte ich mit geschlossenen Augen. Sie kuschelte sich an mich heran und gähnte.

Kapitel 3

 

>Ricky... lalalala. Ricky... lalalala...< Sie sang doch wirklich ein Lied. Noch immer mit geschlossenen Augen, lächelte ich. In ihrer Stimme lag nun ein Grinsen. Sie fuhr mit den kleinen Fingern über mein Gesicht. >Ricky... lalala... Er ist so ein großer Riese... lalalala...< Ich lachte und kitzelte sie wieder. Lachend schüttelte sie sich in meinen Arm.
Ich schlug meine Augen auf. Mit Haley auf den Armen kam ich runter in die Küche. Mom machte gerade Frühstück. Dad las am Tisch Zeitung und Josh schmierte sich ein Brot. >Hat dich deine Schwester schlafen lassen?<, fragte mein Vater.
Ich setzte mich auf den Stuhl ihm gegenüber und ließ Haley auf meinem Schoss sitzen. >Doch, es ging. Haley schnarcht nur wie ein Bär.<
Entsetzt sah sie mich an. >Tu ich nicht!<
Ich nahm dankend den Teller mit Speck und Eiern darauf an. >Frag doch Dad.<
Sie sah mit großen Augen zu unserem Vater rüber. Er zuckte mit den Schultern. >Ich dachte schon, jemand versuche einen Baum durchzusägen.< Sie schmollte traurig.
>Hört auf sie zu ärgern. Baby, du schnarchst nicht.< Wieder strahlend bekam sie nun das Essen von Mom und aß.
Irgendwann klingelte es an der Tür. Josh machte die Tür auf und begrüßte Benjamin. Zwanglos kam er rein. >Stör ich beim Frühstück?<, fragte er. Mein Vater liebte Ben. Er sah ihn als meine Erlösung von Reese und tat wirklich alles, damit ich so viel wie möglich Zeit mit ihm verbrachte.
>Ach was. Setz´ dich, Ben. Liebling, bringst du ihm auch noch was zu essen?<
>Danke, Mrs. Krimber. Ich brauche nichts. Hab schon gegessen.< Er erblickte Haley auf meinem Schoss. >Zieh dir mal was an. Du kannst doch nicht in Unterwäsche hier sitzen und deine...< Ich warf mit der Brotscheibe nach ihm. Lachend fing er sie auf.
>Halt deinen Mund, du Idiot.<
Er grinste mich an und nahm mir Haley ab. >Kleine, guten morgen.< Ben war wie verliebt in die Kleine. Sie lächelte ihn an und reichte ihm das Apfelstück. >Nein, schon gut. Iss es selber.<
Wir gingen nach dem Frühstück hoch in mein Zimmer. Ich warf mich wieder in mein Bett und gähnte. >Was willst du?<
Ben setzte sich vor den Fernseher und schaltete ihn an. >Geh duschen. Wir treffen uns mit den Jungs.<
>Keine Lust. Ich komm heute Abend zur Party und fertig. Jetzt verpiss dich und lass mich schlafen.<, blaffte ich.
Er stand auf. >Ich hole Wasser.< Sofort sprang ich aus dem Bett. Er machte ernst. Oft genug hatte er mir schon Wasser über geschüttet.
>Ok, ok, ok.< Ich ging ins Bad., duschte und zog mich dann schnell an.
>Also los.< Er schob mich raus, verabschiedete sich mit mir von meinen Eltern. >Bis dann.< Damit zogen wir ab. Ben fuhr uns zum Sportplatz, wo die Leute aus unserem Team warteten und schon spielten.
Es ging sofort los. Wir teilten uns in Teams auf und begannen zu spielen. Ich musste zugeben, in letzter Zeit war ich selten außerhalb der Schule mit meinen Freunden zusammen gewesen. Seit ich mit Reese zusammen war, war ich kaum mehr unterwegs mit ihnen, aber so war das einfach, wenn man frisch in einer Beziehung war.
>Das ist richtig assi. Ihr seid nicht mehr in einer Mannschaft.<, verlangte einer hechelnd, nach dem 4. Korb, den wir erzielt hatten.
Ich schlug Ben in die ausgestreckte Hand und grinste ihn an. Wir waren unschlagbar zusammen. >Hey, wir können nichts dafür, wenn ihr es nicht drauf habt.< Ich duckte mich, denn jemand hatte den Basketball nach mir geworfen. >Los, nächste Runde.<
Wir blieben den ganzen Tag draußen und schwitzten uns alles Wasser, dass wir während des Spiels tranken, wieder aus. Irgendwann fielen uns die Mädchen auf, die sich an den Rand gesetzt hatten und uns beobachteten. Ben, der Angeber, versenkte den Ball und hängte sich an den Korb dran. Ich schüttelte schmunzelnd den Kopf. >Die hol ich mir.< Er zwinkerte mir zu und joggte zu ihnen an die Wiese.
Ich nahm mein T-Shirt ab, dass ich mir im Verlauf des Spiels um den Kopf gebunden hatte, und fuhr mir damit über das verschwitzte Gesicht. >Was soll das?<, fragte ich die anderen und wies auf Ben, der nun bei unseren Zuschauerinnen angelangt war.
>Siehst du doch, er versenkt einen Korb.<, scherzte einer und lief an mir vorbei. >Eigentlich keine so schlechte Idee.< Er folgte ihm.
Ich nahm mir meine Flasche vom Boden und trank aus ihr. Ben trug dieses Lächeln auf seinem Gesicht, dass er immer heraus kramte, wenn er jemanden an baggerte. Keine Frage, die sahen wirklich gut aus. Sie waren wohl gerade joggen gewesen. Ihre trainierten Körper, von der Sonne gebräunt, steckten in engen Shorts, bauchfreien Tops und bunten Sportschuhen. Verständlich, dass er da zum Angriff übergehen musste. Er hatte offensichtlich Erfolg, denn die Frauen strahlten ihn an und nickten.
Und zeigten auf einmal auf mich.
Überrascht hob ich die Brauen. Ben drehte sich zu mir und zusammen winkten sie mir zu. Ich winkte zurück und versuchte meinem besten Freund gedanklich eine Nachricht zukommen zu lassen.
„Auf keinen Fall, Arschloch!“
Er gab mir Zeichen, zu ihnen zu kommen, doch ich schüttelte den Kopf und zeigte mit schmerzerfülltem Gesicht auf meine Brust. Sein Blick war tödlich. Seufzend setzte ich mich in Bewegung und ging zu ihnen rüber. >Hi. Richard oder?< Ein Mädchen mit langem dunklen Haar, welches sie sich zu einem strengen, hohen Zopf gebunden hatte, streckte mir ihre Hand zu. >Ben hat uns schon viel von dir erzählt.< Sie kicherten im Einklang.
>Ach wirklich?<, fragte ich und sah zu Ben.
Er zuckte mit einer Schulter. >Ich habe Michelle und ihre Freundinnen heute zu uns eingeladen.<, erklärte er. Ich sah ihn anklagend an. >Hört sich gut an oder?<
>Ja, fantastisch.< Ich lächelte die Frauen an und bemerkte dabei Michelle, wie sie mich höchst ungeniert taxierte. Plötzlich fühlte ich mich steigend unwohl, so ohne Oberteil. Mir war klar, warum Ben sie eingeladen hatte. >War mir eine Freude, euch kennenlernen zu dürfen.<, sagte ich, sah dabei aber ihn an. >Bis heute Abend.< Wir konnten endlich gehen und ich stieß Ben an der Schulter an. >Was soll´n das jetzt?<, fragte ich ihn fassungslos.
>Was soll was? Ich habe dir gerade eine sichere Nummer für heute Nacht besorgt. Gern geschehen.<
Ich fuhr mir durchs feuchte Haare. >Danke, das war aber nicht nötig.<
Er schlang seinen Arm um meinen Hals und zog mich zu sich. >Komm schon. Ich will doch nur das man sich gut um meinem süßen, hübschen Kindergartenfreund kümmert.<
Angeekelt stieß ich ihn von mir. >Du bist total verschwitzt, Alter. Geh weg.< Er löste sich von mir und klatschte bei den anderen ab. Die Mädchen blieben noch lange da. Ich fing immer mal wieder den Blick von Michelle auf. Sie war wirklich hartnäckig.

>Jetzt hab ich also diese Michelle an meinem Arsch hängen?<, fragte ich. Ich saß bei ihm im Zimmer auf dem Schreibtisch und sah ihm belustigt dabei zu, wie er sich seine Haare frisierte.
Er versuchte dieses stylische Gewirr hinzukriegen und war dabei hochkonzentriert. >Rick, du hast jetzt diese scharfe Kanone am Arsch hängen und hast heute Abend was zu tun.<
>Wow, deine Zukünftige wird so ein Glück mit dir haben.<, murmelte ich.
Ben erachtete sich als fertig und ließ seinen Kopf kreisen. >Ja. Und du wirst eine fabelhafte Brautjungfer für sie sein.< Er zog mich auf die Beine und trat durch die Tür raus. >Lass uns gehen.< Wir stiegen in seinen Wagen ein und fuhren los. Die Party fand im Haus eines Schulfreundes statt. Seine Eltern waren gerade im Urlaub. Es war schon ziemlich voll, als wir bei ihm antrafen. Laute Musik ließ die Scheiben wackeln, die tanzenden Schüler brachten gleichzeitig den Boden zum erschüttern. Alle waren betrunken und nahmen Drogen zu sich.
>Hey!<, riefen alle, als sie uns sahen und reichten uns was zu trinken. Wie er erwartet, war mein Drink alkoholisch. Ich legte ihn gleich wieder ab und füllte mir ein Glas mit Wasser, damit mir niemand sonst noch etwas zu trinken anbot.
Ben hatte schon nach kurzer Zeit eine Frau an sich hängen und tanzte eng mit ihr zusammen. Ich ließ mich in einen Sitz fallen und ignorierte die Frauen, die versuchten mit mir zu flirten. Irgendwann stellte sich dann jemand direkt vor mich. Die nackten, schlanken Beine, die in den Jeansshorts steckten, zeigten mir, dass die Beine zu einer weiblichen Person gehörten. >Tut mir leid, ich bin nicht in Stimmung.<, brummte ich genervt und nippte an dem Glas. Sie beugte sich zu mir vor. Ein ausladender Ausschnitt offenbarte sich mir. Ich sah sofort hoch in ihre Augen. >Das ist wirklich ein sehr schönes Angebot, aber ich lehne ab...<
Es war Michelle. >Eine Freundin?< Ich verneinte und hob abwehrend die Arme, denn sie setzte sich rittlings auf meinen Schoss. >Was hält dich dann auf?<, fragte sie, nahm mein Glas und trank davon. >Ist das Wasser?< Sie roch nach Wodka und hatte wohl schon eine Menge davon getrunken.
Ich nickte. >Ich würde mich morgen gerne noch daran erinnern, was ich getan habe.<
Sie lächelte und nickte. >Kann ich verstehen.<
>Wenn du willst, überlasse ich dir den Sessel.< Ich machte Anstalten aufzustehen, doch sie drückte mich zurück und beugte sich zu mir vor. An ihrem Kopf vorbei konnte ich Ben sehen, wie er grinsend die Daumen hob. Ich verdrehte die Augen. >Michelle, keine Ahnung, was Ben dir gesagt hat, aber ich muss dich enttäuschen. Ich bin nicht... ehm... auf der Suche:<
Ihr Gesichtsausdruck war unergründlich. >Niemand sagt, du sollst auf der Suche sein, Baby. Ein bisschen Spaß, schadet niemandem.< Sie umfing mein Gesicht und wollte mich küssen. Schnell umschlang ich ihre Taille und hob sie hoch, sodass wir voreinander standen. >Whoa!<, rief sie erschrocken auf und hielt sich an meinen Oberarmen fest. Lächelnd betastete sie meinen Bizeps.
Ich schüttelte den Kopf. >Ernsthaft, ich habe echt keine Lust.<, drängte ich erneut.
Sie sah mich abschätzend an. >Wirklich?<
>Wirklich.<
Sie schnalzte mit der Zunge und zuckte mit einer Schulter. >Schade, du bist echt heiß.<
>Danke.< Damit wandte sie sich ab und ging. Erleichtert seufzte ich und fuhr mir durchs Haar. Ein Mädchen mit blonden Haaren fixierte mich nun. >Himmel...<, stöhnte ich genervt und ging, bevor sie auch noch auf die Idee kam mich anzumachen. Ich wusste, dass ich jetzt unbedingt das schlechteste Angebot war, aber hier wurde ja deutlich übertrieben.
Ich gesellte mich zu meinen Freunden ins Esszimmer. Sie diskutierten über unser letztes Spiel gegen einer der benachbarten High Schools. Wir hatten gewonnen, wie auch die letzten 5 Spiele. Wir hatten eine ziemliche Glückssträhne gerade. Es lief gut.
>Jungs, ihr müsst den Pool sehen.< Ich wurde mit den anderen raus in den Garten geschoben. Der Pool war riesig und in der Form eines Ovals. Neben dem eigentlichen Becken war noch ein zweites Oval, das sich als Whirlpool herausstellte. Es war wirklich beeindruckend. Draußen vor dem großen Pool steckte ein Schild im Boden auf dem stand, „Im Wasser, ausziehen!“ Ich lachte. Deshalb war also niemand drinnen. Es brauchte dann doch einen gewissen Alkoholpegel, bevor man sich auszog. Ich wandte gerade das Wort an einen Kumpel, als es mich vom Boden riss und ich im gerade erwähnten Pool landete. Ich tauchte ab und machte wegen der Wucht einen Salto im Wasser. Langsam kam ich wieder an die Oberfläche und sah, nachdem ich mir das nasse Haar aus dem Gesicht gewischt hatte, wer der Verantwortliche war. Natürlich, Benjamin. Er kriegte sich kaum ein vor Lachen und hielt sich den Bauch.
>Ausziehen! Ausziehen! Ausziehen!<, fingen die Leute an zu rufen, die sich vor dem Pool sammelten. >Ausziehen! Ausziehen! Ausziehen!< Ich grinste breit und schüttelte den Kopf, doch sie blieben stur und ließen mich nicht raus.
>Verdammt.<, fluchte ich und zog mein Oberteil aus. Sie begannen zu jubeln. Ich hörte Pfiffe und eindeutige Komplimente. Ich knüllte mein T-Shirt zusammen und warf es direkt auf Ben. Er lachte noch immer, drückte das Wasser aus und hob es provokant hoch. Als nächstes flogen meine Schuhe durch die Luft. Ich schlüpfte aus meinen Socken und zog meine Hose aus. Als die bei Ben landete traf das Gejubel seinen Höhepunkt und das Gekreische der Frauen schmerzte in meinen Ohren. >Zufrieden?<, fragte ich und hob die Arme. Ich konnte wieder aus dem Becken steigen und bekam ein paar anerkennende Blicke zugeworfen. Die Jungs kriegten sich nicht ein. >Ja, sehr witzig, ihr Volltrottel.< Ich stieß sie von mir. Da wurde ich in den Hintern gekniffen. >Oh, hey!<
>Hier, meine Nummer.< Die Frau mit den roten Haaren reichte mir einen kleinen Zettel.
>Viiiiielen Dank.< Ich betonte es absichtlich übertrieben und steckte mir den Zettel in die schwarzen Shorts. >10$ für jeden Griff.<, verlangte ich von meinen Freunden.
Sie lachten auf. >Drin.<, sagten sie einstimmig.
Ich schüttelte ihre Hand und hatte nach 30min schon 40$ und 16 Handynummern in meiner Unterwäsche. Ich war kaum zu retten. Egal wohin ich mich hin drehte, irgendwo fand sich eine Hand an meinem Hintern.
>Wo ist Ben?<
>Mit `ner Blondine in meinem Zimmer.<, brummte einer. Ich lachte auf streckte mich auf dem Sofa. Meine Kleidung war immer noch nass und trocknete auf der Heizung. Die ganze Wohnung war vollkommen verraucht. Überall war dieser süßliche Geruch von Gras, der sich mit dem beißenden Geruch von Alkohol vermischte. Nach meinem Sprung in den Pool hatten sich auch die anderen getraut rein zu springen und sich auszuziehen. Die Stimmung war dementsprechend gespannt.
>Ah-Ah. Ich kann nicht mehr. Siehst du? Alles voll.< Ich zeigte mit dem Finger auf meine gefüllten Shorts.
Die Frau mit dem Zettel in der Hand nickte. >Oh ja, da ist wirklich alles voll. Deswegen bin ich ja hier.< Okay, der war gut gewesen.
Ich lachte. >Danke.< Ich nahm den Zettel doch an. >Mehr geht leider nicht. Tut mir leid.< Ich feierte noch die ganze Nacht mit meinen Freunden zusammen. Es wurden so viele Gläser und Flaschen gekippt, es war unglaublich.

Am Morgen war das ganze Haus übel zugemüllt. Die Leute lagen schlafend oder bewusstlos auf dem Boden herum. Ich stützte Ben zum Wagen und setzte ihn auf die Hinterbank. Noch immer in Unterwäsche setzte ich mich hinter das Lenkrad und startete den Motor. >Benjamin, zu dir oder zu mir?<, fragte ich ihn.
Er ächzte. >Bist du verrückt, Alter? Ich rieche wie eine scheiß Bar.<
>In Ordnung.< Ich fuhr also zu mir nachhause und half ihm hoch in mein Zimmer. Bei mir schliefen alle noch, weshalb alles so ruhig war. Ich warf ihn auf mein Bett, holte einen Eimer und stellte ihn daneben ab. Ben war sofort am Wegdösen. >Gott, dass war eine schlechte Idee.< Ich fasste mir in die Shorts und holte mehrere Hände voll Zettel heraus. >Fass dir nicht an die Eier, wenn ich hier schlafe, Rick.<, krächzte er.
Lachend pflückte ich weitere Zettel heraus. >Halt´s Maul. Das ist ja wohl, wenn schon, deine Schuld.< Ich warf alles in den Müll. >Ich bin Duschen. Versuch nicht zu verrecken.< Als Antwort bekam ich ein Brummen.
Frisch angezogen ging ich runter in die Küche und machte Kaffee. Mit zwei Tassen, einem Glas Wasser und einer Aspirin-Tablette kam ich zurück ins Zimmer, wo ich Ben schnarchend über den Bettrand hängen vorfand, und stellte es auf dem Nachttisch ab. Ich schlug mit der flachen Hand auf seine Stirn.
Fluchend wachte er auf. >Verdammter Wichser.<
>Trink.<
Er nahm das Wasser und trank davon. >Das hättest du auch netter sagen können.< Er machte einen Schmollmund. >Best Friends forever!<, quiekte er mit hoher Stimme. Ich klopfte ihm auf die Schulter und warf mich gähnend ins Sofa. Während er schlief, sah ich fern und trank vom Kaffee. Irgendwann schlief ich dann doch ein und wachte erst auf, als Ben sich von mir Kleidung borgte.
>Wie viel Uhr ist es?<, fragte ich.
Er schloss die Hose und sah sich auf seine Armbanduhr. >Kurz vor zwei. Meine Schwester ist gleich hier und...<
>Judy?!< Von einer Sekunde auf die andere war ich hellwach. Judith. Oh, Judith. Sie war wirklich eine Klasse für sich. Judith war 18, ein Jahr älter als wir beide und... irgendwas war bei ihr, das einfach unverschämt... heiß war. Es war kaum auszuhalten. Und sie stand auf mich. Sie machte keinen Hehl daraus und ich hatte auch kein Geheimnis daraus gemacht, dass ich sie wollte. Wir waren schon öfters zum Knutschen gekommen und es war oft auch fast dazu gekommen, dass wir miteinander geschlafen hätten. Es war einfach immer falsch gewesen, auf dem Bett von Ben oder ihre Mutter gerade essen machte. Es war immer irgendwie falsch gewesen.
>Ja, aber lass sie in Ruhe. Das ist voll eklig, wenn ihr miteinander rummacht.<
>Ich geh schon mal runter.< Er seufzte genervt. Doch ich joggte die Treppen runter und ging raus, wo gerade ihr Auto vorfuhr. Ich konnte sie schon durch die Windschutzscheibe grinsen sehen. Auf keinen Fall, würde ich Reese betrügen, aber Judy war irgendwie meine Schwachstelle. Sie stieg aus und erfüllte wirklich alle Erwartungen, die man an sie hätte stellen können. Ihre langen Beine steckten in hochgeschlossenen, abgewetzten Jeansshorts, die kaum ihren Hintern bedeckten. Drüber trug sie ein geblümtes Bustier. Ihre lockigen hellbraunen Haare gingen runter bis zu ihrer Hüfte. Ich liebte lange Haare.
>Hi, Süßer.<, begrüßte sie mich und legte ihre Hand an meinen Oberarm. Sie setzte sich auf die Motorhaube und sah mich erwartungsvoll an. >Geht es meinem Bruder gut?<, fragte sie.
Ich lehnte mich neben ihr an. >Natürlich, ich passe auf ihn auf.<
>Das hoffe ich doch. Kommst du mit zu uns?< Keine Frage, was passieren würde, wenn ich mitkäme. Ich schüttelte den Kopf. Sie schmollte. Es war nicht annähernd so süß, wie wenn Reese das machte. >Warum? Ich habe noch nicht mal einen Kuss von dir bekommen. Bist du sauer auf mich?< Sie schlang beide Arme um mich und zog mich an sich. Ich drehte ihr Kinn und drückte meine Lippen an ihre Wange.
>Könnt ihr nie die Finger voneinander lassen? Voll widerlich.<, klagte Ben. Er kam gerade die Treppe runter und massierte sich die Stirn.
Judy rutschte von der Haube runter und umarmte mich noch enger als zuvor. >Er ist so hübsch.< Ich musste lachen und erwiderte ihre Umarmung mit einem breiten Grinsen in Richtung Ben.
Er nickte. >Ja, ja. Fahr mich einfach nachhause.< Er stieg fluchend in den Wagen ein.
Sie hob den Blick zu mir an. >Wann fragst du mich eigentlich endlich mal aus?<
>Wer sagt, dass ich nicht schon versorgt bin?<
Sie löste sich von mir. >Weil du mich anmachst.< Ich lachte und sah Reese, wie er um die Ecke gelaufen kam. Ich hob meine Hand. Selbst aus der Entfernung konnte ich sehen, wie er seine Brauen zusammenzog und Judy wütend beäugte. Das würde noch witzig werden. Sie drehte sich zu ihm um. >Oh, ist das dieser Reese?<, fragte sie. Ich nickte. >Wow, er ist süß.< Ich öffnete ihr die Wagentür. >Na gut. Küss mich.<, verlangte sie stur und spitzte ihre roten Lippen.
Ich schüttelte den Kopf. >Lieber nicht. Du weißt doch, wie mein Vater ist.<
>Deinem Vater würde es nur zu sehr gefallen, wenn wir gleich morgen heiraten und Kinder kriegen.< Das stimmte wirklich. Judith war für meinen Vater die ideale Frau für mich. Und eigentlich war es schon mit ihren Eltern abgeklärt, dass wir ihm seine ersten Enkel bringen würden.
>Verschieben wir das, in Ordnung?< Sie stieg in den Wagen und fuhr rückwärts raus. Ich ging zur Haustür zurück und hielt sie für Reese auf. Er sah dem Auto nach und dann mich. >Kommst du rein?<, fragte ich, nachdem er sich nicht vom Fleck rührte.
>Machst du mit mir Schluss?<
>Nein.<
>... aha.< Er lief an mir vorbei ins Haus, direkt die Treppen hoch in mein Zimmer. Er roch ja schon nach Ärger. Ich schloss die Tür ab. >Was sollte das?<
Ich fuhr mir durchs Haar. >Was soll was?<
>Richard, soll ich es dir buchstabieren?<
>Was? Darf ich niemanden mehr anfassen, bis auf dich?<, fragte ich ungläubig.
Er zog seine Jacke aus und warf sie auf das Sofa. >Die war auf jeden Fall nicht niemand.  Hattet ihr schon mal was miteinander?<
Ich zuckte mit den Schultern. >Wir hatten keinen Sex, falls du das meinst.< Er verzog das Gesicht. >Reese.< Ich ging einen Schritt auf ihn zu. >Ich würde dich niemals betrügen, aber ich bin nicht schwul. Ich habe mich in dich verliebt, nicht in Männer. Und ja, sie ist gutaussehend... Wen juckt´s?<
Misstrauisch hob er eine Braue. >Sieht mir eher danach aus, als würdest du dich dazu bereit machen, deinen Wagen in ihrer Garage zu parken. Diesen Haufen Scheiße brauche ich mir nicht anzuhören.<
>Hey.< Ich packte sein Kinn und drehte es zu mir. >Rede nicht so mit mir, hast du gehört?< Sein Gesichtsausdruck war vergleichbar mit dem, wenn Haley kein weiteres Bonbon bekam. >Ich bin mit dir zusammen. Vergleich mich nicht mit den Typen, mit denen du davor was hattest. Ich mach so etwas nicht.< Ich löste mich von ihm.
Schuldbewusst senkte er sein Haupt. >Sorry.< Er nahm mich in den Arm. Seufzend sah ich auf ihn runter. Wie eine Katze kuschelte er sich an mich ran und suchte Blickkontakt. >Nicht sauer sein.< Wie Judy es zuvor getan hatte, spitzte er die Lippen und musste sich dabei das Grinsen verkneifen. Ich küsste ihn. >Rede nie wieder mit ihr.<
>Ich wusste es.< Ich schob seine Arme von mir und warf mich seufzend in mein Bett.
>Die will dich, Mann. Das ist unfair. Und das ist die Schwester von Ben oder? Also kennt sie dich auch viel länger als ich. Wie...?<
Oh Gott.
>Du hörst dich an wie meine Ex.<
>Was?!< Seine Stimme überschlug sich. >Wie wer höre ich mich an? Du...!< Er warf sich auf mich, packte sich ein Kissen und schlug mich damit. Lachend hielt ich mir die Arme schützend vor das Gesicht. >Du bist so ein Arsch!< Ich packte ihn am Haaransatz in seinem Nacken  und zog ihn zu einem Kuss runter. >Blödmann...<, fluchte er und bewegte dabei meine Lippen mit seinen mit. Er setzte sich auf. >Nennt mich eine Frau.< Schnaubend stand er auf. Ich zog ihn zurück in meine Arme. >Nein, ich bin sauer.<, sagte er, doch ich küsste ihn und brachte ihn zum Schweigen.
>Warum bist du überhaupt hier?<, fragte ich ihn und streckte mich auf dem Bett.
Er stieg von mir runter. >Erst war ich einfach nur geil, aber das hast du dir gründlich versaut, Schatz. Sandra hat mich genervt, ich soll meine Hausaufgaben machen.<
>Du willst jetzt Hausaufgaben mit mir machen? Denkst du wir können der erotischen Spannung widerstehen?<, fragte ich ihn und stand auf. Er lächelte mich anklagend an. Es stellte sich heraus, dass wir der erotischen Spannung widerstehen konnten.
Die Sache mit Reese und der Schule war schon etwas komisch. Er war nämlich unglaublich intelligent. Er verstand Dinge sehr schnell. Sein einziges Problem war, dass er einfach keine Lust hatte etwas für die Schule zu tun. Überhaupt nicht. Er war viel besser als ich, seine Noten aber um vieles schlechter. >Wenn du mal so im Unterricht mitmachen würdest... Du wärst der absolute Überflieger.<
Schulterzuckend rechnete er weiter die Gleichungen aus. >Ich habe keine Lust.<
>Du wirst es nach der Schule echt schwer haben, wenn du so weiter...<
>Bist du jetzt meine Mom?<, blaffte er.
Ich schüttelte den Kopf. >Ich meine nur, es wäre schade, wenn...<
>Lass es, Rick. Wenn ich unter der Brücke lande, wird es nichts mit dir zu tun haben.<
>Deswegen sage ich ja, du solltest...<
>Könnten wir einfach die scheiß Hausaufgaben machen? Danach verpiss ich mich auch wieder.< Wir verfielen in ein betretenes Schweigen. Schuldbewusst linste ich immer mal wieder zu ihm herüber, doch er gab mir nur die kalte Schulter.

Er faltete die beschriebenen Blätter und steckte sie sich in die Jackentasche. Ohne einen weiteren Blick an mich zu verschwenden ging er zur Tür. Ich ergriff seine Hand, bevor er mein Zimmer verließ, und zog ihn zu mir zurück. Widerwillig ließ er es zu. >Komm her. Ich will dir nur helfen. Probier´ es wenigstens. Für eine Woche. Wenn du es durchhältst, gehen wir nächstes Wochenende zusammen zelten.<
Mit leuchtenden Augen sah er mich an. >Ernsthaft?< Ich nickte. >Okay.< Zufrieden küsste ich ihn auf die Stirn und fuhr ihm durchs Haar. >Ich werde mir Mühe geben.< Er klopfte mir auf die Brust. >Gute Taktik. Ich geh jetzt.< Ich versuchte ihn noch zu mir zurück zu ziehen, aber er entwischte mir. >Ne, den hier kriegst du heute nicht mehr.< Er wackelte mit seinem Hintern und grinste mich an.
Lachend sah ich ihm nach. >Das tut echt weh.< Ich schlug mir auf die Brust und tat so, als würde es mir dort wirklich wehtun.
>Ja, das hast du auch verdient.< Er schloss die Tür auf, sah sich aber zu mir um, bevor er ging. >Übrigens werde ich morgen von einem Kumpel in die Schule gefahren. Und nur damit du es weißt, er ist eeeeeeeeecht heiß.< Er sprach den letzten Teil ganz nasal und schlug sich die unsichtbaren langen Haare zurück. Er ging raus auf den Flur, kam dann aber schnell wieder zurück gerannt und küsste mich hastig. >War ein Spaß, du bist viel heißer.< Schmunzelnd nahm ich seinen Kuss an. >Bis morgen, Süßer.< Damit verschwand er dann wirklich. Ich hörte unten, wie er sich von meiner Mutter verabschiedete und dann aus der Tür ging.
Ich blieb nicht lange allein. Haley kam mit einem Becher Eis die Treppen hoch. Sie erblickte mich und war sofort auf der Hut. Nach der rosa Farbe auf ihren Mundwinkeln zu urteilen, war es Erdbeereis in der Schüssel vor ihr. >Nein! Mein Eis!<, lamentierte sie.
Desinteressiert hob ich die Schultern. >Ich hab doch gar nichts gesagt.< Ich schlenderte lässig zu ihr den Flur.
Sie starrte mich aus kleinen Schlitzen misstrauisch an. >Gut!<, motzte sie. Ich nickte und sah ihr dabei zu, wie sie weiter zu ihrem Zimmer stampfte. Leise schlich ich hinter ihr her und entwand ihr den Eisbecher mit einer schnellen Bewegung. Erschrocken schrie sie auf. Ich rannte schnell vor ihr weg und schob mir einen überladenen Löffel in den Mund. >Mummy!<, kreischte sie. Lachend ging ich in mein Zimmer und versteckte mich vor ihr hinter meinem Sofa. Trotzig umkreiste sie es. >Mummy, Ricky hat mein Eis geklaut!< Ihre Stimme überschlug sich und ich musste noch lauter lachen.
>Richard, gib deiner Schwester ihr Eis zurück!<, rief meine Mutter von unten zurück.
Augen verdrehend reichte ich Haley die Schüssel. Sofort entriss sie mir den Becher und streckte mir die Zunge raus. >Blödi.< Ich schubste sie leicht an der Schulter. Fast wäre sie gestolpert, fasste sich aber noch rechtzeitig und versuchte mich mit ihrer kleinen Hand zu schlagen. Der Schlag viel dementsprechend dürftig aus.
>Zicke.<

Nach dem Abendessen half ich meinem Bruder bei seinen Hausaufgaben und machte dabei auch meine. Haley kritzelte derweil Bilder und sang leise. Dad brachte unsere kleine Schwester dann ins Bett als es Zeit wurde und setzte sich dann noch zu uns. Wir sahen im Wohnzimmer unten zusammen fern, wobei Josh sich an mir anlehnte, da er fast eingeschlafen war.
>Hast du dir schon überlegt, welches Studienfach du belegen möchtest?<, fragte er mich und nippte an seinem Bier.
Ich gähnte. >Keine Ahnung. Hast du nicht gesagt, Ingenieurswesen?<, fragte ich.
Er nickte. >Gut, dass du weißt, welche Zukunft dir bevor steht. Das ist wichtig. Man braucht ein Ziel. Nur verstehe ich nicht, warum du deine Zeit mit diesem verschandelten Jungen verschwendest?< Er fing also wieder an.
Seufzend rieb ich mir das Nasenbein und schüttelte den Kopf. >Keine Ahnung, wen du meinst.<
>Dieser Junge... Ein trauriger Anblick. Sein Vater hat ihn verstoßen und die Mutter ist verstorben. Natürlich, ist er verkommen. Ihm fehlt die Strenge eines Vaters und das Licht des Herrn. Schade, dass nicht jeder seinen Weg zum lieben Gott findet.<, murmelte er.
>Dad, niemand ist verkommen. Weder Reese noch sonst jemand.<
Er schnaubte. >Ach, komm. Ich war auch einmal jung, Richard. Ich kenne solche Leute. Sie nennen ihr Leben „Freiheit“ und alle denken „Ah, das ist aber toll. Wie mutig.“< Wieder nur ein gehässiges Schnauben. >Solche Menschen sind armselig...<
>Dad, das stimmt nicht.<, schnauzte nun Josh, der aus seinem Halbschlaf erwacht war. Er hatte sich aufgesetzt und blickte ungläubig zwischen mir und unserem Vater hin und her. >Wie kannst du das anhören und den Mund halten? Erst letztens habe ich davon gelesen, wie viele Menschen in ihrem eigenen Zuhause dahin gammeln und nichts von der Welt gesehen haben. Hast du eine Ahnung, wo Reese schon überall gewesen ist? Wenigstens hat er etwas von seinem Leben gehabt.< Er lehnte sich wieder zurück. >Ich wünschte, ich hätte so ein Leben wie Reese.< Beeindruckt und entsetzt blinzelten ich und Dad auf den kleinen Mann runter.
>Solch einen Müll will ich nie wieder aus deinem Mund hören. Das Bereisen von anderen Ländern ist kein Beweis von Intelligenz, Josh. Geh in dein Zimmer.< Er trank wieder aus der Flasche Bier.
>Das ist unfair.<, brummte mein Bruder und ging ergeben aus dem Wohnzimmer. Er tat mir leid. Er mochte Reese. Von Anfang an. Die beiden verstanden sich auf Anhieb. Josh bat Reese immer wieder darum, ihm mehr von seinen Ausflügen ins Ausland zu erzählen und hörte ihm dann eifrig zu.
>Du bist mittlerweile zu alt, als dass ich dir verbieten könnte, dich mit diesem Jungen zu treffen. Dennoch rate ich dir, dich von ihm fern zu halten. Er hat einen schlechten Einfluss auf dich.<
Ich stand auf und nickte. >Gute Nacht, Dad.<
>Gute Nacht, Junge.<
Bis jetzt hatte ich immer getan, was meine Eltern von mir verlangt hatten. Das war auch nie ein Problem für mich gewesen, aber diese Engstirnigkeit im Sinne von Umgang mit Menschen. Ich konnte damit nicht umgehen und ich konnte es auch nicht akzeptieren. Egal, wie sehr es mir leid tat, dabei meinem Vater zu widersprechen.

Gerade als ich Ben auf dem Parkplatz vor der Schule antraf, fuhr auch Reese mit seinem Freund vor. Ich blieb stehen, um auf ihn zu warten.
>Was? Musst du Händchen mit dem halten, damit er den Weg ins Klassenzimmer findet?<, fragte Benjamin herablassend.
Ich schnitt eine Grimasse. >Was, wenn?< Schnaubend lehnte er neben der Tür und nickte einem Mädchen zu, als sie an uns vorbeiging. Ich sah wieder zu Reese. Er stieg gerade aus dem Wagen und hielt sich an der geöffneten Tür fest. Auf seinen Lippen lag ein etwas dümmliches Lächeln. Verwirrt kniff ich meine Augen zusammen. Er blickte rüber zu einem Kerl mit schwarzen, schulterlangen Haaren. In dunkler Kleidung und Nieten auf den ledernen Schultern schwankte er am Auto vorbei und stützte sich an der Motorhaube ab. Die Schüler, um die beiden herum, beäugten sie missmutig und machten gezielt einen Bogen um das ramponierte Auto.
>Guck sie dir an. Jämmerlich.< Ben verzog angeekelt das Gesicht.
>Genauso jämmerlich wie du in Windeln in der ersten Klasse.<
>Halt´s Maul.<, zischte er und sah sich besorgt um.
Ich beobachtete Reese, wie er auf wackligen Beinen zur Schule torkelte und sich von seinem Freund stützen ließ. >Die sind betrunken. Scheiße sturzbetrunken.<, erkannte ich entsetzt.

 

Kapitel 4

 

Benji lachte gehässig auf und verschränkte die Arme vor der Brust. Mit festen Schritten bahnte ich mir meinen Weg an den anderen Schülern vorbei zum vermeintlichen Wagen und blieb vor dem kichernden Reese stehen. Die blutunterlaufenen Augen zeigten mir, dass er wahrscheinlich auch noch etwas geraucht hatte. >Du hast betrunken.<, bemerkte ich streng. Es war weniger eine Frage, als eine Feststellung das lag teilweise auch daran, dass er stank wie eine verdammte Bar.
Er fuhr sich mit einer zittrigen Hand durchs Haar und grinste mich breit an. >Bingo!<
>Hey, ist das dein Lover-Boy?<, fragte der Fremde.
Ich ignorierte den Kommentar. >Bist du high?< Ich drückte seine Stirn mit meiner Hand nach hinten, zwang ihn damit mich anzusehen.
>Und schon wieder ein Volltreffer. Krimber, wie immer auf der Höhe.<, krächzte er.
>Erst gestern hast du mir versprochen, du würdest dich für die Woche zusammen raffen.<, erinnerte ich ihn.
Hinter mir ertönte ein Lachen. >Hattest recht. Wie eine hochschwangere Mama.<
Nun wandte ich mich zu dem Typen mit den schwarzen Haaren um. >Danke, dass du ihn hergefahren hast. Auch, wenn du ihn wegen deines Zustands in Gefahr gebracht hast.< Ich packte Reese an seinem Ärmel und wollte ihn mit mir wegziehen, der Kerl stellte sich aber zwischen uns. >Gibt's noch was?<
>Keine Ahnung, was du mit diesem Waschlappen willst, Reese.< Er sah mich von unten nach oben an und lächelte hinterlistig. Wütend ballte ich meine Hand zur Faust, noch bevor ich aber etwas erwidern konnte, kam Reese dazwischen.
>Lass das. Ich hatte...< Er hickste. >... noch nie einen so guten, Antony. Hey, Babe, wollen wir vögeln?<, fragte er mich und krallte sich an meinem Oberteil fest.
Meine Augen lagen immer noch auf diesem Antony. >Mit Sicherheit nicht, wenn du betrunken bist.<
>Noch nie einen so guten? Sogar besser als ich?<, fragte er gespielt ungläubig. Für eine Sekunde erstarrte ich. >Oh, hat er dir nicht erzählt, dass er die Nacht mit seinem Freund verbringt. Sehr guter Freund.<
Reese gluckste. >Mann, erinnert mich an diese Soaps. Bis dann, Anthony.<
>Ex-Freund. Das Ex steht für „Hat`s nicht im Bett gebracht.“. Bis dann, Anthony.< Ich schlang meinen Arm um Reese Schulter und zog ihn mit mir mit. Ich konnte noch spüren wie böse Blicke sich in meinen Rücken stachen, doch das war mir egal. So ein Scheißdreck.
Ben schloss sich uns an, sobald wir an ihm vorbeiliefen. >Reese, warum siehst du so scheiße aus?<, fragte er provokant.
>Überflüssig, Benjamin.< Ich stützte Reese bis zu den Jungstoiletten.
Ben blieb stehen. >Ich verpiss mich.<, stöhnte er genervt und ging Kopf schüttelnd weiter.
Ich setzte Reese an einer Wand ab und ging vor ihm in die Hocke. >Warte hier und versuche so gut wie möglich ins Klo zu spucken, falls du kotzen musst. Ich bring dir Essen und etwas zu trinken.<, erklärte ich und fuhr ihm durchs Haar.
Er schloss seine Augen und gähnte. >Kuss.<, verlangte er.
Lächelnd verneinte ich. >Das ist deine Bestrafung.<
>Gehen wir noch zelten?<
Ich lehnte mich zu ihm vor, atmete dabei ungewollt den Geruch des Alkohols ein, und küsste ihn auf die Stirn. >Überleg' ich mir noch. Warte hier.<, ermahnte ich ihn erneut und stand auf. Im Lauftempo ging ich in die Cafeteria, kaufte einen belegten Bagel und eine Flasche Wasser. Als ich zurückkam massierte Reese sich die Stirn und ächzte schwer, als er sich versuchte aufzusetzen. Ich setzte mich neben ihn und reichte ihm das Gekaufte. Ohne Wiederworte begann er zu trinken, würdigte den Bagel jedoch keines Blickes. >Reese, iss.< Ich hielt es ihm hin. Befremdlich schnupperte er an dem belegten Brot, rümpfte die Nase und trank weiter. >Ich werde es dir auch gewaltsam einflößen, wenn das nötig ist.<, warnte ich ihn.
Er lehnte seinen Kopf an meine Schulter und seufzte theatralisch. >Ich wünschte, du würdest mir etwas ganz anderes einflößen.<, murmelte er.
Ich schmunzelte. >Das können wir dann vielleicht später machen.<
Sein Gesicht wandte sich mir zu. Zärtlich strich er mit seinen Fingern über meine Lippen. >Eigentlich würde ich sogar lieber dir etwas einflößen.< Ich öffnete meinen Mund ein kleines wenig, nahm damit seinen Zeigefinger in Gefangenschaft und knabberte an ihm. Reese' Augen wurden für einen kurzen Moment groß. Gefesselt beobachtete er, wie ich mit meiner Zunge über seine Fingerspitze fuhr und dann fest zubiss. Er schob sich den Finger selber in den Mund und bestaunte weiter meine Lippen.
>Wenn du das Sandwich isst, werde ich dir sogar diesen Wunsch erfüllen.<
>Hier?<
Nachdenklich sah ich mich auf der Jungentoilette um. >In einer Kabine.<
Er nickte und entwendete mir schnell den Bagel. Sofort begann er es aufzuessen. Ich blickte auf meine Uhr. Die erste Unterrichtsstunde konnten wir damit vergessen. Mit wenigen, großen Bissen hatte er das Brot verdrückt und klopfte sich mit vollen Backen die Hosen ab. >Los.< Er öffnete eine der Kabinentüren. Lächelnd stand ich auf, umfing seinen Nacken und zog ihn zu mir, um ihn zu küssen. Mit ihm vor mir, stolperte ich in die enge Kabine und schloss die Tür hinter mir. Er winkte mich mit einem lasziven Winkelzucken zu sich. Hungrig bahnte ich mir meinen Weg, küssend, beißend und leckend an seinem Hals hinab. Atemlos schrie er meinen Namen tonlos in die Stille. Ich glitt mit meiner Hand über seinen flachen Bauch zu seiner Hose und öffnete sie. Er zog sich rasch den Saum seines T-Shirt zwischen die Lippen, damit er leiser war. Sofort nahm ich seine nackte Brust in Angriff und umkreiste einer seiner Brustwarzen mit meiner Zunge. Willig streckte er seinen Rücken durch. Meine Hand erkundete derweil die Beule in seinem Schritt. >Fuck.<, ächzte er und warf seinen Kopf gegen die Wand hinter sich. Ich drückte fest zu. Er presste seine Finger in mein Haar und sein Gesicht mit einem lauten Quiecken in meine Halsbeuge. Kurz hielt ich inne. >Nicht aufhören. Nicht aufhören.<, bettelte er. Hastig tastete ich mich weiter runter, biss zu seiner Leiste und erlöste seine pochende Lust von der letzten Barriere zur Freiheit. Auf den Knien angekommen, sah ich zu ihm hoch und fing seinen Blick auf, der mich fasziniert und ungeduldig musterte. Meine Lippen senkten sich auf seine Lenden und küssten sie zärtlich. >Rick, bitte.< Er versuchte mich mit der Hand auf der Schulter zu seinem Zentrum zu führen, doch ich lehnte mich dagegen und liebkoste gezielt alles knapp um sein Glied herum. Und dann, als er der Verzweiflung nah war, nahm ich ihn in mir auf und entwand ihm damit einen weiteren Schrei, der sich in unregelmäßigen Schritten wiederholte. Wir hatten Glück, dass niemand reingekommen war, es wäre schwer gewesen, dass zu erklären.

>Ich finde das unfair. Ich meine, ich habe es nicht mit Ab-...<
>Du bist high und betrunken in die Schule gekommen und wir sind zu spät in den Unterricht gekommen. Nächste Woche kannst du wieder versuchen uns zum Zelten zu bringen.<, erklärte ich ihm und biss in den Apfel. Ich saß gerade auf der Bank und sah meinen Teamkameraden  dabei zu, wie sie wie verrückt versuchten untereinander Punkte zu erzielen. Reese fand nicht, dass es der falsche Moment sei, um darüber zu diskutieren, was wir am Wochenende machen würde.
>Eigenlicht bist du ja teilweise daran schuld, weil wir...<
Ich warf ihm einen aufgebrachten Blick zu. >Wir können's ja nächstes Mal auch einfach lassen.<
Lachend nahm er mich in den Arm. >Ne, das ist schon in Ordnung.< Er ließ sich neben mir auf die Bank fallen und seufzte müde. Er hatte keine Lust zur Schwester zu gehen, weshalb sein Kater über die ganzen Schulstunden hinweg bestand.
>Dieser Anthony. Vielleicht solltest du nicht so viel Zeit mit dem verbringen.< Abartig, wie sehr ich mich selber an meinen Vater erinnerte.
Das hatte wohl auch Reese bemerkt, denn er lehnte sich ungläubig etwas von mir weg. >Wow, da kam gerade das Krimber-Gen hervor.<, witzelte er.
Ich zuckte mit einer Schulter. >Vielleicht hat mein Vater ja recht.< Überrascht blinzelte er. >Nicht mit Bezug auf dich, aber... Es ist ja wohl nicht so dumm, sich von den Leuten fernzuhalten, die dir nichts gutes tun.<, erklärte ich zurückhaltend.
>Und du bist besser für mich?<
>Auf jeden Fall besser, als dieser Trottel, der dich unter Alkohol und Drogen zur Schule fährt. Das war verdammt gefährlich und dumm.<
Er rutschte weiter von mir weg. >Tut mir leid, dass nicht jeder so gebildet und verantwortungsbewusst ist wie du, Rick. Hab verstanden, dass das am Wochenende nicht klappt, aber du brauchst ja nicht gleich so zu übertreiben.< Er zog seine Beine an und setzte sich in den Schneidersitz.
>Reese,...< Ich beugte mich zu ihm vor. >Willst du mir etwa sagen, es ist vollkommen in Ordnung, so zu fahren? Du konntest ja kaum laufen. Ich will gar nicht wissen wie viel ihr getrunken habt.<
Er schüttelte den Kopf. >Wir leben nicht alle wie ein scheiß Mönch, Rick. Und dieser Trottel ist zufälligerweise ein sehr guter Freund und...<
>Ich kann mir sehr gut vorstellen, was für ein guter Freund er ist.<, brummte ich.
>Oh, du bist eifersüchtig.<
>Bin ich nicht.<, entgegnete ich genervt.
Er konnte sein Kichern nicht unterdrücken. >Wie niedlich. Ich kann's aber verstehen. Er sieht ziemlich gut aus.< Ich verdrehte die Augen wandte mich von ihm ab. >Und... er war auch ziemlich gut.< Die Vorstellung von ihnen beiden im Bett schlich sich in meine Gedanken. Ekel stieg in mir auf. >Also... ich meine, wirklich ziemlich gut. Er war so zärtlich und...<
>Reese.<, zischte ich und sah ihn nun wieder an. >Ich hab's verstanden.<
Der Trotz war nun vollkommen seinem Gesicht entschwunden, stattdessen ein breites Grinsen. >Worüber machst du dir Sorgen, Baby?<, fragte er und lächelte mich an. >Ist dir klar, wie gut du aussiehst und wie gut du im Bett bist?< Ich sah mir weiter das Spiel an. >Noch wichtiger bist aber du.< Er schüttelte meine Schulter und zwang mich dazu ihn wieder anzusehen. >Ich würde dich nie hintergehen.<
Ich konnte nicht gegen meine zuckenden Mundwinkel ankämpfen. >Würde dich am liebsten jetzt küssen.<, murmelte ich.
Er knabberte auf seiner Unterlippe herum. >Wünschte du würdest es tun.<
>Rick, komm rein!<, rief der Coach und winkte mich rein. Widerwillig setzte ich mich auf und joggte ins Feld.

Reese gab sich wirklich alle Mühe im Unterricht. Der Unterschied zwischen seinem „sich Mühe geben“ und meinem „sich Mühe geben“ war, dass es für ihn  kein wirklicher Aufwand war. In Mathe hatte er ab und zu seine Probleme, aber Geschichte, Englisch, dass war alles nichts für ihn. Er hielt sich mit seinen Kommentaren im Unterricht zurück, war so nett und freundlich, wie er es nun eben konnte. Er half mir sogar manchmal bei den Hausaufgaben.
Dennoch sagte ich ihm, dass wir nicht zelten gehen würden. Darauf ist er wütend nachhause gegangen und hatte gemeint, er würde mich nie wieder sehen wollen.


Ben und ich trafen uns am Wochenende bei ihm. Ich hatte mehrere Videospiele dabei, die wir durchspielen wollten.
>Hi, Mrs. Jenkins.<, begrüßte ich seine Mutter im Wohnzimmer. Sie winkte mich zu sich und nahm mich herzlich in den Arm. Unsere Familien waren miteinander befreundet, da hatte ich gerade das Laufen gelernt.
>Oh, du wirst jeden Tag größer, Richard. Wie geht’s, Gabrielle?<, fragte sie. Gabrielle Krimber, meine Mutter.
Ich nickte. >Gut, danke.<
>Das ist schön. Nehmt euch doch was zu trinken mit. Ich wünschte wirklich, er hätte sein Zimmer aufgeräumt.<, klagte sie.
Schulterzuckend holte ich aus der Küche eine Flasche Wasser. >So schlimm ist das nicht. War ja schon immer so.< Ich ging in sein Zimmer und setzte mich gleich mit ihm vor den Fernseher. Sofort begannen wir zu spielen.
>Du solltest dich eigentlich echt geehrt fühlen. Ich meine, ich opfere hier meinen kostbaren Samstag für dich.< Er fuhr sich konzentriert mit der Zunge über die Unterlippe und zuckte unter imaginären Schlägen, während er im Spiel Aliens massakrierte. >Uh! Hey, hilf mir mal!<
Ich setzte mein Glas ab. >Deinen kostbaren Samstag? Für wen hältst du dich?< Ich schlug ihm auf den Hinterkopf.
>Arschloch!< Zusammen bekämpften wir nun eine Armee an Außerirdischen und kamen Schritt für Schritt weiter. >Nein, nein, nein!<, schrie Ben und fasste sich fassungslos an die Stirn. Er war schon wieder gestorben.
>Hab dir gesagt, du sollst mit dem Sniper da ran. Nicht...<
>Benny ist wieder verreckt, huh?< Wir drehten uns gleichzeitig um, zu Judith. Sie stand da, in einem knappen Sommerkleid, das vielleicht unschuldig gewesen sein könnte, hätte nicht solch ein absolut nicht unschuldiger Körper darin gesteckt. An ihren Füßen, trug sie Flip Flops und das Kettchen, das ich ihr zu ihrem Geburtstag geschenkt hatte. >Ich zeig euch mal, wie das funktioniert.< Sie nahm ihrem Bruder den Controller aus der Hand und setzte sich nah neben mich.
Ben verdrehte die Augen. >Oh Gott.<, stöhnte er genervt. >Ich verpiss mich. Ihr habt 20  Minuten.<, brummte er und ging aus dem Zimmer. Sobald er draußen war, drückte Judith auf Pause, warf meinen und ihren Controller beiseite und setzte sich rittlings auf meinen Schoss. Der Saum ihres Kleides rutschte gefährlich weit hoch.
Erschrocken ließ ich mich auf meinen Rücken fallen. >Was ist aus den Zeiten geworden,  in denen das Mädchen davor Angst haben musste, von einem Jungen überfallen zu werden?<, fragte ich sarkastisch.
Sie zuckte mit einer Schulter und beugte sich zu mir vor. >Die Mädchen sind zu Frauen geworden.<, antwortete sie und linste zu meinen Lippen herunter.
>Warte.< Kurz bevor sie mich küssen konnte, hielt sie inne. >Ich kann wirklich nicht.<
Überrascht fuhr sie hoch. >Was soll das heißen?<
Ich umfing ihre Hüften und hob sie hoch, um sie neben mich wieder auf dem Boden abzusetzen. >Das heißt, dass ich dich nicht küssen kann.<, erklärte ich schlicht.
>Wer?<
Ich schüttelte den Kopf. >Niemand.<
>Sag es mir.<, verlangte sie drängend.
>Judith, es geht dich wirklich nichts an und eigentlich war das ja sowie so nichts ernstes oder?<
Mehrere Sekunden lang blieb es still, bis sie aufstand und einfach ging. Seufzend fuhr ich mir durchs Haar und setzte mich wieder auf. Ich spielte ohne Ben weiter. Irgendwann dann kam er wieder zurück. >Krass, du hast ihr einen Korb gegeben.< Ich zuckte mit einer Schulter. >Machen nicht viele.< Er lachte auf und klinkte sich ins Spiel ein. >Soll ich dich in den Arm nehmen?<, fragte er mich.
>Fick dich.< Ich stieß ihn von mir weg, als er mit lauten Knutschgeräuschen auf mich stürzen wollte. >Spiel lieber weiter, bevor du wieder verreckst.<, riet ich ihm.
Er setzte sich wieder gerade hin. >Nur damit du es weißt, Jude steht wirklich auf dich. Die redet echt die ganze Zeit nur von dir. Ist verdammt nervtötend. Und jedes Mal, wenn du eine Freundin hattest, war sie echt immer mies drauf.< Ich nickte schweigend. >Scheint, als hätte Ms. Unbekannte-Mieze dir den Kopf verdreht, was?< Wieder nur ein Nicken. >Demnächst bist du 18, willst du sie heiraten?<
>Ich schieb dir gleich deinen Fernseher in den Arsch rein, wenn du nicht den Mund hältst.<
>Baby, warum auf einmal so gereizt?<, fragte er mit einem aufreizenden Wimpernschlag. Schnaubend richtete ich mein Augenmerk auf den Bildschirm. >Du machst das echt spannend. Sag schon, wer ist sie? Aus unserer Schule? Vielleicht von früher?<, hakte er nach. Ich ignorierte ihn einfach, was ihn aber dazu veranlasste mich weiter auszufragen. >Wie heißt sie? Wohnt sie überhaupt hier? Rick, ignorier mich nicht!<
>Bist du neidisch oder warum interessiert dich das so?< Er schnipste mir gegen das Ohr. >Wenn du willst, dreh ich dir das nächste Mal ein Video.<
>Ha. Ha. Ha.< Er schüttelte den Kopf.
>Und überhaupt, nur weil ich nicht mit deiner Schwester zusammen sein will, muss da jemand anderes sein?<, fragte ich ihn.
Er schnaubte. >Alter, ich bin zwar ihr Bruder, aber ich weiß, dass sie gut aussieht und die Kerle auf sie stehen.< Schmunzelnd zuckte ich mit einer Schulter. >Und ich weiß, dass du bis vor kurzem noch genauso auf sie gestanden hast.<
Ich fuhr mir durchs Haar und gähnte. >Sorry.<
Er schlug mich in die Schulter. >Sag nicht „Sorry“, wenn du meine Schwester versetzt hast.<
>Ich habe sie nicht versetzt und sie wird auch keine Schwierigkeiten damit haben, sich jemand anderen zu angeln, also...<
>Jungs, das Essen ist fertig.< Ben pausierte das Spiel und ging mit mir runter.
>Mum, wir essen oben.< Er schlug sich einen Teller voll. >Unsere Cheerleader haben übrigens einen neuen Tanz.< Begeistert ließ er seine Augenbrauen hoch und runter zucken.
Ich stapelte das Essen auf meinem Teller auf und stieß ihn mit meiner Schulter. >Du bist echt verzweifelt.<
>Ich weiß nur, was gut ist. Und unsere Cheerleader sind gut.< Er stopfte sich eine Handvoll Pommes in den Mund und zwinkerte mir zu. Wir gingen wieder hoch und spielten essend weiter. Über den Nachmittag hin riefen Freunde von uns an und schlossen sich uns beim Spielen an so, dass wir bis zum Abend hin das ganze Zimmer voll hatten.
>Verdammte Scheiße!<, rief einer aus, als er verloren hatte.
Ich klatschte lachend in die Hände und klopfte ihm aufmunternd auf die Schultern. >Schon gut, Bro. Verlierer verlieren. Du kannst nichts gegen die Naturgesetze machen.< Ich wurde geschubst und ließ mich auf das Bett fallen.
>Hey, Ben, warum spielt`n deine Schwester nicht mit?< Unsere Freunde linsten immer wieder in den Flur, um einen Blick auf Judy zu bekommen, wenn sie am Zimmer vorbeilief.
>Denk nicht mal daran.<
>Jetzt ruf sie doch her. Vielleicht hat sie ja Lust.<Ich schmunzelte tadelnd und trank von meinem Glas.
Ben verneinte. >Sie hat aber keine Lust auf dich. Jetzt halt dein Maul und spiel.<
Ich blieb noch lange dort und spielte mit den Jungs mit, bis dann irgendwann mein Handy klingelte. >Hallo?< Es rauschte laut und ich hörte Lachen.
>Baby?< Wer auch immer da sprach, seine Stimme glich dem Knarzen einer alten Tür. Dazu kam noch das schreckliche Lallen, was es mir erschwerte ihn zu verstehen.
>Wer ist da?<
>Rick, kannst du mich abholen?... Upps!< Er brach in Gelächter aus. >Ich... ich bin gestolpert.<, keuchte er noch immer kichernd. >Oh Mann, mir ist total schwindelig. Was...?< Es rauschte wieder.
Nun hörte ich entfernt eine Frauenstimmen. Langsam kam sie näher. >Hey, Loverboy! Komm her, wir wollen deinen süßen Hintern sehen!<
Der Hörer wurde wieder weitergereicht. >Verpiss dich!... Babe, hol mich ab. Hier sind alle irgendwie total betrunken und...<
Ich stand auf und schlüpfte in meine Schuhe. Ben sah mich fragend an. >Was ist los?<
>Wo bist du?<
Reese seufzte. >Keine Ahnung. Jess, wo sind wir?<, rief er. Er fluchte. >Weiß denn niemand zum verfickten Teufel nochmal wo wir sind?!<, brüllte er.
Ben hielt mich auf, bevor ich zur Tür raus kam. >Wo gehst du hin, Mann?<
Ich löste mich von ihm. >Reese hängt irgendwo in der Pampa fest. Ich hol ihn schnell ab.<, erklärte ich. Mit jedem Wort wuchs die Abscheu in Bens Gesicht. Sie spiegelte sich in den Gesichtern der anderen. >Ladys, ich verabschiede mich.< Ich hob kurz meine Hand und joggte dann schnell die Treppen runter. >Reese, du musst doch wissen, wo du bist.< Es blieb still. >Reese!<, zischte ich.
>Eh... ja?<
>Wo bist du?< Ich winkte Bens Eltern zu und verließ das Haus.
>Anthony?<
>Was macht der mit dir?<, knurrte ich. Er nuschelte irgendetwas, doch ich verstand es nicht.
>Sitzt wieder auf dem Trockenen...< Das war dieser Arsch.
Reese fluchte wieder leise. >Wo sind wir hier?< Ich stieg in meinen Wagen ein und steckte meinen Schlüssel ins Zündloch. Es war wieder still auf der anderen Seite. >Bei dieser Kirche am Stadtrand. Zwei Straßen weiter... Da ist eine Häuschen schräg gegenüber. Auf einem Spielplatz.<, faselte er unbändig.
Ich konnte mir ungefähr vorstellen, wo er war. >In Ordnung. Beweg dich nicht vom Fleck. Ich bin so schnell wie möglich da.<
>Ja, Baby. Mach schnell. Uff!...< Knirschen, Schreien, Lachen, Flaschen zersprangen.
Ich startete sofort den Motor und fuhr los. Mir war es ein Rätsel, welchen Sinn es hatte, sich bis zur Besinnungslosigkeit zu betrinken. Besonders nach dem ich so oft gesehen hatte, wie Benjamin abgestürzt war.
Ich fuhr raus aus der Stadt und steuerte auf die Kirche zu. Mehrere Straßen weiter gab es einen heruntergekommenen Spielplatz mit einem kleinen Jugendhaus, in dem ab und zu mal kleine Partys stattfanden.
Ich fand es schnell und sah und hörte schon das Treiben. Vor dem Haus, welches voll von Graffiti war, tanzte ein Haufen von Menschen wild herum. Ich parkte gegenüber und stieg aus. Mit festen Schritten stampfte ich auf das Haus zu, an den sich wie verrückt schüttelnden Leuten vorbei. Im Jugendhaus angekommen überkam mich Rauch und der Geruch von Alkohol und Urin. Hier drin sah es schon einmal besser ausgesehen. Die Wände waren in einem dunklen Braun oder Grau oder Grün gestrichen, es war nicht wirklich einzuschätzen, da die bunten Lichter, die den Raum erleuchteten, die Farben undefinierbar machten. Suchend ließ ich meinen Blick über die Bühne, auf der eine Gruppe von Rockern in die Mikrofone grölten.
Da entdeckte ich hinten in der Ecke Reese mit Anthony im Kreis springend und laut lachend, wobei sie ganz wacklig in den Beinen waren. Jeder eine Flasche in der Hand. In ihrer Mitte wurde ein Joint herum gereicht. An der Wand saßen noch andere. Meine Kinnlade klappte herunter, denn die stießen sich doch wirklich Spritzen in die Armbeuge. Ich quetschte mich an den feiernden und gröllenden Leuten vorbei, bis ich bei Reese ankam. Wütend entriss ich ihm den Joint und warf ihn auf den Boden.
>Was für eine geniale Idee, ihm noch mehr Drogen zu geben.<, brüllte ich über die Musik.
Reese schlang kichernd seine Arme um meinen Hals. >Endlich bist du da.<, nuschelte er und begann meinen Hals zu liebkosen.
>Alter, lass ihn doch Spaß haben, wenn er es will.< lachte Anthony und versuchte Reese durchs Haar zu streichen.
Ich stieß ihn von ihm weg. >Verpiss dich!<, zischte ich. Beschwichtigend hob er seine Hände. Es war klar, wer gewinnen würde, falls es zu einer Prügelei käme.
>Ist das Loverboy?< Ein Mädchen in zerfetzten Jeans und einem löchrigen Band-T-Shirt, dass wirklich zu Genüge ihren BH preisgab, trat hervor. >Spießig aber hüüüüübsch.< Sie dehnte das Wort unnatürlich lang.
Reese strich mit seiner Hand über meinen Oberkörper und grinste verschlagen. >Ja, mein Hübscher ist hübsch.< Ich betrachtete ihn. Seine Pupillen waren gefährlich erweitert und dem Geruch nach zu urteilen, der ihn umgab, hatte er genug getrunken, um ein ganzes Basketball-Team betrunken zu machen.
>Wir gehen.< Ich packte seine Hand und zerrte ihn hinter mir her raus.
>Rick, du bist zu schnell!<, klagte er hinter mir. Ich schob alle beiseite und stürmte weiter auf den Eingang zu. >Rick, mir wird schlecht.< Wir erreichten den Spielplatz vor dem Jugendhaus und ich blieb stehen. >Mann, hast du einen Zahn drauf.<
Ich sah mich seufzend zu ihm um. >Bin ich eigentlich der Einzige, der rafft, dass literweises Alkoholtrinken schlecht ist? Und besonders Drogen und...<
Reese streckte seine Finger zu mir aus und befühlte meine Wange. >Du bist so schön.<, hauchte er ungläubig. Seine Augen waren wie die von animierten Kindern aus Disney-Filmen. >Du leuchtest richtig...<
>Ja, kann ich mir vorstellen.< Ich fuhr mir durchs Haar. >Komm, ich hab dort geparkt.<
Er hielt mich vom Gehen ab. >Und du riechst so gut.< Hastig umfing er mein Gesicht und zog mich an sich ran.
>Reese.< Ich sah mich um.
>Keine Panik, hier interessiert das keinen.< Seine Lippen legten sich an meine. >Du. Schmeckst. So. Gut.< Zwischen jedem Wort küsste er mich energisch. Seine Arme legten sich wieder um meinen Hals. Er trennte meine Lippen und intensivierte unseren Kuss stürmisch. >Da hinten gibt es ein ruhiges Plätzchen.< Ich umfasste seine Taille und drückte ihn eng an mich. >Lass uns bitte...< Er wanderte mit seiner Hand über meine Seite runter zu meinem Hosenbund.
>Hier geht’s aber ab, was?<
Wir drehten uns beide um. Eine Gruppe, darunter dieser Anthony und das Mädchen von vorher. Genervt raufte ich mir das Haar. >Reese, wir hauen ab. Da läuft noch was bei Mazz. Kommst du mit?< Während ein Junge mit fast weißen Haaren das fragte, bedachte Anthony unsere lose Umarmung mit einem verschmitzten Schmunzeln. Ich verstärkte meinen Griff um Reese augenblicklich, war dabei verblüfft von meinem eigenen Verhalten.
>Ne, lass mal.<
Schulterzuckend verließen uns die anderen. Ich drückte meinen Mund an Reese' Stirn und führte ihn vom Jugendhaus weg zum Auto. >Du kannst bei mir übernachten.<, schlug ich vor und warf die Wagentür ins Schloss, nachdem er sich hingesetzt hatte. Ich stieg auf der Fahrerseite ein und fuhr los. Reese' Augen fielen immer wieder zu und er murmelte irgendwelche unverständlichen Worte. >So ein scheiß.< Sobald wir bei mir zuhause angekommen waren, stieg ich aus und schüttelte ihn etwas. >Wach auf , Reese.< Flatternd öffneten sich seine Lider. >Wir sind da.< Unsicher stieg er aus und hielt sich an meinen Schultern fest. >Na, komm.< Ich beugte mich zu ihm herunter, warf ihn über meine Schulter und trug ihn zu mir hoch ins Zimmer. Er zog sich aus, warf alle seine Sachen auf den Boden, schlüpfte in einen von meinen Pullovern und verzog sich sofort ins Bett.
>Kommst du?<, fragte er müde.
>Ja, gleich.< Er zog die Decke bis hoch an sein Kinn. Wenige Sekunden später hörte ich ihn schnaufend atmen. Ich schlug mein Chemiebuch vor mir auf und begann mir die Formeln einzuprägen. Wir schrieben demnächst eine Arbeit und es gab wirklich kein Fach in dem ich schlechter war, als in Chemie. Reese hatte in der letzten Woche bewiesen, dass er auch Chemie beherrschte und zwar wirklich gut.
Ich merkte gar nicht, wie lange ich lernte, bis Reese plötzlich vor mir stand. Der Pullover, der selbst mir zu groß war, reichte ihm bis über die Oberschenkel. Die Ärmel verdeckten seine Hände komplett. In seinem Arm hielt er das Kopfkissen mit der anderen Hand raufte er sich die Haare, die ihm zu allen Himmelsrichtungen vom Kopf ab standen. Ich hätte mir ihn nicht schöner vorstellen können. >Warum bist du nicht mit mir im Bett?<, fragte er trotzig. Ich legte mir meinen Zeige- und Mittelfinger an die Lippen und betrachtete ihn amüsiert. >Was ist so witzig?<, blaffte er, lächelte selber aber unterdrückt.
>Du bist süß.<, murmelte ich.
Er stockte. Ich konnte sehen, wie ihm das Blut in die Wangen stieg. >Das... Komm mit ins Bett.<, bettelte er.
Ich schüttelte den Kopf. >Ich muss noch lernen. Dauert noch ein bisschen.<
Er kam auf mich zu, warf mein Buch auf den Tisch und zog mich hinter sich her zum Bett. >Ich hab echt Kopfschmerzen.<
>Ich kann dir Tabletten bringen.<
Er verneinte. >Nein, schon gut. Leg dich einfach zu mir, dann wird’s schon besser werden.< Ich lächelte und drückte ihm einen Kuss in den Nacken. Er stieg ins Bett und rutschte an die Seite, damit ich auch Platz hatte. Ich folgte ihm unter die Decke. Genüsslich seufzend kuschelte er sich an mich ran. Zufrieden zog ich ihn in meine Arme. Er biss mir in den Hals. Ich ließ meine Hände über seinen Rücken zu seinem kleinen Hintern fahren und knetete ihn. Meine Zunge fuhr in sein Ohr. Er stöhnte laut auf und rieb sein Becken an meiner Vorderseite. Unmerklich zog ich ihm seine Shorts herunter und fuhr gleichzeitig mit der freien Hand in seinen Schritt. >Rick.< Er nahm meinen Kuss willig an. Ich legte meine Hand an seine Wange und hob ihn an meine Lippen. Plötzlich fuhr er zurück und sah mich anklagend an. >Du bist so ein Arsch!< Er boxte mich in den Bauch. >Schlaf jetzt.< Er drehte sich von mir weg und verschränkte die Arme vor der Brust. >Du denkst auch wirklich nur an das eine.<, murmelte er vor sich hin. Ich versteckte meinen lachenden Mund an seiner Schulter und rieb meine Hüfte an ihm. Er schlug mich auf den Oberschenkel. >Richard!<, rief er warnend.
Ich musste noch lauter lachen. >Tut mir leid. Du bist nur so heiß, Babe.< Er schnaubte. >Geht es dir besser?<, fragte ich nun etwas ernster.
Er sah sich zu mir um und küsste mich keusch. >Ich bin nicht mehr breit, aber der Kater bahnt sich gerade den Weg nach oben.< Er hielt sich die Stirn. Schnell drückte ich meinen Mund an seine Schläfe. >Besser.< Seine Finger verschränkten sich mit meinen. >Ich bin froh, dass ich dich habe.<, murmelte er. Ich konnte nur sein Profil sehen, dennoch sah ich, wie er rot anlief.
>Ich auch.<, erwiderte ich.
>Gute Nacht, Rick.<
>Gute Nacht, Reese.<
Ich schlief mit laut schlagendem Herzen ein.

Kapitel 5

 

>Rick! Wach auf!< Ich wurde geschüttelt. >Rick, wach auf!< Reese war also wach. Ich drehte mich auf den Bauch und zog die Decke über meinen Kopf. >Riiiiiick!< Die Decke wurde mir entrissen. Ich spürte, wie die kalte Luft über meinen nackten Oberkörper wehte. >Steh auf. Ich hab voll Hunger und mein Kopf platzt gleich!<, klagte er.
Ich streckte meine Hand zu der Richtung aus, aus der seine Stimme her drang. Sobald er mir seine Hand gereicht hatte, zog ich ihn auf das Bett und küsste ihn auf die Stirn. >Besser?<, gähnte ich und versank wieder in den Kissen.
>Oh, du bist so witzig.< Seine Worte trieften nur so vor Sarkasmus. Als nächstes schlug mir ein Kissen auf den Hintern. >Steh auf!<, verlangte er stur.
Genervt setzte ich mich auf und deckte meine Augen vor dem hellen Licht ab. Reese hatte die Rollladen hoch gezurrt. >Geh doch einfach runter, verdammt. Meine Mutter hat bestimmt schon was zu essen gemacht.<, erklärte ich krächzend.
Er stand in Unterwäsche vor mir. Mir blieb die Spucke weg. >Ich dachte, du frühstückst mit mir.<
>Wenn du was hochbringst, frühstücke ich von dir.<, schlug ich vor und zwinkerte ihm zu.
Seine Mundwinkel zuckten. >So leicht bin ich nicht zu haben.< Er drehte sich um und wollte gehen, doch zuvor schlang ich meinen Arm um seine Taille und riss ihn unter mich auf's Bett. >Nein!<, rief er laut und versuchte sich von mir zu lösen. Energisch liebkoste ich seine Brust. Streifte mit meinen Lippen über seine Brustwarzen. >Rick, lass das.< Ich ignorierte ihn und wanderte weiter runter bis zum Saum seiner Shorts. Er krallte seine Finger in meinen Rücken und wimmerte laut auf.
>Wir gehen danach essen.<, murmelte ich gedankenverloren und begann ihn von seinem letzten Kleidungsstück zu befreien. Ich liebkoste zärtlich die Haut darunter und atmete seinen Geruch ein.
Es klopfte laut an der Tür.
Erschrocken fuhren wir beide auseinander.
>Rick? Willst du noch frühstücken?<, fragte Josh.
>Ne,...< Reese schlug mich auf die Schulter. Fragend sah ich zu ihm. So mit runter gelassener Hose. Ich musste grinsen. >Ehm... ja. Kannst du uns was hochbringen?<
>Uns?<
>Reese ist auch da.<
>Morgen, Joshy!<, begrüßte er ihn feierlich. Doch weil ich meine Lippen wieder an seine empfindliche Haut legte, brach seine Stimme zum Ende hin. >Ah!<, stöhnte er.
>Ok, ich bring euch was.<
Ich hob seinen Oberschenkel an, um ihn besser verwöhnen zu können. Reese' Atmung wurde schneller. Seine Hüften begannen sich zu bewegen und nahmen einen Rhythmus an. >Fuck.<, fluchte er und griff in das Laken. >Nein, nicht so...< Er hielt mich davon ab, ihm seine Erlösung zu verschaffen und zog mich am Nacken zu sich hoch. >Komm her.< Ich küsste ihn, befreite mich von meiner Kleidung und drang in ihn ein.
Es wurde wieder angeklopft.
>Rick? Euer Essen.<
>Danke, Josh. Wir kommen gleich.<, rief ich.
>Hoffe ich doch.<, murmelte Reese und drehte meinen Kopf, so dass er seine Lippen an meine drücken konnte.

>Erklär mir das nochmal. Das mit der Ionenwanderung.<, bat ich und sah überfordert in das aufgeschlagene Buch vor uns.
Reese saß vor mir zwischen meinen Beinen und nahm den Block an sich. >Wir machen mal die erste Aufgabe zusammen. Wenn man das Prinzip einmal verstanden hat, ist es echt einfach. Die Wertigkeits-Pyramide verstehst du oder?< Ich nickte, betrachtete sein schönes Gesicht und blendete seine Worte aus. >Mach mal.< Schnell küsste ich ihn. >Rick...< Er lachte unter meinem Mund. >Richard!< Seine Arme legten sich um meinen Nacken. >Du wolltest doch lernen.< Ich setzte mich wieder gerade hin und räusperte mich. >So, jetzt weiter.<
Wir machten solange Aufgaben, bis ich es endlich verstanden hatte und Reese zufrieden war.
>Streber. Du lernst total schnell.<
>Sagt genau der Richtige.< Er lehnte seinen Kopf gähnend an meiner Schulter an und schloss die Augen. >Willst du noch schlafen?<, fragte ich und malte mit meinen Fingerspitzen wirre Muster auf seiner linken Gesichtshälfte. Er verneinte. >Soll ich dir was bringen?<
>Nö.< Seine Hand legte sich an meine Brust. >Machen wir rum? Und...< Das Handy auf dem Tisch vibrierte. Es war seines. Genervt ging er ran. >Was ist denn?< Ich zog seinen Kopf zu mir nach hinten und liebkoste seinen Hals. >Ich bin bei Rick... Geht dich nichts an...< Er lachte und setzte sich auf. >Echt? Geil!.. Ne, ich bleib hier... Weil ich jetzt bei ihm bleiben will.<
Es war Anthony. Ich fluchte leise vor mich hin und stand auf. Reese sah mir entschuldigend nach. Ich ging runter ins Wohnzimmer, wo mein Bruder mit meiner Schwester zusammen fernsah. >Na, was schaut ihr?<, fragte ich sie und setzte mich zu ihnen.
Haley schlüpfte in meine Arme und zeigte auf den Bildschirm vor uns. >Spongebob Schwammkopf!<, rief sie laut. Ein paar Minuten später kam Reese runter. Er blickte mich besorgt an, wurde aber von Haley umgerannt. Sie ließ sich von ihm auf die Arme heben.
Er warf sich neben mich ins Sofa. >`tschuldigung.<, murmelte er.
Ich legte meinen Arm um seine Schultern und fuhr ihm durchs Haar. >Ach was, schon in Ordnung.< Nein, es war nicht in Ordnung, aber er war ja auch in der gleichen Situation mit mir und Judy gewesen.
>Reese, ist Barko da?<, fragte Haley und drehte sich auf seinem Schoss zu ihm um.
Reese strich ihr die Haare über die Schultern auf ihren Rücken. >Er ist zuhause und macht wahrscheinlich ein Nickerchen.<, antwortete er. Sie schmollte. >Aber... wenn du willst, könnten wir ihn abholen und spazieren gehen.<
Nun strahlte sie, doch ich riss erschrocken meine Augen auf. >Reese.<
Er zuckte unbekümmert mit der Schulter. >Wir gehen nur in den Park, Rick. Das wird er ja wohl noch erlauben.< Ich schürzte nachdenklich  die Lippen. >Echt jetzt?<
>Keine Ahnung. Wird schon gehen. Haley, zieh deine Schuhe an, ja? Und nimm den Ball mit.< Fröhlich hüpfte sie von seinem Schoss herunter und ging die Treppen hoch. >Kommst du mit?< Josh nickte und folgte Haley hoch.
Reese lehnte sich an mir an. >Ich schlag dir einen Deal vor.< Interessiert sah ich ihn an. >Du machst dir keine Sorgen um Anthony und ich mach mir keine Sorgen um das billige Flittchen, dass dich die ganze Zeit mit ihren Patscherchen antatscht.<
Ich lächelte. >Es gibt gar keinen Grund für dich, dir Sorgen um sie zu machen. Ich habe ihr zu Genüge klargemacht, dass aus uns beiden nichts werden kann.< Ich betrachtete weiter den gelben Schwamm im Fernseher.
>Was hast du gemacht?<
>Gestern war ich bei Ben...< Er verdrehte die Augen. Ich stieß ihn mit meiner Schulter an. >Judy wollte... mit mir reden...<
>Sie wollte dich also vögeln und weiter?<
Ich seufzte. >Na ja,... ja. Ich habe ihr deutlich gemacht, dass ich kein Interesse daran habe weiter mit ihr in dieser Beziehung zu sein, die wir bisher hatten. Das...<
Er klatschte lachend in die Hände und setzte sich seitlich hin, damit er mich besser ansehen konnte. >Was hat sie gemacht? Hat sie geweint?<
>Du bist echt mies.<, merkte ich an. Er grinste breit. >Sie hat nicht geweint. Sie ist einfach gegangen. Fertig.<
>Find ich gut. Grandios. Hm... sehr gut.< Er lehnte sich zu mir vor. >Wir können doch hochgehen und...<
>Reese, meine Geschwister.<, erinnerte ich ihn.
>Oh, stimmt. Lass die Finger von mir, du Lustmolch!< Er verschränkte schützend die Arme vor seiner Brust und rückte von mir weg.
Schmunzelnd knuffte ich ihn in die Schulter. >Lass uns gehen.< Wir standen auf und gingen in den Flur. Haley stand an der dritten Stufe von unten und sah konzentriert auf den Boden. >Haley, tu's nicht.<, warnte ich sie. >Komm, wir fliegen.< Sie blickte zu mir auf und hob lächelnd die Arme. Ich legte meine Hände unter ihre Achseln und hob sie schwungvoll von der Treppe runter. Sie kreischte lachend auf. Josh folgte als nächstes. >Mom, ich geh mit Haley und Josh spazieren, in Ordnung?<, rief ich.
Sie kam aus der Küche. >Wirklich? Das passt. Kauft bitte noch etwas Obst ein.<, bat sie und trocknete sich die Hände mit einem Handtuch ab.
>Wo denn? Es ist Sonntag.<
>In dem kleinen Obstmarkt.  Der hat Sonntags auch offen.<
Ich nickte. >Alles klar. Bis später dann.< Wir traten aus dem Haus und liefen am Bürgersteig entlang.
Haley hielt Händchen mit Reese. >Darf ich auf Barko reiten?<, fragte sie ihn.
>Du kannst ihn ja mal fragen.< Josh schnaubte. >Was? Denkst du, ein Hund hat keine eigene Meinung, Joshy?< Reese betrachtete ihn trotzig.
>Bestimmt hat er das, Reesy.<
Ich legte meinen Arm um meinen kleinen Bruder und gähnte. >Barko wird sicher geschmeichelt darüber sein, dass er so einen hohen Stellenwert bei der Themenwahl für uns hat.<, murmelte ich räuspernd.
Wir warteten vor der Haustür, während Reese und Haley Barko holten. Überglücklich watschelte der kräftige Hund über die Schwelle. >Barko!< Joshy klopfte sich auf die Brust. Die Pfoten des Bernhardiners legten sich auf Joshs Schultern. Es war mal wieder bemerkenswert wie groß der Hund war. >Verdammt, ist der riesig.<, sprach er meine Gedanken aus.
>Ja, scheint so, als hört der niemals auf zu wachsen.<, murmelte Reese und holte eine Zigaretten-Packung aus seiner Jackentasche.
Tadelnd sah ich ihn an. >Ich hab dir schon mal gesagt, rauch' nicht vor meinen Geschwistern.<, erinnerte ich ihn. Herausfordernd legte er sich die Zigarette in den Mund. Haley und Josh waren mit Barko beschäftigt. >Wenn du die anzündest, tue ich dir weh.<, warnte ich ihn. Er holte sein Feuerzeug hervor und zündete die Zigarette an. Ich versuchte ihn zu schnappen, doch er entfloh mir und ich musste ihm hinterher rennen.
>Das war es wert!<, rief er laut und nahm einen kräftigen Zug. Ich folgte ihm über die Straße zu dem Nachbarhaus. Er versuchte hinter einen Baum zu flüchten und rannte darum herum. Letztendlich erwischte ich ihn dann doch und warf ihn über meine Schulter. Mit der Zigarette im Mund schlug er auf meinen Rücken ein, aber so, dass es nicht wehtat. >Richard! Lass mich runter!< Ich piekste ihn in die Taille. Lachend zuckte er. >Hör auf!< Sein Lachen wurde lauter. >Ich mach sie aus! Ich mach sie aus!< Vorsichtig setzte ich ihn vor mir ab. Er grinste mich breit an, nahm einen letzten Zug und trat die Kippe aus. >Zufrieden?< Ich sah ihm in seine Augen. Sie waren so dunkel. Wie Schokolade. Ganz dunkle Zartbitter-Schokolade. Ich nickte. Er musterte mich von oben bis nach unten. >Das freut mich, Mister.< Erhobenen Hauptes wandte er sich ab und ging zurück zu meinen Geschwistern. Ich konnte nicht anders, als meinen Blick einmal über ihn schweifen zu lassen. Plötzlich bemerkte ich meinen Bruder, wie er uns beide beobachtete. Ich rieb mir das Kinn und erwachte widerwillig aus meiner Trance.
>Reiten!< Haley ließ sich von mir auf Barkos Rücken heben.
>Halt dich aber an mir fest, nicht an seinen Haaren.< Er hielt wieder Händchen mit ihr, damit sie nicht runter fiel.
Wir liefen zu den Feldern.
>Ricky, komm auch drauf.<
Lachend schüttelte ich den Kopf. >Ich bin ein bisschen zu schwer für Barko.<
>Aber Barky ist soooooo groß!< Sie breitete die Arme aus und fiel dabei fast von dem Hund runter. Schnell hielt Reese sie fest.
>Na ja, ich bin größer.<
Haley schlang ihre Arme um den Hund und kuschelte ihr Gesicht in das Fell des Hundes. >Barky ist so weich.<, hauchte sie und schloss ihre Augen. Reese stützte sie. >Ich hab dich so lieb, Barky.< Sie streichelte ihn liebevoll. >Und Barky ist so schnell, ge? Wie der Wind so... „Pfiung“.< Sie machte mit ihrer Hand eine kurze, ruckartige Bewegung vor ihrem Gesicht und verzog dabei ihren Mund.
Ich küsste sie auf die Stirn. >Ja, sehr schnell.<
>Du bist bestimmt schneller als er.< Josh nahm sie herunter. >Komm, wir probieren's.< Und schon rannten sie los. Barko zögerte keine Sekunde, um ihnen zu folgen.
Ich stützte meinen Arm auf Reese' Schulter ab. >Du... hast echt schöne Augen.< Wir blickten uns an. Ich lächelte.
Er lächelte zurück. >Meine Augen sind also das, was dich interessiert?<, fragte er, doch seine Wangen färbten sich.
>Ich würde ja über deinen Arsch reden, wenn er nicht in den Jeans stecken würde.<
Er lachte auf. >Hab ich gut hingekriegt oder?<
>Was?<
>Dich zu einem Homo umzupolen.< Schnaubend stieß ich ihn an. >Willst du mir etwa sagen, du hast schon vorher mit dem Gedanken gespielt einen von deinen Team-Kollegen unter der Dusche zu begrabschen?<
Ich verneinte. >Auf keinen Fall, aber... ich habe auch nie einen Unterschied zwischen Mann und Frau gemacht. Es musste... einfach nur der Richtige kommen.< Wieder sah ich ihn an.
Er wurde so rot wie eine Tomate, was besonders mit seinen grünen Haaren cool aussah. >Gott, hör auf so zu schleimen.<
>Ich bin nur ehrlich.<
>Hör auf!<
>Ich kann nichts dafür, was mein Herz fühlt.<
Er boxte mich in den Bauch. >Sei jetzt ruhig.<
>Ich kriege nur Gänsehaut, wenn ich an dich denke, Liebling.< Er verdrehte die Augen und stöhnte genervt auf. >Und du bist so sexy, es ist beinahe kriminell.<
Reese fuhr sich durchs Haar. >Beinahe?<
>Tut mir leid, es ist kriminell.<
>Wenn du so weiter redest, werde ich dich in den Wald verschleppen und vor dir auf die Knie gehen müssen.<
Ich lächelte. >Nur zu gerne.<
Er linste zu meinen Lippen runter. >Die Nummer heut morgen war zu kurz.< Ich nickte. >Müssen wir unbedingt wiederholen.< Wieder nickte ich nur.
Wir holten auf zu den Kleinen und begannen mit Barko zu spielen. Fast den ganzen Vormittag verbrachten wir draußen.
Josh setzte sich ausgepowert auf den Boden und wurde natürlich sofort von Barko umgerannt. Der Hund schleckte sein Gesicht ab und versuchte ihm gleichzeitig den Ball wegzunehmen. Haley tanzte erst lachend um sie herum und warf sich dann in das ganze Geraffel. Ich fuhr mir durchs Haar. >Gott, er ist so eine Tussi. Barko, hör auf zu knutschen.< Der Hunde hörte sofort auf und stellte sich neben Reese. Er streichelte ihn und klopft ihm auf die wolligen Schultern.
Haley warf sich zurück und rollte sich auf dem Gras hin und her. Sie begann laut zu singen und rollte den Berg herunter. Reese lachte. >Erinnert mich an mich, wenn ich zu viel geraucht hab.< Ich zog eine sarkastische Grimasse. >Ich mein ja nur.<
>Mich auch.< Gleichzeitig drehten wir unseren Kopf zu meinem kleinen Bruder, der im Gras saß und Barko wieder zu sich winkte. >Das war ein Scherz.<, merkte er an.
>Hoffe ich auch für dich. Wenn ich jemals etwas in die Richtung bei dir mitkriege, kriegst du richtigen Stress mit mir.<, warnte ich ihn.
Reese lachte auf. >Du bist so ein Weichei. Mit deinem „Richard der Weise“-Auftreten lässt du sogar einen Mönch wie einen Sünder wirken.< Ich stieß ihn weg. >Haley, ich komm nach.< Noch mit dem Schwung meines Schubsers, ließ er sich auf den Boden fallen und rollte meiner Schwester nach.
Josh und ich sahen den beiden zu, wie sie lachend im Gras tollten. >Geht es dir gut?<, fragte er mich, die Augen aber auf den Ausblick vor uns gerichtet.
Ich nickte. >Klar.<
>Du und Reese, ihr seid echt gute Freunde oder?<
>Ja, klar. Warum?<
Er hob die Schultern an. >Ihr seid voll... eng miteinander. Total vertraut.< Ich schwieg. >Und wie ihr euch anseht...< Ich spürte seinen prüfenden Blick auf mir liegen, tat aber so, als würde ich dabei zusehen, wie Reese Haley im Kreis schwang und sie kreischend lachte. >So bist du mit Ben nicht.<
Ich schürzte die Lippen. >Keine Ahnung. Da achte ich nicht so drauf.<, versuchte ich die ganze Sache ab zu tun.
>Ich weiß ja nicht.<, murmelte er, umfing Barkos Gesicht und betrachtete dieses nachdenklich. >Reese scheint dir viel zu bedeuten und es dir irgendwie angetan zu haben. Ich meine, er war plötzlich da und jetzt ist er immer und überall da. Das ist schon etwas seltsam, wenn auch verständlich. Er ist echt faszinierend...<
>Dir ist klar, dass er älter ist als du und du ein kleiner Furz bist.<
Er drehte hastig seinen Kopf zu mir und sah mich aus zusammengekniffenen Augen an. >Ich bin 13.<
>Ja, eben!<, erwiderte ich.
>Mein Klassenlehrer hat mit erst letztens gezeigt, dass ich überdurchschnittlich intelligent bin und...<
Ich verdrehte die Augen. >Bla bla bla. Hey, guck mal!< Ich zeigte zum Waldrand. Josh folgte meinem Finger. Als er erkannte, dass ich ihn ausgetrickst hatte, sah er mich seufzend an. >Von wegen überdurchschnittlich intelligent.<
>Du bist ein Idiot.<
>Selber.< Ich packte seinen Kopf und beugte mich so runter, dass ich ihn auf die Stirn küssen konnte. >Hab dich lieb, kleiner Bruder.<, brummte ich, bevor ich runter zu den anderen beiden ging und Reese meine Schwester abnahm und meine Lippen schmatzend an ihre Wange drückte. >Komm mal hoch, Prinzessin.< Sie schlang ihre Arme um mich. >Von hier siehst du bestimmt mehr.< Ich setzte sie auf meinen Schultern ab. >Wir gehen einkaufen, ja? Was sollen wir dir kaufen?<, fragte ich sie.
Sie legte ihre Hände an meine Stirn, um sich festzuhalten. >Machen wir einen Erdbeerkuchen. Erdbeeren und Kuchen.<, quietschte sie.
Reese lachte. Er hob seinen Arm. >Joshy, wir gehen weiter.< Mein Bruder stand von der Wiese auf und schloss sich uns an. Barko watschelte neben seinem Herrchen und kuschelte sich in dessen Hand, die ihm durch das Haar auf dem Kopf fuhr. >Joshy, was läuft bei dir eigentlich so Mädels-technisch?<, fragte Reese dreist.
Josh atmete lautstark ein. >Was?< Seine Stimme überschlug sich.
>Ich frag ja nur. Bist doch ein hübscher Kerl?< Ich drehte mich warnend zu Reese um. Er zuckte unschuldig mit den Schultern. Haley klatschte derweil rhythmisch in die Hände. Ich hielt sie an ihren Oberschenkeln fest.
>Nichts.<
>Und Jungs-technisch?<
>Hä?<
Ich sah mich wieder zu Reese um und stieß ihn an. >Halt den Mund.< Er gluckste laut, legte seinen Arm um Josh und grinste. >Hör nicht auf ihn.<
>Warum denn nicht? Ich bin wirklich sehr erfahren und...<
>Batman, Superman, Spiderman, Green Lantern...<
Nun stieß er mich an. >Blödmann, dass ist Kultur.<
Nach und nach spazierten wir an den Feldern vorbei und in die Stadt, wo wir einen kleineren Supermarkt ansteuerten. Haley auf meinen Schultern sog alle Aufmerksamkeit auf sich, was auch daran liegen konnte, dass sie nun aus vollem Halse sang. Die Passanten warfen ihre tadelnde und belustigte Blicke zu. Sie hatte wirklich Glück, dass sie so süß war.
>Josh, bindest du Barko an?<
>Nein! Barko kommt mit rein!<, verlangte Haley und klopfte mir wütend auf den Kopf.
Ich sah zu ihr hoch. >Guck mal, das Schild, Süße. Hunde dürfen nicht rein.< Ich wies auf das Schild an den Schiebetüren.
>Dann bleib ich draußen. Barko!< Ich hob sie von meinen Schultern und setzte sie neben dem Hund ab. Sofort nahm sie ihn in den Arm.
>Wartest du hier mit ihr?< Josh nickte und blieb bei Haley und dem Hund draußen, während ich mit Reese reinging.
Er schnappte sich einen Korb und hängte ihn sich über den Kopf. >Denkst du dein Junge ist schwul? Kann ja sein...<
Ich verdrehte die Augen, nahm ihm den Korb ab und suchte nach Äpfeln. >Er ist nicht schwul. Er ist nur 13. Nicht jeder ist so Schwanz gesteuert wie du.< Ich nahm eine Plastiktüte und ließ fünf pralle, rote Äpfel hineinfallen. Reese nahm hinter mir eine Erdbeere aus dem Korb und biss hinein. >Würdest du bitte aufhören, das Obst hier wegzufressen?<
Er zuckte mit einer Schulter. >Sieht doch keiner. Und überhaupt... Obst ist gesund. Willst du?< Er hielt mir eine weitere Erdbeere hin, doch ich schüttelte den Kopf und er aß sie selber. Dann nahm er doch als nächstes wirklich eine Banane.
>Reese.<, zischte ich und wollte sie ihm wegnehmen, doch er wich mir geschickt aus uns schälte die Banane. >Reese...< Langsam glitt die Banane über seine Lippen in seinen Mund. Statt von ihr ab zu beißen, schob er sie sich immer tiefer hinein, um sie daraufhin langsam wieder raus gleiten zu lassen. Es verschlug mir den Atem. Ich spürte wie mir meine Kinnlade aufklappte, während ich ihn mit wachsendem Verlangen beobachtete. Die Banane verschwand wieder in seinem Mund und seine großen, dunklen Augen fanden meine und hielten sie fest. Plötzlich biss er zu und sah mich mit vollen Wangen an. Ich fand meine Sprache wieder und räusperte mich. >Jetzt... hör auf alles weg zu mampfen.<, krächzte ich, noch immer ganz benommen.
Mit seinen dicken Wangen wirkte Reese sogar noch süßer, als er es sonst schon war. >Hat dich das angemacht, Babe?<
>Halt's Maul.< Ich wandte mich ab.
Seine Hand strich über meinen Bauch zu meinem Hosenbund. Er biss noch einmal in die Banane und warf die Schale in den Mülleimer die im Gang stand. >Keine Sorge, ich kann das verstehen. Dein Freund ist ziemlich heiß.<, murmelte er selbstgefällig.
Ich schob ihn beiseite und drückte ihm die Tüte mit den Äpfeln in die Hand. >Idiot.< Ich holte uns noch Bananen, Orangen und Erdbeeren. Für Haley noch einen Lutscher über den sie sofort herfiel, als ich ihn ihr reichte. Josh nahm sich einen Apfel und biss hinein. Gerade als wir wieder losgingen, fuhr zusammen. Reese' Hand hatte sich an meinen Hintern verirrt.
Ich schlug sie schnell weg und blickte ihn warnend an. >Finger weg!<
Er strich sich unschuldig durchs Haar und zuckte mit einer Schulter. >Selber Schuld. Versteck deine Bäckchen besser.<
Ich versuchte ihn warnend anzuschauen, doch das Grinsen in meinem Gesicht machte es unmöglich. >Schwein.<, nuschelte ich.
>Knackarsch.<, erwiderte er frech.
Wir nahmen dieses Mal einen kürzeren Weg. Haley ritt wieder auf Barko und lutschte dabei an ihrem Lolly. Josh trennte sich auf halbem Weg von uns und ging, um sich mit Freunden zu treffen. Wir traten ins Haus. Ich stellte das ganze Obst in eine Schale. Als ich ins Wohnzimmer trat, um nach Reese zu suchen, entdeckte ich meine Eltern. Sie saßen auf dem Sofa. Haley lag vor ihnen auf dem Boden, mit dem Kopf auf Barkos Rücken. >Hab das Obst in die Küche gebracht, Mom.<
>Danke, Liebling.< Sie lächelte mich an.
Ich drehte um und wollte hochgehen. >Wie wäre es mit einem Wort der Benachrichtigung, dass er hier über Nacht bleibt?<, fragte mein Vater. Seine Lippen waren fest aufeinander gepresst.
>Er ist doch kein Krimineller.<
>Da wäre ich mir nicht so sicher.<
>Du bist unfair.<
>Ich will ihn aus meinem Haus haben.<
>William, sie sind doch nur Freunde. Reese, tut nichts.<, verteidigte sie ihn und lehnte sich von meinem Vater weg.
>Das ist mir redlich egal. Ich will ihn nicht mehr hier haben. Nie wieder. Von jetzt an kannst du deinen „Freund“ außerhalb meines Grundstückes treffen.< Seelenruhig trank er aus der Kaffeetasse in seiner Hand.
Ich seufzte genervt und rieb mir das Nasenbein. >Von mir aus.< Langsam erklomm ich die Treppen bis hoch in mein Zimmer.
>Und nimm die Flohschleuder mit. Wer weiß, welche Krankheiten die hat.<, hörte ich ihn noch rufen.
>Ja.<, rief ich zur Antwort.
Reese lag kopfüber auf meinem Sofa und zappte summend durch die Programme. Lächelnd schloss ich die Tür hinter mir. Er entdeckte mich und lächelte mich verschmitzt an. >Hey, Loverboy.<, säuselte er und zwinkerte mir zu.
Ich setzte mich seufzend neben ihn und rutschte tiefer in den Sitz hinein. >Mein Dad schmeißt dich raus.<, murmelte ich. >Endgültig.<
>Barko auch?< Ich nickte stumm und rümpfte die Nase. Er drehte seinen Kopf so, dass er mich in die Wade beißen konnte. >Dein Vater ist ein Arsch.<
Ich zwickte ihn in den Bauch. >Red' nicht so über ihn. Er ist nur über vorsichtig.<
Reese warf die Fernbedingung beiseite und stemmte seine beiden Hände in den Boden, damit er sich mit einem eleganten Überschlag vom Sofa begeben konnte und sich hinkniete. >Er ist ein konservativer Sturkopf mit `nem Brett vor dem Kopf und das weißt du genau. Aber mir soll's Recht sein.< Er rutschte vor mich und schob meine Knie auseinander. Mir war schon klar, was er vor hatte, weshalb sich ein Lächeln in mein Gesicht stahl. >Es ist ja sein Sohn, hinter dem ich her bin.<
>Reese, du musste gehen.<
Ohne meine Worte weiter zu beachten öffnete er meinen Gürtel und zog den Reißverschluss meiner Hose runter. Mit jeder Bewegung wuchs meine Erregung. Der Widerspruch bildete sich in meinem Kopf, wagte es aber nicht über meine Lippen. >Ich mag ja Bananen, aber die nehmen es bei weitem nicht mit deinem Kaliber auf.< Er umfing meine Lust mit seiner Hand und begann seine Massage zärtlich. Ich sog scharf Luft ein. Feuchte Küsse bahnten sich seinen Weg von meinem Bauchnabel zu meiner Leiste. Gierig fuhr ich mir mit der Zunge über die bebenden Lippen und betrachtete sein unschuldiges Gesicht, wie es ein explosives Feuer in mir erweckte. Nur zaghafte näherte er sich meiner hungrigen Mitte, wartete bis ich fast verrückt wurde und nahm dann erst das Ziel in Angriff. Ich musste an mich halten, um nicht laut aufzuschreien und unter dem Druck zu platzen. Stattdessen verkrampfte sich meine Hand in seinem grünen Haar. Sein rhythmisches Summen und Stöhnen, spornte die Hitze, die er sich nun fast schon brutal in die Mundhöhle stieß, umso mehr an.
>Ah! Scheiße!<, keuchte ich atemlos und hob mein Becken an. Ich spürte es langsam hoch kommen. >Tiefer, Baby.<, wies ich ihn an und sah zu ihm runter. Die ruckartigen Bewegungen seines Kopfes waren wie ein weiterer Schlag von Ekstase. Ich verzog das Gesicht. Eine Implosion weitete sich in mir aus. Ich schnappte nach Luft, drückte Reese am Hinterkopf fester an meine Hüfte, bevor ich seufzend zusammensackte. >Langsam... nervt es mich,... dass du das... so gut kannst.< Ich schloss meine Augen und ließ ihn meine Hose wieder schließen.
Er stieg auf meinen Schoss. Sein Kopf legte sich in meine Halsbeuge. >Ich kann es nur so gut, wenn es mir Spaß macht.< Ich legte meine beiden Hände an seine Hüfte und schob ihn höher. Er fuhr mit seiner Zunge über meine Kehle und ließ einen Kuss den Abschluss bilden. >Nichts macht mir mehr Spaß, als dir...< Seine Lippen wanderten aufwärts zu meinem Ohr. >...Freude zu bereiten.< Sein Flüstern erweckte Gänsehaut in meinem Nacken. Ich drehte seinen Kopf und küsste ihn. Mein Geschmack lag noch auf seiner Zunge. >Rick.<, wimmerte er leise und schlang seine Arme fest um meinen Nacken.
Es klopfte wieder laut an der Tür. Wir fuhren erschrocken auseinander. >Ich habe gesagt, er soll aus meinem Haus raus!< Die Stimme meines Vaters war nun lauter und strenger.
Ich warf meinen Kopf zurück. >Oh Gott.<, seufzte ich. >Schon auf dem Weg.< Reese stieg genervt von mir runter und ging zur Tür. Ich folgte ihm raus.
>Wir haben einen Bikini-Kontest gestartet. Sie werden es nicht glauben, ich habe gewonnen.< Ich schob ihn weiter raus. >Mein süßer Hintern ist ein Traum in Neongrün.<
>Halt deinen Mund.<, zischte ich ihm zu.
>Haley, wir müssen gehen.< Verblüfft setzte sie sich auf. >Barko, komm.< Der Hund stand auf und ging brav zu seinem Herrchen.
>Was? Barko soll hier bleiben.< Ihre Mundwinkel sanken. >Kommt Barky morgen wieder?<, fragte sie hoffnungsvoll. Meine Mutter sah anklagend an mir vorbei. Ich sah mich um. Hinter mir stand mein Vater.
Reese verneinte. >Nein, wir kommen für eine Weile nicht mehr her.<
>Barky!<, schluchzte Haley und streckte ihre Arme zu dem großen Hund aus.
Meine Mutter nahm Haley hoch auf die Arme und küsste sie auf die Stirn. >Wir machen nur eine kleine Pause von Barky, weil er doch so süß ist, Kleines. Wie wäre es, wenn wir einen kleinen Kuchen machen?<, bot sie an und ging ins Esszimmer.
>So, jetzt...<
>Ja, ich weiß wo die Tür ist. So viel klaren Verstand habe ich noch.< Mein Vater schnaubte hinter mir, wofür ich ihm am liebsten eine gescheuert hätte. Das war das erste Mal, dass ich so wütend auf ihn war.
>Tut mir echt leid.<, murmelte ich auf dem Weg zu ihm.
Er zuckte mit einer Schulter. >Kannst ja nichts dafür, dass dein Vater so ist.< Er lächelte mich aufmunternd an. >Ist nur wichtig, was du denkst.<
Ich wuschelte ihm durch sein Haare, das ich vor kurzem noch zuckend vor Ekstase gehalten hatte. Wir traten ein in sein Zuhause und gingen sofort hoch. Er schaltete seinen CD-Player an und ließ „My brain is hanging upside down“ von den Ramones laufen. Müde ließ ich mich in sein Bett fallen und drehte mich auf die Seite. >Weck mich in `ner Stunde, in Ordnung?<
>Klar.< Ich hörte, wie er seine Kleidung abwarf. >Bin duschen.< Kurz darauf fiel das Schloss in die Tür.

>Wach auf, Richard.<
Ich rieb mir die Augen und gähnte. >Schon eine Stunde rum?<
>Nein, zwei. Sorry, Alter. Ich bin eingeschlafen.< Da merkte ich erst, dass Reese in meinen Armen lag. Er öffnete seinen Mund zum Gähnen.
Ich konnte nicht anders, als an seiner Unterlippe zu nippen. Er war so... niedlich. >Kein Problem. Zwanzig Minuten mehr oder weniger sind nicht wichtig.< Ich zog ihn an meine Brust und genoss es, wie er gierig seine Arme um mich herum schlang und zufrieden ausatmete.
Aus den zwanzig Minuten wurden dann vierzig und noch eine wilde Knutscherei gegen die Tür gelehnt. >Jetzt... geh.< Atemlos küsste er mich noch ein letztes Mal.
>Bis morgen. Ich hol dich ab.< Ich drückte meine Lippen noch ein letztes Mal an seine Stirn, bevor ich das Zimmer verließ.
Viel zu spät kam ich zuhause an und wurde deshalb auch dementsprechend begrüßt. >Willst du mir vielleicht verraten, wo du die ganze Zeit warst?!<, brüllte er mich an.
Meine Brauen schossen in die Höhe. >Was zum Teufel?! Es stört dich doch sonst auch nicht, wenn ich länger draußen bin, verdammt.< Die Hand meines Vaters umfing grob meinen Oberarm so, dass ich nicht gehen konnte. Wütend drehte ich mich zu ihm um und sah auf seinen festen Griff hinunter.
>Hüte deine Zunge, Sohn. Ich will nicht, dass du weiter mit ihm verkehrst. Er hat einen schlechten Einfluss auf dich, Richard. Hör dich doch mal an.< Ich wusste, er wollte nur nett sein und mir einen Rat geben, doch sein Unterton war geradezu schmerzhaft herablassend. Das merkte wohl auch er, denn er zwang sich zum Schluss noch ein Lächeln auf.
Ich löste seine Hand von mir. >Ich bin kein Kind mehr.<, sagte ich nur und stieg die Treppen hoch in mein Zimmer zurück. >So ein scheiß Dreck.<, fluchte ich und zog mich aus. In T-Shirt und Shorts stampfte ich ins Bad, putzte mir die Zähne und verkroch mich dann wieder in meinem Bett, wobei ich kaum Schlaf fand. Am liebsten hätte ich Reese neben mir liegen gehabt. Ich vermisste seine Wärme.

Kapitel 6

>Reese, geh schon ran.<
>Soll ich hochgehen?<, fragte Josh hinter mir.
Ich schüttelte den Kopf. >Nein, er wacht gleich auf.< In dem Moment verstummte das Tuten und Reese gähnte in den Hörer hinein. >Hast du eine Ahnung, wie lange wir schon warten? Steh auf, verdammt, und komm runter!< Ich legte auf und stopfte mein Handy in die Hemdtasche meines karierten Hemdes. >Gott, er braucht immer so lange.<, stöhnte ich genervt. Ich legte meinen Ellenbogen auf dem offenen Fenster ab und stützte meine Stirn mit meiner Hand ab. Fast 10 Minuten später, kam Reese runter. Er gähnte ausgedehnt und streckte seine Hände zum Himmel. Ich beugte mich rüber, zum Fenster auf der anderen Seite und fuhr es herunter. >Beweg sofort deinen Arsch hier her!<
Lächelnd streckte er mir seinen Hintern zu und wackelten ihn von Seite zu Seite. Josh kicherte leise hinter mir, während ich seufzend die Augen verdrehte. Schlendernd kam Reese vor der Tür zum Stehen und beugte sich ins Auto hinein. >Deine Begrüßung hat mir gar nicht gefallen.< Das verschmitzte Lächeln auf seinen Lippen zwang mich beinahe dazu ihn dumm und dämlich zu knutschen.
>Komm das nächste Mal früher raus, dann wird sie netter.<
Er stieg ein und gähnte wieder. >Setzt die Segel!<, rief er aus. Kopf schüttelnd startete ich wieder den Motor und fuhr los.
In der Schule trennten wir uns wieder von Josh. Reese stieß mit dem Ellenbogen in meinen Bauch. >Musst du diese Woche arbeiten?<, fragte er.
Ich nickte. >Ja, aber erst ab morgen.< Ich arbeitete in einer Tankstelle in der Werkstatt. An Autos bastelnd war eine geheime Leidenschaft von mir. Das an der Kasse stehen und Auto putzen, war mies, aber was tat man nicht alles für Autos.
>Keine Ahnung, warum du da arbeitest. Deine Eltern sind doch stinkreich.<
Ich schüttelte den Kopf. >Ich möchte nur etwas Abhängigkeit von ihnen haben.<, erklärte ich knapp und streckte mich gähnend. >Vergiss unsere Abmachung nicht. Sei brav in der Schule.<, erinnerte ich ihn. Er brummte leise etwas vor sich hin. >Was war das?<
>Nichts.< Er boxte mich leicht. >Keine Sorge. Diese Woche pack' ich es und ich werde dir die Vorzüge eines einsamen Waldes zeigen, Baby.< Den letzten Teil flüsterte er mir verführerisch ins Ohr, schob mich von sich und verschwand in sein Klassenzimmer, bevor ich ihn festhalten konnte. Er hinterließ mir ein strahlendes Lächeln und war weg.
Ich raufte mir das Haar und lief weiter den Flur entlang, da entdeckte ich Benji, wie er mich prüfend musterte. >Oh, Mist.<, nuschelte ich und ging auf ihn zu. >Morgen. Alles klar?<, fragte ich ihn unbekümmert.
>Was war denn das grad?<
Ich zuckte mit einer Schulter. >Nichts, verdammt. Müsst ihr denn immer alles hinterfragen?<, blaffte ich und ging weiter.
>Warte. Sorry, Alter.< Er klopfte mir auf den Nacken. >Wie läuft's? Hast du deine Kleine eigentlich mal wieder getroffen?<
Nun etwas entspannter lächelte ich ihn schwach an. >Ja.<
>Erzähl mal, wer ist sie? Wie sieht sie aus?<
>Sie würde dir nicht gefallen.<
Er runzelte die Stirn. >Wieso das? Hat sie ein drittes Auge?<, scherzte er.
Ich lachte. >Nein, keine Panik. Sie ist einfach nur... anders.<
>Na gut, mach ein Rätsel aus ihr. Früher oder später, werde ich sie sowie so kennenlernen.< Er hatte ja keine Ahnung, wie viel Wahrheit in diesen Worten lag und wie viel Angst sie mir machten.
Wir gingen ins Klassenzimmer und der Unterricht begann.

Zu Chemie fanden Reese und ich uns dann wieder nebeneinander an einem Tisch. Er rieb sich müde die Augen. >Gott, nervt das. Dieses ganze Zuhören und Mitmachen.<, beschwerte er sich. Ich lächelte tadelnd und schreib weiter an den Aufgaben, die uns unser Lehrer gegeben hatte. >Das ist falsch.< Er lehnte sich zu mir rüber. >Rauchgas wird durch ein Kalk-Wasser-Gemisch entschwefelt, Babe.< Er sprach leise genug, dass niemand hörte, wie er mich „Babe“ nannte.
>So ein scheiß.< Ich strich das Geschriebene durch und ergänzte es durch die richtige Antwort. >Schreib du lieber mal mit, sonst kannst du das mit dem Wald vergessen.< Er streckte mir die Zunge heraus. Lachend stieß ich ihn an, damit er anfing zu schreiben.
Reese war fantastisch. Mit Leichtigkeit löste er die Antworten zu Aufgaben, die nicht einmal lange genug in meinem Kopf blieben, damit ich überhaupt die Chance hatte sie beantworten zu können. Die Lehrer waren überrascht, als er auch in Geschichte loslegte. In den anderen Fächern hatte ich keinen Überblick über ihn, aber soweit man dem, was die anderen Schüler erzählten, Glauben schenken konnte, war er auch da ein Überflieger gewesen. Ich war richtig stolz auf ihn. Er hatte so viel Potenzial in sich.

>Wie kommt das? Das du so schlau bist?<, fragte ich ihn nach dem Unterricht auf dem Weg zum Auto. Wir sahen Josh von weitem, wie er noch mit ein paar Schülern sprach und winkten ihm zu. Er hob seine Hand und gab uns das Zeichen dafür, dass er gleich kommen würde.
Reese setzte sich im Schneidersitz auf die Motorhaube und lehnte sich zurück, um die Sonne zu genießen. >Ich kam gut rum und hab dabei eine Menge Leute kennengelernt, die einen Haufen Scheiße im Kopf haben.<
>Ich kann alles akzeptieren, bis auf... „Ich kam gut rum...“< Er schnaubte. >Wenn wir...<
>Hey, Kumpel. Kannst du mich nachhause fahren. Mein Wagen ist in der Werkstatt.< Ich sah auf. Ben kam angeschlendert und lehnte sich am Auto an.
Ich zuckte mit einer Schulter. >Klar. Was ist denn mit deinem Baby?<, fragte ich. Ben liebte seinen BMW.
>Nichts, nur eine Generalüberholung und die Reifen sind vollkommen am Arsch.<, gluckste er und warf seine Tasche auf die Hinterbank. >Hast du eine Ahnung, wie heißt es ist? Lass das scheiß Dach runter. Schlüssel.<, verlangte er und hob die Hand, als ich ihm den Autoschlüssel zu warf. Er steckte ihn rein und ließ das Dach herunter. >Kommst du mit zu mir? Judith ist total deprimiert, seit eurer dramatischen Trennung.< Reese stieß einen leisen Fluch aus. >Ist diese unbekannte Mieze so gut im Bett?<, fragte er als nächstes. Reese Kopf fuhr schlagartig hoch. Seine braunen Augen durchstachen mich wie Pfeile. Ben blieb das nicht verborgen. >Was? Du hast ihm von ihr erzählt, aber nicht mir?<, fragte er entrüstet.
>Nein, Mann. Ich habe sie durch ihn kennengelernt.<, erklärte ich und lächelte Reese vielsagend an.
Er hob seine Brauen an, als er verstand. >Ah...< Wissend atmete er auf. >Sie ist das schärfste Teil, dass ich je gesehen habe. Und sie nimmt Richard so hart ran, wie er es braucht.< Ich lachte leise.
Ben fand das nicht wirklich amüsant. Er sah misstrauisch zwischen uns beiden hin und her und rümpfte wenig beeindruckt die Nase. >Na ja, von mir aus kannst du vögeln, wen du willst, aber mal im ernst, denkst du nicht Judith wäre besser für dich? Ihr kennt euch so lange und versteht euch so gut, es wäre doch...<
Reese lachte laut auf. >Ha! So ein Bullshit! Die beiden sind sich also so nah wie Geschwister und sollen heiraten. Stehst auf so einen Scheiß, was?<, fragte er ihn herablassend.
>Halt dein verschissenes Maul! Ich will nur, dass Rick nicht an irgendeiner von Krankheit verseuchten Obdachlosen hängen bleibt.<, erwiderte er.
>Hey, würdet ihr mal runter kommen? Nervt ihr vielleicht.<, brummte ich.
>Oh, Benjamin. -5 IQ habender Benjamin, nicht jeder ist so ein verblödeter, konservativer Höhlenmensch wie du.<, sagte Reese und stellte sich direkt vor Benjamin. Die Kampfansage war mehr als deutlich. Benjis Gesicht spannte sich an.
Bevor er etwas sagte, schob ich die beiden auseinander und beäugte Reese wütend. >Raff dich, Mann! Kann doch nicht sein, dass ihr euch die ganze Zeit wie kleine Mädels bei ihrer ersten Periode verhaltet.< Ich legte meinen Arm um Benji. >Bist du eifersüchtig, weil ich mehr Sex habe als du?< Ben stieß mich weg und schmunzelte. >Josh! Komm her!<, rief ich und winkte ihn her. Er machte eine wegwerfende Bewegung mit der Hand und drehte sich wieder zu seinen Freunden um.
Reese schüttelte den Kopf und trat vor. >So kriegst du den nicht hier her. Du musst ihn blamieren.< Argwöhnisch beobachteten Ben und ich ihn. Er hob beide Arme winkend in die Luft. >Joshy-Bär! Süßer, kommst du? Die Welpen im Tierheim warten auf uns!<, rief er laut, sodass jeder auf dem Parkplatz es hörte und sich verwirrt zu uns umdrehte. Ich lachte und konnte hören, wie Ben hinter mir leise kicherte. Josh wandte sich um und sah mit zusammen gezogenen Augenbrauen zu Reese. >Damit krieg ich ihn.<, sagte er zu uns und räusperte sich. >Heute Nacht wieder kuscheln?!< Das war zu viel. Lachend hielt ich mir den Bauch und krümmte mich. Ben brach genauso in Gelächter aus.
Josh sah sich wieder zu uns um. >Reese! Halt's Maul!< Er sprach noch kurz mit seinen Freunden und kam dann zu uns. >Gott, du bist so peinlich!<, zischte er, als er an Reese vorbeilief und stieg ins Auto ein.
>Du bist so peinlich.<, äffte Reese ihn nach und stieg zu ihm auf die Hinterbank. Wir fuhren los. >“Celebration time, come on!“<, sang er und tanzte wie verrückt. Josh schüttelte lächelnd den Kopf. Ich grinste breit. Ben hingegen verzog angewidert das Gesicht. Reese beugte sich nach vorne und umschlang meinen Hals. >Gehen wir angeln.<, schlug er vor.
Ich lachte. >Nein, ich hab nämlich essen zuhause.<
Er boxte mich in die Schulter und ließ sich wieder zurückfallen. >Joshy, komm lass mich nicht hängen, Baby.<
>Nenn mich nie wieder „Baby“. Ich bin traumatisiert.<
Reese streckte sich gähnend. >Dann eben nicht. Ich geh fischen mit Anthony.< Meine Mundwinkel sanken sofort und ich sah ihn durch den Rückspiegel an. Er lächelte selbstgefällig. >Der fährt bestimmt gerne mit mir raus.<, sagte er nur. Keiner von den anderen beiden verstand meine Verstimmung. >Heute ist warm. Vielleicht gehen wir schwimmen.<, fügte er noch hinzu. Linste wieder zu mir hoch in den Rückspiegel. Ben tippte etwas in sein Handy ein. Josh las in einem Buch. >... ohne Badehose...<
>Hör auf.<, knurrte ich wütend. Die Lautstärke meiner Stimme hatte ich wohl überschätzt. Denn die anderen Fahrgäste zuckten zusammen und sahen verwirrt zu mir.
Reese kicherte und beugte sich zu Josh rüber. >Was für ein Buch ist das?<, fragte er und ließ das Thema fallen.

Ich setzte Ben zuerst ab und verabredete mich mit ihm für heute Abend. Daraufhin hielt ich bei Reese. >Wir sehen uns dann morgen. Ich werde pünktlich sein. Versprochen.<
>Warte, ich komm zur Tür.< Er spazierte vor mir zur Tür. Ich packte ihn an der Schwelle am Arm. >Ich will nicht, dass du dich mit ihm triffst.<, sagte ich bestimmt.
Reese lächelte und zuckte mit einer Schulter. >Ich weiß, Baby.<
>Ich mein es ernst. Triff dich nicht mit ihm. Er will dich nur...<
>... vögeln. Ich weiß. Ich hab mit ihm Schluss gemacht. Tony steht noch auf mich.<
Ich blickte ihn anklagend an. >Umso mehr Grund, ihn nicht zu treffen. Halt dich von ihm fern, bitte.<, bat ich.
Er atmete langsam durch. >Wüsste nicht, warum ich das tun soll.< Ich stöhnte genervt auf, zog ihn durch die offene Tür in den Hausflur und schloss sie wieder. Forsch drückte ich ihn gegen die Haustür und presste meinen Mund an seinen. Ohne Umschweife löste ich seine Lippen voneinander und drang mit meiner Zunge in seinen Mund. Er gab ein lustvolles Stöhnen von sich und schlang seine Arme um meinen Nacken. Fest drückte ich ihn an mich und verbiss mich an seiner Unterlippe. Seine eine Hand glitt zu meinem Hosenbund.
Ich hielt sein Handgelenk fest. >Nicht hier.<, keuchte ich zwischen zwei Küssen.
Er schmollte. >Doch.<
Jemand räusperte sich. >Ehm... bitte nicht...<, hörten wir jemanden hinter uns. Wir drehten uns um und fanden Sandra auf dem Sofa sitzend und in einer Zeitschrift blätternd. Verängstigt blickte sie uns beide an.
>Oh Mann, Sandra!<, stöhnte Reese genervt und stampfte wütend mit dem Fuß auf.
>Hallo? Ich darf ja wohl in meinem eigenen Haus im Wohnzimmer sitzen.<, brummte sie verärgert.
Reese verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust und blickte mich von unten herauf an. Ich küsste ihn auf die Stirn und umfing sein Kinn, um ihn zu einem zweiten Kuss auf den Mund heran zu ziehen. >Bis morgen. Sandy, lass ihn heute bitte nicht mehr raus.< Sie salutierte wie ein Matrose und nickte. >Und du bist morgen rechtzeitig da, verstanden?< Das war an Reese gerichtet. Er verdrehte nur die Augen und stieg die Treppen hoch. >Rechtzeitig.<, rief ich wieder.
>Ja, ja, ja. Jetzt hau schon ab.<
>Kriege ich noch einen Abschiedskuss?< Er hob seinen Mittelfinger und schlug die Zimmertür hinter sich zu. >Wir sehen uns, Sandra.<, verabschiedete ich mich von Reese' großer Schwester und trat wieder hinaus, wo Josh im Wagen wartete. Wir fuhren nachhause und setzten uns dort sofort an unsere Hausaufgaben. Haley war beleidigt, weil sie gehofft hatte, Barko würde doch noch herkommen.

>Hey ehm... < Josh tippte nachdenklich mit dem Ende seines Bleistifts gegen den Rand seines Glases, welches mit Orangensaft gefüllt war. Ich sah aufmerksam auf und blickte in sein aufgeschlagenes Englischheft, da ich dachte, er hätte ein Problem mit seiner Aufgabe. >Reese... ist cool, weißt du?< Ich nickte, zog aber die Augenbrauen misstrauisch herunter. >Ihr... versteht euch echt gut. Das...<
Ich steckte meinen Stift beiseite und lehnte mich zurück. >Worauf willst du hinaus, Kleiner?<, fragte ich ihn. Langsam wurde ich nervös.
Er malte unsinnige Muster auf den Rand seines Blattes und schürzte die Lippen. >Ich bin nicht dumm.< Ich nickte erneut. >Du würdest mich doch nicht anlügen oder?<
>Josh, rede nicht drum herum. Du weißt, ich mag das nicht.<
Er atmete lautstark durch. >Zwischen dir und Reese ist was. Irgendwas... Sag mir, was.<, verlangte er bestimmt.
Ich wandte meinen Blick ab und fluchte innerlich. >Wir sind Freunde. Sehr gute Freunde. Ich mag ihn sehr. Mehr kann ich nicht dazu sagen.<, tat ich es ab und schrieb weiter an meinen Hausaufgaben.
Josh räusperte sich. >Heute im Auto bist du echt sauer geworden, als er von einem...<
>Josh.< Der Unterton seines Namens brachte ihn dazu zusammen zu fahren. >Es ist gut, so wie es ist.<, mahnte ich ihn und war daraufhin überrascht über die Schärfe in meinen Worten.
Er senkte seinen Blick. >Tut mir leid, ich...<
Überfordert rieb ich mir die Stirn. >Tut mir leid, Kleiner. Ich... Machen wir einfach unsere Hausaufgaben und gehen was essen. Ich bin deutlich unterzuckert.<, scherzte ich und lächelte ihn an.
Überzeugt nickte er. Seine Mundwinkel hoben sich erleichtert an. >Schon gut, Kumpel.<
Wir schrieben weiter an den Hausaufgaben. Daraufhin aßen wir zusammen mit den Eltern und unserer Schwester unten zu Abend. >Schatz, warum isst du so wenig?<, fragte mich meine Mutter.
Gähnend fuhr ich mir durchs Haar und leerte mein Glas. >Ich habe nicht so Hunger. Ich muss sowie so los. Zu Benji.< Ich erhob mich vom Tisch.
>Richard, du weißt, dass wir uns erst erheben, wenn wir das Abendessen beenden.<
Ich fuhr mir durchs Haar. >Ich werde jetzt aber trotzdem gehen.< Ohne auf eine Reaktion von Seitens meines Vaters zu warten räumte ich mein Geschirr in die Küche und ging dann nach oben ins Zimmer. Mit meiner Jacke und dem Autoschlüssel kam ich die Treppe wieder herunter und hörte unten, wie mein Vater sich über mich beschwerte.
>... habe es von Anfang an gesagt. Dieser Reese ist kein guter Umgang für Richard. Er hätte sich früher nie so verhalten.<, hörte ich ihn.
Ich fuhr mir durchs Haar und ging nochmal die Treppe hoch, um ein paar Sachen einzupacken. Wütend schlug ich die Tür hinter mir zu und fuhr mit dem Auto zu Ben. >Hey, Alter...<, begrüßte mich Ben. Ich rauschte an ihm vorbei ins Zimmer. >Ehm... alles klar.< Ich warf meine Tasche auf das Bett und setzte mich davor auf den Boden. Mehrere Minutenlang saß ich schweigend da und blickte auf die Spitzen meiner Turnschuhe. >Bier?< Ich sah auf zu Ben. Er hielt ein Six Pack in der einen Hand und eine Flasche Wasser in der anderen. Ich verdrehte die Augen und griff nach dem Wasser. >Also, Liebling, sprich dich aus. Was läuft in Krimber-Hausen?<, fragte er und nahm einen Schluck vom Bier.
Ich rümpfte die Nase und spielte mit dem Verschluss der Flasche. >Dad dreht nur wieder durch.<, erklärte ich.
Er schnaubte. >Dein Vater dreht immer durch.<, erwiderte er herablassend. Ich bedachte ihn eines strengen Blickes. Er zuckte mit den Schultern. >Jetzt mal im Ernst. Weißt du noch, wie er ausgerastet ist, als er herausgefunden hat, dass du keine Jungfrau mehr warst?<, fragte er aufgebracht.
Ich erinnerte mich lächelnd. Meine erste Party. Ich landete mit der Gastgeberin im Bett ihrer Eltern. Sie war ein Jahr älter. >Ich war 14. Fast noch ein Kind.<
Ben nahm einen weiteren Schluck. >Du warst fast 15. Und Rick, du bist der vernünftigste von uns allen. Nicht nur, dass du noch nie Alkohol getrunken hast, nein, du würdest auch nie nur mit einem Mädel ins Bett steigen, weil du sie einfach nur flachlegen willst. Wie lange kanntest du Becky, bevor du sie auf der Party gevögelt hast? Ein Jahr vielleicht? Und du warst bis über beide Ohren in sie verschossen. Dein Vater ist einfach nur abartig streng.< Ich rutschte tiefer hinunter und seufzte lang. >Was war denn jetzt Thema?<, fragte er und zog seine Beine an.
Ich lächelte. >Weißt du, ich denke, du wirst ihm in diesem Punkt sogar zustimmen.< Er hob verblüfft seine Brauen an. >Er hat sich darüber beschwert, dass ich so viel Zeit mit Reese verbringe. Er... hätte einen schlechten Einfluss auf mich.<
Ben trank wieder von seinem Bier. >Hat er das denn?<
>Nein.<, antwortete ich entschieden.
Er nickte. Wir schwiegen lange. >Werd' jetzt nicht sauer, aber Reese ist echt nicht gut für dich.< Ich stöhnte genervt auf. >Ich meine, vielleicht ist er ja ein netter Kerl, aber... wie lange soll das laufen? Aus irgendeinem Grund schaffst du es, alle deine Bekanntschaften Jahre lang aufrecht zu erhalten, Rick, und ich denke, in diesem Fall, wäre das unvorteilhaft für dich.<
>Warum denn das?<
>Ist das nicht offensichtlich?< Ich sah ihn erwartungsvoll an. >Sieh ihn dir an, Rick. Er passt einfach nicht zu uns. Er ist... einer von diesen Typen, die sich nie festlegen. Die in „Freiheit“ leben und lieber im Dreck hausen würden, als sich einen anständigen Job zu suchen und das bist nicht du.< Ich runzelte die Stirn. >Von Anfang an, warst du immer unvoreingenommen und immer der Nette von uns beiden und das... bewundere ich sogar an dir. Ich find das echt stark, aber... irgendwo muss das auch seine Grenzen haben.< Ich raufte mir das Haar und schloss mit dem Kopf gegen das Bettgestell gelehnt die Augen. >Ich verstehe echt nicht, warum du so an dem hängst? Was macht ihn so wichtig für dich?<
Ich setzte mich schlagartig auf. >Nichts.<
Benjamin lachte. >Alter, du kannst mich nicht anlügen. Ich habe dir das Lügen beigebracht. Sag es mir.<
Ich wandte meinen Kopf ab. >Gibt's nichts zu erklären.< Ben konnte ich noch nie anlügen.
>Richard Krimber, ich saß mit dir zusammen im Sandkasten und habe gleichzeitig mit dir in die Windel gekackt. Wenn du jemandem vertrauen kannst, dann mir. Jetzt komm schon.< Er stieß mich an der Schulter an. >Wir kennen uns doch nicht seid gestern.<
Räuspernd rieb ich mir das Kinn. >Da gibt es echt nichts.<
>Rick.< Er zog meinen Namen unnatürlich lang. >Egal, was es ist. Wir werden immer Freunde sein.<
>Alter, ich geh pennen. Wo ist die Matratze?<, fragte ich und stand auf.
Ben hielt mich am Bein fest. >Du kannst mit mir reden, Rick.<
Ich lachte nervös auf. >Danke, Alter. Und jetzt hör mit dem Geflirte auf, ich schlafe nicht mit dir in einem Bett.<
Er grinste. >Das haben wir früher doch immer so gemacht.< Ich holte kopfschüttelnd die  Ein-Mann-Matratze aus dem Flurschrank.
Judy kam aus dem Bad. Ein kurzer Bademantel verdeckte ihren Körper. Ich konnte mich nicht davon abhalten, auf ihre feuchten Beine zu sehen, die unter dem Licht aus dem Badezimmer noch glänzten. Als meine Augen auf ihre trafen lächelte sie. >Na, alles Top bei mir?<, fragte sie und ließ ihre Hände von dem Ausschnitt des Mantels rutschen. Damit fiel er auseinander und gab einen pikanten Einblick auf ihr Dekolleté.
Ich schmunzelte und stellte die Matratze auf dem Boden ab. >Alles Tip Top.<, erwiderte ich.
Sie kam mit graziösen Schritten auf mich zu und packte mich am Saum meines T-Shirts. >Warum kommst du dann nicht zu mir und schläfst dort? Die hier brauchst du dann auch nicht.< Sie nickte zur Matratze.
>Ich habe zu viel Angst, dass du mich auffrisst.<
Sie lachte. >Als würde es dir nicht gefallen.< Sie schlang ihre beiden Arme um meinen Nacken und sah zu mir hoch. >Komm zu mir, Ricky.<
Ich sah auf ihre Lippen herunter. >Lieber nicht, Judith.<
Ihre Mundwinkel sanken. >Was soll der Scheiß?< Sie stieß mich von sich.
>Das ist kein Scheiß. Ich will nur nicht mit dir ins Bett steigen, Jude. Ist das so schlimm?<, fragte ich sie.
>Nein, wäre es nicht, wenn du irgendein Volltrottel wärst, der nur mit mir ins Bett steigen will, aber... du... Ich dachte, wir beide wären...<
Ich nickte und senkte meinen Blick. >Das dachte ich auch, wirklich. Glaub mir, ich wollte dich, will dich sogar immer noch, aber es gibt... einfach Dinge, die jetzt wichtiger für mich sind.<
>Sag mir, wer sie ist.<, verlangte sie stur.
Ich schnaubte und rieb mir die Stirn. >Ich geh jetzt.<
>Richard.<
Ich nahm die Matratze und schloss; in Bens Zimmer angekommen, die Tür hinter mir. >Judy?<, fragte er. Ich nickte und warf die Matratze auf den Boden. Müde ließ ich mich auf sie fallen. >Soll ich das Bettzeug holen?<
Ich verneinte und verschränkte die Arme unter dem Kopf. >Scheiß drauf. Nacht.<
>Nacht.<

Gefühlte Sekunden später, wachte ich wegen eines Schlags gegen den Hinterkopf auf. >Rick, dein scheiß Handy.< Gähnend setzte ich mich auf und tastete mit meiner Hand suchend über den Boden. Das laute Gejaule von der „Spongebob Schwammkopf“ Titelmusik füllte den Raum. Josh hatte das mal eingestellt und ich hatte es gelassen. Haley freute sich. >Richard!<, rief Ben laut und warf mit einem Kissen nach mir.
>Ich such ja schon, verdammt. Wo ist das Scheiß-Teil?<, fragte ich genervt. >Da!< Ich bekam es zu fassen, drückte auf die grün aufleuchtende Fläche und hielt es mir ans Ohr. >Wer ist da?!<, krächzte ich wütend.
>Wow, ich gebe dir die besten Höhepunkte und so werde ich begrüßt.<
>Hast du eine Ahnung, wie spät es ist?<
>Wieso hast du so lange gebraucht, um ans Telefon zu kommen?<, stellte er seine Gegenfrage.
Ich grinste. >Nicht zuhause.<
>Rick!< Ein Fuß kickte mich gegen die Schulter.
Ich sah mich um. >Warte kurz, Reese.<, sagte ich ins Telefon.
>Er ruft dich um diese Uhrzeit an?!<, rief Ben mir hinter her, während ich aus dem Zimmer trat. Ich schloss die Tür hinter mir.
>War das Ben?<, giftete Reese. >Warum schläfst du bei ihm?<
Ich schnaubte. >Er ist hetero, mach dir keine Sorgen.<
>Das behauptest du von dir auch.<
>Ja, aber ich steh auf dich.< Es blieb still. >Was willst du?<
>Vögeln.<
>Morgen.<
>Es ist morgen.<
Ich verdrehte die Augen. >Nicht jetzt.<
Er seufzte. >Wir können es am Telefon machen.<
Ich fuhr mir durchs Haar. >Brauchst du's so dringend?<
>Ich brauche dich, Ricky.< Das war unfair.
Ich ging ins Bad und schloss mich ein. >Du Arsch.<
>Dein Arsch.<
Lächelnd schaltete ich die Dusche an und setzte mich auf den Toilettendeckel. Ein leises Wimmern erklang. >Du fängst ohne mich an, Süßer?<, fragte ich etwas atemlos. Stellte mir vor, wie  er sich berührte und dabei an mich dachte.
>Ich konnte nicht warten.<, keuchte er hilflos.
Ich öffnete meine Hose und befreite meine wachsende Erektion. >Ich wünschte, ich wäre jetzt bei dir.<, flüsterte ich und begann mich zu massieren.
>Ich auch. Ah...< Er schnappte nach Luft. >Richard...<
Ich stellte mir vor, wie er auf seinen vollen Lippen knabberte und seine Augen lustvoll schloss. >Baby, du fühlst dich so gut an.< wisperte ich in den Hörer und ließ meinen Kopf in den Nacken fallen. Er brummte zustimmend. Sein Atem war tief und so aufgeladen, dass es mir Gänsehaut über meine ganze Haut schickte. >Oh Gott.< Das Ziehen in meiner Mitte wurde so intensiv, dass es fast schmerzte. Ich drückte mich fester und zuckte.
>Rick, schneller.< Seine Atmung beschleunigte sich. Ich passte meine Handbewegungen  seinem Stöhnen an. >Ja!< Er wimmerte erneut.
Ich schloss meine Augen und konzentrierte mich auf die Geräusche, die aus dem Hörer kamen, und dem Druck an meiner Lust. >Spürst du mich?<, fragte ich ihn. Er stöhnte leise. >Tief...<, ächzte ich. Wir wurden wieder langsamer.
>Ja...< Das Bild in meinem Kopf, dass sich bei diesem Wort ergab, ließ mich fast platzen. >Ah!... Rick,... ich komme. Ich...< Er wurde wieder schnell und ich passte mich ihm an. >Scheiße...<
Ich biss meine Zähne fest zusammen und wurde schneller. >Komm für mich, Baby. Komm für mich.<, flüsterte ich. Und wie aufs Stichwort schrie er laut auf. Kurz darauf kam auch ich und ließ mich atemlos gegen die kühlen Kacheln fallen.
>Das war gut,... Baby.<, keuchte er leise. Ich hörte Kussgeräusche und musste leise lachend.. >Erstes Mal Telefon-Sex, Ricky!< Ich grinste. >Wo bist du?<
>Im Bad.<
>Du hast dir in Benjamins Bad einen runtergeholt?<, fragte er belustigt.
Ich schmunzelte. >Sieht so aus.<
Ich hörte ihn kichern. >Komm zu mir.<
>Nein, es ist viel zu spät.<
>Komm her und liebe mich, Richard.< Er sprach so unverblümt. Es erweckte erneut meine Lust.
Ich schloss meine Augen. >Reese.<, seufzte ich.
>Mach's mir.<, verlangte er stur.
Ich nahm das Toilettenpapier von der Rolle und säuberte mich. >Ich kann nicht, Reese. Es ist zu spät.<
Er stöhnte. Dieses Mal, war es gespielt, aber genauso aufreizend wie sein echtes Stöhnen. >Jetzt hier und richtig hart.<
>Ich werde jetzt auflegen.< „,... sonst fahre ich wirklich noch los.“, fügte ich in Gedanken hinzu.
>Rick, komm her. Jetzt!< Das letzte Wort hatte einen trotzigen Unterton.
>Nein.<
>Gott, Arschloch. Tschüss.< Er legte auf. Ich stand auf, legte das Handy beiseite und zog meine Hose wieder an. Nachdem ich sicher gestellt hatte, dass ich wieder gehen konnte, schaltete ich die Dusche wieder ab und ging zur Tür, da klingelte wieder das Handy. Ich ging ran. >War ein Spaß, Liebling. Vögel mich morgen... Nein, ich habe eine bessere Idee. Enthaltsamkeit.<
>Ganz bestimmt nicht.<, schnaubte ich und lehnte mich mit dem Rücken an der Tür an.
>Rick, gerade du bist doch Messias Nr. 1 hier. Nur bis zum Wochenende. Wenn wir dann im Wald sind, gehen wir richtig ab. Das wird schön.<
>Ich will aber mit dir schlafen.<
>Dito, nur bis Freitag. Bitte, Süßer.< Ich seufzte. >Baby-Bär, bitte.<
>In Ordnung. Bis Freitag. Nur bis Freitag. Wehe, du benimmst dich nicht bis dahin.<
Er kicherte. >Gute Nacht, Rick. Träum von mir, Süßer.<
>Schlaf gut, Babe.< Ich legte auf und ging wieder zurück ins Schlafzimmer. Ben lag wach. >Hey.< Ich streifte meine Hose ab. >Gib mir eine Decke.< Er schob sie über den Bettrand. Ich legte mich auf die Matratze und streckte mich.
>Und was wollte der Giftpilz?<, fragte er.
>Nichts, nur reden.<, antwortete ich.
>Du lügst wieder.<
Ich schüttelte den Kopf. >Nein, tue ich nicht.<
Er setzte sich auf. >Erklär mir das zwischen euch.<, verlangte er.
Ich kickte mit dem Fuß gegen das Bett. >Ben, bist du eifersüchtig?<, fragte ich lachend.
>Ja, sehr witzig. Ernsthaft. Was habt ihr gerade besprochen?<
Ich seufzte. >Wir gehen am Wochenende zelten. Er wollte fragen, ob das noch läuft.<
Er nickte. >Zelten? Krass. War seine Idee oder?< Ich bejahte. >Du wirst mir das noch erklären, mit euch.< Ich lachte. >Ernsthaft.<
>Ja, ja, ja.< Ich legte mich wieder hin und schlief sofort ein.

Josh stieg ins Auto ein. >Mum und Dad sind echt sauer, weil du nicht zurückgekommen bist.<, sagte er beim Einsteigen. Ich zuckte mit einer Schulter.
>Oh, Richard, wird richtig rebellisch. Reese färbt wohl doch auf dich ab.<, gähnte Ben hinten.
Ich fuhr weiter zu Reese und parkte vor der Haustür. Die Zeit verging und Reese kam nicht raus. Gerade als ich aussteigen wollte, um ihn aus dem Haus zu zerren, trat er raus und kam zum Auto. >Hey, Leute. Ben.<, begrüßte er uns.
>Drecksschleuder.<, erwiderte Ben, was ihm einen warnenden Blick von mir einhandelte.
Reese stützte seinen Ellenbogen auf meinem Sitz ab. >Guten morgen, Richard.<
Ich lächelte räuspernd und fuhr mir durchs Haar. >Morgen, Reese.< Ich packte seinen Arm und schob ihn weg. Über den Rückspiegel konnte ich sehen, wie Ben uns beide musterte, genauso wie Josh.
>Na, habt ihr gut geschlafen?<, fragte er in die Gruppe, behielt seine verschmitzten Augen aber auf mir.
Ich konnte nicht aufhören zu grinsen. >Gut.<
>Ich... habe wirklich faaaaantastisch geschlafen. Gerade zu abartig gut.<

Zum Mittagessen gingen wir in die Cafeteria. Ich saß neben Reese an einem Tisch und sah ihm dabei zu, wie er angeekelt an einem Donut mit Zuckergussüberzug knabberte. >Bist du schon scharf?<, fragte er und fuhr mit seinem Zeigefinger über meinen Handrücken.
Ich grinste. >Ich bin nicht so geil, wie du.< Er biss wieder in den Bagel und sah mich vielsagend an. >Im Ernst.<
>Wieso sitzt du bei dem?<, fragte ein Teamkollege hinter mir. Missbilligend sah er auf uns beide herunter.
Reese drehte sich herum. >Weil „dem“ kein hirntoter Volltrottel ist.<
>Reese.< Ich hielt die beiden auseinander und stand auf. >Ich geh jetzt. Iss das scheiß Teil endlich.< Wies ich ihn an und stieß ihn an der Schulter an.
>Ja, ciao.< Ich wandte mich ab und ging. >Übrigens fährt mich Anthony später nachhause.<
Ich hielt in der Bewegung inne und sah mich um. >Was?<
>Rick.<
Ich machte eine wegwerfende Handbewegung zu meinem Freund. >Geh schon mal vor.< Ich setzte mich wieder zu Reese. >Ich habe doch gesagt, dass du dich von ihm fernhalten sollst.<
Er lächelte verschlagen. >Das ist mir klar. Ich war dabei.<
Ich wartete darauf, dass er mir versicherte, er würde sich nicht mit Anthony treffen, doch ich wartete vergeblich. >Im Ernst, geh nicht... Was ist so witzig?< Der letzte Kommentar hing mit seinem breiten Grinsen zusammen.
>Du bist so ein Heuchler. Wenn ich dich wegen deiner blöden Tussi von Judith anmecker, heißt es nur „Mach dir keine Sorgen. Du bist doch nur eifersüchtig.“. Aber wenn ich Zeit mit meinem Ex verbringe mutierst du zu Hulk. Wo ist da die Gerechtigkeit?<, fragte er mit angezogenen Brauen.
Ich presste meine Lippen fest aufeinander. >Das ist anders.<
>Anders?< Er lachte gehässig auf. >Bitte, erklär es mir.<
>Ich hatte nie Sex mit Judy und ich habe kein Interesse an ihr.<
>Hast du nicht?< Er beugte sich zu mir vor. >Ich bin nicht blind, Richard. Sie passt genau in dein Schema. Lange Haare und Beine, große Brüste und ein süßer, knackiger Hintern.< Er stützte sein Kinn in seine Hand. Ich fuhr mir durchs Haar und seufzte. >Ja, genau. Und übrigens entscheide ich selber darüber, mit wem ich meine Zeit verbringe.< Er stand auf und ging.
>Reese.<

Vollkommen erschöpft durch das Training stieg ich ins Auto und fuhr los. Ich hatte keine Zeit mehr zu duschen, weshalb ich direkt zur Arbeit fuhr. Hinter der Tankstelle parkte ich meinen Wagen. Auf dem Weg in die Werkstatt zog ich mein T-Shirt aus und hängte es mir über die Schulter. Es war richtig heiß geworden heute. Ich warf es im Aufenhaltsraum einfach auf den Tisch und schnappte mir aus der Umkleide das Hemd mit dem Logo auf der Brust.
>Hey, Tommy!< Ich begrüßte den Chef der Werkstatt lächelnd und stellte mich neben ihn vor das Auto mit der geöffneten Motorhaube. >Was ist los?<, fragte ich ihn.
Er rieb sich seine Hände mit einem schon fleckigen Lappen. >Keilriemen. Kümmerst du dich drum, dann geh ich vor?< Ich nickte und nahm den Lappen in die Hand.
Und es ging los. Wir schraubten und schraubten. Es machte mir wirklich Spaß. Ich liebte das. Das Klima in der Werkstatt war ausgelassen und immer zu entspannt. Ich mochte die Geräuschkulisse, die beißenden Gerüche von Benzin und Lack und dem Schmutz. Hier fühlte ich mich beinahe heimisch. Autos waren einfach mein Ding. Und früher mochte ich auch die Tatsache, dass die Aufmerksamkeit hübscher Frauen fast immer auf mich fiel, da ich einer der Jüngsten hier war. Früher.
>Hey. Könntest du mir bei meinem Wagen helfen? Die Reifen müssen gewechselt werden.< Ich drehte mich um.
Oh, ist das dein Ernst?, fragte ich mich selber ungläubig.
Blonde, hüftlange Haare, blaue Augen, sonnengebräunte Haut und lange Beine in einem kurzen Sommerkleid. Sie strahlte mich breit lächelnd an und blinzelte mich durch lange Wimpern hindurch an.
Ich kratzte mir den Hinterkopf. >Ehm... ja, klar. Zeig mal her.< Sie kicherte und tänzelte voran zum Wagen. Es war ein Leichtes die richtigen Reifen herauszusuchen und sie dann auch anzuschrauben, dass Schwere an der ganzen Sache war nur sie 1. die ganze Zeit am laufenden Band plappern zu hören und 2. danach abzuwimmeln.
>Wie wäre es, wenn wir uns mal treffen? Wann hast du Schluss?<
Ich erhob mich gerade vom Boden und lächelte sie höflich an. >Gerade ist echt schlecht, ich... bin eigentlich schon... ehm... vergeben. Tut mir leid.<
Sie strich sich ihr Haar zurück und kam einen Schritt auf mich zu. Ihre rosa lackierten Fingernägel strichen über den Kragen meines Hemdes. >Sie braucht es ja nicht zu erfahren. Nur eine kurze Beziehungspause...<, säuselte sie.
>Es geht wirklich nicht, ich...<
>Richard!< Ich fuhr zusammen und sah mich um. Reese stieg gerade aus einem Auto.

Kapitel 7

 Das Auto kannte ich. Und schon trat der Fahrer in Vorschein. Anthony.
>Du hängst mit dem rum?<, fragte mich die Frau, Kim.
Ich lächelte sie an. >Tu ich. Also die Reifen sind drauf. Du kannst dich bei Tommy melden. Da kannst du bezahlen. War schön, dich kennenzulernen, Kim.< Ich nickte ihr zu und wandte mich um. Reese Augen brannten. >Hey,...<
>Du bist ein richtiges Arschloch!<, brüllte er und stieß mich an der Brust an.
Ich nahm seine Hände in meine. >Komm runter, du Volltrottel. Kann ich doch nichts für, wenn sie mir die ganze Zeit am Arsch hängt.<
>Du kannst ihr in den Bauch boxen und ihr sagen, dass du lieber Schwänze leckst...< Unbeeindruckt blickte ich ihn an. Er schmollte, entriss mir seine Arme und verschränkte sie vor der Brust. >... oder so was in die Richtung.< Ich lachte. >Ich wollte eigentlich nur sehen, was läuft und dich... um etwas bitten...< Nun wurde ich hellhörig. >... Sie sieht dich immer noch an.<
>Reese.<
>Verpiss dich!<, zischte er an mir vorbei.
Ich zog ihn etwas von ihr weg. >Halt deinen Mund.<
Nur widerwillig löste er seinen Blick von ihr und sah mich an. Seine Augen nahmen seinen schon bekannten Hundeblick an, da wusste ich, seine Bitte würde mir nicht gefallen. Reflexartig glitten meine Augen zu Anthony. >Würdest du deinem süßen Schatz für Donnerstag eine Pause gewähren?< Ich zuckte zurück. Dachte, er wolle irgendwas mit Anthony starten. Er verstand meinen Blick. >Nein, nein. Nicht von uns, sondern von... meinem Versprechen, brav zu sein.<
>Warum?<, fragte ich ernst.
Er schürzte unschuldig die Lippen. >Es gibt da so eine... Party. Ich würde da echt gern...<
>Nein.<
>Bitte, Rick! Ich werde aufpassen...<
Ich zuckte mit einer Schulter. >Weißt du, eigentlich ist es mir ja egal. Das ist deine Entscheidung. Wenn du zu spät kommst oder dich im Unterricht daneben verhältst, fängt das Ganze nochmal von vorne an. Ist deine Sache.<
Er war über meinen kalten Tonfall verblüfft. >In Ordnung.<
Ich nickte, sah wieder zu Anthony, der sein hinterlistiges Lächeln trug, und verschränkte die Arme vor der Brust. >Wir sehen uns morgen.< Ich drehte mich weg.
>Bist du sauer?<, fragte mich Reese.
Ich sah ihn an. >Bist du es?<
Unangenehm trat er von einem Fuß auf den anderen. >Weiß nicht.<
>Du weißt, dass ich diese Saufgelage nicht leiden kann. Und dieses „Versprechen“, wie du es nennst, war eigentlich nicht als Gag gemeint. Damit wollte ich dir helfen, von dieser sinnlosen Sauf-Tour runter zu kommen.< Mir fiel erst zum Schluss auf, wie überheblich sich das anhörte.
Reese schnaubte verächtlich. >Da gibt es kaum etwas hinzu zu fügen...< Er wandte sich ab, kam dann aber doch wieder zurück. >... bis auf „Fick dich.“< Damit ging er dann endgültig und ich hätte mir am liebsten für eine komplette Stunde lang kontinuierlich mit der flachen Hand gegen die Stirn schlagen können.
Reese schrieb mir noch am Abend, dass ich ihn nicht abholen bräuchte. Ich antwortete nicht, grämte mich stattdessen und wünschte, ich hätte meinen Mund gehalten.

Die nächsten Tage wurden schrecklich unangenehm. Reese ignorierte mich zwar nicht, war aber ungewöhnlich schweigsam und distanziert. Ich ging arbeiten und ging schlafen, wobei ich die ganze Zeit immer nur an ihn dachte. Unfassbar, wie sehr mich diese kleine Auseinandersetzung aus der Bahn warf. Eigentlich war ich nie der Typ, der sich zu schade dafür war, sich zu entschuldigen und in diesem Fall war ich mir auch nicht direkt zu schade dafür, ich hatte nur irgendwie Panik vor der Konfrontation.
Und dann kam Donnerstagnacht, bzw. Freitagmorgen.
Mein Handy auf dem Nachttisch vibrierte. Ich sah auf den Bildschirm. Eine Nachricht von Reese.

Komm raus. Mir ist kalt.

Ich runzelte die Stirn und schlug die Decke auf.

Wo bist du?

Die Antwort kam erst, als ich unten an der Haustür stand.

KOMM RAUS!

Ich öffnete die Tür und vor mir stand er und zwar in Unterwäsche. Fest hatte er die Arme um sich selber geschlungen. >Gott, brauchst du lange. Musstest du deine Finger lackieren oder was?<, fragte er gereizt und trat an mir vorbei ins Haus.
>Reese, mein Dad hat gesagt, du sollst...<
>Soweit ich weiß, sind wir die einzigen, die hier im Höschen mitten im Haus stehen.< Er stampfte die Treppen hoch in mein Zimmer. Verwirrt folgte ich ihm und schloss hinter uns beiden die Tür. Er saß auf meinem Bett und hatte die Decke um sich gezogen.
Mehrere Sekunden lang beobachtete ich ihn einfach nur, bis ich die Stille nicht mehr aushielt. >Warum trägst du nichts?<
>Hab eine Wette verloren.<, erklärte er knapp.
Ich sah ihn mir genauer an. Sein Gesicht trug diesen trotzigen Ausdruck. Augenbrauen heruntergezogen und die Unterlippe hervor geschoben. Viel zu süß, viel zu... Hey, was war mit... ? >Warum ist dein Lippenpiercing in der Mitte?<, fragte ich ihn als nächstes. Und wirklich, der Ring, der normalerweise auf der linken Seite seiner Unterlippe war, war nun in der Mitte.
>Keine Ahnung. Bin aufgewacht und plötzlich war es dort.< Sein eines Bein wippte unkontrolliert.
>Hast du was... ?<
>Ja, habe ich.<, schnauzte er wütend. Ich hatte mir schon gedacht, dass er nicht nüchtern sein würde. >Findest du es hässlich?<, fragte er dann plötzlich unsicher.
Ich zuckte mit einer Schulter und lehnte an der Wand neben der Tür. >Es tut nichts zu Sache.<, antwortete ich schlicht.
Er sah mich erschrocken an. >Was soll denn das heißen, dass ich sowie so scheiße aussehe?<
>Nein, dass du sowie so schön bist.<
Er stockte. Sein Mund öffnete sich unregelmäßig und ich erwischte ihn dabei, wie er errötete. Verlegen wandte er seinen Blick ab, um mich gleich darauf lächelnd anzusehen. >Ich hab Hunger.<, murmelte er. Ich nickte, stieß mich von der Wand ab und ging nach unten in die Küche. Ich machte ihm ein einfaches Sandwich und brachte es ihm hoch. Er stand vor der Pinnwand mit den Bildern meiner Freunde. Die Decke hing an seinen Schultern herab. Ich reichte ihm den Teller mit dem belegten Brot drauf. Er nahm es dankbar an und biss hinein. >Warum ist kein Bild von uns dran?<
>Weil wir noch kein Bild miteinander gemacht...<
>Es tut mir leid.<, unterbrach er mich.
Ich senkte meinen Blick. >Nein, ich... ich war ein Idiot.<
Er stellte den Teller ab und sah mich an. Ich schlang meine Arme um ihn und zog ihn an meine Lippen. Mit einem erleichterten Seufzen erwiderte er meinen Kuss und verknotete seine Beine um meine Hüfte herum. Ich trug ihn zum Bett. Die Decke fiel zu Boden. Mit ihm unter mir legte ich mich ins Bett und und begann meine Wanderung mit meinen Lippen über seinen Körper. Er krallte seine Finger fest in meinen Rücken. >Rick...<, keuchte er und zerrte mich wieder hoch an seine Lippen. >Rick, wir haben gesagt, wir warten bis morgen.<
Seufzend setzte ich mich auf. >Das hast du ernst gemeint?<
Er kicherte und stützte sich auf seinen Ellenbogen ab. >Ja, klar. Das wird...< Ich ließ mich neben ihm ins Bett fallen. Er rollte sich auf auf meinen Bauch. >Das wird richtig schön.< Zärtlich bedeckte er meine Brust mit reizvollen Küssen. Meine Körpermitte erwachte zum Leben. >Desto mehr du es willst, umso geiler wird es.< Seine Stimme wurde mit jeder Sekunde und jedem Zentimeter, den er meinen Lenden näher kam, kehliger. >Schon morgen um die Zeit werden wir uns im Dreck wälzen.< Ich schloss meine Augen und fuhr mit meiner Hand über seinen Rücken zu seinem Hintern. Er atmete überrascht auf. >Das wird gut.< Ich spannte automatisch meine Bauchmuskeln an, als er sie mit seinen Lippen liebkoste. >Wir...<
>Hör auf oder das wird nichts mit deiner scheiß Enthaltsamkeit.<, zischte ich und packte ihn an seinem Haar.
>Au! Au! Au! In Ordnung, verstanden.< Ich ließ ihn wieder los. >Hab ich ihn aufgeweckt?<
>Ja, hast du.<
Glucksend schlang er seine Arme um mich herum und lehnte seinen Kopf wieder auf meine Brust. Ein friedliches Schweigen legte sich über uns. Ich war schon am Wegdösen, strich monoton von seinem Nacken abwärts bis zu seinem hübschen Hintern und wieder aufwärts. >Richard?<
>Ja?<
>Du hast vorher gesagt, dass du mich schön findest.<
>Mhm.< Ich behielt noch immer meine Augen geschlossen und strich mir das Haar aus dem Gesicht.
Er räusperte sich. >Hast du das ernst gemeint?<
Ich lächelte und strich mit meiner Hand über seine Wange. >Natürlich, Kätzchen.< Ich schickte meine Finger wieder auf Wanderung.
>Das hat noch nie jemand zu mir gesagt.<
>Dann wurde es aber langsam Zeit.< Ich spürte sein Lächeln, als er mich auf die Brust küsste.
>Danke.<
>War mir eine Freude.<
>Ich finde dich auch sehr schön.<, flüsterte er. Hitze stieg meine Wangen empor. Ich klatschte mir die Hände ins Gesicht. >Was ist?<
>Gott, ist das peinlich.<, murmelte ich. Er schob meine Hände beiseite und küsste mich. >Danke, Hübscher.< Er grinste. Das Piercing stand ihm.

>Du gehst also zelten?<, fragte mich mein Vater. Er stand hinter mir in der Tür und beobachtete mich dabei, wie ich meine Tasche packte. Die ganze Zeltausrüstung, hatte ich schon am Morgen in den Wagen geräumt.
Ich nickte. >Ja. Ich komm Sonntagnacht zurück.<, erklärte ich.
Er verschränkte die Arme vor der Brust. >Mit ihm?< Ich raufte mir das Haar und tat so, als hätte ich die Frage nicht gehört. Mit der gepackten Tasche ging ich runter und warf sie auf die Hinterbank.
Haley tapste mir hinterher. >Ricky?< Ich drehte mich zu ihr um und musste lächeln. Wie sie mir bettelnd die Arme entgegenstreckte. Sie war so süß. Ich hob sie hoch und küsste sie auf die Wange. >Wann kommst du wieder?<, fragte sie traurig.
>Sonntag. Am Montag sehen wir uns wieder. Nur dreimal schlafen.< Sie kuschelte sich an meinen Hals. >Du bist so süß.< Ich küsste sie auf die Stirn und trug sie wieder zurück ins Haus, wo meine Mutter sie in der Küche an sich nahm.
>Passt auf euch auf, ja? Und wenn was ist, ruft an. Weißt du, wo ihr hingeht?<
Ich zuckte mit einer Schulter und nahm einen Apfel an mich. >Keine Ahnung. Er meinte, es könnten 4 – 5 Stunden Fahrt sein.<
Sie nickte und setzte Haley an den Esstisch mit einem Teller Fischstäbchen und Gemüse. >Das wird ja was. Na egal, ich hoffe, ihr werdet Spaß haben.< Sie zog mich in eine Umarmung und drückte mir einen Kuss auf die Wange.
Ich grinste und tätschelte beschwichtigend ihren Rücken. >Es sind nur drei Tage, Mum.<
Sie zuckte mit einer Schulter. >In drei Tagen kann eine Menge passieren. Und jetzt geh, bevor ich meine Meinung änder und du hier bleibst.< Ich lachte auf und ging wieder zurück zur Tür. Josh kam aus dem Wohnzimmer.
>Bis dann, Kleiner.< Ich drückte seine Schulter. >Bye, Dad.< Ich winkte nach oben zum Absatz der Treppe, wo er stand und streng zu mir runter sah. Er erwiderte nichts. Kopf schüttelnd trat ich raus und ging zum Auto.
Ich fuhr zu Reese. Er kam in dem Moment aus dem Haus, in dem ich ausstieg. Ohne ein Wort an mich zu richten joggte er an mir vorbei zum Auto und warf seine Tasche hinten rein. Er rannte als nächstes zur Garage, rollte das Tor hoch und ging an eine der Regale an der Wand. In der Zeit kam Sandra raus und beobachtete ihn aus Schlitzen. Sie war in einen dunkelroten Bademantel gewickelt. >Hi, Richard.<
>Hi. Was ist los?<
Sie zuckte mit einer Schulter. >Ach, der alltägliche „Mein-Bruder-Nervt“-Scheiß.< Ihr Gesicht wurde etwas freundlicher. >Er hat mich mit einem Kerl erwischt.< Und da kam der besagte Kerl auch schon aus dem Haus und kratzte sich peinlich berührt das Kinn. Er zog den Reißverschluss seiner Hose hoch und schob sich sein Shirt zurecht. Meine Augenbrauen schossen in die Höhe. >Werd erwachsen, du Baby! Du bist nicht der Einzige auf der Welt, der Sex haben kann!< Ich fuhr zusammen und drehte mich räuspernd weg. Der Mann an der Türschwelle, fand das genauso lustig wie peinlich und fuhr sich mit einer Hand durch sein dunkles Haar.
>Ich hör dich nicht! Ich hör dich nicht!<, rief Reese laut und kam mit einer weiteren Tasche zurück. Er öffnete den Kofferraum und warf sie zu dem Rest, bevor er die Klappe fest zuschlug. >Hier, kannst du alle haben.< Er griff in seine Hosentaschen und warf zwei Kondompackungen vor seiner Schwester auf den Boden. >Das ist so widerlich!< Nun wandte er sich dem Mann zu. >Und du! Du perverses Arschloch, wenn ich dich noch einmal in meiner Schwester sehe, kriegst du meinen Fuß in deinen Arsch.<, drohte er und wandte sich um. >Wir können gehen, Baby.< Er stieg in den Wagen und sah stur nach vorne.
Etwas unbeholfen nickte ich. >Ehm... wir sehen uns.<
Sie lächelte. >Pass auf ihn auf, ja?<
Ich nickte dem Fremden zu und stieg selber in mein Auto. Wir fuhren los. >Sie hat doch nur...<
>Nein, Mann. Sie hat nicht nur, Rick. Oh Gott, stell dir vor, Haley mit 20 vögelnd mit einem Macker. Das ist so....< Er schauderte. >Ich werde nie wieder duschen gehen können.<
Ich lachte auf. >Sie haben es in der Dusche gemacht?<, fragte ich belustigt, verstummte jedoch sofort, als ich seinen wütenden Blick auf mir spürte. >Sorry.<
>Ich hab echt Gänsehaut. Warum hat sie nicht die Tür abgeschlossen? Kannst du dir das vorstellen, was für ein Bild das war? Einfach nur.... er hinter ihr und...<
>Du brauchst es mir nicht zu beschreiben, Reese. Danke.<
Wir fuhren aus der Stadt raus. Ich nahm seine Hand in meine und drückte meine Lippen an seinen Handrücken. Er hielt sofort inne in seiner Schimpftirade und blickte zu mir auf. >Vergiss das einfach und sag mir wohin ich fahren soll und wo wir überhaupt hinfahren.< Ich lächelte ihn an. Seufzend erwiderte er es und drückte meine Finger.
>Hab doch gesagt, das ist ein Geheimnis. Es wird dir gefallen. Versprochen. Wir werden uns schon nicht verfahren, Babe.< Er beugte sich über die Leere zwischen uns und küsste mich in den Hals. >Dort ist es menschenleer. Keiner dort. Wir können die ganze Zeit nackt herumlaufen.< Ich lachte. >Hab dich echt vermisst.<
>Ich dich...<
>Ich meine nicht dich. Ich meine Klein Krimber.< Er strich mit seiner Hand über meinen Bauch bis zu meinem Schritt. Schmunzelnd richtete ich meine Augen auf die Straße. >Ich hab dich so vermisst, mein Süßer. Kann es kaum abwarten, dein Gesicht wieder zu sehen.< Ich musste lachen. >Ich bin kurz davor...< Er lehnte seinen Kopf vor. >Kurz davor dir... einen Kuss zu geben.<
Ich drückte meine Hand in sein Gesicht und schob ihn weg. >Das mit der Enthaltsamkeit war deine Idee, jetzt zieh es auch durch.<
Er schmollte. >Das war eine doofe Idee. Halt am Straßenrand, dann gehen wir...<
>Nein, ich verstehe langsam, was du damit gemeint hast. Und du hast recht. Das wird ein richtiges Feuerwerk.< Er verdrehte die Augen. >Doch wirklich, Kätzchen.<
>Gut, dann bleibst du enthaltsam und ich spiel an bisschen an dir rum.<
>Ne, danke. Ausfahrt?<, fragte ich.
>Nein, geradeaus.< Er warf seinen Kopf zurück und malte wirre Muster auf die Fensterscheibe. >Geht noch eine Weile lang so. Da ist ein kleines Dörfchen in der Nähe von unserem Liebesnest...< Er betonte das Wort. >... da müssen wir kurz in einem Laden halten.<
Ich nickte und folgte seinen dirigierenden Worten bis zu einem kleinen Dorf. Es war wirklich winzig. Übersehbar winzig.
>Da.< Er zeigte auf einen Laden. Ein Mix aus Kiosk, Supermarkt und Modegeschäft. >Bin gleich wieder da.< Er stieg aus. Doch ich folgte ihm. Er wandte sich zu mir um.
>Ich will auch was haben.<
>Dann bleib drin, ich kauf es dir.<
Schnaubend lief ich an ihm vorbei in den Laden. Ich steuerte direkt das Kühlregal an und holte mir eine Flasche Wasser. Ich sah Reese nach. Er ging zum Alkohol. >Das ist nicht dein Ernst.<, zischte ich. Er hob seine Schultern und zwinkerte mir zu. >Wag es nicht.<
>Jetzt komm schon. Irgendwas muss ich ja trinken.<
>Ja, wie wäre es mit Wasser?<
Ohne ein weiteres Wort an mich zu richten füllte er seine Arme mit Unmengen an Flaschen. Tadelnd sah ich ihm zu, kaufte mir mein Wasser und eine Packung Kaugummis, während Reese fast die ganze Theke mit seinem Einkauf füllte. >Hey. Das alles, bitte.< Ich verschränkte die Arme vor der Brust. Die Frau hinter der Theke ließ keine Regung über ihr Gesicht huschen und packte die Flaschen geschickt ein, so dass er sie problemlos ins Auto tragen konnte. Sie hatte noch nicht einmal nach seinem Ausweis gefragt!
>Jetzt sei doch nicht so zickig.< Er schlug die Tür zu und schnallte sich an.
Ich fuhr los. >Zickig? Ich bin nicht zickig, weil ich nicht will, dass du dich betrinkst wie ein Loch.<
>Nein, du bist zickig, weil du dich aufführst wie eine Mutter, Richard. Ich bin 17 und Siebzehnjährige trinken nun mal. So ist das einfach. Erfahrungen sammeln, nennt man das. Spaß haben. Drauf scheißen, was morgen ist. Einfach mal locker lassen. Rick, kennst du das? Einfach mal locker lassen?<, fragte er sarkastisch.
Ich lächelte kopfschüttelnd. >Das hat nichts damit zu tun. Es gibt einen Unterschied zwischen, Spaß haben und sich bis zur Besinnungslosigkeit betrinken, Reese. Und soweit ich weiß, kennst du...<
>Hörst du das?<, fragte er plötzlich.
Ich sah ihn an. >Was meinst du?<
>Die Ruhe vor dem Sturm.<, lachte er gehässig. >Ich habe keine Lust dein Scheiß Gelaber darüber zu hören, wie perfekt du dein Leben meisterst und wie scheiße ich meines. Ja, ich betrinke mich. Ja, ich nehme Drogen. Ja, ich ficke, wie eine Hure herum. Aber ich tue das, weil ich es verfickt nochmal will und weißt du was? Es fühlt sich richtig gut an. Einfach weil ich, ich sein kann und mich nicht wie eine verdammte Memme hinter jedem Baum verstecke und mich vor meinem eigenen Schatten fürchte.< Schnaufend ließ er sich in seinen Sitz fallen und blickte zornig durch die Windschutzscheibe raus. >Oder wie eine Fotze vor meinem Vater kusche.<, fügte er leise hinzu.
Ich lenkte das Auto rasch an den Straßenrand und machte eine Vollbremsung, sodass es uns beide nach vorne riss. >Das ist also das erste das dir dazu einfällt, dass ich auf meinen Vater höre? Das ich nicht wie ein Bekloppter in der Gegend herum renne und randaliere?<, fragte ich ihn ungläubig.
>Nicht zu fassen, wie verklemmt du bist.<
>Ich kann nicht fassen, wie selbstzerstörerisch du bist.<
>Oh, der erhabene Richard Krimber begibt sich hinab zu den niederen Bürger.<
Ich lachte auf. >Mach dich nicht lächerlich. Es...<
Er drehte sich auf die Seite. >Steh wenigstens zu deiner verkackten Überheblichkeit. Du lebst in dieser Scheiß Traumwelt und versucht alle um dich herum so zu verformen, dass sie reinpassen.<
Ich rieb mir kopfschüttelnd das Nasenbein. >Weil ich also ein gutes Leben lebe, bin ich ein überhebliches Arschloch? Fällt dir wirklich nichts besseres ein? Ich habe dich wirklich für intelligenter gehalten.<
>Nein, du hälst mich für minderwertig und bemitleidenswert. Das hälst du nämlich von jedem um dich herum. Du denkst doch, du würdest allen mit deiner Gegenwart ein Gefallen tun, Richard.<
Argwöhnisch sah ich ihn an. >Gott, verdammt. Was ist das hier? Kannst du nicht mehr drauf warten, deinen Stoff zu kriegen?<, fragte ich herablassend. Er sah mich für einen Moment entgeistert an, bevor er die Wagentür öffnete und ausstieg. >Was tust du?< Seine Antwort bestand aus dem lauten Schlag der Tür, als er sie zuschlug. Ich seufzte und folgte ihm raus. Wütend stapfte er durch das hohe Gras. >Reese, komm zurück!<, rief ich. Er hob mir den Mittelfinger entgegen. >Jetzt komm schon.<
>Fick dich, du scheiß Sozialarbeiter!<
>So gehst du also mit Kritik um? Beeindruckend!<, rief ich und klatschte ironisch in die Hände.
Nun blieb er stehen und drehte sich zu mir um. >Ich bin kurz davor, dir eine zu scheuern.< Ich erwiderte seinen herausfordernden Blick. Er kam wirklich auf mich zu und hob seine Faust. Ich hatte Reese schon mal dabei gesehen, wie er sich geprügelt hatte. Er war zwar schmächtig und kleiner, als ich, aber ich wusste, dass er mehr drauf hatte, als es den Anschein hatte. Weshalb ich auch erleichtert war, als er Anstalten machte mich zu schlagen und ich, an der Art wie er seine Hand hielt, sah dass er mich nicht wirklich verletzten wollte. Es fiel mir umso leichter, sein Handgelenk zu umfassen und daraufhin auch das andere. Wir blickten uns beide noch immer wütend an, doch spürten, wie die Wut sank. Er nahm mein Gesicht in seine Hände und wollte mich an seine Lippen ziehen.
>Reese, du...< Ich nickte zur Straße.
>Hier kennt dich niemand und es juckt hier auch niemanden, das kannst du mir glauben.< Und schon lagen seine Lippen auf meinen. Ich löste meine Finger von seinen Handgelenken und schob sie über seine Schultern zu seinem Rücken. Energisch bahnte er sich mit seiner Zunge einen Weg in meinem Mund und bestahl mich eines Stöhnens. >Tut mir leid, Baby. Ich finde dich perfekt. Alles an dir.< Er ließ sich von mir auf die Arme heben, als gerade jemand laut hupte. Wir sahen uns um. Ein Auto fuhr mit gesenkter Geschwindigkeit an uns vorbei. Die Beifahrer hingen ihre Oberkörper aus den Fenstern und klatschten uns Beifall. Verblüfft lachte ich. Reese winkte ihnen grinsend zu und drehte meinen Kopf dann zu sich, um mich zu küssen und mir forsch in den Hintern zu kneifen.
Lächelnd fuhr ich mit meinen Händen unter sein T-Shirt. >Es tut mir leid. Ich war mal wieder ein Idiot. Verzeih mir.< Ich trug ihn zum Auto. >Unsere Streitereien sind mir die liebsten. Wenn wir uns versöhnen, bin ich ich immer total scharf.<
Er kicherte und biss mir ins Ohrläppchen. >Enthaltsamkeit, Rick.<, erinnerte er mich. Ich setzte ihn auf dem Beifahrersitz ab und schloss die Tür.
Die Fahrt bis zu Reese' mysteriösen Zeltplatz dauerte noch knapp eine Stunde. Seine Lobpreisungen waren nicht übertrieben gewesen. Es war wirklich schön. Mitten im Wald war ein schöner See. Der Weg über dem wir mit dem Auto gefahren waren führte zu einer großen Lichtung, die auf der einen Seite zu dem See führten und auf der anderen zu weiten Wiesen. Es war perfekt.
>Wow.<, hauchte ich ungläubig und sah mich um.
Reese streckte die Arme in die Luft und blickte nach oben, wo die untergehende Sonne schemenhaft durch die Blätter der Baumkronen auf sein Gesicht schien. Ein geradezu überirdischer Anblick. >Ich liebe diesen Ort. Keine Ahnung, warum hier sonst nie jemand ist.<
>Wie hast du den Platz hier gefunden?<
Er zwinkerte mir verschmitzt zu. >Betrunken Auto gefahren.< Tadelnd lächelte ich ihn an. Wir packten alles aus und begannen aufzubauen. Das Zelt stand schneller, als ich es mir gedacht hatte. Während ich alles rein trug, baute Reese die Feuerstelle für das Lagerfeuer auf. Geschickt grub er eine flache Vertiefung aus und umrahmte diese mit Steinen. Kaum eine Viertelstunde später brannte das Feuer.
Es war nun später Abend geworden und das Bildnis des Mondes reflektierte auf die Wasseroberfläche des Sees. >Gott, ich kann das so gut.<, nuschelte er selbstgefällig mit der Zigarette im Mund und zündete sie sich an. Ich warf ihm einen scharfen Blick zu. >Was denn? Baby, seid wir zusammen sind, rauche ich kaum noch. Lass mir wenigstens ab und zu den Spaß.< Ich zuckte mit einer Schulter und zog mir mein T-Shirt aus. >Scheiß auf die Kippe.<, hörte ich ihn hinter mir sagen. Grinsend drehte ich mich zu ihm um. Er sprang in meine Arme und küsste mich wild. >Enthaltsamkeit offiziell aufgehoben.<, murmelte er. Ich legte mich mit ihm auf die Decke, die er vor dem Feuer ausgebreitet hatte. Schnell befreite ich ihn von seiner Kleidung. Ich ließ mir alle Zeit der Welt, um langsam eine Spur feuchter Küsse von seinem Hals abwärts zu seiner Körpermitte zu führen. >Rich...ard.<, wimmerte er gequält und wand sich unter mir.
Ich biss ihm in die Innenseite seines Oberschenkels und schob seine Knie vorsichtig auseinander. >Du schmeckst fantastisch.< Er packte mich an meinen Haaren und ächzte. Ich sah zu ihm auf und begegnete dabei direkt seinen Augen, während ich seine Körpermitte mit meinem Mund liebkoste.
>Ah!... Rick. Rick, ich...< Ich beendete mein Kosen und zog ihn zu mir runter. Etwas überrumpelt blinzelte er mich an, nahm aber meinen Kuss leidenschaftlich an. Mit einem Ruck drehte er mich auf den Rücken und küsste sich über meinen Kiefer zu meinem Ohr. Ich ließ meine Hand über seinen Hintern streichen und begann ihn an seinem sensiblen Muskel zu massieren. Seine Lippen fanden mein Ohrläppchen und knabberte lasziv an ihm. Er hielt sich an meinem Hals fest, als könnte er jeden Moment von einem Windsturm weggerissen werden. Seine Finger legten sich um meinen Hals. >Ok, jetzt, Liebling.< Er setzte sich auf und zog mich zu sich hoch. Ich öffnete meine Hose und stülpte rasant ein Kondom über. Reese senkte sein Becken und warf seinen Kopf in den Nacken.
Voller Lust drückte ich meine Finger in seine Hüfte und schloss meine Augen. >Viel zu gut.<, keuchte ich. Reese lachte auf solch erotische Weise, es verschlug mir die Sprache.
Der heiße Knoten in meinem Magen weitete sich wie das Feuer einer Explosion. Reese und ich schrien fast gleichzeitig laut auf und erschlafften gleich darauf erschöpft aufeinander. Ich drehte mich auf den Rücken und zog Reese an meine Brust. Er schlang sein Bein um meines und seinen Arm um meinen Bauch. >Die Decke.<
Ich streckte meine Hand nach oben aus und tastete nach der Decke, bis ich sie über uns ziehen konnte. >Weißt du was, ich lehne mich jetzt Mal sehr, sehr weit aus dem Fenster und sage, „Das war der beste Sex, den ich je in meinem Leben hatte.“< Unter mir lachte es. Ich strich über seinen schmalen Rücken und küsste ihn auf die Stirn.
>Wo ist deine Hose?<, fragte er und beugte sich über mich drüber. Er zog meine Hose über den Boden und fasste in die Hosentasche. Mit meinem Handy in seiner Hand legte er sich wieder zu mir zurück. >Wir werden massig von so guten Vögeleien haben.< Ich grinste breit. Er rutschte zu mir nach oben und machte ein Bild von uns, wie wir uns küssten. Gleich darauf stellte er dieses als mein Hintergrundbild ein.
>Reese, das geht nicht...<
>Mir doch Banane, ob das geht oder nicht. Du bist mein Baby.<
Ich konnte nicht anders, als ihn erneut zu küssen. >Bin ich wirklich, was?< Er lächelte tadelnd und kuschelte sich an meinen Hals. Ich nahm mein Handy aus seiner Hand und betrachtete es. Gott, war es heiß. Das Bild hielt fest, wie er über meine Wange strich und an meiner Unterlippe knabberte. >Hey, wer ist der scharfe Kerl neben dir?< Er schlug mir schwach gegen die Brust. >So ein schönes Bild.<
>Es ist gut gelungen. Lass uns pennen gehen.< Er machte das Feuer aus und kroch ins Zelt. Sabbernd betrachtete ich seine Hinteransicht und folgte ihm gleich darauf. Ich zog den Zelteingang zu. >Nein, komm zu mir.< Er streckte sich und winkte mich zu sich. Wir küssten uns und schliefen in den Armen des anderen ein.

„I remember when we used to sit
In the government yard in Trenchtown.
Oba-, ob-serving the hypocrites.
As they would mingle with the good people we meet.
Good friend we have had, oh good friend we've lost along the way.
In this bright future you can't forget your past.
So dry your tears I say.

No woman, no cry…”

Ich wachte mit seiner Stimme auf und begann sofort zu lächeln. Leise schob ich die Zeltwand beiseite. Er hatte ein Gitter mitgebracht, welches er über das wieder entfachte Feuer aufgestellt hatte, sodass er darauf kochen konnte. Der Geruch von Eier und Speck lag in der Luft. Er saß in der Hocke vor dem Feuer in Unterwäsche. Hinter ihm erstrahlte der See und der Wald im Licht der klaren Morgensonne. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie der Morgen hätte schöner sein können.
>Hey.<, begrüßte er mich, als er mich bemerkt hatte.
Ich rieb mir das Auge. >Guten Morgen. Du kochst?<
Er grinste breit. >Für meinen Mann alles. Besonders nach so einer Nacht.< Ich stieg aus dem Zelt, sehr wohl im Klaren darüber, dass seine Augen an meiner Lendengegend hingen, wie die Fliegen am Licht. >Und auch bei so einem Anblick.< Lachend sah ich mich zu ihm um und ging weiter zum Wagen. Hinter mir klirrte es, als er das Essen in die Teller gab. >Bringst du mir den Gin?<, rief er.
Ich sah ihn anklagend an. >Es ist noch nicht einmal 11 Uhr.<
>Wenn du die Diskussion von gestern wieder aufnehmen willst, stehe ich dir dafür gerne zur Verfügung.< Seufzend suchte ich die richtige Flasche aus der Tasche heraus und kam mit ihr, zwei Bechern und einer Flasche Orangensaft zurück. Er machte Halbe Halbe. Ich schnappte mir Shorts und bedeckte damit das Nötigste, was Reese nur ungern mitansah. >Hier.< Er reichte mir einen Teller und klopfte neben sich auf die Decke.
Ich küsste ihn auf die Schläfe. >Danke.< Ich sah auf seinen Teller und dann auf meinen. >Gibt es einen Grund dafür, dass ich doppelt so viel auf dem Teller habe wie du?<, fragte ich ihn.
Er blinzelte mich unschuldig an. >Weiß nicht von was du redest.< Ich stieß ihn mit meiner Schulter an und begann zu essen.
Gesättigt streckte ich mich und ließ mich auf den Rücken fallen. Reese schob unser Geschirr beiseite und beugte sich zu mir vor. Er bedeckte meinen Bauch mit Küssen. Ich fuhr ihm durch sein Haar. >Ich bin froh dich zu haben.<, murmelte ich.
>Hast du mein Gras geraucht?< Ich zog an seinen Haaren. >Au!< Er rutschte an mir hinauf und küsste mich. >Dito, Loverboy.<
>Tut mir leid, wegen gestern. Ich hab ein paar miese Sachen gesagt,<
>Vergiss es. Wir waren beide nicht sonderlich fair.< Er fuhr die Züge meiner Bauchmuskeln mit dem Finger nach. >Ist das schwer ?<
>Bauchmuskeln?< Er nickte. Ich strich über seinen flachen Bauch. >Wieso? Hast doch selber welche?<
Er hob eine Braue an. >Hier liegt ja ein deutlicher Unterschied zwischen uns beiden. Guck mal, du hast ja schon kleine Bubis.< Er tippte auf meine Brust und betrachtete sie fasziniert.
>Du brauchst das nicht. Du bist so wie du bist traumhaft.<
>Gott, du Schleimer.< Er stand auf und streckte sich. >Ich will trinken und schwimmen.<
Ich schüttelte den Kopf. >Du kannst nicht trinken und gleichzeitig schwimmen. Du gehst unter.<, rief ich ihm zu.
Er stieg aus seiner Unterwäsche und schlenderte mit der Flasche in der Hand auf den See zu. >Dafür habe ich meinen sexy Bademeister.< Ich warf meinen Kopf lachend zurück. Schritt für Schritt hob sich der Meeresspiegel. Umspielte zart seine schlanken Hüften. Gedankenverloren fuhr ich mit meiner Zunge über meine Unterlippe. Er setzte die Flasche an seine Lippen und nahm einen tiefen, langen Schluck. Bis zu den Schultern verschwand er im Wasser und trank weiter. >Komm rein. Es ist perfekt.< Ich schürzte wenig überzeugt die Lippen und verneinte. >Anthony würde bestimmt reinkommen.<
>Halt's Maul.<
>Er ist ziemlich gut bestückt, weißt du. Er wäre mit Sicherheit auf ein paar interessante Ideen gekommen...<, rief er provozierend. Während er gesprochen hatte, hatte ich mich entkleidet und schlenderte gemütlich zu ihm ins Wasser. Frech grinste er mich an und tauchte ab. Die Flasche hielt er dabei in die Luft, bis ich vor ihm zu stehen kam und er wieder hochkam. Ich umfing sein Kinn und zog ihn an meine Lippen. >Das ist schon ein guter Anfang...<, flüsterte Reese und erwiderte meinen Kuss willig. Seine Arme legten sich um meinen Nacken. Seine pralle Härte stupste meine an.
Ich fasste zwischen uns und zerquetschte im nächsten Moment seinen Schwanz. Er fluchte keuchend und machte einen Buckel. Seine Stirn klatschte gegen meine Brust. >Rede noch einmal über einen anderen Mann, wenn du nackt bist und er ist ab.< Er ächzte immer noch unter dem Druck meiner Hand. >Hast du verstanden?<
Hastig nickte er. >Ja, ja! Ich hab's verstanden! Tut mir leid. Tut mir leid, Baby!<, krächzte er. Ich ließ los und er sank ins Wasser. Ich schob meine Hände unter seine Achseln und hob ihn hoch. >Oh Gott, das hat so weh getan.< Seine Arme hingen wie nasse Säcke an ihm hinab. >Oh Gott, das hat so weh getan.< Ich trug ihn ans Ufer und legte ihn dort auf den Rücken. Auf der Unterlippe kauend umfing er seinen Schritt mit beiden Händen. Ich schob seine Beine auseinander und legte mich dazwischen, sodass ich mit meinem Kopf auf seiner Hüfte zu liegen kam. >Heilige Scheiße, du bist so blöd.< Er schlug mit der flachen Hand auf meinen Hinterkopf.
>Selber Schuld.< Ich drückte meine Lippen an seine Leiste und legte meinen Kopf auf seinem Bauch ab. >Ich bin der einzige in deinem Leben.<
>Mhmm... Ja, bist du.< Zärtlich strich er mit seiner Hand durch mein Haar.
>Gut.< Ich schloss meine Augen und horchte auf seinen hastigen Herzschlag unter der nassen Haut. Mit meinem Zeigefinger versuchte ich die Tropfen miteinander zu verbinden.
>Ich...< Ich sah zu ihm auf, bekam aber keinen Blick auf sein Gesicht gewährt. Erst als er sich aufsetzte. Beschwichtigend schüttelte er den Kopf. Seine Wangen trugen einen zarten Rosa Ton. Er gähnte niedlich. >Du kannst ihn echt nicht leiden, was?<, fragte er. Ich schob meine Hand wieder zwischen uns. >Ey! Warte, warte, warte! Tut mir leid. Ich mein' ja nur. Glaub mir doch mal, Baby.< Er beugte sich zu mir vor und küsste mich auf mein Kinn. >Ich gebe ja zu, dass ich... früher kein treuer Freund war. Ist so, frag...< Er sah an sich runter. >... die Zeugen. Aber bei dir ist das was anderes.<
>Und warum?<, fragte ich lächelnd.
Er küsste meine Kehle abwärts und biss in meinen Schlüsselbein. >Bei dir...< Er rutschte von mir weg und setzte sich vor mich in den Schneidersitz. Sein Gesichtsausdruck zeigte Verlegenheit. >... bei dir fühle ich mich... wertvoll.< Er räusperte sich. >Ich bin ja nicht blöd. Ich merke, wie die Leute auf mich reagieren. Kein Zweifel, ich werde mich nie ändern, aber...< Gedankenverloren knetete er seine Finger. >... ich bin nicht unverwundbar gegenüber diesen Reaktionen.< Seine dunkelbraunen Augen trafen auf meine. Ich konnte die Schokolade in ihnen geradezu schmecken. >Aber du... warst von Anfang an nett zu mir. Obwohl ich dir zu Beginn gesagt habe, dass ich auf dich stehe und du ja nie... wirklich davor auf Kerle standest.< Er hob sein Kinn an und sah an mir vorbei in den Wald. >Ich hoffe echt, wir bleiben ganz lange zusammen. Vielleicht... vielleicht sogar für immer...<
Meine Kinnlade klappte herunter. >Ach, du scheiße!<, keuchte ich fassungslos.
Er erwachte aus seiner Trance und blickte mich. >Was ist denn?<
>Du bist so verdammt scharf.< Seine süßen Mundwinkel schwangen sich nach oben. Mit einem Glucksen ließ er sich von mir in den Arm nehmen. Ich zog ihn auf meinen Schoss und verwickelte ihn in einen Kuss. Sofort fand meine Zunge seine und begann einen wilden Kampf mit ihr. >Für immer.<
>Was?<
>Wir bleiben für immer zusammen.<, wiederholte ich und schob meine Finger über seinen Rücken zu seinem Hintern.
Reese seufzte zufrieden. >Was für Softies wir sind.<, gluckste er. Lachend nickte ich. Das Klingeln von meinem Handy riss uns aus der Stimmung. >Oh Mann, du hast hier Netz?<
>Offensichtlich. Gib her.< Er holte aus dem Zelt mein Handy und reichte es mir. >Meine Mum.<, erkannte ich genervt.
Er verdrehte die Augen. >Dann geh lieber ran, Muttersöhnchen.< Ich zwickte ihn in sein Ohr. Er kicherte. >Autschi!<
Ich drückte auf den grünen Knopf und hielt mir den Hörer ans Ohr. >Morgen, Mum.<
>Hi, Schatz. Wie läuft es?<, fragte sie.
Reese liebkoste meine Brust. Er fesselte mich mit seinem Blick. Es brannte in seinen Augen. Ich wollte ihn wegschieben, doch konnte es nicht, denn es fühlte sich zu gut an. >Gut. Alles gut. Gibt's was?< Ich konnte meine Ungeduld nicht zurückhalten.
Sie lachte. >Oh, störe ich etwa? Haley vermisst dich. Sie weint ganz schlimm. Komm, Süße. Dein Bruder ist am Telefon. Hier.< Ich wurde weiter gereicht. Hörte das Schluchzen immer lauter werden.
>Ricky?< Ihre Stimme war ganz zittrig.
Ich lächelte. >Hey, Süße.< Reese richtete sich auf. >Das ist meine Schwester.< Er nickte und wendete sich seiner Aufgabe wieder zu, meine Brust mit seinen Lippen zu penetrieren. Er wanderte dabei stetig auf- und abwärts.
>Ricky, ich will... das du wieder zurück koooooommst.< Sie zog das letzte Wort extra lang und verfiel in ein Heulen.
>Wir sehen uns am Montag.<
>Nein, ich will jetzt spielen!<
Mein Atem stockte, als Reese gefährlich nah am meine Lenden kam. >Hör auf, ich rede mit meiner Schwester.<, zischte ich leise.
>Dann hör auf, so verfickt scharf zu sein.<, erwiderte er und küsste mich wieder.
>Wenn du jetzt brav bist und wartest, kauf ich dir am Montag nach der Schule was Süßes. Schokolade?<
>Schokolade?<
Ich schob Reese endgültig von mir und bedachte ihn eines strengen Blickes. >Ja, Schokolade. Ganz viel. Also nicht mehr weinen, ja?<
Sie schluchzte noch ein paar Mal traurig. >Ok. Darf ich mit Barko reden?<
Ich lächelte. >Barko ist nicht da. Nur Reese.<
>Reese?<
Ich reichte ihm den Hörer. >Sie will mit dir reden.<
Er ging ran und zog sich mit dem Handy zwischen Ohr und Schulter eingeklemmt wieder seine Shorts an. >Haley.< Ich hörte sie selbst aus der Ferne wieder weinen. Reese verzog das Gesicht. >Wir können mit Barko Gassi gehen, wenn du magst... Ja, klar. Du kannst auf ihm reiten... Ich habe dich auch lieb.< Er schnaubte. >Ja. Guten Appetit... Nein, wir haben hier essen. Wir brauchen nichts. Danke.< Er legte auf und sah mich an. Ich setzte mich auf, legte meine Lippen an seine Schulter und strich mit meiner Hand über seine Seite. >Abartig.<, seufzte Reese und drehte seinen Kopf zu mir, sodass er mich auf die Stirn küssen konnte.
>Was?<
>Das Klima bei euch. Man merkt richtig, wie sehr ihr euch alle liebt.<
Ich schnaubte. >Soll ich mich dafür entschuldigen?< Lächelnd verneinte er und fuhr mir durchs Haar. >Ich liebe meine Familie. Sie sind mir das wichtigste auf der Welt.<, erklärte ich gedankenverloren. Mein Vater war zwar streng und konnte manchmal wirklich nerven, aber im Grunde genommen war das ja nur ein Zeichen seiner Sorge um mich. Er wollte einfach, dass es mir gut geht und das konnte ihm doch keiner Übel nehmen. Ich bin schließlich sein Sohn.
>Das wichtigste, huh?<
Ich stieß ihn an. >Du bist mir auch wichtig. Sehr wichtig. Ich meine, du bist der Einzige, bei dem ich sorglos... ich sein kann.<
Er grinste breit. >Wirklich?<
>Natürlich. So sehr ich meine Familie und Freunde liebe, wenn ich Ihnen erklären würde, dass ich mit einem Kerl zusammen bin und nicht vor habe das zu beenden, wäre ich einen Kopf kürzer, so schnell kannst du gar nicht gucken.<
Er verdrehte die Augen. >Geil, wie gut du dich in dieser homophoben Umgebung fühlst. Ich werde ganz neidisch.< Ich stieß ihn erneut an, doch er blickte mich an. >Ernsthaft. Das ist traurig. Das du dich so verstecken musst.<
Ich nippte an seinem Ohrläppchen. >Was willst du jetzt dass ich tue?<, fragte ich ihn und küsste ihn über seinen Haaransatz bis zu seinem Nacken.
Er drückte seine Lippen in meine Handinnenfläche und sah mich an. >Keine Ahnung. Nur solltest du irgendwann mal überdenken, ob das so richtig ist.< Er meinte das also ernst.
>Ich weiß, aber so einfach ist das nicht. Der richtige Moment war halt noch...<
>Schlechtester Spruch überhaupt!<, rief Reese und stand auf. Verwundert blinzelte ich zu ihm hoch. Er kroch ins Zelt, kam mit einer Hose wieder raus und schlüpfte in diese hinein. >"Es hat sich noch nicht ergeben."<, äffte er meine Stimme an. >Rick, ist schon ok. Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen. Lust zu spielen?< Er ging als nächstes zum Auto und holte aus dem Kofferraum einen Fußball. Ich begann zu lächeln. >Du bist vielleicht in Basketball gut, aber, Baby, in Fußball schlag ich dich um Längen.<
Lachend stand ich auf. >Das werden wir noch sehen.< Ich stand auf, zog mich an und folgte ihm auf die Wiese. Die Sonne schien herrlich auf das Gras, sodass das Grün in Konkurrenz zu Reese' Haaren strahlte.
>Also...< Er holte ein paar Äste und warf sie paarweise in etwa 15m Abstand voneinander auf den Boden. >Dein Tor. Mein Tor. Los geht's.< Er ließ den Ball vor seinen Füßen auf das Gras kullern.
Ich war zwar kein allzu schlechter Fußballspieler, aber gegen Reese kam ich nicht an. Nicht im geringsten. Schon nach 10Min hatte er 2 Tore und ich... keine, war jedoch außer Atem und konnte nur blöd zusehen, wie Reese mit beeindruckenden Tricks mit dem Ball um mich herum tänzelte. Doch so leicht gab ich nicht auf. Mit eisernem Ehrgeiz jagte ich ihm hinterher und versuchte den Fußball an mich zu reißen und ihn durch das provisorische Tor zu schießen. Vergebens. Tja... irgendwann hatte ich auch keine Lust mehr.
Ich schlang meine beiden Arme um Reese' Taille und hob ihn schwungvoll hoch, sodass das Tor, welches er gerade angestrebt hat, gründlich in die Hose ging. Lachend ließ er seinen Kopf in den Nacken fallen und klatschte auf meine Hände an seinem Bauch. >Faul! Das ist ein Faul!< Ich drehte mich mit ihm im Kreis und stellte ihn dann sachte wieder ab. >Schlechte Verlierer haben einen schlechten Charakter!<, klagte er und stampfte gespielt beleidigt weg. Schnell umfing ich seine Hüfte und zog ihn an mich heran. Ich liebkoste seinen Nacken und schmunzelte, als sich seine Atmung hörbar beschleunigte. >Das ist auch ein Faul.<, nuschelte er atemlos, rieb sich aber genüsslich an mir. Hungrig strich ich mit meiner Hand über seinen nackten Bauch. Unter der dünnen Haut spannten sich seine Muskeln an. >Ich will was trinken.< Seufzend wandte ich mich von ihm ab. Er lachte und ergriff meine Hand. >Ich will was trinken und mit dir rummachen, Baby.< Er setzte sich die Flasche an den Mund, sobald er sie in die Finger bekam. Wenig davon begeistert stieg ich in den Wagen und holte mir einen Apfel. Da hörte ich dann plötzlich den Motor eines anderen Autos.

Kapitel 8

Argwöhnisch blickte ich auf und trat wieder raus. Es war ein dunkelgrüner Geländewagen. Die hohen Reifen hielten ein paar Meter von meinem Auto entfernt. Eine Frau und eine Mädchen in Wanderkleidung stiegen aus und kamen auf mich zu. Ich kam nicht umhin, die überraschte aber erfreute Musterung der älteren Frau zu bemerken. Ein Oberteil wäre wohl angebracht.
>Hey, du campst also auch hier?<, fragte das Mädchen mit den blonden Schulterlangen Haaren. Sie strich es sich mit einer einzigen Bewegung aus dem Gesicht und strahlte mich breit an.
>Ja, tun wir. Wolltet ihr auch hierher?<
Bei dem Wort "wir" hob sie überrascht ihre Brauen an. >Wir können uns den Platz sicherlich teilen. Wie lange bleibt ihr?<, fragte sie und sah sich suchend um. Ich blickte zu ihrer Begleitung. Sie hatte ganz kurze schwarze Haare. Sie wirkte schüchterner als ihre Freundin und auch kindlicher. Riesige Augen und eine kleine Stupsnase.
>Bis morgen Abend.<
Reese kam um den Wagen herum und besah sich misstrauisch der Ankömmlinge. >Wir haben den Platz hier reserviert. Tut mir leid, meine Damen, ihr müsst leider...<
Ich knuffte ihn in die Seite. >Sei ruhig.< Er funkelte mich wütend an. >Kein Problem. Ehm... wir machen's so. Ich park das Auto senkrecht. Dann hat jeder seinen Platz. In Ordnung?< Ohne eine Antwort abzuwarten, biss ich in meinen Apfel in setzte mich auf den Fahrersitz und startete den Motor. Problemlos parkte ich das Auto senkrecht zum See. So war unser Zelt von den anderen abgegrenzt. Ich stieg wieder aus. >So. Ich heiße übrigens Rick. Das ist Reese.<
Die Frau mit den blonden Haaren schüttelte meine ausgestreckte Hand. >Hi. Cathy und meine Schwester Liss.< Ich nickte und zwinkerte ihrer Schwester zu. Die senkte sofort mit hochroten Wangen ihr Gesicht. Cathy verdrehte ihre Augen und zuckte mit ihren Schultern. >Falls ihr irgendwas braucht...<
>Danke. Das Gleiche gilt für euch.< Ich wandte mich um und ging zurück zu Reese. Der mich mürrisch anblickte. >Was?<
Er trank aus der Flasche, während wir hinter unserem Auto verschwanden. >Warum hast du ihnen erlaubt, hier zu bleiben?<, fragte er schlecht gelaunt.
Ich lachte. >Hätte ich es ihnen denn verbieten können?<, erwiderte ich.
>Erklär mir mal, wie wir jetzt nackt schwimmen und vögeln können?<
>Warum auf einmal so schüchtern?<
Sein Mund verzog sich zu einem Grinsen. >Ich mache mir nur Sorgen, um deine Unschuld. Ich verderbe dich ja...< Er stellte sich auf seine Zehenspitzen und zog mich an meinem Hosenbund zu sich heran.
Widerwillig blickte ich auf, als sich uns Schritte näherten. Cathy kam hinter unserem Auto hervor. >Ehm... könnt ihr uns vielleicht mit dem Zelt helfen? Es ist neu und wir sind ziemlich am Verzweifeln.<, entschuldigte sie sich lächelnd.
>Ja, klar. Ich komme.< Ich kroch in unser Zelt und schnappte mir ein T-Shirt.
>Wenn du nicht zu ihnen gehst, kriegst du hier und jetzt einen Blowjob von mir verpasst.<
Ich drückte meine Lippen an seine Stirn und ging auf die andere Seite, wo Cathy den Haufen vor sich Hintekropf kratzend betrachtete. >Reese, sei nett und helf uns.< Maulend kam er hervor. Zusammen bauten wir das Zelt schnell auf und halfen den Mädels danach auch noch, sich einzurichten.
>Danke. Ohne euch wären wir echt aufgeschmissen gewesen.< Bevor Reese irgendeine schnippische Antwort von sich geben konnte drückte ich ihm meinen Ellenbogen in die Seite. Er stieß einen miesen Fluch aus und zwang sich zu einem freundlichen Lächeln.
>Machen wir gern.<
Reese mampfte beleidigt Sandwichs, während ich mich umzog. >Hör auf zu schmollen.<
>Das ist so traurig.<
Ich ging vor ihm in die Hocke. >Was denn?<
>Dein hübscher Hintern steckt unter dieser... Badehose.< Er sprach das Wort aus, als wäre es Gift. Lächelnd baute ich mich vor ihm auf. Er linste zu meinem Schritt hinunter und spielte mit den Bändeln an meiner Hose. >Zieh sie aus.<
>Los, wir gehen schwimmen. Zieh dich um.< Ich ging vor zum See und tauchte ab, sobald das Wasser hoch genug war. Reese trat nackt aus dem Zelt. In seiner Hand eine Badehose. >Reese!<, zischte ich und linste zu unseren Nachbarn hinüber, die selber gerade in Badekleidung aus dem Zelt kamen. Er tanzte im Kreis herum und schwenkte seine Hose wild herum. Nur schwer konnte ich mein Lachen unterdrücken. Er wackelte mit seinem Hintern von Seite zu Seite. Oh, wo hatte er gelernt sich so zu bewegen? Ich schüttelte den Kopf und stemmte die Hände in die Hüfte. >Reese, zieh dich sofort...< Ich verstummte, denn Cathy kam rüber. >Hey! Habt ihr einen Ball? Wir könnten was spielen!<, rief ich übertrieben laut und linste zu Reese zurück, der bis über beide Backen grinste und hastig in seine Badehosen stieg.
>Oh, klar. Liss hol den Wasserball. Spielen wir Volleyball.<
Reese war nun wieder bekleidet und sah mich entsetzt an. Während die Mädchen auf den See zukamen, tat er hinter ihnen so als würde er ersticken. Ich schmunzelte kopfschüttelnd. Liss kam mit einem dunkelblauen Wasserball. Sie trug einen schwarzen Badeanzug. Der Ball versteckte fast ihren kompletten Oberkörper, was mit Sicherheit gewollt war. Nun... Cathy war da ganz anders. Nicht nur das sie einen knappen dunkelgrünen Bikini trug, der ihrem Körper nur zu sehr schmeichelte, sie hatte auch kein Problem damit ihn in Szene zu setzten. Ich kam nicht umhin zu bemerken, dass sie versuchte mir zu imponieren. Leider war ich damit beschäftigt Reese mit den Augen zu sagen, dass er nett sein sollte.
>Komm, Reese. Wir spielen.< Genervt schlenderte er an Liss vorbei. Doch bevor er sie hinter sich ließ, schlug er ihr den Ball aus der Hand. Sie kreischte erschrocken auf und umschlang ihren eigenen Körper mit weit aufgerissenen Augen. >Reese.<, tadelte ich ihn.
>Lasst uns spielen. Deshalb bin ich ja hier. Volleyball spielen.< Seine Worte trieften nur so vor Sarkasmus. Entschuldigend lächelte ich Cathy an. Sie zuckte beschwichtigend mit einer Schulter. Reese und ich spielten gegen Cathy und Liss und die beiden waren gut. Und es machte richtig Spaß. Selbst Reese ließ sich dazu herab zu lachen. Seine Miene verfinsterte aber sofort, sobald er sah wie Cathy auf und ab sprang und laut kicherte.
>Ja!<, riefen wir aus, als wir das Spiel gewannen. Ich schlug in seine Hand ein und grinste. Liss lächelte schüchtern und ließ sich von ihrer Schwester in den Arm nehmen. >Gut gespielt.<
Cathy nickte. >Oh ja. Danke...< Und schon landete ein Schwall Wasser in meinem Gesicht. >Hier ist mein Glückwunsch.<
>Oh. Das war nicht gut.< Ich legte meine Hände unter ihre Beine und tunkte sie unter. Kreischend tauchte sie ab. Liss kicherte hinter mir. >Du findest das also lustig.< Als sie bemerkte, dass ich sie meinte, wurden ihre Augen groß und sie rannte vor mir weg. Doch ich war schneller und schüttete ihr Wasser von hinten auf die Schultern. Ich blickte mich zu Reese um. Er watete durchs Wasser ans Ufer. >Reese.<
>Ich hab Durst und meine Lungen kommen mir gerade ein bisschen zu fröhlich vor.< Ich verdrehte die Augen, als ich sah, wie er nach der Glasflasche griff und mit einer Decke zur Wiese schlenderte.
>Das bekommst zurück.<
>Oh, verdammt!< Ein Arm legte sich um meinen Hals und riss mich plötzlich zurück ins Wasser. Und hiermit begann die Wasserschlacht. Die nächsten Minuten waren gefüllt von Wellen aus Wasser in meinem Gesicht, untergetaucht werden und die anderen beiden tunken, bis das der Arzt kam. >Hilf mir, Reese!< Ich hatte es geschafft, Liss hing unter meinem Arm und strampelte lachend mit Armen und Beinen, während ihre Schwester über meiner Schulter hing und sich noch von der Wasserschlacht erholte.Er hielt mir erneut seinen Mittelfinger entgegen. Ich setzte die beiden auf dem Boden ab.
>Er mag uns wohl nicht...<, merkte Cathy an.
Ich machte eine wegwerfende Handbewegung. >Nur ein bisschen zickig heute. Es wird kalt, was?< Ich wandte mich ab und holte ein Handtuch. Als ich wieder aufsah, blickte Cathy an sich herunter. Erst war ich etwas verwirrt, verstand dann aber. >Scheiße. Nein, so war das nicht gemeint. Tut mir leid.< Sie verdeckte ihre Brust mit ihren Armen und zuckte mit den Schultern. >Sorry.<
>Ach, kein Problem. Wir gehen uns mal umziehen.< Ich nickte peinlich berührt und sah Stirn runzelnd zu Reese, der im Licht der untergehenden Sonne auf einer Decke lag und trank und rauchte.
Ich trocknete meine Haare und zog mich um. >Baby.< Ich stemmte meine Hände auf beiden Seiten seines Kopfes auf den Boden und senkte mich langsam zu ihm hinab. Meine Hüfte landete auf seinem Hintern. >Warum liegst du nicht in meinen Armen?<
Er exte den letzten Rest aus der Flasche und zog an der Zigarette. >Du warst zu sehr damit beschäftigt, den Arsch dieser Kuh auf deiner Schulter zu balancieren.<
>Reese.<
>Richard, stehst du noch auf Frauen?< Ich rutschte von ihm runter und setzte mich vor ihn in den Schneidersitz. Er sah mich ernst an. >Wenn ich 2000 km weg wäre und du mich für 2 Monate nicht gesehen hättest und irgendein superscharfes, vollbusiges Miststück vor dir mit ihren Glocken auf und ab tanzt, was würdest du machen?<
>Ich würde Schokoladensoße auf ihren Glocken verteilen und es runter...< Er boxte mich so stark, dass ich rückwärts auf`s Gras fiel. Reese rutschte näher heran. Ich stützte mich auf den Ellenbogen ab und sah ihn an. >Abgesehen davon, dass ich schon immer treu war, gibt es niemanden der mich mehr anmacht, als du, Reese.<
>Tatsache?<
>Tatsache. Und ich...< Fast wollte ich sagen „Und ich liebe dich.“, aber ich entschied mich dagegen, strich mit meiner Hand über seine, die auf meiner Brust lag. >... ich habe eine Beziehung noch nie so ernst gemeint wie diese mit dir.< Er blickte mich liebevoll an. >Ich würde dem Miststück also sagen, „Aus dem Weg, Miststück! Ich muss meinem Süßen das Hirn aus dem Schädel vögeln!“< Er lachte und hob meine Hand an seine Lippen. Ich sah gen Himmel. >Sterne anschauen?<
>Ist ja schon total schnulzige Stimmung hier. Ich hol mir nur was zum Anziehen.< Ich streckte mich und gähnte. Reese legte sich nicht einmal eine Minute später zu mir. In einem Pullover und trockenen Shorts. Wir lagen schweigend da. Der Himmel wurde immer dunkler und die Sterne leuchteten mehr und mehr.
Reese verschränkte seine Finger mit meinen und seufzte. >Das ist schön was?<
Ich sah zu ihm runter. >Ziemlich.<
Er bemerkte meinen Blick und schnaubte. >Richard.<, säuselte er. >Ist das dein Vorspiel?< Seine Hand strich über meinen Bauch. Ich schmunzelte. >Wir sind ganz leise.<
>Warte, bis wir im Zelt sind.<
Er rollte sich auf mich drauf und machte nur zu deutlich Bewegungen mit seiner Hüfte. >Nur eine kurze Nummer. Komm schon. Baby.< Er rutschte zu mir hoch und strich zärtlich mit seinen Lippen über meine. >Ich bin...< Er setzte sich auf, schob meine Hand zu seinem Hintern und beugte sich dann wieder zu mir vor. >... hungrig. Wirklich hungrig, Baby.<, seufzte er. Ich linste zu unserem Zelt rüber. >3... 2...<
>Ja, in Ordnung.< Grinsend öffnete er meine Hose. Mit einer kurzen Bewegung befreite er sich von seinen Shorts. Er zückte aus seiner Hosentasche ein Kondom und riss es mit seinen Zähnen auf. >Du hast das also geplant...< Schmunzelnd streifte er mir das Gummi über und platzierte sich richtig. Ich setzte mich auf und küsste ihn, während er sich auf mich nieder senkte.
Er stöhnte mit geschlossenen Augen und warf seinen Kopf in den Nacken. Als würde er meine Gedanken hören, begann er sich schneller auf mir zu bewegen.

>Das war gut.<, hechelte er und biss in meine Schulter. >Küss mich.< Ich fuhr ihm mit der Hand ins Haar und zog ihn an meine Lippen. Ich liebte es. Nach dem Sex war er immer so... Er schob seine Finger unter mein Shirt und rieb sich gierig an mir. Ich griff ihm in seinen Hintern. Er sog scharf Luft ein.
Ich sah ihm in seine Augen. Bei dem schlechten Licht wirkten sie fast schwarz. >Lass uns was essen.< Er nickte und stieg von mir runter. Bevor er aufstand fuhr er mit dem Ärmel seines Pullovers über meinen Bauch und zog es anschließend aus. >Ich hab Lust auf Marshmallows.< Ich legte die Decke über meinen Arm und folgte ihm zurück zu unserem Zelt. Reese machte sich sofort dran, dass Feuer wieder an zu machen. Was auch unsere Nachbarn anzog.
>Sollen wir vielleicht zusammen zu Abend essen?<, fragte Cathy. Sie trug jetzt wieder Kleidung. Ihre Schwester stand hinter ihr und hielt in ihrer Hand mehrere Stöcke.
>Klar.< Reese fluchte hinter mir. Ich ignorierte ihn und winkte sie heran. Wir nahmen das Gitter über dem Feuer weg und setzte uns drum herum. Reese steckte eine Wurst auf einen der Stöcke, die Liss uns mitgebracht hatte, während ich bei Marshmallows blieb. >Hattet ihr es weit hier her?<, fragte ich, nachdem alle versorgt waren.
Cathy zuckte mit einer Schulter. >Ach, knapp 2h. Ich gehe ja bald in die Uni und dann sehe ich meine Kleine nur noch selten...< Sie legte ihren Arm um ihre Schwester. Ich lächelte. >Deswegen dachte ich mir, dass wir zusammen ein kurzes Mädels-Wochenende machen.<
Ich nickte. >Das ist eine gute Idee. Sollte ich vielleicht auch machen. Wie alt bist du, Liss?<
Sie sah nervös zu mir auf. >14.<
>Ah, cool. Mein kleiner Bruder ist 13.<
>Hast du sonst noch Geschwister?<, fragte sie schüchtern.
Ich strahlte sie an. >Ja, noch eine kleinere Schwester. Sie kommt bald in die Grundschule.<
>Süß.< Cathy lächelte. >Wir haben nur uns beide.<
>Rick.< Ich sah zu Reese. Er zeigte auf`s Feuer, wo mein Marshmallow schon eine Kruste bekam.
>Oh, danke.<
Er schürzte die Lippen. >Weißt du, ich will lieber einen Marshmallow...< Ich sah ihn an. >Also jetzt... Einen schon Fertigen.< Er sah zu meinem Runter.
>Hier.< Er schob ihn vom Stock runter und verschlang ihn mit einem Mal.
Wir aßen und lachten und redeten bis in die Nacht hinein. Wobei Liss schon nach einer Stunde wegdämmerte und auf dem Schoss ihrer Schwester schlief. Reese verabschiedete sich um Mitternacht mit einem warnenden Blick an mich ins Zelt und ließ uns allein.
>Und? Gehst du dann auch auf die Uni?<, fragte Cathy und steckte die Wurst, die sie gerade über dem Feuer gebraten hatte, in ein Brötchen.
Ich nickte. >Ja. Ingenieurswesen. Das ist es, was mein Vater zu Mindestens will.<
>Und was willst du?<, fragte sie wieder.
>Ist mir eigentlich egal. Ich will einfach nur irgendwas zu tun haben.< Sie biss in das Brötchen und verdeckte ihren kauenden Mund mit ihrer Hand. >Was studierst du?<
>Englisch. Ich möchte Grundschullehrerin werden.<
Meine Augen weiteten sich. >Krass. Ich kenne nicht viele, die für so etwas die Geduld haben.<, merkte ich an. Ich liebte zwar meine kleine Schwester und auch mein Bruder lag mir am Herzen, aber eine Horde kleiner Pupser den Tag ruhig zu stellen und ihnen gleichzeitig etwas beizubringen...? Das würde ich keine 15Minuten aushalten.
Sie kicherte leise. >Na ja. So schlimm ist das gar nicht. Und ich finde Kinder toll. Ich finde den Gedanken toll, dass ich das Erwachsen werden von ihnen unterstütze.<, erklärte sie und lächelte gedankenverloren.
>Da steh ich nicht sonderlich gut da mit „Ich will einfach nur irgendwas zu tun haben.“< Sie lachte. >Hast du dir schon eine Universität ausgesucht?<
Sie schüttelte den Kopf. >Ich habe mehrere in Aussicht und schreibe auch gerade meine Bewerbungen. Aber... ich bin mir noch nicht sicher.<
Ich nickte. >Ja. Irgendwie ist das wie eine abgeschlossene Sache, wenn man die Bewerbungen abschickt.< Sie bejahte zustimmend. >Da kann man richtig Panik kriegen.<
Sie strich durchs Haar ihrer Schwester. >Ist unglaublich, wie schnell die Zeit vergeht was?< Ihr Blick fiel auf Liss.
Ich folgte ihren Augen. >Ja. Es kommt mir vor, als hätte ich letztes Jahr erst noch fanatisch Dschungelbuch-Lieder mitgesungen.<
Sie lachte wieder. Hielt schnell inne, als Liss sich unter ihr rührte und grinste mich dann an. >Ich denke, ich bringe sie lieber mal ins Bett.<
Ich sah ihr dabei zu, wie sie sich aufsetzte und vorsichtig den Kopf von Liss von sich schob. >Warte. Ich trag sie.< Dankend nahm Cathy mir den Stock ab. Ich legte meine Arme unter Liss' Körper und hob sie hoch. Sie war so dünn, es war ein Leichtes sie hochzuheben. Vor dem Zelt blieb ich stehen und wartete, bis Cathy den Zelteingang aufgezogen hatte und ich geduckt eintreten konnte. Zwei Schlafsäcke, eine Lampe, Bücher und Umhängetaschen aus der Kleidung herausplatzte.
>Hier. Das ist ihrer.< Cathy ging in die Hocke und zog den Reißverschluss des Schlafsackes auf, damit ich Liss reinlegen konnte. Nachdem wir sie sicher zu Bett gebracht hatten, traten wir wieder raus in die kühle Nacht.
>Gut, ich denke, ich geh dann auch. Schlaf gut.< Ich wollte gehen, aber Cathy hielt mich an meinem Arm fest und brachte mich dazu, stehen zu bleiben.
>Ehm... ich dachte mir,...<
Oh. Oh.
Verlegen trat sie einen Schritt auf mich zu, sodass sie direkt vor mir stand. Unmerklich streckte sie mir ihre Brüste entgegen. Räuspernd wandte ich meinen Blick ab. >Jetzt... wo wir alleine sind.< Sie spreizte ihre Finger auf meiner Brust und ging auf die Zehenspitzen. Ihre Augen linsten dabei auf meine Lippen herunter.
Hastig trat ich einen Schritt zurück und hielt sie auf Abstand. >Cathy.< Ich lächelte entschuldigend. >Tut mir leid, aber... ich und Reese... Wir sind...<
So würde das also laufen. Die erste Person, der ich mich anvertraute, war also eine fast fremde Frau.
Cathy verzog argwöhnisch das Gesicht.
Seufzend fuhr ich mir durchs Haar. >Ich bin mit Reese...<
Plötzlich sog sie scharf Luft ein. >Ihr seid zusammen?<, fragte sie ungläubig. Ich nickte lächelnd. Sie blickte zu unserem Auto, hinter dem das Zelt stand, indem Reese schlief. >Darauf wäre ich nie...<
>Ja...<, unterbrach ich sie und seufzte wieder.
Sie wandte sich unangenehm vor mir. >Oh Mann, dass ist echt peinlich.<
>Ach,... ist nicht schlimm.<
>Das ist... Ihr seid ein hübsches Paar.<, murmelte sie dann.
Überrascht lächelte ich. >Danke... Ehm... schlaf... gut.< Ich hob die Hand und ging rüber. Ich schlüpfte aus meinen Schuhen und stieg ins Zelt. Reese lag in Unterwäsche auf dem Bauch und kuschelte sich gerade an ein Kissen. Ich lachte leise und entledigte mich auch meiner Kleidung, bis ich mich in Shorts zu ihm legen konnte. Zärtlich küsste ich mich über seine schlanke Hüfte zu seinem Brustkorb hoch.
Er stieß mit einem leisen Wimmern Luft zwischen seinen Lippen hervor. >Rick?< Ich nickte unmerklich. Liebevoll biss ich in seinen Oberarm und stützte mich über ihm ab. Langsam drehte er sich zu mir und lächelte verschlafen. Er war so schön. Ich nagte gierig an seinem Unterlippenpiercing und küsste ihn, als er seine Lippen für mich trennte und ich ihn in einen heißen Kuss verworr. Grob streifte ich ihm seine Shorts ab und drehte ihn dann wieder auf den Bauch. Er keuchte erschrocken auf, streckte mir dabei seinen hübschen Hintern entgegen. Mit einer Hand umfing ich eine seiner Pobacken. Mir lief fast das Wasser im Mund zusammen, als ich sah, wie sich auf seinem Steißbein Grübchen in sein süßes Fleisch gruben. >Guck ihn dir nicht einfach nur an.<, beschwerte sich Reese unter mir. Schnell zog ich mir einen Kondom über und drang dann ohne Vorspiel einfach in ihn ein. Doch Reese ließ das nicht weniger abgehen. Er stöhnte ungehalten. Fast musste ich ihn ermahnen, damit die anderen beide ihn nicht hörten. >Richard.< Er verschränkte seine Finger mit meinen, die sich in seine Hüfte bohrten, während ich unablässig mit den Lenden gegen diese stieß.
>Kätzchen.< Ächzend umfing ich seinen Hals und zog ihn zu mir hoch. Meine Zunge fuhr über seine Haut bis hoch an sein Ohr. Er schnappte erschrocken nach Luft und rieb sich lasziv an mir.

>Iss was.<, bat ich und hielt ihm die Gabel hin, womit ich Speck aufgespießt hatte. Er lag auf meinem Schoss und war am dösen
>Ich habe gestern total viel gegessen. Mir ist immer noch schlecht davon. Ich hab eher Durst.< Er setzte sich auf und streckte sich nach dem Rucksack voll mit seinem Alkohol.
Mit etwas zu viel Gewalt zog ich ihn wieder zurück mit dem Kopf auf meinen Schoss. >Iss oder du wirst es bereuen.<
Herausfordernd hob er eine Augenbraue an. >Mein Ellenbogen ist gefährlich nah an deinen Klöten. Denk noch einmal darüber nach, ob du dir das wirklich erlauben kannst.<
Ich küsste ihn. >Glaub mir, ich hab genug Haue von Haley bekommen.< Belustigt runzelte er die Stirn. >Als Baby hatte sie die komische Angewohnheit mir immer in den Schritt zu schlagen.< Lachend setzte Reese sich auf. >Ja, sehr witzig.<
Er kriegte sich gar nicht mehr ein. Als er meine wenig beeindruckte Miene sah, rutschte er auf meinen Schoss. >Oh. Nicht traurig sein. Ist nicht schlimm, dass du von einem Baby verprügelt wurdest.< Er lachte wieder, strich über meine Wangen und lächelte. >Gib schon her.< Lächelnd sah ich zu, wie er mir die Gabel aus der Hand nahm und sich den Speck in den Mund schob. Er beugte sich zu mir vor und küsste mich.
>Hey. Guten morgen.< Fröhlich kam Cathy um den Wagen herum und blieb dann abrupt stehen, als sie uns sah. Ihre Schwester stand hinter hier.
Reese fuhr erschrocken zurück, doch ich hielt ihn fest. >Nein, ist schon gut. Ich hab's ihr gestern erklärt.< Verblüfft drehte er seinen Kopf zu ihr.
Sie nickte. >Jepp. Dürfen wir uns zu euch gesellen?<, fragte sie und zog Liss hinter sich her zum prasselnden Feuer.
>Ja, klar. Wir haben sowie so alles über.< Die beiden setzten sich zu uns und begannen mit uns zu essen. Reese beäugte die beiden, speziell Cathy, misstrauisch, während sie aßen. Zum Mittag hin verabschiedeten die Schwestern sich zu einer Wanderung. Ich war ins Geheim froh mit Reese alleine zu sein. Wir konnten unseren Ausflug so ausklingen lassen, wie wir ihn begonnen hatten. Zu zweit.
Wir standen im See. Reese' Beine lagen um meine Hüfte. Meine Finger ineinander verschränkt unter seinem Hintern. Ich trug ihn immer tiefer ins Wasser.
Er schob seine Sonnenbrille hoch in sein Haar. >Ich will hier nicht mehr weg. Lass uns hier wohnen. Wir könnten ein Baumhaus bauen.< Ich entdeckte doch wirklich Ernsthaftigkeit in seinen Worten.
Lachend drückte ich meine Lippen an sein Kinn. >Ja, der perfekte Wohnort.<
>Im Ernst. Hier gibt es Platz und...<
>Bei uns gibt es auch Platz.< Er schmunzelte. >Und bei uns gibt es Essen aus Tüten und  Bechern, die schlecht für die Umwelt sind.< Lächelnd lehnte er seine Stirn an meine Schulter. Rhythmisch klopfte ich mit meinen Händen auf seinem Hintern herum, während ich im Kreis durchs Wasser schritt. Die kühlen Wellen um uns herum fühlten sich gut auf der von der Sonnen gewärmten Haut an. Zufrieden schloss ich meine Augen und lehnte meinen Kopf an seinen. Er roch so gut und ich liebte sein zerzaustes Haar. Wie es meine Schläfe kitzelte. Zusammen mit dem Rauschen der Baumkronen. Es war hypnotisierend und auf so fesselnde Weise perfekt. Ich konnte deutlich spüren, wie meine Zuneigung ihm gegenüber wuchs.
Seine Finger verirrten sich im Haaransatz in meinem Nacken und fuhren hoch zu meinem Hinterkopf. >Du riechst gut.<, schnurrte er in mein Ohr und rieb seine Nase darunter an meine Haut.
Ich lachte leise. >Das Gleiche habe ich gerade von dir gedacht.<, murmelte ich.
Er lehnte sich zurück und sah mir in meine Augen. Ich erwiderte seinen Blick. Lust lag auf seinen Zügen. Laut atmete er durch. Er linste auf meine Lippen herab und beugte sich dann langsam zu mir vor. Vorsichtig legte sich sein Mund an meiner. Nur ein ganz zarter, liebevoller Kuss. Wir beide hatten nicht oft solche sentimentalen Momente. Wenig Romantik, die nicht mit einem dummen Witz endete. Doch selbst wenn. Wir wussten, wie wir für den anderen empfanden.
Ich fuhr mit meiner Zunge über sein Piercing und trennte seine Lippen voneinander. Mit einem zufriedenen Seufzen traf seine Zungenspitze auf meine und ich zog ihn enger an mich heran. Seine Finger strichen über meine Brust und fuhren runter zu meinem Bauch. Plötzlich verharrten sie. Ich blickte ihn an. Er schürzte die Lippen und blickte zu unserem Zelt. >Wir haben keine Bilder gemacht.< Ich lachte. >Ernsthaft. Ich will, dass du überall Bilder von mir hast. Am besten würde ich dir auf jedes Auge eins drücken, damit du nur noch mich siehst.<
Schmunzelnd nahm ich sein Kinn in meine Hand und drehte es zu mir, damit er mich ansah. >Ich sehe nur dich, Reese. Du bist der einzige von uns beiden, der das anzweifelt.<
>Gott, bist du ein Romantiker. Ist ja schlimm.< Ich schnaubte. >Aber... gefällt mir.< Er küsste mich wieder und löste dann seine Beine von mir. >Ich will wenigstens eins machen, dass du wirklich aufhängen kannst.< Er tauchte ab und schwamm zurück ans Ufer. Lächelnd folgte ich ihm. Ich streckte mich und betrachtete das Schwingen seiner Hüften, während er aus dem Zelt sein Handy hervor grub. Er schaltete es an. >Ich war taktvoll genug, es auszuschalten. Nicht wie...< Er sah mich an. >... andere Leute.< Ich kniff ihn in die Seite und umfing von hinten seine Hüfte. Sobald der Display aufleuchtete, rief er die Kamera auf, hob sie hoch und schoss ein Bild.
 Reese sah es sich an und musste grinsen. Ich schielte und streckte meine Zunge heraus. Er machte eine Fisch-Schnute und hatte die Augenbrauen ganz hoch gezogen. Lachend drückte ich meine Lippen in seinen Hals und setzte mich dann ans Lagerfeuer.
Bis hin zum späten Nachmittag hin faulenzten wir und machten uns langsam dran abzubauen, als es leider Zeit wurde. Die beiden anderen kamen gerade, als wir das Zelt in den Kofferraum räumten. >Geht ihr?<, fragte Cathy.
>Wie man sieht...<, zischte Reese genervt.
Ich schob ihn zur Beifahrerseite. Er stieg wortlos ein, wobei ich mich zu den beiden anderen umdrehte. >Ja, wir haben eine lange Fahrt vor uns. War schön, euch kennenzulernen.< Ich lächelte beide an, wobei Cathy sich zu mir vorbeugte und mich in den Arm nahm. Etwas überrumpelt erwiderte ich ihre Umarmung und dann auch die von Liss, die aber eher nur dem Beispiel ihrer Schwester folgte.
>Rick, ich habe hier eine Schere! Ich werde sie benutzen!<, rief Reese aus dem Auto.
>Alles Gute noch und viel Glück für das Studium.<, sagte ich noch, bevor ich mich zu Reese setzte.
Wir fuhren raus und wurden winkend von Cathy und Liss verabschiedet. >Gott, nerven die.<
>Du bist so eifersüchtig.<, lachte ich.
Er sah mich schockiert an. >Ich bin nicht eifersüchtig. Ich bin vorsichtig. Rick. Das hat nichts mit Eifersucht zu tun.<, verteidigte er sich. Ich schnaubte. Der Wagen wackelte, als wir vom Waldboden auf den festen Asphalt der Straße kamen. >Müssen wir echt schon zurück?<, fragte er und fischte aus seiner Tasche eine Flasche Wodka und eine Zigarette. Wenige Sekunden später stieß er grauen Rauch zwischen seinen Lippen hervor und nahm gleich darauf einen großen Schluck vom Alkohol. >Sollen wir nach Disneyland gehen?< Reese rutschte, ohne eine Antwort zu erwarten, tiefer in seinen Sitz und hängte seine Schuhe aus dem Fenster.

Wir kamen spät in der Nacht zurück. Ich setzte Reese bei sich zuhause ab und half ihm, seine Sachen reinzubringen.
>Du brauchst morgen nicht kommen. Mein Schwester gibt mir ihr Auto. Ich hab danach noch zu tun.< Argwöhnisch hob ich meine Brauen an. Er lehnte sich gähnend an mir an und drückte seine Lippen an mein Schlüsselbein an. >War schön. Ich komme dafür zu einem deiner Spiele. Aber nur einmal.<
Ich strich ihm durch sein Haar. >Wow. Was für eine Ehre.<
Er schob mich von sich. >Jetzt, geh.< Mit einem keuschen Kuss auf meine Lippen verabschiedete er sich. >Schlaf gut.<
Ich sah ihm nach, wie er die Treppen hoch zu seinem Zimmer ging. >Nacht.<, murmelte ich noch, bevor ich durch die Haustür wieder raus trat.
Bei mir waren, wie erwartet, alle im Tiefschlaf und ich konnte beruhigt duschen und dann selber ins Bett gehen.

Die nächste Woche war anstrengend. Nervtötend anstrengend. Ich arbeitete durchgehend und unser Coach wies uns an einen eigenen Fitness-Plan zu erstellen, um während des Spiels bessere Ergebnisse zu schaffen. Wir hatten bald wieder ein Spiel. Das war auch nicht wirklich... das problematische. Mein Vater hatte die Grenze von väterlicher Sorge zu konservativen Tiraden überschritten, die alle mit Reese begannen und sich dann über komplette Gesellschaftsgruppen ausbreiteten. Hinzu kam, dass was ich mit meiner Geheimhaltung wett machte, Reese mit seiner offenen Sexualität wieder „zerstörte“. Die Leute kamen dahinter, dass er schwul war und er hatte kein Problem damit, die Gerüchte, die um ihn herum kursierten, zu bestätigen.

Kapitel 9

>Du widerst mich so dermaßen an.<, würgte Ben angeekelt hervor und stieg neben mir in den Wagen ein.
Reese streckte sich. >Es geht nichts über einen deftigen Arschfick.< Ich rieb mir meine Stirn und versuchte hilflos regelmäßig zu atmen.
Ben wandte den Blick ab. >Keine Ahnung, wie du mit dem rumhängen kannst. Das geht einfach nicht. So ein...<
>Ben.< Ich sah ihn aus wütenden Augen an. >Halt. Jetzt. Dein. Maul.< Verstört zog er seine Brauen zusammen. >Reese ist ein Freund von mir, verstanden? Akzeptier's oder steig aus.< Ich hielt mit dem Wagen am Straßenrand. Reese und Josh blickten neugierig zwischen uns beiden hin und her.
Das ging schon die ganzen letzten Tage so. Ich war enttäuscht von den Reaktionen der Leute, die ich als meine Freunde bezeichnete. Ich hörte sie tuscheln, wenn ich mit Reese an ihnen vorbei lief. Sie machten tatsächlich Witze darüber, dass er sich vergasen sollte und er sich zu den anderen „Homos“ verpissen sollte.
>Ist das dein Ernst?<, fragte Ben ungläubig. Ich hob trotzig das Kinn. >Willst du mir sagen, du ziehst mir diesen Eiermaler vor?<
>Ich will sagen, dass du dich zusammenreißt oder du verschwinden kannst.<
>Krank.< Er warf sich zurück in den Sitz und starrte wütend aus dem Fenster.
Erleichtert atmete ich durch und fuhr wieder los. Im Rückspiegel fing Reese meinen Blick auf und lächelte dankbar. Ich erwiderte es, hielt jedoch inne, als ich nun Josh am Rande des Spiegels fand. Misstrauen und prüfende Neugier lag in seinen blauen Augen. Schnell wich ich ihm aus und sah wieder auf die Straße.
Reese stieg aus und verabschiedete sich mit einem knappen Wort an mich und Josh und einem ironischen Grinsen in Richtung Ben, der aber nur angewidert die Zähne fletschte. >Ich kann deinen Vater verstehen.<, brummte er, als die Wagentür zu schlug.
>Lass es.<, zischte ich.
>Jetzt spiel nicht wieder den Heiligen. Das ist einfach nicht richtig. Ich hab es von Anfang an gewusst. Seine ganze Art... Das ist falsch. War es vorher und ist es jetzt immer noch.< Ich fuhr weiter zu uns und sprach nicht, auch nicht, als wir bei mir ankamen und ins Haus traten. Ben fand sich bei meinem Vater im Wohnzimmer ein, Josh ging in sein Zimmer und ich wurde von Haley ins Esszimmer gezogen, wo sie auf dem Tisch unzählige bunte Bilder ausgebreitet hatte. Belustigt erkannte ich Reese auf manchen der „Zeichnungen“ und auch Barko.
>Ben, bleibst du zum Abendessen?<, rief meine Mutter aus der Küche.
>Ja, gerne.<
>Räumen wir den Tisch ab.< Haley stellte sich auf den Stuhl und schob mit mir die Bilder zusammen, bis wir sie zu einem einzigen Stapel gelegt hatten und Haley ihn hoch in ihr Zimmer bringen konnte. Ich half Mum dabei den Tisch zu decken und das Essen reinzutragen.
Nachdem mein Vater das Tischgebet gesprochen hatte, begannen wir zu essen. Ben war schon lange ein Teil der Familie, weshalb er kein Problem hatte sich einzufinden.
>Ja, das soll ein großes Ding werden. Wir haben die letzten Male verloren, als wir gegen die gespielt haben.< Wir spielten gegen eine Nachbar-Highschool. Sie waren hier im Umkreis die Spitzenreiter. Wir hatten schon öfter versucht gegen sie zu gewinnen, doch sie waren schwere Gegner.
>Wann ist das Spiel?<, fragte mein Vater nach.
Ich trank aus meinem Glas. >In wenigen Wochen. Das Training ist echt hart.< Ben nickte zustimmend und schob sich ein Stück vom Rostbraten in den Mund.
>Man muss hart arbeiten, um seine Ziele zu erreichen. Es ist gut, dass der Trainer euch es nicht zu einfach macht. So werdet ihr gut auf euer Leben vorbereitet.<, erwiderte Dad sachlich.
Haley hatte alles von ihrem Teller gegessen, abgesehen von den Karotten und dem Brokkoli. >Schatz, iss. Das Gemüse verschwindet nicht von selber.< Ich schob meinen Teller näher an ihren heran und ließ etwas von ihrem Gemüse zu mir rüber rollen. >Rick.<
>Ist doch nichts dabei.<, beschwichtigte ich.

>Alter, ich bin echt am Arsch.<, gähnte Ben ausgedehnt und warf sich auf das Sofa. Ich band die Bändel meiner Schlafhose zusammen und ging ins Bad, um meine Zähne zu putzen. Bens Gesicht trat in den Spiegel. >Bist du echt sauer auf mich, weil ich über deinen Kleinen hergezogen bin? Bist ja noch schwuchteliger, als er...< Er nahm seine Zahnbürste aus dem Regal. Ja, er hatte hier seine eigene Zahnbürste.
Ich spuckte und wusch mir meinen Mund aus. >Wüsste nicht, was es dich angeht, mit wem Reese in die Kiste steigt.<, murmelte ich und lehnte mich am Waschbecken an.
Ben drückte sich eine Ladung Zahnpasta auf die Bürste und begann sich die Zähne zu putzen. >Es juckt mich aber, ob du dich ansteckst.<, nuschelte er. Ich schnaubte abfällig. Er spuckte aus. >Ich versteh einfach nicht, für was du ihn brauchst.< Die Zahnbürste landete wieder in seinem Mund.
Schulterzuckend kratzte ich mir den Hinterkopf. >Sag mir, für was ich dich brauch.<, verlangte ich herausfordernd.
Er spuckte wieder aus, wusch sich seinen Mund aus und folgte mir wieder zurück ins Zimmer. >Ich bin zuckersüß und ohne mich hat dein Leben keinen Sinn mehr.<
Ich warf mich in mein Bett und streckte mich. >Kommst mir eher wie ein Homo vor, als Reese.<
Er lachte laut, während er sich auf das Sofa legte. >Wusstest du das mit ihm?<, fragte er.
Müde schloss ich die Augen. >Er hat es mir gleich gesagt, als wir uns kennengelernt haben.<
>Hm...<, war seine Antwort und das letzte „Wort“, dass wir austauschten, bevor ich einschlief.

Ben frühstückte am Morgen mit uns. Mit Haley auf dem Schoss sitzend löffelte er eine Schüssel, mit milchigen Kornflakes darin, aus.
>Guten morgen.<, brummte ich und setzte mich auf Haleys Schoss. Mum lachte am Herd.
>Nein! Ricky, du bist zu schwer!<, beschwerte sich Haley lautstark und schlug mir mit ihren kleinen Fäustchen auf meine Schultern.
Lachend schob mich Ben runter. >Man setzt sich doch nicht auf eine Lady.< Er zog Haley näher an sich heran, damit sie nicht runter rutschte und setzte sich so hin, dass sie besser an ihren Obstsalat kam.
>Ich geh los.< Ben nickte, hob Haley hoch und setzte sie auf dem Stuhl ab. Hastig schob er sich zwei gehäufte Löffel in den Mund und stellte sein Geschirr dann mit einem Zwinkern an meine Mutter in die Spülmaschine. Wir mussten joggen gehen. Anweisung vom Trainer.
>Wo gehst du hin?<, fragte er, als ich in eine Seitenstraße bog.
>Ich...<
>Du musst jetzt echt zu dem hin?< Er ergriff meinen Arm. >Wir gehen an den Sportplatz. Sport treibt dir diesen Homo schon irgendwie aus.< Ich warf ihm einen scharfen Blick zu. Er seufzte. >Meine Fresse, knutsch' ihn doch gleich, Alter.< Unweigerlich zuckte ich unter seinen Worten zusammen, ließ mich aber weiter von ihm von der Straße ziehen.
Tatsächlich fanden wir eine Gruppe von Gleichaltrigen, mit denen wir spielen konnten. Sie konnte ja nicht wissen, dass ich und Ben zusammen in einem Team unschlagbar waren. Wir probierten ein paar der Kombinationen aus, die der Trainer für uns erstellt hatte. Sie funktionierten erbarmungslos. Wir gewannen haushoch und verabschiedeten uns von den Jungs.
>Michelle hat sich bei mir gemeldet.<, sagte er auf einmal, während wir in einem kleinen Supermarkt Getränke kauften. Fragend sah ich mich zu ihm um. >Die Kleine von Johnsons Party. Die mit dem echt geilen Arsch, den du dir entgehen lassen hast.<, tadelte er mich und schnappte sich einen Energydrink aus dem Kühlfach.
>Ah...< Ich erinnerte mich. Sie war wirklich sehr hübsch. Und sehr aufdringlich. >Ja, sie war süß.<
>Sie war scharf. Sie war rattenscharf. Was ist los in letzter Zeit mit dir? Bist du mit dieser unbekannten Mieze zusammen oder warum lässt dich jede kalt?<, fragte er nun etwas aufgebracht.
Ich wandte genervt meinen Blick ab und fluchte gedanklich. >Mein Leben hängt nicht davon ab, wie viele ich im Bett hatte, Benji.<
Er atmete entsetzt auf. >Was zum Teufel?! Was gibt es denn sonst noch wichtiges im Leben?< Ich grinste ihn an und holte mir eine Flasche Wasser. >Mann, Rick. Du warst schon immer irgendwie...< Mit angehobenen Brauen blickte ich ihn erwartungsvoll an. Er zuckte mit seinen Schultern. >Keine Ahnung. Gut, irgendwie.<
>Du sagst das, als wäre das etwas schlechtes.<
Wir gingen vor an die Kasse, wo eine Mädchen in Jeansshorts saß und uns interessiert beäugte. Ben stützte sich an der Theke ab und lehnte sich zu ihr vor. >Hey.< Ich zückte meinen Geldbeutel aus der Hosentasche und zahlte, doch Ben machte keine Anstalten zu gehen.
>Hi. Wart ihr joggen oder so?<, fragte sie und ließ ihre Augen, die von dicken, verklebten Wimpern umrandet waren, über unsere Shorts und T-Shirts gleiten.
Ben nickte. >Basketball. Und du sitzt hier und spielst Kassiererin?<, fragte er und zwinkerte ihr charmant zu. Ben hat keine Probleme mit Frauen. Nie. Er war muskulös, hatte ein immer währendes freches Lächeln in den Augen und war sich seines guten Aussehens sehr sicher.
>Ich bin Kassiererin. Und grad im Moment sehr froh darüber.< Sein Grinsen wurde breiter und sie schmolz dahin.
Dreist griff er zu ihr und nahm sich einen Kuli und einen Kassenzettel, der vergessen und zerknüllt auf ihrem Arbeitsplatz lag. Er legte beides vor ihr ab. >Nummer.<, verlangte er. Sie betrachtete ihn abschätzend und schrieb dann hastig eine Reihe von Zahlen auf. Darunter ihren Namen. Jessica. >Bis dann, Süße.< Er faltete den Zettel zusammen und folgte mir raus. >So schnell geht`s.< Ich schnaubte. Er zog sein Handy aus der Tasche seiner Basketball-Shorts, tippte etwas ein und hielt es sich dann an`s Ohr. >Hey, Michelle.< Schlagartig hob ich meinen Kopf an. >Ja, ich bin`s. Ich bin gerade mit Richard unterwegs. In der Nähe vom Sportplatz, wo wir uns getroffen haben.<
>Ben.<, warnte ich ihn.
Er wich meiner Hand aus, die ihn an der Schulter zu fassen kriegen wollte. >Ach, du bist auch hier? Wo?<
>Ben, lass das!<
Er hielt mich mit dem Arm auf Abstand. >Wir kommen zum Platz. Wir sehen uns.<
>Einen Scheiß Dreck werden wir tun.<
>Du musst sie doch nicht vögeln. Wir sagen nur „Hallo“. Gott, du Memme.<
Widerwillig ließ ich mich von ihm ziehen. >Ich will nichts von ihr, Ben.<
Er ignorierte meine Worte. Mehrere Minuten später liefen wir auf Michelle zu. In einem weißen, kurzen Kleid kam sie uns entgegen. Ihre weiblichen Hüften führten unter ihrem Gang einen spielerischen Tanz. >Jungs.<, begrüßte sie uns und nahm Ben in den Arm. Als nächstes stand sie vor mir und blinzelte mich unschuldig an. >Hi, Richard.<
Ich warf noch einmal einen wütenden Blick zu Ben und lächelte Michelle dann an. >Hi, Michelle. Wie geht`s?<, fragte ich. Eher aus Höflichkeit, als aus ehrlichem Interesse.
>Gut, danke. Und dir?<
>Ihr beiden... Ich muss leider gehen. Ehm... meine Schwester... braucht mich für...< Ich schloss meine Augen zu Schlitzen und durchbohrte Ben damit. Er linste lächelnd kurz zu mir rüber. >... für ihre Hausaufgaben. Wir sehen uns, in Ordnung?< Mit einem letzten Nicken verabschiedete er sich von mir und ging dann einfach davon.
Das würde er zurück kriegen.
>Und? Was machen wir jetzt?<, fragte Michelle mich aufgeregt.
Ich fuhr mir mit der Hand ratlos durch`s Haar. >Ich weiß nicht. Ich bin total verschwitzt, wir...<
Sie taxierte mich schamlos. >Damit habe ich kein Problem. Komm wir gehen in ein Café. Das ist in einem Fitnessstudio, da fällst du nicht auf.< Ihre Hand schob sich in meine.
Oh nein.
>Was ist eigentlich mit deiner Freundin?<, fragte sie, während wir an einer Einkaufsmeile vorbeiliefen.
>Ich... habe keine Freundin. Michelle, ich...< Vorsichtig löste ich meine Finger aus ihrer Hand. >Ich bin derzeit echt nicht interessiert an...<
Seufzend blieb sie vor mir stehen und trat näher an mich heran. >Rick, ich will auch keinen Freund. Ich will nur...< Sie ließ den Satz offen und sah mich vielsagend an.
Ich konnte nichts dagegen machen, dass meine Lippen sich zu einem Lächeln verzogen. Solche Anmachen fand ich einfach lustig. Räuspernd rieb ich mir das Kinn. Michelle bemerkte belustigt meinen fahlen Versuch, mein Lachen zu unterdrücken. >Das ist wirklich... sehr verführerisch, aber es geht nicht. Wirklich nicht.<
Enttäuscht ließ sie ihre Schultern hängen. >Echt jetzt? Bin ich nicht gut genug?<, fragte sie mit einem scharfen Unterton.
>Nein, nein, nein. Auf keinen Fall. Du bist...< Ich suchte nach einem Wort. >Du bist heiß.  Und du hast einen... richtig, richtig schönen Hintern. Es wäre mir eine Ehre mit dir ins Bett zu springen.< Sie lachte laut. Ich klang ein. >Aber... ich mache so etwas nicht. Ich schlafe nicht einfach mit jemandem, verstehst du?<
Nachdenklich ließ sie ihren Blick wandern und sah mich dann wieder an. >Du bist einer von den Netten, was?<
>Kann man so sagen.<
>Hm...< Sie hakte sich bei mir ein und lief wieder weiter. >Dann eben nicht.<
>Wo gehen wir hin?<, fragte ich sie.
>Was zu trinken kannst du mir immer noch spendieren oder nicht?<
Ich grinste. >Stimmt.< Wir gingen also zusammen zu diesem Fitnessstudio und tranken etwas. Es stellte sich heraus das Michelle studierte, um Physiotherapeutin zu werden. >Oh, du kannst also gut massieren und bist hübsch?<
Sie kicherte und nickte. >Du lässt dir was entgehen.<
>Sieht so aus.< Ich lächelte sie an.
Wir verstanden uns gut. Sie erzählte mir von ihren zwei jüngeren Schwestern, die beide in die zweite Klasse gingen. Sie war 19 und lebte alleine. Ihre Eltern finanzierten ihr ihr Studium, sonst lebte sie aber von ihrem Gehalt als Kellnerin und Nachhilfelehrerin.
Automatisch musste ich mir vorstellen, sie als Nachhilfelehrerin zu haben. Verwarf den Gedanken aber sofort und hörte ihr wieder interessiert zu, als sie von den Kindern erzählte, mit denen sie dabei arbeitete.
>Und was ist mit dir? Geschwister?<
Ich nickte. >Einen Bruder und eine Schwester. Beide jünger. Meine Familie ist nicht wirklich... interessant. Die typische amerikanische Familie. Mit einem kräftigen Schuss altmodischem katholischem Glauben.< Sie verzog schmerzhaft das Gesicht. >Ja. Es geht eigentlich mittlerweile. War früher schlimmer. Ich muss mir wenigstens keine Halbglatze rasieren.< Sie lachte wieder.
Wobei es früher eigentlich nicht wirklich so witzig war. Ganz im Gegenteil. Es hat lange gedauert, bis wir es geschafft hatten, meinen Vater etwas runterzuschrauben. Wir gingen früher noch wöchentlich drei Mal in die Kirche. Gebetet wurde strickt um 7 Uhr und um 20 Uhr. Machten wir Fehler bekamen wir den Gürtel. Als ich jünger war, musste mein Hintern und die Vorder- oder Rückseite meiner Oberschenkel dafür herhalten. So etwas wie Widerworte gab es nicht in unserem Haus.
Bis ich mich zwischen Dad und Josh stellte. Seine Schläge waren zu hart gewesen. Er hatte sich sofort entschuldigt, denn auch ihm war sein Ausbruch nicht entgangen. Das war das letzte Mal, dass er uns geschlagen hatte. Gott sei Dank, denn wenige Monate später wurde Haley geboren und wir konnten sie mit einem halbwegs gesunden Klima in der Familie willkommen heißen. Man konnte eigentlich sagen, dass wir Dank Haley so gut miteinander auskamen. Wir wären wahrscheinlich ziemlich am Arsch ohne sie gewesen. Mit ihrer kindlichen Unbeschwertheit hatte sie uns erst zu einer richtigen Familie gemacht.

>Tja, ich muss ehrlich zugeben, ich habe mir etwas mehr aus diesem Treffen heute erhofft.< Wir blieben vor ihrem Auto stehen.
Ich schürzte die Lippen. >Tut mir leid, dass ich dich enttäuschen musste.<
>Schon gut. Mir bleibt die Fantasie.< Überrascht lachte ich auf. >Bis dann.< Ich nahm sie in den Arm und lächelte ihr zum Abschied zu.
Ich joggte wieder zurück nachhause, wo ich nach einer kurzen Dusche im Hof Basketball spielte.
Dad kam nach und wir spielten zusammen. Wir hatten das lange nicht mehr getan. Ziemlich lange nicht mehr. Er hatte keine Zeit oder wir brachen in Streit aus.
>Das Spiel. Was denkst du, wie es steht?<, fragte Dad mich, fing den Ball auf, der durch das Korb flog und passte ihn mir wieder zu.
Ich dribbelte nachdenklich. >Ehm... in letzter Zeit lief es echt gut. Die letzten Spiele haben wir gewonnen. Der Coach sagt, dass wir das schaffen.<
Er nickte zufrieden und deckte mich, als ich an ihm vorbei an den Korb wollte. >So einfach mache ich es dir nicht, Kleiner.< Ich lächelte unmerklich. So ausgelassen war es zwischen uns sonst nie. >Ich weiß, dass dein Trainer sagte, dass du problemlos ein Sportstipendium kriegen könntest. Ich bin sehr stolz auf dich deswegen, aber du musst wissen, wo deine Zukunft liegt.< So begannen unsere Streitereien.
>Ich habe doch schon gesagt, dass ich dein Studium machen werde.<, erklärte ich gereizt.
>Das ist gut. Das ist sehr gut. Wir werden uns demnächst um deine Bewerbungen kümmern. Es wird langsam Zeit.< Er knöpfte mir den Ball ab, wich meinem Angriff aus und erzielte einen Korb. >Ich möchte... nur das Beste für dich.< Ich bekam den Ball wieder in die Hand. Er klopfte mir gutmütig auf die Schulter. Ich zwang mir ein Lächeln auf, doch sobald er mir den Rücken zu wandte, sanken meine Mundwinkel und ich sah auf den Basketball hinab.
Ich spielte daraufhin nur noch halbherzig weiter. Meine Gedanken vernebelten mir den Blick auf den Korb.
>Ricky!<, rief Haley und riss mich aus meiner Trance des Nachdenkens. Sie hatte mich wohl schon ein paar mal gerufen, denn sie trug Trotz in ihrem Gesicht. >Mummy sagt, du sollst mit mir zum Spielplatz gehen.< Sie trug einen Mini-Sonnenhut und hielt in ihrer Hand einen kleinen Eimer mit Sand-Spielzeug darin. Ihre winzigen Zehen lugten aus den Sandalen heraus und ihre Ärmchen streckten sich aus den hellrosanen Puffärmchen eines T-Shirts mit einer Fee darauf. Darunter trug sie dunkle Shorts, die von goldenem Faden zusammengehalten wurde.
>Ich hab keine Lust. Geh mit Josh.<, maulte ich und versenkte den Ball im Korb.
Sie trat auf. >Nein! Ich will, dass du mit mir zum Spielplatz gehst.< Ich ignorierte sie und spielte weiter. Ich hatte wirklich keine Lust jetzt zu dem blöden Spielplatz zu gehen. >Rick! Ich geh zu Mum.<
>Haley, geh mit Josh.<, bat ich. Der Ball rollte weg, sie schnappte ihn sich und rannte weg. >Haley!<, rief ich warnend. Sie ließ ihren Eimer fallen und schoss wie der Blitz an mir vorbei. Ich hörte sie kichern. Ich folgte ihr lächelnd, umfasste ihre Taille, als sie gerade um die Ecke verschwinden wollte, und hob sie schwungvoll hoch zum Korb. Sie warf den Ball hinein und lachte gurrend. >Ok, wir gehen zum Spielplatz.< Ich hob ihren Eimer auf, setzte sie auf dem Boden ab und schob sie zum Gehweg. >Mum!< Die Gardinen zur Küche wurden beiseite geschoben und das Gesicht meiner Mutter kam hervor. Sie öffnete das Fenster. >Wir gehen. Sollen wir in der Stadt essen?<, fragte ich Haley. Sie nickte und winkte unserer Mutter zu. Sie winkte zurück. >Wir essen in der Stadt, Mum. Bis dann.<
>Passt auf euch auf.<

Haley fiel am Spielplatz sofort einem Haufen kreischender Mädchen in die Arme. Zusammen begannen sie Sandkuchen und -burgen und -bilder zu machen. Derweil setzte ich mich auf eine Bank zu den Eltern und sah ihr dabei zu, wie sie lachend und glücklich quiekend spielte.
Seufzend warf ich meinen Kopf in den Nacken und sah mit geschlossenen Augen gen Himmel. Die Sonne wärmte mein Gesicht. Leider gewährte mein Handy mir nicht diese Entspannung. Ich hob mir den Hörer ans Ohr. >Ja?<
>Wo bist du?<
Reese.
Ich fuhr mir durchs Haar. >Ich bin am Spielplatz mit Haley.<, antwortete ich müde und blickte zu Haley. Sie streute gerade Grashalme über einen Haufen platt gedrückten Sand und strahlte dabei zufrieden.
>Hm... an welchem Spielplatz?<
>Da waren wir letztens mit Barko. Gegenüber von der Bücherei.<, erklärte ich und hob meine Hand an die Stirn, um mich von der Sonne abzuschirmen. Haley ging mit ihren Freundinnen zum Klettergerüst. >Haley, pass auf, ja?<, rief ich.
Reese fluchte leise. >In Ordnung. Ich bin in einer Viertelstunde da. Ich bring den Hund mit.<
>Klar. Bis gleich.< Ich legte auf.
>Ricky! Ich komme nicht hoch!<, klagte Haley und zeigte auf die Stange über ihr. Ich schob mein Handy zurück in meine Hosentasche und joggte zu ihr hinüber. Mit Leichtigkeit hob ich erst sie, dann die anderen beiden Mädchen hoch in das Häuschen und sah ihnen zu, wie sie höher kletterten zur Rutsche. >Ricky, guck mal, wie hoch ich bin!<, lachte sie.
Ich nickte. >Ja.< Sie rutschte in einer Reihe mit den anderen Mädchen zusammen hinunter. Die Zeit bis hin zu Reese' Eintreffen überbrückte ich als persönlicher Aufzug meiner Schwester und ihrer Kumpanen.
>Hey.<, begrüßte er mich dann. Ich sah mich lächelnd zu ihm um. Er steckte in einem dunkelgrünen T-Shirt auf dem in dicken, schwarzen Großbuchstaben „Hulk“ draufstand und schwarze Jeans, die an seiner Knie aufgerissen war.
>Barko!<, kreischte Haley, gerade als sie aus der Rutsche stieg. Der riesige Bernhardiner trabte auf meine Schwester zu, warf sie um und schleckte ihr das ganze Gesicht ab. Mütter standen besorgt auf, atmeten aber lächelnd und erleichtert auf, als sie sahen, wie Haley sich kichernd aufsetzte und den Kopf des Hundes kraulte. >Lisa, das ist Barko!< Sie winkte das Mädchen mit den blonden Zöpfchen zu sich.
Reese grinste breit. >Die ist ja gut drauf.<
Ich schob ihn wieder zu der Bank zurück, auf der ich gesessen hatte, und warf mich müde rein. >Viel zu gut. Ich bin total am Ende.<, seufzte ich, legte meine Hand in Reese' Nacken und fuhr mit meinem Daumen hoch zu seinem Haaransatz. Das war das Maximum an Zärtlichkeiten, das ich ihm in der Öffentlichkeit geben konnte. Leider.
Er verstand das. Seine Augen fanden meine. Sie waren warm und verteilten den Geschmack von Schokolade auf meiner Zunge. >War übrigens cool, das mit Benjamin gestern.<, murmelte er und wich mir wieder aus. >Danke.<
Ich nahm meine Hand zu mir zurück. >War nur richtig. Mach dir keinen Kopf, Kätzchen.< Belustigt beobachtete ich ihn aus dem Augenwinkel gespannt.
Seine Lippen pressten sich aufeinander, als müsste er ein Lachen unterdrücken. >Ok, Kätzchen ist akzeptiert, wenn ich dich Banana Joe nennen darf.< Bei dem Namen brach ich in Gelächter aus. Er klang ein und fuhr sich durch sein Haar. In schönen Wellen, reichte es ihm bis in den Nacken. Die Sonne ließ sein Haar in verschiedenen Güntönen leuchten. Ich nahm eine Strähne zwischen meine Finger und ließ es hindurch rieseln. Wieder sah er mich an. >Ich will dich küssen.<, hauchte er und linste zu meinen Lippen hinab.
Ich erwiderte seinen verlangenden Blick und stützte mich mit meinen Unterarmen auf der Rückenlehne der Bank ab. >Ich dich auch.<
Er nickte. Ich konnte sehen, wie Enttäuschung sich in sein Gesicht schlich. Seine dunklen Augen trennten sich widerwillig von meinem Mund und richteten sich auf Haley, die sich von Barko jagen ließ. Schweigen breitete sich über uns aus.
In letzter Zeit driftete er immer wieder ab. Ich sah, dass er mit etwas unzufrieden war. Ich wusste nicht mit was und weshalb und es machte mir etwas Sorgen. >Wenn du mir irgendetwas sagen willst...<
Er zog seine Beine zum Schneidersitz an und schüttelte den Kopf. >Ne.< Wir sahen Haley weiter dabei zu, wie sie spielte und fröhlich lachte. >Du hast gesagt, für immer...<
>Was?< Ich blickte ihn an.
>Vergiss es. Ich geh heim, in Ordnung? Bin total fertig. Barko.< Der Hund sah auf und löste sich von Haley, um zu Reese zu gehen.
>Ich kann heute zu dir kommen. Ich hab gerade...<
>Schon gut. Sandras Macker ist wieder da, ich bin nicht so gut gelaunt. Das will ich dir nicht antun, Banana Joe.< Er klopfte mir auf die Schulter und fuhr dann meiner Schwester durch`s Haar. >Pass gut auf dich auf, Prinzessin.< Mit einem letzten Seitenblick an mich ging er mit Barko davon. Ich sah ihm nach, musste mich aber abwenden, als Haley an meiner Jeans zupfte.
>Ich hab Hunger, Ricky.<
Ich nickte. >Gut, hol dein Spielzeug und dann gehen wir was essen. Auf was hast du Lust?<, fragte ich sie.
Sie hüpfte zum Sandkasten, sammelte die Förmchen ein und schob sie in ihren Eimer. Damit kam sie wieder zu mir zurück. >Pizza Hawaii!< Das hatte ich mir schon gedacht. Wir gingen zu einer Pizzeria in der Nähe und setzten uns dort an einen Tisch. Ich teilte mit ihr eine Pizza, wobei ich nicht wirklich Hunger hatte und kaum mehr als ein Stück schaffte und stattdessen Haleys wildem Geplapper zuhörte. Etwas stimmte mit Reese nicht.

Kapitel 10

>Mummy!<, rief Haley und rannte sofort in die Küche, als wir das Haus betraten.
>Liebling.<, hörte ich meine Mutter sie begrüßen und ging selber ins Wohnzimmer, wo mein Bruder saß. Dieser Tag hatte mich mehr ausgelaugt, als ich es gedacht hatte.
Ich streckte mich ausgelassen und warf meinen Kopf in den Nacken. Josh lachte über diese Reaktion. >Wo warst du eigentlich den ganzen Tag?<
>Weg.<
Interessiert setzte ich mich auf und sah ihn an. >Wo weg?<
>Weg halt.<
Ich witterte was. >Bei wem?<
Unbehaglich rutschte er auf dem Sofa hin und her. >Nirgends, Richard. Lass es.<
>Wer?<
Er beäugte mich misstrauisch und ergab sich dann seufzend. >Sie... sie heißt Katrina.<
Ich setzte mich auf, warf die Hände in die Luft und stieß einen Schrei aus. >Der Winzling hat eine Schnecke!<, rief ich aus.
>Ricky, bitte.<, hörte ich meine Mutter streng sagen.
Ich drehte mich zu ihr um. Ihr Kopf war aus der Küche gestreckt. >`tschuldigung.<, murmelte ich und sah dann wieder meinen kleinen Bruder an, als sie sich wieder in die Küche zurückzog. >Du Stecher!< Ich boxte ihn in die Schulter.
Lachend lief er rot an. >Ach was.<
>Und wie ist sie so?<
Er zuckte mit einer Schulter. >Sie ist Klassenbeste und... na ja... total hübsch halt.<
>Klasse, Junge.< Ich tätschelte seinen Nacken und grinste ihn breit an. >Sei immer nett zu ihr, in Ordnung?<
Er nickte. >Sag mal...< Ich blickte ihn an. >Weißt du,...<
>Sag schon.<
>Ich frag mich nur,...< Er war nun rot wie der Schinken auf Haleys Pizza, was mich umso mehr überraschte. >Wie ist das?<
Argwöhnisch runzelte ich die Stirn. >Wie ist was?<
Er biss auf seine Unterlippe und fuhr sich durchs Haar. >Du weißt schon. Ich meine, wie es ist?<
>Oh.< Er nickte peinlich berührt. Mist. Ich setzte mich wieder aufrecht hin und rieb mein Kinn. >Ehm... tja... es ist gut, keine Frage.< Ich lachte etwas. >Aber... man sollte sich Zeit dafür lassen. Sich nicht hetzen, nur weil... es „cool“ ist.< Er knetete gedankenverloren seine Hände. >Mach dir nicht unnötig Stress. Du hast alle Zeit der Welt.<
Er räusperte sich verlegen. >Wann... wusstest du, dass es Zeit ist?<
>Das wusste ich nicht. Ganz und gar nicht. Ich bereue es nicht, aber ich war zu jung, denke ich. Wenn du mit der richtigen Person zusammen bist, dann merkst du das schon. Mach dir keinen Kopf, Joshy. Nur, denk dabei nicht nur an dich.< Nun sah er auf. >Ich meine, dass es dir nicht einfach nur darum gehen sollte, es hinter dich zu bringen. Nutz' das Mädchen nicht einfach aus.< Er verstand und nickte stumm. >Gut, peinliche Stimmung beiseite geschoben. Lust auf eine Cola?< Schmunzelnd bejahte er. Ich ging in die Küche, schüttelte das unangenehme Gefühl von meinen Schultern und holte uns zwei Dosen Cola aus dem Kühlschrank. Ich umschlang von hinten Mums Schultern und drückte meine Lippen an ihre Wange. >Hi, Mum.<
Sie kicherte unter meinem Kuss und tätschelte meine Hand, während ich mich neben sie an die Theke lehnte. >Danke, dass du mit deiner Schwester spielen gegangen bist.< Ich schüttelte den Kopf. >Wie geht es Reese?<, fragte sie.
Reese.
Ich dachte daran, wie er sich am Mittag verhalten hatte. Wie distanziert. >Gut.<
Sie nickte und lächelte mich an. >Egal, wie sehr dein Vater gegen eure Freundschaft ist. Reese ist ein guter Junge und es ist schön, dass ihr beide euch so gut miteinander versteht.<
>Danke.< Erst jetzt merkte ich, wie sehr mich diese Bemerkung gebraucht hatte. Von irgendjemandem meiner Eltern. Ich ging wieder zurück zu Josh, der zu einem Football-Spiel umgeschaltet hatte. Wir sahen uns das ganze Spiel an. Unser Vater schloss sich uns zum Ende hin an. Er war bei einem Essen mit Geschäftspartnern gewesen.
Aus irgendeinem Grund hielt ich die Erscheinung meines Vaters kaum aus, weshalb ich auch wenige Minuten nach seines Erscheinens aufstand und die Treppen hoch in mein Zimmer ging. Bevor ich dies tat, lächelte ich meinem Bruder aber noch ein letztes Mal aufmunternd zu. Ich zog mich um und legte mich in mein Bett. Doch ich fand keinen Schlaf. Ich bekam Reese nicht aus meinem Kopf. Seine unnahbare Miene ließ mich nicht locker.
>Scheiße.< Ich stand auf, stöpselte das Ladekabel aus meinem Handy und rief ihn an. Es klingelte einige Male und ich dachte schon, er würde nicht rangehen, als dann plötzlich ein Rauschen erklang.
>Gott, Rick. Was ist?<, zischte er in den Hörer.
Ich schloss meine Augen. Es war wirklich spät. >Es tut mir leid. Ich wollte nur...< Ich hörte ihn gähnen. >Heute Mittag warst du so komisch. Ich möchte nur wissen, ob zwischen uns alles in Ordnung ist.<
>Ja, was soll sein?<
>Ich frag nur. Vergiss es. Wollen wir morgen was machen?<
Er seufzte. >Nein, ich kann nicht. Ich geh morgen auf ein Festival in der Nachbarstadt. Das geht über den ganzen Tag.<, entgegnete er mit monotoner Stimme.
>Soll ich mitkommen?<, frage ich ihn.
Es blieb für kurze Zeit still. >Ist nicht nötig. Es würde dir sowie so keinen Spaß machen. Meine Freunde werden da sein. Du wirst dich unwohl fühlen.<
Ich setzte mich kraftlos auf das Bett. >Es würde mich freuen, mit dir dort hinzugehen.< Ich atmete leise durch. >Ist schon gut. Wir sehen uns...<
>Willst du wirklich mitkommen?<
Ich lächelte leicht. >Ja, klar.<
Ein munterer Ton stieg in seine Stimme. >Dann fahren wir zusammen. Hol mich um... 13 Uhr ab.<
>In Ordnung.<
>Bis später.<
>Gute Nacht, Kätzchen.< Ich hörte ihn leise kichern, kurz bevor er auflegte.

Ich hielt am nächsten Tag vor seinem Haus am Straßenrand und stieg aus. Gleich nach meinem Klingeln, hörte ich Reese die Treppen runter joggen. Er riss die Tür auf und blickte mich wenig begeistert an. >Hi, ich find meine Kippen nicht.<, brummte er und wandte sich wieder um. Ich schloss die Tür hinter mir, hielt ihn an seinem T-Shirt fest und zog ihn wieder zu mir zurück, um ihn schlagartig in einen Kuss zu verwickeln. Erst versteifte er sich in meinen Armen, legte sogar seine Hand an meine Brust, um mich wegzuschieben. Doch ich verstärkte meinen Griff und glitt mit meiner Zunge über seine Unterlippe. Mit einem kehligen Stöhnen ließ er sich gegen mich fallen und drängte sich an mich. Ich fuhr mit meinen Händen über seinen mageren Rücken hinab zu seinem Hintern und drückte ihn fest an mich. Sein Schritt wuchs unter meinen Berührungen. Ich ließ meine Hand zwischen uns gleiten und begann ihn zu streicheln. Er schob sein Becken hungrig vor.
>Wir könnten hochgehen...< Ich nippte abwechselnd an seiner Ober- und seiner Unterlippe. Er schmolz förmlich unter meinen Liebkosungen und schlang seine Arme um meinen Nacken. Sein Nähe ließ auch mich nicht kalt. Ich schnappte noch Luft, als sein Oberschenkel meine wachsende Erregung traf. >Fuck.<, zischte ich und hob ihn auf die Treppe. >Wo ist deine Schwester?<, fragte ich und setzte ihn auf einer Stufe ab. Hastig öffnete ich meine Hose.
>Sie... ist bei ihrem Macker.< Hungrig knabberte er auf seiner süßen, rosigen Lippe herum und sah mir erregt dabei zu, wie ich ihm forsch seine Hose runterriss. >Warte.< Er fuchtelte in seiner Hose herum, die nun neben ihm lag und zog eine Kondom heraus. Während ich es mir über streifte, schob ich meine Finger unter seinen Hintern. Er schrie erstickt auf und drückte seinen Rücken durch. Ich reizte ihn weiter, beugte mich über ihn und küsste ihn seinen Hals aufwärts. Meine Zunge folgte seinem Kiefer, bis ich meine Lippen wieder auf seine drücken konnte. Fast zeitgleich drang ich in ihn ein. >Ja!<, schrie er laut und begann seine Hüften rhythmisch anzuheben. Ich folgte seinem Tempo und stieß mich fast brutal in ihn hinein.
Es ging schnell, war aber umso intensiver.
Die Wände wackelten unter unserem Stöhnen. Erst nur Tropfen. Leises, sinnliches Keuchen. Und dann brachen laute Schreie aus uns, bis wir in unserem Orgasmus verglühten.
Reese biss in meine Schulter. Ich rieb mich noch weiter an ihm, ließ uns beide weiter unter der Ekstase zucken und zog unser Vergnügen in die Länge.
>Mh...<, summte Reese befriedigt. >Ah, was für eine... Begrüßung.< Er war besser gelaunt. Ich drückte noch einmal meine Lippen an seine, bevor ich mich aufsetzte und mich von ihm löste. Er stand, nackt wie er war, auf und ging in die Küche, um seine Hand sauber zu machen. Ich zog das Kondom ab und warf es neben ihm in den Mülleimer. Reese drehte sich zu mir um und schloss meine Hose. >Das war... sehr lecker.< Sein Mund drückte sich an meinen. Er lächelte mich verschmitzt an und schlenderte dann an mir vorbei. Ich konnte es mir nicht nehmen, ihn an seinen hübschen Hintern zu fassen. Ihn brachte das nur zum Lachen. >Ich bin gleich fertig.<, rief er noch.
>Wo ist eigentlich Barko?<, fragte ich. Er warf in seinem Zimmer Kleiderhaufen umher. Ich wartete derweil an der Haustür.
>Sie hat ihn mitgenommen.<, antwortete er beiläufig.
Ich nickte, sah zur Treppe, wo wir bis gerade eben noch gefickt hatten. In mir vibrierte es immer noch. >Wie heißt ihr Freund eigentlich?<
Er kam wieder runter, auf seinen Schultern hing ein alter, brauner Kunstlederrucksack. Seine Augen taxierten mich. >Tim, glaub ich. Alter, wir sehen aus wie Gut und Böse.<
Ich sah an mir hinab. Er hatte recht. Er trug ein schwarzes T-Shirt von „Iron Maiden“, wie immer schwarze enge Jeans und schwarze Vans. Auf seinen grünen Haaren saß eine schwarze Sonnenbrille mit runden Gläsern. Er sah fabelhaft aus.
Ich hingegen trug ein weißes T-Shirt, helle blaue Jeans, die absichtlich abgewetzt waren und Chucks. Ich hatte tatsächlich eine gewisse Unschuld an mir.
>Stimmt.<
Wir stiegen in den Wagen ein und fuhren los. Reese dirigierte mich. Er zählte mir seine Freunde auf, die wir antreffen würden. Ihre Merkmale waren ihre Haare. Pink, Jacky. Lila, ein weiterer Reese. Schwarz, Marie. Dunkelblau, Corinne. Braun, Eve. Und... noch einmal schwarz, Anthony.
Bei diesem Namen stöhnte ich automatisch genervt auf. Reese lachte darüber. >So schlimm ist er auch wieder nicht.< Er stieß hellen Rauch zwischen seinen Lippen hervor.
>Er hat dich nackt gesehen.<
>Oh, das sind also deine Kriterien? Dann wirst du aber nur Feinde antreffen.<, gluckste er und lachte noch lauter, als er mein Gesicht sah. >Dein Freund ist ein freizügiges Luder. Das musst du langsam akzeptieren.<
Ich lächelte, obwohl mir eigentlich eher zu Kotzen zu Mute war. >Es wäre mir lieber, wenn du nur bei mir freizügig bist.<, murmelte ich.
Er strich mir mein Haar aus dem Gesicht und weiter über meine Wange. >Ich bin vielleicht ein bisschen zu aufgedreht, aber...< Ich erwiderte seinen liebevollen Blick. >... nur bei dir fühle ich mich wirklich wohl.< Ich verschränkte meine Finger mit seinen und hob sie mit dem Handrücken an meine Lippen. >Das macht mich echt an.< Meine Zunge fuhr über seine Knöchel. >Du solltest auf die Straße sehen.<, mahnte er mich, schien das aber nicht wirklich zu wollen. Ich biss in die dünne Haut und küsste sie dann zum Abschluss. Interessiert betrachtete er seine Hand, die nun rot angelaufen war. >Du hast meine Hand vergewaltigt.< Er nahm einen tiefen Zug aus der Zigarette. >Da rein und dann parken.< Ich bog in eine Straße ein, eine weite Parkfläche erstreckte sich vor uns. Sie war gut befüllt. Leute stiegen aus ihren Autos und liefen zu einer Wiese, auf der eine riesige Bühne aufgebaut war. Getränke-, Essens- und T-Shirt-Stände umrahmten den Platz, auf dem wild durch gemischte Menschen auf Decken lagen und miteinander sprach. Direkt vor der Bühne war ein matschiger Kreis in dem Punks zu der lauten Musik, die aus den Lautsprechern trat, herum tanzten, wobei es mehr wie unkontrolliertes Torkeln wirkte.
Ich holte aus dem Handschuhfach meine Sonnenbrille und folgte Reese. Es gab einen angedeuteten Eingang an dem Sicherheitsleute die Besucher durchsuchten und jeden, dem Alter entsprechend, mit einem Armband versahen. Wir bezahlten den Eintritt und schritten vor über die Wiese. Reese Augen tanzten über die Menschen. Seine Miene hellte sich auf und brach in Gelächter aus. >Guck, da.< Er zeigte auf eine Gruppe von bunten Haarschöpfen, die auf zwei nebeneinander ausgebreiteten Decken saßen. Einer, die tiefen, dunklen lilanen Haare erklärten mir, dass es der zweite Reese war, machte eindeutige Bewegungen mit der Hüfte gegen Anthonys Hintern, der vorn über gebeugt war zu einem Mädchen mit blauen Haaren, Corinne. Ich lachte. Reese, also der zweite, grinste uns breit an und schlug Anthony dann mit der flachen Hand auf den Arsch.
Fluchend stellte er sich auf und versuchte den rennenden Reese zu schnappen, der auf uns zukam. Statt auf seinen Namensbruder zu zu rennen, umrannte er aber mich und schlang seine Arme eng um meinen Oberkörper. Überrascht schossen meine Augenbrauen in die Höhe, doch ich wehrte ihn nicht ab. >Jetzt sind dir schon zwei Reese zum Loverboy übergerannt.<, brüllte er über die Menge. Bei diesem Kommentar musste ich erneut lachen. Reese, mein Reese, grinste frech und klopfte mir auf die Schulter.
>Fick dich!<, rief Anthony zur Antwort. Er blickte erst mich an, dann Reese und wandte sich gereizt ab.
>Hi übrigens. Ich bin Reese, aber damit es hier keine Kollision gibt, kannst du mich Riri nennen.< Riri löste sich von mir und sprang als nächstes Reese an. >Mann, total lang nicht mehr gesehen.< Er warf seinen Arm um Reese' Nacken und zog ihn mit sich mit. Ein Nicken signalisierte mir ihnen zu folgen. >Jacky, ist schon so was von abgeschossen. Die wird uns heute noch die Bude vollkotzen.<
Pinke Locken drehten sich zu uns um. Ein Puppenhaftes Gesicht steckte in diesem großen Gewirr. >Du kannst mich mal.< Reese warf seine Tasche zu den anderen. Er stürzte sich einfach in das Gewirr und lachte, als sie anfingen ihn zu kitzeln. Ich setzte mich zu ihnen und half ihm raus, als er seine Arme zu mir streckte. Er saß im Schneidersitz vor mir und streckte sich vor zu einer Flasche Cola. >Guck dir diese Arme an...<, hauchte das Mädchen mit den pinken Haaren. Ihre schwarz lackierten Nägel fuhren über meinen Oberarm.
Reese schlug ihre Hand weg. >Nicht anfassen!<, zischte er, nachdem er einen tiefen Schluck genommen hatte.
>Dann pack ihn ein.<, piepste sie mit ihrer hohen Stimme und zwinkerte mir dann zu.
Anthony warf sich zu einem jungen, mit langem braunen, verstruppelten Haar, der einen Bullen-Ring trug. Um seinen Hals hing eine große Kamera. >Ist dir der Muskel aus dem Kopf in die Arme gerutscht, Süßer?<, fragte er und öffnete eine Flasche Jack Daniels, die er aus einer Beuteltasche zog.
Ich lachte leise und sah aus dem Augenwinkel, wie Reese ihn wütend anblitzte. >Nein, ich leide noch etwas an Blutverlust. Bis vor kurzem war noch alles in meiner Hose.< Alle Köpfe drehten sich schlagartig zu mir. Anthony schob trotzig sein Kinn vor und beäugte mich warnend. Mich ließ das kalt. Ich lächelte ihn herausfordernd an.
>Wow. Plötzlich so eiskalt hier.<, sagte Riri mit zitternder Stimme und rieb sich die Oberarme, als würde er frieren. Jacky und die anderen lachten und verfielen wieder in ihre Gespräche. Reese drehte sich zu mir und lächelte.
Entschuldigend senkte ich meinen Blick. >Tut mir leid.<
>Nein, nein. Kein Problem. Das ist toll. Find ich gut.< Seine Mundwinkel kräuselten sich. Ich kam nicht umhin, mir Sorgen zu machen. >Gefällt mir gut.< Seine Hand stützte sich neben mir auf dem Boden ab, sodass er sich tiefer zu mir vorbeugen konnte. Wir waren nicht allzu weit weg von zuhause. Es könnten Leute hier sein, die uns kennen. Er nippte erst leicht an meinem Kinn. Seine Zähne kratzten leicht über meine Haut. Sofort bildete sich Gänsehaut in meinem Nacken. Ich wollte ihn, aber... Seine Lippen fanden meine. Ein eiskalter Schauer schlich über meine Wirbelsäule. Ich konnte mich nicht auf seinen schönen, sanften Kuss konzentrieren, so beobachtet fühlte ich mich. Und das lag nicht zwangsläufig an seinen Freunden, die uns begafften.
Er löste sich mit meiner Unterlippe zwischen seinen Zähnen und ließ sie neckisch zurück schnellen. Ich lächelte ihn an, doch er merkte meine Besorgnis. >Was los, Loverboy?< Er rutschte näher heran und blinzelte unschuldig mit seinen dichten, dunklen Wimpern.
>Nichts, Kätzchen.< Ich raufte ihm sein Haar.
>Ihr seid echt heiß.<, seufzte jemand. Wir drehten beide gleichzeitig den Kopf. Ian hatte die Kameralinse auf uns gerichtet und lächelte uns über sie hinweg an.
>Ja, ... Hey! Da ist Bing. Hat jemand Kohle, dann besorg ich uns Gras für später.< Riri stand auf.
Reese klopfte mir auf den Oberschenkel. >Bin gleich wieder da.<
>Lass das...<
Er ignorierte meine Einwände und lief Riri nach. >Also du bist schwul?<, fragte Jacky mit geschürzten Lippen.
Ich zuckte mit den Schultern. >Keine Ahnung. Ich steh einfach nur auf Reese.<, antwortete ich.
Sie rückte näher heran, das Mädchen mit den blauen Haaren verdrehte die Augen, als sie das sah. >Mann, das ist schade. Immer sind die Hübschen schwul.<
>Danke.<
>Hast du wenigstens einen Bruder an den ich mich ranmachen kann?< Erst jetzt bemerkte ich, dass sie einen Rock trug, der so kurz war, dass er die Bezeichnung kaum verdiente. Kniehohe Socken, ein Band-T-Shirt, in das ein tiefes Ausschnitt geschnitten war.
Ich runzelte die Stirn. >Er ist 13, also...<
Ein schwarzhaariges Mädchen kroch über den Boden zu uns beiden her. >Ok, das geht nicht. Spielst du irgendwas?<, fragte sie. Ihre Jeans war vollkommen löchrig und darunter leuchtete eine pinke Netz-Strumpfhose.
>Basketball.<, antwortete ich lächelnd.
Und so vergingen die nächsten paar Stunden. Ich wurde ausgefragt bis zum geht nicht mehr. Desto später es wurde, desto mehr Leute kamen. Es legten sich noch zwei Decken mit an unsere und ungefähr 10 Menschen setzten sich zu uns. Irgendwie schien jeder sich zu kennen. Immer wieder trat jemand zu uns und begrüßte uns.
Als es dann dunkel wurde, leuchtete das Licht auf der Bühne auf und Männer in schwarzer Kleidung huschten von Seite zu Seite. Reese saß neben mir und grinste, als jemand mit einem Mikrofon an den Rand trat. Vor der Bühne stand schon eine Horde von Zuschauern, die gespannt auf das Programm warteten.
>Jetzt geht’s los.<, flüsterte er mir ins Ohr.
Zwischen uns wurde Alkohol herumgereicht und plötzlich dann auch ein Joint. Ich ließ das nur so an mir vorbeiziehen und hörte stattdessen den Bands zu. Sie waren laut. Sie schrien, brüllten und man verstand kaum ein Wort, aber es hörte sich gut an. Es gefiel mir wirklich.
Reese lehnte seinen Kopf an meiner Schulter an. Ich sah mich um. >Danke, dass du mitgekommen bist.< Er sah zu mir auf.
>Anthony hört nicht auf uns anzustarren.< Das stimmte wirklich. Er durchbohrte uns geradezu mit seinen Augen.
>Scheiß auf ihn.< Seine Lippen legten sich erneut an meine. Ich wich vor ihm zurück und sah ihn aus weiten Augen an. Argwöhnisch lehnte er sich von mir weg. >Was ist?<
Meine Mundwinkel zuckten nervös. >Reese, du weißt das doch.<, murmelte ich hilflos und fuhr mir durchs Haar. Er legte sich seine Hände in den Schoss und blickte mich verwirrt an. >Hier... hier könnten Leute sein, die mich...< Er atmete auf und wandte sein Gesicht ab. Ein verletzter Ausdruck huschte über seine Züge. >Es tut mir leid, aber...<
>Nein, nein, schon gut. Ich wusste das ja.<
>Ich kann das nicht so wie du.<
Er nickte. >Ok. Ich geh uns was zu trinken holen. Wer will was?< Ohne eine Antwort abzuwarten ging er. Ich sah ihm wortlos nach und machte dann Anstalten aufzustehen, aber Riri hielt mich am Arm fest.
>Ach, lass ihn. Der kommt wieder.< Ich rupfte gedankenverloren Grashalme aus und häufte sie auf.
Reese kam wieder. Er setzte sich dieses Mal weiter weg von mir und sprach kaum mehr mit mir. Er war mit dem Kopf wieder ganz weit weg. Ich machte mir schreckliche Vorwürfe. Aber wie sollte ich das denn machen? Wenn hier zufällig jemand war, der mich kannte und mich mit ihm sah? Wie sollte ich das weiter verheimlichen können?
Reese trank sich nach meiner Abweisung bis in die Besinnungslosigkeit, rauchte und verschwand immer wieder, wobei ich mir sicher war, dass er sich Drogen einfloss. Sobald ich darauf zu sprechen kam, wurde er patzig und wies mich an, nicht so rumzuheulen.
Er konnte sich doch jetzt nicht einfach betrinken, nur weil ich nicht mit ihm knutschen wollte.

>Hey, ehm... ich gehe.< Ich stand auf. Jacky und Marie standen sofort auf und warfen sich an meinen Hals. Sie beide küssten mich wild in den Hals. >Oh, ehm... danke.< Ich löste mich von ihnen und verabschiedete mich auch von den anderen. Reese war wieder weg, weshalb ich ihn suchen musste. Und plötzlich fand ich ihn in mitten eines Haufens von grölender Männer und Frauen. Er rieb sich mit dem Handrücken über die Nase und lachte schallend. Seine Augen waren rotunterlaufen. In seiner Hand hielt er einen zusammengerollten Geldschein, den er an jemanden weiterreichte, während er nun mich ansah. Sein Lächeln erstarb und ein Hauch von Sorge schlich sich in seine Augen.
Ich war wütend und ich war mir sicher, dass man das sehen konnte.
>Komm her.< Es war so laut, er konnte mich nicht hören, dennoch verstand er und stand auf. Sobald er in meiner Reichweite, packte ich seinen Oberarm und zerrte ihn hinter mir zu einer ruhigen Stelle. Hilflos stolperte er hinter mir, bis ich stehen blieb. Schwankend hielt er sich an mir fest, bevor er sich seufzend an den Baum lehnte. >Was hast du genommen?<
Er zuckte mit seiner Schulter. >Irgendwas, Mann. Würdest...< Er windete sich aus meinem festen Griff. >... du mal runterkommen? Gott, du bist so nervig.<, raunte er genervt. Seine Stimme war ein leises Krächzen.
>Ich bin nervig?< Ich beugte mich zu ihm vor, sodass ich mit ihm auf Augenhöhe war. Auch in ihm wuchs Zorn. >Soweit ich weiß, bist du es, der sich wie bescheuert vollpumpt und mich eingeschnappt ignoriert.<, zischte ich.
Er stieß mich von sich. >Dann verpiss dich doch einfach. Ich wollte nicht das du herkommst, du hattest die Idee. Geh! Geh doch!< Seine Stimme wurde zum Ende hin lauter.
Wie konnte man nur so verschissen nochmal stur sein? Und wie zum Teufel konnte man sich selber so kaputt machen? Ich verstand ihn einfach nicht.
Ich stellte mich wieder auf und verschränkte die Arme vor der Brust. >Komm dann aber nicht wieder blau bei mir an, weil du ausnüchtern musst.< Meine Worte waren hart und ich bereute sie sofort, als sie an die Luft kamen. Auch in Reese' Gesicht sah ich einen kurzen Moment lang Entsetzten aufblitzen, bevor es wieder zu seiner sturen Maske versteinerte.
>Viel Spaß noch, Wichser.<, brummte er und schlenderte mit wackligem Gang an mir vorbei.
>Reese...<
>Fick dich.<
Seufzend wanderte ich zum Ausgang und ging zu meinem Wagen. Doch ich konnte nicht losfahren. Stattdessen saß ich da und wälzte mich in meinem Selbstmitleid.
Oh Gott, wie konnte ich nur so mit ihm reden? Er war sowie so schlecht drauf und ich hakte noch auf ihm herum. Ich hätte mich zurückhalten sollen. Auch waren wir hier her gekommen, um Spaß zu haben und nicht zum Diskutieren.
Ich wartete lange. Sehr lange. Immer wieder überlegte ich mir, auszusteigen, hielt mich dann aber doch zurück. Vielleicht kam er ja jetzt raus? Kam er nicht. Statt rauszugehen, schlief ich sogar aus Versehen ein.
Was sollte ich bloß mit ihm machen?

Kapitel 11

Ich schreckte aus dem Schlaf und fuhr mir durchs Haar. Mein Nacken schmerzte. >Das ist lächerlich.<, brummte ich und stieg aus dem Auto. Ich blickte auf meine Armbanduhr. Es war etwas nach Mitternacht. Ich ging zurück auf den Platz und suchte nach Riri und den anderen. Die Musik kam mir lauter, dröhnend und fast schmerzvoll in den Ohren vor. Immer wieder stieß ich mit tanzenden Menschen zusammen. Sie alle warfen ihre Köpfe vor sich wild im Kreis herum. Vor der Bühne hatte sich eine Masse aufgebaut. Sie rannten durcheinander und es schien fast so, als würden sie sich gegenseitig verprügeln. Reese hatte mir das erklärt. Moshpit nannte man das. Ich verstand den Sinn und den Reiz darin nicht, aber mir war es egal. Solange niemand verletzt wurde.
>Hey, Rick! Ich dachte, du wärst schon los.<, hörte ich dann plötzlich jemanden hinter mir.
Ich sah mich um und erblickte Jacky. >Hey. Kannst du mir sagen, wo Reese ist?<, fragte ich sie.
Sie verdrehte die Augen. >Keine Ahnung, der ist total arschig drauf. Scheiß auf ihn.< Ihre Arme legten sich um meinen Nacken. Ich schmeckte den Alkohol in ihrem Atem und entzog mich sofort ihrer Umarmung.
>Jacky, bitte. Sag mir, wo er ist.<, bat ich sie.
Widerwillig nickte sie zu dem Haufen Verrückter vor der Bühne. >Irgendwo da.<
>Ok.< Unsicher überbrückte ich die Strecke zur Bühne und umlief die Gruppe, von sich Anrempelten und Brüllenden. Reese war nirgends zu finden.
Ich fluchte leise und wanderte weiter auf der Wiese umher, auf der Suche nach ihm. >Richard, seid wann bist du wieder hier?< Ian knipste ein Bild von mir.
>Hi. Weißt du, wo Reese ist?<
Er nickte. >Klar.< Wieder machte er ein Bild von mir. >Ich will Fotograf werden.<, sagte er und lief los.
Lächelnd lief ich neben ihm her. >Hab ich schon gemerkt.<
Er lachte. Er wirkte viel ruhiger als die anderen. Schüchtern und gleichzeitig sehr neugierig und selbstbewusst. Reese und er gingen sehr vertraut miteinander um. >Ich mag es Bilder von ihm zu machen. Von Reese. Er hat echt ein schönes Gesicht.< Ich nickte. >Nicht, dass ich auf ihn steh. Ich mag Titten und all das. Mag ich mehr.<
Lachend klopfte ich ihm auf die Schulter. >Kein Problem.<
>Er ist schlecht drauf irgendwie. Er ist total voll. Keine Ahnung, wie der noch stehen kann.< Er blieb stehen und sah starr vor sich. >Oh, wow.<
Ich folgte seinem Blick und erstarrte. Da stand Reese. Er hatte sein Oberteil ausgezogen,  in seiner Hand hielt er eine Flasche, die mit Sicherheit Alkohol beinhaltete, in seinem Mund hing eine Kippe oder ein Joint, aus der Entfernung konnte ich das nicht sagen. So torkelte, stolperte, wankte er im Kreis herum und tanzte zwischen anderen. Darunter Anthony, der ihn hungrig ansah. Reese sang unverständlich den Liedtext, der Band mit, die gerade auftrat, und lachte laut. Doch das war nicht das schlimme. Nein, darauf war ich fast vorbereitet gewesen. Entsetzt war ich von seinem Zustand. Seine Lippe war aufgeplatzt, seine linke Wange rot und angeschwollen, über seiner rechten Augenbraue prangte eine blutige Wunde, aus seiner Nase tropfte Blut und auch der Rest seines Körpers war geprägt von blauen Flecken und Schürfwunden.
Was war mit ihm passiert?!
Mit festen Schritten trat ich auf ihn zu, fing ihn gerade noch auf, als er die Kraft verlor und zusammenbrach. >Reese.< Ich schleifte ihn weg von den anderen. Ian beugte sich neben mir über ihn drüber.
>Gott, lass ihn doch einfach mal in Ruhe!<, beschwerte sich Anthony hinter mir.
>Reese. Hey! Hörst du mich?< Ich schüttelte ihn und klopfte ganz leicht mit meinem Handrücken auf seine schlaffen Wangen.
Er blinzelte schwach und lächelte mich dümmlich an. >Hey, Baby.<
Erleichtert atmete ich durch, als seine Stimme durch den Lärm an mein Ohr drang. Ich legte meine Arme unter seinen Körper und hob ihn hoch. >Komm, wir gehen.< Mein Herz raste noch immer, denn das Blut floss weiter über sein Gesicht. Das über dem Auge lief in sein Haar, das aus Nase und Lippe über sein Kinn und teilweise über seine Wange. Mein Kopf war leer. Das einzige woran ich dachte war, ihn von hier fortzubringen, damit ich nachdenken und mich um ihn kümmern konnte. Hier passierte zu viel, als dass ich einen Gedanken fassen konnte.
>Loverboy, lass ihn hier!<
Ich blieb abrupt stehen und fuhr zu Anthony herum. >Du scheiß Idiot. Halt dich von ihm fern, verstanden? Nur wegen dir, ist er in dieser Lage. Halt dich einfach von ihm fern, klar?<, keifte ich ihn wütend an.
Er zuckte vor meinem Ausbruch zurück. >Was zum Teufel, laberst du für eine Scheiße?<
>Was ich laber ist, dass du meine Faust ins Gesicht bekommst, wenn ihm nur ein Haar gekrümmt wird und du auch nur im Entferntesten damit zu tun hast. Das laber ich.< Damit drehte ich mich um und marschierte davon. Reese summte und murmelte im Halbschlaf irgendwas. Schreckte immer wieder hoch und jagte irgendwelchen Halluzinationen hinterher.
Ich setzte ihn auf die Hinterbank und suchte hektisch nach Taschentüchern. Tatsächlich fand ich welche im Kofferraum und drückte die Tücher überall hin, wo es blutete. Schon bald waren alle blutrot und ich verzweifelte.
>Rick, komm runter.<, nuschelte Reese plötzlich.
Ich sah mich zu ihm um. Ich zog mein T-Shirt aus und drückte es ihm als nächstes ins Gesicht. >Sag mir nicht immer, ich soll runterkommen. Du blutest. Total viel.<
>Nachhause.<
Ich nickte. >In Ordnung.< Erst wollte ich zu mir, entschied mich dann aber doch um und fuhr zu ihm. Ich wusste ja, wo der Schlüssel war. Ich öffnete mit ihm die Tür und trug Reese hoch ins Bad. Schweigen beherrschte das Haus. Alles lag im Dunkeln. War Sandra wieder da?
Reese atmete stockend in meinen Armen, als ich ihn auf dem Badewannenrand absetzte. >Reese...< Seine Augen brauchten ihre Zeit, bis sie auf mich fokussierten. Seine Mundwinkel hoben sich an. >Bleib sitzen. Bin gleich zurück.< Ich lehnte ihn an die Wand und begann alles zusammen zu suchen. Pflaster, Eis, Wundsalbe, Desinfektionsmittel und mehr Pflaster. Ich saß vor ihm auf dem Wäschekorb und tupfte vorsichtig mit einem mit Desinfektionsmittel befeuchteten Tuch über seine Lippe. Der Schmerz riss ihn etwas aus seiner Lethargie.
>Au. Au, dass tut weh!... Ricky, ich bin doch dein Kätzchen.< Er sprach wie ein kleines Kind.
>Halt`s aus.<, schalte ich ihn und machte weiter. Ich konnte nicht mehr machen, als die Wunden zu säubern, sie einzuschmieren und ihm dann den Eisbeutel ins Gesicht zu drücken.
Er fuhr mir durchs Haar, als ich gerade das letzte Pflaster auf eine der Wunden an seinem Bauch setzte, die etwas tiefer waren. Ich blickte zu ihm auf. Er knabberte auf seiner Unterlippe herum. Da bemerkte ich die Beule in seinem Schritt. >Blas... mir einen.<, seufzte er. Er fiel fast vom Wannenrand. Ich hielt ihn fest und zog ihn zurück. Vorsichtig lehnte ich ihn wieder an die Wand. >Komm, bitte.< Er knöpfte sich ungeschickt die Hose auf.
Ich seufzte. >Reese, du solltest lieber schlafen gehen.<
>Bitte.<, kicherte er, umfing mein Gesicht und zog es an sich heran, sodass er seine Lippen an meine drücken konnte. Ein ziemlich verrutschter Kuss, aber na ja. Wenigstens versuchte er es. Ich erwiderte den Druck seiner Lippen, so gut ich es konnte. >Ricky... ich bin geil.<, erklärte er atemlos. Sein Glied war nun frei. Er umfing mein Handgelenk und führte es an seinen Schritt. >Mach, Baby. Bitte.<, keuchte er wieder. Langsam glitten meine Finger an seine Lust. Er ächzte und krallte sich an meiner Schulter fest. >Ja...< Ich streichelte ihn zärtlich, sah ihm dabei zu, wie er stöhnte und sein Brustkorb sich mit meinen Bewegungen anhob und senkte. Langsam beugte ich mich vor, aber ich machte noch nichts, ließ lediglich meinen Atem auf seine pulsierende Haut treffen. >Rick...< Seine Hüfte stieß vor. >Mach, Rick.< Da lag so ein Lallen in seiner Stimme. Es erschwerte mir etwas, ihn zu verstehen. Doch in solch einer Situation gab es doch eigentlich nur eine Sache, die er wollte. Meine Zunge fuhr über sein erhitztes Fleisch. Er schrie erstickt auf und riss mir fast die Haare aus, als seine Finger sich in ihnen verfingen. >Mehr, Baby.< Ich schob ihn tiefer in meinen Rachen und ließ meine Zunge um ihn herum kreisen. Sein Zucken vibrierte tief in mir drin. Steigerte meine Erregung. >Richard. Tiefer.< Ich nahm ihn komplett in mich auf. Er wimmerte. >Oh.... ja.< Ich schloss meine Augen, versank in seinen lustvollen Lauten und begann mich selber zu reiben. >Mhm... Ja! Rick!< Er bäumte sich auf und ließ seinen Atem stoßweise entweichen. Und dann kam er. Ich saugte alles in mich ein und hörte auch nicht auf ihn zu verwöhnen, als er nur noch ekstatisch zuckte.
Ich richtete mich auf und leckte mir die Lippen. >Geht es dir gut?<, fragte ich ihn und strich mit der Hand über sein Gesicht.
Er nickte verschlafen und lächelte mich an. >Sehr gut.<, lallte er.
>Gut, jetzt ab ins Bett.< Ich hob ihn hoch und stützte ihn bis ins Bett. Er ließ sich von mir ausziehen und in die Decken legen. Erst räumte ich im Bad alles auf, bevor ich aus meinen Hosen schlüpfte und mich zu Reese legte. Er schnarchte leise, drehte sich aber zu mir um, sobald ich lag, und schlang seine Arme um meine Mitte. >Hast du Kopfschmerzen?<, fragte ich ihn und strich monoton mit meiner Hand über seine warme Stirn. Er seufzte unter meinen Berührungen. Eine Antwort bekam ich nicht, denn er schlief wenige Sekunden wieder ein. Lächelnd legte ich meine Lippen an seine und zog ihn enger an mich heran.

>Richard?< Ich drehte mich auf den Bauch. >Warum... ?< Jemand schob mich von sich und fluchte dabei. >Was zum Teufel machst du hier?!<, knurrte Reese.
Langsam öffneten sich meine Lider. Ich blickte direkt in die dunkelbraunen Augen meines Freundes. Wobei dieser nicht wirklich glücklich wirkte. Ganz im Gegenteil. Sein Gesicht war übersät von Schrammen und auch sonst schien er nicht allzu froh zu sein. >Was mach ich schon hier? Ich schlafe.< Ich warf meinen Kopf ins Kissen. >Geht es dir gut?<
Reese kroch über mich drüber aus dem Bett. >Nein, warum bist du hier? Geh.<
Ich setzte mich lachend auf. >Ich bin hier, weil du gestern kaum laufen konntest und du geblutet hast, wie ein abgeschossenes Schwein, Reese.< Ich zeigte auf seinen zerschrammten Körper.
Er blickte an sich hinab, hob verblüfft die Brauen, als er die Verbände, die Pflaster und die rötlichen Flecken auf seiner sandfarbenen Haut sah. >Deshalb hat meine Seite gestochen und Autsch...< Er fasste an seine Unterlippe. Da erinnerte er sich wieder an mich und funkelte mich an. >Trotzdem will ich dich nicht hier haben. Deinen Scheiß von gestern Abend hab ich nicht vergessen.< Er hob meine Kleidung vom Boden auf und warf sie vor mich auf das Bett.
Verächtlich schnaubte ich und zog mein Oberteil wieder an. >Es ist also mein Scheiß, dass ich mir Sorgen um dich mache. Reese, ich hab ein wenig mehr von dir erwartet.<
Zornig verschränkte er die Arme vor der Brust und sah mir dabei zu, wie ich mich anzog. >Dann hast du eben zu viel von mir erwartet. Da kann ich nichts für. Ich trinke,...< Er trat auf mich zu. >... ich rauche,...< Wieder ein Schritt. >...ich ficke...< Nun stand er direkt vor mir. >...und ich laufe nackt herum. Wenn dir das nicht gefällt, kannst du abhauen.< Eine meiner Augenbrauen hob sich an. Seine Worte waren hart, kantig und voller Wut, doch in seinen Augen sah ich Angst davor, dass ich wirklich ging.
Ich sah ihn an und lächelte leicht. >Ich will, dass du nie wieder Drogen nimmst. Nie wieder. Und ich will, dich auch nie wieder betrunken erleben. Wenn du das nicht einhältst, will ich nichts mehr mit dir zu tun haben. Das ist mein Ernst. Ich mache Schluss und das mit uns ist endgültig vorbei.< Tränen traten in seine Augen. Als er das merkte, senkte er seinen Blick und schniefte. Er weinte nicht, dafür war er dann doch zu stolz, aber die Tränen waren da. >Hast du verstanden?<, fragte ich streng. Sein grüner Schopf wackelte auf und ab. >Sicher?<, fragte ich ihn wieder. Grob hob ich sein Kinn an, damit er mich wieder an sah. Um seine Pupillen herum waren seine Augen wieder klar und weiß. Er nickte. Ich schlang meine Arme um ihn herum und zog ihn heran. Sofort war ich gefangen in einer Umarmung.
>Es tut mir leid, Baby.<, murmelte er an meiner Brust.
Ich strich ihm liebevoll durchs Haar, setzte mich wieder auf`s Bett und nahm ihn auf den Schoss. Wie ein kleines Kind zog er seine Beine an und kuschelte sich enger an mich. >Es tut mir auch leid, Kätzchen.< Ich sah, wie seine Mundwinkel sich anhoben. >Ich hatte gestern Angst um dich.<, murmelte ich in sein Haar.
>Ach, so schlimm war das nicht.<
>Du hast mir erzählt, dass man mal ein blaues Auge bekommt und sich ein bisschen aufschürft, aber... aber guck dich mal an. Überall war Blut...<
Er zuckte mit einer Schulter. >Ich habe es etwas übertrieben. Gefühl für die Zeit verloren. Und ich war so high  und betrunken... Übrigens...< Er fasste sich an die Stirn und stürzte im nächsten Moment aus dem Zimmer. Wenige Sekunden später hörte ich ihn würgen.
>Das kommt davon.<
>Fick...< Er würgte wieder. Flüssigkeit planschte in die Toilette. Ich verzog angeekelt das Gesicht und lehnte neben der Tür zum Bad an der Wand. >Verdammte scheiße...<, keuchte er.
Etwas schadenfroh ging ich die Treppen runter und brühte Tee auf. Ich warnte ihn jedes Mal, aber er wollte ja nicht hören.
Mit einer Kanne voll Kamillentee und einer gefüllten Tasse kam ich zurück. Die Kanne stellte ich im Zimmer ab, die Tasse trug ich ins Bad zu Reese, der sich immer noch übergab. Ich ließ die Tasse auf dem Waschbecken und legte meine Hand auf Reese' Rücken gleiten. Vorsichtig streichelte ich ihn. >Habt ihr Magentabletten?< Ein weiterer Würgeanfall schüttelte ihn. Ich durchsuchte die Regale und fand Aspirintabletten und letztendlich auch etwas gegen Übelkeit. Reese hatte sich derweil den Mund ausgewaschen und saß kränklich bleich auf der Toilette, mit dem Kopf in den Händen. Ich ging vor ihm in die Hocke, schob ihm die Tasse in die Hand und legte ihm die Magentablette in die Hand. >Hier, nimm.< Dankbar schluckte er sie hinunter und nahm einen zögerlichen Schluck vom dampfenden Tee.
>Wie viel Uhr ist es?<, fragte er und rieb sich die Stirn.
Ich ging ins Zimmer und sah auf die Uhr. >Oh, scheiße. Es ist fast 10 Uhr.<
>Schule können wir damit dann wohl vergessen.<, rief Reese und trat zu mir. Er trank vom Tee und setzte sich auf den Schreibtisch. >Wie wäre es mit vögeln?<
Kopf schüttelnd streckte ich mich und sah mich in diesem Chaos um. >Wie wäre es mit aufräumen?< Er lachte nur auf und trank von der Tasse. >Gut, ich geh duschen. Willst du noch eine Tablette?< Er verneinte und schlürfte weiter. Ich ließ mein T-Shirt schon an der Tür fallen und warf sie zurück auf das Bett. Nachdem auch meine Hose und meine Shorts auf dem Badezimmerboden ihren Platz fanden, stieg ich unter die Dusche und schaltete das Wasser ein. Der kühle Strahl wurde langsam wärmer. Ich streckte mein Gesicht hoch und fuhr mir mit den Händen durch mein Haar. Seufzend entspannte ich unter der heißen Massage.
>Gott, bist du heiß.< Ich drehte mich um. Reese stand da mit seiner Tasse und öffnete seine Hose. Er nahm einen tiefen Schluck vom Tee und stellte sie gleich darauf auf dem Regal ab. Ich sah ihm belustigt dabei zu, wie er aus seiner Kleidung schlüpfte und dann die Tür zu mir in der Dusche öffnete.
>Du solltest dich eigentlich ausruhen. Wie geht es deinem Kopf?<
Er schob die Tür hinter sich wieder zu und stellte sich mit mir unter den Wasserstrahl. >Der Gedanke an dich unter der Dusche...< Er summte. >Und ich werde nicht enttäuscht.< Er nahm meine Hand in seine und trat mit einem lasziven Lächeln an mich heran. >Wie kommt es, dass wir noch nie miteinander geduscht haben?< Seine Finger folgten dem Wasser, das über meine Brust lief. Er nahm das Duschgel aus der Einbuchtung in der gekachelten Wand und spritzte sich etwas davon in die Hand. Er biss sich in seine eigene, volle Unterlippe, während er seine Hände über meinen Oberkörper gleiten ließ. Gänsehaut breitete sich auf meiner Haut aus. Grob wurde ich heran gezogen. Er kniff mir in den Hintern. Mein Glied zuckte. >Baby.< Er liebkoste meinen Hals.
Ich fuhr ihm durch sein nasses Haar und nahm sein Ohrläppchen zwischen meine Lippen. Es war ein ganz typisches jugendliches Rummachen. Zärtlich streichelten wir den Körper des anderen, liebkosten und verwöhnten ihn. Ich ließ mich von ihm gegen die Wand pressen. >Reese, denk an deinen Kopf.<, warnte ich ihn. Die Entschlossenheit fehlte aber in meinen Worten.
>Es geht mir schon viel besser.<, nuschelte er nur und fuhr mit seiner Zunge über meine Brustwarze. Erschrocken fuhr ich zusammen. >Weißt du,...< Er sah mich an. >... Sex ist der Hammer. Keine Frage. Aber am meisten liebe ich das Vorspiel.< Seine Finger fuhren über mein Schlüsselbein. >Wenn man den anderen reizt und ihn in den Wahnsinn treibt.< Meine Augen hingen an seinen vollen Lippen. Er war so hübsch.
Ich küsste ihn auf die Stirn, seine Augen, seine Nase, seine Wangen und sein Kinn. >Du hast recht.<, murmelte ich und fing seine Lippen auf.
Wir verbrachten über eine Stunde unter der Dusche, doch es kam mir vor wie ein einziger Augenblick. Es passierte nicht oft, dass wir so makellos harmonierten. Die Hitze seines Herzschlages an meiner zu spüren. Ständige hauchzarte Berührungen seiner Lippen auf meiner Haut. In meinem Bauch brodelte zwar eine so tiefe Erregung, dass ich fürchtete, ich würde platzen, aber ich hatte nicht das Bedürfnis mich zu befriedigen. Ich wollte einfach nur diesen scheinbar unendlichen Augenblick mit ihm genießen.
Er hauchte zarte Küsse auf meine Brust, sah zu mir auf und lächelte vorsichtig. >Du bist ein richtig hübscher Muskelprotz.<, flüsterte er. Bewundernd umfing er mit seiner Hand meinen Oberarm.
Ich nahm ihn in den Arm. >Du bist auch hübsch. Sehr hübsch. Ich mag...< Meine Anerkennung war nicht zu verbergen, als meine Finger seine nassen Haarsträhnen aus dem Gesicht strichen. >... alles an dir.< Ich musste grinsen, denn Reese' Wangen wurden rot. Gierig küsste ich ihn, hob ihn auf meine Arme und presste ihn an die Wand. >Reese...<, seufzte ich, überfordert von den ganzen Gefühlen, die in meiner Brust aufwallten.
Er fuhr mir durchs Haar und kicherte, während das Rauschen des Wassers das Bad füllte. >Du bist wie ein großer Teddy.< Ich lachte und drückte ihn noch fester an mich. Seine Lippen pressten sich an die Haut unter mein Ohr. >Du... bedeutest mir wirklich sehr viel, Richard.<, hörte ich ihn murmeln.
Mein Herz schlug so schnell und hart. Fast wurde mir schwindlig. Gleichzeitig hatte ich das Gefühl zu fliegen. Meine Stirn kam auf seiner Schulter zum Liegen. >Oh, Mann: Du machst mich fertig.< Er lachte. >Komm, ich wasch dich.< Ich küsste ihn kurz und drehte ihn mit dem Rücken zu mir.
>Ich fühl mich richtig gut.<, säuselte er und ließ mich seinen Körper und seine Haare einseifen. Ich glitt mit meinen Händen zu seiner schmalen Taille und nach vorne, um auch seinen Intimbereich mit Duschgel einzureiben. >Hm...< Er umfing mein Handgelenk, doch bevor ich die Massage vertiefte, wanderte ich an seinen Beinen hinab. Ich drückte meine Lippen an seinen Hintern, was ihn unweigerlich zum Lachen brachte. >Rick?<
>Ja?<
>Was ist besser? Eine Fotze oder ein Arschloch?<
Ich richtete mich auf und wusch mich nun selber. Reese kam mir mit wenigen Handgriffen zur Hilfe. >Wie meinst du das?<
Er strich mir die Seife aus den Haaren. >Ja, ist der Sex mit Frauen oder mit Männern besser?<
>Ich hatte bis jetzt nur mit einem Mann Sex. Ich habe da wenig Erfahrung.<
>Stimmt. Ist es mit mir besser oder mit den Frauen, die du alle gepimpert hast?<
Ich schmunzelte. >Mit dir, Kätzchen.<
Strahlend lehnte er sich zurück und sah mich an. >Wirklich?<
>Viel besser. Ich bin selber etwas überrascht.< Argwöhnisch senkten sich seine Brauen. >Mit dir zu schlafen ist jedes Mal eine Premiere.< Seine Züge hellten sich wieder auf. Er schlang seine Arme um mich herum. >Jeder... Tag  mit dir ist eine Premiere.< Ich spürte seine Lippen auf meinem Schlüsselbein. >Ich liebe...< … dich. >... die Zeit mit dir.<, murmelte ich.
Er blickte mich an. >Ich auch. Sehr.< Ich strich ihm wieder lose Strähnen, die an seiner Wange klebten, hinter seine Ohren und betrachtete sein schönes Gesicht. Es war nur eigentlich nur eine Ausrede, um ihn zu berühren. Er war wirklich schön. Ein sehr schöner, junger Mann.
Er ging auf seine Zehenspitzen, schlang seine Arme erneut um meinen Nacken und legte seine Lippen hauchzart an meine. >Ich hab Hunger. Mach mir was zu essen.< Ohne weiteres spazierte er aus der Dusche. Lachend sah ich ihm nach.
Ich trocknete mich ab und begann dann angezogen in der Küche Spaghetti mit Soße zu machen. Ich war kein begabter Koch, ganz und gar nicht. Aber Omelette und Nudeln konnte ich machen. Unsicher schmeckte ich die Soße ab. >Und? Angebrannt?< Reese trat in die Küche, streifte sich dabei ein T-Shirt über.
>Halt`s Maul. Zufällig schmeckt es gut.< Ich hielt ihm einen Löffel hin.
Er nahm ihn in den Mund und schmatzte nachdenklich. >Na ja, es verätzt mir wenigstens nicht die Speiseröhre.< Ich stieß ihn an. >Nein, schmeckt gut. Wirklich.< Er holte zwei Teller und ließ mich in je eins eine Portion setzten. >Rick! Das reicht!<
Ich schöpfte einen riesigen Haufen von den Nudeln auf seinen Teller. >Du bist viel zu dünn.<, lachte ich, hielt ihn davon ab, den Teller wegzunehmen und schöpfte eine weitere Menge von den Nudeln darauf.
>Nein.< Mit einem Ruck lag die Hälfte von dem Teller auf dem Boden. Wir sahen beide schweigend auf die Nudeln hinab. >Ich räume das nicht auf.< Schnell machte er sich etwas von der Tomatensoße auf den Teller und verschwand dann. Kurz darauf hörte ich den Fernseher.
Kopfschüttelnd ging ich in die Hocke, wischte alles zusammen und warf es in den Mülleimer, bevor ich mich zu ihm auf das Sofa gesellte. Sofort setzte er sich zwischen meine Beine.
So verbrachten wir den restlichen Tag. Faulenzend, redend, schlafend, bis mein Vater mich am Nachmittag anrief und wütend wissen wollte, warum ich nicht in der Schule war.
>Ich hab... verschlafen und es ging mir sowie so nicht gut, Dad.<
>Ich will nicht, dass du länger Zeit mit diesem Versager verbringst. Siehst du, was er anrichtet? Wann hast du jemals die Schule geschwänzt? Richard, ich denke nur...<
Ich sah Reese dabei zu, wie er auf der Gitarre spielte. Er sah so gut aus, wenn er konzentriert die geschlossenen Augen gen Decke gerichtet hatte und in seinem Mund eine Zigarette qualmte. >Es geht mir gut. Ich brauchte nur mal eine Pause. Wir sehen uns.< Ich legte auf, warf das Handy hinter mich auf das Bett und sah Reese weiter dabei zu wie er spielte. >Du bist richtig schön, weißt du das?< Es stimmte wirklich. Seine Gesichtszüge waren faszinierend. Sie wirkten südländisch und gleichzeitig außerirdisch. Er war genauso niedlich und süß, wie er erotisch und sinnlich war. Eine unschuldige, rebellische Sinnlichkeit.
Unter seiner zarten Bräune sammelte sich eine verlegene Röte. >Sag so etwas doch nicht einfach so.< Er nahm einen tiefen Zug aus seiner Zigarette und drückte sie dann aus. Seine Zartbitter-Augen trafen auf meine grünen. >Du bist der totale Schleimer.< Er spielte weiter.
Gähnend warf ich mich in die Kissen zurück und hörte ihm zu.

>Reese, du weißt, was mein Vater gesagt hat.<, zischte ich.
>Deine Eltern sind doch gar nicht da.< Er öffnete die Tür mit meinem Schlüssel und trat kichernd ein. Mein Vater hatte mich später noch einmal angerufen und mir gesagt, dass ich über den Abend auf meine Geschwister aufpassen sollte. Er wurde mit meiner Mutter bei einem Bankett erwartet. >Du bringst die Kleinen einfach ins Bett und dann gehen wir schlafen. Kein Vögeln, kein lautes Stöhnen, keine Ruckgeräusche aus den Wänden.< Ich blickte ihm zweifelnd nach und schloss hinter mir die Tür.
>Rick?<
>Ja, ich bin`s...<
Josh kam aus dem Wohnzimmer. >Hey,...< Er entdeckte Reese an den Treppen. >Hat Dad nicht...<
>Gott, seid ihr Memmen. „Daddy hat gesagt...“< Den letzten Teil quietschte er mit hoher Stimme. Ich schnaubte. >Ihr beide habt doch Eier oder?<
>Reese!<, zischte ich und beäugte ihn wütend. >Er ist 13.<, erinnerte ich ihn und schob Josh vor mich die Treppen hoch. >Hast du deine Hausaufgaben gemacht?<, fragte ich ihn.
>Ja. Und ja, ich habe Eier. Was ist eigentlich mit deinem Gesicht los?<
Ich schlug Josh mit der flachen Hand auf den Hinterkopf. >Hört jetzt auf darüber zu reden.<
Reese warf seine Jacke in meinem Zimmer ab und warf sich ins Bett. >Ich habe gegen Trolle gekämpft.<, rief er auf dem Weg dorthin.
>Haley.< Sie kam aus ihrem Kinderzimmer getapst und sprang direkt in meine Arme. >So, Kleine. Gib mir einen Kuss.< Sie drückte ihre Lippen an meine Wange. >Los, wir gehen ins Bad und dann putzt du dir die Zähne.< Alles lief gut, bis wir dann ans Bett gingen.
>Ich will nicht schlafen! Darf ich noch ein bisschen Fern gucken? Bitte.<, bettelte sie, schürzte ihre Unterlippe und sah mich aus großen Augen an.
>Nein, dass kannst du vergessen: Du gehst schlafen. Morgen ist Schule.< Widerwillig ließ sie sich von mir eindecken, versuchte aber weiter ihr Glück mit dem Dackelblick. >Vergiss es. Wenn du älter bist, darfst du länger wach bleiben.<
Ihre Brauen sanken auf ihre Augen hinab. >Versprochen?<
Ich lächelte sie an und strich ihr das Haar aus dem Gesicht. >Versprochen. Schlaf jetzt.< Damit konnte sie sich zufrieden geben. Mit geschlossenen Augen kuschelte sie sich in ihre Kissen. >Gute Nacht.< Sie nickte, bevor ich aus dem Zimmer schlich und die Tür hinter mir schloss.
>Und? Pennt die Kleine?<, fragte mich Reese.
>Ja. Sie ist gerade...< Meine Worte verstummte, als ich Reese sah. Er trug nichts, bis auf seine Spider-Man-Schlüpfer und mampfte Chips. >Was machst du da? Zieh dich an, verdammt. Mein Bruder hängt hier doch irgendwo rum.<, zischte ich und knuffte ihn leicht in die Seite.
Er quiekte laut auf. >Arschloch! Er ist im Bett, du Hosenscheißer.< Ich sah mich im dunklen Flur um und tatsächlich, war mein Bruder weder zu hören, noch zu sehen. >Mann, ey.<
>Sorry.<, grinste ich.
>Und ich hab mich extra so schick für dich gemacht.< Er wies mit der Hand voll Chips auf seinen nackten Oberkörper und schob sie sich anschließend in den Mund. >Aber das kannst du jetzt vergessen.< Beleidigt drehte er sich von mir ab und stampfte in mein Zimmer.
Ich schlang meine Arme von hinten um seine Mitte herum und küsste ihn unter sein Ohr. >Es tut mir leid, Kätzchen.<
>Neeee.< Und „Schwups“ war er auf meinen Armen und die Chipspackung auf dem Boden. Reese lachte laut und schlang seinen Arm um meinen Nacken, während ich ihn zum Bett trug. >Lass mich runter. Du kriegst nichts.< Ich knabberte an seinem Ohrläppchen und warf ihn auf die Matratze. >Rick.<, warnte er mich, doch ich stürzte mich schon auf ihn und überfiel ihn mit meinen Lippen. Er legte seine Beine um meine Hüfte. Mit beiden Fäusten stützte ich mich auf je eine Seite seines Kopfes ab. Er strich mit seinen Lippen über mein Handgelenk und sah mich verführerisch an. >Was willst du jetzt machen?<, fragte er. Ich beugte mich zu ihm runter und küsste ihn hungrig. Seine süßen Lippen schmeckten wie immer fantastisch. Ich rutschte auf ihn herunter und liebkoste seinen Hals. Er stöhnte leise. >Ziehst du dich jetzt endlich... Gott verdammte... Josh!< Wir fuhren auseinander und da stand er.

Kapitel 12

Mit sperrweit offenem Mund und aufgerissenen Augen starrte er uns an. >Was tut ihr da? Warum...?< Er zeigte auf Reese. >Wieso...?< Seine Hand sank. >Was... was soll das?<
Mein Herz schlug plötzlich rasend schnell. Mir wurde heiß, als würden zwanzig Scheinwerfer auf der allerhöchsten Stufe auf mich scheinen.
War ja klar dass, das irgendwann passierte. Aber doch nicht jetzt! NICHT JETZT!
Ich fasste mir vollkommen überfordert an die Stirn. >Ich... ehm... das...<
>Mir steckt eine Limabohne im Hals und seine Hände sind zu groß, deshalb...<
>Reese!<, zischte ich und sah ihn fassungslos an.
Er schnaubte. >Ich wollte nur helfen. Besser als dein Gelabber.<, plagte er.
Ich rutschte vom Bett und sah meinen kleinen Bruder an.
Was sollte ich ihm sagen?
>Wir...<
>Ich hab es gewusst.<, hauchte Josh. Ich runzelte die Stirn. >Ihr seid... zusammen!<
>Sei ruhig, bevor dein Bruder sich noch in die Hose macht.< Ich nahm mein Kissen und schlug damit nach Reese' Kopf. >Ist doch so oder nicht?<
Ich sah mich wieder zu Josh um. >Du... kannst das Dad nicht erzählen, verstehst du? Du weißt, wie er ist. Ich muss das selber... irgendwie hinkriegen.<, erklärte ich.
Josh grinste breit. >Du bist... schwul? Was ist mit den ganzen Frauen, die...<
>Alles dreckige Huren!<, fluchte Reese.
>Nein.< Ich warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. >Da ist nur Reese. Sonst habe ich kein Interesse an... Kerlen.<
>Ich bin der einzig Wahre.<, tönte er hinter mir.
Ich verdrehte die Augen. Josh tat es mir nach. >Warum hast du mich angelogen?<, fragte Josh.
>Keine Ahnung. Das kam so plötzlich. Ich habe das echt nicht geplant.<
Reese lachte auf. >Nicht mal...<
>Halt`s Maul oder du kriegst Dresche.<, drohte ich. Er verstummte sofort.
Josh sah zwischen uns hin und her. >Schon in Ordnung. Ich finde das cool. Ihr beide seid wie Romeo und Julia.<
>Ich bin Romeo!<, rief Reese aus.
Ich blickte ihn erneut an. >Nein, bist du nicht.<
>Ich wollte eigentlich nur fragen, ob du das hier schon gelesen hast.< Er hielt ein Buch hoch, aber in seinen Augen sah ich ihn immer noch grübeln.
Er nickte. >Jo, hab ich.<
>Dann können wir darüber als nächstes reden. Ich habe es in weniger als einem Tag gelesen. Es ist wirklich...< Er wich mir aus.
>Verzeih mir, Kumpel, aber können wir das vielleicht auf morgen verschieben? Du hast uns da bei etwas unterbrochen.< Reese schwenkte mit der Hand zwischen uns beiden hin und her.
Josh wurde rot und nickte. >Ja, klar. Ehm... gute Nacht.< Er drehte sich um und verließ das Zimmer. >Rick, kann... ich mal kurz mit dir reden?<
Mit noch immer schlagendem Herzen folgte ihm in den Flur und schloss hinter mir die Tür. Sobald wir alleine waren nahm er mich in den Arm. Etwas überrascht erwiderte ich seine Umarmung. Fast hatte ich erwartet, er würde mir eine scheuern oder mich aus seinem Leben verbannen. Beides hätte mir das Herz gebrochen. >Was ist denn los?<
>Warum lügst du mich an? Was hast du gedacht, würde ich tun?< Ich zuckte mit einer Schulter und raufte sein Haar. >Du bist mein Bruder, Richard.< Er löste sich von mir und senkte betreten sein Haupt. >Brüder vertrauen sich. Ich habe dich doch auch nicht verpetzt, als du einfach abgehauen bist und zu dieser Party gegangen bist.<, murmelte er. Ich erinnerte mich. Die Party auf der ich das erste Mal Sex hatte.
>Darum geht es nicht. Das ist ein vollkommen anderes Kaliber.< Er nickte seufzend und wollte zu seinem Zimmer, da hielt ich ihn fest. >Aber du hast recht. Danke.< Ich nahm ihn wieder in den Arm. >Geh jetzt schlafen, ja? Gute Nacht.< Ich sah ihm nach, bis sich hinter ihm die Tür schloss, und ging dann zurück in mein Zimmer. Reese machte es sich gerade auf meinem Bett bequem. Meine Nerven lagen blank und noch immer schlug mein Herz laut und stark.
>Babe, komm her.< Er streckte seine Hand zu mir aus und zog mich heran. Geschickt öffnete er meine Hose und ließ sie runter rutschen. >Raustreten.< Ich stieg aus der Hose und meinen Schuhen und legte mich zu Reese ins Bett. Er stieg über mich drüber und ließ sich auf mir fallen. >Er hat es echt gut aufgenommen, aber das habe ich mir schon so gedacht.< Ich fasste an seinen Oberschenkel und zog es an bis an meine Hüfte. Seine Arme legten sich um meinen Körper.
>Ja, hat er.<
>Willst du... irgendwie darüber reden oder so?<
Ich gluckste. >Ach was. Ist schon gut. Schlaf jetzt.< Ich drückte meine Lippen an seine Stirn.
Reese schloss seine Augen. >Dein Herz schlägt wie verrückt.<, nuschelte er.
>Ja.< Ich atmete durch.
Er sah zu mir auf und rutschte etwas zu mir vor. >Kuss.<, verlangte er. Ich hob meinen Kopf an und küsste ihn. >Und jetzt komm runter. Josh ist ein schlauer Kerl. Er weiß, worum es hier geht.< Er ließ sich wieder auf mir nieder. >Und... so schlimm... wäre es doch nicht oder?< Ich runzelte die Stirn. >Wir könnten... uns dann auch außerhalb des Zimmers... küssen. Du weißt schon.<
>Ja, und du könntest meine Leiche hinten im Garten verscharren und meinem Vater dabei zusehen, wie er verhaftet wird.< Ich lachte. Reese schwieg. >Oder?<
Er nickte. >Gute Nacht, Loverboy.<
Ich fuhr ihm durchs Haar. >Schlaf gut.< Er nickte wenige Minuten später ein. Ich aber blieb noch lange wach und dachte nach. Josh wusste Bescheid. Mein kleiner Bruder wusste, dass ich eine Beziehung hatte mit einem Mann. Es war surreal. Gerade zu erschreckend. Beinahe fürchtete ich, er telefonierte gerade mit meinem Vater. Traurig, wie sehr ich mich davor sträubte, ihm zu sagen, was Sache war. Doch Josh brachte mich zum Nachdenken.
„Brüder vertrauen sich.“
Sollte ich dann nicht auch meinem Vater vertrauen? Aber er war eine vollkommen andere Person. Er war konservativ, stur und unbelehrbar. Wie würde er reagieren auf meine schwule Beziehung? Auf meine „schwule“ Beziehung. Wie sich das schon anhörte. Vollkommen lächerlich, das abzugrenzen.

Ich bekam einen dicken Kuss auf mein Auge gedrückt. Lächelnd umarmte ich Reese und drückte ihn an mich. >Na, gut geschlafen?<, fragte er mit seinen Lippen an meinem Ohr und küsste mich noch einmal auf meine Wange.
>Mhm...< Ich spürte die Hitze unter seiner weichen Haut. Strich vorsichtig mit meinen Fingern über seinen schmalen Rücken. Das Klopfen an der Tür riss mich aus meinem Halbschlaf.
>Richard, komm raus. Ich habe deine gestrige Abwesenheit in der Schule nicht vergessen.<
Seufzend warf ich meinen Kopf in die Kissen. >Ja, gleich.<, brüllte ich zurück.
>Nein, jetzt. Sofort! 60 Sekunden und du bist in meinem Büro. Keine Sekunde später, ist das klar?!< Er wartete meine Antwort noch nicht einmal ab, sondern rumpelte die Treppen hinab und schlug die Bürotür lautstark zu.
Reese setzte sich auf meine Hüften. >So ein Scheiß. Dein Alter muss sich schleunigst abregen. Kann ja nicht angehen, dass du antanzen musst, wann immer er nach dir ruft.<, beschwerte er sich.
>So ist es aber, Kätzchen. Jetzt steig ab.< Er schüttelte den Kopf. >Reese, sei brav.< Genervt rutschte er von mir runter. >Ich bin gleich wieder zurück. Bleib hier und sei leise.< Er nickte. Ich warf mein Oberteil ab und stieg in Jogginghosen. Aus meinem Schrank nahm ich ein neues T-Shirt und ging runter.
>Guten morgen, Ricky.< Mum kam mir im Wohnzimmer entgegen und nahm mich in den Arm. >Du warst gestern nicht in der Schule?<, fragte sie und nahm mir einen Fussel aus dem Haar.
Ich nickte, ließ das typische Prozedere von Haare glatt streichen und Kleidung richten über mich ergehen. >Ja,... Gestern war irgendwie...<
>Du brauchst mir das nicht zu erzählen. Ich bin nicht der Feind.<
>Mein Vater ist also mein Feind.<
Lächelnd hakte sie sich bei mir ein und lief mit mir zum Arbeitszimmer meines Vaters. >Nein, natürlich nicht, aber... Du weißt ja, wie er ist. Ich habe mit ihm geredet, er wird nicht allzu hart sein.< Ich schnaubte. >Du hättest einfach in die Schule gehen sollen.<
>Als hätte dass ihn ganz plötzlich in einen netteren Menschen verwandelt.<, murmelte ich.
Sie schubste mich leicht. >Dein Vater ist ein guter Mann. Er ist nur strenger, als andere: Und das auch nur zu deinem Besten. Zu eurem Besten.< Sie klopfte mir auf die Schulter und öffnete die Tür zum Büro.
Dad stand hinter seinem Schreibtisch, mit den Händen hinter seinem Rücken verschränkt. Ich setzte mich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch. >Dad, das gestern. Es tut mir leid, in Ordnung? Aber so etwas kommt halt einfach mal vor. Und so schlimm ist es auch wieder nicht, wenn ich einen Tag lang mal fehle.<, begann ich. >Ich meine,...<
>Halt deinen Mund!< Ich schwieg und sah zu Boden. Eine alte Gewohnheit. >Ich habe von Anfang an gewusst, dass diese Begegnung mit diesem Haufen Scheiße dir irgendwelche Flausen in den Kopf setzen wird. Es war mir sofort klar.< Mein Vater fluchte sonst nie. Nie.
>Er ist kein...<
>HALT DEINEN MUND!< Seine Stimme dröhnte in meinen Ohren. Er war wahrscheinlich durchs ganze Haus zu hören. >Diese Witzfigur hat vielleicht dir einen Streich gespielt, genauso wie deiner Mutter und deinen Geschwistern, aber ich weiß, welches Teufelswerk dieses Gesindel verursacht. Sie sind Sünder. Dreckige, miese Sünder. Und deren Ziel ist es einzig und alleine die Gläubigen ebenfalls zu Sündern zu machen. Aber das, mein Sohn, werde ich nicht zulassen.<
>Ich bin alt genug,...<
>Ich habe dir nicht erlaubt zu sprechen, nicht wahr?< Ich atmete tief durch und wandte meinen Blick von ihm ab. >Diese Mistgeburt ist nicht mehr, als eine Hürde. Eine Hürde, die wir überbrücken müssen, um unseren Herren huldigen zu können. Verstehst du das?< Er stand nun vor mir, beugte sich vor und sah mir in die Augen. Ich wollte mich erneut abwenden, doch er hielt mein Kinn gefangen und drehte es zu sich. >Du willst mir doch nicht etwa sagen, dass du den lieben Gott  verleugnest.<
>Nein, natürlich nicht.<
>Dann will ich,...<
>Ricky! Wo ist Reese?<, rief Haley von draußen. Ich hielt inne. >Ist er zu Barko?<
Die Augen meines Vaters wurden riesengroß. Er schnappte nach Luft und stellte sich auf. >Er war hier?!<, rief er aus.
Ich fuhr mir durchs Haar. >Ja, aber...<
>Nein. Du hast dich mir widersetzt. Deinem Vater. Für diesen Abschaum.<
Ich schüttelte den Kopf. >Er tut doch nichts!<, bestärkte ich.
>Ich erkenne dich nicht wieder. Ich verstehe nicht, was mit deinem Kopf los ist?< Er stieß mit der Rückseite seiner Hand gegen meine Stirn, sodass ich auf die Rückenlehne zurückfiel. >Was ist es, dass er gegen dich in der Hand hat, dass du dich nicht von ihm trennen willst? Du hast Freunde. Bessere, ansehnlichere und von mir akzeptierte. Was ist das für ein Fluch, der auf dir liegt? Was ist das für ein schrecklicher...?<
>Ich werde nicht aufhören, mit ihm befreundet zu sein, Dad. Das ist allein meine Entscheidung und ich werde...<
>Du wirst nichts, hast du das verstanden?< Sein Stimme erhob sich erneut. >Du wirst rein gar nichts tun. Dieser Junge wird meine Familie nicht zerstören. Und du wirst auf mich hören!<  Ich schüttelte den Kopf. >Was?!<
>Nein. Dieses Mal nicht, Dad. Es geht einfach nicht.<
Er packte mich am Kragen meines T-Shirts und hob seine Faust an. Ich sprang auf und blickte ihn mit selber Wut an. >Was?< Ein herablassendes Lächeln erschien auf seinen Lippen. >Drohst du mir etwa?< Er lachte leise. >Willst du deinen Vater schlagen?<
Ich verneinte wieder. >Ich bin kein Kind mehr. Du kannst mich nicht mehr schlagen.<
>Das kann ich also nicht mehr?< Tadel lag in seinen Worten.
>Du bist nicht mehr der stärkste Mann hier.<
Er sah mich aus zornigen Schlitzen an und lockerte den Griff an meinem Kragen. >Geh mir aus den Augen.< Er drehte sich von mir weg und stellte sich hinter seinen Schreibtisch. Mit einem letzten Blick in seine Richtung ging ich aus dem Büro.
Mum kam mir sofort entgegen und umfing mein Gesicht mit ihren Händen. Ich konnte sehen, wie sie mich nach Verletzungen absuchte. Als sie nichts sah, lächelte sie erleichtert. >Ich habe dir Frühstück gemacht.<
>Danke, aber... ich hab keinen Hunger.< Ich lief an ihr vorbei die Treppen hoch in mein Zimmer. Reese war tatsächlich weg. Auf einem Zettel an meinem Computerbildschirm klebend stand „Wir sehen uns in der Schule.“. Ich nahm den Zettel ab und ging schnell duschen.

Gerade noch rechtzeitig kam ich ins Klassenzimmer gestürzt und setzte mich neben Ben an meinen Platz. >Wo warst du gestern? Oh, lass mich raten. Reese.<
>Hast du deine Tage?<, erwiderte ich genervt.
>Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, ihr beiden habt was miteinander.<, schnaubte er und schlug auf Anweisung des Lehrers hin sein Buch.
>Wenn du es besser wüsstest...<, murmelte ich. Er beäugte mich argwöhnisch. Da wurde mir klar, was ich gerade gesagt hatte. Räuspernd zeigte ich zur Tafel. >Schau nicht mich an. Guck nach vorne.<
Reese stieß in der Mittagspause zu uns. >Dein Alter war ja mal richtig schlecht drauf.< Ich saß mit Ben und den anderen in der Cafeteria. Reese warf sich neben mich auf die Bank. Die anderen beäugten ihn missbilligend. >Oh, Pommes!< Er nahm sich von einem meiner Team-Kameraden was vom Teller und kaute eifrig und schmatzend. Ich musste lachen, doch die anderen fanden das weniger lustig und gingen fluchend vom Tisch ab. Sobald sie weg waren rutschte er an mich heran. >Krass, was für einen Stress der geschoben hat.<
>Hast du ihn gehört?<
Er nickte. >Die ganze Straße hat ihn gehört, Babe.< Er verschränkte unter sich die Arme. >Tut mir leid. Ich hätte echt nicht kommen sollen.<
Beschwichtigend klopfte ich ihm auf die Schulter. >Ach was. Ist nicht so schlimm.<
>Ich hab heute noch keine geraucht.<, murmelte er.
Ich grinste ihn an. >Gut.<
>Mir ist jetzt aber schlecht und ich hab Kopfschmerzen.< Ich schnaubte. >Und ich bin scharf auf meinen Freund.<
>Ach?<
Er nickte verschlagen, sah aber dann auf zu meinen Freunden aus dem Basketball-Team. >Wow. Die hassen mich echt. Sieh mal.< Ich folgte seinem Blick. Sie blickten Reese wütend an und sprachen miteinander. Es war lächerlich.
>Irgendwann werden die sich schon zusammenreißen.<
Reese schüttelte den Kopf. >Nein, Mann. Ich kenne so was. Mit solchen Leuten habe ich mich schon geprügelt.< Ich verdrehte die Augen. >Ernsthaft. Da kommt noch was.<
Nach der Schule musste ich erst trainieren und dann arbeiten. Ich kam erst spät am Abend wieder zurück.
Der nächste Tag verlief ähnlich. Doch nach der Arbeit fuhr ich mit dem Wagen zu Reese. Barko bellte und sprang glücklich um mich herum, als ich ins Haus trat.
>Hey, Hübscher.<, begrüßte mich Sandra aus dem Wohnzimmer. Sie saß dort verschmust mit ihrem Freund unter einer Decke.
Ich strich Barko kräftig durch das dicke Fell und lächelte den beiden zu. >Hi. Ist er oben?< Sie nickte. >Viel Spaß noch.< Mit Barko zusammen joggte ich die Treppen hoch ins Zimmer von Reese und öffnete die Tür. >Hey, Kätzchen.<
Er hatte seinen Laptop auf einem Stuhl abgestellt und saß kopfüber auf dem Bett. Auf dem Bildschirm leuchtete ein Hellboy-Film. >Hi, Baby.< Barko legte sich neben sein Herrchen auf das Bett. Ich folgte seinem Beispiel. Seine Hand fand mein Haar und kraulte es monoton. >Ich liebe Hellboy. Er bekommt viel zu wenig Aufmerksamkeit.< Seufzend schloss ich meine Augen. Ich liebte solche Augenblicke. Wenn wir einfach in Ruhe dalagen, er mich streichelte und es keinen Stress gab. Wenn ich seinen Duft um mich herum hatte, seine Wärme an meinem Körper spürte und wusste, dass ich ihn küssen konnte, wenn ich wollte. Ich drehte mich auf den Bauch und schob Reese' Oberteil hoch, bis an seine Brust. Zärtlich ließ ich meine Lippen über seinen Nabel fahren. Gänsehaut bildete sich. >Richard, ich will den Film sehen.< Ich biss in sein bebendes Fleisch, was ihn zum Aufkeuchen brachte. >Rick.<, krächzte er atemlos.
>Ich möchte nur,...< Ich fuhr mit meiner Zunge über seine Haut bis zu seinem Hosenbund. Bevor es aber interessant werden konnte, setzte ich mich auf und lehnte mich gegen die Wand.
Entsetzt hob Reese seinen Kopf an. >Warum hörst du auf?<, fragte er.
Ich zuckte mit einer Schulter. >Wie es scheint, ist Hellboy dir wichtiger als ich.<
Er grinste mich an. >Arsch.<, brummte er und beugte sich zum Laptop vor. Ich kniff ihn in den Hintern. Lachend schlug er meine Hand weg. >Barko, vom Bett runter.< Der Bernhardiner kam schwerfällig auf den Boden. Reese legte seine Hände auf meine beiden Schultern und drückte mich auf das Bett hinab. Er küsste mich. >Hellboy ist ziemlich cool, aber... man gibt sich zufrieden,  mit...<
Ich hob warnend den Finger. >Pass auf, was du sagst.<
Er küsste mich wieder und setzte sich auf meinen Schoss. >Halt den Mund, Banana Joe Loverboy.< Ich schmunzelte und schloss meine Augen, gerade als seine Lippen wieder meine fanden und er über meine Wange strich.
So lief es die nächsten Tage fast durchgehend ab. Schule, Training, Jobben, Reese, Hausaufgaben. Josh verhielt sich Gott sei Dank normal mir gegenüber. Es war, als wäre nichts gewesen. Nur das, wenn ich sagte, ich würde zu Reese gehen, er ein hinterhältiges Lächeln aufsetzte. Ich war wirklich froh darüber, dass sich zwischen uns nichts geändert hatte. Es gab mir... Hoffnung.
Am Wochenende dann bekam ich endlich frei. Reese hatte mir gesagt, ich solle schon mal vor zu ihm nachhause gehen.
Mit dem Auto fuhr ich bei ihm vor und stieg aus. Sandra und Tim aßen gerade zu Abend. >Hübscher, willst du was essen?<
Ich legte meine Tasche auf dem Boden ab und verzog das Gesicht. >Ich bin mir nicht sicher, ob ich diese romantische Stimmung aushalte.<
>Ha. Ha. Sehr witzig. Komm her.< Ich gesellte mich also zu ihnen in`s Esszimmer und bekam einen Teller. >Hast du eine Ahnung, wo der Grashalm ist?<, fragte sie mich. Schulterzuckend setzte ich mich an den Tisch und nickte Tim zu. Sandra brachte mir noch ein Glas Wasser, bevor sie sich auch setzte. >Egal. Jede Minute, die der Hund draußen verbringt, ist eine Minute weniger, die er mir hier das Haus voll scheißt.<
>Ach, so schlimm ist er nicht.<
Sie schnaubte. >Ich liebe den Hund, aber niemand kann mir die Zeit zurückgeben, die ich beim Scheiße aufsammeln vergeudet habe, bevor wir ihn stubenrein kriegten.<
Ich begann zu essen. >Das Gleiche gilt für meine Mutter.<
Tim lachte laut auf. >Tatsache.<
>Ihr seid widerlich.< Er zwickte ihr leicht in die Seite. Kichernd ließ sie sich in seine Arme ziehen.
>Ihr seid so niedlich. Es ist eklig.< Sandra schlug mich leicht auf den Hinterkopf. >Mein' ja nur.<
Wir aßen lange und ausgedehnt. Ließen uns Zeit und machten uns anschließend gemeinsam an den Abwasch. Die Zeiger an der Uhr über dem Esstisch drehten sich immer weiter, aber Reese kam nicht. Sandra beruhigte mich und meinte, Reese wäre mit dem Skatebord unterwegs, da vergesse er manchmal die Zeit.
>Er war wieder moshen oder?<
Ich nickte. >Aber volles Rohr. Überall hat er geblutet.<
Sandra schnalzte mit der Zunge. >Ich kenne das. Früher war ich auch auf diesem Punk-Trip.< Tim fuhr etwas zurück. >Ja, wirklich. Am Knie hab ich eine Narbe vom Moshen. Das war übel. Aber Reese kommt oft nachhause und hat blaue Auge und alles. Und natürlich ist er high. So, dass er lacht und grinst und aus allen Löchern das Blut schießt.< Sie lachte kopfschüttelnd. >Oh, mein Baby-Bruder.< Ich sah auf die Uhr auf meinem Handy. Es war mittlerweile 23Uhr. >Er kommt schon noch, Rick.< Wenig überzeugt nickte ich und hielt inne für weitere ein und halb Stunden. Da wuchs dann auch bei Sandra die Sorge.
Ich fuhr mir durchs Haar und stellte mich vor die Haustür, doch es war niemand zu sehen. >Er meinte, er würde etwas später kommen.<
>Ruf ihn an. Nur damit wir wissen, wo er ist.<
Ich zog mein Handy aus meiner Hintertasche und tippte Reese' Handynummer ein. Er ging nicht ran. Ich wartete 2 Minuten ab, legte auf und ging dann rein zu Sandra. >Nichts.<
Sie fluchte leise. >Dieser Trottel. Wetten der besäuft sich wieder und der arme Hund muss das alles mitmachen.<, klagte sie und nahm nun ihr Handy hervor. Doch auch bei ihr reagierte er nicht. >Ach, lassen wir ihn einfach seinen Scheiß machen, der kommt dann schon nachhause.< Sie seufzte frustriert. >Dieser Junge.< Sie stampfte die Treppen hoch.
Noch einmal versuchte ich es auf seinem Handy. Es klingelte erneut. Ich zählte gedanklich mit. Eins. Zwei. Drei. Vier...
Es wurde laut geatmet.
>Reese?<
Ich hörte wie die Schritte im oberen Geschoss verklangen und dann schneller wurden. Sandra tauchte am Treppenabsatz auf.
Reese keuchte weiter laut auf der anderen Seite. Ich hörte ihn die Nase hochziehen. >Rick?< Seine Stimme brach. >Diese Schweine...<
Weinte er?
>Reese, was ist los? Wo bist du?<
Ich hörte jemanden wimmern. Es war nicht Reese. Es hörte sich nicht menschlich an.
>Barky, pscht. Alles gut.< Er schluchzte leise.
Sandra stieg die Treppen zu mir runter und sah mich argwöhnisch an. >Was ist los?<
Ich zuckte mit den Schultern. >Wo bist du, Reese?<
>Rick, diese Wichser haben Barko getötet.<

Kapitel 13

Er heulte auf.
Für eine kurze Sekunde erstarrte ich. Barko, tot? Wie zum Teufel konnte das passieren? >Wo bist du?<, fragte ich noch einmal und mit aller Festigkeit in der Stimme.
Ich legte auf, sobald er mir gesagt hatte, wo er war und stürmte raus zu meinem Wagen. Sandra und Tim dicht folgend. >Wo ist er?<
>Am Skateplatz.<
Wir stiegen in mein Auto und fuhren sofort los. Ich übertrat alle Geschwindigkeitsgrenzen und raste so schnell ich konnte durch die dunklen Straßen.
>Barko ist tot? Was soll das heißen? Und Reese? Geht es ihm gut?<, fragte Sandra besorgt. Sie sah fassungslos von Seite zu Seite.
>Ich weiß es nicht. Keine Ahnung. Er hat geweint und nur gemeint, dass irgendwelche Typen ihn getötet haben. Keine Ahnung. Ich weiß echt nicht...< Ich raufte mir das Haar und erhöhte das Tempo. In meiner Kehle bildete sich ein Kloß. In diesem kurzen Anruf schien alles zusammengebrochen zu sein. Was war passiert?
Sandra schüttelte vor sich ihre Hände. >Oh Gott. Wenn ihm was passiert ist... Irgendwas...<
Ich fuhr auf den Platz, hielt ruckartig an und stieg hastig aus. Rannte auf den dunklen Haufen zu, der vor der Pipe auf dem Boden lag und ging vor ihm in die Hocke. >Reese?< Er weinte und wimmerte und wiegte einen riesigen nassen Klumpen Fell in seinen Armen.
Sandra packte Reese' Kopf an beiden Seiten und riss ihn zu sich hoch. >Oh Gott.<, schluchzte sie, strich über sein Gesicht und begann zu weinen. >Was ist passiert? Was ist passiert?<  Ich sah im dunklen Licht kaum was. Vorsichtig legte ich meine Hand an seine Stirn und schob sie zurück. Fassungslos fiel ich auf meine Fersen zurück.
Ich hatte Prügeleien miterlebt. Hatte gesehen, wie die Leute danach aussahen. Reese war nach dem Festival genauso zugerichtet gewesen, aber das jetzt... Sein Gesicht war nicht wieder zuerkennen. Das rechte Auge so angeschwollen, dass er es nicht öffnen konnte. Blut, dass durch sein Haar auf seine Stirn sickerte, dass aus seinen Nasenlöchern troff und teilweise sogar aus seinem Mund. Ich sah auf seine Arme nieder. Barko lag bewegungslos in ihnen. Jedoch konnte ich sehen, dass sein Brustkorb sich noch bewegte. Nur ganz leicht und langsam. Gleichzeitig aber tropfte aus seinem Maul eine dunkle Flüssigkeit. Blut. In seinem Fell waren dunkle, rote Flecken überall auf seinem Körper verteilt.
>Wir... müssen ins Krankenhaus. Jetzt. Sandra.< Ich packte sie an ihren Schultern. So fest, bis sie endlich mich ansah. >Wir müssen ins Krankenhaus.< Sie nickte benommen. >N-nimm Reese und ich... ich nehme Barko.< Sie legte ihre Arme um ihren Bruder, während ich das Gleiche mit Barko machte.
>Nein! Gib ihn mir zurück!<, schrie er laut, gerade als ich Barko hochgehoben hatte. >Gib ihn mir wieder!<
Sandra fuhr ihm durchs Haar. >Baby, wir müssen ins Krankenhaus und Barky auch.<
>Sie haben ihn einfach verprügelt.< Er fuhr mit seinem Handrücken über seine angeschwollene Nase. >Barko.<, bettelte er leise.
Ich drückte Barko an mich und hob ihn mit einem Ruck hoch. Reese zuckte bei dieser schnellen Bewegung zusammen. >Lass uns gehen, Kätzchen.< Tim gesellte sich zu ihr und stützte ihn mit ihr zusammen. Wir brachten sie beide zusammen ins Auto. Barko in den Kofferraum in eine Decke gewickelt und Reese auf der Hinterbank in den Armen von Sandra. Tim saß neben mir, während ich wie verrückt raste und zum Krankenhaus fuhr.
Sandra und Tim stiegen mit Reese aus. >Ich bringe Barko zum Tierarzt.< Sie nickten, waren beide aber viel zu sehr mit Reese beschäftigt, als das sie mir Aufmerksamkeit schenkten. Ich sah, wie Reese zusammenbrach und Ärzte aus dem Krankenhaus stürmten. Hörte wie Sandra und Tim laut sprachen. Ich wollte aussteigen und Reese zur Hilfe kommen, beruhigte mich aber mit dem Gedanken, dass Ärzte anwesend waren und fuhr wieder los.
>Was zum Teufel ist mit ihm passiert?<, fragte der Arzt, nachdem wir Barko auf einem Operationstisch abgelegt hatten.
>Ich weiß es nicht. Mein Freund und er waren spazieren und jetzt ist er im Krankenhaus und er...< Meine Gedanken spielten verrückt. Reese verschandeltes Gesicht, das ganze Blut. Das alles brach auf mich ein wie eine Lawine und jetzt Barko so leblos vor mir zu sehen und die Ärzte und die Schwestern, wie sie an ihm herum fuchtelten. Ich konnte mein Herz laut in meiner Brust schlagen hören.
>Sie müssen jetzt raus. Wir kümmern uns um Ihren Hund.< Eine Frau begleitete mich raus ins Wartezimmer. >Beruhigen Sie sich und warten Sie hier.< Ich nickte, sah ihr dabei zu, wie sie durch eine Tür verschwand und starrte einfach nur durch die Gegend.
Es war schlimmer. Reese' unverletztes Auge war aufgerissen gewesen und es schien fast so, als hätte er uns nicht wirklich gesehen. Er war verletzt gewesen. Schwer verletzt. Nicht wie beim Festival, nicht wie bei einer Prügelei, sondern wie, wenn er unter tretenden Füßen, schlagenden Fäusten und anderen Gegenständen ertrunken wäre. Jemand war dafür verantwortlich.
Die Stunden verschwommen zu einem einzigen schmutzigen Film. Der Tierarzt kam zu mir und erklärte mir, dass Barko über Nacht bleiben müsse. Ich ließ ihm meine, Sandras und ihre Festnetznummer da und bedankte mich. Ich stieg ins Auto und fuhr los. Es war mittlerweile 5Uhr morgens. Mein Körper lechzte nach Ruhe, während mein Kopf einen Marathon lief.
Was war passiert? Diese Frage schwirrte permanent um mich herum in der Luft.
Ich kam irgendwann im Krankenhaus an, fragte an der Rezeption nach Reese und bekam die Wegbeschreibung zum Wartezimmer, in dem Sandra und Tim waren. Sie saßen ratlos auf den Stühlen. Sandra hatte ihren Kopf in die Hände geworfen und murmelte etwas, woraufhin Tim seine Hand an ihren Rücken legte.
>Hey.< Sie sahen beide zu mir auf. Sandra stand auf und schlang ihre Arme um mich herum. Ihre Augen waren blutunterlaufen und rot umrändert. >Was ist mit ihm? Haben sie irgendwas gesagt?<, fragte ich sofort.
Sie schüttelte den Kopf, wischte sich Tränen aus dem Gesicht und hob die Arme. >Ich weiß nichts. Sie... Die haben ihn auf ein Bett gelegt und in einen Operationssaal gerollt. Ich warte hier schon so lange und niemand sagt mir was.< Ich schob sie wieder auf den Stuhl und ging vor ihr  in die Hocke.
Tim nahm ihre Hand in seine und drücke sie an sich. >Sie werden ihm bestimmt helfen. Schlaf ein bisschen, Schatz.< Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter und schloss die Augen. Ich setzte mich ein paar Minuten später neben sie auf den Stuhl.
Ich nickte ein. Bilder von Reese' Zustand ließen mich immer wieder aus dem unruhigen Schlaf schrecken, bis ich aufwachte und der Arzt vor uns stand. Draußen strahlte die Sonne und Leute saßen im Wartezimmer, die uns fragend anblickten. Sofort war ich wach und stand auf. Er blickte misstrauisch zwischen mir und Sandra hin und her. >Sie sind die Schwester?<, fragte er.
Sandra nickte. >Ja. Die beiden gehören zu mir. Wie geht es Reese?<
>Er ist mittlerweile stabil, aber noch nicht über den Berg.<, erklärte er. >Er wurde ziemlich hart durch die Mangel genommen und... ich kann Ihnen mit Sicherheit sagen, dass dies kein Einzeltäter war. Abgesehen von den vielen Blutergüssen, der gebrochenen Nase, der Platzwunde und den Schürfwunden, hat er eine angebrochene Rippe, einen ausgerenkten Kiefer, eine schwere Gehirnerschütterung und eine ausgekugelte Schulter.< Sandra bedeckte ihren Mund mit der Hand. >Er schläft jetzt. Er braucht seine Ruhe. Ich würde Ihnen raten, später am Tag nochmal zu kommen. Bis dahin ist er bestimmt wach und für Sie ansprechbar.<
>Danke. Vielen Dank. Kann ich ihn sehen? Nur kurz. Ich möchte nur...<
>In Ordnung, aber nur Sie.< Tim und ich warteten. Sandra blieb knappe 20 Minuten weg. Verdammt, ich wollte ihn sehen. Ich wollte ihn so sehr sehen, aber ich musste mich damit zufrieden geben und mit den anderen beiden nachhause fahren. Auf der Fahrt erzählte ich ihnen von Barko.

Ich legte mich in Reese' Bett und atmete laut durch. >Oh Gott.<, seufzte ich erschöpft.
„Lieber Gott, du weißt ich bete nicht allzu oft zu dir. Und du weißt warum, aber darum geht es nicht. Ich glaube nicht, dass du etwas gegen Schwule hast. Ich glaube, du willst, dass alle deine Kinder glücklich und sicher sind. Bitte, hilf Reese wieder gesund zu werden. Und auch Barko. Bitte, hilf ihnen beide. Bitte. Ich liebe sie. Amen.“
Kurz darauf schlief ich ein. Träumte nichts und fühlte mich selbst während ich schlief ausgelaugt.
Reese war so fertig gewesen. Wie er Barko gehalten hatte. Wie er geschrien hatte. Wie voller Sorge er gewesen war. Wie er geblutet hatte.

>Rick, wir fahren ins Krankenhaus. Kommst du?<
Ich schreckte aus dem Bett und rieb mir die Augen. >Ja, ich komme mit.< Wir stiegen in ihr Auto und sie fuhr los. >Hat jemand angerufen?<
>Ja, er ist wach und hat nach Barko gefragt.< Sie lachte hämisch auf. >Dieser Volltrottel wacht im Krankenhaus auf und will seinen blöden Hund sehen.<
>Wenigstens kann er nach etwas fragen.<, brummte ich und fuhr mir durchs Haar. >Ich...< Ich atmete lang durch. >... muss wissen, wer das getan hat.<
Sie sah mich über den Rückspiegel an. >Wir sollten uns nicht zu sehr darauf festsetzen.<, murmelte sie, doch in ihren Augen konnte ich sehen, wie wütend sie selber war.
Wir parkten vor dem Krankenhaus, gingen durch den Eingang. Sandra wusste schon, wo das Zimmer war und führte uns hin. Sie schob die Tür auf und trat ins Zimmer. Sie hatte eine Tasche gepackt, während ich geschlafen hatte, und trug sie nun mit rein.
Reese warf gerade die Fernbedienung durch den Raum und fluchte laut. Als er uns sah, setzte er sich ruckartig auf. >Wo ist Barko?<
Sandra verdrehte die Augen und stellte die Tasche an das Bett zu seinen Füßen ab. >Er ist im Tierheim, aber wie wäre es, wenn du dich mal selber ansiehst. Du bist nicht in der besten...<
>Geht es ihm gut? Er wird doch noch laufen können oder?<
Sie zuckte mit den Schultern und ließ sich in den Stuhl fallen, der neben dem Bett stand. >Ich weiß es nicht. Die werden uns anrufen. Wie geht es dir?<
>Gut, hier läuft aber leider nur Scheiße im Fernsehen.< Er zog die Decke höher und gähnte.
>Wer war das?<, fragte sie ihn als nächstes. Er zuckte mit einer Schulter. >Lüg mich nicht an. Du brauchst keine Angst zu haben...<
Reese schnaubte. >Angst? Die Schweine haben meinen Hund verprügelt. Ich kümmere mich selber um die.<, brummte er und sank tiefer in die Kissen.
Ich setzte mich auf die andere Seite des Bettes und fuhr mir durchs Haar. >Wir wollen doch nur wissen...<
>Ihr braucht gar nichts zu wissen. Es gibt da nichts zu wissen.<, blockte er ab. Seine Verletzungen wirkten im sterilen Licht des Krankenhauses noch schlimmer, als heute morgen. Er trug kein Oberteil, weshalb man die ganzen Bandagen gut sehen konnte. Genauso wie die purpurnen Flecken überall auf seinem Körper.
>Aber ich will...<
>Ja, und ich will deinen Macker nicht hier haben.<
Sie schüttelte den Kopf und lehnte sich mit dem Rücken gegen den Stuhl. >Das ist nicht dein Ernst. Du hast dich...<
>Ich bin an ein paar Idioten geraten und du lässt deiner monatlichen Frustration freien Lauf. Das ist nicht dein Ernst, Schwester.<
>Reese, sie hat sich die ganze Zeit Sorgen um dich gemacht.<, beschwichtigte ich.
Er sah mich an. >Das ist schön für sie. Sie hätte aber nicht ihren Stecher mitbringen müssen.< Er gähnte erneut.
Sandra betrachtete ihn aufgebracht und stand auf. >Schatz, wir können ja Kaffee trinken gehen, wenn mein kleiner Bruder keine Lust auf uns hat.< Sie nickte zur Tür, woraufhin Tim und sie aus dem Zimmer gingen.
>Reese,...<
>Komm mir nicht mit dem Scheiß, in Ordnung?<
>Ich meine nur, dass du jetzt hier im Krankenhaus bist und Zeit brauchst. Und ich möchte doch nur wissen, wer das gewesen ist. Du musst es mir sagen.< Ich strich mit meiner Hand über sein Gesicht. >Ich hab 'ne Scheiß Panik bekommen.<, murmelte ich.
Er legte seine Finger an meine. >Halb so schlimm.<
>Ist es nicht. Sag mir, wer das war.<
>Alter, nur weil du mich fickst, heißt das nicht, dass ich ein Schlappschwanz bin.< Ich drehte mich seufzend von ihm weg. >Verstanden?< Widerwillig nickte ich. >Gut. Was ist mit Barko? Was hat der Arzt gesagt?<, fragte er nun.
>Ich weiß es nicht. Sie haben ihn direkt operiert und mich nachhause geschickt.<
Er setzte sich auf und lehnte seine Stirn an meine Schulter. >Er hat nur versucht mir zu helfen und diese Arschlöcher haben ihn verprügelt.<, erinnerte er sich. >Wenn ich diese Schweine kriege, mach ich sie fertig.<
Ich verschränkte meine Finger mit seinen. >Reese, so läuft das nicht.<
>So läuft das sehr wohl.< Er drückte meine Hand an seine Brust. >Danke, dass du hier bist und mir geholfen hast.< Ich küsste ihn auf die Stirn. >Weißt du, Sandy hat recht. Du bist der beste Freund, den ich je hatte.< Ich gluckste. >Du bist echt ein netter Kerl.< Ich fuhr mit meiner Hand in sein Haar. >Ich bin froh, dass ich dich habe.<
Ich liebe dich.
>Egal, was wer auch immer sagt. Ich... geb dich nicht her.< Meine Mundwinkel zuckten bei seinem trotzigen Unterton. >Das ist doch in Ordnung oder?< Ich nickte und küsste ihn vorsichtig. >Super duper.<
Ich blieb den ganzen Tag bei Reese im Krankenhaus und kam auch am nächsten Tag wieder zu ihm. Bis Montag schlief ich in seinem Zimmer. Sandra regte sich Zuhause immer mehr über ihn auf. Tim ließ die Schimpftiraden nur so über sich ergehen. Ich fragte mich die ganze Zeit nur, wer zum Teufel ihm das angetan hatte. Ich war so wütend auf diese anonyme Gruppe. So unbändig wütend.

Leider konnte ich am Montag nicht zu ihm, stattdessen fuhr ich in die Schule. Müde, gereizt und noch immer besorgt trat ich in den Schulflur. Ben kam mir entgegen. >Hey, ehm.... gibt`s was neues?<, fragte er zurückhaltend.
>Was soll`s geben?<
>Ich weiß nicht. Frag ja nur.< Er ging mit mir weiter den Flur entlang.
Ich raufte mir das Haar und sah zu Ben rüber. >Reese ist im Krankenhaus.< Bens Augen weiteten sich. Er fluchte leise und wandte sein Gesicht ab. >Und Barko ist auch beim Arzt. Er muss noch durch eine Operation. Irgendeine Sehne gerissen. Irgendwas gebrochen. Ich hab keine Ahnung.< Ben blieb stehen. Ich sah mich fragend zu ihm um. >Was ist los?<
>Ich... Alter, hätte ich das gewusst.<
>Was?< Eine Vorahnung stieg in mir auf.
Er begrüßte einen Team-Kameraden, ich ignorierte ihn. >Hätte ich das gewusst,... wäre ich vorbeigekommen.< Er versuchte an mir vorbei ins Klassenzimmer zu gelangen, ich hielt ihn aber davon ab.
>Was soll der Scheiß?< Er wich meinem Blick aus. >Wenn du was weißt...<
>Rick, komm mal runter. Ich bin kein Unmensch. Ich kann Reese nicht leiden, aber... so etwas wünsche ich ihm ganz sicher nicht.< Ich beäugte ihn misstrauisch, nickte und trat mit ihm zusammen ins Klassenzimmer.
Bens seltsames Verhalten hielt an. Er achtete kaum auf den Unterricht. Stattdessen knirschte er mit den Zähnen und zupfte Stückchen von seinem Radiergummi ab. Beides Anzeichen für sein unruhiges Gemüt. Ich fragte noch mehrere Male, was los war, aber er blockte ab und ich versank wieder in meinen Gedanken um Reese. Gleichzeitig fiel mir auch das Verhalten der anderen aus meinem Team aus. Ich spürte ihre Blicke immer wieder auf mir liegen.
>Ben, bleib stehen.< Ich hielt ihn in der Umkleide an der Schulter fest. Widerwillig drehte er sich zu mir um. Draußen hörten wir schon die anderen trainieren. >Was ist los? Du bist komisch. Und erzähl mir jetzt keinen Scheiß.< Er zuckte mit den Schultern und ich stieß ihn aufgebracht an.
Seufzend ließ er sich auf die Bank fallen. >Alter, ich hatte echt... Nie hätte ich gedacht, dass die das wirklich durchziehen.<
>Was denn? Wer?<
Er sah zu mir auf Entschuldigung lag auf seinen Zügen. >Die Jungs haben Scherze gemacht, als er mit diesen Narben in die Schule gekommen ist. Sie haben gelacht. Wie witzig es wäre, wenn ihn jemand mal richtig vermöbelt. Ich hätte doch nie gedacht, dass diese Idioten sich den wirklich schnappen. Und dann auch noch die alle gegen ihn.<
Ich sah auf ihn hinab. >Was... ?< Meine Wut war nicht in Worte  zu fassen.
Er stand wieder auf und hob beschwichtigend die Hände. >Die haben mich vorgestern angerufen und mir erzählt, wie die sich ihn vorgenommen haben. Ich dachte, sie machen Witze, aber...<
Mein Kiefer schmerzte von dem Druck meiner Zähne. Ich atmete durch die Nase. >Willst du mir sagen,... dass mein Team, meine Freunde, Reese und Bark so zugerichtet haben?< Er nickte unmerklich. Schlagartig packte ich ihn am Kragen und stieß ihn fest gegen die metallenen Schranktüren. Es krachte laut und Ben fluchte leise. Er fasste sich an den Hinterkopf und versuchte mich von sich zu drücken. >Warum? Warum habt ihr das getan?<, fragte ich zornig.
>Nein, ich habe nichts getan. Ich schwöre. Sie haben einfach...<
>Sie haben nicht einfach. Er ist im Krankenhaus und der Hund hat kaum noch geatmet, verdammt.< Ich ließ von ihm ab, trat gegen die Bank und rieb mir das Kinn.
Ben seufzte laut. >Ok, ich verstehe, dass war nicht in Ordnung. Verstehe ich. Es war nicht richtig. Das ist klar, aber... warum ist er dir so wichtig?< Ich schüttelte den Kopf. >Rick. Ganz plötzlich war er da und dann überall. Du redest nur noch von ihm und das, weil er die ganze Zeit bei dir ist. Ich verstehe das nicht. Erklär mir, was das zwischen euch ist.<, verlangte er.
>Was soll ich denn machen? Einfach darauf scheißen, was ihr mit ihm angestellt habt?<
>Ich habe nichts getan... Erpresst er dich?<, fragte er plötzlich. >Sag schon. Hat er irgendetwas gegen dich in der Hand? Zwingt er dich zu irgendwas?<
>Nein, natürlich nicht.<
>Was dann? Warum ist er auf einmal so unglaublich wichtig, Richard?< Seine Stimme erhob sich.
>Es geht dich nichts an.<
>Es geht mich... Wenn es mich nichts angeht, wen dann?<
>Niemanden. Und darum geht es nicht. Ihr verschissenen Schweine seit ihm aufgelauert und habt ihn grundlos verprügelt.<
Er grinste. >Vollkommen grundlos war es bestimmt nicht.<
Ich schlug direkt neben seinem Kopf gegen den Schrank. Er zuckte erschrocken zusammen. >Das war nicht richtig. Das war nicht in Ordnung. Ihr...<
>Was stimmt mit dir nicht? Was ist das mit euch? Du hast vor ihm nie mit irgendwem wie ihm rumgehangen. Warum jetzt auf einmal? Das hat doch keinen Sinn!<, rief er laut aus.
Ich blickte ihn schweigend an. >Ich habe mich verliebt.<, murmelte ich und bereute die Worte sofort. Scheiße. Ich packte mein Handtuch und ging an ihm vorbei.
>Was hast du gesagt?< Er griff nach meinem Arm und zog mich zurück. >Was hast du gesagt?<, wiederholte er.
>Nichts. Ich geh jetzt.<
Sein Griff wurde fester. >Du hast gesagt, dass du... dich verliebt hast? Was soll das heißen?<
Mein Herz klopfte laut und nervös entriss ich ihm meinen Arm. >Genau so, wie ich es gesagt habe.< Ich trat mit festen Schritten aus dem Raum.
Die nächste Spielstunde lief schlecht. Nicht nur, dass ich gedanklich nicht bei der Sache war und deshalb so gut wie jeden Spielzug versemmelte, es schien auch so, als spiele das Team gegen mich, besonders Ben, und ich hatte nichts dagegen mich gegen sie zu stellen.
>Was ist denn das für ein Scheiß heute mit euch? Könntet ihr eure Zickenkriege vielleicht außerhalb des Feldes fortsetzten?<, beschwerte sich der Coach lautstark. Ich drückte meine Lippen zu einer festen Linie zusammen und warf den Ball  mit aller Wucht zu Ben. Er fing ihn auf und stolperte  rückwärts.
>Ich verpiss mich.<, brummte ich und ging aus der Halle in die Umkleide. Ich machte mir nicht die Mühe zu duschen oder mich umzuziehen. Packte meine Kleidung in meine Tasche und stürmte aus der Schule. Dieser ganze Mist ging mir so dermaßen auf den Sack. Meine Freunde. Meine langjährigen Freunde sind wie Tiere auf meinen Freund losgegangen. Was sollte ich jetzt tun? Sollte ich sie vermöbeln? Sollte ich mit ihnen sprechen? Ich wusste gar nichts mehr. Und jetzt wusste Benji Bescheid. Scheiße. Die Blicke, die er mir zugeworfen hatte, waren nur zu deutlich gewesen. Er hasste mich und wer wusste schon, was er mit dieser Information machen würde.
Ich ging nachhause. Meine Mutter spielte mit Haley in ihrem Zimmer. Ich ließ ihr keine Zeit mich zu begrüßen, packte mir nur Kleidung und stellte mich unter die Dusche. Das heiße Wasser prasselte nur so auf mich nieder. Ich rieb mir energisch die Stirn. Mein bester Freund hasste mich. Schlicht und ergreifend, weil ich mich verliebt hatte. Weil ich mich verliebt habe. Konnte das ein bester Freund sein? Basierte unsere Freundschaft schon immer auf einer Lüge? Früher dachte ich, Ben und ich würden für immer Freunde sein. Er würde mein Trauzeuge sein und ich seiner. Wir würden Patenonkel für die Kinder des anderen sein. Wir würden den anderen immer unterstützen. Aber was war jetzt?
Ich stand über eine Stunde unter der Dusche. Dachte nach. Was sollte ich jetzt machen?
Müde trat ich heraus, schulterte meinen Rucksack und joggte die Treppen runter. >Wo gehst du hin?<
Ich drehte mich zu meiner Mutter um. >Ich gehe zu Reese.<
>Oh, dann warte. Ich habe Kekse gebacken und Sandwichs gemacht und ich habe auch noch Kuchen. Das Essen in Krankenhäusern ist doch nicht so...< Sie verzog das Gesicht und ging in die Küche. >Ich weiß noch, als ich schwanger war, dass mir das Essen nicht so geschmeckt hat. Es ist nicht schlecht, aber.... nun mal keine Hausmannskost. Also...< Sie packte drei Tuperdosen in einen Beutel und reichte ihn mir.
>Mum, du weißt doch, dass der nicht so der Esser ist.<
Sie nickte. >Die Kekse halten länger. Er kann sich da also Zeit lassen. Und vielleicht wollen ja andere Patienten noch was.< Sie streichelte meine Wange. >Wenn ich es mir recht überlege, kommen wir mit. Er wird sich sicher freuen.<
Ich verneinte. >Lieber nicht. Er ist echt schlecht gelaunt und... Ich gehe lieber alleine zu ihm.< Etwas enttäuscht nickte sie. >Aber danke dafür.< Ich hob den Beutel an und drückte ihre Schulter leicht.
>Geht es ihm denn gut? Ich meine, wann kann er wieder raus?< Ihre mütterliche Sorge war wie ein Lichtblick in all diesem Hass und der Abneigung gegen über ihm und dem, was wir miteinander hatten.
Lächelnd zuckte ich mit einer Schulter. >Weiß ich nicht. Ich denke, nicht mehr allzu lange.< Sie nickte erleichtert. >Ich geh dann, Mum.<
>Ok. Sag ihm, liebe Grüße, ja?< Ich nickte und ging durch den Flur raus. Im Wagen eingestiegen, stellte ich den Beutel neben mir auf dem Sitz ab und startete den Motor. Ich fuhr durch die Stadt. Das Krankenhaus war ziemlich zentral und riesig. Ohne weiteres lief ich an der Schwester vorbei ins Reese' Zimmer. Er schlief, weshalb ich mich einfach an den Tisch setzte und Hausaufgaben machte. Das Essenstablett auf dem Wagen neben seinem Bett war nicht angerührt worden. Ich schrieb weiter an meinen Matheaufgaben, dann an meinen Bioaufgaben und anschließend an den Aufgaben zu Geschichte. Er wachte gegen 17Uhr auf.
Seine Schwellungen waren zurückgegangen. Er konnte beide Augen vollständig öffnen. Seine blauen Flecken waren gelblich, grün und etwas gräulich-lila geworden. Er sah wieder etwas besser aus. >Hey, Baby.<
Ich beugte mich über das Bett zu ihm runter und küsste ihn. >Wie geht’s dir?<, fragte ich und strich durch sein Haar.
Gähnend streckte er sich und verzog schmerzvoll das Gesicht. >Besser. Ich hoffe, dass ich bis nächste Woche draußen bin.<
>Warum hast`n du nichts gegessen?< Ich zeigte auf sein Tablett.
Er zuckte mit einer Schulter und drehte sich weg. >Keinen Hunger.<
Ich nahm den Beutel mit auf das Bett und setzte mich. >Meine Mum hat dir was gemacht. Vielleicht schmeckt dir das mehr.<
Seine Hand landete auf meiner Wange. >Loverboy, was ist los?< Ich zuckte mit einer Schulter. >Du siehst total wütend aus. Hat dein Dad wieder Mist gebaut?<
>Ben hat mir gesagt, wer dir das angetan hat.< Reese' Mundwinkel sanken abrupt. >Wie konnten sie das tun? Wie konnten diese Volltrottel das machen? Ich wusste ja, dass sie dich nicht leiden können, aber...< Ich fluchte leise und rümpfte die Nase. >Hätte ich das gewusst, wäre ich mitgekommen. Ich hätte dir helfen können. Es tut mir so leid.< Ich warf meinen Kopf in meine Hände und seufzte. >Es tut mir so leid. Gott, diese Arschlöcher. Ich dachte, sie wären meine Freunde. Ich dachte, sie würden sich zusammenreißen. Weil ich ihr Freund bin. Weil sie meine Freunde sind. Ich verstehe das nicht.<
Reese setzte sich auf und zog mich in eine Umarmung. >Ist schon gut. Schon gut. So etwas passiert manchmal einfach. Da kann man nichts machen.< Er fuhr mit seinen Fingern durch mein Haar. >Du bist ein guter Kerl, aber... du kannst die Welt nicht ändern.< Seine Lippen strichen über meine Schläfe. >Die Leute brauchen einfach Zeit, bis sie... ich weiß auch nicht... das akzeptieren können. Bis dahin... müssen wir einfach aushalten, zurückkämpfen und warten bis die lieben Menschen endlich erwachsen werden.< Ich umfing seine Mitte und zog ihn sachte an mich heran. >Ist schon in Ordnung, Rick. Richard.< Er hob mein Kinn an, bis wir uns in die Augen sehen konnten. >Baby, ich werde mich schon um die Sache kümmern. Mach dir keine Sorgen.< Seine Lippen drückten sich direkt unter mein Auge an meine Wange. Ein warmes Gefühl faltete sich in meiner Brust aus.
Ich liebe dich.
>Ich will nicht, dass du dich um die Sache kümmerst.<
Er ließ mich los. Sofort erfasste mich ein Gefühl von Kälte. >Ich werde mich aber um die Sache kümmern. Sie sollen wissen, dass ich mich wehren kann. Denn das kann ich. Die sind nur davon gekommen, weil sie in der Überzahl waren, Schläger hatten und Barko angegriffen haben.< Er nahm den Beutel an sich und kramte die Dosen heraus. >Die haben meinen Hund geschlagen. Er hat nur versucht mir zu helfen und sie haben auf ihn eingetreten. Auf meinen Hund.< Er warf die Dose mit den Keksen vor sich auf das Bett. >Barko ist wie mein kleiner Bruder. Ich liebe ihn. Ich liebe ihn so sehr. Und er liebt mich. Er hat mir nur geholfen. Er ist ein unschuldiges Tier. Diese Wichser werden sich noch wünschen, sie wären selber Homos.< Er sah die Sandwichs und atmete laut durch. >Mann, deine Mutter ist echt der Hammer. Was will die mit deinem Vater?< Ich lachte. >Oh, sie hat sogar den Rand abgeschnitten. Wie süß.< Er biss ins Brot und sah mich an. >Komm, lächel doch mal. Hier.< Ich bekam einen Bissen, da öffnete sich hinter uns die Tür. Wir drehten uns beide zu ihr. Anthony und noch weitere bekannte Gesichter vom Festival traten ein.
Riri sprang hervor und sofort auf Reese. >Was ist passiert, Alter?<
Jacky kam um das Bett herum und nahm mich in den Arm. >Rick. Siehst gut aus. Alles klar?<
Ich runzelte die Stirn. >Nicht wirklich. Mein Freund ist im Krankenhaus.<, erinnerte ich sie und schürzte meine Lippen. Sie lachte leise.
>Ja, die Frage ist, wegen wem.< Ich sah mich zu Anthony um. Er hob Reese Gesicht an seinem Kinn an und betrachtete ihn prüfend. >Hab gehört, deine Basketball-Freunde waren das.<
>Hab gehört, du kannst die Vergangenheit nicht ruhen lassen.<
Anthonys Augen wurden zu Schlitzen. >Warum verpisst du dich nicht endlich einfach? Es wäre besser. Für dich und für Reese.< Ein drohender Unterton schlich sich in seine Worte.
Ich stand auf und blickte ihn mit der selben Abscheu an. >In Ordnung, wir wissen alle, wie verzweifelt verliebt du noch in Reese bist, aber er gehört jetzt mir. Also reiß dich zusammen.< Ich blickte auf Reese hinab. >Ist mir ein Rätsel, was du an dem da gut fandest.<
Anthony wollte etwas sagen, aber Corinne kam ihm zuvor. >Alles klar. Wir  kümmern uns jetzt um Reese und nicht um euren Schwanz-Vergleich.< Jedem von uns warf sie einen warnenden Blick zu. >Brauchst du irgendwas?< Sie setzte sich zu ihm ans Bett.
>Ne, danke. Es geht eigentlich mittlerweile.<
>Wann kommst du raus?<, fragte Marie.
>Nächste Woche wahrscheinlich.<
>Wir werden denen den Arsch aufreißen.<, platzte Anthony heraus und lächelte hinterlistig. Ich hörte ein Klicken.
Ian hatte ein Foto von uns gemacht. >Mal gucken, ob man die unangenehme Stimmung auf den Bildern sehen kann.< Ich musste lachen. >Sind das Kekse?< Er schnappte sich die Tuperdose, öffnete sie und setzte sich kauend auf das Bett.
>Was ist mit Barko?<
Reese' Freunde blieben bis zum Abend. Sie waren so laut, dass sie das ganze Krankenhaus mit ihrem Gelächter füllten. Ich beobachtete sie belustigt. Sie waren wirklich witzig und brachten Reese zum Lachen. Irgendwann kam auch der Arzt vorbei. Er erklärte uns, das Reese bis zum Anfang der nächsten Woche wieder zuhause sein würde. Wahrscheinlich früher. Er würde aber noch eine Zeitlang auf Verbände angewiesen sein.
>Ich begleite euch raus.<
>Nein, bleib liegen. Du brauchst Ruhe.< Er schlug meine Hand beiseite und rutschte aus dem Bett. Aus seiner Tasche schnappte er sich eine Hose und schlüpfte hinein. Ich beobachtete ihn dabei, wie er sich ungeschickt anzog und nahm ihn auf den Rücken, als er fertig war.
>Rick, ich bin kein Baby.<
>Nein, aber du bist verletzt.< Ich trug ihn hinter den anderen her durch die Flure.
Er drückte seine Lippen in meinen Nacken. >Danke, Loverboy.< Anthony schnaubte verächtlich.
>So ein Muskelprotz als Freund ist echt praktisch.<, murmelte Riri. Ich verstrubbelte ihm die Haare. Lachend drehte er sich weg. >Schade, dass ich auf Möpse stehe, sonst könnten wir glatt einen Dreier starten. Die drei R's.<
Reese versuchte seinen Namensvetter mit seiner Faust zu schlagen, verfehlte ihn jedoch. >Vollidiot. Richard macht so etwas nicht, stimmt's?< Ich schwieg. >Stimmt doch oder?<
Jacky lachte kreischend auf. >War es ein teuflischer Dreier?<, fragte sie. Ich runzelte die Stirn. >Waren Kerle dabei?< Ich verneinte. >Krass. Reese, wie hast du den bloß bekehrt? Ein richtiger Mädelsmagnet.<, scherzte sie.
>Einmalige Sache.< War es tatsächlich. Ich war neugierig und die beiden Frauen willig.
>Arschloch.<, brummte Reese.
>Hör mal, ich bin nicht schwul und das war noch vor einem Jahr oder so. Ich kannte dich also gar nicht.< Er zwickte in meine Taille. >Au!<
Beim Eingang blieben wir stehen. Ich setzte Reese ab. Er verabschiedete sich kurz von den anderen und sah ihnen nach, als sie gingen. >Du solltest jetzt auch gehen, sonst versauerst du noch mit mir hier.< Ich wollte ihn umarmen und küssen und ihm auf höchstkitschige Weise sagen, dass ich morgen wieder kommen würde und mich extra für die Woche von der Arbeit abgemeldet hatte, aber er kam mir zuvor. >Ich weiß schon. Du kommst morgen wieder.< Er drückte mit seinen Zähnen auf seine Unterlippe. >Bis morgen, ja?<
Ich nickte. >Ja. Ich...< … liebe dich. >Wir sehen uns dann morgen.< Ich drehte mich von ihm weg und ging durch die Tür.
>Richard?< Ich sah mich noch einmal zu ihm um. >Danke, ok? Auch für das Essen.< Mit einem Lächeln in seine Richtung ging ich raus zum Wagen. Anthony lehnte an der Motorhaube.
>Oh, Loverboy.< Ich ignorierte ihn und öffnete meine Wagentür. Mit einem Ruck schlug er sie zu. >Wir wissen beide, dass du schon bald wieder eine Frau brauchst. Und das ist in Ordnung, wirklich. Aber du könntest aufhören, seine Zeit zu verschwenden und ihn mir wieder geben.<
Ich stieß ihn beiseite. >Ist ja nicht so, als würde ich ihn an mich festketten. Er will dich einfach nicht mehr haben. Komm endlich damit klar.< Er ballte seine Hand zu einer Faust. >Versuch es. Wir sind ja schon im Krankenhaus.< Seine Finger lockerten sich wieder. >Du kannst ja von mir aus mit ihm befreundet sein. Da kann ich leider nichts daran ändern, aber halt dich von mir fern. Und deine Sprüche kannst du dir auch in den Arsch schieben.< Ich wandte mich ab und öffnete die Tür zur Fahrerseite meines Autos.
>Was denkst du, wie lange er das noch mit sich machen lässt, huh? Reese ist stolz auf was er ist. Wie lange, wird er diese Heimlichtuerei mit machen?< Ich hielt inne. >Es ist krank sich selber zu verstecken und so denkt auch Reese. Er macht das nur mit, wegen dir. Aber wie lange noch?< Ich stieg ins Auto ein und schlug die Tür zu. Er lächelte mich durch die Scheibe an. >Eine Frage der Zeit, Bruder.<, hörte ich ihn gedämpft sagen. Ich startete den Motor und fuhr los.
So ungern ich es auch zugab, er hatte Recht. Ich kannte Reese vorher nicht wirklich, aber... er sprach immer gerade heraus, was er dachte. Mit seiner Kleidung und seiner Art, zeigte er immer ehrlich, wer er war. Nur wegen mir, musste er sich verstecken. Wie lange würde er das noch mit sich machen lassen? Wie lange würde er verleugnen, wer er war? Er mochte mich, das war mir klar. Er hatte etwas für mich übrig. Aber wie lange würden diese Gefühle halten? Gott, ich wollte ihn nicht verlieren, aber was war mit meiner Familie? Mit den Leuten in der Stadt? Sie würden reden, mich verachten. … andererseits waren sie doch meine Freunde, meine Familie. Ich war doch mit ihnen befreundet, weil sie mich akzeptierten. Meine Familie akzeptierte mich. Würden sie denn das auch akzeptieren?

Kapitel 14

Am nächsten Tag saß ich alleine in der Cafeteria. Es war mir egal, nur die eindeutigen Blicke meiner Freunde nervten mich. Ich verdrehte die Augen, stellte mein Essen ab und ging aus dem Saal. Hinter mir hörte ich Schritte. >Hättest mir sagen können, dass du auf Männerärsche stehst.<, hörte ich hinter mir Benji. Es lag kein Witz in seinen Worten, weshalb ich seine Bemerkung auch mit keiner Antwort würdigte. >Wie lange?<
>Tut das etwas zur Sache?<, fragte ich genervt und drehte mich zu ihm um. Seine Augen waren voll Ekel. >Wenn du nur Scheiße labern willst, kannst du abhauen.<
Er packte mich an meinem Ellenbogen und zog mich hinter sich er zum Jungsklo. Fast warf er mich hinein. Schnell durchsuchte er die Toilette nach anderen und stellte sich dann vor mich. Er wollte noch nicht einmal mit mir gesehen werden. >Du hättest mir das erzählen müssen. Ich will diesen Scheiß nicht an mir hängen haben.<
>Welchen Scheiß? Welcher Scheiß kann denn an dir hängen? AIDS?< Er zuckte mit seinen Schulter. Ich war in meinem Leben noch nie so enttäuscht gewesen. Benjamin war mein bester Freund. Mehr als das. Wir waren fast zeitgleich geboren worden. Wir spielten zusammen im Kindergarten, in der Grundschule. Ich kannte ihn, seit ich denken konnte. Und jetzt?
Ich griff nach seiner Kehle und schleuderte meine Faust ins Gesicht. Er landete auf der gegenüberliegenden Wand und rutschte an ihr hinab auf den Boden. Aus aufgerissenen Augen starrte er mich an. >Du bist mein bester Freund! Du verdammter Heuchler hast mich bei dir aufgenommen, wenn mein Vater mich blutig geschlagen hat! Ich habe mich niemandem je so anvertraut wie dir! Und das war`s jetzt?! Das war unsere Freundschaft?! Ein Vertrag mit Limit?!< Ich taumelte zurück und fasste mir an die Stirn. Ben tropfte Blut aus der Mundhöhle. >In was für einem Traum habe ich gelebt, wenn mein Bruder mich hasst, nur weil ich mich verliebt habe?< Ich blicke ihn an. >Nein, ich habe mich geirrt. Du warst nie mein Freund. Nicht mein Bruder. Reese ist es nämlich, dem ich alles sagen kann. Und du...< Ich zuckte mit einer Schulter und knetete meine schmerzenden Fingerknöchel. Ich war wütend. Wütend auf mich. So dumm, war ich. Wie konnte ich glauben, dass diese versnobten Idioten auch nur einen Funken Andersartigkeit annehmen könnten? Bevor ich mich erneut auf Ben stürzte ging ich raus und bereitete mich darauf vor, dass ich ein Basketball-Team weniger Freunde hatte.

>Es sieht schon besser aus.< Reese tastete sein Auge ab. Die Platzwunde an seiner Stirn war zusammen genäht und war von einem weißen Pflaster bedeckt.
>Findest du?< Ich nickte. >Würdest du mir jetzt endlich sagen, was mit dir los ist?<
>Nichts.<
Er verdrehte die Augen. >Richard. Was ist? Du bist schon die ganze Zeit total komisch.<
Ich verneinte. >Es ist nichts. Ich bin nur müde.<
>Ich bin auch müde. Und trotzdem sage ich dir, dass mein Nacken verkrampft ist und ich gerne massiert werden würde.< Lächelnd lief ich um das Bett herum, setzte mich hinter ihn und begann ihn zu massieren. >Ist was in der Schule passiert?<
Ich lachte leise. >Du hörst dich an, wie meine Mum.<
Er grinste. >Sehr witzig. Jetzt rede. Oh, genau da.< Er warf seufzend seinen Kopf nach vorne und schloss seine Augen. Ich gab keine Antwort. >Kann es sein das du sexuell frustriert bist?< Ich fuhr zurück. Er drehte sich zu mir um. >Ich meine ja nur. Bist du scharf? Ich kann...< Seine Hand strich über meinen Oberschenkel.
Ich schüttelte den Kopf. >Ach was, du Idiot.<
>Was ist es dann? War Daddy böse?< Den letzten Teil fragte er in hoher Baby-Stimme. Ich blickte ihn anklagend an. >Ja, dann sag mir einfach was los ist.<
>Mein süßer, niedlicher Freund ist verletzt. Ich bin besorgt um ihn.<
>Das ist Schnee von gestern. Mein süßer, niedlicher Freund hat offensichtlich seine Tage.< Ich fuhr mir durchs Haar. >Rick, du kannst mit mir reden. Falls das wegen dem hier ist...< Er zeigte auf sein Gesicht. >... dann sag ich dir schon mal, dass du `nen Gang runterschalten sollst. Ich bin nämlich so gut wie wieder raus hier, also...<
Ich kratzte mich an meinem Hinterkopf. >Ben weiß von uns.<
>Oh.< Er schürzte nachdenklich die Lippen. >Und wie hat er reagiert?<
Ich schnaubte. >Er will sich kein AIDS bei mir einfangen.<
>Was?!<
>Ich hab ihm eine reingehauen.<
>Richtig so.< Ich lächelte ihn an. Reese strich mir durchs Haar. >Tut mir leid, dass er so reagiert hat.< Ich nickte dankend. >Es passiert gerade soviel und gerade jetzt bin ich hier.<
Ich küsste ihn ausgelassen. >Übrigens musst du mir bei Chemie helfen.<
Er lachte. >Klar.<
Wir machten Hausaufgaben, wobei das hieß, dass ich sie machte und Reese mich verbesserte. Ich brachte ihm zwar die Aufgaben aus der Schule, aber sie lagen alle aufgestapelt auf dem Tisch.
>Denkst du, er regt sich wieder ab?<, fragte er irgendwann. Ich zuckte mit den Schultern. >Hast du eigentlich wieder was von Barko gehört?<
Ich sah zu ihm auf. >Die Operation ist gut gelaufen. Aber er wird für eine Weile nicht laufen können. Also nicht viel.< Er nickte. Ich fuhr mit meinem Daumen über seine rosige Unterlippe. >Du liebst Barko so sehr.<
>Ich hab ihn von meiner Mum bekommen.<
Ich nahm seine Hand in meine und zog ihn zu mir. Er setzte sich auf meinen Schoss und schlang seine Arme um meinen Nacken. Vorsichtig legte ich meine Lippen an seine. >Es wird ihm schon bald besser gehen.< Seine Finger schoben sich in meinen Nacken und zerrten mich enger an seine Lippen. Ich fing sein leises Stöhnen auf und drückte ihn fester an mich.
>Autsch. Richard, meine Schulter.<
>Tut mir leid.<
>Gott sei Dank, ist mein Kiefer wieder drin.<, kicherte er. >Trag mich ins Bett.< Ich hob ihn hoch und setzte ihn auf dem Bett ab.
>Hey, Jungs.< Sandra trat ins Zimmer. Allein. >Würdet ihr das bitte lassen? Reese, du kommst am Freitag raus. Ich habe... Stephania angerufen und ihr...<
>Du hast es ihr erzählt?! Sandra!<
>Ich musste. Sie ist...< Sandra sah zu mir.
Reese folgte ihrem Blick. >Babe, kannst du mir was zu futtern bringen. Irgendwas kleines.< Ich nickte und ging aus dem Raum. Mir war klar, dass sie über etwas sprechen würden, dass ich nicht mithören sollte. Ich konnte meine Neugier nicht zurückhalten, ging aber in die Cafeteria und kaufte zwei Donuts und zwei kleine Flaschen Wasser. Ich ließ mir Zeit beim Zurückgehen. Sah mich etwas um und lief ein paar Mal im Kreis, bevor ich wieder ins Zimmer zurückkehrte. Bis dahin war das Thema wohl abgehakt, denn die schwere Stimmung war verflogen und die beiden machten sich über das Programm im Fernseher lustig. Ich setzte mich zu ihnen.

Reese kam tatsächlich am Freitag raus. Bis dahin sprach ich kein Wort mit meinen Freunden aus dem Team und schwänzte auch das Training. Ich hatte keine Lust eine weitere Konfrontation mit den Jungs zu haben. Ben starrte mich die ganze Zeit nur an. Sein Kiefer war erschreckend geschwollen und er musste es sich permanent kühlen.
Wir fuhren Reese nachhause, wo Barko wartete. Er lag neben dem Bett in seinem Zimmer auf einer dicken Decke und döste nur so vor sich hin. Teile seines Fells waren abrasiert worden, damit die Ärzte operieren konnten. Er war so fertig, dass er kaum die Treppen schaffte. Und er war verängstigt. Man merkte ihm seine Angst deutlich an.
>Barky. Hey...< Vorsichtig näherte Reese sich seinem Hund. Barko kam winselnd auf seinen Pfoten zu stehen und humpelte schwerfällig auf Reese zu. >Diese verdammten Hurensöhne.< Er kniete sich vor ihm hin und strich ihm mit den Fingern durch das Haar auf seiner Stirn. >Dir wird es bald besser gehen, Kleiner.< Liebevoll hob er Barko hoch. >Du wirst immer schwerer, Alter.< Zusammen mit ihm legte er sich ins Bett und strich ihm monoton durch sein Fell. Barko schnaufte schwer und leckte Reese' Hand.
Ich sah ihm dabei zu, wie er seinen Hund immer enger an sich ran zerrte und ihn zärtlich streichelte. >Oh Mann.<, schniefte Sandra und wischte sich kurz über das Gesicht. Sie lief an mir vorbei die Treppen runter. Ich folgte ihr und machte mit ihr zusammen Abendessen. >Danke übrigens für das Essen. Deine Mutter ist echt süß.< Ich lächelte. >Und danke, dass du so für Reese da bist.<
Kopfschüttelnd fuhr ich mir durchs Haar. >Macht mir nichts aus. Dafür bin ich ja da.<
>So wie ich diesen Blödmann kenne, wird er irgendwas Dummes anstellen. Wäre nett, wenn du ein wenig nach ihm schaust.< Ich nickte nur. >Kannst du mir das Salz geben? Ich bin echt zu klein für diese Küche.<
Reese aß im Zimmer bei Barko und schlief auch mit ihm zusammen im Bett ein. Ich wartete eine halbe Stunde, bevor ich ging und mich von Sandra verabschiedete.
Zuhause erwartete mich wie fast jeden Abend der selbe Stress.
>Du warst wieder bei diesem Reese nicht wahr?<
>Er war im Krankenhaus.<, lachte ich.
>Ja, davon habe ich gehört. Ben hat mir davon erzählt.< Ein leises Lächeln schlich in seine Lippen.
Meine Mutter sah empört zu meinem Vater auf. >Du lächelst, weil jemand im Krankenhaus ist?<
>Gott führt die Menschen und wenn er meint, dass Reese verletzt werden muss, um auf den richtigen Pfad geführt zu werden, dann... werde ich das akzeptieren müssen.< Ich stand auf. >Wo gedenkst du hinzugehen?<
>Ich räume ab und gehe ins Zimmer.<
>Wir sind noch nicht fertig mit dem Essen.<
Ich nahm meinen Teller mit mir in die Küche. >Ich kann mir das nicht anhören.<, rief ich zurück und ging die Treppen hoch.
>Er verdirbt ihn immer mehr.<

Ich sah Reese über das Wochenende nicht. Wahrscheinlich war er viel zu sehr damit beschäftigt, sich um seinen Hund zu kümmern.
Er rief mich jedoch Sonntag Nacht an und sagte mir, dass ich ihn nicht abzuholen brauchte. Ich fuhr also mit meinem Bruder zur Schule und ging in den Unterricht. Reese war nicht da. Das hatte ich mir fast schon gedacht.
Da hatte ich mich jedoch zu früh gefreut.
Es war Mittag und ich aß in der Cafeteria, als vor der Schule plötzlich ein Tumult ausbrach. Ich entschied mich dafür, sitzen zu bleiben, während die anderen offensichtlich anderer Meinung waren. In wenigen Minuten leerte sich die Mensa fast komplett. Laut brüllte es von draußen her und ich wollte gerade mein Tablett ablegen, als ich plötzlich Reese' Stimme hörte. Ich stürmte raus und riss meine Augen weit auf. Dort stand die Schule, na ja nicht ganz, im Kreis um die Basketball-Spieler und Reese. In seiner Hand hielt er einen silbernen Baseball-Schläger und schwenkte ihn selbstgefällig vor sich her. Und da erblickte ich das Zentrum aller Aufmerksamkeit. Die kaputte Fensterscheibe am Auto eines meiner früheren Freunde.
>Ich würde sagen, ihr entschuldigt euch bei meinem Hund und ich verzeihe euch. Vielleicht.< Reese Worte trugen einen eigenartigen Singsang in sich, waren zugleich aber so bedrohlich, wie ein Schlag mit dem Schläger.
Ben erblickte mich und trat einen Schritt hervor. >Einen Haufen Scheiße werden wir tun. Geh dir deinen Arsch stopfen, Homo.< Er drehte sich lachend ab und klopfte dem Besitzer des Autos beschwichtigend auf die Schulter. >Das geht schon...<, hörte ich ihn murmeln.
Kratsch!
Der Baseballschläger schlug gegen die Fensterscheibe auf der Fahrerseite.
Alle drehten sich erneut zu Reese um, dessen Gesicht nun von aller Freundlichkeit verlassen war. >Entschuldigt euch.<, verlangte er.
Die Spieler sahen sich um. Einer von ihnen lachte auf. >Was zum Teufel denkst du, bist du? Du bist allein. Wir reißen dir auch gerne nochmal deinen Arsch auf.< Er wandte sich zu den anderen um. >Wahrscheinlich steht er sogar drauf.< Die anderen klangen in sein Gelächter ein. Ich sah zu Reese und spürte Mitleid. Er war so allein. Wie konnten sie so uneinsichtig sein?
>Eure Entscheidung, Ladys. Ich pack euch auch alleine. Und dieses Mal habe ich mein Baby dabei.< Er strich über seinen Schläger.
Ben schüttelte den Kopf. >Verpiss dich. Freak.< Er warf mir einen verachtenden Blick zu. Anders als Ben traten die anderen auf Reese zu, der nur lachte. Mit einem Schwung landete er seinen ersten Schlag.
>Reese!<, rief ich laut. Er sah auf. Räuspernd drängte ich mich an den anderen vorbei ins Innere des Kreises. Ich schob meine ehemaligen Freunde von Reese weg und stellte mich zwischen sie. >Wir gehen jetzt.<
Er schlug meine Hand beiseite. >Geh weg, Verräter.<
Ich lachte leise. >Verräter? Verschwinde.< Ich stieß ihn weg. >Wir gehen jetzt und ihr geht wo auch immer ihr hin müsst.< Ich zog Reese hinter mir her, wurde am Nacken gepackt, zurück gezogen und bekam eine Faust ins Gesicht.
Reese schoss vor und sofort begann die Schlägerei. Wobei ich krampfhaft versuchte zu schlichten und das Blut, das aus meiner Nase lief, in Schach zu halten. Auf einmal sah ich lilanes Haar aufblitzen. Riri, Anthony und eine Menge Leute, die ich nicht kannte, tauchten auf und mischten sich in den Kampf ein. Die Schüler ruckten immer mehr auseinander und ich hörte nur noch laute Rufe. Unter anderem Rufe nach den Lehrern.
Die Situation eskalierte. Blut landete auf dem Boden und dann war da die Poilzei. Wir wurden auseinander gedrängt. Uns wurden Handschellen angelegt und wir landeten in Polizeiwagen. Aus dem Fenster konnte ich sehen, wie einer meiner früheren Kumpel eine Faust fest in Reese' Magen schlug. Er taumelte zurück, landete aber eine Folge von präzisen Schlägen in sein Gesicht, die ihn direkt in die Arme des Polizeibeamten schleuderten. Reese wurde von drei Polizisten weggerissen, wehrte sich aber gekonnt und schaffte es noch weitere Spieler zu verprügeln. Seine Wut erschreckte mich. Da war nicht mehr diese niedliche Schönheit. Er war noch immer schön, aber es war...
Ich senkte mein schmerzendes Gesicht. Das Auto ruckelte, als jemand rein geschubst wurde. Benjamin. Er ignorierte mich. Ich schnaubte nur über sein Verhalten, was ihn umso wütender machte. >Was?!<
>Du bist schlimmer als Haley.< Benjis Mundwinkel zuckten unmerklich. Wir schwiegen die Fahrt über zur Wache. Wir wurden in eine Zelle gequetscht. Die Punks in die eine Zelle und die Spieler in die andere. Es war furchtbar laut, denn sie pöbelten sich alle gegenseitig an. Die Polizisten entschieden, die Punks in eine andere Zelle in einem anderen Abteil zu bringen.
>Richard.< Reese wehrte sich gegen den Griff. >Kommst du später bei mir vorbei?< Ich  nickte lächelnd. >Fickt euch, Ladys!<, rief er noch, bevor er hinter einer Wand verschwand.
Ich ließ mich auf die Bank fallen und lehnte meinen Kopf gegen die Wand. Ihre Blicke spürte ich deutlich auf mir liegen, auch ohne sie anzusehen. >Er hat recht, fickt euch einfach. Ihr nervt.< Gähnend legte ich mich hin und verschränkte meine Finger unter meinem Kopf.
>Scheiß Homo.<
Von wem auch immer dieser Kommentar war, ich ignorierte ihn und döste weg, bis mein gebrüllter Name mich aus dem Schlaf riss. Ich wachte auf. Eine große Anzahl meiner eingesperrten Kumpanen waren schon abgeholt werden. Mein Abholer war mein Vater. Dieser verprügelte mich gedanklich schon. Ich stieg von der Bank, blieb vor Ben stehen und sah ihn an. >Wenn du ihm auch nur ein Haar krümmst, werde ich...< Ich blickte ihm starr in die Augen. >... vergessen, dass wir je Freunde waren.< Die Drohung war klar und deutlich. Ich trat weiter zu meinem Vater und ging an ihm vorbei, bevor er mich ausschimpfen konnte. Was ihn nicht davon abhielt, dies im Wagen nachzuholen.
>Die Polizei. Das war auch wirklich das Letzte, dass in diesem ganzen Chaos fehlte. Deine Mutter weint Zuhause. Verstehst du nicht, wie du uns weh tust? Wie sehr du deiner Familie schadest? Wir wollen doch nur dein Bestes. Und dein Bestes ist, dich von diesem Parasiten zu trennen und gleichzeitig jeglichen Kontakt zu kappen, Sohn.<, begann er, sobald der Motor an war.
>Dad, lass mich einfach in Ruhe.<
Er sah mich an. >Nein, ich lasse dich nicht in Ruhe. Du bist mein Sohn und ich werde nicht...< Ich schloss meine Augen, atmete durch und ließ die Schimpftirade über mich ergehen, bis wir Zuhause ankamen, wo meine Mutter tatsächlich etwas schniefte. Besonders als sie meine Schrammen sah. Sofort nahm sie mich mit ins Bad und begann mich zu verbinden. Es war nichts allzu Schlimmes.
>Mum, es geht mir gut. Bitte, hör jetzt auf.< Ich schob ihre Hände von mir.
>Wie konnte das passieren? Du warst doch sonst nie...<
>Gott!< Ich stand auf. >Alles was ich denke und mache scheint falsch zu sein! Was für ein Idiot muss ich eigentlich sein!< Der Stress und Druck der letzten Tage hatte mir deutlich zugesetzt. Zweifel hatten mich erfasst und nahmen mir den Schlaf.
Ich ging aus dem Bad und direkt in mein Zimmer.
>Richard.<
>Nein!< Hinter mir schlug ich die Tür zu und setzte mich auf mein Sofa. Wie konnte es sein, dass alle gegen mich waren? Gegen uns? Wie konnte es sein, dass ich in allem falsch lag? War meine Liebe zu Reese falsch? War alles, was ich dachte, schlecht? Ben, mein bester Freund, hatte wie wild versucht auf Reese und seine Freunde einzuschlagen. Mein Vater riss mir beinahe jedes Mal den Kopf ab, wenn ich Reese sah. Meine Mutter weinte, mein Gesicht schmerzte. Reese war im Krankenhaus gewesen. Ich war so verwirrt. Ich hatte ihn in dieser kurzen Zeit so stark lieben gelernt und jetzt sollte das böse sein? Schlecht? Wie konnte ein so schönes Gefühl böse sein?
>Wo bist du?<
>Ah, verdammt.< Ich hatte Reese gesagt, dass ich zu ihm kommen würde. >Tut mir leid, ich hab's vergessen.<, murmelte ich.
Reese gähnte. >Schon in Ordnung. Willst du noch kommen... oder?<
Ich fuhr mir durchs Haar. >Können wir das auf morgen verschieben, Kätzchen?<
Er seufzte. >Ja, klar. Dann rubbel ich mir hier einfach einen.< Ich lachte leise. >Geht`s dir gut?<
>Ja, keine Panik. Ich kann auch ein paar Sachen wegstecken.<
>Ja, das hoffe ich doch.< Ich grinste. >Dann sehen wir uns morgen.<
>Gute Nacht, Kätzchen.<
>Ich... Gute Nacht, Loverboy.< Er legte auf und ich ging duschen. Ich wechselte kaum ein Wort mit den anderen, aß auch nicht mit ihnen zusammen, ließ aber Haley bei mir schlafen, als sie mitten in der Nacht ins Zimmer getorkelt kam.
>Ricky?<
>Haley, geh wieder in dein Bett.<
>Ich will nicht.< Ich spürte, wie die Decke verschoben wurde. Haley schwang ihr Bein über die Bettkante und strampelte hoch, bis sie neben mir lag. Sie zog die Decke wieder hoch und schlang ihre Arme um mich herum. >Ich vermisse Reese.<, gähnte sie. Ich strich ihr Haar aus ihrem Gesicht. >Eine Prinzessin braucht einen Prinz.<
Ich nickte. >Ja, stimmt.<
>Wann kommt Reese wieder?<
>Ich weiß es nicht.<
Sie gähnte erneut >Daddy ist doof.<
Ich schüttelte den Kopf und sah sie an. Überrascht blickte sie mich an. >So etwas sagt man nicht, Haley.< Ich setzte mich auf und hob sie auf meinen Schoss. >Dad ist vielleicht manchmal sehr streng, aber er hat uns lieb und will nur das es uns gut geht.<, erklärte ich, wobei ich meinen Worten selber nicht glaubte.
>Aber... Daddy ist zu streng. Er muss immer alles kaputt machen.<, schmollte sie.
Ich legte mich wieder mit ihr zusammen hin. >Das muss manchmal einfach so sein. Schlaf gut, ja?< Damit gab sie sich zufrieden und schlief schon nach wenigen Sekunden ein.

Den nächsten Morgen wachte ich unter schweren Kopfschmerzen auf. Mein Vater erschwerte mir das, in dem er mir zu jeder sich stellenden Möglichkeit gegen den Hinterkopf schlug oder mir irgendwelche Beleidigungen entgegen warf.
>Weißt du, ich wusste ja, dass du nicht der Schlaue unter meinen Kindern bist, aber dass du dich so verderben lässt. Als wärst du ein Lamm, dass zum Metzger geht. Von der Schule suspendiert, was für ein Witz.< Ich verließ die Küche. Zog mich oben im Zimmer um und ging gleich darauf die Treppen runter. >Wo gehst du hin?< Wortlos öffnete ich die Tür und schloss sie hinter mir. Ben stand auf dem Weg zur Haustür. Auch ihn hatte die Schlägerei gestern nicht kalt gelassen. Sein Kiefer war nicht nur von meinem Schlag ramponiert sondern nun auch lila. Ich blickte ihn für einen kurzen Moment schweigend an und ging dann weiter zu meinem Wagen.
>Rick.< Ich öffnete die Tür zu meinem Wagen. Er hielt mich davon ab sie zu schließen. >Rick, hör mir doch zu.<
>Würde ich ja, aber ich will dich nicht anstecken.< Er seufzte. >Pass bloß auf, sonst bist du morgen schwul.< Ich wollte die Tür wieder schließen.
>Rick, es tut mir leid, in Ordnung? Ich meine,...< Ich fuhr mir durchs Haar und drehte mich zu ihm. Er kratzte sich die gesunde Seite seines Kinns. >Das war ein Schock, Mann. Das du... einfach so... Woher hätte ich denn wissen sollen... ? Er ist...<
Ich runzelte die Stirn. >Alter, hast du über die Nacht auch das letzte Fünkchen Hirn verloren?<
Er schmunzelte. >Wahrscheinlich. Reese hat mir ziemlich die Fresse poliert.< Ich nickte lächelnd. >Alles...< Er kratzte sich den Hinterkopf. >... Alles wieder klar?< Das war echt ein unangenehmes Gefühl. Wir hatten uns noch nie gestritten. Deswegen gab es auch noch nie solche peinlichen Versöhnungen.
Ich streckte ihm meine Faust zu. Er klopfte mit seinen Knöcheln gegen meine. >Ja, ist schon gut.< Ein erleichterter Ausdruck trat in sein Gesicht. >Ich fahr jetzt zu Reese. Willst du mitkommen?< Er stammelte wieder irgendwelche Worte. >Wenn ihr jetzt nicht redet, läuft in ein paar Wochen der selbe Mist ab. Ich möchte das nur klären.< Er wand sich noch immer. >Jetzt steig ein, du Memme.<
>Wie lang läuft das eigentlich?<
Ich zuckte mit den Schultern. >Eine Woche, nachdem ich ihn kennengelernt habe.<
>Eine Woche?!<, rief er verblüfft aus. >Ist der so gut im Bett?<
>Ziemlich.< Ich freute mich, wieder ausgelassen lachen zu können.
Ben schwieg. >Warte, also die Mieze, die dir deinen Rücken zerkratzt hat...< Ich nickte. >Krasser scheiß. Oh Gott, dass Wochenende in dem ihr zelten wart.< Ich nickte wieder nur. >Und da dachte ich die ganze Zeit, du wärst enthaltsam. Das ist...<
>Ja, ich weiß. Könnten wir das Thema...<
>Bitte sag mir, dass du aktiv bist.<
Ich verdrehte die Augen. Ben wieder ganz der selbe. >Hör auf, so was zu fragen. Ist ja abartig.<, brummte ich.
Er lächelte. >Wenn du auf Kerle stehst, dann... hast du dich mich die ganzen Jahre lang nackt vorgestellt, du verdammter Perverser!< Er schlug mich.
Lachend wehrte ich ihn ab. >Nur keine Sorge, da ist nur Reese. Sonst niemand.< Ich bog in die Straße, in der Reese lebte.
>Das ist echt seltsam. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass du... du weißt schon...<
Ich nickte. >Das... war auch nicht wirklich geplant.<
>Ja, kann ich mir vorstellen.< Ich parkte am Straßenrand vor dem Haus. >Ich wusste das nicht. Das sie ihm auflauern würden. Ich dachte, dass sie Witze machen. Und nie hätte ich gedacht, dass sie ihn so hart rannehmen würden.<
Ich sah zu ihm rüber. >Ist schon vorbei und... es geht ihm ja wieder besser.<
>Was ist mit seinem Hund? Barko, heißt er oder?<
>Es geht ihm gut.<
Er nickte. >Das tut mir wirklich leid. Ich...<
>Sag das ihm, nicht mir.< Wir stiegen aus und gingen über die Wiese zur Haustür. Nach einem Klingeln, hörten wir schon Reese' Schritte. Kurz darauf ging die Tür auf.
>Babe, meine Schwester ist... Was sucht der hier?< Seine Augen fixierten sich sofort auf Ben.
Ich trat ein und ließ auch Ben rein. >Wir haben geredet und es tut ihm leid und...<
>Es tut mir leid, ok? Ich wusste nicht, dass sie diesen Scheiß ernsthaft durchziehen würden. Und mir tut auch das mit deinem Hund leid.<
>Besser so.<
>Reese.<
Er sah mich an. >Das kann nicht dein Ernst sein.< Ich hob eine Augenbraue an. Seufzend blickte er wieder zu Ben. >Tut mir leid, dass ich immer so ein Arsch bin.<
Zufrieden nickte ich. >Geht doch. Wie geht’s Bark?<, fragte ich.
>Barko, komm her.< Oben schob Barko die Tür mit seinem Kopf auf und humpelte die Treppen ungeschickt herunter. Er trat mit einem seiner hinteren Beine nicht richtig auf. Reese ließ sich auf die Treppen sinken und nahm seinen Hund auf seinen Schoss. Ich ging vor ihm in die Hocke und strich über das dicke Fell. Am Oberschenkel seines verletzten Beines war die rasierte Fläche noch immer zu sehen. Leichte Stoppeln hatten sich auf die rosige Haut gelegt. >Guck doch nicht so. Kannst ihn anfassen.< Das war an Ben gerichtet. Er ging ebenfalls in die Hocke und kraulte Barkos Ohr. Er wirkte noch immer fertig und ausgelaugt.
>Wann kann er wieder normal laufen?<, fragte Ben.
>In ein, zwei Wochen, sollte er wieder laufen können. Vielleicht kann er auch rennen.<
>Tut mir leid, Kumpel.<, murmelte Ben.
>Alter, dein Kinn sieht echt scheiße aus.<
Ben grinste. >Rate mal, wem ich das zu verdanken habe.<
Reese stand lächelnd auf. >Leg dich hin, ja?< Er zeigte in die Küche, wo es einen Platz für Bark gab. Der Hund torkelte zu dem Korb und ließ sich hineinfallen. >Also, Ladys, da ich jetzt nicht in der Lage bin... tja, zu ficken... frage ich, was tun?<
Ben trat einen Schritt zurück. >Oh, wow. Ich denke, ich geh jetzt...< Er wandte sich ab, doch ich hielt ihn fest.
>Schauen wir uns einen Film an.<
Ben schnaubte. >Nein, danke. Macht ihr hier ruhig rum.<
>Reese hat mit Sicherheit Alkohol da. Ihr könnt euch volllaufen lassen.< Das brachte ihn zum Aufblicken.
>Und ich darf auch trinken?<, fragte Reese hinter mir. Ich nickte ihm lächelnd zu. >Ja!< Und dann ging es los. Ich machte uns Popcorn, während die anderen beiden über Alkohol philosophierten und sich mit den Flaschen und ihren Gläsern im Wohnzimmer verbarrikadierten. Wir warfen einen Actionfilm ein. Ich sah ihn mir an, doch die beiden anderen waren schon nach kurzer Zeit voll und eine ansehnliche Menge weg gesoffen. So sehr ich den muffigen Geruch von Alkohol nicht leiden konnte, so sehr freute ich mich über die Witze, die sie gemeinsam rissen.
Wir schauten uns noch einen weiteren Film an und noch einen, aber den letzten schaute ich alleine zu Ende. Die anderen beiden waren eingeschlafen oder im Koma.
Gott, wie viel sie getrunken hatten. Ich räumte die Flaschen in Tüten und warf sie draußen in die Mülltonne. Als ich wieder reinkam, war Reese halb wach. >Hey, Kätzchen.< Er lächelte schwach. Gähnend warf ich mich neben ihn ins Sofa. Er schwang sich sofort auf meinen Schoss. >Hm...<, seufzte ich und nippte an seinen Lippen, die einen leichten Wodka-Nachgeschmack hatten. >Reese, Ben ist hier.<
>Der ist bewusstlos. Der merkt nichts.< Er stützte sich auf der Rückenlehne hinter mir ab und küsste mich wild. >Gott, ich bin so scharf...< Ich umfasste seinen Hintern und drängt ihn rhythmisch an mich. Stoßweise kam sein Atem zwischen seinen bebenden Lippen hervor. Ich schob sein T-Shirt hoch bis zu seinem Schlüsselbein und begann seine Brust zu liebkosen. >Mhm...<, stöhnte er über mir und griff mir ins Haar.
>Oh Gott, ihr...< Ben flog vom Sofa auf den Boden. >Wie... könnt ihr das machen, wenn ich hier liege? Seid ihr Homos, alle so... ?< Er stützte sich am Sofa ab und stand auf. >Ich penn' beim Hund.< Reese nuckelte an meinem Hals. Einen Moment später hörte ich einen lauten Ruck aus der Küche. >Er macht wenigstens mit niemandem rum!<, rief er.
>Du kannst bei Reese im Zimmer schlafen.<
>Ich will nicht auf euren Kondomen schlafen.<
>Idiot.< Reese fuhr mit seinen Fingern unter mein T-Shirt. >Wie wäre es mit einem Quikie?< Seine Hand umfing schon meinen wachsenden Schritt.
Ich ächzte. >Nicht hier. Morgen...<
>Richard...< Er fuhr mit zärtlich mit seinen Lippen über meine Wange. Jetzt ging es los. >Baby. Bitte.<
>Das ist unfair.<, brummte ich.
Er wusste genau, was er machen musste, um zu kriegen was er wollte. Es waren nicht nur seine dunklen, großen Augen, sondern auch sein sinnlicher Gesichtsausdruck und die Art wie er sich bewegte, wie er mich berührte und die Tonlage seiner Stimme. >Ich will dich, Rick.< Ich schloss meine Augen. Seine Zähne bissen zärtlich in meine Unterlippe. >Jetzt.< Ich erwiderte seinen Kuss. >Bitte.<
>Bitte nicht!<, rief Ben.
Reese verdrehte die Augen und ließ seinen Kopf in den Nacken fallen. >Ok, Stimmung kaputt.<
>Reese, komm. Wir gehen hoch.<
Er verneinte. >Ne.< Er zog mich mit sich auf das Sofa und schlang meine Arme um sich herum. >Jetzt weiß er es also auch schon. Das sind jetzt schon zwei.<
Ich nickte. >Ja, wir müssen das besser unter Kontrolle kriegen.< Reese unter mir erstarrte. >Was ist?<
>Nichts.< Ich konnte sehen, wie sein Bizeps sich unter seiner Anspannung aufplusterte.
Ich küsste ihn in den Nacken, doch er reagierte nicht. >Du verstehst doch in welcher Situation ich bin. Ich kann nicht einfach...<
>Ist schon gut.<
>Du weißt, wie viel du mir bedeutest. Ich kann nur nicht...<
>Ist. Schon. Gut.< Er löste sich von mir und lief ohne ein Wort an mich zu richten aus dem Wohnzimmer und die Treppen hoch in sein Zimmer. Kurz darauf hörte ich auch Barko hoch tapsen.
>Stress im Garten Eden?<
>Halt`s Maul.<
Ben setzte sich vor des Sofa und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. >Was is`n los mit dem?<, fragte er.
Ich zuckte mit den Schultern. >Ich denke, dass... keine Ahnung. Er hat keine Lust mehr auf diese Geheimhaltung.<, brummte ich.
Er nickte. >Was für ein Schock, dich mit dem rummachen zu sehen.< Ich gluckste. >Aber... ja... verständlich oder?<
Ich sah zu ihm runter. Wir sprachen immer über unsere Probleme mit unseren Freundinnen. Das er mit mir jetzt aber auch über die Probleme mit meinem Freund sprach beeindruckte mich. >Du weißt, wie mein Dad ist. Ich würde mich nicht wundern, wenn er mich direkt an Ort und Stelle kreuzigen würde.< Ben brummte zustimmend. >Und in letzter Zeit ist so vieles schief gelaufen. Das hat mich nur noch mehr verunsichert. Ich hab keine Ahnung, wie ich das wieder in Ordnung bringen soll.<, murmelte ich vergessen.
Ben sah sich zu mir um. >Und wie lange willst du das jetzt machen? Ich meine, er kann sein Maul doch selber kaum halten. Ich glaube nicht, dass er das die ganze Zeit mitmachen wird.<
>Ja, wurde mir schon gesagt.<
>Reese ist echt ein anstrengender Kerl. Wie hältst du den nur unter Kontrolle?<
Ich grinste breit. >Mit Sex.<
>Oh, Richard!< Ich lachte auf. Er packte sich ein Kissen und schlug es mir gegen das Gesicht. >Erzähl mir das doch nicht.<
Ich wehrte seine Schläge ab und drehte mich lachend von ihnen weg. >Du wolltest doch immer wissen, wie ich es den süßen Mädels besorgt habe.<
>Ja, aber...< Er schauderte. >Bevor du mir deine Fickgeschichten mit dem erzählen kannst, muss ich mich erst daran gewöhnen, dass deine Mieze ein Kater ist.<
Ich lachte. >Kätzchen.<
>Hä?<
>Ich nenne ihn Kätzchen.<
Ben fing an zu lachen. >Kätzchen? Oh mein Gott.< Er kreischte wie ein Mädchen. Ich fuhr mir durchs Haar und unterdrückte mein Gelächter. >Du hast den ja wirklich an der Leine.<
>Genauso wie er mich.< Ich streckte mich und gähnte. >Schieb den Tisch beiseite. Man kann das Sofa ausziehen.<
>Du darfst also nicht bei deiner Süßen schlafen?<
>Sei ruhig.< Ich grinste ihn an und drehte mich auf die Seite, während Ben das Sofa aufzog und sich hinter mich legte. >Und nur damit du es weißt, ich mach nur mit Reese rum.< Er trat mich gegen das Schienbein, was ich lachend aufnahm.

Kapitel 15

Das Klimpern von einem Löffel weckte mich auf. Ich drehte meinen Kopf, sodass ich schräg in die Küche sehen konnte. Ich sah Barkos wedelnden Schwanz und Reese' Fuß der nervös auf und ab wippte. Ungeschickt stieg ich über Ben und ging in die Küche. Er saß am Tisch und löffelte bunte Ringe aus einer Schüssel voll Milch. Ich beugte mich zu ihm runter, drückte einen Kuss an seine Schläfe und ging zu den Schränken, um mir auch eine Schüssel zu machen. Reese sagte kein Wort. Schweigend saßen wir uns gegenüber und aßen. Ben schnarchte lautstark aus dem Wohnzimmer.
>Reese, ich kann nicht so wie du leben. Das musst du doch verstehen können.<, sagte ich irgendwann, gerade als er seine Schüssel abwusch. Er gab mir keine Antwort. >Reese.<
>Ich habe doch gesagt, dass es schon gut ist. Lass es einfach.<
>Ich will es aber nicht lassen. Du bist sauer.<
>Bin ich nicht.<
>Ich kann das nicht offen zeigen. Mein Vater...<
>Dein Vater, dein Vater, dein Vater. Gott, der geht mir so auf den Sack. Scheiß auf deinen Vater. Wenn er dich nicht so akzeptieren kann, wie du wirklich bist, ist das nicht deine Schuld. Und es ist auch nicht deine Aufgabe, ihn dazu zu bringen dich zu lieben.<, fluchte er und drehte sich zu mir um.
Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück und atmete durch. >Ich muss auf meinen Vater hören. So wurde ich aufgezogen und... das kann ich nicht einfach abschalten. Das will ich auch nicht. Hast du eine Ahnung, wie oft ich ungehorsam war, seit wir zusammen sind?<
Er schüttelte den Kopf. >Vergiss es. Wie gesagt, schon gut.<
>Wirst du jetzt mit mir Schluss machen?< Ich erschrak vor der Furcht, die diese Frage in mir weckte.
Reese verschränkte die Arme vor der Brust und sah mich an. >Für immer... ist eine lange Zeit, um sich zu verstecken.< Ich erinnerte mich an unser Wochenende im Wald. Wir hatten gesagt, dass wir für immer zusammen bleiben würden. >Letztendlich sind wir zwei individuelle Menschen und jeder entscheidet für sich, wie er sein Leben führen will.< Er machte eine Pause und drehte sich wieder zum Geschirr. >Ich will so nicht leben.<, murmelte er.
Ich rieb mir das Kinn. >Nächste Woche ist Valentinstag.<, erinnerte ich ihn. >Das wäre unser erster gemeinsamer Valentinstag.<
>Ja.<
>Ich habe schon eine gute Idee, für mein Geschenk für dich.< Ich stand auf und stellte mich hinter hin. Zögernd legte ich meine Hände an seine Oberarm und strich zärtlich über sie.
>Richard.<, seufzte er.
>Ich werde ihm sagen, dass wir zusammen sind. Das verspreche ich dir, aber nicht jetzt. Es geht hier auch um meine Familie und ich will sie nicht verlieren.< Ich nahm ihn in den Arm und küsste seine Schulter. >Halt mich noch ein bisschen länger aus. Bitte.< Er seufzte. >Bitte.<
>Anthony hat mich fast eine Woche, nachdem wir zusammen waren, seinen Eltern vorgestellt. Sie waren gegen uns, aber... dass er das auf sich genommen hat... war schön, verstehst du?< Er drehte sich wieder zu mir um und sah mich an. Ich konnte nicht fassen, dass er jetzt gerade diesen Idioten ins Gespräch brachte. >Und du... Im Gegensatz zu dir, war mir Anthony einen Haufen Scheiße wert. Wie ironisch, dass der Kerl, der mir eigentlich nur zum Vögeln gedient hat, mich seinen Eltern vorstellt, und der Kerl, der... mir ernsthaft am Herzen liegt, vor seinem Vater kuscht.<
Ich löste mich von ihm. >Was soll ich denn machen? Ich würde meine Familie verlieren.<
>Sie verlieren bedeutet, sie verdienen dich nicht.<
>Das ist mir egal. Ich will sie nicht verlieren.<
>In Ordnung.<
Ich hielt inne und blickte ihn an. >Was heißt das jetzt?<
>Das heißt, dass du dein Versteckspiel weiterspielen kannst, ich aber nicht weiß, wie lange ich mitmache.<
Ich nickte. >In Ordnung.<
>Sagte ich ja.<
Ich ging ins Wohnzimmer und weckte Ben auf. >Was ist?
>Wir gehen.<
>Oh, gibt es Streit?< Ich ignorierte das und ging wortlos aus dem Haus. Ben kam hinterher gejoggt. >Es ist also ernst.< Wir stiegen in meinen Wagen und fuhren los. Ohne Umschweife fuhr ich erst Ben nachhause und dann zu mir. Mein Kopf brodelte. Wie konnte er nur so selbstsüchtig sein? Sie waren meine Familie. Ich konnte sie nicht verlieren. Niemals. Ich liebte sie so sehr. Und er erwartete von mir, dass ich sie im Stich lassen sollte?
>Rick, komm her.< Widerwillig ging ich ins Arbeitszimmer meines Vaters. >Ich habe hier in Frage kommende Colleges für dich ausgewählt. Bis heute Abend will ich deine Lebensläufe und Bewerbungen haben. Demnächst kriegst du ja deine Noten und dann schicken wir sie ab.< Damit ging ich in mein Zimmer und begann zu schreiben. Es dauerte nicht lange, bis alles fertig war und ich und meine Gedanken wieder alleine waren.
Eine ganze Woche lang, war ich mit meinen Gedanken alleine. Es war der 13. Februar, als ich wieder in die Schule gehen konnte. Ich bekam mein Zeugnis. Es war passabel. Nicht schlecht, aber auch nicht erschreckend gut. Ich fing an Bewerbungen zu schreiben, während meine Gedanken blank lagen. Reese redete kaum mehr mit mir.
Ich hatte etwas Geld beiseite gelegt und vor ein paar Tagen eine Akustik-Gitarre für Reese gekauft. Sie war schwarz und am unteren Rand der Decke war ein Zitat von Bob Marley „In this bright future you can't forget your past.“ in die Gitarre geritzt. Das Lied hatte er gesungen, als wir zelten waren. Hinten hatte ich mit einem weißen Stift „Für immer. R.“ geschrieben. Selbst,wenn unsere gemeinsame Zeit irgendwann ein Ende hat, werde ich ihn niemals vergessen. Ihn immer bei mir behalten.
>Verdammt, ist das kitschig.<
Sandra war nicht da. Sie und Tim waren zusammen in einem Hotel. Ich wollte mir nicht vorstellen, was sie da taten.
Ich nahm den Ersatzschlüssel unter dem Stein hervor und ging ins Haus. Es war früher Abend. Ich ging hoch in sein Zimmer, wo er neben Barko im Bett lag. Fragend sah ich mich im Zimmer um und entschied mich dann dafür, die Gitarre gut sichtbar gegen seinen Schreibtisch zu lehnen. Argwöhnisch sah ich auf seine Hände. In den letzten Tagen wurde Reese' Hand zu einer Sammelstätte von Pflastern. Wenn ich darauf ansprach sagte er nur, ich sollte mich um meinen eigenen Kram kümmern.
Ich ging wieder aus dem Haus und zu mir zurück. Meine Eltern waren Essen und mein Bruder passte auf unsere Schwester auf. Ich setzte mich zu ihnen hin und schaute fern. Mum und Dad kamen erst spät in der Nacht zurück. Als die Kinder schon schliefen und ich für die Schule lernte.
>Gute Nacht, Liebling.< Meine Mutter küsste mich auf die Wange und folgte meinem Dad kichernd ins Schlafzimmer.
Angeekelt verzog ich das Gesicht. >Eklig.<, murmelte ich und zog mir Kopfhörer an. Die nächste Stunde lang hörte ich Musik und merkte erst, dass mein Handy klingelte, als ich sie wieder abzog. >Hallo?<
>Hast du eine Ahnung, wie lange ich dich schon anrufe, du mieses Arschloch?!<
Ich musste das Handy von meinem Ohr weghalten, weil er so laut schrie. >Es tut mir leid. Was ist denn?<
>Hast du Lust auf Sex im Auto?< Ich schnaubte lächelnd. >Ich denke, dass ist ein „Ja“. Komm raus.< Ich klappte mein Buch zu, schaltete das Licht ab und ging runter zur Haustür. Reese saß im Schneidersitz auf der Motorhaube meines Wagens. Neben ihm lag ein Rucksack. >Danke, für die Gitarre. Sie ist...< Er stieg hinab und nahm mich in den Arm. >... wunderschön. Danke.< Ich drückte ihn an mich. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, dass ich ihn so nah bei mir hatte. Er atmete erleichtert durch und küsste mich zärtlich auf den Mund. >Ich fahre. Hab auch ein Geschenk für dich.< Er zog den Autoschlüssel aus meiner Hosentasche und setzte sich ins Auto. Wir fuhren in den wahrscheinlich von Filmen am meisten genutzten Ort. Eine Klippe mit Ausblick auf die Stadt.
>Wie findest du nur diese ganzen Plätze?<, fragte ich.
Er zuckte mit den Schultern. >War betrunken.< Seine Finger strichen über meine Wange. >Mach die Augen zu, Babe.< Ich tat, was er sagte und wartete. Es raschelte, ich war kurz davor meine Augen zu öffnen. >Jetzt.< Meine Lider trennten sich und ich sah auf Reese hinab. >Die Bilder hat Ian gemacht, abgesehen von dem hier, und... den Rahmen... ich. Ehm... Tim hat mir geholfen und...<
>Tim?< Ich sah auf den Bilderrahmen in seinen Händen. Es waren mehrere Bilderrahmen und sie trugen Bilder von mir und Reese in sich. Das eine war vom Festival. Er saß zwischen meinen Beinen und blickte zu mir hoch, während ich zur Bühne sah. Was für ein schönes Bild. Der Blick in seinen Augen war leidenschaftlich, liebevoll und unwiderlegbar verliebt. Das zweite war vom Zelten. Das Bild, das er mit dem Handy geschossen hatte auf dem wir uns küssten. Das Dritte und Letzte zeigte uns beide im Krankenhaus. Er lag im Bett und ich neben ihm mit seiner Hand in meiner. Wir lachten beide. Fast hätte man unser Gelächter hören können. Die Rahmen waren aus dunklem Holz. Die Bilder schienen mit dem Holz verschmolzen zu sein. Es war schön und jetzt verstand ich auch die Verletzungen an seinen Fingern. >Du hast dir weh getan.<
>Nicht schlimm. Ich bin echt nicht gut bei so was... Gefällt es dir?<
Ich sah zu ihm. Seine Nervosität machte ihn noch niedlicher und hübscher, als er es eh schon war. >Steig aus.<
>Was?<
>Steig aus.< Ich legte das Bild auf die Hinterbank und stieg aus. Verblüfft tat Reese es mir nach, blieb aber vor der Tür stehen.
>Warum...?<
>Weil da drin zu wenig Platz ist.< Ich stieß ihn gegen den Wagen und küsste ihn.
Lachend schlang er seine Arme um meinen Nacken. >Was, wenn jemand kommt?<
Ich nippte an seiner Unterlippe und brachte ihn damit zum Luft schnappen. >Dann sollten wir ihnen eine gute Show liefern.< Ich glitt an ihm herunter und erwiderte sein Grinsen. >Hier.< Ich schob sein Oberteil hoch, bis er den unteren Saum in seinem Mund hatte. >Damit uns niemand hört.< Mit einem Ruck riss ich seine Hose auf und zog sie samt seiner Unterwäsche runter bis zu seinen Knien. Ich küsste, leckte und liebkoste ihn, bis er dem Wahnsinn nahe kam. Über mir konnte ich hören, wie er seinen Kopf gegen den Wagen schlug und durch den Stoff stöhnte. >Danke, für das Geschenk.<, nuschelte ich und nahm ihn komplett in den Mund.
Er hob sein Oberteil mit der Hand hoch und fuhr mit der anderen durch mein Haar. >Ich muss dir mehr solche Geschenke machen.<, keuchte er. Er packte mich fester. >Mach den Mund weiter auf.< Ich wurde am Kopf an seinen Schritt gezogen und sog sein williges Wimmern in mich auf. >AH... ja.<, stöhnte er und hielt in seiner Bewegung inne. >Ah!< Er krümmte sich und kam. Ich stand auf und hielt ihn fest, als er etwas schwach an mir lehnte.
>Kätzchen, ich bin noch nicht fertig.< Ich küsste ihn und trat auf seine Hose. >Raus da.< Mit seinen großen Augen auf mich gerichtet, stieg er aus seiner Hose und gleichzeitig aus seinen Schuhen. Zur gleichen Zeit befreite ich auch mich und streifte mir das Kondom über. Sobald er aus der Hose war, warf Reese auch seine Jacke ab und ließ mich seine Beine auf meine Arme heben. Ich massierte ihn und küsste ihn dabei, aber nicht zu lange. Dafür war ich viel zu ungeduldig. Mit meinen Lippen noch immer auf seinen, platzierte ich mich unter ihn und begann meine Hüften zu bewegen. Reese krallte sich in meinen Schultern fest. >Frohen Valentinstag.<, keuchte ich und küsste ihn.
Ich liebe dich. Ich liebe dich. Ich liebe dich.
Die Worte hallten nur so in meinem Kopf.
>Baby.< Er zog mich an seine Lippen. >Weiter...< Ich fuhr ihm durch sein Haar und wanderte küssend an seinem Hals hinab. Sein kehliges Stöhnen in meinem Ohr tragend jagte ich uns beide immer weiter in die Höhe. Reese lehnte seinen Kopf gegen den Wagen und schloss keuchend seine Augen. >Ah... ah...<
Wir kamen beinahe gleichzeitig und waren beide mehr als erschöpft. Mit ihm auf meinen Arm öffnete ich die Tür zur Hinterbank und schlüpfte mit ihm hinein. Die Kleidung legten wir auf dem Boden des Autos hin. Ich zog Reese in meine Arme, umfing sein Gesicht und küsste es über und über. Ich hörte sein süßes Kichern, während meine Lippen sich auf Stirn, Augen, Wangen, Nase, Kinn und Kiefer drückten.
>Richard.<, lachte er und rutschte etwas zurück. >Unser erster Valentinstag, Loverboy.< Er legte sich zu mir und betete seinen Kopf an meine Brust. Zärtlich biss er mich. Ich fuhr mit meiner Hand über seinen Rücken. Er trug noch sein Oberteil, war untenrum aber komplett nackt. Das Gleiche war bei mir der Fall. Ich nahm seinen Hintern in meine Hand und knetete ihn zärtlich. >Mhm...< Er robbte etwas zu mir hoch und presste seine Lippen noch einmal an meine. >Schlaf gut.< Ich konnte nicht von seinem Po ablassen. >Rick.<
>Es tut mir leid. Er ist nur so perfekt.<
Er gluckste. >Das ist er, aber ich möchte schlafen.<
>In Ordnung.< Ich schlug einmal laut klatschend drauf, was er mit einem schwachen Schlag auf meine Brust quittierte.
Wir schliefen und ich träumte einen wundervollen Traum von Reese und mir. Wir beide, wie wir ohne Probleme durch die Stadt laufen konnten. Wir küssten und umarmten uns. Mehr nicht, aber nur der bloße Gedanke nahm mir alle Sorgen.
Leider oder Gott sei Dank weckten mich Wellen von Lust, die von meiner Mitte aus über meinen ganzen Körper schwappten.
>Rick?< Reese atmete laut. >Richard, wach auf.< Ich spürte eine warme Nässe und zuckte unter einer weiteren Welle. >Richard, ich will Sex.< Und schon war ich wach und sah auf Reese runter. Er fuhr sich mit dem Handrücken über seine Lippen und erhob sich. Mit einer geschmeidigen Bewegung zog er sich sein Oberteil aus und warf es nach vorne auf den Beifahrersitz. >Zieh es aus.< Er zupfte an meinem Shirt. Ich gehorchte natürlich und sah genüsslich dabei zu, wie er sich über mir platzierte und mit stockendem Atem auf mir niedersank. Mit Überraschung bemerkte ich das Kondom auf mir.
Wie hat er das hingekriegt?
In langsamen, sinnlichen Bewegungen trieb er mich an. Sein Kopf lag in seinem Nacken, während ich seine Brust liebkoste. Meine Zunge traf auf seine kleinen Brustwarzen. Er stöhnte laut und schob sich weiter zu mir vor. Seine Augen trafen auf meine und er hielt mich mit ihnen fest. Als würde ich jemals auf die irre Idee kommen, in so einem Moment zu gehen. >Schneller, Kätzchen.< Ich umfing seine Hüfte und trieb ihn enger an mich heran. Er wimmerte laut und grub seine Finger in meiner Schulter. Der Schmerz hob meine Empfindungen nur an. Ich fuhr mit meiner Zunge über seinen Schlüsselbein.
>Ich...< Er kam und kaum zwei Sekunden später kam ich. >Oh Gott.<, seufzte Reese und lehnte sich müde an mir an. >Das war... so gut.<
Ich lachte. >Das war es.<
>Ok, jetzt kann ich wirklich nicht mehr.< Ich glitt aus ihm heraus, nahm das Kondom und knüllte es in ein Papiertuch. Ein befriedigtes Schweigen legte sich über uns.
Ich fühlte mich so ausgelassen und ruhig und... ich liebte ihn so sehr. So sehr. Ich bedankte mich bei Gott und bei jedem anderen, dass ich Reese kennengelernt hatte.
Meine Arme schlangen sich geistesabwesend enger um ihn. Er war mein Wunder. Niemals wollte ich ihn verlieren. Nur der Gedanke...
>Reese,...< Ich vergrub meine Nase in seinem Haar. >... ich liebe dich.< Fast zeitgleich erstarrte Reese zu einem Stein. Sofort bereute ich es. >Es... es tut mir leid. Wenn das zu schnell war, dann...<
Er hob langsam seinen Kopf an und blickte mich an. >Ich liebe dich auch.<, hauchte er, doch sein Gesichtsausdruck passte nicht einmal teilweise zu seiner Aussage. Er setzte sich auf und wich meinem Blick aus. >Warum... sagst du so was?<, fragte er. Ich schüttelte verwirrt den Kopf. >Besonders nach dem, was wir letzte Woche besprochen haben.<
>Was... meinst du?<
Er öffnete die Tür und stieg aus. Ich folgte ihm raus und sah ihm dabei zu, wie er sich anzog. >Du... du versteckst mich, wie einen Porno vor deiner Familie und sagst mir dann, dass du mich liebst?< Er sah mir in die Augen. >Hörst du die Ironie?<
>Ich wollte dir nur sagen, dass du mir viel bedeutest.<
Er trat auf mich zu. >Wie viel kann ich dir schon bedeuten, wenn ich nichts weiter bin, als ein Geheimnis? Richard, erinnert dich unsere Situation nicht an das typische Verhalten in einer Affäre?< Er öffnete die Fahrertür und holte sich sein Oberteil. Ich schlüpfte in Unterwäsche und Hose. >Bin ich nichts weiter als eine Affäre für dich? Ein Experiment?<
>Du weißt ganz genau, dass du das nicht bist.<
Er holte sein Handy aus der Hosentasche raus. >Es fühlt sich aber verdammt nochmal so an.<
>Wen rufst du an?<
>Wen wohl.<, blaffte er, schnappte sich seine Tasche und ging vom Auto weg.
>Warum rufst du immer ihn an, wenn es bei uns ein wenig...<
Er fuhr sich durchs Haar. >Weil er mich versteht. Er ist eben mein bester Freund.<
>Ich sollte dein bester Freund sein.<
Er blieb stehen und sah mich an. >Nein, du solltest mein Freund sein. Der Kerl, der es mir besorgt und mich dann vor allen knutscht, als gäbe es nichts besseres.< Er tippte etwas in sein Handy ein und ging weg.
Doch so schnell ließ ich ihn nicht gehen und hielt ihn fest. >Hey, du bist das Beste für mich, aber ich kann das nicht... Du weißt das doch. Ich habe es dir ganz am Anfang erklärt. Ich kann es ihnen nicht einfach sagen.<
Sein Kiefer spannte sich an und er fluchte leise. >Gut. Das verstehe ich. In Ordnung, aber ich mach da nicht mit, ok? Ich habe mich noch nie versteckt und ich werde jetzt auch nicht damit anfangen.< Er drehte sich von mir weg und stampfte weg.
Wieder packte ich ihn und hielt ihn vom Gehen ab. >Was soll das jetzt heißen?<
>Rick, wir sollten vielleicht eine Pause einlegen. Nur damit du dir klar wirst, was du eigentlich willst und...<
Seine Worte waren wie ein Schlag.
>Ich will dich, Reese.<
>Ja, vielleicht,... aber... du bist noch nicht so weit. Ich meine, es war ja auch ziemlich plötzlich. Du hattest noch nie einen Kerl, deswegen...<
>Reese, ich liebe dich. Ich liebe dich.< Ich nahm beide Hände in meine. >Ich liebe dich. Das ist mir schon lange klar. Ich will niemand anderen.<
Er nickte. >Ich weiß. Ich leugne deine Gefühle auch nicht, nur deine Bereitschaft. Ich sag ja nicht, dass wir Schluss machen...<
>Wir wissen beide, für was eine Pause steht.<
Ein schwarzes Auto fuhr vor. Reese raufte sich sein Haar. >Wir sehen uns ja noch in der Schule. Es ist einfach nur...< Er ließ den Satz offen, sah mich an und ging dann.
>Reese.< Er hörte nicht auf mich und stieg bei Anthony ein. Ich sah ihn durch die Windschutzscheibe lächeln und hätte am liebsten auf etwas eingeschlagen. Sie fuhren weg und ich blieb alleine. Wütend, traurig, verletzt und verwirrt. Ich war mir nicht sicher, ob wir noch zusammen waren. Ich verstand das nicht. >Scheiße.< Wütend stieg ich ins Auto ein und fuhr los. >Scheiße.<, fluchte ich immer wieder. Wie konnte das so plötzlich so schief gehen? Ich sah auf den Bilderrahmen, der auf dem Beifahrersitz lag. Wir waren doch glücklich? Wieso musste er es so schwer machen? Ich atmete durch. Nein, er hatte ja recht. Dieses Verstecken war weder romantisch noch liebenswürdig. Ich konnte ihn verstehen. Das war nicht richtig.
Ich kam zuhause an, schaffte es aber nicht hoch ins Zimmer und warf mich auf das Sofa im Wohnzimmer. Blieb aber nicht lange allein, denn mein Vater kam knapp eine halbe Stunde später runter.
Ich machte mir nicht die Mühe aufzustehen, sondern verschränkte meine Hände vor meinen Augen. >Was ist los, Junge?< Das Sofa senkte sich bei seinem Gewicht, als er sich setzte. Er tätschelte mein Knie. Ich brummte nur. >Ist Fwas passiert?< Ich sagte nichts. >Ist es ein Mädchen?< Natürlich dachte er, dass es ein Mädchen sei. >Judy?< Oh Gott. >Es wird schon alles gut laufen. Ihr werdet euch sicher wieder versöhnen.< Ich sagte wieder nichts und wahrscheinlich dachte er, er solle deshalb weiter reden. >Ich freue mich schon, wenn ihr beide euren Abschluss habt. Ich und Calvin...< Bens und Judith' Vater. >... wussten von Anfang an, dass ihr zusammen gehört. Ihr werdet ein schönes Paar sein. Ich freue mich auf eure Hochzeit und das danach..< Ich schauderte bei seinen Worten. >Besonders auf Enkelkinder...<
>Dad.< Er hielt inne. Ich setzte mich auf. Enkelkinder. >Danke. Ich... geh schlafen.<, murmelte ich und stand auf.
>Du kannst immer mit mir sprechen, Sohn.<
Ich lächelte gepresst und ging hoch in mein Zimmer. Ich hätte das keine Minute länger ausgehalten. Erschöpft ließ ich mich auf mein Bett fallen, doch an Schlaf war nicht zu denken. Stundenlang wälzte ich mich hin und her. Was für ein Scheiß!
In Gedanken küsste ich Reese und alles war in Ordnung, aber sobald meine Augen offen waren, war ich wieder alleine.
Noch nie, musste ich mir soviel Mühe geben in einer Beziehung. Noch nie, war es so anstrengend. Noch nie, hatte es mir so viel bedeutet.

Der nächste Tag in der Schule war furchtbar seltsam. Ich traf Reese in der Schule im Klassenzimmer. Er setzte sich neben mich, doch wir sahen uns nicht an und sprachen auch nicht. Plötzlich wusste ich nicht worüber ich mit ihm sprechen konnte.
>Reese, es...< Er sah mich an und brachte mich damit zum Schweigen. Ich rang nach Worten und rieb mein Kinn. >Ich wollte dich nicht verletzten. Das war nur...< Er lächelte schwach. >Ich liebe dich. Wirklich.<
>Und wie gesagt, glaube ich dir das. Ein Wunder, dass keiner von den anderen das merkt. Jedes Mal, wenn du mich ansiehst, werde ich scharf, weil...< Er lachte. >... es so aussieht, als würdest du mir am liebsten sofort die Kleidung herunterreißen.<
Ich grinste. >Das stimmt.<
>Ja, aber... so sehr du mich auch liebst. Liebe ist einfach nicht genug. Besonders in unserem Fall. Rick, ich fühle mich nicht gut dabei, mich im Wald verstecken zu müssen, um dich einmal einfach so küssen zu können.< Ich nickte. >Was... denkst du?<
Ich hatte so gehofft, er würde diese Frage nicht stellen. >Ich... ich weiß nicht. Ich...<
>Schon nur, dass du das sagst.< Er schnaubte und stützte sein Kinn auf seiner Hand ab.
Ich zog ihn an mich heran, damit er mich ansah. >Ist dir klar, was ich alles verlieren könnte? Du kannst meinen Vater vielleicht nicht leiden, aber ich habe nun mal keinen anderen. Und wenn mein Vater, „Nein“ sagt, was er mit Sicherheit tut, verliere ich nicht einfach nur ihn, sondern alle.< Er wandte sich wieder ab, aber ich drehte ihn zu mir zurück. >Meine Mutter, meinen Bruder und meine Schwester. Meine ganze Familie, Reese.<
Seine Augen glitten über mein Gesicht. >Was ist das denn für ein Leben? Was ist das für ein Vater, der sein Sohn nicht lieben lässt?<
>Mein Leben und mein Vater. Was soll ich denn machen?<, fragte ich nun wütend.
>Etwas daran ändern.<
>Ich. Kann. Nicht.<
Er wich zurück und sah mich an. >Und ich kann das nicht. So sehr du ohne deine Familie leiden würdest, leide ich unter „Versteck dich unter`m Bett.“<
>Das habe ich nie von dir verlangt.<
>Was, wenn wir nackt auf deinem Bett sind und dein Vater hochkommt?< Ich schwieg. >Ja, Richard.< Er stand auf. >Ok, vielleicht hast du ja recht. Vielleicht bedeutet „eine Pause“ ja...< Meine Augen weiteten sich. >...“Schluss machen“. Ich stimme der allgemeinen Meinung ja nie zu, aber... manchmal...<
Ich sah ihn. >Reese, bitte...<
>Bitte, halt weiter deinen Mund? Ist es das, was du mir sagen willst?< Ich seufzte. >Es war ja doch ziemlich ohne Zukunft. Ich meine, du bist der Sportler. Der Frauenheld. Und... ich bin eben der Punk. Der Außenseiter. So läuft das. Manchmal... stimmen Klischees.< Er ging.
Jetzt wusste ich es sicher. Wir waren nicht mehr zusammen. Was bedeutete das jetzt? Wir würden nicht mehr miteinander sprechen, uns ignorieren und...
Ich packte das nicht. So konnte das nicht gehen. Ich...
Ich fuhr mir durchs Haar und atmete leise durch. Ich konnte ihn nicht einfach gehen lassen. Nicht so. Nicht jetzt. Nicht irgendwann. Niemals. Das...

>Hey, was bist`n du so schlecht drauf?< Ich legte den Controller aus der Hand und lehnte mich gegen das Bett. Ben pausierte das Spiel. >Was los?< Ich fuhr mir mit beiden Händen durchs Haar und sah Ben an. Er rückte etwas näher heran. >Alles klar?<
>Du hattest recht. Mit Reese. Er hat das nicht mehr mitgemacht.<
Er atmete aus. >Ist... Schluss?< Ich nickte. >Scheiße. Tut mir leid, Mann.< Seufzend lächelte ich. Ben war in den letzten Tagen mehr als unterstützend gewesen. Wenn die anderen aus dem Team irgendeinen Kommentar abgelassen hatten, war er immer dazwischen gegangen. Ich war froh darüber, dass ich ihn nicht verloren hatte. Wenigstens wusste ich jetzt, dass er mich nicht hängen ließ. >Und... was jetzt? Also... suchst du dir jetzt wieder...?<
>Ich... kann ihn nicht gehen lassen.<
Ben rümpfte die Nase. >Und wie willst du das hinkriegen?<
Ich lehnte meine Stirn gegen meine Knie. >Habe ich denn irgendeine Wahl?<
Er verstand. >Warte mal. Das kannst du nicht machen. Dein Dad wird ausrasten. Ist... ist er das wirklich wert? Ich meine, dass kann richtig schief gehen.<, warnte er mich.
Ich setzte mich gerade hin. >Ich weiß, aber... Ich bin am Arsch ohne ihn. Das ist richtig übel, Mann. Und es gibt keine andere Möglichkeit, also...<
Er schüttelte den Kopf. >Das ist scheiße, Alter. Das ist scheiße.< Ich nickte. >Du... liebst ihn oder?< Ich nickte wieder. >Krass.< Glucksend setzte ich mich in den Schneidersitz. >Ich kann mir nicht vorstellen, wie er das aufnehmen wird.<
>Ich auch nicht.<
>Hey, Jungs.< Judy kam ins Zimmer. >Was ist los?<
>Schwester, verpiss dich.<, blaffte Ben.
Judith ließ sich nichts sagen. Sie trat ein und setzte sich neben mich. Ihre langen Beine schwang sie auf meinen Schoss und lächelte mich lasziv an. >Baby, was ist los?<, fragte sie und strich mit ihren Händen über meine Wange.
Benji fluchte leise. >Judy. Kannst du deine Beine vielleicht irgendwo anders spreizen?<, blaffte er.
Judith kickte ihn gegen das Schienbein. >Halt die Klappe. Rede nicht so mit mir.< Sie wandte sich wieder mir zu und drehte mein Kinn zu sich. >Sag schon.<
>Sorry, Mann.< Ben stand seufzend auf und ging zu seinen Spielen.
Ich lächelte und sah zu Judy. Sie war echt nah dran. >Ehm... alles klar. Jude, könntest du vielleicht...<
>Nein, könnte ich nicht.< Ihre Fingerspitze strich über mein Kinn. >Was ist los?<
Ich fuhr mir durchs Haar. >Nichts wirklich. Judith, ich finde das echt ein bisschen...<
>Benji, ich möchte kurz alleine mit Richard reden.< Sie sah vor zu ihrem Bruder. Hastig schüttelte ich den Kopf und bat Ben gedanklich darum, mich nicht mit ihr alleine zu lassen.
Er blickte zwischen uns beiden hin und her. >Nein, ich würde... lieber hier bleiben.<
>Geh jetzt.<, verlangte sie streng. Etwas hilflos zuckte er mit den Schultern und ging raus. Sobald die Tür zu ging, setzte sie sich auf meinen Schoss. >Also, erzähl mal.<
>Judy, echt...< Langsam begann sie zu nerven. Leider. Ich mochte sie eigentlich, aber mittlerweile...
>Du bist so komisch in letzter Zeit. Was ist denn los? Warum willst du mich nicht mehr?<, fragte sie gereizt.
Ich seufzte. >Weil ich einfach nicht mehr interessiert bin. Jetzt steig ab.<
>Oh, wirst du zickig?< Sie lächelte verschlagen. >Komm schon, Richard. Ich serviere mich dir buchstäblich auf dem Silbertablett.<
>Ja, aber ich will es nicht.< Sie legte ihre Lippen an meinen Hals und begann ihn zu liebkosen. Ich verdrehte die Augen und schloss sie. >Judith.<
>Halt deinen Mund.< Sie knöpfte mein Hemd auf.
>Nein.< Ich umfing ihre Hüfte und hob sie von meinem Schoss auf den Boden. Bevor sie sich wieder auf mich setzte, stand ich auf und raufte mein Haar. >Ok, ich möchte das jetzt klar stellen. Judy, zwischen uns war was, aber... das ist jetzt nicht mehr da, in Ordnung? Du... du musst das einfach verstehen und diese ganze Scheiße endlich lassen.<, bat ich.
Sie senkte ihren Blick und schmollte tatsächlich. >Aber warum?<
>Das... Es geht nicht. Du musst das akzeptieren, weil ich keinen Bock hab, mich vor dir verstecken zu müssen.<
Sie streckte mir ihre Hand zu. Ich half ihr auf die Beine und sie strich ihre Jeans glatt. >Gut. Nachricht angekommen.< Überrascht entdeckte ich die Tränen in ihren Augen.
>Hey, Jude.<
Sie schob mich von sich, als ich sie in den Arm nehmen wollte. >Nein, jetzt bemitleide mich nicht auch noch, verdammt.< Mit diesen Worten stürmte sie aus dem Zimmer. Ein paar Minuten später kam Ben zurück mit zwei beladenen Tellern voll Essen.

Reese kam die nächsten Tage kaum noch in die Schule. Und wenn,...
>Reese, geht es dir gut?<
Er stieß mich von sich. >Lass  mich in Ruhe. Alter, du brauchst nicht mehr auf mich aufzupassen.< Lilane Augenringe prangten unter seinen Augen. Er roch nach Alkohol und anderem Zeug. Darunter Gras.
>Ich... wir können doch noch Freunde sein und ich...<
Er sah mich an. >Würdest du bitte realistisch bleiben, Richard? Wir lieben uns und, ich weiß nicht, wie du dich fühlst, aber ich werde geil, nur weil du vor mir stehst. Also wie zum Teufel sollen wir Freunde sein können?< Er trat von mir weg und ging durch den Flur weiter. Er war kränklich bleich und obwohl es unmöglich war, schien er kiloweise abgenommen zu haben.
Er war kaum noch da und ich überlegte mir immer wieder zu ihm zu fahren, doch war ich mir ziemlich sicher, dass er mich hinaus jagen würde.
Aber er hatte recht. Ich liebte ihn. Und ich träumte von uns beiden. Wie wir miteinander schliefen, wie wir uns küssten, wie wir glücklich miteinander waren. Ich vermisste ihn, obwohl gerade erst einmal eine Woche vergangen war. Wie sollte ich das aushalten?


Freitag Abend. Wir aßen zu Abend. Reese und ich waren mittlerweile seid drei Wochen getrennt und hatten kein Wort gewechselt und hatten einander auch nicht gesehen. Doch ich schaffte das nicht mehr. Wie konnte der Valentinstag nur so enden? Ich schaffte das nicht mehr ohne ihn. Ich vermisste ihn so sehr und ich wusste, dass er mich vermisste. Wenn er dachte, ich würde ihn nicht sehen, bemerkte ich, wie er mich beobachtete. Das natürlich nur an den wenigen Tagen, in denen er in der Schule war. Jedes Mal sah er schlimmer aus. So konnte das einfach nicht zu Ende gehen. Wir hatten so einen schönen Anfang und jetzt? Ich wollte ihn nicht hergeben. Ich wollte ihn nicht verlieren. Das konnte nicht sein.
Ich sah auf den Teller vor mir. Gemüse, Fleisch und Kartoffelpüree. Es duftete sehr gut und ich hatte Hunger, hatte ich doch seid gestern morgen nichts gegessen und fast nur trainiert, um mich irgendwie zu beschäftigen.
Meine Familie redete angeregt, doch hörte ich sie nur wie aus der Ferne.
>Richard, was ist los?< Ich folgte der Stimme bis zu meinem Vater, der mich Stirn runzelnd ansah. >Keinen Hunger, Junge?<
>Ich... muss euch etwas sagen.< Mein Herz schlug lautstark in meiner Brust. Ich spürte, wie mir langsam heiß wurde und sich Schweiß in meinen kalten Händen sammelte.
Dad lachte und sah zu meiner Mutter, die etwas besorgt drein schaute. >Was ist los? Ist was mit Judy? Richard, sie ist eine junge Frau. Lass ihr Zeit...<
>Es geht nicht um Judith.<
Joshs Augen trafen auf meine und ich erwiderte seinen Blick. Als er verstand schüttelte er schockiert den Kopf. Meiner Mutter blieb das nicht verborgen. >Was ist los, Richard?<
>Ich... ich bin in einer Beziehung, aber nicht mit Judith.<
>Was?< Dad trank aus seinem Glas. >Ich dachte, das wäre klar. Judy ist gut für dich.<
>Diese Person... bedeutet mir sehr viel und... ich möchte sie nicht verlieren, deswegen....< Ich rieb mein Nasenbein. Mein Herzklopfen begann weh zu tun. Als würde er an einem Knoten ziehen.
>Rick, was ist denn los?< Mein Vater wurde langsam hellhörig. >Wer ist denn diese mysteriöse Frau?<, fragte er streng.
Ich blickte ihn an, sah zu meiner süßen kleinen Schwester, die von der Spannung nichts mitbekam. Zu meinem Bruder, der mich gedanklich darum bat, meinen Mund zu halten. Zu meiner Mutter, die mich voller Sorge ansah. Und mein Vater. Mein Vater. Gott, was würde er tun? Was würde ich tun?

Wie würde dieser Abend zu Ende gehen?

Kapitel 16

>Ich... ich bin mit Reese zusammen.< Ich schloss für einen Moment meine Augen, bevor ich sie wieder öffnete und von dem Schock meiner Eltern überrumpelt wurde. Sowohl mein Vater, als auch meine Mutter hatten Augen und Mund weit aufgerissen und hielten in der Bewegung inne.
>Aber Reese ist doch mein Prinz?<, fragte Haley und brach damit das Schweigen und die Zurückhaltung.
Mein Vater stand auf und ging aus dem Raum. Ich sah ihm nach, konnte mir aber schon vorstellen, wo er hinging. >Du...< Meine Mutter. >Du... bist schwul? Du bist...?<
Ich bedeckte mein Gesicht mit meinen Händen und sah sie an. >Ich... Es ist einfach passiert. Ich kann nichts dafür... Wir sind....< Ich richtete mich auf. >Es tut mir leid, aber... ich... ich...< Überfordert fuhr ich mir durchs Haar und schüttelte den Kopf. >Ich kann nichts dafür, dass ich mich verliebt habe.< Oben rumpelte es laut. Ich sah hoch und atmete wieder durch.
Meine Mutter folgte meinem Blick. Sie stand auf, als mein Vater gerade runterkam. Er warf drei prall volle Taschen vor die Haustür. >William, ich bitte dich. Er ist noch immer unser Sohn.<
>Meine Söhne sind nicht schwul. Sie sind fromme Kinder, die Gott dienen. Gott will keine Schwuchteln.< Ich schüttelte den Kopf.
>Dad, bitte.< Josh stand auf und stellte sich vor mich, als ich mich gerade aus dem Stuhl erhob. >Wir leben in einer neuen Zeit. Immer mehr Städte reformieren und legalisieren die homosexuelle Hochzeit.<
>Eine Sünde.<
>Eine Revolution.<, entgegnete Josh. >Rick ist mein Bruder und dein Sohn. Du kannst ihn doch nicht einfach rauswerfen. Bitte.< Haley stieg aus ihrem Stuhl und sah verwirrt zwischen uns hin und her.
Dad schnaubte. >Ich bin der Mann in dem Haus und ich entscheide, was hier geschieht. Ich will dich aus meinem Haus haben sofort.< Er begann sich vorzupreschen, aber die Wand bestehend aus Mum und Josh wagte er noch nicht zu durchbrechen.
>Du kannst mir nicht einfach die Familie nehmen.< Ich trat vor. >Sie sind nicht dein Eigentum.< Und da landete die erste Faust in meinem Gesicht. Ich hatte ganz vergessen, mein Vater war in seinen jungen Jahren Boxer gewesen. Er hatte es noch immer drauf. Meine Mutter schrie auf, Josh hielt mich fest, als ich rückwärts taumelte, und Haley begann zu weinen.
>Ich will kein Wort mehr von dir hören! Du bist verdorben! Davor habe ich dich die ganze Zeit gewarnt. Du bist verdorben! Und ich werde meine Familie nicht diesem Risiko aussetzten!<, brüllte er laut und machte Anstalten seine Faust noch einmal zu schwingen, aber Mum hielt ihn zurück.
>Risiko?!< Meine Mutter schüttelte den Kopf. >Das ist unser Junge und wenn... wenn er sich verliebt hat, dann... dann müssen wir das... das einfach so annehmen, William. Ich bitte dich. Sieh ihn dir an. Das ist unser Junge, Ricky. Dein Sohn, den wir beide lieben.<, bettelte sie mit zitternder Stimme. Mein Herz bebte in meiner Brust und und mein Kopf pulsierte.
Mein Vater blickte mich prüfend an und fast dachte ich, er würde es sich anders überlegen, da packte er mich an meiner Kehle, schnitt mir damit die Luft ab, und riss mich in den Hausflur. Ich verlor mein Gleichgewicht und landete auf dem Boden. Haley kreischte. >Du bringst Schande über diese Familie.<
>Nein, Daddy!< Haley rannte auf mich zu und warf sich in meine Arme. >Ricky muss bleiben.< Dad packte sie grob an ihrem Arm und schubste sie zu meiner Mutter. >Nein, Daddy!<
>Ich bitte dich, William.<
>Ich habe nur noch einen Sohn. Halte dich ab jetzt von uns fern. Ich weiß nicht, wie ich das nächste Mal reagieren werde.< Er öffnete die Tür, nahm die Taschen und warf sie raus. Ich kam schwerfällig auf meine Beine und ging raus.
Josh versuchte mich aufzuhalten, aber Dad schlug seine Hand weg. >Dad, es...<
>Du brauchst dich nicht wieder sehen zu lassen.< Die Tür schlug zu. Ich konnte Haley noch immer weinen und meine Mutter und meinen Bruder mit meinem Vater diskutieren hören. Ich wartete eine halbe Stunde vor der Tür und hoffte innig, dass mein Vater seine Meinung ändern würde, doch die Hoffnung war klein und... es kam niemand. Haley weinte noch lange, bis es dann langsam leiser wurde. Meine Mutter hatte sie wahrscheinlich ins Bett gebracht.
Ich gab auf. Er würde die Tür nicht aufmachen. Mein Herz schlug noch eine Weile lang sehr schnell. Ich hatte meine Familie verloren. Ich fühlte mich verlassen. Aber das war es doch wert oder?
>Fuck.<, flüsterte ich und schüttelte den Kopf. Ich würde nicht zu Ben gehen. Ich hatte keine Lust, seine blöden Sprüche zu hören und wer weiß, ob mein Vater nicht schon bei ihnen angerufen hatte.
Würde er mich überhaupt aufnehmen? Ich fuhr mir durchs Haar, nahm meine Tasche und ging zu meinem Wagen. Ich war so fertig. Ich fühlte mich, wie nach einem Triathlon. Mein Herz pumpte noch immer und ich hatte Kopfschmerzen. Solche Kopfschmerzen. Ich parkte vor dem  Haus und stieg aus. Mit meinen Taschen auf meiner Schulter ging ich über den Rasen zu der Haustür und klingelte. Es dauerte ein bisschen, bis die Tür aufging. Sandra im Bademantel. Sie rieb sich müde die Augen. >Rick. Was ist denn los?<
>Hi, ehm... kann ich zu Reese?<, fragte ich.
Sandra strich behutsam über meinen Arm. >Warte, ich rufe ihn. Hübscher, geht es dir auch wirklich gut?< Ich nickte und lächelte. >Reese, komm runter.< Sie wandte sich mir zu. >Weißt du, seit ihr euch...< Sie strich sich lose Haarsträhnen hinter's Ohr. >Es geht ihm wirklich schlecht, Rick. Er ist kaum noch hier und wenn... dann ist er...< Sie fasste sich an die Stirn. >Ich weiß nicht, was mit ihm los...<
>Was ist denn?< Seine Stimme ähnelte einer rauen Wüste.
>Hey, ehm...< Sie öffnete die Tür weiter, so dass Reese mich sehen konnte. Seine Augen rissen sich weit auseinander, bevor er sie zu Schlitzen verformte. >Richard ist da.<
Ich fuhr mir durchs Haar. >Hi.<
>Was willst du hier, Mann?<, blaffte er. Was war nur mit ihm passiert?
>Ich... Können wir reden?<
Reese setzte sich auf den Treppenabsatz. >Ich hab dir gesagt, dass wir nicht ficken können.<
>Reese!< Sandra sah zu ihm hoch.
>Sandy, wie wäre es, wenn du die Fliege machst?<, entgegnete ihr Bruder. Sie verdrehte die Augen und ging die Treppen hoch an ihm vorbei. Dabei ließ sie es sich nicht nehmen, ihn mit ihrem Knie anzustoßen. >Sehr charmant.< Seine Augen fielen auf mich, sobald wir alleine waren. >Was soll das, Rick? Ich habe dir doch gesagt,...<
>Ich habe es ihm gesagt, Reese.<
>Was?< Er kratzte sich seinen Hinterkopf.
Ich runzelte die Stirn. >Ich habe es meiner Familie gesagt, Reese. Und... sie haben mich rausgeworfen.<
Reese verstand, was ich sagte und stand hastig auf und kam die Treppen runter. Dabei schwankte er, als wäre er noch im Halbschlaf. >Du... du hast es ihnen gesagt? Aber... < Er blickte auf die Taschen. >Sie... sie haben dich einfach aus dem Haus geworfen, weil du mich liebst?< Ich nickte. Er stand vor mir und strich mit seinen Fingern über meine Wange. >Das... tut mir leid, Loverboy.< Mein Kosename brachte mich zum Lächeln. Er zog mich ins Haus, schloss die Tür und nahm mich in den Arm. Schnell warf ich meine Taschen ab und drückte ihn fest an mich. Seine Beine legten sich um meine Hüfte. >Ich hab dich vermisst.<
Ich drehte meinen Kopf und küsste ihn. Er schmeckte nach Alkohol und nach Gras und nach Schokolade und trotzdem konnte ich nicht aufhören ihn zu küssen. >Ich liebe dich, Kätzchen.<
Er nickte und fuhr mir ins Haar. >Ich liebe dich auch. Du kannst hier wohnen. Für immer. Das ist kein Problem, Baby.< Ich nahm meine Taschen vom Boden und ging die Treppen mit ihm auf den Armen hoch. >Lass mich nicht runter.< Zärtlich biss er in meinen Hals. >Wollen wir ins Bett gehen?<, fragte er flüsternd und mit säuselndem Unterton.
Ich lachte leise und küsste ihn. Meine Mundwinkel sanken. >Hattest du... irgendjemand anderen?<
Er fuhr zurück. >Nein. Und du?< Ich schüttelte den Kopf. >Gut, dann...< Er nahm meine Taschen aus meinen Händen und warf sie weg. >Ich will so oft wie möglich.< Ich lächelte. Er zog sich sein Oberteil aus. Wir legten uns ins Bett und begannen uns auszuziehen. Er war tatsächlich dünner geworden. Seine Rippen waren deutlich zu sehen.
>Reese...< Ich strich über seine Haut.
>Hör auf. Nicht jetzt.< Er küsste mich und drückte mich auf die Matratze. Er nahm ein Kondom vom Schreibtisch und streifte es mir über. Mein Körper schien erleichtert aufzuatmen. Mit einem Ruck drehte ich uns und erhöhte unser Tempo. Reese krallte seine Finger stöhnend in meine Seiten. Ich hatte sein Gesicht vermisst. Ihn viel zu selten gesehen. Und die Gründe unserer Trennung hatten dem ganzen den Rest gegeben. Er schien die Sorge zu erkennen. >Baby, wir sind jetzt wieder zusammen. Mach dir keinen Kopf.< Seine Zunge fuhr über meine Brust.
>Gut.<
Wir gaben uns mit einem Mal nicht zufrieden. Unsere private Versöhnungsparty dauerte fast die ganze Nacht an, bis Sandra an die Tür klopfte. Reese lag erschöpft unter mir. Ich bedeckte seinen Rücken mit zarten Küssen. >Jungs, ich möchte schlafen, wenn das möglich ist.<
>Das ist deine Strafe für das Fiasko mit deinem Macker.< Ich lachte und küsste ihn wieder.
>Ja, mir egal. Schlaft jetzt bitte endlich.<
Sie ging wieder und Reese drehte sich zu mir um. >Wir sind richtige Pussys haben es noch nicht mal einen ganzen Monat ohne den anderen ausgehalten.< Ich nickte und biss ihn zwischen seinen Schulterblättern. >Ah.< Er packte mich im Haar und zog mich zu sich hoch. >Jetzt reicht's aber.< Ich lächelte und legte mich neben ihn, nahm seine Hand in meine und drückte sie. >Wann hast du es ihnen gesagt?<
Ich gähnte. >Während dem Abendessen. Er ist sofort hoch gegangen und hat mein Zeug gepackt. Haley hat geweint und alle haben versucht ihn umzustimmen, aber... Kannst dir vorstellen, wie das gelaufen ist.<, erklärte ich.
>Hat er dir eine gescheuert?< Ich nickte. >Man sieht's. Das sieht echt übel aus.< Er fasste an mein Kinn. >Was für ein Arsch. Hast du zurückgeschlagen?<
>Natürlich nicht, er ist mein Vater.<
Er verdrehte die Augen. >Ja, und dein Vater hat dir eine gelangt... Danke, Süßer.< Er schlang seine Arme um mich. Ich drückte meine Lippen an seine Stirn. >Danke, dass du das für mich gemacht hast. Ich kann mir vorstellen, dass das hart für dich war.< Er lehnte seine Stirn an meine Brust. >Mann, ich bin so froh, dass du wieder bei mir bist.<
>Ich auch.< Vorsichtig fuhr ich ihm durch sein Haar und atmete seinen Geruch ein. Mein Blick wanderte über sein Zimmer. Leere Flaschen, Aschenbecher voll mit Zigaretten- und Jointstummel. Ich wollte mir nicht vorstellen, wie viel er getrunken hatte und wie viele Drogen er zu sich genommen hatte. >Reese, geht es dir auch wirklich gut?<, fragte ich ihn.
Er hob seinen Kopf an und blickte mich an. >Ja, warum?<
>Du siehst krank aus.<
>Schlechte Anmache.< Er rückte von mir ab.
Ich zog ihn schnell wieder zu mir ran. >Warte. Reese, sieh mal, wie dünn du bist. Und guck mal...<
Er hielt meinen Mund zu. >Rick, schlaf jetzt.< Wiederwillig ließ ich mich von ihm zurück auf das Kissen drücken und schliefen dann ein. Das war das erste Mal seit unserer Trennung, dass ich wieder ruhig schlafen konnte.

>Sandy, wo ist die Salbe?< Ich streckte mich gähnend. >Sorry, Babe. Schlaf weiter.< Doch ich war schon wach und sah Reese dabei zu, wie er Barko auf seinen Schoss nahm und von Sandra eine Tube bekam, die er auf die Narbe seines Hundes strich. >Seit er wieder halbwegs normal laufen kann rennt er durch jeden Busch, Mann.< Er kraulte Bark liebevoll hinter dem Ohr. >Kleiner, du musst besser aufpassen.<
Ich stieg aus dem Bett, zog meine Hose an und ging mein Oberteil anziehend zu Sandra in die Küche runter. Sie vorbereitete gerade Frühstück. >Morgen, Sandra.<
Sie drehte sich zu mir um und nahm mich kurz in den Arm, bevor sie sich den hartgekochten Eiern zu wandte, die sie gerade von der Schale befreite. >Also... ihr seid wieder zusammen und glücklich?<, fragte sie lächelnd.
Ich grinste. >Ja, endlich.<
Sie zwinkerte mir zu und klopfte mir auf die Schulter. >Freut mich, wirklich. Du tust ihm gut. Eine Sache weniger, um die ich mich sorgen muss.<
Ich lehnte mich neben sie an die Theke. >Ja. Ehm... kann ich dich um etwas bitten?< Überrascht blickte sie mich an. >Gestern ist etwas passiert, weshalb ich nicht mehr nachhause gehen kann und...<
>Was war denn?<, fragte sie und legte die Eier in eine Schale.
>Ich... ich habe mich sozusagen geoutet.<
Ihre Augen fielen ihr fast aus den Höhlen. >Oh, du liebe Güte. Sie haben dich rausgeworfen? Wegen Reese?<
Ich schüttelte den Kopf. >Nein, nicht wegen Reese. Es hat nichts mit Reese zu tun. Sie haben mich rausgeworfen, weil sie... Mein Vater ist einfach uneinsichtig. Da kann man nichts dran ändern. Ich wollte nur fragen, ob... ich vielleicht hier wohnen könnte. Ich zahle Miete, das ist kein Problem. Und ich werde nach einer Wohnung suchen. Ich...<
Sie hob die Hände. >Auf keinen Fall, Hübscher. Du kannst hier wohnen. Solange du willst. Und natürlich zahlst du auch keine Miete.< Sie legte ihre Hand an meine Wange. Dankend lächelte ich. >Aber du bist doch ein Handwerker. Du könntest mir die Sachen reparieren, die hier am zusammenkrachen sind.<
>Danke.< Sie lächelte mich vielsagend an. >Gibt es vielleicht ein paar Dinge, die ich...<
>Immer, Hübscher.< Sie zeigte auf den Ofen. >Ich hab keine Ahnung, was bei dem los ist.<, beschwerte sie sich und öffnete die Luke.
Ich nickte. >In Ordnung. Ich hol den Werkzeugkasten und dann guck ich mal rein.<
Sie nahm mich wieder in den Arm. >Rick, du bist ein guter Junge. Deine Familie hat das zu Unrecht gemacht. Und wenn sie dir nicht geben wollen, was du verdienst, dann...< Sie zuckte mit der Schulter und hielt mich auf Armeslänge. >... geben wir es dir einfach. Wir sind jetzt deine Familie, Süßer.<
>Danke.<, erwiderte ich und ging aus der Küche in die Garage, wo der Werkzeugkasten in einem Regal stand. Bilder vom gestrigen Abend blitzten auf. Das puterrote Gesicht verzogen zu Ekel und Abscheu. Es ließ meine Lungen schrumpfen.
>Baby, was machst du?< Ich sah auf zu Reese. >Was machst du mit dem Kasten?<, fragte er argwöhnisch. Er stand in Unterwäsche am Absatz. Ich ließ meine Augen über seinen schönen Körper wandern. >Rick, ich bin hier oben.<, schmunzelte er.
>Eh... ich repariere den Ofen.<
>Was? Sandra!< Er stieg die Treppen hinab und stürzte in die Küche. >Richard ist nicht unsere Mechaniker-Hure.<
Sie schnaubte. >Schade. Er sieht in einem blauen Overall bestimmt gut aus.< Ich lachte.
>Er braucht nicht zu arbeiten, um hier zu wohnen.<
Sandy schüttelte den Kopf. >Das macht er auch nicht, um hier zu wohnen, sondern weil er es kann und ich somit Geld spare.< Ich kniete vor dem Ofen und sah hinein.
>Ricky, steh auf.<
Ich schüttelte den Kopf. >Nein, ich glaube, ich weiß, wo das Problem liegt.<
Ich brauchte etwas länger, um den Ofen zu reparieren. Reese saß im Schneidersitz neben mir und half mir als Assistent. >Können wir das endlich lassen und irgendwas cooles machen?<, fragte er gelangweilt.
Ich verdrehte die Augen. >Kätzchen, du kannst auch hochgehen, wenn du magst.< Er fuhr mit seinen Fingern unter mein T-Shirt über meinen Bauchnabel. Ich fuhr erschrocken zusammen und schlug mit dem Kopf gegen die Innenseite des Ofens. >Oh, Gott verdammt!<, fluchte ich. Reese brach in lautes Gelächter aus. >Ah, Scheiße.< Ich kroch aus dem Ofen und hielt mir die Stirn. Reese lachte noch immer und dann noch lauter, als ich ihm den Lappen ins Gesicht warf. >Du bist so'n Arsch.<, fluchte ich und rieb über die schmerzende Stelle.
>Tut...< Er lachte. >Tut mir leid. Oh, das war gut.<
>Nein, war es nicht.<
Er lachte wieder und versuchte sich mit gleichmäßigem Atmen vom weiterem Lachen abzuhalten. >Doch, schon. Zeig mal.< Er rutschte vor mich, nahm meine Hände aus meinem Gesicht und strich über meine Stirn. >Ach, ist nicht so schlimm.< Ich bekam seine Lippen an die Stirn gedrückt und sah lächelnd zu ihm auf. >Besser?< Ich nickte. >Wir hatten viele Verletzungen in den letzten Tagen.<
>Ja.<
>War eine wilde Zeit.<
Ich nahm seine Hand in meine und küsste seine Innenfläche. >Das war es.<
>Danke, dass du das für uns gemacht hast.<
Ich schüttelte den Kopf. >Du hattest recht. Ich hätte nicht zögern sollen. Meinem Vater sind einzig und allein seine Richtlinien wichtig. Alles andere ist falsch und böse. Und das ist nicht richtig. Ich meine,...< Ich legte seine Hand an meine Brust. >... wie kann das böse sein?< Wieder sah ich ihn. Mein Vater war so wütend gewesen. So beschämt und zornig. Als Schande hatte er mich bezeichnet. Eine Schande. >Ich weiß nicht, wie das mit dir ist, aber ich glaube an Gott. Und ich liebe Gott. Denkst du, er hasst mich, weil ich... weil ich so bin?<, fragte ich leise.
Reese Finger fuhren durch meine Haar. Das Gefühl ließ meine Muskeln schmerzhaft entspannen. >Ich weiß nicht soviel über Gott, aber...< Er sank auf seinen Hintern, um mir in die Augen zu sehen. >... soweit ich weiß, liebt er alle seine Kinder und...  Ich denke, dass Gott oft falsch verstanden wird. Aber was immer betont wird ist, dass er seine Kinder liebt. Und er liebt dich, Rick. Wie könnte er nicht? Du bist wundervoll.< Er lehnte seine Stirn an meine. >Ok?< Ich nickte. >Ok. Jetzt mach weiter, vielleicht kann ich Sandra dazu überreden Kuchen zu backen.<
Lächelnd stieg ich wieder in den Ofen. Ich kriegte ihn nicht repariert. >Ich brauche da ein paar Einzelteile, um das zu reparieren. Das dauert dann nur noch eine halbe Stunde.< Sandra nickte. >Ich kann schnell hinfahren und dann...<
>Kein Problem. Ich muss sowieso einkaufen. Komm.< Sie lief vor aus dem Haus. >Reese, wir sind unterwegs.<, rief sie laut.
>Was? Nein, lass Rick hier.<
>Er muss Sachen für den Ofen kaufen.<
>Scheiß auf den Ofen!<
Ich schnaubte. >Ich bin gleich wieder zurück. Es dauert nicht lange, Kätzchen.<
Reese kam die Treppen runter und sah vorwurfsvoll zwischen uns beiden hin und her. >Warum müsst ihr jetzt...?<
>Reiß dich zusammen, Grashalm. Ich kauf was zu Futtern und er Zeug für den Ofen.<
Er verdrehte die Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich ging zu ihm, nahm sein Kinn in meine Hand und küsste ihn. >Bis gleich, Kätzchen.< Er nickte wenig überzeugt.
Wir stiegen bei Sandra im Wagen ein und fuhren zu erst in einen Baumarkt. Ich brauchte nicht lange, bis ich alles zusammen gefunden hatte.
Die nächste Station war ein Supermarkt. Ich schob den Wagen und Sandra warf die Sachen rein, die sie brauchte. >Milch, Kaffee, Joghurt... Hast du auf irgendwas besonderes Lust?< Ich schüttelte den Kopf. >Na gut, dann hol ich irgendwas. Kannst du mir...?< Sie zeigte auf die Packung Grieß im obersten Regal. Ich nahm sie herunter und warf sie in den Korb. >Du bist so riesig. Das wird hilfreich sein.<
>Muss ich jetzt alles tragen?<
Sie lachte. >Klaro.<
Ich blieb stehen. Sandra ebenfalls. >Wir machen dich einfach größer.< Ich drehte ihr meinen Rücken zu.
>Ja!< Glücklich klatschte sie in ihre Hände und sprang drauf. >Los geht`s!< Und so heizten wir durch den Einkaufsladen. Die Leute starrten uns zwar an, aber es machte wirklich Spaß. >Ab zum Kühlregal!<, rief sie laut und hob die Faust voraus. Grinsend sammelten wir Fleisch und den ganzen Rest ein, bis der Wagen voll und ich schlapp war. >Bin ich nicht zu schwer?<
>Ach was.< Wir standen in der Schlange zur Kasse und Sandra war noch immer auf meinem Rücken.
>Find ich gut.< Hinter uns kicherten junge Mädchen. Ich sah mich um. >Er ist hübsch, was?< Sie kicherten lauter. >Er ist mit meinem Bruder zusammen.< Sofort verfielen sie in Schweigen.
Ich erstarrte. >Sandra.<, zischte ich.
Sie zuckte mit den Schultern. >Ist doch scheiß egal. Du bist immer noch heiß.< Wir bezahlten unseren Einkauf und gingen raus. Der Blick der anderen blieb dabei wachsam auf uns liegen.
>Das ist echter Scheiß.<
>Richard, dass du meinen Bruder liebst, ist nichts Falsches.< Ich trug sie aus dem Laden raus. >Ganz im Gegenteil, es ist etwas schönes. Und wenn die das nicht in ihren engstirnigen Kopf kriegen, ist das nicht deine Schuld.< Ich setzte sie vor dem Wagen ab und sah auf sie runter. >Du hast so vieles Gutes für meinen kleinen, süßen Bruder getan.< Sie tätschelte meine Wange. >Lass dich nicht unterkriegen, Hübscher. Du bist so ein riesiger Kerl.< Lachend lud ich die Sachen in den Wagen ein und schloss den Kofferraum. Wir fuhren wieder nachhause. Ich trug die Tüten ins Haus, wobei Sandra mich kitzelte, um mich zum Lachen zu bringen. >Jetzt lach doch mal wieder. Das war nur ein Scherz.< Ich wich ihren Händen aus, stellte die Tüten ab und rannte ihr hinter her. >Ah!< Kreischend lief sie um das Sofa herum.
Ich bekam sie an der Hüfte zu fassen und zog sie an mich ran. >Eine kalte Dusche wäre wohl angebracht.<
>Nein!< Sie schrie laut.
>Hattet wohl Spaß, was?< Reese stand an seiner Zimmertür. Er trug einen Pullover und Boxershorts.
>Hey, Kätzchen.< Seine Augenringe waren etwas stärker als vorher.
>Komm her.< Er nahm meine Hand in seine und riss mich mit einem Ruck an sich. Verblüfft nahm ich seinen wilden Kuss an.
>Ehm... ich geh dann mal runter.< Ich hörte Sandras Schritte leiser werden.
>Reese, was ist denn los?< Ich hielt ihn etwas auf Abstand und sah ihn besorgt an. Seine Pupillen waren erweitert. >Hast du geraucht?<, fragte ich ihn ernst.
Er grinste dümmlich. >Baby...< Er packte mich am Kragen meines Oberteils und zog mich rein in sein Zimmer. Direkt auf sein Bett. Ich kam auf ihm zu liegen, setzte mich aber sofort auf und sah ihn prüfend an. >Komm schon. Du weißt, was zu tun ist.< Seine Finger fuchtelten ungeschickt am Saum seiner Shorts herum.
>Hey, sieh mich an.< Ich hielt seine Hände fest und versuchte seinen Blick festzuhalten. >Reese, was hast du genommen.<
Er stöhnte unter meinen Berührungen. >Das beste auf der Welt.<
>Du musst was trinken und was essen...< Ich drückte ihn auf das Bett runter und schob die Decke über ihn, bis an sein Kinn. >Bleib hier liegen.<
>Wann machst du es mir endlich?<, meckerte er.
Ich seufzte. >Wenn du hier liegen bleibst, mach ich es dir.< Er lächelte wieder und führte meine Hand an seine Lippen. Lasziv schob er einen meiner Finger in seinen Mund. Ich zog ihn raus. >Bleib hier liegen.<
>In Ordnung.< Ich nickte und ging zur Tür. >Komm aber wieder zurück.<
>Ja, klar.< Ich ging runter in die Küche, kochte Tee und machte hastig Sandwichs für ihn. >Sandra, ich repariere den Ofen noch. Ich kümmere mich nur noch schnell um Reese.<
Sie blickte auf. >Geht`s ihm gut?< Ich hob meine Hand an meinen Mund, wie eine Flasche. Sie verdrehte die Augen und nickte. >Ja, gut.<
Schnell joggte ich die Treppen hoch. Er lehnte im Kopfstand gegen die Wand. Barko leckte sein Gesicht ab. >Komm runter. Du bist total abgedreht.< Ich stellte die Teller ab und die dampfende Tasse. Reese krabbelte über den Boden zu mir und lehnte seinen Kopf gegen mein Knie. >Du musst essen, Reese.<
>Fütter mich.<, verlangte er. Ich nahm das Sandwich vom Teller und reichte es ihm. >Fütter mich.< Seine Stimme hatte wieder diesen quengelnden Unterton. Ich hielt es ihm an seinen Mund und er biss rein. Sofort spuckte er aus. >Ich mag das nicht.<
>Reese, so mache ich die immer und du hast dich bis jetzt noch nie beschwert.<
Er schmollte. >Ich hab keine Lust zu essen. Lass uns rausgehen. Kannst du Skateboard fahren? Wir können mit Barko raus. Barko.< Der Hund kam angesprungen. >Wollen wir ein bisschen rausgehen? Na, los!< Er stand auf und ging zur Tür, doch ich hielt ihn auf. >Richard, bitte. Baby, lass uns fahren gehen. Das macht total viel Spaß. Ich bring es dir bei.< Ich umfing seine Hüfte und trug ihn zurück auf das Bett.
>Barko, Platz.<, wies ich ihn an. Der Hund hörte auf mich und setzte sich neben mich auf den Boden. >Reese, iss jetzt.< Wieder hielt ich ihm das Sandwich entgegen.
>Nein.< Er schürzte die Unterlippe.
Ich griff nach seinem Hinterkopf und zerrte ihn an meine Lippen. Er schnappte nach Luft. Forsch drang ich mit meiner Zunge in ihn ein und verwickelte ihn in einen langen, tiefen Kuss. Hungrig schob er seine Finger in mein Haar und rieb sich stöhnend an mir. Ich musste an die Worte meines Vaters denken.
Schande.
Ich löste mich von Reese. Atemlos sah er mit seinen schönen, großen Augen zu mir hoch. >Lecker.<
>Isst du jetzt? Bitte?< Ich hielt ihm den Sandwich hin. Er biss hinein und behielt es drin. >Danke.< Ich beobachtete ihn dabei, wie er aß. Und er beobachtete mich dabei, wie ich ihn beobachtete. >Schmeckt es?< Er nickte. >Gut.< Er war so süß.< Ich streichelte seine Wange und rieb ihm die Krümmel aus dem Gesicht. >Hier.<
Er trank aus der Tasse. >Gehen wir raus?<
Ich schüttelte den Kopf. >Es ist spät und du solltest erst wieder klar im Kopf werden, Kätzchen.< Er seufzte ausgelassen und verdrehte seine Augen. >Selber Schuld. Warum hast du das überhaupt gemacht? Wir waren kaum weg.< Er kaute wenig überzeugt auf den Sandwichs herum und trank vom Tee, bis ich ihm erlaubte aufzuhören und sich ins Bett zu legen.
>Können wir jetzt rausgehen?< Ich schüttelte den Kopf. >Warum bist du so streng, Mann? Mit dir macht das ja gar keinen Spaß.<, brummte er. 
>Ja, Gott sei Dank. Bei deinen Freunden würdest du sonst noch in Drogen ertrinken.<
Er blickte mich zornig an. >Rede nicht immer so schlecht von ihnen.<
Ich schüttelte den Kopf. >Ich rede nicht schlecht von ihnen, Reese. Das ist die Wahrheit.< Er schmollte wieder. >Ok, vergessen wir das. Komm her.< Ich winkte ihn zu mir. >Wir schlafen, dann bist du morgen wieder frisch...<
>Nein, verdammt. Ich hab keine Lust hier rum zu liegen und nichts zu machen, Richard. Mann!< Er stand auf, schwankte etwas und torkelte zu seiner Kleidung. >Wenn du nicht mit mir klar kommst, geh ich jetzt raus und suche mir irgendjemanden, der das packt.<
Ich verdrehte die Augen. >Leg dich hin, Kätzchen.<
Er schlug meine ausgestreckte Hand weg und schloss den Reißverschluss seiner Hose. >Nein. Ist doch total langweilig hier rumzuliegen und nichts zu tun und...< Ich rieb mir aufgebracht die Stirn und sah ihm dabei zu, wie er sich anzog. >Vielleicht kommt ja Anthony mit mir mit. Er ist wenigstens cool drauf.< Ich musste mich selber daran erinnern, dass er nicht bei klarem Verstand war, damit ich keinen Streit mit ihm anfing. >Wer weiß, ob was passiert...<
Ok, dass war zu viel.
>Du wirst nicht mit ihm gehen.<
Er ging zur Tür raus, bevor er aber die Treppen runter ging, schnappte ich mir seinen Arm. Sofort löste er sich von mir. >Lass mich.< Ich warf ihn mir über die Schulter. >Nein!<, schrie er laut und schlug mit seinen Fäusten auf meinen Rücken.
>Reese, beruhig dich. Ich setz dich doch nur in eine kalte Dusche.<
>Nein! Ich will raus. Ich will feiern! Anthony! Anthony, hilf mir!< Ich öffnete die Tür zum Badezimmer und legte ihn in die Dusche. >Lass mich raus!< Hinter uns kam Sandra ins Bad. >Sandy, hilf mir! Er will mich ertränken.<
Ich sah mich zu ihr um. >Er ist high. Keine Ahnung, was er genommen hat.< Ihre Augen weiteten sich für einen Moment, bevor sie nickte und sich zu mir gesellte.
>Lasst mich gehen.< Ich nahm die Duschhaube und schaltete das Wasser auf kalt und spritzte Reese damit ab. Er schrie auf. >Du verdammter...!<
Sandra nahm mir die Haube ab und schaltete das Wasser ab. >Selber Schuld, du Trottel.<
Reese starrte mich wütend an. Seine Haare hingen ihm nass ins Gesicht. >Ihr versaut mir sogar meine Trips.< Sandra packte ihren Bruder am Ohr und zog ihn aus der Dusche. >Au, au, au! Sandy, hör auf!<
>Du bist 17.<
>18.<
>Da stehen noch 3 Wochen dazwischen.< Sie zog ihn zum Spiegel. >Sieh dich an! So geht das nicht weiter, Reese. Ein- oder zweimal einen Joint zu rauchen, ist kein Problem. Hab ich auch gemacht, aber... nicht solches starkes Zeug und auch nicht so viel. Verstehst du? Das ist nicht...<
Reese verzog das Gesicht. >Süße, was soll das werden? Eine Intervention? Ich entscheide noch immer selber, was ich mache. Und jetzt geht raus. Ich bin nass im Schritt.< Er schob uns beide aus dem Bad.
>Reese.<
>Verpisst euch!< Hinter uns schlug die Tür zu.
Ich sah zu Sandra. >Er kennt seine Grenzen nicht. Ich habe ab und zu mal Zeug genommen. Das war nichts. Aber Reese...< Ich blickte sie besorgt an. Sie sah mich an und lächelte dann. >Ach, bestimmt... Er kriegt sich schon wieder ein.< Ich nickte und tätschelte ihre Schulter. >Ich geh dann jetzt schlafen. Sonst krieg ich gar keine Ruhe.< Sie stand auf und lief schwerfällig in ihr Zimmer.
Reese blieb über 5 Stunden im Bad. Bis dahin war ich schon im Bett und eingeschlafen. Er hatte nur das Handtuch um seine Hüfte geschlungen und saß an seinem Schreibtisch.
>Kätzchen.<
Er drehte sich zu mir um. Seine dunklen Haaransätze waren kürzer geworden. >Schlaf weiter.<, brummte er.
>Komm schlafen.<
Er schlief fast im Sitzen ein. Und seine Augenringe waren wieder dunkler geworden. >Nein. Ich hab noch was zu tun.<
>Kätzchen.< Ich stützte mich auf meinen Ellenbogen ab. >Komm her, Süßer.< Er schnaubte und kam zu mir ans Bett. Mit einem Ruck nahm ich ihm das Handtuch von den Hüften. >Geht es dir gut?< Er schlüpfte zu mir ins Bett und ließ mich seine Arme um ihn schlingen. Zärtlich strich ich ihm mit meinen Fingern über das schlaffe, müde Gesicht.
Er seufzte unter meinen Berührungen. >Gut. Danke.< Seine Augen fanden meine. >Tut mir leid. Ich war voll drauf.<
>Ja, aber was war`n das für ein Zeug. Du warst noch nie so geladen.<, bemerkte ich. Er nickte und kuschelte sich enger an mich heran. >Egal. Hast du deine Haare gefärbt?< Ich fuhr mit meinen Fingern durch seine Strähnen. Das Grün war stärker geworden.
Lächelnd hob er seinen Blick an. >Ja, aber ich mag es nicht, die Haare komplett grün zu haben. Deswegen... lass ich meine Haare immer noch...< Er gähnte und ließ den Satz offen. >Gute Nacht, Babe.< Ich drückte meine Lippen an seine Stirn.

Reese bedeckte meine Brust mit vielen kleinen Küssen. Ich fuhr ihm durch sein Haar und öffnete langsam die Augen. >Guten morgen, Kätzchen.<
>Morgen.<
Ich spürte seine morgendliche „Freude“ an meinem Oberschenkel und hätte am liebsten etwas mit ihm gespielt, da erinnerte ich mich an den Ofen. >Ich geh mal schnell den Ofen reparieren.< Er verdrehte die Augen. >Dauert nicht lange.< Ich schob ihn vorsichtig auf's Bett und stand auf. >Ich hab richtig Hunger.<, bemerkte ich und zog mich an. >Bin gleich wieder zurück.< Ich küsste ihn auf die Stirn. >Soll ich dir was zu Essen mitbringen?<
>Ja.<, gähnte er.
Ich ging die Treppen runter in die Küche und holte die Einzelteile, die wir gestern gekauft hatten, aus der Tüte. >Morgen, Rick. Ist er oben?< Ich nickte, während ich mich in den Ofen legte. >Soll ich dir helfen?<
>Nein, geht schon. Bin gleich fertig. Aber wäre nett, wenn du Frühstück für Reese machst.<
Sie schnaubte. >Ja, klar.< Ich brauchte knapp eine halbe Stunde, bis der Ofen wieder problemlos lief. >Super! Gute Arbeit, Chef!< Sie klopfte mir anerkennend an die Schulter.
Ich wischte meine Hände an einem Lappen ab. >Kein Problem. Sag, mir, wenn noch was ansteht.< Sie nickte und reichte mir die Teller mit den in Sirup getränkten, dampfenden Pfannkuchen. >Oh, göttlich. Danke, Sandy.< Ich küsste sie auf die Wange und joggte die Treppen hoch zu Reese. Er schlief. >Kätzchen, aufwachen.< Ich hob den Teller vor seine Nase, sodass der Geruch zu ihm wehte. Lächelnd sah ich dabei zu, wie seine Augen sich flatternd öffneten. >Frühstück.< Er grinste über beide Backen. >Hier.< Ich drückte ihm den einen Teller und eine Gabel in die Hand.
>Geil.< Hungrig begann er zu essen. Ich gab ihm noch die Hälfte meiner Portion und beobachtete ihn zufrieden beim Essen. >Oh Mann, dass ist echt gut.< Ich zog ihn zu mir und küsste ihn. >Mhm...< Er rutschte auf meinen Schoss. >Das ist besser.< Er befüllte seine Gabel und schob sie mir in den Mund. >Lust zu skaten?< Ich grinste. >Kannst du Skateboard fahren?<
>Natürlich, aber ich habe keins.<
Er zuckte mit einer Schulter. >Kein Problem. Ich glaube, ich hab noch vier in der Garage.< Seine Finger schoben sich in meine. >Gehen wir duschen und dann raus.< Ich folgte ihm gähnend ins Bad. Wir zogen uns beide aus und traten unter die Dusche. >Nein, hör auf...<
>Was denn?< Ich zuckte grinsend mit den Schultern.
>Ich sehe es in deinen Augen. Wir duschen und dann hauen wir ab. Vögeln können wir auch noch später.< Ich nickte, kniff ihm aber dennoch in den Hintern, als er nach dem Duschgel schnappte. >Arschloch.< Leider passierte abgesehen vom Duschen tatsächlich nichts und wir gingen danach runter in die Garage. >Ehm... hier.< Er reichte mir ein Board, mit dem ich sofort aus der Garage fuhr. >Sandra...<
>Ja, er ist an der Leine.<
>Na, dann komm, Barko.< Und der Bernhardiner kam durch die Tür getrappt. Seine Leine schleifte hinter ihm her. Reese nahm sie ihm ab und hängte sie sich um die Schulter. Er stellte das Skateboard ab und fuhr los. Ich folgte ihm und Barko rannte hinter uns her. Auf einem Skateboard sah Reese wirklich gut aus. Die engen Jeans, die Vans, das Band-T-Shirt, mit den hochgekrempelten Ärmel und die Mütze. Alles passte zusammen. >Richard, hör auf.<
>Was denn jetzt schon wieder?<
Er sah sich kurz zu mir um. >Tu nicht so.< Ich grinste wieder breit. Wir fuhren in den Skaterpark. Da, wo Reese verprügelt wurde. Er winkte ein paar der Skatern zu, hob einen Stock auf und warf ihn weit in die Ferne. Barko rannte ihm bellend hinter her. >Wollen wir?<
Ich schüttelte den Kopf. >Danke, Baby, aber ich breche mir den Hals morgen.<
Er lächelte und setzte sich neben mich ins Gras. Auf einmal wurde er nervös und senkte seinen Blick auf seine Schuhspitzen. >Tut mir leid, wegen deinem Vater.<
Ich sah ihn an. >Ist doch schon vorbei.< Der Verlust meiner Familie schmerzte jedoch noch immer in meiner Brust. Ich wollte sie wieder haben...
>Aber jetzt... wo deine Familie Bescheid weiß, können wir dann...<
Lächelnd umfing ich sein Kinn und zog ihn zu mir ran. >Ja, können wir.<, hauchte ich, bevor ich ihn küsste und neckend an seinen Lippen knabberte. Ich stützte meine Fäuste auf beiden Seiten seiner Hüfte am Boden ab und beugte mich tiefer zu ihm vor. Er atmete laut durch und krallte sich in meinem Oberteil fest. >Ich liebe dich.<
Er sah mir verlegen in die Augen und schob mich weg. >Ja, schon verstanden. Du bist so ein Trottel.< Ich grinste. Seine Lippen legten sich kurz nochmal auf meine. >Barko, komm. Jetzt zeig ich dir mal, wie ich mein Geld verdiene.< Er stand auf und fuhr mit dem Skateboard auf seinen Hund zu. >Baby, komm wir machen etwas Kohle. Hey, Jungs!< Er sprach kurz mit den anderen Skatern und fuhr dann wieder los. Reese schlug mit dem Stock hinter sich her auf den Boden. Barko folgte ihm brav. Er sprang hoch und ließ sein Board unter sich eine 360°-Drehung machen. Gleichzeitig machte Barko eine Rolle unter ihm. >Brav. Komm weiter.< Er ging zu der Pipe und hatte gerade noch genug Schwung, um hochzukommen. Sobald er sich am Rand platziert hatte fuhr er herunter. Seine Beine standen breit an jedem Ende des Boards. Plötzlich sprang Barko zwischen seine Beine.
Ungläubig setzte ich mich auf. >Krass.< Reese machte auf der anderen Seite der Pipe einen Salto, fuhr zurück, machte ein Rad und landete im Handstand auf der anderen Seite. >Wow.<
Die anderen Kerle fluchten leise. >Oh ja!<, rief er aus und joggte runter. Mit seinem Skateboard unter seinem Arm schlenderte er auf die anderen zu und sammelte grüne Scheine ein. >Es war mir eine Ehre mit ihnen zu verhandeln.< Barko trabte auf mich zu und legte müde seinen Kopf auf meinem Oberschenkel ab.
>Ich wusste nicht, dass du so ein Aktion-Star bist, Barky.< Ich kraulte seinen Hals. Bettelnd drehte er sich auf die Seite, damit ich ihn weiter am Bauch streicheln konnte.
Reese wedelte mit einem Fächer aus Geldscheinen vor sich und legte sich so hin, dass sein Kopf neben Barkos auf meinem Schoss lag. >50$ in nicht einmal 10min. Wie lange brauchst du, bis du soviel Geld verdient hast?<, fragte er.
Ich schnaubte. >5h.<
>Uh! Loser!< Ich zwickte ihn in die Seite. >Au!< Barko leckte Reese über die Wange. >Gute Arbeit, Kleiner.< Reese fuhr sich durchs Haar und sah zu mir auf. >Weißt du, worauf ich Lust habe?<
Ich lachte. >Das können wir hier nicht machen. Es ist mitten am Tag.<
>Du bist ein Schwein.< Er setzte sich auf und lehnte seinen Kopf an meine Schulter. >Ich hätte jetzt Lust auf Eis. Ganz viel.<
Ich sah ihm tief in die Augen. Seine Pupillen waren erweitert. >Reese, hast du was genommen?< Er wich mir aus. >Was ist denn los mit dir in letzter Zeit? Du bist fast nur noch high.<
>Gehen wir jetzt Eis essen oder nicht?<, blaffte er.
Ich wollte keinen Streit anfangen und nickte bloß. >Klar, gehen wir.< Er stand auf, half mir auf die Beine und lief voraus. Hastig schnappte ich nach seinem Nacken und zog ihn an meine Brust. >Ich will nicht streiten, Kätzchen.< Ich drückte meine Lippen unter sein Ohr an seine Haut. >Ich mache mir nur Sorgen.<
Er sah zu mir auf. >Das musst du nicht. Ich kümmere mich um mich selber. Ist zwar nett, aber unnötig.<, murmelte er.
Ich klopfte ihm auf die Schulter. >In Ordnung.<
>Gut. Und jetzt ganz viel Erdbeere.< Ich grinste ihn an und ließ mich in die Eisdiele ziehen. Mir reichte eine Cola, während Reese sich einen riesigen Eisbecher bestellte. >Hör auf so zu gucken, Barko. Du kannst nichts haben.< Er schob sich einen vollen Löffel in den Mund. >Ich bin schon einmal darauf reingefallen.< Er drehte sich zu mir um. >Willst du?< Ich verneinte. >Bitte. Es schmeckt gut.< Er hob mir seinen Löffel hin. Es war komisch, so offen in der Öffentlichkeit miteinander umzugehen. Wo wir uns doch vorher so versteckt haben. Ich nahm das Eis von ihm und drückte ihm gleich darauf einen Kuss auf die Schläfe. Dabei fielen mir die Blicke der anderen Gäste   auf. Einige blickten uns lächelnd an, andere sahen etwas verwirrt, sogar angewidert aus. >Rick, scheiß auf die. Braucht die doch nicht zu interessieren, wem du das Hirn rausvögelst.< Er strich mir  durchs Haar und küsste mich. >Hier.< Ich bekam einen weiteren Löffel in den Mund geschoben. >Oh, mein süßes Baby.< Sein Finger fuhr über meinen Mundwinkel. Er leckte das Eis runter und aß genüsslich weiter.
Wir liefen durch die Straßen. Seine Finger schoben sich zwischen meine. >Was machst du eigentlich mit deiner Schule? Ich meine, du wolltest doch studieren oder?<, fragte er.
Ich fuhr mir durchs Haar. >Keine Ahnung. Das muss ich dann wahrscheinlich für die nächste Zeit auf Eis legen, bis ich genug Geld gespart habe.< Er nickte. Ich konnte sehen, wie Schuldbewusstsein sich in sein Gemüt schlich. Sofort zog ich ihn näher an mich heran. >Wehe, du fühlst dich jetzt schuldig, Kätzchen.< Er brummte. Ich blieb stehen und  hob sein Gesicht zu mir an. >Für was denn? Willst du mir jetzt etwa sagen, dass das zwischen uns falsch ist?<, fragte ich streng.
>Nein, aber...<
>Dann gibt es hier auch nichts, wofür man sich schuldig fühlen sollte.< Ich küsste ihn. >Mein Studium ein oder zwei Jahre später anzufangen, ist ein kleines Opfer, wirklich.< Er schürzte die Lippen. >Reese.<, mahnte ich ihn.
>Aber die Schule war dir bis jetzt immer so wichtig und du könntest richtig erfolgreich werden. Diese Jahre könnten wertvoll für dich sein.<, erwiderte er niedergeschlagen.
Zärtlich strich ich sein Haar aus seinem Gesicht. Seine Mimik erinnerte mich wieder an ein bockiges Kind. >Ich habe das zu entscheiden und ich habe mich entschieden.< Ich umfing sein Kinn und zog ihn an meine Lippen.

Kapitel 17

Am Montagmorgen musste ich zugeben, dass ich etwas nervös war. Zumal ich vielleicht meinen Bruder sehen würde, vielleicht meine Mutter oder meinen Vater, wenn sie oder er ihn herfahren würde. Und auch, weil ich nun offen mit meiner Beziehung sein wollte.
Wir stiegen zusammen in meinen Wagen und fuhren los. >Wir sind 20 Minuten zu früh.<, bemerkte Reese.
Ich nickte. >Ja, vielleicht kann ich Josh sehen oder meine Mum.<
>Denkst du, sie werden mit dir...?<
>Es war mein Vater, der mich rausgeworfen hat, nicht sie.<, unterbrach ich ihn. Ich parkte auf dem Schülerparkplatz und stieg seufzend aus. Reese stellte sich neben mich und wartete mit mir am Auto lehnend. Die Schüler trudelten nach und nach ein und der Parkplatz füllte sich. Bis ich dann den silbernen Mercedes meiner Mutter vorfahren sah. Ich stieß mich vom Wagen ab und ging mit schnellen Schritten zu ihr rüber, gerade als Josh ausstieg. >Josh.< Er drehte sich zu mir um und schreckte zurück. >Hey,...<
>Mum.< Er schloss die Wagentür und ging an mir vorbei.
Ich versuchte ihn am Arm zu fassen, aber er wich meiner Hand aus und lief schneller weiter. >Josh...< Er ignorierte mich. Ich sah mich um zu meiner Mutter. Sie blickte mich an, als wäre ich ein Monster, das sie angreifen wollte. >Mum, wieso...?<
Ihre Augen zapten zwischen mir und Reese hin und her. >Richard, wir... möchten etwas Abstand zu dir...<
>Mum, ich bin dein Sohn!<, lamentierte ich.
Ihre Augen wurden rot und ich konnte sehen, wie Tränen sich in ihnen sammelten. >Dein Vater hat entschieden, dass wir uns von dir fernhalten müssen. Das... das ist nicht richtig, Rick.<, murmelte sie.
Reese stellte sich neben mich. >Mrs. Krimber, Sie können ihn doch nicht einfach verstoßen.<
Eine Träne lief über ihre Wange. >Ich werde so etwas nicht in meiner Familie dulden.<, sagte sie mit zitternder Stimme.
>Das bist nicht du, Mum. Das hat Dad dir doch aufgezwungen.<
Sie schüttelte den Kopf und wischte mit ihrem Handrücken über ihr Gesicht. >Bis dann, Richard.< Geschockt sah ich ihr dabei zu, wie sie wieder in den Wagen einstieg und losfuhr.
Was hatte er mit ihr getan?
Sie ließen mich also einfach im Stich? Einfach so?
Ich sah ihr nach, wie sie wegfuhr. >Rick?< Erschöpft ließ ich meinen Kopf nach vorne fallen und atmete aus. Reese' Hand legte sich an meinen Rücken. >Das ist schon in Ordnung, Rick. Lass ihnen einfach Zeit.< Ich fuhr mir durchs Haar und blickte ihn an. Seine Finger strichen über meine Wange. >Sie ist deine Mutter. Sie liebt dich.<
>Ich habe sie verloren.<, murmelte ich verzweifelt.
>Nein. Rick, nein.< Er nahm meine Hand in seine. >Das muss sich jetzt einfach legen. Lass sie alle eine Nacht drüber schlafen.< Ich hob meine Brauen an. >Oder eine Woche. Vielleicht auch zwei oder drei, aber es braucht Zeit, Babe.<
Mein Blick fiel auf eine Gruppe von Schülern, die argwöhnisch auf unsere ineinander verschränkten Fingern sahen. >Egal, wir können uns später darum kümmern. Gehen wir rein.< Er nickte und folgte mir in die Schule. Ich schlang meinen Arm um seinen Nacken und zog ihn enger an mich heran.
>Richard, dass musst du nicht machen.<
Ich sah ihn an. >Desto schneller wir die Sache klargestellt haben, umso schneller haben wir es hinter uns.< Er lächelte. >Und es ist mir egal, was die anderen denken.<, murmelte ich. Es ist mir egal. Ich liebe ihn.
>Danke.<
Ich brachte ihn zu seinem Klassenzimmer und ging selber zu meinem. Ben hatte neben sich einen Platz freigehalten, auf den ich mich setzte. >War das deine Mum vorher?< Er drehte sich zu mir um. Ich nickte. >Warum war dein Bruder...?<
>Ich habe es meinem Vater gesagt. Das mit Reese.< Seine Augen weiteten sich. >Er hat mich rausgeworfen. Ich... wohne jetzt bei Reese.<, erklärte ich weiter.
>Was?< Die Schüler vor uns drehten sich zu uns um und sahen Benji an. Er beugte sich weiter zu mir vor. >Sie haben dich rausgeworfen? Aber...<
Ausgelaugt lehnte ich meinen Kopf an den Tisch. >Du weißt doch, wie mein Vater ist. Ich war so schnell draußen, so schnell kannst du nicht gucken.<, brummte ich.
>Und jetzt lebst du bei dem?< Ich bejahte. >Warum bist du nicht zu mir gekommen?< Ich zuckte mit den Schultern. >Ah ja, ich weiß warum. Weil ich dir keinen blase.<
Lächelnd drehte ich meinen Kopf zu ihm. Benjamin. >Und weil du, selbst wenn, nicht einmal halb so gut wärst.< Er verzog das Gesicht und boxte mich gegen die Schulter.
Der Lehrer trat ins Klassenzimmer und wir beide schwiegen für die restliche Stunde.

Reese traf zur Mittagspause zu uns. Ich war überrascht, wie locker er und Ben miteinander umgingen. >Wie geht’s Barko?<, fragte ihn Ben.
>Gut. Er geht total ab.< Reese setzte sich zwischen meine Beine auf den Boden und nahm die Flasche entgegen, die ich ihm reichte.
Ben kratzte sich das Kinn und sah dabei zu, wie Reese aus der Flasche trank und sie mir dankend zurückgab. >Wenn ich euch jetzt so ansehe, frage ich mich, wie ich nicht merken konnte, dass du ihn vögelst. Unglaublich, dass hier nicht überall Herzchen herumschwirren.< Er zeichnete Herzen in die Luft und lachte über unsere Gesichtsausdrücke. >Lust heute bei mir zu zocken?<
Ich fuhr mir durchs Haar. >Ja, klar. Willst du mitkommen?<
Reese rümpfte die Nase und spielte an einem Loch an seiner Hose. >Videospiele spielen? Das ist so langweilig.<
>Es ist nicht langweilig, du musst es nur mal versuchen.< Er lehnte seinen Kopf gegen mein Knie und sah mich wenig überzeugt an. >Komm mit. Das macht echt Spaß.<
>Hört sich an, als würden wir ihn zu Drogen animieren.<, murmelte Ben.
Ich hob meinen Blick zu ihm an. >Er ist da schon weiter.<
>Oh?< Interessiert beugte sich Ben zu ihm vor. >Was denn...?<
>Benjamin.<, zischte ich und stieß ihn an.
>Man darf ja wohl fragen.< Er zwinkerte Reese zu, der lächelte verschlagen zurück. Verwirrt runzelte ich die Stirn.
>Was soll der Scheiß?< Wir sahen auf zu einer Gruppe von unseren Teamkameraden.
Ben seufzte leise neben mir? >Was soll welcher Scheiß? Meinst du dein Gesicht? Alter, so etwas passiert nun...<
>Warum hängst du mit dem ab?<
Ich sah zwischen Reese und Ben hin und her. >Er verkauft mir Stoff.<, erwiderte er.
Reese nickte. >Hartes Zeug. Du packst das nicht, da musste ich mich an den nächstbesten wenden.<, erwiderte er.
>Halt's Maul.<, zischten sie. >Seid ihr jetzt Arschficker geworden oder was?<
>Eigentlich...< Reese zeigte auf mich. >Ist er ein Arschficker. Ich spiele den anderen Part und Ben schaut zu.< Benjamin lachte auf.
Ich schaute den anderen zu, wie sie gingen. >Gefällt mir ja, dass ihr jetzt so gut miteinander klar kommt, aber ihr braucht nicht so mies zu den anderen zu sein.<, brummte ich.
Reese und Ben verdrehte gleichzeitig die Augen. >Memme. Die beiden können dich nicht leiden, weil du mit mir rumhängst und das Gleiche ziehen die jetzt mit dem da durch...< Er zeigte auf Ben. >... und du verteidigst die Schweine noch?< Ich zuckte mit den Schultern.
Ben nickte. >Stimmt. Du musst dagegen angehen, sonst machen die die ganze Zeit weiter.<

Ich ging nach der Schule arbeiten und fuhr daraufhin zu Ben. Reese kam alleine mit dem  Skateboard. Barko folgte ihm. Bens Mum öffnete uns die Tür und ließ uns nach oben. Sie sah verblüfft zu Reese, sagte aber nichts als wir die Treppen hoch zu Ben gingen. >Ihr trefft euch also, um vor dem Fernseher zu sitzen und zu spielen? Anstatt rauszugehen und dort etwas zu machen?< Ich umfing sein Kinn und küsste ihn. >Das macht es auch nicht besser.<
>Aber du hältst deinen Mund.< Er zwickte mich in den Bauch und schob mich zur Tür. >Hey, Benji.< Er saß schon vor dem Fernseher und schlug wie verrückt auf den Controller in seiner Hand ein. Ich setzte mich zu ihm und zog Reese neben mich.
Reese konnte zwar spielen, aber er hatte keine Lust und er war nicht geübt darin. Sein Feuer wurde aber angefacht, als Ben ihn das sechste Mal hintereinander im Spiel abgeknallt hatte.
>Ok, jetzt reicht's.< Er legte seine Jacke ab und begann das Spiel neu. Ben grinste verschlagen und nickte. >Ich mach dich platt, Mann.< Und sie legten los. Ich sah nur amüsiert zu und trank dabei von meiner Cola. Wie sie sich gegenseitig anstichelten. Die Witze, die sie rissen. >Oh!< Reese warf den Controlle auf das Bett und stand mit erhobenen Fäusten auf. >Sag es!<
Ben warf seinen Kopf seufzend nach vorne. >Ich bin ein Loser.<
Lachend klopfte ich ihm auf die Schulter. >Das ist gut. Das ist richtig gut.< Die Tür ging auf und Judith kam rein. Für einen Bruchteil einer Sekunde weiteten sich meine Augen. Judy trug einen schwarzen engen Minirock und eine Bluse mit monströsem Ausschnitt. Ich sah zu Reese, der argwöhnisch die Stirn runzelte.
>Rick, kannst du mir das Oberteil zu machen.<
>Judy, verschwinde jetzt endlich.< Ihr Bruder stand auf und versuchte sie zur Tür zu schieben, aber sie ging vor mir in die Knie und drehte sich mit dem Rücken zu mir, der komplett nackt war.
>Bitte, Rick.< Reese beobachtete, wie ich meine Finger an den Reißverschluss der Bluse legte und ihn hochzog. >Danke. Was spielt ihr?< Sie lächelte mich verführerisch an.
Ich fuhr mir durchs Haar und versuchte Reese durch Augenkontakt zu beruhigen, denn alles an ihm schrie nur so „Vulkanausbruch!“. Und das merkte auch Ben. >Judy, geh jetzt.<, verlangte er streng.
Sie lehnte sich weit zu mir vor. Ihr Ausschnitt lud sich beinahe auf meiner Brust aus. >In Ordnung, kommst du mit?<
>Judy, ich...<
>5...< Reese begann runter zu zählen. Benji und ich wussten ganz genau, was passieren würde, wenn er bei Null ankam.
>Gehen wir zu mir ins Zimmer. Ich hab noch ein bisschen Zeit, bevor ich raus muss.<, säuselte sie.
>3...<
Ich stand auf und trat von Judith weg. >Jude, ich habe dir doch schon gesagt, dass ich...<
>1...<
>Reese, bitte.<
Er trat vor mich und blickte Judy herausfordernd an. >Er will dich nicht ficken. Jetzt verpiss dich endlich. Es wird peinlich.<
Ben fluchte leise. >Hey, jetzt... kommen wir alle mal runter und du solltest gehen.< Er nickte zu Judith, die Reese überrascht anblinzelte.
>Wer zum Teufel bist du?<
>Der Kerl, der deinen Traummann vögelt.< Er sah zu Ben. >Nur damit du es weißt, ich habe kein Problem damit Frauen zu schlagen, wenn sie mir auf den Sack gehen.<
Damit packte er seine Schwester am Arm und brachte sie raus. >Was hat er da gerade gesagt?<, zischte sie aufgebracht.
>Nichts, jetzt geh.< Er führte sie aus dem Raum und schloss hinter sich die Tür.
Reese' Kopf fuhr zu mir herum. Seine Augen waren zu Schlitzen verformt. Ich hob beschwichtigend die Hände. >Ich habe sie doch abgewehrt.<, verteidigte ich mich.
Er stach mit dem Finger in meine Brust. >Warum hast du sie angefasst? Warum redest du noch mit ihr? Und warum zum Teufel denkt sie immer noch, sie könnte dich haben?<, zischte er und ging an mir vorbei zur Tür.
Schnell nahm ich seine Hand in meine. >Reese, jetzt reiß dich zusammen. Du weißt ganz genau, dass ich nichts von ihr will.< Er knirschte mit den Zähnen. >Ich liebe dich. So sehr.< Widerwillig ließ er mich sein Kinn anheben. Zärtlich biss ich in seine volle Unterlippe und sah ihm in seine dunklen Augen. >Nur dich, Kätzchen.<
Er seufzte und sah mich an. >Du siehst zu gut aus.<
>Gleichfalls.< Ich küsste ihn. Da ging die Tür plötzlich wieder auf und Judy sah zwischen uns hin und her.
>Was willst du?<
>Stimmt das?< Sie zeigte auf mich. >Du und er? Stimmt das?<
Ich nickte und fuhr mir durchs Haar. >Ja, ich bin mit ihm zusammen.<
Sie verzog das Gesicht. >Wie...? Wie bist du...? Wir haben doch davor...?<
>Ich weiß, aber jetzt bin ich mit ihm zusammen. Deswegen kann das auch nicht laufen zwischen uns. Also nicht mehr.<, erklärte ich.
Reese zog mich demonstrativ näher an sich heran und verbrannte Judy mit seinen Augen. Sie schüttelte ungläubig den Kopf. >Süße, keine Sorge. Es geht ihm sehr gut bei mir.<
Ich zwickte ihn. >Sei jetzt ruhig.< Wortlos sah sie mich an und wandte sich dann ab, um stampfend das Haus zu verlassen.
Kichernd schnappte Reese sich seine Jacke und schlüpfte hinein. Ben kam ins Zimmer zurück, mit zwei Packungen Chips in der Hand. >Hör auf zu lachen, dass ist nicht witzig. Das war unfair.<
Er schnaubte. >Es ist witzig. Und es ist fair. Warum darf sie dich anfassen? Besonders, wenn ich direkt daneben stehe.<, fragte er genervt.
Ich sah zu Ben, der mich überfordert anblickte. >Weil Menschen mich anfassen dürfen und Judith ist eine Freundin von mir.<
>Ich will aber nicht, dass du mit ihr befreundet bist. Ich will nicht, dass du überhaupt etwas mit ihr zu tun hast.<, schnauzte er mich an.
Bens Augenbrauen hoben sich an. >Wow. Kaum ein Unterschied zu einer Schnecke.<
Ich sah ihn entsetzt an. >Das hättest du nicht sagen sollen.<
>Was?!< Reese drehte sich von mir weg zu Ben. >Was hast du gesagt?!<
>Es... es tut mir leid?< Zu Spät. Reese stürzte sich auf Ben, packte die Chipstüte und leerte sie über ihm auf. >Ernsthaft?!<, brüllte Ben und schützte sich vor der Lawine, die auf ihn niederprasselte.
Reese stand auf und stieß mich aus dem Weg. >Ich bin nicht annähernd wie das weibliche Geschlecht, ihr Arschlöcher. Und du...< Er blitzte mich wütend an. >... überlegst dir lieber was du machst. Bis später.< Ich sah ihm fassungslos dabei zu, wie er die Treppe runter ging und verschwand.
>Oh Gott! Wie kannst du das aushalten? Ist er wirklich so gut, verdammt?<
Ich lachte. >Besser. Und du bist selber schuld. Du kannst ihn doch nicht mit Mädels vergleichen.<, schalte ich ihn.
Er schüttelte den Kopf. >Er ist ausgeflippt, weil du Judy angefasst hast. So verhalten sich doch nur zickige Tussen.< Fluchend klopfte er die Chips von seiner Kleidung und schüttelte die Krümel aus seinem Haar. >Der ist echt am Arsch, Mann.< Grinsend zupfte ich den Dreck von seiner Kleidung und ging raus in den Flur, um den Staubsauger zu holen.
Ich saugte alles auf und stellte den Sauger wieder weg. >Tut mir leid, dass er so mies zu deiner Schwester war.<
>Schon in Ordnung. Ich kann das verstehen. Sie ist manchmal einfach.... zu ehrgeizig. Aber du weißt ja, dass sie auf dich steht. Und das unsere Eltern total drauf sind, euch zusammen zu stecken.< Ich nickte. >Sie steht einfach auf dich. Ein bisschen zu sehr.<
>Ja.<
Wir saßen zusammen noch ein Weilchen da. Aßen, sahen Fern und sprachen miteinander. Ich fuhr am Abend wieder zurück... nachhause. Nachhause zu Reese.
Er saß mit Sandra, Tim und Barko auf dem Sofa und nukelte an einer Flasche, während zwischen seinen Fingern eine Zigarette qualmte. >Hey.< Wenig beeindruckt saugte er an seiner Kippe und lehnte sich an seiner Schwester an.
>Und wie war es mit Judy?< Er zog ihren Namen unnatürlich in die Länge.
Ich schüttelte amüsiert den Kopf und setzte mich neben ihn. >Du weißt ganz genau, dass sie vor dir gegangen ist.<
>Darf ich wissen, was los ist?<, fragte Sandy.
>Nein.<, zischte Reese und nahm wieder einen Zug von der Zigarette.
Sie sah zu mir. >Richard?<
Ich fuhr Reese durch sein Haar, aber er schlug meine Hand weg und rückte von mir weg. >Reese ist der Meinung, ich würde mit der Schwester meines besten Freundes anbandeln.<, erklärte ich.
Reese stieß mich von sich. >Diese blöde Sau hängt dir ihre Titten ins Gesicht und spreizt ihre Beine vor dir und ich soll mir das alles nur einbilden?< Er stand auf und stieg über meine Beine trüber.
>Reese, ernsthaft?< Er hob mir seinen Mittelfinger entgegen und ging die Treppen hoch in sein Zimmer. Ich sah zu Sandra. >Meint er das ernst?< Sie nickte. >Nicht zu fassen. Tut mir leid.< Ich tätschelte ihre Schulter. >Gute Nacht, Leute.<
Ich joggte die Treppen hoch zu Reese. Er saß in der Ecke und spielte Gitarre. Barko saß vor ihm auf dem Boden, gähnend und mit wedelndem Schwanz. >Verpiss dich.<, brummte er und trank aus der Flasche.
>Du weißt, dass ich das nicht kann. Jetzt sag mir was wirklich los ist.< Er zupfte eine wunderschöne Melodie auf der Gitarre, die ich ihm zum Valentinstag geschenkt hatte, und schloss seine Augen. Ich beobachtete ihn schweigend. Setzte mich auf das Bett und wartete, aber er ignorierte mich. >Reese.< Er spielte lauter. >Reese,...< Ich stand auf und ging zu ihm rüber. Vor ihm ging ich in die Hocke und nahm seine Hand von den Seiten. Er funkelte mich wütend an. >Ich habe dir doch gesagt, dass sie mich nicht interessiert. Warum verhälst du dich jetzt so?<, fragte ich ihn besorgt. Das Licht der Zimmerlampe fiel auf sein Gesicht und ich konnte seine erweiterten Pupillen sehen. Ich griff nach seinem Kiefer und riss ihn an mich. >Du hast wieder was genommen.<, zischte ich.
Er grinste breit. >Ja, und?<
>Du machst das viel zu oft, Reese. Das ist nicht gut für dich. Du musst damit aufhören.<, bat ich ihn.
>Gott, heul nicht rum!< Er legte die Gitarre beiseite und kroch über Barko hinweg zu mir. >Stattdessen könntest du anfangen dich auszuziehen.< Ein gedankenverlorenes Lächeln lag auf seinen Lippen.
Was war verdammt nochmal los mit ihm? Er war fast nur noch high. Es war noch nie so schlimm.
>Kätzchen, lass uns schlafen gehen. Du kannst deinen Rausch ausschlafen und morgen machen, was du willst. Komm...< Ich wollte ihn auf meine Arme heben, aber schubste mich weg.
>“Kätzchen, geh schlafen.“, „Ruh dich aus, Kätzchen.“<, äffte er mich nach. >Was soll'n dieser Scheiß?! Bin ich dein Baby? Könntest du mich nicht einfach ficken und dein Maul halten?!<, blaffte er mich an und fluchte leise.
Seufzend stand ich auf. >Nein, kann ich nicht. Bleib halt da liegen.< Reese packte meinen Oberschenkel und begann meine Hose zu öffnen. >Hör auf.< Ich schob seine Finger von mir und ging zum Bett.
>Gott, du bist so ein Arsch, verdammt!<
Ich atmete durch. Sein Verhalten, wenn er high oder betrunken war, war unerträglich.
Schweigend ging ich aus dem Zimmer und duschen. Als ich wieder zurückkam, schmollte Reese noch immer in der Ecke und kraulte seinen Hund. Ich setzte mich in Boxershorts auf das Bett und sah ihn erwartungsvoll an. >Kommst du zu mir?<
>Nein!<, keifte er.
Ich zuckte mit den Schultern und legte mich ins Bett. Fast war ich eingeschlafen, da sank die Matratze. Meine Augen öffneten sich und grünes Haar leuchtete vor mir. Ich spürte seine nackte Rückseite gegen meinen Bauch drücken. >Danke.<, flüsterte ich.
Er nahm meine Hände in seine und schlang sie um seine Mitte. >Nacht.<

Kapitel 18

Ich wachte auf, mit Reese' Armen fest um meinen Hals gewickelt. Seine Stirn lehnte gleichzeitig an meine Schläfe. Ich wagte nicht, mich zu bewegen. Die Wärme, die er ausstieß war tröstend, genauso wie das Etwas, dass gegen meine Hüfte tippte.
>Rich... ard...<, seufzte er auf einmal. Gleichzeitig stieß er unmerklich mit seiner Hüfte vor. Ich strich über seine Seite und begann seinen Kiefer mit Küssen zu überhäufen. Meine Hand glitt unter die Decke und berührte ihn intim. An meinem Ohr hörte ich ihn stöhnen. Ich konnte nicht anders, als mich vorsichtig von ihm zu lösen und unter die Decke zu kriechen. Meine Lippen legten sich um seine pochende Lust. >Ah!... Rick?< Licht traf auf mein Gesicht und ich konnte Reese ansehen. >Warum machst du das?< Ich erhöhte den Druck. Reese warf seinen Kopf zurück in die Kissen und schnappte nach Lust. >Nicht aufhören. Oh, nicht aufhören.<, wiederholte er immer wieder. Sein Keuchen wurde lauter und verzweifelter, bis er kam und erschöpft zusammensank.
Zärtlich liebkoste ich seinen Bauch. >Ich habe noch nie jemanden so sehr geliebt, wie dich, Reese.< Ich wanderte zu ihm hoch und sah ihn an. >Vertrau mir.< Seine großen Augen folgten prüfend meinen Bewegungen. >Bitte.<
>Wieso hängst du mit denen alle rum und...?<
>Weil das meine Freunde sind, Reese. Und ich werde meine Freunde nicht einfach aufgeben. Du würdest doch Anthony auch nicht aufgeben oder?<, fragte ich ihn.
Er wandte seinen Kopf fluchend ab und zupfte am Bezug des Kissens herum. >Ich will nicht, dass dich jemand anderes anfasst.< Ich fuhr ihm durchs Haar und drückte meine Lippen an seine Stirn. >Ich liebe dich, Richard. Und du liebst doch auch mich.<
>Ja, natürlich.<
>Dann brauchst du doch auch niemand anderen.<
Ich nippte an seinem Kinn. >Ich habe noch ein Leben außerhalb von uns beiden. Nur weil ich mit jemand anderem rede oder ihn berühre, heißt das nicht, dass ich dich weniger liebe, Reese.<, versuchte ich ihm klarzumachen. Er verdrehte nur die Augen. Ich drehte sein Gesicht zu mir. >Du bist süß, wenn du eifersüchtig bist.<, schmunzelte ich.
Da kam der trotzige Ausdruck wieder. >Halt dein Mund.< Ich liebkoste seinen Hals abwärts. >Hör auf, Rick.< Meine Lippen umfingen seine Brustwarze. Er schlug mich auf den Hinterkopf. >Hör auf.< Ich sah zu ihm auf. >Du machst mich jetzt nicht geil, damit ich nicht mehr sauer auf dich bin, Richard.<
>Gut, dann gehen wir in die Schule.<
Er stöhnte genervt auf und sah mir dabei zu, wie ich nach Kleidung suchte. >Scheiße.<, brummte er, ging an eine Schublade und nahm etwas heraus. Seine Faust lag fest um den Gegenstand. Ich konnte sehen, dass er, was auch immer es war, es vor mir versteckte.
>Was ist das?< Er ignorierte mich und ging zur Tür. >Reese, was hast du da?< Ich packte seine Schulter.
Sofort entriss er sich mir. >Lass es! Hör auf dich wie meine Mutter zu verhalten, Richard!< Er ging aus dem Raum und verschwand im Bad.
Ich entschied mich dafür, ihn in Ruhe zu lassen und mich fertig zu machen. Es würde nur wieder zu einem Streit führen.
Wir fuhren in die Schule und waren beide gereizt. Er, weil er sauer auf mich war, wegen Judy, und ich, weil ich seinen ständigen Drogenkonsum hasste.
Ben merkte die Spannungen zwischen uns und hielt sich deshalb auf Abstand.
Das Training verlief... zweifelhaft. Meine „Freunde“ beachteten mich nicht. Während des Spiels erfüllte ich die Funktion eines Kleiderständers. Der Coach fragte, was los sei und warum ich aus dem Spiel ausgeschlossen wurde. Erklärte, dass das Spiel, das dieses Wochenende stattfinden sollte, so nicht funktionieren würde. Wir müssten uns zusammenreißen, etc. Aber auch danach kamen keine sinnvollen Spielzüge zu Stande und er nahm mich aus dem Spiel. Ich entschied mich zu gehen. Es hatte keinen Sinn, da zu sitzen und nichts zu machen.
>So ein Scheiß.< Ich warf meine Tasche wütend in meinen Wagen und setzte mich hinein. Jetzt konnte ich nicht einmal mehr Basketball spielen. Ich fuhr nachhause, wo Sandra schon am Kochen war. Reese stand neben ihr und half ihr lachend. Neben ihm auf der Arbeitsfläche stand ein volles Glas.
>Richard, dass Essen ist gleich fertig.<, rief sie, während ich eintrat.
>Danke, ich habe keinen Hunger.<, murmelte ich nur und ging die Treppen hoch ins Zimmer.
Wenige Minuten später kam Reese rein, gerade als ich mich umzog. >Ist irgendwas?<
Ich zuckte mit den Schultern. >Was soll sein?<
>Du bist zu früh.<
Ich schlüpfte in Jogginghosen und schnappte mir ein T-Shirt. >Es wäre wahrscheinlich besser, wenn ich aus dem Team aussteige, denke ich.<
Reese trat näher heran und fasste mich an die Schulter. >Wieso? Haben die was gemacht?<, fragte er aufgebracht.
Ich verneinte und sah ihn an. >Das funktioniert so nicht. Ich kann nicht spielen, wenn ich von meinen eigenen Spielern ignoriert werde.<, antwortete ich.
>Und jetzt willst du einfach aufhören?<
>Natürlich. Was soll ich denn sonst machen? Es hat doch keinen Sinn, so weiter zu machen.<
Er nahm mein Gesicht in seine Hände und lächelte mich liebevoll an. >Dann spiel einfach auch gegen die. Wenn diese Schweine sich wie eingeschnappte Mädchen benehmen wollen, dann lass sie einfach. Aber du kannst doch nicht damit aufhören, was dir Spaß machst, nur weil ein paar Probleme aufkommen, Richard.< Sein Daumen strich über meine Wangenknochen. >Tut mir leid, dass ich so scheiße drauf war.<, entschuldigte er sich.
>Schon vorbei.<
Seine Augen glitten über meine Brust hinweg. Als sie wieder auf meine trafen, waren sie dunkler als zuvor. Ich schmunzelte. Mit steigenden Mundwinkeln ließ er seine Hände über meine Brust wandern. >Das hier lenkt wirklich ab.<, flüsterte er und knabberte auf seiner Unterlippe herum. >Aber...< Ich legte meinen Arm um seine Taille. >Richard, reiß dich zusammen.< Damit stieß er mich von sich und ging aus dem Zimmer.
Schnaubend streckte ich mich und begann zu trainieren. Reese hatte wieder einmal recht. Ich musste etwas mehr wie er werden. Einfach aufzuhören, wegen diesen Kerlen, war nicht richtig. Dann musste ich eben auch gegen meine eigenen Teamkameraden spielen.
Reese kam nach dem Abendessen wieder zurück. Atemlos lag ich auf dem Boden und sah zu ihm auf. >Ich habe doch gesagt, kein Sex.<, schnauzte er.
>Ich... sage doch auch nicht,... dass wir...< Ich gab auf, setzte mich schwerfällig auf und streckte meine Hand zu der Wasserflasche aus, die auf dem Boden lag, doch Reese kickte sie weg. >Warum...?<
Er zog sein Oberteil aus. >Die liegst schwitzend auf dem Boden und stöhnst, wie in einem Porno, und willst mir sagen, dass du mich damit nicht anmachen willst?<, blaffte er und stieg aus seiner Hose. Tatsächlich war er errigiert.
>Ich habe einfach nur trainiert. Das hat nichts mit...< Ich stand auf und sah ihm dabei zu, wie er sich nackt auszog. Schwer schluckte ich. >... mit...<
Er stieß mich auf das Bett. >Wenigstens kann ich mir sicher sein, dass du neben diesen vollbusigen Huren auch noch etwas Platz für mich hast...< Mein Widerspruch verflüchtigte sich, mit seinen Händen an meinem Hosenbund. Mit einem Ruck war auch ich nackt. Er nahm Gleitgel und Kondom hervor und kroch raubtierartig über mich. >Vielleicht muss ich dir auch erst einmal wirklich klar machen, was du an mir hast.< Eingeschüchtert blickte ich zu ihm auf. Er beugte sich zu mir vor und küsste sich einen Weg von meiner Schläfe hinab zu meinem Kinn. Seine Finger schoben sich in meinen Nacken und zogen mich aufrecht zu sich hin. Ich reckte meinen Hals, um ihn küssen zu können, aber er wich vor mir zurück, umschloss gleichzeitig unser beider Erregung und begann sie in regelmäßigen Bewegungen zu streicheln. Mein Atem verlor sich und ich nippte an seinem Schlüsselbein. Seine Hitze pulsierte an meiner. Unser beider Stöhnen erfüllte den Raum. Und dann endlich neigte er seinen Kopf und küsste mich.
Ich schlang meine Arme um seine Mitte und öffnete seine Lippen. >Schneller...<, ächzte ich. Er kam meiner Bitte nach, flüsterte meinen Namen lasziv in mein Ohr und packte mich am Haar, kurz bevor meine Beherrschung brach. Seine Hände hielten inne. Ich gab einen entrüsteten Laut von mir, den er mit einem selbstgefälligen Lächeln quittierte.
>Noch nicht.< Nachsichtig legte er mich zurück auf das Bett und begann meinen Körper mit Küssen zu überhäufen. Meine Brust hob und senkte sich hastig, während seine Zunge die Einkerbungen meines Bauches nachmalte. Ich schloss meine Augen. Reese schnappte sich das Kondom, riss die Packung auf und stülpte es mir über. Nur diese Berührung ließ meinen ganzen Körper zucken. Er platzierte sich über mir, ließ mich ihn jedoch nur unmerklich antippen.
Frustierte blickte ich zu ihm auf. >Reese, bitte.<
Schmunzelnd führte er seine Tortur fort. >Du willst mich, was?< Er erhöhte den Druck. Ich schnappte nach Luft und grub meine Finger in seine Hüfte. >Mehr?< Seine kehlige Stimme war wie Honig. Da kappte meine Beherrschung. Ich stieß ruckartig mit meinem Becken nach vorne. Reese nahm es den Atem. >Du Arsch!<, zischte er.
Ich lächelte. >Ich konnte nicht warten.<, stöhnte ich und wiederholte meine Bewegung.
>Richard, hör auf.< Er drückte mich nieder und hielt mich davon ab, es noch einmal zu machen. >Ich bin jetzt wieder dran.< Mit diesen Worten begann er seinen Tanz auf mir. Auf höchst erotische Weise kreiste seine Hüfte auf mir. Fast wahnsinnig vor Lust bäumte ich mich unter ihm auf und keuchte. Reese reagierte gleichzeitig stark. Der Ausblick, der sich mir hier ergab, war mehr als sexy.
Heißes Stöhnen, dass aus seinen halboffenen Mund tropfte. Schweiß, der sich nach und nach auf seiner Haut sammelte. Und dann noch sein sinnlicher Tanz auf mir.
Er hatte seine Finger in meiner Brust gekrallt und ließ sich erschöpft, mit der Hand neben meinem Kopf in die Matratze gestützt, nach vorne fallen. Ich zog ihn in eine Umarmung, drehte uns und erhöhte das Tempo. Reese schrie unter mir erstickt auf und biss mich in die Schulter.  Seine Finger wanderten dabei über meinen Rücken zu meinem Hintern und drückten fest zu.
>Ich... ich...< Reese hob sich mir entgegen und warf seinen Kopf in den Nacken. >Rick...< Ich küsste ihn, reizte ihn mit meiner Zunge und stieß währenddessen in ihn. >Gott...< Meine Lippen wanderte an seinem Hals hinab. In meinem Bauch konnte ich spüren, wie der Knoten sich langsam löste. Wir beide verfielen in ein unkontrolliertes Stöhnen, bis uns der Höhepunkt überrannte.
Ich sackte auf ihm zusammen und küsste seine Schulter. >Ich liebe dich.<, murmelte ich an seiner Haut.
Er nickte atemlos und nahm mich fest in den Arm. >Ich... liebe dich auch.< Ich küsste ihn wieder und glitt aus ihm heraus. Wir beide schnauften und waren noch immer überwältigt vom Sex, als ich das Kondom abstreifte und in den Müll warf. Reese lag nackt vor mir, räkelte und streckte sich befriedigt vor mir und summte dabei zufrieden. Ich beugte mich zu ihm vor und küsste ihn auf den Bauch. Er lächelte mich an. >Guck dir das an.< Er setzte sich auf und strich über meine Brust. Es brannte.
Ich sah nach unten. Rote Streifen fuhren senkrecht über meine Brust. >Reese?!< Er lachte auf. >Ist das dein Ernst?<
>Das sind deine Trophäen, Loverboy.< Ich hob argwöhnisch meine Brauen an. >Der Sex ist einfach so gut, dass ich mich nicht zurückhalten kann.< Er küsste mich. >Ich liebe dich.< Wir legten uns zusammen wieder ins Bett. Reese säuberte sich und klammerte sich an mich.

Die Spannungen zwischen uns stiegen und sanken in den nächsten Tagen radikal. Wir stritten uns über die selben Themen, entschuldigten uns und landeten im Bett.
Weiterhin versuchte ich mit meiner Mutter oder meinem Bruder zu reden, aber beide ließen es nicht zu, dass ich mit ihnen sprach.
Diese Woche ohne meine Geschwister und meine Eltern, war härter als gedacht. Ich hatte gehofft, dass mein Vater vielleicht mit der Zeit etwas nachgedacht hätte und seine Meinung ändern würde, aber ich hatte mich geirrt.
Dann war es Samstag und Zeit für das Spiel. Draußen in der Halle hörten wir die Zuschauer jubeln und den Rektor unserer Schule durch das Mikrofon reden.
Zwischen mir und den Spielern aus meinem Team war immer noch nichts geklärt. Das Training war katastrophal gewesen. Ich hatte mich dazu entschieden, so gut wie möglich mitzumachen, aber zuhause noch einmal für mich zu trainieren.
Unser Trainer hatte uns davor erklärt, dass wichtige Leute bei diesem Spiel dabei waren. Sie könnten uns zu einem Stipendium helfen. Das war meine Chance. Ich musste einfach gut sein. Mein Vater würde mir mein Studium nicht zahlen. Ein Stipendium wäre die Lösung.
Wir wurden raus gerufen. In einer Reihe kamen wir raus in die Halle gejoggt und wurden mit Applaus willkommen geheißen. Unter dem tosenden Klatschen setzten wir uns auf die Bänke, die für uns bereitstanden. Der Coach stand vor uns, während das gegnerische Team in die Halle kam.
Der Rektor rief den Beginn des Spiels an und unser Trainer scheuchte uns auf das Spielfeld. Mir war klar, dass meine „Freunde“ sich auch hier nicht zurückhalten würden, zu versuchen mich auszuschließen, aber ich hatte mich dazu entschieden, Reese' Rat anzunehmen.
In dem Moment kam Reese durch die hölzernen Doppeltüren, gefolgt von seinen Freunden. Sie fielen wirklich aus der Norm. Aber ich freute mich und grinste ihn an. Er zeigte lächelnd auf seinen Pullover, wo das Logo der Schule drauf war und darunter in Rot mein Name.
Ben stieß mich an. >Dein Groupie.< Ich nickte.
Und es ging los. Der Ball wurde eingeworfen und wir fingen an zu spielen. Von Anfang an war die Verteidigung stark und es kam nichts zu Stande. Bis ich den ersten Korb erzielte. Die anderen quittierten das mit leisen Flüchen und missbilligenden Blicken. Ich ignorierte das schlichtweg, was dazu führte, dass sie wieder ihr Spiel aufnahmen, mich auszuschließen. Als sie merkten, dass Ben mir die Bälle zuspielte und ich ihm, schlossen sie auch ihn aus.
>Alter, so funktioniert das nicht.< Wir saßen auf der Bank und sahen zu, wie sie spielten.
Ich nickte. >Ja.< Frustriert trank ich aus meiner Wasserflasche. >Wenn die nicht mit uns spielen wollen, müssen wir gegen sie spielen.<, brummte ich.
Er sah mich verwirrt an. >Wie meinst du das?<
>Wir nehmen ihnen den Ball ab.<
Benji schürzte nachdenklich die Lippen und schnalzte mit der Zunge. >In Ordnung.< Wir kamen wieder ins Spiel und zogen unseren Plan auf direktem Wege durch. Es stand 24:19 für das andere Team. Ich krallte mir den Basketball von einem meiner Teamkameraden. Ich hatte ihm die Chance gegeben, aber er war an mir vorbeigelaufen und da hatte ich die Möglichkeit ausgenutzt. Trippelte um einen der Gegner herum und versenkte den Ball im Korb. Die Menge brach in Gejubel aus. Darunter Reese, der deutlich herauszuhören war. Ich musste lachen.
Von da an spielten wir gegen das gegnerische Team und gegen unser eigenes Team. Und so sehr die Wut unserer Teamkameraden stieg, es funktionierte. Wir punkteten. Reese und Reese hielten irgendwann zusammen ein Schild hoch auf dem stand „Rick hat eine Riesen-Keule!“
>Reese!<, zischte ich und wedelte mit den Armen herum, damit sie das Schild wieder herunter nahmen. Die beiden lachten sich da oben den Arsch ab und gaben einander ein High-Five. Aber sie drehten das Schild herum und nun stand „ Go Ricky & Benji!“ Ich lächelte. Ben schmunzelte. 
Wir hielten unseren Plan für den Rest des Spiels aufrecht und kamen mit 79:70 als Gewinner heraus. Der Coach beglückwünschte und erzählte uns, dass die Gäste für Stipendien beeindruckt waren.
Ich kam mit Ben über den Parkplatz gelaufen. Wo Reese mit den anderen wartete. Sobald er mich sah, rannte er auf mich zu und sprang in meine Arme. >Gute Arbeit.< Ich bekam einen Kuss. War froh darüber, dass jetzt wieder alles gut war, denn noch am gestrigen Abend hatten wir uns wieder darüber gestritten, dass er zu viel trank.
>Danke für die Motivation.<, murmelte ich zwischen zwei Küssen.
Ben klopfte mir auf die Schulter. >Wir sehen uns.<
Reese stieg von mir runter. >Wo gehst'n du hin, Mann? Du hast doch so einen scheiß gelabert von wegen, du könntest mehr Jack trinken als ich.<
Benji schnaubte. >Das kann ich auch.<
>20 Shots. Wenn ich gewinne, läufst du den Rest der Nacht im Höschen rum.<, grinste Reese hinterhältig.
>Wenn ich gewinne, stellst du mir die Kleine mit den pinken Haaren vor.< Ich sah zu Jacky, die neben Anthony auf der Motorhaube seines Autos saß.
>Kein Problem.< Sie schüttelten sich die Hände und wir setzten uns in die Wagen. >Du siehst echt scharf aus, wenn du gewinnst.<, säuselte Reese neben mir im Auto und strich über meinen Arm.
Riri auf der Hinterbank räusperte sich. >Hallo? Ich bin auch noch hier. Reißt euch zusammen, ja?<
Ich sah lächelnd zu ihm nach hinten. >Er hat schon etwas intus oder?<, fragte ich.
>Etwas?!<, lachte er laut.
Reese dirigierte mich raus aus der Stadt in den Wald. Zu einem Grillplatz. Die anderen waren schon dort. Saßen an den Holztischen und packten das Gesöff aus. >Gott, ich werde langsam wieder nüchtern.< Sobald das Auto hielt, stieg Reese aus und ging zu den anderen, um sich sofort eine Flasche zu schnappten. Kopfschüttelnd folgten ich und Riri ihm. >Benji! Los geht’s!<, johlte er und schwenkte die bräunliche Flüssigkeit in der Flasche herum. >Haben wir Gläser?< Anthony packte 20 kurze Gläser aus und reihte jeweils 10 auf jeder Seite auf. >Gut, das geht so.< Er zog seine Jacke aus und setzte sich auf die Bank. Ben kam aus seinem Wagen und setzte sich ihm gegenüber hin. Ich stellte mich zu ihnen, gerade als das letzte Glas gefüllt wurde. >20 Gläser und du ziehst dich aus.<
>20 Gläser, das Mädchen.< Riri zählte von 3 herunter. Kaum war er bei 1 angekommen, fingen die beiden an die Gläser zu exen. Corinne und Ian füllten die leeren Gläser wieder auf. Es war erschreckend, wie schnell Reese war. Und wie schnell er dann plötzlich bei 20 angekommen war.
>Yeah!< Er sprang schwankend auf die Bank und tanzte im Kreis. >Ausziehen! Ausziehen! Ausziehen!<
Ben fluchte leise und sah um Hilfe bittend zu mir. >Das ist für die Pool-Party.<, erinnerte ich ihn.
>Ausziehen! Ausziehen! Ausziehen!< Die anderen klangen ins Grölen ein und wurden lauter, als Benji sein Oberteil auszog. Reese sah zu mir. >Oh, Basketballer sind echt... lecker.< Ich blickte ihn anklagend an. >Runter mit der Hose!<, rief er laut und stieg von der Bank.
Ben stand auf und öffnete seinen Reißverschluss. Seine Augen hatten einen glasigen Schein bekommen. >Du hast doch beschissen.<, nuschelte er.
Reese klatschte aufgeregt und sprang auf und ab, während Benjamin aus seinen Hosen stieg. >Jacky, komm her.< Sie trug ihre Haare wie immer in den hüpfenden Locken. Kurze, hochgeschlossene Jeans und ein bauchfreies schwarzes Oberteil mit langen Armen. Sie sah sehr gut aus. Verständlich, dass Ben auf sie stand. >Das ist Benjamin und er hat sich in deine Glocken verliebt.< Benji und er fingen an zu lachen. Ich konnte nicht glauben, wie betrunken sie waren.
Letztendlich war Ben ausgezogen bis auf seine Shorts und bekam Cola über geschüttet. Brüllend hob er die Arme. Ich sah überrascht zu Riri rüber. Er zuckte mit den Schultern und nahm sich eine Flasche Bier. >Willst du?< Ich verneinte.
Damit begann die Trink-Party. Die Leute versanken im Suff. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie die alle Nachhause kommen wollten. Aus den Autos dröhnte laute Musik. Der Platz vor den Holztischen wurde offiziell zur Tanzfläche erklärt und es sammelte sich eine Gruppe von wankenden Betrunkenen. Ben und Jacky saßen tatsächlich eng nebeneinander auf einer Bank und flirteten auf so üble Weise miteinander, dass es mir selbst aus 10m Entfernung unangenehm war.
Reese kam torkelnd auf mich zu und nahm meine Hand in seine. >Baby, warum sitzt du hier? Tanz mit mir.< Er setzte sich rittlings auf meinen Schoss.
>Verdammt, du bist so high.<, merkte ich an.
Lachend küsste er mein Gesicht und drückte mich nieder auf die Bank. >Und sooooo geil.< Er liebkoste meine Brust und hob mein Oberteil an.
>Reese, nein.< Ich setzte mich auf und stützte ihn an seinem Rücken. >Vielleicht sollten wir nachhause gehen. Du bist ziemlich...<
>Nein!< Er stand auf. >Warum willst du jetzt gehen? Lass uns in den Wald gehen.<, schlug er vor und biss sich auf seine Unterlippe. Ich sah mich um zu den Bäumen und wieder zu Reese. >Oh Rick. Muss ich dich ernsthaft anbetteln, damit ich dir einen blasen darf? Die Hälfte hier würde mich darum anbetteln.<
>Das macht mich echt an.<, brummte ich sarkastisch.
Er zog mich an seine Lippen und griff mir in den Schritt. >Mach dich das an?< Er schmeckte nach Alkohol, dennoch verfehlte er seine Wirkung nicht. >Es macht dich an.< Ich verdrehte schnaubend die Augen. >Komm.< Seine Finger schoben sich in meine und zogen mich auf meine Beine. Wir gingen an den anderen vorbei an den Waldrand.
>Hey, Reese!<
>Was?!<, brüllte er zurück. Anthony hob eine volle Flasche hoch. >Ja, gleich!<
Ich konnte nicht anders, als Anthony zu zuzwinkern, während Reese mich hinter sich her zerrte. Fast konnte ich hören, wie er wütend mit den Zähnen knirschte. Reese ließ sich von mir auf die Arme heben und gegen den nächstbesten Baum drücken. >Wir sollten wirklich gehen.<
>Sag das nochmal.< Er stieg von mir runter und ging vor mir in die Knie. Ich sah ihm mit beschleunigtem Atem dabei zu, wie er meine Hose öffnete und meine wachsende Erektion auspackte. >Sag das nochmal, Richard.< Mit den Augen auf mich gerichtet nahm er mich in den Mund. Seufzend legte ich meinen Kopf in den Nacken. Ich begann meine Hüften vorwärts zu bewegen und fuhr ihm zärtlich durchs Haar. Nach und nach wurde mein Stöhnen lauter und Reese' Zunge schneller. Plötzlich verlor ich die Hitze seines Mundes. >Du hast recht, wir sollten gehen.< Er wischte sich über die Lippen und richtete sich auf. Verschlagen grinste er mich an.
>Du bist ein Arsch.<, zischte ich und begann mich wieder anzuziehen.
Reese hielt meine Hand fest. >War ein Scherz. Ich will nur auch etwas davon haben.< Er begann sich ebenfalls auszuziehen und drehte sich mit dem Rücken zu mir. Sein blanker Hintern streckte sich mir entgegen. Ich lächelte wieder und nahm das Kondom an, das er mir reichte.

Wir kamen eine halbe Stunde später wieder raus auf den Platz. Der Alkoholpegel war erneut gestiegen. Ben hatte Jackys Beine über seinem Schoss liegen. Reese kriegte sofort eine Flasche und einen Joint. Beidem wandte er sich nur zu gerne zu. >Reese, du hattest genug. Hier.< Ich reichte ihm Wasser, aber er schob es beiseite und nahm einen Zug.
>Ist das alles, was wir haben?< Anthony winkte zu sich. Reese machte einen Schritt in seine Richtung.
Schnell umfing ich seinen Arm. >Bitte, Reese.<, murmelte ich.
Er sah mich an. >Bitte, was? Ich möchte nur Spaß haben.<
>Das macht dich krank.<
Er schob meine Finger von sich und schüttelte den Kopf. >Vertrau mir.<
>Du weißt, was ich dir gesagt habe und ich habe das in letzter Zeit ziemlich locker gelassen.< Ich wusste, dass ihn diese Worte aufregen würden, aber es musste einfach raus.
>Fick dich, Richard. Ich bin nicht dein Hund, verdammt. Jetzt lass mich.<, zischte er und ging zu Anthony. Dieser legte ihm seinen Arm um die Schulter und führte ihn von mir weg.
Ian trat zu mir. >Echt schade, dass er so auf Drogen versessen ist.< Ich nickte. >Ich meine, ich nehme ja auch mal Zeug, aber er nimmt echt viel.< Er hielt mir seine Kamera hin. >Sieh mal.< Mehrere Bilder von der Party. Und mehrere Bilder von Reese. Wir er lachte, trank und rauchte. Es war sogar ein äußerst reizvolles Bild dabei, in dem Rauch aus seinen Lippen über sein Gesicht glitt. Sein Ausdruck war mehr als verführerisch.
>Du bist richtig gut darin.<
Ian zuckte mit den Schultern. >Ja, ich weiß, aber irgendwie scheint das niemand zu verstehen.<
Lächelnd sah ich ihn an. >Und an Selbstvertrauen mangelt es dir wohl auch nicht.<
>Ich habe keine Lust Fotografie zu studieren. Ich meine, warum soll ich etwas studieren, dass ich schon kann oder?<, fragte er mit seiner gewohnt leisen Stimme.
Ich gluckste. Bemerkte sehr wohl seinen prüfenden Blick. >Was ist?<
>Du siehst echt gut aus.<
>Ehm... danke.<
Er hob eine Schulter an. >Nicht so gut wie Reese, aber... immer noch gut...<
>Du bist sehr ehrlich, Ian.<
Gedankenverloren zappte er durch die Bilder auf seiner Kamera. >Meine Frage ist, würdest du mal für mich Modell stehen?<
Verblüfft sah ich mich zu ihm um. >Modell stehen? Ich denke nicht, dass du das wirklich willst.<, schmunzelte ich. Er sah mich wieder an, bis ich aufgab und nickte. >In Ordnung.<
>Gute Entscheidung. Ich bin gut im Nerven. Das hättest du nicht gewollt. Oh...< Er hob seine Kamera an und schoss ein Foto. Und zwar von Jacky und Benjamin, wie sie sich ausgelassen küssten. >Jacky ist auch hübsch. Sieh mal.< Er tippte wild auf den Knöpfen herum, bis er bei den Bildern von ihr angekommen war. Es waren höchst pikante Bilder. Jacky in einem übergroßen Muskelshirt und kniehohen Tennis-Socken.
>Oh, das ist... nett. Sehr schön.<
Er nickte. >Ja. Ich geh mal wieder auf die Jagd.< Mit erhobener Linse spazierte er durch die Menge.

Alle waren so betrunken und high, dass wir in unseren Autos übernachteten. Ich schlief schon auf der Hinterbank, mit Riri auf dem Beifahrersitz, aber Reese war noch voll dabei mit trinken und rauchen. Ich war sauer. Stinksauer. Ich verstand nicht, wie er von mir erwarten konnte, seine Saufgelagen und Drogenpartys zu ignorieren. Es war ja nicht so, als wäre meine Sorge unbegründet.
>Tony!< Ich fuhr hoch und sah aus dem Fenster. Reese lag auf Anthony. Es war ein Mix aus Wresteln und Knutschen.
Schlagartig stieg ich aus und stampfte über den Boden zu ihnen rüber. Ich packte Reese an der Schulter und riss ihn hinter mich. >Halt dich von ihm fern.<
Schulterzuckend setzte Anthony sich auf. >Hey, Alter, ist doch nichts dabei.<
>Du fasst ihn nie wieder an.<
Ich schob Reese vor mir her zum Wagen. Er konnte kaum laufen. >Was soll das? Lass mich wieder zurück, Mann!< Ich warf ihn über meine Schulter. >Ich will wieder runter!< Daraus wurde nichts, denn ich setzte ihn ins Auto und schloss die Türen ab. >Richard, das kannst du nicht einfach so machen.<, blaffte er mich an.
>Hör auf. Leg dich hin und schlaf. Riri, haben wir hier Wasser?< Er gab mir eine Flasche, die ich Reese an die Lippen hielt, aber er spuckte es aus und schob mich von sich weg. >Es geht dir nicht gut. Sieh dich an. Du bist high und betrunken.<, erklärte ich wütend.
Er wischte sich das Wasser von den Lippen und stierte mich mindestens genauso verstimmt an. >Das ist mir scheiß egal. Ich habe dir gesagt, dass ich mich nicht ändern lasse! Gott, gehst du mir auf den Sack!< Er versuchte die Türen zu öffnen, aber sie blieben zu. >Mach die scheiß Türen auf.<
>Er will dich ins Bett kriegen. Er ist nicht gut für dich. Und dieser ganze Scheißdreck, den du dir da pumpst, ist genauso schlecht.<
>Du beschissener...< Er lehnte sich vor ans Armaturenbrett und öffnete mit einem Knopfdruck alle vier Türen. >Lass mich in Ruhe, klar?< Er stieg aus und schlug hinter sich die Tür zu. Fassungslos sah ich ihm dabei zu, wie er am Auto vorbei lief und zurück zu Anthony ging.
>Mann, hättest dir keinen anstrengenderen Freund aussuchen können.<, scherzte Riri.
Ich lehnte mich in den Sitz zurück und atmete frustriert aus. >Wem sagst du das. Dieser Idiot.< Genervt rieb ich mein Kinn. >Riri, ich denke, ich fahr heim. Soll ich dich auch fahren?< Er nickte. >Gut. Ich seh kurz nach Benjamin.< Ich stieg aus dem Wagen aus und ging zu der Bank auf der Ben und Jacky knutschend gesessen hatten. Er lag auf dem Tisch, neben ihm Jacky. >Hey, Benji.< Ich schüttelte ihn leicht. >Benji, wach auf.<
>Verdammt, was willst du?<
>Ich verpiss mich und du kommst mit.<
Er gähnte und setzte sich auf. >Ok. Hey, Jack, ich verschwinde.<
Sie gähnte und setzte sich auf. >Bye.< Sie küssten sich doch wirklich zum Abschied.
>Was läuft'n da bei euch?<
Ben ließ sich von mir stützen. >Keine Ahnung. Sie ist auf jeden Fall total heiß. Wo ist meine Kleidung?<, fragte er.
Ich machte eine wegwerfende Bewegung mit meiner Hand. >Vergiss die. Wer weiß, was die damit angestellt haben. Du kriegst was von mir.< Er war schon eingeschlafen, als ich die Tür zuschlug.
>Was machst du jetzt?< Ich drehte mich nicht zu Reese um, sondern öffnete die Fahrertür. >Richard, wo gehst du hin?< Er stieß mich an. >Bist du jetzt ein geschnappt oder was?<
>Ich bin nicht ein geschnappt, ich gehe nur nachhause.<
>Was bist'n du für eine Memme? Rick, das ist eine Party. Hier geht es nun mal ein bisschen rund.<, beschwichtigte er.
Ich fuhr mir durchs Haar. >Von mir aus. Erwarte nur nicht von mir, da mitzumachen...<
>Tu ich auch nicht.<
>... oder es einfach so hinzunehmen, wenn du dich so volllaufen lässt, dass du kaum mehr laufen kannst.<
>Jetzt übertreib mal nicht.< Ich stieß ihn an der Schulter. Er stolperte rückwärts und musste sich am Auto festhalten, damit er nicht auf dem Hintern landete. >Gott, fick dich.<
Ich nickte. >Ja, genau.< Wir stritten uns nur noch. Unser ganzer Tagesablauf war von unseren Streitereien und Versöhnungen bestimmt. Es war traurig. Reese fiel das im selben Moment auf wie mir. >Ich nehme Ben mit zu uns.< Er nickte. >Bis später.< Ich küsste ihn kurz auf die Wange und wandte mich dann ab.
Die Fahrt nachhause war mehr als nervenaufreibend. Ich fuhr erst Riri nachhause und dann mit Benji zu Reese, wo ich ihn direkt ins Bett legte und selber unten im Wohnzimmer schlief.

Kapitel 19

Als ich am morgen aufwachte, machte Sandra mit Tim in der Küche Frühstück und Ben saß am Tisch. >Morgen.<, gähnte ich. >Was machst du schon hier?<
>Sterben.< Bens Kopf lag in seinen Händen.
Sandra lachte. >Nimm die Aspirin.<
>Das ist übrigens Benjamin.<, stellte ich ihn ihr vor.
Sie verdrehte die Augen. >Weiß ich doch.<
>Wo ist eigentlich Reese?< Ich setzte mich gegenüber von Ben an den Tisch und streckte mich.
>Er war noch gar nicht hier.<
Ruckartig sah ich mich zu ihr um. >Was?<
>Keine Ahnung. Vielleicht übernachtet er bei einem Freund.<
Sofort dachte ich an Anthony. Er war mit Sicherheit bei Anthony. Ich fuhr mir durchs Haar und sah zu Ben. >Du und Jacky also, huh?<
Schmunzelnd trank er das Glas Wasser vor sich aus. >Keine Ahnung, von was du sprichst.< Ich senkte meine Brauen. >Ah, du meinst das scharfe Teil von gestern.< Ich nickte. >Geht dich nichts an.<
Lachend nahm ich meinen Teller von Sandra an.
Wir frühstückten zusammen. Danach fuhr ich Ben zurück in den Wald. Alles war zugemüllt. >Kommst du?<
>Nein, ich räum hier noch auf.< Ich beugte mich vor zu den Flaschen und warf sie in die Mülltonnen.
Ben schnaubte. >Du änderst dich nie, Mr. Saubermann, was?< Ich hob ihm nur meinen Mittelfinger entgegen, lächelte aber, als er mir zur Hilfe kam.
Wir machten Schadensbegrenzung und fuhren anschließend jeweils nachhause, doch auch dann war Reese nicht da. Wenn ich ihn anrief, ging die Mailbox ran und auch keiner der anderen wusste, wo er war. Langsam machte ich mir Sorgen, aber Sandra beruhigte mich und sagte mir, dass Reese gerne mal eine Party über mehrere Tage verlängerte. Jedoch erinnerte mich diese Situation nur zu sehr daran, als wir Reese verprügelt auf dem Skatepark gefunden hatten.
Ich lief also sehr lange Gassi mit Barko. Erwischte mich dabei, wie ich in die Richtung des Hauses meines Vaters ging. Schnell drehte ich mich weg und steuerte strikt ein Ziel an und dann das nächste.
Bis in den Abend hin war ich unterwegs und als ich zurückkam, war Reese immer noch nicht da. Ich lief innerlich zwar schon die Wände hoch, zwang mich aber dazu Ruhe zu bewahren.
Sandra nahm mich mit sich auf das Sofa, sah mit mir einen Film an und versuchte mich abzulenken.
Doch auch als ich in der Nacht im Bett lag, war ich aufgekratzt und nervös und hoffte, dass Reese noch kam. Er kam nicht. Und ich konnte nicht aufhören, mir vorzustellen, was Reese mit wem auch immer tat.
Ich dachte an unsere Streitereien. Es waren so viele in letzter Zeit gewesen. Wir waren jung und lebten schon zusammen. Das war Druck, der auf unserer Beziehung lag. Es war klar, dass wir aneinander klatschten, aber... es war krass.

Reese war Montagmorgen ebenfalls nicht da und kam auch nicht im Laufe des Tages in die Schule. Aber wenigstens hatte ich an diesem Tag mehr zu tun. Denn unsere Teamkameraden verbrachten ihre Zeit damit wütend auf Ben und mich zu sein, während die anderen Schüler sich nur zaghaft an uns heran trauten, die Lehrer, die nichts von der Situation wussten, scheuten sich aber nicht davor uns zu loben.
>Hey. Ich bin in der Schule, wo bist du?< Ben lachte. Und ich kannte dieses Lachen. Es war das Lachen, dass er hatte, wenn er mit seiner Freundin sprach. Als er meinen Blick bemerkte, drehte er sich weg. >Ich muss jetzt los. Wir sehen uns später.< Er legte auf und schob sein Handy räuspernd in seine Hosentasche.
>Die hat's dir richtig angetan, was?<
Grinsend sah er mich an. >Sie ist echt verdammt heiß.< Ich nickte. >Aber auch cool drauf. Ach, egal. Ist Reese mittlerweile wieder zurück?<, fragte er. Ich verneinte. >Scheiße. Ich würde mir da aber keinen Stress machen. Ich meine, er hat doch Barko da gelassen. Ohne den hält er es sowie so nicht lange aus.<
Ich nickte.
Er kam auch am Abend nicht. Da reichte es mir dann wirklich. Ich klingelte bei ihm Sturm. Bis er dann endlich ran ging. >Wo zum Teufel bist du, Reese?!<, zischte ich, sobald das Tuten aufgehört hatte.
>Chill mal, Alter.<
>Wo. Bist. Du?<
Er nannte mir den Namen eines Clubs, der etwas weiter außerhalb war. Ich setzte mich sofort ins Auto und fuhr los. An der Tür gab es das erste Problem. Um rein zu kommen, musste ich 21 sein. Reese musste sich gefälschte Ausweise besorgt haben. Irgendwie musste ich da auf jeden Fall rein. Letztendlich schaffte ich es mich bei einer Gruppe von Clubbern einzuschleichen und mit ihnen ins Innere zu kommen. Es war zum Brechen voll. Die Luft so stickig, man konnte buchstäblich mit einem Messer durch sie schneiden.
Ich durchsuchte den ganzen Club, bis ich zum Schluss auf den Männertoiletten landete. Eigentlich hatte ich schon aufgegeben. Hatte mir gedacht, dass er wahrscheinlich doch abgehauen war, aber dann...
Ich schob die Tür auf und blieb stehen. Reese lehnte gegen die Wand gegenüber den Waschbecken. Um seinen Oberarm, nahe seines Ellenbogens, lag eng darum ein Gummiband, das er mit dem Mund fest anzog. Mit den Fingern schlug er auf seine Venen, sodass sie hervortraten. Ungläubig sah ich dabei zu, wie Anthony plötzlich auftauchte. In seiner Hand hielt er eine Spritze und schnipste dagegen. Zur Probe drückte er etwas von der Flüssigkeit heraus. >Jetzt mach schon, Tony.<, fluchte Reese. Dunkle Ringe lagen unter seinen Augen. Er war bleich. Erschreckend bleich.  Ich erstarrte. Rührte mich nicht. In meinem Kopf schrie es laut, aber ich konnte mich nicht bewegen. Anthony versenkte die Spitze der Spritze in Reese' Fleisch. Der zuckte noch nicht einmal. Stattdessen gab er ein tiefes Stöhnen von sich und ließ seinen Kopf erleichtert in den Nacken fallen.
Anthony stützte seine Hände auf je eine Seite von Reese ab und beugte sich zu ihm vor. >Guter Stoff, was, Babe?< Noch immer bewegungsunfähig sah ich, wie Reese mit dümmlichen Lächeln nickte und Tony sich daraufhin tiefer zu ihm vorbeugte und ihn küsste.
Mehr packte ich dann nicht. Ich stürzte wieder raus und schnappte nach Luft, was in diesem Laden kaum möglich war. Das Reese Drogen nahm war mir fast von Anfang an klar gewesen, aber... dieses Zeug... Heroin... Crystal Meth... Das war richtig harter Stoff. Immer wieder hörte man davon, wie Abhängige ihr Leben damit ruinierten oder starben. Und das war es, was Reese nahm?
Jetzt verstand ich seine ganze Geheimnistuerei. Seine enormen Stimmungsschwankungen. Es gab alles Sinn. Wie konnte ich es nicht sehen?
Ich fuhr mir mit beiden Händen übers Gesicht. Ich musste jetzt etwas tun. Erneut trat ich in den Raum, schritt direkt auf Anthony zu und riss ihn von Reese weg, der fast bewusstlos an der Wand hing. Ich nahm ihn an mich und trug ihn raus.
>Wie kommst du hier her?!<, brüllte Tony über die Musik hinweg, aber ich gab ihm keine Aufmerksamkeit. Ich war mir nicht mehr sicher, was ich tun würde, sobald ich mich ihm zuwenden würde.
>Oh Gott... Baby, das ist so gut...<, lallte Reese in meinen Armen. Ich quetschte mich an den anderen vorbei bis zum Ausgang und ging am Türsteher vorbei, der mich sehr wohl kritisch ansah.
>Loverboy, lass ihn runter. Es ist immer noch seine Entscheidung.<
Ich stellte Reese an meinem Auto ab, musste ihn aber stützen, damit er nicht zusammenbrach. >Ricky, ich will Party machen.< , murmelte Reese und wehrte sich erbärmlich gegen meinen Griff. Stur legte ich ihn auf die Hinterbank und schlug die Tür zu.
>Lass ihn raus.< Ich sah Anthony an, atmete durch und stieg vorne ins Auto ein. >Hey!< Er schlug lautstark mit der Faust gegen das Fenster.
'Reiß dich zusammen, Rick. Du kannst ihn nicht verprügeln.'
Ich parkte aus, sah Anthony wütend an. Er versorgte ihn mit üblen Drogen und küsste ihn. Immer weiter, stieß er ihn in dieses Loch. Ich fuhr zurück nachhause. Sandra war gerade im Bad und machte sich bettfertig, als ich ins Haus eingestürmt kam. >Hey, was ist hier... ? Reese?! Was ist los?< Sie kam mir auf den Treppen entgegen.
>Er ist... ich weiß nicht... Er hat irgendwas genommen. Keine Ahnung, was.< Ich trug Reese ins Zimmer und legte ihn auf das Bett.
>Oh Mann.< Reese streckte sich stöhnend und zerrte an seiner Kleidung.
Sandra beugte sich über ihn und strich über seine Stirn. >Verdammt, Reese.<
>Was... was sollen wir tun?<
Sie fuhr sich durchs Haar. >Wir sollten ihn ausnüchtern lassen.< Ich nickte und setzte mich neben ihn auf das Bett. >Ich bringe etwas zu essen.<
>Was ist los?<, fragte draußen Tim.
>Mein Bruder. Er... er ist wieder high. Und zwar mit dem üblen Zeug. Es reicht, gib mir das Telefon.< Ich zog Reese die Jacke aus und half ihm auch aus dem Pullover. Er war vollgeschwitzt. Im klaren Licht des Zimmers wirkte er fast wie eine Leiche. Diese Erkenntnis schockte mich umso mehr.
Tim kam mit einem Teller und eine dampfenden Tasse ins Zimmer und stellte beides auf dem Nachttisch ab. >Oh, Reese.< Besorgt sah er ihn an und strich ihm über die Stirn.
Reese' Augen öffneten sich langsam. >Wo bin ich, gott verdammte Scheiße?< Ich hob seinen Kopf an. >Wo ist Anthony?< Seine Augen waren so glasig. Und seine erweiterten Pupillen. Er sah zu mir und stieg sehr ungeschickt auf meinen Schoss.
>Nein, Reese. Leg dich hin. Du brauchst Ruhe.<
>Ich brauche einen deftigen Fick.< Er schlang seine Arme um meinen Nacken und zog mich näher an sich heran. Schnell kam Tim mir zur Hilfe und zerrte ihn von mir runter zurück auf das Bett. >Oh Gott...< Er versuchte sich aufzusetzen, rutschte aber aus und fiel wieder zurück auf seinen Rücken. >Ich fühle mich...< Ein seltsamer Laut kam aus ihm heraus.
>Iss was, Kätzchen.< Ich nahm das belegte Brot vom Teller und hielt es ihm an seine Lippen. >Hier.< Er biss Gott sei Dank problemlos ab, verlor aber immer wieder sein Bewusstsein.
Sandra kam ins Zimmer und sah sich ihren Bruder an. >Leg ihn seitlich hin, damit er nicht erstickt, falls er sich übergibt.< Überfordert nickte ich und tat, was sie sagt. >Rick, ich bleibe hier. Du musst sowie so nachhause oder?< Tim nickte. >Dann kannst du bei mir im Bett schlafen.<
>Ist schon in Ordnung. Ich kann hier...<
Erschöpft schüttelte sie den Kopf. >Nein, nein. Ich bleibe bei ihm.< Ich sah die rote Umrandung in ihren Augen und gab nach. Tim und ich gingen aus dem Zimmer. Er verabschiedete sich bei mir und ich legte mich bei Sandra ins Bett. An Schlaf war jedoch nicht zu denken. Der Schrecken lag noch zu sehr in meinen Knochen. Mehrere Stunden gab ich mir Mühe und versuchte einzuschlafen. Früh am nächsten Morgen ging ich dann zurück in das Zimmer von Reese. Sandra lag hinter ihrem Bruder und hatte ihre Arme eng um ihn geschlungen. Tränen glänzten auf ihrer Wange.
Ich durchsuchte Reese' Zimmer und fand alles mögliche Zeug. Pfeifen, Spritzen, Gummibänder, angebrannte Löffel, Feuerzeuge. Alles was man brauchte. Alles. Sogar der Stoff. Es war Crystal Meth. Für mehrere Sekunden konnte ich nicht mehr atmen.
Barko kam zu mir, als ich mein Gesicht mit meinen Händen bedeckte. Er leckte meine Schulter ab und stupste mich mit seiner Nase an. Lächelnd fuhr ich ihm durch sein Fell. >Danke, Kumpel.< Ich lehnte meine Stirn an seine. >Dein Vater ist echt am Arsch, Bark.<, murmelte ich.
Ich nahm ihn mit mir mit ins Wohnzimmer und setzte mich auf das Sofa. Mit dem Fernseher versuchte ich mich abzulenken, doch es funktionierte nicht.
Wer wusste, was er nahm. Wie konnte er nur...? Ich schlang meine Arme um mich selber herum. Das war das schlimmste. Das schlimmste. Was war nur los, dass er so dringend diese Drogen brauchte? War ich nicht genügend für ihn da? Hatte ich irgendwas falsch gemacht?

>Was hast du gemacht?! Bist du wahnsinnig?!< Ich riss aus dem Schlaf und rannte schnell die Treppen hoch. Barko stand mit dem Schwanz wedelnd vor der Zimmertür. Ich schob sie vorsichtig auf. Reese raufte sich das Haar. >Wie konntest du das tun?! Du...! Bist du verrückt...?!< Dann sah er mich. >Kannst du mir mal erklären, warum ich erstens hier bin und dann auch noch meine Schwester versucht mich in den Arsch zu ficken und nicht du?<, blaffte er mich an.
Ich seufzte. >Ich habe dich hier her gebracht und deine Schwester...<
>Warum hast du mich hergebracht? Ich...<
Ich ging an ihm vorbei zu der Schublade des Schreibtisches, wo ich alle Sachen zusammen geworfen hatte, die ich in der Nacht gefunden hatte. >Deshalb.< Diese warf ich auf das Bett.
Reese Augen rissen sich auf. >Was...?< Entrüstet sah er zwischen mir und Sandra hin und her. Sie hatte die Arme verschränkt und stützte ihr Kinn in ihre Faust, während erneut Tränen über ihr Gesicht liefen. >Du hast mein scheiß Zimmer durchsucht?<
>Natürlich habe ich das gemacht. Vergessen wir einmal, dass du Anthony an dich rangelassen hast, dieser Kerl pumpt dich mit dem übelsten Zeug voll. Ist dir das nicht klar? Das ist kein Witz. Das ist mies, Reese. Das kann dein Leben zerstören und...<
>Und was scheiße nochmal, geht dich das an? Oder dich?< Er zeigte auf Sandra. >Und du...!< Wütend leckte er sich über seine Unterlippe und ballte seine Hände zu Fäusten. >Das...<
Ich ließ mich auf das Bett fallen und seufzte. >Wir lieben dich und deshalb geht es uns etwas an. Du machst dich kaputt und...<
>Gott, ich verpiss mich.< Er schnappte sich seinen Pullover. >Manchmal denke ich, dass es vielleicht doch keine so gute Idee war, dich gegen Anthony einzutauschen.<, murmelte er. Ungläubig sah ich zu ihm auf.
Sandra wischte sich über das Gesicht. >Ist das dein Ernst? Dieser Mistkerl zieht dich immer mehr in den Dreck. Du hast das erste Mal...<
>Oh ja, der heilige, liebe, wundervolle, tolle Richard Krimber. Er wird es schaffen meine Seele zu retten, nicht wahr? Tja, er geht mir auf den Sack und ich kann seine verschissene Fresse nicht mehr sehen!<, brüllte er und ging zur Tür.
>Wenn du jetzt gehst, bin ich weg.<, sagte ich. Er blieb stehen. >Dieses mal wirklich.<
Er drehte sich zu mir um. >Du kannst nicht gehen. Wo willst du hin?<, fragte er herablassend. Sandra starrte ihn geschockt an.
Ich stellte mich auf. >Ich kann zu Ben und ich habe Geld gespart. Ich kann in eine Wohnung ziehen, Reese.< Er öffnete seinen Mund, schloss ihn aber wieder. >Ich... werde gehen, weil ich bei so einem Scheiß nicht mit mache und das einzige, dass ich daran bereuen werde ist, dass ich Sandra alleine lasse.<
>Wie...?< Er knetete seinen Pullover in seinen Händen. >Wie kannst... du das sagen?< Seine Stimme brach und eine Träne lief über seine Wange.
>Weil du dich kaputt machst und ich nicht dabei zuschauen will.< Er fuhr sich durchs Haar. >Kätzchen, komm her.< Zweifelnd sah er zu seiner Schwester. Lautstark atmete er durch und lief dann in meine Arme. Fest drückte ich ihn an mich.
Er küsste mich in den Hals und schloss seine Augen. >Es tut mir leid. Ich habe das nicht geplant. Und... ich habe wirklich mit Anthony rumgemacht?<
Ich zuckte mit den Schultern. >Es war nur ein Kuss.<
>Kannst du sie wieder zurückpfeifen?<, fragte er nun seine Schwester. Sie schüttelte den Kopf. >Scheiße.<
>Von wem redet ihr?< Anstatt mir eine Antwort zu geben, nahm Reese mich fester in den Arm. >Wir gehen wohl nicht in die Schule, was?< Lächelnd schüttelte er den Kopf.
Sandra fuhr ihm durchs Haar und zog ihn in eine Umarmung. >Grashalm, ich habe dich so lieb.< Er nahm ihren Kuss auf die Stirn mit trotziger Miene an. Ich nahm die Schublade voll mit den Sachen runter in die Küche.
>Hey, hey, was machst du?< Reese folgte mir die Treppe runter.
Ich sah mich zu ihm um. >Was wohl? Das wegwerfen.<
>Du kannst das doch nicht einfach jetzt wegwerfen. Das hat Geld...<
>Reese.<
>Nein, das ist doch eine Verschwendung und...<
Ich strich mit meinen Fingern über seine Wange. >Es ist keine Verschwendung, wenn es dir dadurch besser geht.< Er biss auf seine Unterlippe. Ich ging die Treppen weiter runter.
Reese lief mir hinterher. >Nein, warte. Das kannst du nicht machen.< Sandra legte ihre Hand an seine Schulter. Er sah sie an. >Das ist doch dumm. Wir müssen doch nicht sofort...< Verzweifelt sah er mir dabei zu, wie ich alles in eine Tüte steckte. >Rick, bitte.<, bettelte er. Ich machte einen Knoten in die Tüte und steckte sie in eine Zweite. >Baby.<, winselte er.
Mein Blick fiel auf Sandra. Sie schüttelte den Kopf. >Tut mir leid, Kätzchen. Das ist nicht gut für dich.< Ich warf beides neben den Mülleimer auf den Boden.
Der Ausdruck in seinem Gesicht war mit keinem anderen Wort als Sehnsucht und Trauer  zu beschreiben. >Wir schaffen das.<, sagte Sandra und küsste ihn auf die Schläfe. >Aber das muss jetzt aufhören. Wenn du uns nicht... uns nicht entgegenkommst, dann... dann müssen wir dich wegschicken.< Ich sah auf.
Reese machte es mir nach. >Was? Was...? Wie meinst du das?<
>Wenn du uns nicht entgegenkommst, müssen wir dich... in eine Klinik schicken. Das musst du verstehen. Das ist kein Witz. Wir...<
>Du kannst mich doch nicht einfach abschieben. Das ist doch nicht so schlimm. Ich kann doch aufhören und...<
Ich fuhr ihm durchs Haar. >Sie hat recht.<
Sein Kopf fuhr zu mir herum. >Was? Du bist auf ihrer Seite?<
>Das ist keine Seite. Du bist jetzt gerade krank. Und um dich gesund zu kriegen würden wir alles tun, Reese.<, bestärkte ich.
Er schnaubte. >Das ist doch nur wieder...< Er schlug die Hände von Sandra von sich und trat von uns weg. >... eine Schlupfloch für euch, um mich loszuwerden. Du willst nur...< Seine Finger zeigte auf mich. >... wieder eine Frau vögeln und du...< Sandra. >... du willst einfach nur das Haus für dich und deinen Stecher haben.<
Sie schüttelte den Kopf. >Du weißt, dass das nicht stimmt, Reese.< Sie versuchte ihn in den Arm zu nehmen, aber er stieß sie weg.
>Nein, hört auf. Das ist... Wieso könnt ihr mir das nicht lassen?<, fragte er und schob mich beiseite, um wieder an die Tüte zu kommen. Bevor er sie aber erreichte umschlang ich seine Mitte, warf ihn über meine Schulter und trug ihn an der weinenden Sandra vorbei die Treppen hoch. >Lass mich runter! Rick!< Ich ignorierte seine Fäuste auf meinem Rücken und warf ihn in seinem Zimmer auf sein Bett. >Falls du meinst, ich würde dich mich jetzt ficken lassen, hast du dich geschnitten. Lass mich gehen!< Er versuchte wieder aufzustehen, aber ich drückte ihn runter.
>Reese, bitte. Leg dich hin und beruhig dich.<
Er schüttelte den Kopf. >Fass mich nicht an! Du bist wie alle anderen, du verdammter...!< Ich drückte ihn nieder. >Ich dachte, du wärst anders. Ich dachte,... Du bist so ein Heuchler!<
Ich strich über sein Gesicht. >Bitte. Ich würde alles für dich tun, aber ich kann das einfach nicht...<
>Fick dich!<
So ging es den ganzen Tag weiter. Reese kämpfte gegen Sandra und mich an und versuchte uns dazu zu überreden, ihn weiter Drogen nehmen zu lassen. Er meinte, er würde aufhören, aber das es Zeit brauchte. Immer wieder wechselte seine Stimmung. Einmal war er nachsichtig und erklärte uns, dass er mitmachen wollte, dann wieder versuchte er abzuhauen.
Dann wurde es Abend und wir bekamen Besuch. Sandra ging runter zur Tür.
>Wenn du diese Tür öffnest, werde ich nie wieder ein Wort mit dir wechseln, Schwester!<, brüllte Reese. Er saß neben mir auf dem Sofa. Sein Kopf auf meiner Schulter und meine Arme um ihn herum.
>Wer ist das?<
Entschuldigend sah er mich an. >Es tut mir leid, Baby. Sei bitte nicht sauer auf mich... Oh mein Gott.< Seine Augen schweiften ab. Ich folgte ihnen. Eine Frau mit mittellangen dunklen Haaren stand in der Tür. Hinter ihr lagen vier große Koffer und stand eine eingeschüchterte Sandra. Die dunkelbraunen Augen der Frau verformten sich zu Schlitzen und richteten sich auf Reese. Sie war eindeutig und ohne Zweifel eine Latina. Sehr schön und offensichtlich selbstbewusst. Irgendwas an ihr kam mir bekannt vor.
>Ich kann nicht mit Worten beschreiben, wie stolz ich auf dich bin, Sohn.<, sagte sie mit tiefer weiblicher Stimme. Triefend vor Sarkasmus, dass es wehtat.

Kapitel 20


Ich entschuldige mich vorab für alle Fehler im Spanischen. Ich habe einfach Google-Übersetzer benutzt ;P

Reese löste sich von mir und stand auf. >Lange her, Mum.<
Ich schnappte nach Luft. >Deine... deine Mutter? Du...< Ich sah zu der Frau und wieder zu Reese und dann zu Sandra. Sie und ihre Mutter hätten von zwei verschiedenen Planeten kommen können. >Du... du hast doch gesagt, sie wäre tot.<
Eine Braue der Frau hob sich an. >Sehr nett. Du hast die Geschichte mit meinem Krebs also fortgeführt und mich für Tod erklärt.< Reese verschränkte die Arme vor der Brust.
>Und du bist Latino?<
>Richard, halt die Klappe.<, schnauzte er mich an. Ich fasste mir an die Stirn. >¿Está ahora especialmente venido a acabar conmigo? (Bist du jetzt extra hergekommen, um mich fertig zu machen?)<, sprach er. Ich konnte kein spanisch, aber ich wusste, wie es sich anhörte.
>Du sprichst spanisch?< Ich konnte nicht glauben, was sich da vor mir auftat.
Reese sah mich genervt an. >Bist du Rassist?<
>Natürlich nicht.<
>Dann halt's Maul.<
>Ist das der Mann von dem du gesprochen hast, Sandra?<, fragte Reese' Mutter. Sie sprach Sandras Namen ganz anders aus.
Ihre Tochter nickte. >Sí, él es un buen tipo. Él hace Reese también. (Ja, er ist ein guter Kerl. Er tut Reese gut.)<
>Das entscheide noch immer ich. Und du gehst hoch ins Bad und nimmst eine lange heiße Dusche.<, sagte sie streng.
>Du kommst also einfach hier her und spielst jetzt wieder Mama. Bei dem Scheiß mach ich nicht mit und ist übrigens mies, dass du die überhaupt hierher gerufen hast.<, beschwerte er sich.
>Sofort.<, sagte seine Mutter. Es lag soviel Strenge und Wut in ihrer Worte, dass selbst ich mich dazu gezwugen fühlte nach oben zu gehen.
>Reese, komm.< Ich schob ihn zum Flur.
Zornig rümpfte er die Nase, nahm meine Hand in seine und stampfte mit mir mi Schlepptau zu den Treppen. In dem Moment, in dem mein Fuß sich auf die erste Stufe legte, bohrten sich die roten Nägel von Reese' Mutter in meine Schulter. Und ich fluchte leise und drehte mich zu ihr um. >Er bleibt hier. Das du es wagst, so eine Unzucht zu treiben, während deine Mutter im Haus ist.<
Er lachte hämisch auf. >Wer ist hier unzüchtig? Ich wollte tatsächlich nur duschen.<, schnauzte er und wollte wieder mit mir nach oben, aber seine Mutter hielt uns erneut ab. >Was zum Teufel?!<
>Ich will mit ihm sprechen. Du gehst alleine.<
>¿Qué carajo? (Was soll der scheiß?)<
>No parece tan dañada que sea el otro. Le doy una oportunidad. Ahora sube. (Er scheint nicht so verdorben, wie die anderen zu sein. Ich gebe ihm eine Chance. Jetzt geh hoch.)< Verwirrt sah ich zwischen ihnen beiden hin und her. Reese ließ mich los und ging die Treppe hoch. >Café. (Kaffee.)< Sandra nickte und verschwand in der Küche. >Komm.< Sie winkte mich hinter sich her ins Wohnzimmer und setzte sich mit mir auf das Sofa. Mehrere endlose Sekunden lang starrte sie mich einfach an. Nervös rutschte ich auf dem Sofa hin und her und knetete meine Finger. >Nimmst du Drogen?<
>Nein, ich nehme keine Drogen, Ma'am.<
>Nenn mich nicht Ma'am. Ich bin keine Oma. Und du brauchst auch nicht so zu antworten, als wärst du bei einem Vorstellungsgespräch. Hast du jemals Drogen genommen?<
Ich sah sie an. >Noch nie. Und ich habe es auch nicht in Zukunft vor.<, antwortete ich.
Prüfend nickte sie. >Trinkst du?<, fragte sie als nächstes.
>Nein.<
>Du trinkst also nicht, du nimmst keine Drogen und du rauchst nicht?< Ich nickte. >Sandra hat mir schon gesagt, dass du ein Saubermann ist. Ich bin mir noch nicht sicher, ob mir das gefällt.< Keine Ahnung, was ich dazu sagen sollte, deshalb sagte ich nichts. >Sandra sagt, du liebst meinen Sohn, stimmt das?<
Ich fuhr mir durchs Haar. >Ja, ich liebe ihn sehr.<
>Mhm.< Sandra brachte ihrer Mutter eine volle Tasse, als sie wieder ging warf sie mir einen mitleidigen Blick zu. Ich lächelte zurück. >Du bringst ihn immer nachhause, wenn er eine seiner Party-Nächte durchgemacht hat?< Ich nickte. >Du bist ein Christ oder?< Ich nickte wieder. >Glaubst du auch wirklich an Gott?<
>Ja.<
Sie legte ihren Kopf schief. Unter ihrem Blick fühlte ich mich wie ein Tier. >Die nächsten Tage werden schwer. Ich würde es befürworten, wenn ihr in dieser Zeit keine Unzucht treibt.<
'Oh Gott, ist das dein ernst?'
>Ich... hatte nicht vor Unzucht mit ihm zu treiben.<
>Du wohnst hier, stimmt das?< Ich bejahte. >Weil du deiner Familie gesagt hast, dass du meinen Jungen liebst?<
>Ja.<
>Das ist ja mal scheiße gelaufen.<
Glucksend nickte ich. >Ja, ziemlich. Nur damit Sie es wissen, ich bin in der Lage, Miete zu zahlen. Das ist kein Problem. Und ich...<
>Geh hoch und kümmere dich um ihn.< Wie auf Knopfdruck stand ich auf und ging die Treppen hoch. Sandra klopfte mir auf die Schulter und ging zu ihrer Mutter. Ich sah noch, wie sie sich umarmten >Parece estar bien. Debemos le encadenamiento aquí, así que no puede. (Er scheint gut zu sein. Wir sollten ihn hier anketten, damit er nicht geht.)< Sie lachte trocken.
Sandra klang ein. >Es muy agradable. Y lo hace bien. En serio. No Desterrar él. (Er ist wirklich nett. Und er tut ihm gut. Wirklich. Verscheuche ihn nicht.)<
Ich verstand kein Wort, abgesehen von „bien“ und ich hoffte, dass sie positiv von mir sprachen. >Reese? Ich bin's. Mach die Tür auf.< Wenige Sekunden später ging die Tür auf. Hinter mir schloss ich die Tür, da stand er schon wieder unter der Dusche. Im Zimmer war die Luft dick geworden. Es war wie in einer Sauna. >Uff...< Ich atmete durch. >Geht es dir gut, Kätzchen?< Schnaufend ging ich zu ihm rüber und setzte mich vor ihm auf den Boden.
Er saß unter dem Wasserstrahl, der Dusche. Sein Kopf lehnte an der Scheibe. >Machst du jetzt Schluss mit mir, wegen der Schabracke?<, fragte er und fuhr mit dem Zeigefinger über das angeschlagene Glas.
Ich schüttelte den Kopf. >Natürlich nicht. Und sie ist keine Schabracke. Eigentlich ist sie sogar echt hübsch. Du siehst ihr sehr ähnlich.< Wütend funkelte er mich an. >Schau mich nicht so an, du hast mich angelogen.<
>Ja, tut mir leid.<
>Ja, tut mir leid? Du hast mir erzählt, dass deine Mutter tot ist. Und das hättest du mir doch sagen können. Warum hast du das vor mir verheimlicht?<
>Ich mag sie nicht.<, brummte er.
>Und du bist also Spanier?< Er nickte. >Heiß.< Lächelnd sah er zu mir auf und küsste die Scheibe. Ich fuhr mir durchs mittlerweile feuchte Haar. >Du und Sandra...<
>Wir sind ganz normale Geschwister. Ich komme nur nach meiner Mutter und sie nach Daddy.<, erklärte er und wusch sich das Haar. >Und bevor du fragst, was mit dem ist. Der lebt noch, aber er will keinen Kontakt mehr zu uns allen haben. Deswegen lebt er in Florida.< Ich nickte. >Die Alte ist verrückt, das...<
Es wurde laut an die Tür geklopft. >Ich habe gesagt, dass du dich um ihn kümmern sollst! Nicht das ihr so etwas machen sollt! Raus!<
Reese verdrehte die Augen und stieg aus der Dusche. Dürftig trocknete er sich ab, legte sich ein Handtuch um und öffnete die Tür. >Was willst du?<
Sie packte ihn am Arm und zerrte ihn raus in sein Zimmer. Verblüfft folgte ich den beiden. >No se atreven a hablar conmigo. Sobre todo después de que ambos traen muchos problemas aquí. ¿Te das cuenta lo que esta droga puede hacerte? (Wage es nicht, so mit mir zu reden. Besonders nachdem du den beiden hier so viel Ärger bringst. Ist dir klar, was diese Drogen mit dir machen können?)<, blaffte sie ihn an.
Er warf sich auf das Bett und ließ seine Schultern hängen. >Natürlich weiß ich das, Mamá.<, brummte er.
Sie stemmte die Fäuste in die Hüfte. >Usted, evidentemente, no lo sé, porque de otro modo no habría tomado. Hay que ir a una clínica. Nunca tome medicamentos. Nunca más. Usted no va a obtener los medicamentos en cualquier lugar cerca. Y si se rompe contra el ... te vienes conmigo a la abuela. (Das weißt du offensichtlich nicht, denn sonst hättest du es nicht genommen. Du hättest in eine Klinik gehen sollen. Du wirst nie wieder Drogen nehmen. Nie wieder. Du wirst nicht in die Nähe von Drogen kommen. Und wenn du dagegen verstößt,... kommst du mit mir zu Oma.)<
Reese' Augen weiteten sich. Er setzte sich auf. >Das... Usted no puede hacer eso! Odio a esa perra! Y ... Por favor, mamá. (Das kannst du nicht machen! Ich hasse dieses Weibsstück! Und... bitte Mum.)
>Wenn du dich an die Regeln hältst musst du nicht zu ihr. Jetzt zieh dich an. Ich mache Essen.< Er nickte. Seine Mutter ging aus dem Zimmer. >Wir werden morgen das Zimmer aufräumen und alles rausnehmen, was ihn verführen könnte. Du wirst mir helfen.<
>Ja, in... Ordnung.<
Ich schloss hinter ihr die Tür und ging vor ihm in die Hocke. >Küss mich.< Er schüttelte den Kopf. >Komm, bitte küss mich.<
Er legte sich auf den Rücken. >Du kannst mich küssen. Hier.< Er schob das Handtuch von seinen Hüften. Lächelnd lehnte ich meine Stirn an seine Knie. >Hör auf zu lachen. Das ist uncool.<, klagte er.
Langsam wanderte ich mit meinen Lippen über seinen Oberschenkel, seinen Bauch bis hin zu seinem Hals. >Anziehen, Kätzchen.< Ich drückte meine Lippen ein letztes Mal an seine Brust und ging dann an seinen Kleiderschrank.
>Richard, bitte.<
>Nein. Ich habe deiner Mutter gesagt, dass wir einen Gang runter schalten.<
Er sah mich entsetzt an. >Warum redest du mit ihr über unseren Sex?<
Ich warf ihm Shorts, Jeans und T-Shirt zu. Ich hatte keine Lust jetzt mit ihm darüber zu streiten, deshalb gab ich ihm etwas anderes zum Aufregen. >Ian möchte, dass ich für ihn Model spiele.<, sagte ich.
>Meine Mutter geht es nichts an, was... Warte, was?!< Seine Stimme überschlug sich. >Nein, ich weiß, was du hier versuchst. Themenwechsel. Wir reden jetzt...< Er knirschte mit den Zähnen. >Du wirst das nicht machen.< Ich lächelte. >Nein, es geht um meine Mutter nicht um... Ernsthaft, du wirst das nicht machen.< 
Ich zuckte mit einer Schulter. >Wäre doch interessant. Ich habe sowie so schon „Ja“ gesagt.< Das gab ihm den Rest.
Er schnappte nach Luft. >Du... Nein, du machst das nicht.<
>Wieso?<
>Weil ich das nicht will. Ich will keine scharfen Bilder von dir im Umlauf haben.<, blaffte er. >Hey, nein. Wir waren bei meiner Mama. Du... sollst...< Wütend raufte er sich das Haar und zog sich an. >Du bist ein echter Arsch.< In Unterwäsche ging er raus, was ich mit einem Lachen verfolgte.
Dieses Lachen fühlte sich in den darauffolgenden Tagen wie mein letztes an. Ich hatte keine Ahnung, was Entgiftungen in sich hatten. Reese' Mutter, Stephania, entschuldigte ihren Jungen von der Schule. Sie sagte ihnen lediglich, dass er aus medizinischen Gründen für eine Zeit lang aus dem Unterricht ausgeschlossen werden musste.
>Ah!<, schrie es laut aus dem oberen Stockwerk. Ich kam gerade aus der Schule zurück. Sandra stand in der Küche und versuchte zu kochen.
>Hey.<
Sie drehte sich zu mir um. >Ich halte das echt nicht mehr aus. Sie lässt mich ihn nicht in eine Klinik bringen.<, beschwerte sie sich.
Ich nickte und sah nach oben, wo Barko an der Zimmertür kratzte, aus der laute Geräusche kamen. >Wie lange läuft das schon?<, fragte ich.
Sie zuckte mit den Schultern. >Es ging schon so, als ich heim gekommen bin.<
Seufzend ging ich die Treppen hoch. Ich war müde. Die letzten zwei Nächte waren schlaflos gewesen. Reese hatte mehrere Ausbrüche gehabt und immer wieder versucht abzuhauen. Es war nervenaufreibend gewesen.
Zögernd klopfte ich an. >Kann ich helfen?<
Die Tür wurde aufgerissen. Das Zimmer hatte eine 180°-Wendung hingelegt. Es war aufgeräumt und sauber. Stephania hatte Reese nach langem Überreden erlaubt normale Zigaretten zu rauchen. Alles andere wurde rausgeworfen. Ich war geschockt davon, wie viele Quellen er in seinem Zimmer hatte. Tüten voll Gras und anderen Substanzen, von denen ich nicht anfangen will.
>Helf mir hier raus.<, bettelte Reese. Ich fand ihn hier auf, wie ich ihn am Morgen zurückgelassen hatte. Bleich, dünn, verschwitzt und so müde, dass er im stehen schwankte. Vor ihm stand seine Mutter. >Beschütz mich vor der Alten.<
Ich trat ein. >Reese, leg dich doch einfach mal hin und schlaf.<
>Ich will nicht! Ich will hier raus. Ich mach bei dem Scheiß hier nicht mit!<, schrie er.
Stephania zuckte mit den Schultern. >Er muss nochmal heiß duschen.<, sagte sie nur und ging raus.
>Komm, lass uns gehen.<
>Nein! Du solltest auf meiner Seite sein. Warum tust du mir das an? Es geht mir nicht gut. Es geht mir beschissen, Richard. Und wenn du mich lieben würdest, dann würdest du mir helfen.< Er sah mich an. Da plötzlich begannen seine Lider zu flattern und er klappte zusammen.
Schnell pirschte ich zu ihm vor und fing ihn auf. >Reese? Hey!<
Stephania kam wieder ins Zimmer. Wir legten Reese auf das Bett. Sie murmelte irgendwelche Worte, die ich nicht verstand, und fasste ihn an die Stirn, zog sein Lid nach oben und checkte seinen Puls. >Er ist dehydriert. Hol Wasser, etwas zu Essen und ein nasses Tuch.< Ich nickte und ging sofort runter.
Mit den genannten Sachen und Sandra kam ich wieder zurück. Entrüstet starrte sie auf ihren bewusstlosen Bruder runter. >Mamá, er muss in eine Klinik. Wir können doch nicht einfach zuhause einen Entzug machen!<, rief sie laut.
>Ach, sei ruhig. Warum willst du ihn in eine Klinik schicken, wenn du einen Arzt hier hast. Er übertreibt nur wieder.< Sie nahm mir die Flasche aus der Hand, hob den Kopf ihres Sohnes an und ließ ihn trinken. >Unglaublich, dass du ihn so verkommen lassen hast.<
Sandys Kinnlade klappte herunter. >Das ich ihn verkommen lassen habe? Du bist mitten in meiner Ausbildung abgehauen und hast mich mit ihm alleine gelassen! Wie hätte ich das denn schaffen sollen? Ich musste Nachts arbeiten und noch Schule machen und...<
>Anstatt dich weiter zu beschweren, könntest du anfangen dich um deinen kleinen Bruder zu kümmern.<, unterbrach sie Sandra.
>Reese ist selber Schuld daran.<, murmelte ich.
>Was?< Stephania sah mich an.
>Reese ist selber daran Schuld, dass es ihm so schlecht geht. Sandra hat versucht ihm zu helfen, aber... er hat das nicht mitgemacht. Sie können nicht sie dafür verantwortlich machen.< Ich nahm ihr die Flasche Wasser aus der Hand und setzte mich neben Reese auf das Bett. Vorsichtig nahm ich das Tuch aus der Schüssel voll Wasser, drückte es aus und legte es Reese auf die Stirn.
Er wachte nach einer knappen Stunde auf. Er war so benommen und schläfrig, dass er keine Widerworte gab, als wir ihm Essen und Trinken anboten und danach in die Dusche brachten. Stephania erklärte mir, dass das eine natürliche Art war, um Reese zu entgiften. Schwitzen.
>In China schlucken die Abhängigen irgendeine skurrile Mischung, damit sie sich übergeben. Stunden-, Tagelang. Das hier ist ein Pipifax im Gegensatz dazu.< Ich legte meine Arme unter Reese' Körper und trug ihn durch die Tür ins Bad. >Ich brauche mich hoffentlich nicht zu wiederholen, dass...<
>Schon klar. Keinen Sex.< Schnaubend verschwand sie. Barko saß wimmernd auf dem Boden. Sie schnipste mit den Fingern und er folgte ihr runter. >Also, Kätzchen, du musst mir etwas helfen.< Ich setzte ihn auf dem Klo ab und begann ihn auszuziehen. >Beine...< Noch immer benebelt hob er seine Füße an. Sobald er nackt war, zog ich mich aus und stellte mich dann mit ihm unter die Dusche, woraus das heiße Wasser prasselte.
>Rick, ich kann das nicht.<, flüsterte er in meinen Armen.
Ich küsste ihn auf die Stirn. >Du musst aber.<
>Vergessen wir das einfach. Wir wissen doch alle, wo ich enden werde. Und du weißt auch, dass wir nicht für immer...<
>Fang jetzt nicht damit an, Reese.< Ich hob sein Kinn an und strich ihm die nassen Strähnen aus dem Gesicht. >Du wirst das hinkriegen. Etwas anderes werde ich nicht akzeptieren.< Er lehnte seinen Kopf gegen meine Brust. >Okay?<
>Ja.< Seine Hände glitten über meinen Rücken zu meinem Hintern.
Meine Mundwinkel zuckten. >Reese.<
>Was? Ich habe Bedürfnisse und die schäumen im Moment über, also...<
Ich schüttelte den Kopf. >Du kannst kaum gerade stehen, Reese. Wie stellst du dir das vor?<
Er verdrehte die Augen. >Heb mich hoch.<
>Nein, nein. Wir duschen und dann gehen wir raus.<
Widerwillig ließ er zu, dass ich ihn ein shampoonierte. Ich ließ mich aber nicht von ihm anfassen. Ich wusste, wo wir enden würden, wenn er erst anfing mich einzuseifen.
Reese blieb schweigend allein in der Do-It-Yourself-Sauna zurück, während ich rausging und mit Bark Gassi ging.
Sobald ich am Abend wieder zurückkam konnte ich hören, wie sich oben jemand übergab. Ich fand Reese auf dem Bett sitzend. Er schwitzte so sehr, dass seine Haut glänzte, zitterte gleichzeitig aber und hatte sich eine Decke um die Schultern gelegt. Zwischen seinen Beinen stand ein Eimer, an dem er sich klammerte, als würde sein Leben daran hängen. Sandra saß neben ihm und tupfte ihm besorgt den Schweiß von der Stirn. >Was ist passiert?<, fragte ich und setzte mich neben ihn.
>Wir müssen ihn in eine Klinik bringen. Sofort.<
Da kam Stephania ins Zimmer. >Wir müssen ihn nirgendwo hinbringen. So verlaufen Entgiftungen eben.< Sie stellte zwei Flaschen Wasser auf dem Schreibtisch ab. >Das Problem bei Entzugs-Kliniken ist, dass die Patienten gehen können, wann sie wollen. Da er bald 18 sein wird...< Sie sah zu ihrer Tochter. >Der wird raus aus dem Haus sein, so schnell kannst du nicht Crystal Meth sagen.<
>Aber sieh ihn dir doch an? Er ist krank, Mum. Wir können ihn nicht...<
>Denkst du, es wird ihm besser gehen, wenn er dort ist? Er wird dort auch leiden. Da muss er jetzt einfach durch.<
Ich küsste Reese auf seine Schläfe. Mit lautem Keuchen lehnte er seinen Kopf an meine Schulter. >Willst du was trinken, Babe?< Er nickte. >Können Sie mir die Flasche geben?< Stephania beobachtete mich prüfend und reichte mir die Flasche. Ich drehte den Deckel ab und hielt den Flaschenrand Reese an die Lippen. >Ich bin mir sicher, dass du jetzt schlafen willst oder?< Er nickte wieder. >Dann würde ich sagen, dass jetzt alle rausgehen und wir uns schlafen legen.<, murmelte ich.
Sandra nickte und ging aus dem Zimmer. >Mamá, komm.<
Stephania blickte mich an und stellte sich auf. >Ruf mich, wenn irgendwas passiert.<, sagte sie nur und ging raus.
Ich strich Reese sein Haar aus dem Gesicht. >Leg dich hin, ja? Ganz langsam.< Vorsichtig legte ich ihn hin. >Wir stellen den Eimer hier ab, wenn du musst dann einfach...< Ich spürte Reese' Augen auf mir liegen und sah das seine Mundwinkel sich anhoben. >Wasser und... Magentabletten, aber von denen...<
>Richard?< Ich sah ihn an. >Danke. Ich liebe dich.<, hauchte er schwach.
>Ich liebe dich auch.<

Kapitel 21

Wir legten uns ins Bett. Ich versuchte Reese zu beruhigen, in dem ich monoton mit meinen Fingern durch sein Haar strich. Es dauerte fast eine Stunde, bis er einschlief und dann nochmal etwas, bis ich einschlief. Aber es brauchte nicht lange, bis ich wieder aufwachte. Ich spürte hastige, ruckartige Bewegungen an meiner Seite. Erst dachte ich, dass Reese sich befriedigte, aber als ich wach war und die Decke aufschlug, sah ich, dass er sich kratzte. Sich blutig kratzte. >Reese. Reese! Hör auf!< Ich nahm seine Hände in meine.
>Bitte! Gott, ich pack's nicht mehr. Lass mich raus! Ich muss...< Er versuchte meinen Griff um seine Handgelenke zu lockern.
>Stephania!<
Reese' Mutter kam durch die Tür gestürmt. Sie sah sich ihren Jungen an und ging dann wieder raus. Sandra half mir seine Hände festzuhalten. Stephania kam zurück und setzte sich zu uns. >Reese? Junge, ich gebe dir Medikamente, damit du einschläfst. Mach den Mund auf und beiß mich nicht.< Sie schob ihm eine Tablette in den Mund und gab ihm dann etwas zu trinken. Als nächstes kümmerte sie sich um die Wunden an Reese' Oberschenkeln. Sie säuberte sie, cremte die Wunden ein und bedeckte sie dann mit weißen Pflastern. >So.< Reese war schon etwas ruhiger geworden. >Bring mir die kleine Taschenlampe aus meiner Handtasche, Sandy.< Sandra brachte sie ihr und Stephania leuchtete in die Augen ihres Sohns. Gleich darauf maß sie seinen Puls und nickte. >Gut, alles in Ordnung.<
>Alles in Ordnung?! Mamá, tenemos que sacarlo de aquí. No es bueno. Por favor. (Mama, wir müssen ihn hier weg bringen. Es geht ihm nicht gut. Bitte.)<
>Es dauert ein paar Tage, dann wird das ganze Gift aus seinem Körper sein.< Gedankenverloren strich sie über Reese' Gesicht. >Dann wird es ihm besser gehen, aber er wird versuchen wieder Drogen zu nehmen. Er darf dann wieder in die Schule, aber ihr dürft ihn nicht aus den Augen lassen. Bis dahin, wird er leiden. Er wird sehr leiden. Ich hatte genügend Abhängige an der Backe, um zu wissen, wie der Ablauf ist, Tochter.<
Reese schlang seine Arme um mich herum und schloss seine Augen. >Ich hab... Bauchschmerzen.<, keuchte er und krallte sich in meinen Schultern fest.
>Leg dich hin und schlaf.< Seine Mutter versuchte ihn auf das Bett zu drücken.
>Lass mich.<, brummte er und rückte näher an mich heran. >Rede nicht mit ihr, Rick. Sie ist ein Homophob.< Das war wieder mein Reese. Ich küsste ihn auf die Stirn.
Stephania lachte. >Das ist mal wieder eine sehr fantasievolle Umschreibung für „Jeder deiner Ex-Freunde war ein Drogen-Abhängiger Loser“, mein Liebling.< Kleine Fältchen gruben sich um ihre Augen herum in ihre sandfarbige Haut.
Reese kroch auf mich drauf, sodass ich auf dem Rücken lag. >Das stimmt nicht.<
>Por lo menos ahora que ha mejorado. Richard parece ser un idiota. Creo que realmente te ama. No jodas allí. (Wenigstens hast du dich jetzt gebessert. Richard scheint kein Idiot zu sein. Ich glaube, er liebt dich wirklich. Vermassel es dir nicht.)<, sagte sie und sah zu mir rüber.
Ich hörte meinen Namen. >Was hat sie gesagt?<
Er sah zu mir auf. >Sie sagt, dass ich einen Glücksgriff mit dir gemacht habe und ich es nicht vermasseln soll.<
>Da hat sie wohl recht.<
>Gott, du bist so eingebildet.< Beiläufig begann er seinen Unterarm zu kratzen. Ich verschränkte meine Finger mit seinen, damit er aufhörte. >Geht ihr jetzt bitte wieder?< Stephania rauft ihm sein Haar. Genervt zog er seinen Kopf unter ihrer Hand hervor. >Hör auf.< Sandra wiederholte das Gleiche und lachte, als Reese auf die gleiche Weise reagierte. >Zicke.<
>Memme.< Sie zwinkerte mir zu. >Schlaft gut.<

Von diesen klaren Momenten gab es in der nächsten Woche kaum mehr welche. Reese Zustand verschlimmerte sich. Er wurde kränker und schwächer. Sein Kratzen wurde immer schlimmer. Es wurde insgesamt schlimmer. Er aß zwar und trank, aber er wurde dünner, denn er übergab sich permanent. Er litt unter Schüttelfrost und dann wieder unter Hitzeschlag-ähnlichen Zuständen. Es machte mir Angst und Sorgen, während Stephania das alles nur mit einem Schulterzucken abtat. Sie wiederholte immer wieder, dass es so sein musste und es vorübergehen würde. Sandra und ich verfielen immer mehr in Panik, aber Stephania hatte recht. Irgendwann hörten die Symptome auf. Reese bekam wieder etwas Farbe ins Gesicht und schaffte es, sein Essen im Magen zu behalten. Wir atmeten alle auf, als für länger als 2h nichts mit ihm war. Und dann, als nichts mehr kam. Er blieb 2 und halb Wochen zuhause.
>Du solltest noch einen Tag lang hier bleiben, Reese.<, sagte Stephania. Ich öffnete die Tür nach draußen. >Es ist sowie so Freitag, es hat also gar keinen Sinn...<
Reese lehnte genervt an der Tür. >Aller klar, Mutter. Ich habe meinen Muskelprotz hier.< Er klopfte auf meine Schulter und zog eine Grimasse. >Gehen wir?< Ich nickte und ließ ihn rausgehen.
>Richard?< Ich sah sie an. >Pass. Auf. Ihn. Auf. Du fährst mit ihm hin und du fährst mit ihm zurück.< Sie umfing meine Schulter. >Du kommst mir wie ein netter Kerl vor, mach das nicht kaputt.<
>Ja.<
Sie nickte. >Dann los.<
Ich fuhr mit Reese zur Schule und hielt auf dem Parkplatz. Ben kam auf uns zu. >Hey, Reese. Siehst mal wieder...< Er sah zu mir, wie ich hastig den Kopf schüttelte. >Ehm... nein? Du siehst gut aus?< Reese und ich schnaubten. >Was denn? Ich hab keine Ahnung, was hier los ist.<
>Du bist ein Idiot, Mann.< Ich boxte ihn und zog Reese hinter mir her zur Schule. >Alles klar?<
Er stieß mich von sich. >Ja, jetzt mach dir nicht gleich in die Hose.<
>Ich mache mir Sorgen, um dich. Und das berechtigt.< Er ignorierte mich und lief weiter. Ich griff ihm in den Hintern und zog ihn zurück. >Zick jetzt nicht wieder rum.<
Lächelnd küsste er mich auf die Wange. >Ja.<
Wir gingen in die Schule und da ging es los. Reese wurde auffällig nervös. Die Geräusche um ihn herum schienen ihn aufzuregen. >Ich spreche mit den Leuten aus der Schule. Ich gehe mit dir in deinen Unterricht.< Ich legte meinen Arm um seine Hüfte und wollte ihn zum Sekretariat führen, aber er blieb stehen.
>Das ist nicht nötig, Rick. Diese 2h im Unterricht schaffe ich schon alleine.<
Ich schüttelte den Kopf. >Deine Mum will, dass ich auf dich aufpasse und ich denke, dass das wichtig ist. Also lass mich...<
Er hob seine Hand. >Rick, ich bin in einem Klassenzimmer und soweit ich weiß, hat meine Mum hier angerufen und den Lehrern gesagt, dass ich nur unter Beobachtung aufs Klo darf. Ist das nicht demütigend genug?<, fragte er mit gereiztem Unterton.
>Das ist keine Demütigung.<
>Ist es doch, also reiß dich zusammen.<
>Reese.< Ich erhöhte den Druck auf seine Finger. >Es ist mein Ernst. >Du wartest im Zimmer und ich werde dich holen. Verstehst du?<
Er entzog sich meinem Griff. >Ja, verdammt. Du brauchst mir nicht den Arm zu brechen.< Ich ließ ihn los und sah ihm besorgt nach.
Ben stieß mich an. >Was is'n los bei euch?<
>Reese' Mutter ist gekommen.<
>Und?<
>Ich dachte eigentlich, sie wäre... nicht am Leben.< Er runzelte die Stirn. >Reese und seine Mum haben ein paar Probleme miteinander, aber...< Ich folgte Ben ins Klassenzimmer. >Sie hat ihn sozusagen auf Entzug gesetzt.< Ben erstarrte und drehte sich zu mir um. >Ja. Du hast doch gesehen, wie er war. Das war einfach zu krass.<
>Also war er jetzt diese letzten 2 Wochen trocken und clean?< Ich nickte. >Das ist übel.<
>Ja.<
>Geht es ihm jetzt gut?<
Wir setzten uns. >Ja, es geht.< Der Unterricht begann, aber ich war nicht dabei. Ich machte mir zu viele Sorgen um Reese. Weshalb ich auch losging, mit der Entschuldigung, auf's Klo zu müssen, um nach Reese zu sehen. Ich kam mir etwas bescheuert dabei vor, ihn durch das Fenster in der Tür zu beobachten.
Reese, alles klar?
Er ging an sein Handy und verdrehte die Augen. Da fiel sein Blick auf mich. Seine Kinnlade klappte herunter.
Verpiss dich!
Ich lachte, was ihn auch zum Grinsen brachte.
Wenn ich schon hier war...?
Wollen wir rummachen?
Sein Grinsen wurde breiter. Er stand auf, sagte irgendwas zum Lehrer und kam dann raus. >Ich habe Ihnen nicht die Erlaubnis gegeben, zu gehen.<
Er schnaubte. >Sie haben keine andere Wahl oder soll ich das Klassenzimmer vollpinkeln? Oh, da ist ja Rick! Ich gehe mit ihm mit.< Er schloss die Tür und zog mich hinter sich her. Wir landeten auf dem Klo. Ich setzte mich auf die Schüssel, nahm Reese auf meinen Schoss und ließ mich von ihm küssen.
>Geht es dir wirklich gut?<, fragte ich, während seine Lippen sich an meinem Hals herab hangelten. Er antworte nicht. Seufzend schloss ich meine Augen und ließ meine Hände über seinen Rücken gleiten. >Kätzchen.<
Genervt lehnte er sich zurück und sah mich an. >Es geht mir gut, Rick. Es geht mir gut. Wenn du aber die ganze Zeit immer wieder fragst, ob es mir gut geht, wird es mir erst schlecht gehen.< Ich erwiderte seinen Blick und nickte. Zufrieden lächelte er und küsste mich wieder.
Wir verbrachten die komplette Stunde auf dem Klo und gingen dann kurz vor Schluss Händchen haltend durch die Flure. Es fühlte sich etwas seltsam an, aber ich liebte es. Er stieß mich gegen eine Wand und presste seine Lippen an meine. Ich lächelte in seinen Kuss hinein. >Kommst du mit zum Training?< Er wollte gerade etwas sagen, da ging die Tür von der Krankenschwester auf. Eine Schülerin kam heraus und starrte uns entsetzt an. Unsere Umarmung war unmissverständlich. Wir waren am Rummachen. Das Mädchen starrte uns einfach an. Rührte sich nicht vom Fleck. >Gibt's irgendeinen Grund dafür, dass du vergessen hast wie man läuft, Süße?<, fragte ich amüsiert. Sie schnappte erschrocken nach Luft und stöckelte hastig davon.
Reese lachte leise. >Abgesehen von dem „Süße“ hat mir alles gefallen.< Schnaubend küsste ich ihn und schob ihn voraus zu seinem Klassenzimmer. >Bis gleich.<
Das Getuschel auf den Fluren wurde offensichtlich. Die Schülerin hatte es wohl nicht für nötig gehalten, diskret zu bleiben, aber das war mir egal. Ich schämte mich nicht für Reese, weshalb ich auch stolz mit ihm nach dem Unterricht zum Basketballtraining ging. Es war lächerlich wie schockiert alle uns ansahen. Besonders die Frauen. Klar, dass die anderen aus dem Team auch nicht davon begeistert waren. Nicht mal ein wenig.
Reese saß mit einem selbstgefälligen Lächeln auf der Bank und zwinkerte denen zu, die ihm irgendwelche blöden Blicke zuwarfen. Benji und ich konnten darüber nur lachen. >Hey, der ist doch lebensmüde.<, brummte er nur, als er sah wie Reese einem unserer Teamkollegen einen Kussmund zuwarf.
>Nein, nur verdammt ehrlich.<, lachte ich und nahm den Ball an mich, der mir nur zu unsanft entgegen geschleudert wurde. Ich ignorierte es, aber Ben nicht.
>Lass den Scheiß, Volltrottel.<
>Hast du mir was zu sagen?<
Ben schnaubte. >Ich habe dir gerade etwas gesagt, du Idiot. Lass den Scheiß oder ich verpass dir eine.< Da geraten die beiden aneinander. Sofort ging ich dazwischen.
Daraufhin kam der Coach dazwischen. >Auseinander ihr zwei! Was soll denn das? Beide auf die Bank! Sofort! Wo sind wir hier?<, brüllte er und verwies die beiden an den Rand des Spielfelds. Reese Augen blieben das ganze Spiel über nur noch auf dem Typen, der angefangen hatte. Er kam mir auf dem Parkplatz entgegen, lief aber an mir vorbei zu dem Kerl von vorher. '
Bevor er ihn aber erreichte, schnappte ich nach seinem Arm und hielt ihn auf. >Was soll das?<, fragte ich, kannte die Antwort aber schon.
>Ich scheuer dem Idioten eine, dass soll das.<
Ich zog ihn zurück. >Lass es. Das bringt doch nichts. Komm, wir gehen nachhause.< Er warf nochmal einen Blick zurück und ließ sich dann von mir wegziehen, zurück zum Auto. >Ich freue mich schon auf morgen.<, murmelte ich.
Da begann Reese wieder zu lächeln. >Ich mich auch.< Stephania wartete mit den Fäusten in die Hüfte gestemmt vor der Treppe. Reese versuchte an ihr vorbei zu laufen, aber sie hielt ihn fest und starrte ihm streng in die Augen. >Was?<
>Wie ist es gelaufen?< Die Frage war an mich gerichtet.
>Gut. Es ist nichts passiert.<
>Geht es dir gut?<
Reese entwand sich ihrem Griff. >Ja, verdammt. Lass mich in Ruhe. Babe, gehen wir schlafen?<
Ich schüttelte den Kopf. >Tut mir leid, Kätzchen. Ich muss arbeiten gehen. Wir sehen uns später.< Er ließ sich von mir auf die Stirn küssen, bevor ich aus dem Haus ging und wieder in meinen Wagen stieg.
Es war nicht viel los bei der Arbeit. Umso schlimmer, denn die Zeit zog sich bis ins unendliche in die Länge. Ich dachte über den morgigen Tag nach. Eigentlich hatte ich geplant ihn romantisch zu Zweit zu verbringen. Wir hätten in den Wald fahren können, aber jetzt wo seine Mutter da war, fiel das wohl aus.
Ich werkelte gerade am Auto von einem Kunden herum, da trat jemand gefährlich nah an meinen Kronjuwelen auf das Brett mit den Rollen auf dem ich rücklings lag und zog mich unter dem Wagen hervor. Überrascht blinzelte ich. >Judith?<
>Los, komm hoch.< Ich stand auf und folgte ihr. Sie zog mich in das kleine Büro, in dem wir schon einmal miteinander rumgemacht hatten, und schloss hinter mir die Tür.
>Was suchst du hier?<
>Ich will mit dir reden.<
>Hör mal, wenn es darum...<
>Du bist nicht schwul, Richard. Das bist du nicht. Und... Keine Ahnung, ob das irgendeine Phase ist, in der du gerade bist, ob du mich eifersüchtig machen, deine Eltern ärgern oder einfach was Neues ausprobieren willst, aber du bist nicht schwul. Weißt du, wie viel du dadurch verlierst? Deine Familie, deine Freunde,... mich.< Sie sah mich hilflos an. Und ich konnte sehen, was Ben mir versucht hatte zu erklären. Sie liebte mich.
Seufzend raufte ich mir das Haar. >Ich sage auch nicht, dass ich schwul bin. Sondern nur, dass ich Reese liebe und mit ihm zusammen sein will.<, erwiderte ich schlechten Gewissens.
Sie sah mich entgeistert an. >Aber wie kann das sein? Nach deinen Freundinnen, nach mir? Wir kann es sein, dass du plötzlich auf einen dünnen, grünhaarigen Punk stehst?<
Ich zuckte mit den Schultern. >Das habe ich doch nie eingeplant. Es ist einfach passiert. Er war da und ich habe mich verliebt. So einfach ist das.< Ich merkte erst, wie schroff meine Worte waren, als ich die Tränen in ihren Augen aufsteigen sah. >Es... es tut mir leid, Judy. Glaub mir, für lange Zeit habe ich gedacht, dass wir beide...< Sie schniefte. >Ich war mir vor ein paar Monaten noch sicher, dass wir beide ein Paar werden würden. Das wir heiraten, aber... es soll einfach nicht sein.< Sie nahm mich in den Arm. Zögernd erwiderte ich ihre Umarmung und küsste sie auf die Stirn. >Du bist wunderschön und eine tolle Frau. Eine heiße Frau. Glaub mir, nicht lange und du hast jemanden, der um vieles besser ist als ich.<, lächelte ich.
Sie schluchzte leise und es brach mir das Herz. >Aber ich liebe dich. Ich will, dass wir ein Paar sind, dass wir heiraten, dass wir Kinder kriegen. So war das doch gedacht. Du hast mich doch geliebt. War es denn nicht schön mit mir?< Ihre Wimperntusche verschmierte und malte schwarze Schlieren auf ihr Gesicht.
Liebevoll wischte ich sie weg. >Es war schön. Ich kann nichts für meine Gefühle machen, Jude. Und ich will es auch nicht. Bitte, versteh doch.< Zwischen uns beiden war es immer ein hin und her gewesen. Wir wollten uns, aber ich war nie wirklich dazu bereit gewesen, mich ihr gänzlich hinzugeben. Es hat einfach etwas gefehlt. In meinem Unterbewusstsein wusste und fürchtete ich, dass, wenn ich mit ihr zusammenkam, es für immer war, gerade weil unsere Eltern sich über unsere Zukunft so sicher waren. Ich hatte tiefe Gefühle für sie. Ich kannte sie seid ich ein Kind war und weil sie älter und reifer war, hatte ich auch für sie geschwärmt. Sehr lange. Doch seid ich mit Reese zusammen war interessierte ich mich nicht mehr auf diese Weise für sie. Ich fand sie immer noch attraktiv, einfach weil sie es war, aber... diese Gefühle für Reese... Es hörte sich lächerlich an, weil ich sehr jung war, aber ich wusste einfach, dass er es war. Er war diese Person für mich von der jeder sprach. Der oder die eine. Das konnte ich doch nicht einfach abschalten.
>Richard, ich liebe dich. Bitte.<, flüsterte sie leise. Sie tat mir wirklich leid. Ich wusste ja nicht, dass sie diese tiefen Gefühle für mich hegte.
Ich raufte mein Haar und löste mich von ihr. >Es tut mir so leid, Judith. Wirklich, aber... ich kann nicht. Es geht einfach nicht.< Zärtlich strich ich ihr eine lose Strähne aus dem Gesicht. Sie fing wieder an zu weinen. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Wie ich sie trösten sollte. >Jude.<
>Ist schon gut. Ich...< Sie sah zu mir auf. In ihren langen Wimpern glitzerten Tränen. >Falls... du deine Meinung änderst...< Ich wollte widersprechen, aber sie hob die Hand und brachte mich damit zum Schweigen. >Falls du deine Meinung änderst, dann... kannst du zu mir zurückkommen. Wirklich. Ich liebe dich.< Sie strich über meine Wange. >In Ordnung?<
Was hätte ich denn machen sollen?
Ich nickte. Zufrieden lächelte sie. >Gut. Dann geh ich jetzt. Bis dann.< Sie ging an mir vorbei und ich konnte mich für Sekunden lang nicht bewegen. Diese Liebeserklärung war mehr als unerwartet. Eigentlich dachte ich, die Judy-Sache wäre durch das letzte Mal geklärt worden. Nie hätte ich gedacht...
Mit dieser Verwirrung kam ich zurück nachhause, wo Reese auf mich wartete. Er trank Tee in der Küche am Esstisch und sah Barko dabei zu, wie er fraß. Stephania und Sandra waren im Wohnzimmer und sahen fern. Soweit ich es verstand, war es spanisches TV.
>Kätzchen.<
Er sah zu mir auf. Er war noch immer bleich und wirkte hager, gleichzeitig aber etwas entspannter. Ein zartes Lächeln entstand auf seinen Lippen. >Hey, Loverboy.<
Ich ging zu ihm und massierte seinen Nacken. >Alles klar?< Mit geschlossenen Augen lehnte er seine Stirn an meinen Unterarm. Mir kam alles etwas verschwommen vor. Als wäre ich in Watte eingewickelt. Und genauso kam mir auch Reese vor. Wir beide waren nicht wirklich klar in der Birne. Er, weil er so schwach war, und ich, weil ich so verwirrt und ein schlechtes Gewissen hatte.
Er nickte. >Ich bin so...< Er gähnte. >... müde.< Ich nahm ihn auf meine Arme und küsste ihn auf die Stirn. Er schlief ein, bevor ich ihn noch ins Bett legte. Ich zog ihn aus und schob ihn unter die Decke, bevor ich duschen ging und mich neben ihn legte. Er schnarchte leise und schlüpfte in meine Arme.
An Schlaf war aber nicht zu denken. Ich grübelte noch über den morgigen Tag. Jetzt, mit seiner Mutter hier und der ganzen Situation, würde es schwer werden morgen einen schönen Tag miteinander zu verbringen, aber irgendwie würde das schon funktionieren.

Kapitel 22

Ich hatte die Nacht davor einen Wecker eingestellt. Mein Handy vibrierte deshalb nun unter mir. Grinsend schaltete ich den Wecker wieder ab und löste Reese von mir. Ich stieg aus dem Bett und schnappte mir die Tasche, die ich in seinem Kleiderschrank versteckt hatte. Meine Bewegungen verharrten, als Reese sich hinter mir bewegte und meinen Namen sagte.
Gott sei Dank schlief er weiter und ich konnte in Ruhe das Zimmer schmücken. Alles mögliche hatte ich besorgt.Girlande, Papierschlangen, Konfetti und auch eine Buchstaben-Girlande bestehend aus „Happy Birthday“, welches ich ihm gegenüber an die Wand hing, sodass es gut sichtbar für ihn war. Ich ging sogar so weit, dass ich mir eine von diesen blöden Party-Hüten aufsetzte. Mit einer Tröte bewaffnet stellte ich mich vor Reese und blies stark hinein, sodass sie laut aufheulte.
Reese schreckte aus dem Schlaf. >Was zum Teufel...?!< Seine Augen weiteten sich.
>Alles Gute zum Geburtstag!<, rief ich laut.
Er begann zu grinsen und dann laut zu lachen. >Oh Mann, ey!<
Ich tanzte im Kreis und trötete wie bekloppt. >Alles Gute! Alles Gute!<, sang ich laut und drehte mich weiter rundherum.
Er stieg aus der Decke und klatschte lachend im Takt. >Happy Birthday to me!<, sang er mit und breitete seine Arme aus.
Grinsend setzte ich ihm auch einen Party-Hut auf und nahm ihn dann in den Arm. >Herzlichen Glückwunsch zum 18.!< Ich überhäufte sein Gesicht mit ganz vielen kleinen Küssen, die er kichernd annahm. >Ich liebe dich.<
>Ich liebe dich auch. Danke, Baby.< Er drückte seine Lippen an meine und schlang seine Arme um meinen Nacken.
>Wie wäre es, wenn ich versuche deine Mum zu überreden, dass du mit mir in den Wald  darfst und wir picknicken und dann...< Erwartungsvoll hob er seine Brauen an. >... kriegst du mein Geschenk.<
>Ja!< Er küsste mich wieder. >Und was kriege ich jetzt?< Ich runzelte die Stirn. Er seufzte und schob seine Hüfte vor. >Was kriege ich jetzt?<, betonte er und rieb sich deutlich an mir.
Wie gerne hätte ich seinen Wunsch erfüllt, aber seine Mutter war da klipp und klar gewesen und er war so krank, ich wollte ihn... >Reese, du weißt doch, was deine...<
>Bitte, bitte, bitte. Es ist mein 18.<, bettelte er. Ich schnaubte. >Ich bin das Geburtstagskind. Dem Geburtstagskind darf man keinen Wunsch abschlagen.< Er schob seine Unterlippe vor und schmollte. Ich liebte das.
Ich seufzte. >Reese...<
Er beugte sich zu mir vor, sodass er seine Lippen an mein Ohr legen konnte. >Mach's mir.< Ich lachte. Wenn jemand wusste, wie man mich rumkriegt dann Reese. Mit einem Ruck hob ich ihn zurück auf das Bett und glitt auf ihn. >Juhu!<
Ich küsste mir meinen Weg von seiner Brust hoch zu seinen Lippen. >Wir werden es nicht tun, nur ein bisschen...< Er wollte gerade wieder anfangen zu schmollen, da umfasste ich seine beiden Handgelenke und hielt sie hinter seinem Rücken gefangen.
Überrascht blinzelte. >Du bist wohl auch ziemlich scharf auf meinen Arsch.<, bemerkte er, als ich mit meinem Becken zu kreisen begann. Er gab ein ersticktes Keuchen von sich. Mein Schritt rieb an seinem. Ich spürte die Hitze seiner wachsenden Erektion pulsieren. >Genau so.<, stöhnte er leise.
Oh nein, diese letzten Wochen hatten mich nicht kalt gelassen. Nicht ein bisschen. Ich war rattenscharf auf Reese. Es fiel mir schwer Nachts meine Finger von ihm zu lassen.
>Nimm ihn in die Hand, Baby.< Ich stützte mich auf meinen Ellenbogen ab und schlüpfte mit meiner Hand in seinen engen Hulk-Schlüpfer. Er bäumte sich auf. >Ah!<
>Alles Gute, Kätzchen.<, flüsterte ich.
Ein Lächeln zauberte sich auf seinen Lippen, zwischen denen unkontrolliertes Stöhnen herausglitt. >Danke, Loverboy.< Ich umfasste ihn fester, was ihm ein Ächzen entlockte. >Oh Gott.<
>Gefällt dir das?<, fragte ich.
>Mir gefällt das nicht.< Wir fuhren auseinander und starrten zur Tür, wo Stephania stand und uns fuchsteufelswild anstarrte.
>Oh Gott, Mamá!<, schrie Reese auf und brach erneut in lautes Gelächter aus, während ich mich unter der Decke versteckte und mir die Hände auf das Gesicht schlug.
>Habe ich nicht gesagt, ihr sollt euch benehmen? Was ist das überhaupt für ein Müll hier?<, hörte ich ihre Stimme gedämpft durch die Decke. Sie kam näher heran.
>Mamá, es mi cumpleaños y Richard acaba de pensar en ello. Ahora, fuera! (Mama, ich habe Geburtstag und Richard hat sich eben Gedanken darum gemacht. Jetzt geh raus!)< Es war in jeder Sprache zu verstehen, dass ein Teen seine Mutter aus dem Zimmer haben wollte, wenn sie ihn dabei erwischt hatte, wie sein Freund ihm einen Handjob verpasst.
Ich wollte im Boden versinken.
>Mir ist klar, dass du Geburtstag hast, aber das ist noch lange keine Entschuldigung dafür, sich wie ein Biest zu verhalten, Junge. Und das gilt auch für dich, Mr. Saubermann.< Ich linste mit einem Auge über die Decke hinweg zur wütenden Stephania. Mein Gesicht musste rot sein wie ein Feuerwehrauto.
>Es tut mir leid, Stephania.<, murmelte ich zögernd.
Reese lachte lauter. >Es ist mein Geburtstag. Das war mein erstes Geburtstagsgeschenk und du hast es mir ziemlich verdorben, Mamá.<, beschwerte er sich belustigt.
Ich rutschte unsicher hervor und schielte zu seiner Mutter, die mich noch immer wütend beäugte. >Ihr seid beide schon verdorben. Jetzt gehst erst du...< Sie zeigte auf Reese. >... und dann du duschen. Ihr räumt das Zimmer auf und kommt dann runter.<, zischte sie und ging aus dem Zimmer. >Wehe, ich erwische euch wieder bei etwas.<, rief sie noch.
>Scheiße.< Ich bedeckte meinen Mund mit meiner Hand. >Sie hat gesehen, wie ich dir einen runtergeholt habe.<, flüsterte ich ungläubig.
Lachend rutschte Reese an mich heran und küsste mich in den Hals. >Danke. Du bist wirklich...< Er suchte nach Worten, fand keines und sah mich an. >Ich liebe dich, Richard. So sehr, wie noch nie jemanden.< Verlegen wich er meinem Blick aus und fuhr mit seinen Fingern über meine Brust. Das Gefühl, vermischt mit seinen Worten, war wie ein elektrischer Schlag. Ich erschauderte. >Ich bin dein Kätzchen und du mein Loverboy. Ein schöneres Geschenk... könnte man mir nicht machen.<, flüsterte er.
Ich spürte wie meine Wangen rot anliefen. >Reese, warum bist du auf einmal so sentimental?< Er lachte leise. >Ich habe nichts gegen verschmuste Kätzchen.< Wieder gluckste er und sah zu mir auf. >Ich liebe dich auch.<, erwiderte ich.
Nachdem wir separat geduscht und dann das Zimmer aufgeräumt hatten, gingen wir runter, wo Stephania und Sandra in der Küche wartete. Auf dem Tisch standen ein Kuchen und zwei buntverpackte Geschenke. Reese lächelte. >Geschenke!<, rief er aus.
>Sólo las velas soplan, muchacho. (Erst die Kerzen auspusten, Junge.)<, sagte Stephania.
Reese zog wieder eine Schnute, setzte sich aber ergeben vor den Kuchen hin. >Sind das auch wirklich 18? Nicht das ihr meint, jetzt sparen zu dürfen, weil...<
Stephania schlug ihm mit der flachen Hand auf den Hinterkopf. >Pórtate bien. (Benimm dich.)<
Entsetzt sah Reese zu seiner Mutter. >Ich habe Geburtstag, Mamá!<, stieß er empört aus. Ich musste etwas über seinen Gesichtsausdruck lachen.
>Puste die Kerzen gefälligst aus, bevor ich dir noch eine gebe.<, schalte sie, lächelte aber vorsichtig.
Reese drehte sich zu mir um und zog mich zu sich heran, sodass er seine Lippen an meine legte. Gleich darauf blies er die Kerzen aus. >So, jetzt Geschenke! Gib her!< Er streckte gierig seine Hände zu dem bunten, großen Quader und dem bunten, kleinen Würfel. Sandra nahm eines in die Hand, winkte ihn aber erst zu sich heran. >Sandy!<
>Jetzt umarm mich schon, Grashalm.<
Widerwillig schlang er seine Arme um sie herum und entriss ihr dann das Packet. Mit leuchtenden Augen packte er das Geschenk aus. Barko kam dabei angetrottet und setzte sich neugierig auf den Boden zu Füßen von Stephania. Lächelnd raufte sie sein Haar und sah Reese dabei zu wie sein Grinsen immer breiter wurde. >Oh Gott! Rick, sieh mal.< Er schob die Klappen des grauen Kartons auseinander und zog einen Pullover heraus. >”Meine Mama sagt, ich bin ein kleiner Scheißer.”<, las er lachend vor. Der Pullover war schwarz und der Satz stand vorne auf der Brust. >Das ist so charmant.<, grinste er und nahm sich den kleinen Würfel. >Wenn da jetzt ein Scheißhaufen drin ist, gibt es Ärger.< Sandra schnaubte. Hastig riss er das Papier auf und nahm dann einen Schlüssel hervor. >Oh, nein. Ernsthaft?< Er blickte zu seiner Mutter. >Ein Auto?< Sie sah aus dem Fenster. Er stand sofort auf und ging aus dem Haus raus. Ungläubig folgte ich ihm. Und tatsächlich stand da draußen ein 68er Ford Mustang GT CS in einem rauchigen Grün. Er war nicht neu, aber dennoch wunderschön. Bewundernd lief ich um den Wagen herum und strich über den Lack. Er war schon etwas älter, an ein paar kleinen Stellen blätterte es ab, aber, Gott, war das Auto schön. >Ich mach mir gleich in Hose.< Ich lachte und klopfte ihm auf die Schulter.
>Reese?< Er drehte sich zu seiner Mutter um. >Wir haben noch etwas für dich.<
Sandra drehte sich um und drückte auf einem quitsche Spielzeug für Hunde herum. Barko war doch schon draußen. Ich fragte mich, was das sollte. Reese' Gesichtsausdruck nach zu urteilen, er auch. Plötzlich bellte etwas laut auf. Ein weißer, mittelgroßer Fellknäuel kam auf einmal aus der Tür gerannt und versuchte vergeblich nach dem Spielzeug zu schnappen. >Er ist 6 Wochen alt.<, erklärte Sandra. >Seine Besitzer haben ihn auf der Autobahn gelassen. Mum hat ihn vom Tierheim. Adoptiert.< Reese Augen begannen zu leuchten. Noch mehr, als er das Auto gesehen hatte.
Er ging in die Hocke und hob den Schlüssel hoch. Der kleine Schäferhund blickte auf. Reese schüttelte den Bund, sodass es rasselte und der Hund kam unsicher angelaufen. >Hey, Kleine.< Der Hund begann nach den Schlüssel zu schlagen. Reese streichelte ihn vorsichtig. >Ein Mädchen oder?< Sandra nickte. >Gut, dann nennen wir dich Nieve (Schnee).< Er blickte auf zu mir. Lächelnd beugte ich mich zu ihm runter und kraulte den Hund. >Danke, Mamá.< Reese stand auf und nahm sie in den Arm.
Lächelnd fuhr sie ihm durch sein Haar und nickte. >Ist schon gut, mein Junge. Herzlichen Glückwunsch.<, hörte ich sie sagen.
Der Hund liebte Reese vom ersten Moment an. Er sah ihn stets aus großen, dunklen Augen an und folgte ihm auf Schritt und Tritt. Barko nahm Nieve sofort unter seine Fittiche und passte auf ihn auf. Es war wirklich niedlich. Am Abend lag Bark wie ein Ring um Nieve herum.
Reese saß auf dem Boden und beobachtete die beiden. In seinen Augen leuchtete ehrliche Liebe. Er war einfach ein Hunde-Fanatiker.
Da klingelte es an der Tür. Nieve zuckte und sah aufmerksam umher. >Oh, verdammt. Er hat gerade geschlafen, wer ist'n das jetzt?< Er stand auf und ging durch den Flur. Ich konnte nicht anders als ihm mit meinen Augen zu folgen.
Stephania schlug mir auf den nackten Arm. >Reiß dich zusammen.<, zischte sie.
Ich verdrehte die Augen. >Ich guck doch nur.<, murmelte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. >Und warum dürfen wir nicht picknicken? Ich bin doch die ganze Zeit bei ihm...<
>Das ist mir doch egal. Ihr beide solltet euch benehmen. Mindestens bis ihr verheiratet seid.< Sandra schnaubte. >Was ist so lustig, Fräulein?<, fragte sie ihre Tochter streng.
Sie hob die Schultern. >Es ist unrealistisch, zu denken, dass die beiden bis zur Hochzeit nichts machen, Mum. Das ist altmodisch.<, lächelte sie.
>Bin ich hier etwa umgeben von wilden Tieren? Wieso...?< An der Tür wurde laut gesungen und Reese lachte.
Ich konnte bekannte Stimmen heraushören und folgte ihm in den Flur. >Happy Birthday to you!<, sangen sie zu letzt. Sogar Ben war da. Reese warf sich sofort in ihre Arme und ließ sich auf die Schultern heben. >Hoch lebe das Geburtstagskind!<, riefen sie. Nieve hüpfte bellend um die Gruppe herum.
>Hey, Kleiner.< Jacky ging in die Hocke und winkte Nieve zu sich, der zögernd auf ihre Hände sah und sich aber dann auf ihre Arme heben ließ. >Wer ist denn das?< Sie kraulte ihn und kuschelte sich an ihn an.
Reese wurde wieder auf den Boden gesetzt und nahm Nieve an sich. >Das ist Richard und meine Tochter.< Lachend trat ich zu ihm raus. >Nieve.< Er sah zu mir nach hinten und grinste. >Ich bin der Vater.<
>Ganz sicher nicht.< Ich küsste ihn auf die Schläfe und sah dann zu den anderen. >Hey, Alter.< Ben schlug in meine Hand ein. >Ich rede mit deiner Mum.<
Riri schrie auf. >Deine Mama ist hier? Steph?< Er ging an mir vorbei ins Haus. >Steph!<
>Reese, was ist mit deinen Haaren passiert?<, hörte ich Stephania ungläubig fragen.
>Bitte, lass Reese raus, Steph. Wir haben einen Grill aufgebaut und wir werden brav sein.< Ich sah zu ihnen rein. Stephania hatte den Arm um Riri gelegt und sah ihn abschätzend an. >Bitte, bitte, bitte.<, bettelte er.
>Pass auf meinen Jungen auf, ja?<
>Ja! Danke, Steph!<
Mit den Hunden im Schlepptau gingen wir raus. Ich nahm mein Geschenk für Reese noch mit, wobei ich nicht mehr ganz so davon überzeugt war, wie zuvor. >Wem gehört eigentlich die geile Karre?<, fragte Benji und strich über den glatten Lack.
Reese hob die Schlüssel hoch. >Mein Baby.<
>Ich fahr bei Reese mit!<, rief Ian aus.
Wir setzten uns in den Wagen. Ian mit Barko auf der Rückbank, ich mit Nieve auf der Beifahrerseite und Reese natürlich am Lenkrad. Er grinste von Ohr zu Ohr, während er durch die Straßen raste. >Ach, übrigens, Ian, du wirst keine Fotos von Richard machen.< Ich sah zu Reese rüber.
>Wieso?<, fragte Ian.
>Weil ich es sage.<
Ich schnaubte. >Kätzchen, dass ist immer noch meine Entscheidung. Und wenn es Ian eine Freude macht, ...< Ich sah mich zu ihm um. Er nickte. >... dann mach ich das auch. Solange ich keine komischen Kleider tragen musst, ist mir das eigentlich egal.<
Ian zuckte mit den Schultern. >Na ja, ich glaube nicht, dass du sonderlich viel Kleidung tragen wirst, nicht wahr, Barky?<
>Also sagst du, Bilder von dir im Höschen sind in Ordnung?<
>Rick, sieh mal.< Ian hielt mir seine Kamera entgegen und klickte durch Bilder in denen Reese im Schlüpfer auf einem Bett lag und schlief. Wie er auf dem Schoss von irgendjemandem saß  und aus einer Alkoholflasche trank. Anklagend sah ich zu Reese.
Er verdrehte die Augen. >Ich bin der Rebell von uns beiden, dass ist eine vollkommen...< Ich stach ihm mit dem Zeigefinger in die Seite und drückte dann meine Lippen an seine Wange. >Egal, dann habe ich ein paar Vorlagen, falls du mal nicht da bist.<, seufzte er widerwillig. Vor uns fuhren die Autos der anderen. Wir folgten ihnen zu dem Grillplatz, an dem wir unseren Spielsieg gefeiert hatten, alles war wild geschmückt. Es sah eher danach aus, als hätten sie sich gegenseitig mit der Dekoration beworfen, aber es war dennoch schön und ich freute mich für Reese.
Anthony wartete am Grill. Vor ihm brutzelten Würstchen und Burger und er trug tatsächlich eine Schürze auf der draufstand „KISS THE COOK!“. Er grinste über den Wagen und gratulierte Reese. Etwas zu intensiv meiner Meinung nach, aber es war sein Geburtstag.
Laute Musik lief. Es wurde getanzt und gegessen, wobei ich beides ausließ und Reese dabei zusah, wie er feierte. Er war glücklich. Er hob mir Nieve entgegen und rief immer wieder, dass sie unsere Tochter und er eine glückliche Mutter war. Darüber konnte ich nur lachen, aber es freute mich dennoch.
Irgendwann kam er zu mir. Erst tänzelte er um mich herum und strich mit seinen Händen über meine Schultern, bevor er sich auf meinen Schoss setzte. >Gibt es eigentlich noch irgendwas, dass du mir...?<
Ich lächelte. >Ja, gibt es, aber...< Er ließ seine Augenbrauen tanzen. >Es ist scheiße. Jetzt... wo du... Hausarrest hast...<
>Gib schon her.<
Ich nahm meine Geldbörse aus meiner Tasche und reichte sie ihm. Mit gerunzelter Stirn schob er Scheine und vergessene Visitenkarten beiseite, als er auf einmal erstarrte. >Oh.< Er grinste. >Oh Gott.< Sein Grinsen wurde breiter. >Sind das Karten für das... Bay Area Rock Fest?<, fragte er. Ich nickte. >Die sind doch Arschteuer.<, rief er aus.
>Das sind sie, aber ich dachte mir, du würdest dich freuen.<
Er sah mich an, schlang seinen Arm um meinen Nacken und küsste mich wild. >Danke. Danke.< Seine Finger fuhren mir durchs Haar und pressten mich enger an sich. >Ich liebe dich. Das ist der beste Geburtstag, den ich je hatte.< Ich strich ihm eine lose Strähne hinter sein Ohr. >Aber warum vier Karten?< Er hob sie mir entgegen.
>Zwei für uns und zwei für Freunde, die du mitbringen kannst. Nur nicht Anthony, bitte.< Er schmollte. >Kätzchen.<
Seine Lippen legten sich an meine. >Er ist mein bester Freund.<
Ich atmete durch und nickte. Er hatte recht. Ich konnte ihn nicht von seinen Freunden fernhalten und das wollte ich auch nicht. Nur Anthony ging mir auf die Eier. >In Ordnung.<, seufzte ich.
Er grinste mich an. >War ein Spaß. Ich nehm den doch nicht mit. Das würde im Chaos enden. Ben und Jacky. Jeder andere wäre von unserem Gevögle und Geknutsche genervt.< Ich lachte leise. >Apropos Gevögle, meine Mum ist nicht hier.< Er fuhr mit seiner Nase über meine Wangenknochen. >Wollen wir abhauen?<, fragte er.
Ich lächelte. >Aber... wir können da doch gar nicht hingehen, Reese.<, bemerkte ich.
>Warum?< Er fuhr zurück.
>Gerade wegen deiner Mutter.<
Er fluchte leise. >Scheiße, aber wir werden das schon hinkriegen. Wir werden sie überreden. Sie kann mir das nicht abschlagen.<, sagte er und machte eine wegwerfende Handbewegung. >Aber jetzt...< Er lächelte wieder. >Rick ich bin so spitz, es ist ein Wunder, dass ich meine Hose noch nicht durchlöchert habe.<
>Geduld, Kätzchen. Ich möchte nicht einfach in den Wald gehen. Heute Abend schließen wir die Tür ab und...< Ich nahm sein Ohrläppchen zwischen meine Lippen und küsste ihn direkt darunter. >... dann kriegst du mein drittes Geschenk.< Seine Zähne zeigten sich für ein strahlendes Grinsen. > Es ist das größte Geschenk.< Meine Worte brachten ihn tatsächlich dazu zu keuchen. Eine leichte Röte lag auf seinen Wange. Ein bisschen mit ihm zu spielen würde nicht schaden. Ich ließ meine Finger an seinem Steißbein unter sein T-Shirt gleiten. >Ich bin mir ziemlich sicher, dass es dir gefallen wird.< Er sah mich an und biss auf seine Unterlippe. Mein Atem ging schneller. Zärtlich malte ich Bilder auf seinem Rücken. >Du... wirst es auspacken und dann... zeige ich dir... wie du es benutzt.<, säuselte ich in sein Ohr. Er lehnte seine Stirn an meine. >Versprochen. Ich werde jeden Tag, ...< Ich ließ meine Hand an der Innenseite seiner Oberschenkel hochgleiten. Er hielt seine Luft an. >... an dem wir uns nicht anfassen durften, ...< Meine Finger kamen seinem Schritt näher. Mit großen Augen folgte Reese ihnen. >... wieder wett machen, Kätzchen.< Ich küsste mir meinen Weg von seinem Ohr über seinen Kiefer zu seinen Lippen. Meine Hand, an seinem Rücken, hatte schon die Hälfte der Strecke überbrückt. Unter meiner Handfläche bildete sich immer stärker werdende Gänsehaut. >Ich werde dich verwöhnen, bis du betteln wirst, dass ich es dir noch härter und noch fester besorge, als ich es eh schon tue.< Er schloss seine Augen und atmete tief durch die Nase ein. >Stell es dir nur mal vor, wie...<
>Hey, wo bleibt das Geburtstagskind?!< Riri schnappte sich Reese und zog ihn von mir weg. >Anthony hat einen doppelten, dreifachen Burger extra für dich gemacht.<
Reese zupfte sich unbehaglich im Schritt herum und rümpfte die Nase. >Ich muss erst einmal Luft schnappen.< Er drehte sich zu mir um. Mit einem Augenzwinkern lehnte ich mich auf den Tisch hinter mir zurück. Wie süß er mit roten Wangen aussah.
>Was hast'n du dem da geflüstert?<, gluckste Ben und setzte sich neben mich. >Der ist ja so rot wie'ne Nonne im Puff.<
Bei diesem Vergleich musste ich laut lachen. >Habe ihm nur gesagt, dass ich heute Abend noch ein Geschenk für ihn habe.<, erklärte ich und sah zu Jacky. Sie trug ein Trikot von Ben, es reichte ihr bis zur Mitte ihrer Oberschenkel. Wahrscheinlich würde ihr Hintern raushängen, wenn sie nicht eine lange Jeansjacke drüber tragen würde. Ihre Haare, die sonst in pinken Locken um ihr Gesicht herum sprangen, reichten nun in zartem Rose und leichten Wellen bis fast zu ihren Ellenbogen. >Sie sieht echt gut aus.<, murmelte ich.
Ben wusste, von wem ich sprach. Er nickte. >Jap.<
>Benji!< Sie zeigte auf die Teller, die sie in ihren Händen trug. Beladen mit Essen.
Er nickte. >Sie ist echt heiß. Und noch besser im Bett.< Ich stieß ihn an. >Aber weißt du, ...< Aufhorchend sah ich zu ihm auf. >... sie ist nicht einfach nur irgendwer. Sie bedeutet mir etwas.<
Ich lächelte ihn an. >Ben ist bis über beide Ohren und von oben bis unten in Jack mit den Rosa Löckchen verknallt.<
>Is'so. Sie ist... perfekt.<, murmelte er und sah Jacky an, wie sie auf uns zukam. Der Blick war liebevoll und zärtlich. So wie ich, wenn ich Reese ansah.
Jack setzte sich auf Bens Schoss und reichte mir einen Teller. >Hier.<
>Oh, danke.< Nieve setzte sich zu meinen Füßen auf den Boden. Diese ganze Sache schien sie einzuschüchtern. Vorsichtig setzte ich sie neben mich auf die Bank und kraulte sie, bis sie sich entspannte.
Wir blieben lange draußen. Ich achtete streng darauf, dass Reese nie alleine war. Das er nichts alkoholisches trank und natürlich keine Drogen nahm, aber er machte keine Anstalten irgendwas zu nahmen. Er aß Burger, trank Cola und lachte laut und schallend. Ein strenges Auge hatte ich auf Anthony. Nicht nur, weil ich mich darum sorgte, dass er ihm etwas steckte, sondern auch, weil er Reese' Geburtstag als Entschuldigung dafür nahm ihm näher zu kommen. Ihn zu umarmen, ihn sogar auf die Wange zu küssen. Er war immer bei ihm. Die ganze Zeit.
>Dieser Anthony. Der war doch mit Reese zusammen oder?<
Jacky nickte. >Ja. Der hing Reese soooooo lange an der Arschbacke, bis er dann nachgegeben hat und dann landeten sie halt immer wieder im Bett.< Ich räusperte mich, um meine Wut zu verbergen, und biss in meinen Hamburger. >Dann hat Reese Schluss gemacht, weil er genervt war und der ihn nicht mehr in Ruhe gelassen hat. Aber jetzt bist du ja da und besorgst es unserem süßen Reese.< Ich nickte bestimmt.
Ben rümpfte die Nase. >Würdest du es mit Reese machen, wenn er auf deine Titten stehen würde?<, fragte er seine Freundin. Ich musste lachen. Reese sprach so abfällig von Frauen, ich konnte mir nicht im Entferntesten vorstellen, dass er jemals etwas mit einer weiblichen Person anstellen konnte. Wusste er überhaupt,was man mit einer Frau alles machen kann?
Jack lachte und sah zu Reese rüber. Er spielte mit Barko. >Auf jeden Fall. Er ist heiß.<
>Was?!< Ich raufte glucksend mein Haar. >Er ist viel schmaler und kleiner. Das direkte Gegenteil von mir. Wie kannst du...?<
>Baby-Boy.< Jacky umfing sein Kinn und zog ihn an ihre Lippen heran. >Du bist der einzige, den ich will.< Sie küssten sich. Es begann keusch und zärtlich und wurde, leidenschaftlich und wild. Die beiden ließen für die restliche Feier nicht voneinander ab.

Kapitel 23

Wir saßen im Wagen und fuhren zurück nachhause. >Loverboy, willst du mich heiraten?<, fragte Reese aufeinmal.
Ungläubig sah ich zu ihm rüber. Er lächelte. >Was? Wie kommst du jetzt da drauf?<
Er zuckte mit den Schultern. >Wir haben eine Tochter... Es ist Zeit für eine Hochzeit.<, murmelte er. >In Kentucky ist das doch legal oder? Und in New York seit kurzem auch. Lass uns heiraten.<
Ich runzelte meine Stirn. >Du hast zu viel Fleisch gegessen.<
>Doch nicht sofort, aber... irgendwann in der Zukunft. Vielleicht, wenn wir irgendwann mal zusammenziehen.<, murmelte er verlegen. Er meinte das wirklich ernst. >Nur wir beide. Ganz alleine und der Typ da.<
>Du meinst den Priester?<
Er gluckste. >Ja. Irgendwo im nirgendwo. Und wir sind beide nackt.<
>Ja, ganz sicher.<
>Dann eben ein String.<
>Reese.<, warnte ich ihn.
>Ok. Kompromiss, ich bin nackt und du trägst einen String.< Ich verdrehte die Augen. >Anzüge?< Ich nickte. >Also ja?<
Ich grinste. >Muss ich mir noch überlegen. Ich meine, wir haben ja gerade erst unsere Tochter bekommen.< Nieve leckte über meine Hand. Er wollte heiraten? Warum? Reese war doch nicht religiös.
>Oh Mann! Das war so cool! Bester Geburtstag! Sweet 18!<, rief er laut. Ich trug ihn auf meinem Rücken. Er hielt Nieve auf seinen Armen. Seine Nase strich über meine Wange.
Stephania machte uns die Tür auf, bevor ich sie mit dem Schlüssel öffnen könnte. >Was ist los mit ihm?<, fragte sie streng.
Ich schnaubte. >Er ist glücklich.<
Sie sah zwischen uns beiden hin und her. >Bring ihn rein.< Wir gingen hoch. Das Haus lag leer. Sandra schlief wohl schon. >Ich hoffe, du hast auf ihn aufgepasst?<
>Ja, natürlich.<
>War dieser Anthony auch da?< Missbilligung lag in ihren Worten. Das waren 50 Sympathiepunkte mehr für Steph.
>Ja, war er. Der Trottel hat seine Finger nicht von ihm lassen können.<, brummte sie.
Schmunzelnd folgte sie mir hoch. >Er ist tatsächlich ein Trottel. Nicht, weil er in Reese verliebt ist, sondern weil er sich sein Leben selber so verbaut.< Ich trug ihn auf das Bett.
>Mamá, danke.<, murmelte Reese und zog Nieve enger an seine Brust.
Sie lächelte ihn an und nickte. >Gerne, Grashalm. Schlaf gut.<
Ich brachte die beiden Hunde raus und schloss die Tür ab. Reese kicherte hinter mir. Ich hörte, wie er seine Schuhe auszog und sie auf den Boden fallen ließ. Während ich mich zu ihm umdrehte zog ich mein T-Shirt aus und schleuderte es willkürlich in eine Ecke des Raumes. Aufgeregt leckte Reese sich die Lippen und befreite auch sich von seinem Oberteil. Ich warf meine Schuhe auf je eine Seite und knöpfte meine Hose auf. Atemlos sah er mir dabei zu und biss sich auf die Unterlippe. Ich trug darunter keine Unterwäsche, natürlich absichtlich. Er bemerkte das mit steigender Freude und streifte seine Hose ab. >Richard, du siehst so gut aus.<, hauchte er überwältigt. Wenn er sich nur in diesem Moment hätte sehen können. In seinen engen Superman-Pants war er einfach atemberaubend. Ich ließ meine Hose runterrutschen und trat aus ihr heraus. Ich sah, wie er schluckte. Seine Erregung war mehr als deutlich zu sehen und bei mir gab es sowie so nichts, das sie hätte verbergen können.
>Leg dich auf den Bauch.<, raunte ich. Ohne Widerworte tat er es und wartete ungeduldig. Ich nahm das Gleitgel aus dem Nachttisch und biss ihn in sein süßes Ohr. Neckend schob ich meine Hand in seine Pants. Ich lehnte mich weit zu ihm vor, sodass ich sein vor Lust verzogenes Gesicht sehen konnte. >Dein kleiner Hintern hat mir in der letzten Zeit ziemlich zugesetzt.< Er lachte leise. Hungrig atmete ich seinen süßen Geruch ein und zerrte gleichzeitig seine Unterwäsche herunter. Küssend wanderte ich an seinem Rücken hinab, bis ich seine Shorts über seine Füße ziehen und über meine Schulter auf den Boden werfen konnte. Sein Atmen war nun laut hörbar, obwohl ich noch nicht einmal richtig angefangen hatte. Das Klicken der Tube ließ Reese zusammenfahren. Ich spritzte mir etwas von dem Gel auf einen Finger und küsste ihn auf seinen Hintern. Ließ meinen Finger zwischen seine Backen gleiten und umkreiste seinen Eingang. Reese schnappte nach Luft. Ich sank auf ihn herab und rieb mich an ihm.
>Mhm... das...< Er stammelte unsinnig herum. Ich erhöhte den Druck . Sein lauter werdendes Stöhnen erregte mich auf so unverschämte Weise. Unkontrollierte Laute entkamen seinen vollen Lippen. Er krallte seine Finger in die Bettwäsche und ich... Ich fand immer größeren Spaß daran ihn zu reizen. >Gott...< Reese' Kopf fiel nach vorne. Langsam ließ ich zwei meiner Finger hineingleiten. Automatisch drückte er seinen Hintern nach oben. Was für ein Anblick. Ich war kurz davor ihn mir einfach zu nehmen. Mein ganzer Körper brannte vor Lust. Ich presste meine Lippen zärtlich an seinen Nacken. Fuhr mit der Zunge über die Gänsehaut.
>Ich hoffe, dem Geburtstagskind gefällt sein Geschenk.<, säuselte ich in sein Ohr. Ich traf immer wieder auf den richtigen Punkt. Er stöhnte und wimmerte und bäumte sich auf. Es war köstlich. In mir brannte es lichterloh. Ich war so scharf, aber jetzt ging es um ihn. Ich wollte ihn verwöhnen, bis er nicht mehr konnte. An seinen Seiten spannten sich seine Muskeln an und ab. Meine Zunge fuhr darüber und ich biss in das Fleisch seines Hinterns.
Er schrie erstickt auf. >Bitte, mach...< Amüsiert schüttelte ich den Kopf. Diese niedliche gequälte Stimme. Ich schob noch einen weiteren Finger hinein, was ihn dazu brachte seine Beine auseinander zu schieben. Es kam mir so vor, als hätte die Zimmertemperatur um 10° zugenommen.
Ich machte so lange weiter, bis Reese' Worte den bekannten Unterton bekamen, der mir sagte, dass er kurz davor war, zu kommen, doch so weit waren wir noch nicht. Er gab einen entrüsteten Laut von sich, bevor er sich beschweren konnte, umfasste ich seine Hüfte und drehte ihn mit einem Ruck auf den Rücken. Überrascht sog er Luft ein und blinzelte mich durch große Augen an. Er. Sah. So. Gut. Aus. Er sah lecker aus. Buchstäblich lecker.
Ich umfing seine Brustwarze mit meinen Lippen und leckte darüber. >Oh,... scheiße.<, stöhnte er. Er vergrub seine Finger in meinem Haar und küsste mich auf die Stirn. Gott, er schmeckte so unfassbar gut. Alles an ihm war so perfekt. Ich fuhr mit meiner Zunge über seine Brust zu seinem Bauchnabel. Er hob mir sein Becken entgegen, aber ich wanderte an der Innenseite seines Oberschenkels weiter nach unten, biss in sein Knie. Wieder schnappte er nach Luft. Langsam kroch ich über ihn. Die Art und Weise, wie er zu mir aufsah war... Diese großen Augen und dichten Wimpern. Das grüne Haar lag um seinen Kopf herum. Seine Brust hob und senkte sich hastig.
>Sag bitte.<, grinste ich.
>Fick dich.<
Ich küsste ihn und wanderte an seinem Hals hinab. Er atmete zittrig aus. >Sag bitte, Kätzchen.<, flüsterte ich.
Er packte mich an meinem Haar und zog mich an sich. Grob küsste er mich und biss fest in meine Unterlippe. Seine Augen waren fast schwarz. >Jetzt mach es mir endlich, Rick.<, knurrte er ungeduldig. Ich hob erwartungsvoll eine Augenbraue. >Bitte, Richard.<
Ich schob seine Beine weiter auseinander und drückte meine Lippen wieder an seine. Es war wie ein Feuerwerk. Natürlich hatten Reese und ich uns schon geküsst. Aber tausende Male. Mindestens. Und es würden noch tausende Male hinzukommen. Mindestens. Doch nun hatte ich seine Worte in meinem Ohr. „Willst du mich heiraten?“ Vollkommen absurd. Es dauerte noch ein und halb Monate, dann würde ich 18 werden. Wir waren Kinder. Beide, aber ich liebte ihn so sehr. Ich konnte mir niemand anderen vorstellen, mit dem ich jemals mein Leben verbringen konnte, bis auf Reese. Reese war es einfach.
Er stöhnte lang und tief und warf seinen Kopf in den Nacken. Ich lehnte meine Stirn an seine, hakte sein Bein unter und stieß vor. Seine Finger gruben sich in meinen Hintern. >Fuck!<, fluchte er und bäumte sich auf.
>Ich... liebe dich.< Schwer atmend hob ich ihn an und drückte ihn gegen die Wand.
Es war perfekt. Wir beide zusammen waren perfekt. Reese war alles was ich wollte. Er war besser als alles, was ich je wollen könnte. Meine Familie hatte ich verloren, aber Reese hatte ich hier bei mir. Er würde mich nie aufgeben.

Schnaufend warf Reese sich auf das Bett. >Oh Gott!<
>Du hechelst wie ein Hund.<, gluckste ich und legte mich auf seinen Rücken.
>Ich bin zu alt für diesen Scheiß.<, krächzte er. Lachend küsste ich seinen Nacken hoch. >Ich liebe Geburtstage.<, seufzte er zufrieden. >Ich war noch nie in meinem Leben so wund und gleichzeitig so befriedigt und glücklich.<
Ich biss in seine vom Schweiß feuchte Haut, legte meine Lippen dann an sein Ohr. >Kätzchen?< Er brummte leise. Ich konnte sehen, dass er seine Augen geschlossen hatte. >Reese, willst du mich heiraten? Irgendwann, meine ich.< Seine Lider trennten sich.
Er machte Anstalten sich umzudrehen, weshalb ich mich auf meinen Ellenbogen abstützte, um ihm dies zu ermöglichen. >Meinst du das ernst?<, fragte er.
Ich nickte und strich ihm sein Haar aus dem Gesicht. >Ich liebe dich und ich weiß, dass es niemanden anderen für mich gibt. Je geben könnte. Es ist also nur logisch.< Ungläubig blinzelte er. >Aber keine Strings.< Ein Grinsen legte sich auf seine geröteten Lippen. >Und? Was sagst du?<
>Dein Herz schlägt so schnell.< Tat es tatsächlich. Es stimmte also wirklich. Dieses ganze „Die Pause zwischen der Frage und der Antwort, ist die längste in deinem ganzen Leben.“-Scheiße. Doch eigentlich war die Antwort doch klar oder?
>Reese, sag einfach „Ja“.<, knurrte ich aufgebracht.
Er schnalzte mit der Zunge. >Ich weiß nicht, dass muss ich mir doch gut überlegen. Ich meine, das würde ja bedeuten, ich verbringe den Rest meines Lebens...< Ich zwickte ihn in den Bauch, was ihn zum Lachen brachte. >Natürlich, Richard.< Er umfing zärtlich mein Gesicht. >Natürlich.<, flüsterte er und sah mir tief in die Augen. Wir küssten uns wieder. Seine Zunge fuhr über meine Unterlippe. >Mein Verlobter.<
>Meine Verlobte.< Dafür bekam ich das Knie in den Bauch. >Ein Scherz! Ein Scherz, Kätzchen!< Ich zog ihn hoch und schlang meine Arme eng um ihn herum. >Soll ich jetzt Verlobungsringe kaufen?<, fragte ich ihn.
Seine Lippen drückten sich wieder an meine. >Nein, wir machen das schon zusammen. Anständige Ringe kosten nämlich einen Haufen Schotter.< Er schwang seine Beine über das Bett und ging an einen seiner Regale. Mit einer metallenen Box in der Hand stellte er sich an seinen Schreibtisch, zog einen Zettel hervor und schrieb etwas darauf. Argwöhnisch sah ich ihm dabei zu, wie er den Zettel auf die Box klebte und sich mit ihr wieder zurück auf das Bett setzte.
Ich hob den Zettel an. >“Verlobungskasse“.<, las ich laut vor.
>Ja. Wir sparen für Ringe. Das braucht seine Zeit. Und bis wir das zusammen haben, können wir dann auch wirklich heiraten.< Es war so surreal mit Reese über Heirat zu sprechen. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass er sich so etwas wünschen würde. Das er mich als Ehemann haben wollte. Wir legten uns hin. Reese zog mich an seine Brust. >Gute Nacht, Loverboy.<
>Gute Nacht, Kätzchen.<
Wir würden heiraten.

Die nächste Woche verbrachten wir hauptsächlich damit Geldscheine in die Box zu stecken, Nieve beizubringen nicht das Haus vollzukacken und unsere Sommerferien zu planen. Angefangen mit dem Festival in der dritten Woche. Wir mussten fast einen halben Tag fahren, um dort hinzukommen. Reese war sehr aufgeregt. Er hüpfte die ganze Zeit herum. Er war so aufgekratzt, dass er ununterbrochen rauchen musste, um sich zu beruhigen. Stephania erklärte mir, dass das vom Entzug sein konnte, was seine Fröhlichkeit weniger fröhlich wirken ließ, aber ich war trotzdem froh, dass es ihm gut ging.
>Sie ist so zickig. Barko hat die Kommandos so schnell gelernt und Nieve...< Er umfing ihren Kopf und zog sie an sich ran, sodass er sie auf die Stirn küssen konnte. >Aber ich liebe dich trotzdem.< Reese saß rittlings im Höschen auf meinem Schoss. Zwischen uns saß Nieve und Barko neben uns. Wir hatten die Hunde gerade gewaschen. Es war in einer Wasserschlacht ausgeartet.
Unten klingelte es an der Tür.
Seit seinem Geburtstag erwischte ich mich immer öfter dabei, wie ich Reese einfach beobachtete. Wie er lachte, wenn er mit den Hunden spielte. Seine wütenden Grimassen, wenn es Streit mit seiner Mutter gab. Er faszinierte mich auf eine solch intensive Weise.
Mein Blick fiel auf die Kasse. 600$. Ich hatte meinen kompletten Lohn von diesem Monat reingesteckt. Reese hatte sich sogar extra einen Job gesucht. Er arbeitete bei Riris Eltern im Fotogeschäft. Um ehrlich zu sein, hatte ich damit gerechnet, dass er die Sache mit den Ringen nach ein paar Tagen vergessen würde, aber im Gegenteil. Von Tag zu Tag wurde er enthusiastischer. Ich konnte noch immer nicht glauben, dass wir eine Hochzeit wirklich in Erwägung zogen.
>Wir kriegen das schon mit ihr hin.<, murmelte ich und betrachtete lächelnd sein Gesicht. Er war so schön. Er bemerkte meinen Blick und runzelte verwirrt die Stirn, bis ich ihn an meine Lippen zog und küsste.
Seine Züge entspannten sich wieder und er erwiderte meinen Kuss willig. >Für was...<, murmelte er unverständlich an meinem Mund. >... verdiene ich denn das?<
Ich fuhr über seinen schmalen Rücken zu seinem Hintern und drückte zu. >Keine Ahnung. Ich bin nur so...< Ich zuckte mit den Schultern und lächelte ihn an.
>Oh mein Gott. Vögelt ihr mit den Hunden zusammen?<, fragte plötzlich jemand hinter uns.
Wir sahen uns beide um. Ben und Jacky standen in der Tür.
>Was sucht ihr hier?<, blaffte Reese und drehte sich mit dem Rücken zu mir und Nieve auf den Schoss.
Benji kam ins Zimmer. Jacky hatte ihre Arme von hinten um seine Mitte geschlungen. >Ehm... ich hab das von deinem Dad bekommen. Ich soll dir das geben.<
Argwöhnisch betrachtete ich den Umschlag. Reese riss ihm Ben aus der Hand, bevor ich ihn nehmen konnte und öffnete ihn. >Was soll das sein? Ein Drohbrief oder was?<, schnaubte er und las. >Ach du...!<
>Was steht da?<, fragte ich, aber er war noch zu sehr ins Lesen vertieft. Ich sah zu Ben auf. Er und seine Freundin grinsten süffisant und warteten ab. >Was...? Reese, was steht'n da?< Ich versuchte einen Blick darauf zu werfen, aber seine Schulter und Nieve versperrten mir die Sicht.
>Stipendium...<, murmelte er.
>Was?!< Meine Stimme überschlug sich. Reese schob Nieve von sich und stand auf. Ich ließ mich von ihm auf die Beine ziehen und las von dem Blatt. >Verdammte... Scheiße.<, hauchte ich ungläubig. Ich hatte ein Stipendium bekommen. Komplett. Einfach so. Ich sah auf zu Ben. >Und du?< Er zog einen Umschlag aus der Innentasche seiner Jacke und grinste breit. >Gott, wie geil!<, rief ich aus und schlug in seine ausgestreckte Hand ein.
Reese sprang in meine Arme. >Das ist so genial. Glückwunsch, Richard.<
Ich drückte ihn an mich. Eine große, große, große Sorge rutschte von meinen Schultern. Ich konnte nicht glauben, was ich hier in meiner Hand hielt. Natürlich hatte ich mir Sorgen um meine Schule gemacht. Ich wollte ja studieren, aber bei unserer Situation... Ich hatte mich einfach damit abgefunden, dass es eine Weile dauern würde, bis ich die Möglichkeit hätte zu studieren. Aber jetzt? Das einzige, was jetzt noch fehlte, war meine Familie. Dad...
>Ist das nicht der Hammer?< Benjamin küsste Jacky auf die Wange und strahlte von Ohr zu Ohr.
>Was hat er gesagt?<, fragte ich.
Ben zuckte mit den Schultern. >Nichts. Er hat mir gratuliert. Ich denke, er hat verstanden, was das ist...<
>Scheiß auf den. Du kannst studieren.<, erinnerte uns Jacky. Reese nickte lächelnd. >Hey, was ist das?< Sie zeigte auf die metallene Box.
Ben löste sich von ihr und nahm die Box hoch. >“Verlobungsbox“?<, murmelte er argwöhnisch. >Warte mal, „Verlobungsbox“?!< Mit aufgerissenen Augen sah er zu uns. Verlegen wendete ich meinen Blick ab und räusperte mich. >Verloben? Ihr wollt heiraten? Ist das euer Ernst?<
Jacky lächelte ungläubig. >Oh mein Gott!<, kreischte sie und nahm uns beide in den Arm.
>Du willst heiraten?<, fragte Benjamin ungläubig. Ich zuckte lächelnd mit einer Schulter und nickte. >Ernsthaft jetzt?< Ich war mir nicht sicher, ob er einfach nur überrascht war oder wütend, vielleicht sogar angeekelt.
>Wir müssen das den anderen sagen. Oh Mann, dass ist so süß!< Jacky nahm ihr Handy aus der Tasche und rief jemanden an.
Reese umfing mein Gesicht und drückte seine Lippen an meine. >Gib mal her. Ich zeig das Mum und Sandy.< Ich raufte mir das Haar und sah ihm nach, wie er aus dem Zimmer ging. Wie automatisch glitten meine Augen über seinen kleinen Hintern.
>Das ist unglaublich.<, hörte ich Benjamin sagen. Wir waren jetzt allein im Zimmer.
>Ich... Was soll ich sagen? Reese ist...<
Er schüttelte den Kopf. >Du Arsch, wann hast du ihm den Antrag gemacht?<, fragte er.
Ich zuckte mit den Schultern. >An seinem Geburtstag.<
>Echt jetzt?< Sein Gesichtsausdruck war unergründlich.
Ich nickte. >Aber wir machen das ja nicht sofort. Wir haben noch nicht einmal das Geld dafür. Das ist einfach nur für die Zukunft. Wir wollen...<
>Und wann hattest du vor mich zu fragen, dein Trauzeuge zu sein?<, fragte er. Ich sah auf. Er lächelte. >Unglaublich, dass du diese grüne Punk-Zicke heiraten willst. Ich meine,...< Er schüttelte fassungslos das Gesicht. >Ich meine, ich wusste, du würdest irgendwann heiraten, aber... niemals hätte ich gedacht, dass es...< Er atmete durch. >Glückwunsch, Alter.< Er umarmte mich und klopfte mir auf die Schulter.
>Danke.<
>Wie viel habt ihr?<, fragte er und nickte zur Box.
Ich zuckte mit den Schultern. >600.<
Er nahm seinen Geldbeutel heraus uns schob einen 50$-Schein in die Box. >650$.<
Ich schnappte mir ein T-Shirt und ging mit ihm runter zu den anderen. Jacky war wild am telefonieren und schrie immer wieder laut auf.
Stephania las gerade den Brief, mit Sandra über ihre Schulter schauend. Als ich ins Wohnzimmer kam, blickte sie zu mir auf. >Du hast also ein Stipendium bekommen?< Ich nickte. >Gut gemacht.< Sie lächelte. >Wenigstens studiert einer meiner Jungs.<
Meiner Jungs? Seit wann war ich ihr Junge?
>Weiß sie schon, dass du Reese heiraten willst?< In dem Moment klappte Reese', meine, Sandras und Stephanias Kinnlade gleichzeitig herunter.
>Du willst wen heiraten?<, fragte Sandy lautstark.
Steph starrte ihren Sohn an. >Wie...? Wann...?<
>Benjamin.<, zischte ich und schlug ihn mit der flachen Hand gegen die Schulter,
Er zuckte zusammen. >Was? Ich wusste ja nicht, dass...<
In Reese Augen steckte genauso viel Angst, wie wahrscheinlich auch in meinen. >Mamá, dass...<
Steph atmete durch. >Ihr beide wollt heiraten? Ist jemand von euch schwanger?< Ich schmunzelte. >Hör auf zu Grinsen, du...< Sie funkelte mich wütend an. >Wer hat gefragt?<
>Erst ich und dann Richard.<
>Zweimal?< Reese nickte. >Und warum zum Teufel hat niemand mit mir geredet? Du musst doch...< Sie hielt plötzlich inne und sah zu Sandra. >Hättest du jemals im Leben gedacht, dass Reese jemanden finden würde, der ihn heirate will?<, fragte sie.
>Mum!<, motzte Reese.
Sie und Sandy begannen laut zu lachen. >Ihr Süßen.<, lachte sie und nahm uns in den Arm. >Oh Gott...< Ich spürte etwas Nasses an meinem Nacken.
>Oh, Sandra! Jetzt heul doch nicht!<
Sandra boxte ihn leicht. >Sei ruhig. Ich freu mich so für euch.< Sie wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht.
Stephania kam als nächstes zu uns und küsste erst Reese und dann mich auf die Stirn. >Freut mich wirklich, dass ihr beide euch gefunden habt.<
Ich war überrumpelt von ihrem Gefühlsausbruch. Nie hätte ich gedacht, dass sie so darüber denken würde. Sie fuhr Reese mit den Fingern durchs Haar und sah mich an. >Ehm... bevor das zu kitschig wird, wollen wir abhauen?<, fragte Ben hinter uns.
>Ja, gute Idee.<
So schnell wie möglich versuchten wir der peinlichen Stimmung zu entkommen und fuhren dann mit Bens Auto ins Kino. Es war 19Uhr und wir wollten einen Film ansehen.
>Ich hol die Karten.< Ich ging an den Schalter, während die anderen Popcorn und was zu trinken kauften. Als ich zu den anderen zurückkam trug Reese einen riesigen Pappbecher voll Popcorn in den Armen. >Du bist süß.<, murmelte ich. Er grinste breit und ließ sich von mir auf den Mund küssen. Es war, als ob wir plötzlich nackt da standen. Die eine Hälfte lächelte und die andere verzog argwöhnisch das Gesicht. Mir war es egal, ich liebte ihn und ich würde ihn in der hoffentlich nicht allzu weiten Zukunft heiraten. Ich schlang meinen Arm um seine Schulter und zwinkerte einer Gruppe von Kerlen zu, die uns verblüfft anstarrten. Wir gingen mit den anderen zusammen in den Kinosaal und setzten uns an unsere Plätze. Sobald das Licht ausging, ging die Party los. Jack und Ben hatten keine Scham. Keine. Scham. Sie machten rum, als wären sie alleine hier.
>Würdet ihr euch mal zusammenreißen?<, zischte Reese und stach Ben mit dem Finger in die Wange.
>Wir sind im Kino. Im Kino knutscht man rum. So ist das einfach. Les das Handbuch.<, erwiderte Ben flüsternd und wandte sich wieder seiner Freundin zu.
Reese drehte sich lächelnd zu mir um. >Wenn das so ist...< Er ließ seine Augenbrauen tanzen und nippte dabei an der Cola. Ich musste lachen. Seine Hand glitt über mein Knie hoch über meinen Oberschenkel.
>Hey, hey, hey. Das steht nicht im Handbuch, Reese.<
Er schnaubte. >Halt's Maul.< Ich biss ihm in die Wange und grinste Ben an. Augen verdrehend sah er sich zu seiner Freundin um. Reese wandte sich wieder mir zu und schnappte nach meiner Unterlippe. Seine Hand führte seine Reise dabei unaufhaltsam fort.
>Ich liebe dich...<, wurde leise geflüstert, aber von keinem von uns.
Beide drehten wir uns um. >Hast du gerade „Ich liebe dich“ gesagt, Benji?<, fragte ich ungläubig. Ben hatte noch nie, und ich meine, noch nie, zu jemandem gesagt, dass er ihn liebt, bis auf einen Familienmitglied. Noch nicht mal, um sie zu verarschen. Gar nicht. Nie. Da war er ziemlich streng. Er nahm die Frauen ins Bett, aber sonst nirgendswohin.
>Ein bisschen Privatsphäre, ihr Homoe-Schweine.<, flüsterte Ben.
>Jacky, gute Arbeit.< Ich hob meine Hand zur Faust geballt. Sie klopfte mit ihren Knöcheln gegen meine.
>Danke. Es war nicht einfach.<
Ben sah zwischen uns beiden hin und her. >Was soll das?<
Reese kniff ihm in die Backe. >Benjamin, warum höre ich kein „Danke“ von dir, dafür, dass ich dich Jaqueline vorgestellt habe?<, fragte er förmlich.
>Danke, Reese.<
Wir beließen es beim Film anschauen und stichelten gleichzeitig gegen Benjamin. Er war also wirklich in Jacky verliebt. Wer hätte das gedacht?

Wir gingen nach dem Film raus. Jack sprang Ben auf den Rücken und schlang ihre Arme um seinen Hals. >Ist es wirklich so ein Schock? Ich bin liebenswürdig.<
>Ja, im Bett...<, murmelte Benji und kassierte einen Schlag auf den Hinterkopf.
>Wer hat es zu erst gesagt?<, fragte ich neugierig. Jack sah zu Ben runter. Selbst im löchrigen Schein der Straßenlaternen konnte ich sehen, wie seine Wangen ganz leicht erröteten. >Scheiße, wirklich?<
>Halt dein Maul! Ich war betrunken.<
>Hey!<, beschwerte sich Jack.
>Aber es war natürlich mein Ernst.<
Ich grinste breit und zog Reese an meine Brust. >Freut mich, Benji.<
Auf einmal fuhr etwas knapp an meinem Kopf vorbei und klatschte vor uns auf den Boden. Es war eine Burrito oder sowas. Irgendwas mit Käse und einem Fladenbrot.
>Scheiße.<, fluchte jemand hinter uns.
Wir drehten uns um. Eine kleine Gruppe von Kerlen. In unserem Alter ungefähr. Sie standen ein paar Meter von uns entfernt und beäugten uns deutlich aggressiv. >Was soll die Kacke?<, rief Ben und zeigte auf den Haufen vor meinen Füßen.
>Halt du dich da raus. Es geht uns nur um die Homos.<
Ah! Das waren die Typen von drinnen. Denen ich so zugelächelt hatte.
Reese fluchte leise. >Oh, Gott, reißt euch zusammen ihr Memmen! Er fickt mich genauso, wie ihr euch wünschtet ein Mädel vögeln zu können. Es braucht euch nicht peinlich zu sein.<
Sie kamen auf uns zu. Ich ließ von Reese ab und richtete mich auf. Ben stellte Jacky neben sich ab. In den Gesichtern der Typen zeigte sich etwas Unsicherheit, als sie sahen, wie breit und groß wir waren. Danke, Basketball, dass du mich so groß und stark gemacht hast.
>Was wollt ihr eigentlich?<, fragte ich gelangweilt. Ich war genervt von dieser ganzen Diskriminierung. Es war ein Witz.
>Euer widerliches Getue ist eine Schande für dieses Land.<, sagte einer von ihnen.
Reese lachte auf. >Dein Gesicht ist eine Schande für deine Mutter. Jetzt halt die Schnauze und verpisst euch. Diesen Mist tu ich mir doch nicht mehr an. Ich habe besseres zu tun.<, brummte er und wollte umdrehen.
>Wie wäre es, wenn wir einfach alle nachhause gehen?<, schlug ich vor. Ich hatte wirklich keine Lust auf diesen Müll.
>Wie wäre es, wenn ihr euch vergasen lässt?<
Reese hielt inne und drehte sich um. Die Kerle standen mittlerweile vor uns. Wir waren größer als sie. Viel größer. Keine Ahnung, was die sich dabei dachten. >Ihr scheiß Wichser verschwindet lieber, bevor ich euch eine verpasse, dass euch Hören und Sagen...<
Einer von denen pirschte vor und schwang nach Reese, da ging ich dazwischen, packte seine Faust und stieß ihn weg. Stolpernd landete er auf seinem Hintern und starrte mit großen Augen zu mir hoch. Meine ganze Wut auf alle, die sich von mir abgewendet hatten, entladete sich auf diese kleinen Scheißer, die dachten, sie könnten jetzt auf Kämpfer machen. >Versuch noch einmal ihn anzufassen und du kriegst was in den Arsch geschoben. Es wird dir nicht gefallen. Also verpiss dich. Und ihr auch.< Ich sah zu den anderen auf. >Verschwindet.<, knurrte ich wütend. Meine Freunde, meine Familie, ich war jetzt alleine. Ich drehte mich zu Reese um. Er würde mich nie verlassen. Er liebte mich. >Und nur damit ihr es wisst, heute wird gevögelt. Hart!<, rief ich, während die Kerle verschwanden.
Die anderen hinter mir lachten auf und Reese schlang seine Arme um mich herum. >Oh, mein großer, starker Mann.< Ich hob ihn hoch und schlang seine Beine um meine Hüfte. >Es wird gevögelt? Hart?<, fragte Reese und liebkoste dabei meinen Hals.
>Ab ins Auto, bevor wir noch von den Bullen aufgegabelt werden.< Wir stiegen ins Auto ein und fuhren los. Jack fuhr und Ben saß neben ihr. Reese war nicht im geringsten schüchtern. Er setzte sich auf meinen Schoss, schob seine Hände unter mein Oberteil und saugte sich an meinem Hals fest. Es ließ mich natürlich nicht kalt, aber mit Ben und Jack vorne war es etwas seltsam. >Kätzchen, benimm dich...<, flüsterte ich mit wenig Festigkeit in meinen Worten.
>Ich will nicht.<, seufzte er und öffnete meinen Gürtel.
Ben kicherte vorne. >Ricky, was für ein Glück du hast. Dein eigenes Flittchen...<
>Du scheiß...< Reese drehte sich um und wollte Ben eine reinhauen, aber ich umfing seine Hüfte und zog ihn zu mir zurück.
>Komm, er hat doch recht.<, raunte ich in sein Ohr. Er drehte sich zu mir um und begegnete mir mit einem verführerischen Blick in den Augen. Ich fuhr mit der Zunge über seinen Mundwinkel und drückte dann meine Lippen an seine.
>Diese Herzchen pack ich nicht mehr. Ist ja widerlich.<
>Halt's Maul, Benji.<, fluchte Reese, umfing meinen Nacken und erhob sich, um mein Gesicht von oben herab mit Küssen zu überhäufen.
Ben und Jack ließen uns vor dem Haus raus. Ich war so scharf. Wir krachten knutschend in die Wohnung. Buchstäblich. Die Tür fiel auf, ich musste Reese am Rücken stützen und mich gleichzeitig am Treppengeländer festhalten, damit wir nicht auf dem Boden landeten. Er zog seine Jacke aus, warf sie beiseite und zerrte an meinem Oberteil. >Ausziehen. Ausziehen.<, verlangte er atemlos. Es war etwas schwer, mein T-Shirt wegzubekommen und ihn zur gleichen Zeit weiterhin zu küssen. >Lass uns... im Wohnzimmer...<
Ich nickte und hob ihn hoch. >Heilige... Mutter Gottes...< Ich fuhr zusammen. >Stephania.<, murmelte ich.
>Mamá, estoy empezando a pensar que lo haces a propósito. (Mama, langsam glaube ich, du machst das absichtlich.)<, blaffte er sie an.
>Ganz sicher nicht, mein Sohn. Es gibt schönere Dinge anzusehen.< Steph saß auf dem Sofa und blätterte in einer Zeitschrift. In ihrer Hand dampfte eine Tasse. Sie hatte offensichtlich auf uns gewartet. >Geh hoch, ich möchte mit deinem Verlobten reden.< Verwirrt runzelte Reese die Stirn und sah zu mir. >Geh hoch, bevor ich dir deinen Hintern versohle, Grashalm. Los!< Erschrocken schnappte er nach seiner Jacke und ging die Treppen hoch.
>So schnell lässt du mich also sitzen?< Ich hörte ihn nur kichern. Etwas verunsichert drehte ich mich zu Steph um. Sie beäugte mich wie immer prüfend, klopfte dann aber mit einem angedeuteten Lächeln neben sich auf das Sofa. >Wirst du mich umbringen?<, fragte ich schmunzelnd.
Sie lachte auf. >Nein, nicht mehr.< Ich sah sie für einen kurzen Moment überrascht an, was sie dazu brachte noch einmal laut zu lachen. >Richard, ich bin sehr zufrieden damit, dass Reese sich für dich entschieden hat. Das beruhigt mich. Du bist ein anständiger Mann und ich kann sehen, dass deine Gefühle für ihn ehrlich sind. Das...< Sie lächelte mich an. Liebevoll. Mütterlich. Sie erinnerte mich in diesem Moment auf erschreckende Weise an meine Mum. Ich vermisste sie so sehr. Sie war eine typische Mum. Fürsorglich und immer auf das Beste aus für ihre Kinder.
Stephanias Hand legte sich an meine Wange. >Bist du dir sicher?< Ich wusste, was sie meinte. Ich nickte. >Dann habe ich etwas für euch.< Sie nahm hinter sich eine kleine Box hervor. Sie passte in ihre Hand. >Der Vater von Sandra und Reese und ich haben nie über das heiraten nachgedacht. Nie. Erst als Reese geboren wurde kam es zur Sprache, aber es war nicht gewollt. Wir dachten einfach, wenn wir schon Kinder haben, warum nicht heiraten? Aber...< Sie legte mir die kleine Box in die Hand. >... mit dem neuen Baby und dem kleinen Kind wurde das Leben nicht leichter und dann...< Lächelnd blickte sie mich an. >... verließ er uns.< Sie nickte zur Box. >Mach sie auf. Ich schob den Deckel herunter und atmete laut ein. >Ich habe die Kasse oben gesehen und dachte mir, dass euch das freuen würde.< Ich sah auf die zwei Ringe im weißen Schaumstoff. >Sie sind nichts besonderes. Wir hatten nicht die finanziellen Möglichkeiten, um...<
>Nein, die sind perfekt.< Waren sie. Es waren schlichte goldene Ringe. Eine dünne Linie  ging durch die Mitte. >Das kann ich aber nicht...<
>Doch, kannst du. Denn ich weiß, dass ihr beide keine Idioten seid und nach Las Vegas ausreißt, um von Elvis getraut zu werden.< Ich schnaubte. >Lasst euch alle Zeit der Welt, aber... lasst euch die Zeit auch nicht durch die Finger rinnen.< Sie winkte mich zu sich heran und nahm mich in den Arm. Was war nur auf einmal los? War ich jetzt schon ihr Schwiegersohn? >Ich musste meine Kinder im Stich lassen, um ihnen ein Leben zu geben. Ich habe es für sie gemacht, aber ich habe sie im Stich gelassen. Tu meinem Jungen das nicht wieder an, ja?< Ich nickte. Wie konnte ich?  Wie könnte ich ihn jemals verlassen? Er war alles, was ich wollte. >Dann nimm die Ringe und verschwinde.< Jetzt war ich offiziell aufgeregt. Mit diesen Ringen fühlte es sich auf einmal ziemlich real an.
>O-ok. Ok, ich... Ok.< Ich würde Reese heiraten. Nicht jetzt, nicht morgen oder in 1 Monat, aber ich würde ihn heiraten. >Danke, Steph. Gute Nacht.< Hastig ging ich die Treppen hoch und öffnete die Tür. >Kätzchen.< Er sah von seiner Gitarre auf. >Ich...< Oh, jetzt würde es kitschig werden. >Ehm...< Räuspernd ging ich vor ihm in die Knie. >Ehm... Reese?< Ich räusperte mich und  sah mit warmen Wangen zu ihm auf. >Reese..., würdest du mich... mich heiraten?<, fragte ich. Das war jetzt der dritte Antrag.
Seine Augen weiteten sich. >Sind das...?< Ich nickte. >Aber...?<
>Deine Mum.< Ich nahm einen der Ringe heraus und kroch zu ihm. Benommen hielt er mir seine Hand entgegen und ließ mich ihn ihr anstecken. >Sie sagte, dass die eigentlich für sie und deinen Dad gedacht waren, aber...< Reese Augen blitzten, als er den Ring am Finger hatte. Ich legte meine Hand an seine Wange. >Wir sind verlobt.<
Er sah mich an und nickte. >Ich weiß,...<
>Verlobt.< Er schlang seine Arme um mich herum und verwickelte mich in einen langen Kuss.

Kapitel 24

Reese und ich wuschen zwei Tage später unsere Autos. Es war warm und die Sonne schien. Ich versuchte ernsthaft meinen Wagen sauber zu kriegen, aber Reese war eher daran interessiert, mich nass zu kriegen. >Kätzchen, die Autos.<, erinnerte ich ihn.
Er grinste. An seinem Finger blitzte der selbe Ring wie an meinem. >Sexy, wie das T-Shirt an dir klebt.< Ich verdrehte die Augen und fuhr mit dem Schwamm über die Windschutzscheibe. >Und der Schaum. Fast so, wie bei diesem Schul-Ding, weißt du noch?< Der Wasserstrahl traf auf meinen Hintern.
>Reese!<
>Wenn ich du wäre, würde ich das T-Shirt ausziehen.<
>Wenn ich du wäre, würde ich mein Auto waschen.<
Er grinste und strahlte auf mein Oberteil. >Zieh es aus, Richard!<, rief er. Ich ignorierte ihn. Kichernd kam er mit dem Schlauch zwischen den Beinen zu mir angelaufen und tat so, als würde er mich in den Arsch... >Oh ja! Oh Gott! Ja! Richard! So Eng!<, rief er laut und hob die Arme, während seine Hüfte im gleichbleibenden Rhythmus gegen meinen Hintern stieß.
>Kätzchen.<, beschwerte ich mich lachend und versuchte ihn von mir zu drücken. Er zog sein T-Shirt aus und küsste mich in den Nacken. Glucksend legte ich meinen Oberkörper auf die Motorhaube und stützte mich auf meinen Ellenbogen ab. >Bist du endlich fertig?<, fragte ich schmunzelnd.
Er beugte sich über mich drüber. Fuhr mit seinen Händen über meinen Bauch hinauf zu meiner Brust. >Richard, du hast ja keine Ahnung, wie verdammt geil du aussiehst.<, seufzte er an meinem Ohr.
Ich lachte auf. >Jetzt übertreib mal nicht.<
>Du könntest einem Porno entsprungen sein. Ich meine, einem guten Porno.< Ich hörte seinen geflüsterten Worten zu und sah dabei zu, wie er seine Finger über das silberne Lack schob. Er nippte an meinem Ohrläppchen. >Es ist heiß. Die Sonne scheint.< Widerwillig schlüpfte ich mit meinen Händen unter mein T-Shirt und zog es mir über den Kopf. Glücklich grinste Reese und sprang in meine Arme. >Lass es uns direkt hier machen. Auf dem Auto.< Ich ließ mich von ihm mit dem Rücken voran auf die Haube drücken. Er verschränkte seine Finger mit meinen. Unsere Ringe berührten sich.
Er grinste verschlagen. Grübchen gruben sich in seine Wangen. Sein Haar klebte nass an seiner Stirn und seinen Schläfen.
Reese hatte vor ein paar Tagen eine Überraschung für mich gehabt. Er trug nur eins meiner Oberteile. Sein Gesicht war rot und er sah mir nicht in die Augen.
>Du hast doch „für immer“ gesagt oder?<, hatte er mich gefragt. Ich nickte. Dann zog er den Kragen des T-Shirts runter, bis seine Brust frei lag. Erst verstand ich nicht, was er mir damit sagen wollte, dann sah ich das Tattoo. Entlang seines Schlüsselbeins stand in schwarzer und kurviger Schrift „Loverboy“ direkt daneben war ein Zeichen bestehend aus zwei ineinander verschlungenen „R“s. Mir fehlten die Worte. >Ehm... Ich habe es professionell machen lassen. Wir müssen ja nicht mehr für Ringe sparen, deswegen habe ich meine Kohle dafür... ausgegeben.< Er wurde mit jeder Sekunde roter im Gesicht. Ich konnte noch immer nichts sagen. >Findest du es hässlich?<, fragte er. Das Gleiche hatte er gefragt, als sein Lippenpiercing in die Mitte verrückt wurde.
Doch dieses Mal war meine Antwort nicht die selbe. >Du... Ich liebe dich so sehr.<, flüsterte ich. Natürlich hatten wir Sex an dem Abend, wobei ich mich ziemlich auf seinen Schlüsselbein fixierte. Es war klein und zart, aber die Bedeutung unmissverständlich. Reese liebte mich. Er würde mich niemals verlassen. Er glaubte an uns.
Gott, hätte ich doch nur meine Familie, dann wäre alles perfekt.
Ich fragte mich, wie es wohl bei mir zuhause lief.
Einen Tag darauf waren wir zum selben Tätowierer. Das war schon etwas problematischer, ich war ja keine 18, aber Reese war mit dem Kerl befreundet und mit 20$ drauf tätowierte er mir an die gleiche Stelle „Kätzchen“ und das gleiche Zeichen aus den zwei „R“s hinten dran. Reese und ich. Für immer. Und selbst, wenn wir Streit hatten oder irgendetwas anderes uns dazu zwang voneinander getrennt zu sein, würde das Tattoo uns beieinander halten. Es würde mich an all die Zeiten erinnern, in denen ich so glücklich mit ihm gewesen war. Jede Sekunde. Selbst wenn wir uns gestritten hatten und uns gegenseitig Sprüche an den Kopf geworfen hatten.
Mein Tattoo war noch immer abgedeckt, damit es geschützt von Bakterien war. Reese hatte noch an dem selben Abend permanent seine Lippen an die Abdeckung gelegt und noch an andere Dinge. Es waren insgesamt zwei schöne Ereignisse gewesen.
>Reese,...< Ich setzte mich auf und sah ihm in die Augen. >Ich will dich ficken, küssen, heiraten, lieben und dir in jeder Sekunde zeigen, wie wertlos mein Leben ohne dich ist.<
Überrascht schnappte er nach Luft und sah mich aus großen Augen an. Damit hatte er wohl nicht gerechnet. Er wollte etwas sagen, da blickte er auf. >Oh, Mist.< Hastig stieg er von mir runter.
>Was ist?< Ich drehte mich um. >Was... ?< Mein Vater schloss gerade hinter sich die Tür.
>Warum ist der hier?< Ich zuckte mit den Schultern. >Schick ihn weg... Nein, ich schick ihn weg.< Reese legte den Schlauch ab und ging mit festen Schritten auf meinen Vater zu.
Ich war so perplex ihn zu sehen und... war das Haley auf dem Rücksitz. Reese stampfte zu meinem Vater und stellte sich vor ihn. >Oh nein.< Ich rannte zu ihm.
>... von meinem Grundstück.<, keifte Reese.
>Hey, hey, hey. Warte mal.< Ich drückte die beiden auseinander.
Dads Miene war eine einzige, versteinerte Maske. Er wirkte Älter. Die Furchen um seine Augen herum waren tiefer, seine Haut blasser, sein Gesicht eingefallener und sein Haar dünner. Natürlich war er nicht wirklich in so kurzer Zeit so rapide gealtert, aber... ich sah ihm an, dass er mich vermisste. Ich vermisste ihn auch. Ich vermisste meine ganze Familie. Ich wollte sie wieder haben. Mein Blick fiel auf Haley. Sie weinte und klopfte gegen die Scheibe. Sie hatte mich auch vermisst. Ich wollte die Tür öffnen, aber Dad stellte sich zwischen mich und das Auto. >Ich möchte mit dir reden. Allein.< Sein Blick fiel auf Reese.
Ich folgte seinem Blick. >Könntest du...?<
>Nein, ganz sicher nicht. Der soll sich verpissen. Was will er überhaupt hier? Schick ihn weg, Rick!<, blaffte Reese und presste sich gegen meine Hände.
Ich schüttelte den Kopf. >Lass mich kurz mit ihm reden, Kätzchen.<
Er stöhnte auf, drückte mir grob den Schlauch an dir Brust und warf meinem Vater einen vernichtenden Blick zu. >Wehe, du verzeihst ihm, Rick.< Er durchbohrte mich förmlich mit seinen Augen. >Ich mein's ernst.< Lächelnd sah er dann zu Haley und winkte. >Diese Familie haben Sie nicht verdient.<, spuckte er wütend aus und ging ins Haus.
>Kann ich sie bitte umarmen?<
>Nein.< Ich schaute nicht von Haley auf. Gedämpft hörte ich sie meinen Namen sagen. Wie süß sie war. Wie hübsch sie war. Kam mir vor, als wäre sie gewachsen. Hatte ich wirklich soviel verpasst? >Hast du den Brief bekommen?< Ich nickte. >Glückwunsch zu dem Stipendium.<, murmelte er. Es hörte sich nicht so an, als wäre er wirklich glücklich darüber.
>Danke... Bitte, Dad. Sie weint doch.<
>Nein.< Er verschränkte die Arme vor der Brust. >Dieses Leben ist Sünde. Diese Beziehung mit... Reese ist Sünde.< Er sprach seinen Namen aus, als würde es ihm wehtun. Haley war so süß. So hübsch. Ihre Haare waren doch eindeutig länger. >Der Herr akzeptiert so etwas nicht.<
>Rede nicht über den Herren. Du hast uns grün und blau geprügelt, hast getrunken und Mum betrogen. Was denkst du, wo das auf einer Skala stehen würde, huh?<
Mit Augen in Form von Schlitzen starrte er mich an. Er kam einen Schritt auf mich zu, sodass wir direkt voreinander standen. >Sprich nicht so mit mir. So sehr ich mich auch dafür schäme, bin ich noch immer dein Vater. Ohne mich, wärst du nicht hier. Und sprich auch nicht so über den Herren, denn ohne ihn, bist du nichts.< Ich wendete meinen Blick ab. >Ich habe ein Angebot für dich. Ein Ultimatum.< Da blickte ich wieder auf. Ein Ultimatum? >Ich gebe dir die Chance, wieder zurück in die Familie zu kommen.< Meine Mundwinkel hoben sich an, aber der Gesichtsausdruck, den er trug, verunsicherte mich. >Deine Mutter hat mit mir gesprochen. Sie hat mich umgestimmt und ich bin nicht willens, dich jetzt schon aufzugeben.< Vielleicht hatte er das nett gemeint, aber der Ton... Als würde er mich hassen. Und etwas sagte mir, dass er mich wirklich, irgendwo hasste. Irgendwo verachtete er mich. Ich wusste es. >Du darfst dich entscheiden, ob du weiter hier bleibst ...< Er blickte zum Haus und verzog angeekelt sein Gesicht. >... oder zurück nachhause kommst.< Ich wollte gerade sagen, dass ich zwar hierbleiben aber wieder meine Familie sehen wollte, da hob er seinen Finger und brachte mich damit zum Schweigen. >Wenn du... aber wieder zu uns zurück kommst, wirst du nie wieder...< Er beugte sich zu mir vor. >Nie. Wieder... ein Wort mit ihm wechseln. Egal auf welche Weise, ich werde nicht akzeptieren, dass du Kontakt mit ihm aufnimmst oder mit irgendeinem seiner Verwandten.< Abschätzend starrte er mich an.
Meine Augen hatten sich mit jedem Wort, dass er gesagt hatte geweitet. Obwohl ich größer war, als mein Vater, fühlte ich mich in diesem Moment unglaublich klein. >Das... Dad, ich liebe ihn. Ich will ihn nicht verlieren. Er bedeutet mir... Wie... wie kannst du mir das antun?<, fragte ich ungläubig. Meine Stimme wurde schwach. Warum musste er ihn mir wegnehmen? Warum tat er mir das an?
>Wie ich dir das antun kann?< Er schnaubte. >Du wirst mir danken, wenn du erst einmal geheilt bist.<
>Geheilt?<
Er nickte. >Ich habe Priester gefunden, die sich zur Verfügung gestellt haben, um diesen Fluch von dir zu nehmen. Du wirst keine Sekunde mehr an ihn denken. Sei dankbar für diese Möglichkeit, die ich dir gebe. Nicht viele Väter geben ihren Söhnen diese Chance, nachdem siediese so an der Nase herumgeführt haben.<
>Du kannst mich nicht heilen. Ich bin nicht krank, Dad. Bitte, tu mir das nicht an. Du kannst doch nicht... ?<
Er trat von mir weg. >Ich gebe dir bis Sonntag Zeit. Um 18Uhr ist der Priester hier. Entweder bist du dann auch hier und lässt dich heilen oder du wirst bedingungslos von uns abgeschottet.<
>Dad, ich...< Er brach mir das Herz. Er tat mir weh. Er zwang mich dazu, mich zwischen der Liebe meines Lebens und meiner Familie zu entscheiden. Wieso...?
Er schüttelte den Kopf. >Wir sehen uns dann am Sonntag. Hoffentlich kann ich bis dahin wieder mit Stolz von dir als meinen Sohn sprechen.< Ohne einen weiteren Blick auf mich zu werfen, ging er um den Wagen herum und öffnete die Tür. Da konnte ich Haleys Weinen wieder lauter hören.
>Ricky!<, rief sie. Die Tränen waren versiegt. Sie schluchzte jetzt nur noch und hatte einen Schluckauf bekommen. >Ricky, komm...<
Ich winkte ihr nur wieder zu. Nichts hätte ich lieber gemacht, als sie in den Arm zu nehmen, aber Dad stieg ins Auto und fuhr los. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihnen nachzuschauen.
Keine Ahnung, wie lange ich noch draußen stand und auf das Gras vor meinen Schuhspitzen starrte. Irgendwann bekam ich das Gefühl für meine Glieder wieder und ging zurück ins Haus. Ich ignorierte meine tropfende Hose, als ich ins Haus trat. >Hey, Rick. Du machst den ganzen Boden nass.<, beschwerte sich Sandra aus dem Esszimmer, aber ich ignorierte das und ging die Treppen hoch ins Bad. Schweigend schloss ich die Tür ab, zog mich aus und stellte mich unter das prasselnde warme Wasser der Dusche. Und da brach die Panik auf mich nieder.
WAS SOLLTE ICH TUN?!
Zwischen mir und Reese war alles perfekt. Wir liebten uns und wollten für immer zusammen sein. Und jetzt? Es musste doch offensichtlich sein, wie viel Reese mir bedeutete. Ich hatte meine Familie aufgegeben! Er zwang mich dazu, mich zu belügen. Und wie lange würde das dann laufen? Sollte ich mein ganzes Leben lang so tun, als würde ich nicht die ganze Zeit an Reese denken und jede Minute mit ihm verbringen wollen? Wie konnte er mich dazu zwingen, mich selber auf diese Weise anzulügen? Wollten Eltern nicht eigentlich, dass ihre Kinder ehrlich zu sich selber sind? Das sie stolz... ? Hasste und verachtete er mich so sehr, dass er mir das antun musste, um sich gut zu fühlen?
Ich fuhr mir durchs Haar und schloss meine Augen. >Baby? Ist was passiert? Lass mich rein?... Ist das wegen deinem Vater?<, hörte ich Reese draußen fragen.
Wortlos starrte ich auf die weißen Kacheln vor mir. Nie in meinem Leben war ich glücklicher gewesen, als mit Reese. Er war was ich wollte. Was erwartete er von mir? Sollte ich jetzt einfach nachhause kommen und... studieren, heiraten, Kinder kriegen und seine Firma übernehmen? Einfach so?
Aber...
Das ist meine Familie. Haley. Gott, Haley! Wie sie geweint hat. Ich vermisste sie. Ich vermisste meinen Bruder und meine Mutter. Und ich vermisste auch meinen Vater. Die quietschige Stimme von Spongebob am Morgen. Josh, der Bücher lesend am Frühstückstisch saß. Mum, die nicht aufhören konnte, zu kochen und Dad. Dad. Gott, plötzlich tat alles weh. Mein Kopf schmerzte. Mein Magen schmerzte. Alles tat weh. Und ich wollte einfach nur, dass alles gut war. Das mein Vater Reese mochte und wir zusammen sein konnten und...
Gott, ich fühlte mich wie ein Kind vor Weihnachten. Wünschte mir einen Traum her.
Ich kam erst am Abend raus. Ging direkt in Reese' Zimmer und legte mich in das Bett. Meine Gedanken kreisten um das Ultimatum herum. Sonntag. Bis Sonntag. Das waren drei Tage. Drei Tage in denen ich entscheiden musste, ob ich Reese im Stich lassen sollte oder meine Familie.
>Hey.< Ich drehte mich auf den Rücken und sah auf zur Decke. >Willst du reden?<, fragte Reese. Ich verneinte. >Komm, setz' dich auf.< Ich tat, wie gesagt und sah zu, wie Reese sich vor mich setzte. >Was ist passiert?< Kopfschüttelnd zog ich meine Beine an. Er lächelte etwas. >Vielleicht kann ich dich ja ablenken.< Er kroch über das Bett zwischen meine Beine und schlang seine Arme um meinen Nacken.
>Hör auf.<
>Komm schon. Du sagst doch immer, dass du mich so scharf findest.< Er liebkoste meinen Hals abwärts.
>Reese, hör auf.<, murmelte ich. Ich wollte jetzt nicht angefasst werden.
Doch er hörte nicht auf und streichelte meinen Oberschenkel, bis hoch zu meinem Schritt. >Ich geb dir nur einen Kuss und dann kannst du entscheiden, ob du es wirklich...<
Ich schubste ihn von mir. >Hör auf!< Wütend stieg ich vom Bett. Was, wenn ich schon am Sonntag von Reese getrennt war? Was, wenn ich schon am Sonntag meine Familie endgültig verloren hatte? >Fass mich nicht an, verstanden? Geht es dir nur darum? Nur um den Sex? Ist das alles, was du von mir willst? Bedeute ich dir so wenig?<
Verblüfft blinzelte er, dann tauchte der amüsierte Ausdruck ins einem Gesicht wieder auf. >Du siehst schon ziemlich gut aus.< Genervt verdrehte ich die Augen und schlüpfte in meine Schuhe. >Das war ein Scherz. Hey, was ist denn los?...< Ich schlug seine Hand von mir, als er mich an der Schulter antippen wollte. >Was machst du denn? Was hat der Arsch wieder gemacht, huh?<
Ruckartig drehte ich mich zu ihm um, sodass er überrascht zurückschreckte. >Rede nicht so von ihm. Er ist noch immer mein Vater und ich liebe ihn. Egal, was du sagst.<, knurrte ich und stürmte dann mit meiner Jacke aus dem Zimmer.
>Richard? Rick, es tut mir leid! Jetzt...<
Ich stampfte die Treppen herunter und ging aus dem Haus. Mit dem Auto fuhr ich los. Mir wuchs das alles gerade über den Kopf.
Mr. Jenkins, Bens Vater, öffnete mir die Tür. >Hi, Richard. Komm rein.< Dankend trat ich ein. >Du willst wahrscheinlich zu Benjamin oder?<, fragte er. >Er ist oben.<
Ich nickte. >Ja, danke.<
>Seine Freundin ist aber da, also...< Mr. Jenkins zwinkerte mir zu.
Lächelnd trat ich die Treppen hoch, blieb aber auf halbem Wege stehen und drehte mich zu ihm um. >Mr. Jenkins?< Er drehte sich zu mir um und hob eine Braue an. >Wie finden Sie Jack?<, fragte ich ihn.
>Jack?<
>Ehm... Ich meine Jacky. Jaqueline.<
Er atmete auf. >Ihr nennt sie Jack?< Ich nickte. >Charmant. Nun ja, am Anfang war ich nicht sehr begeistert. Die Art, wie sie sich kleidet...< Er schmunzelte. >Aber sie ist eine sehr intelligente, humorvolle, junge Frau und sie tut ihm gut, also...< Er zuckte mit den Schultern. >Mir soll's recht sein.<
Ich lächelte. >In Ordnung. Ich geh dann mal.<
Das war nicht zu vergleichen. Jack war ja immer noch eine Frau, aber...
Ich öffnete die Tür zu Bens Zimmer und sah auf einen nackten, weiblichen Rücken, mit rosanen Wellen, die bis zur Mitte reichten, und einem sehr hübschen Hintern im knappen Tanga, der sich wie eine Schlange vor Bens glühendem und erregtem Gesicht windete. Plötzlich fielen seine Augen auf mich. >Oh mein Gott, Rick! Verschwinde!<, rief er laut. Lachend schlug ich die Tür zu. Ein paar Sekunden später hörte ich Ben fluchen. >Komm rein, du Arsch.< Ich trat wieder ins Zimmer. >Du hast mir ein bisschen zu lange gebraucht, um wieder rauszukommen.<, murmelte Ben. Jacky lag unter der Decke und zwinkerte mir lächelnd zu. >Mach das nicht.< Er stupste sie an und blickte dann zu mir. >Was führt dich hier her, in mein Freudenhaus?<, fragte er.
>Mein Dad war bei mir.<
Er sah mich an. >Was?<, fragte er plötzlich.
>Er...<
>Warte mal.< Er stieg aus dem Bett und schlüpfte in Hose und Shirt. >Was wollte er denn?< Seufzend setzte er sich auf die Bettkante. Jack schlang von hinten ihre Arme um ihn herum und lehnte ihren Kopf an seine Schulter.
Ich setzte mich auf den freien Stuhl am Schreibtisch. >Ich soll mich zwischen meiner Familie und Reese entscheiden.<
Die zwei Augenpaare vor mir weiteten sich. Jack hob die Decke über ihr Brust und beugte sich ungläubig vor. >Du sollst dich entscheiden? Also wenn du dich für Reese entscheidest, scheißt deine Familie auf dich?<, fragte sie nach. Ich bejahte. >Wie asozial. Mann, ich versteh euch Spießer nicht. Jetzt darf man sich nicht mal mehr aussuchen, mit wem man vögelt.<
Ben schnaubte. >Wen nennst du denn hier Spießer? Ricks Dad ist da eine ganz andere Nummer, dass...< Sein Blick fiel auf mich und er verstummt. >Tut mir leid, Alter. Was willst du jetzt machen?<
Ich zuckte mit den Schultern. >Keine Ahnung. Ich hab bis Sonntag Zeit und... Ich weiß nicht, was ich tun soll. Das ist doch meine Familie. Ich meine, Haley und Josh und Mum.< Hilflos beugte ich mich vor und stützte meine Ellenbogen auf meine Knie.
>Da musst du noch nachdenken? Was willst du mit deinem Dad, der dich dazu zwingt ein anderes Leben zu führen, Richard? Bleib bei Reese, bei ihm kannst du wenigstens du selber sein. Bei so einem Scheiß, darfst du nicht mitmachen. Wenn du jetzt nachgibst, hast du dich verloren.<, lamentierte Jacky.
>Süße, so einfach ist das nicht. Seine Familie besteht ja nicht nur aus seinem Vater. Was ist mit der kleinen Schwester. Haley braucht dich, Alter, und dein Bruder auch. Und dein Vater dreht noch richtig am Rad, wenn ihn niemand zurückhält. Das...<
Verwirrt sah ich zwischen den beiden hin und her. Jacky seufzte. >Man kann doch sein Leben nicht wegen der Familie aufgeben. Familie ist wichtig, aber nicht wichtiger, als das Leben selbst.<, brummte sie, schlang einen Arm um ihre Brust und stand auf. Nur bekleidet in ihrem Höschen.
>Du bist so ein Flittchen.< Sie hob Ben den Mittelfinger entgegen. Ich konnte nicht anders, als zu Benji zu schauen und anerkennend zu nicken. Er grinste breit und nickte zustimmend zurück. Jacky hatte eine sehr feminine Figur. Große Oberweite, schmale Taille, weibliche Hüften und lange Beine. Sie hatte ein Bauchpiercing und ein Tattoo unter der Brust. Es waren drei kleine Herzen. >Willst du hier pennen?<
Ich schmunzelte. >Wenn ich eure romantische Stimmung nicht störe...<
>Hier ist nichts romantisch.<, brummte Jack und streifte sich einen Pullover über.
>Dann kann er ja auch hier schlafen.< Damit warf sie sich zu ihrem Freund ins Bett und schlang ihre Arme um ihn herum, während ich meine Jacke abwarf und raus in den Flur ging, um die Matratze zu holen.
Es dauerte kaum eine halbe Stunde und ich lag flach neben dem Bett, in dem die Turteltäubchen am Herummachen waren. >Gäbe es die Möglichkeit, dass ihr für 15 Minuten die Finger voneinander lasst, damit ich schlafen kann?<
>Ah-ah.<, seufzte Jacky lustvoll, was wohl „Nein“ heißen sollte. >Der ist aber groß.<, kicherte sie.
>Oh Gott.< Ich packte mir die Decke und ging zur Tür. >Viel Spaß noch.<
>Ich habe vom Mond gesprochen.<, kicherte sie weiter.
>Ja, genau. Gute Nacht, Leute.< Lächelnd ging ich aus dem Zimmer und wollte gerade die Treppen runtergehen, als mein Augenmerk auf Judys Zimmer zum Liegen kam. Die Tür war angelehnt und ich konnte sehen, wie sie mit Ohrstöpseln im Ohr auf dem Boden saß und an irgendetwas schrieb, während sie leise mitsang. Sie tanzte im Sitzen mit. Lächelnd stellte ich mich an die Tür und schob sie auf. Ich erinnerte mich noch, wie Judith mir den Walzer beigebracht hatte. Sie ein Stöpsel, ich einen Stöpsel. Das war auch das erste Mal, dass ich sie geküsst hatte.
In dem Moment sah sie zu mir auf. >Hi.<, begrüßte sie mich. Ein schüchternes Lächeln lag auf ihren Lippen.
>Hi.< Ich trat ein und setzte mich auf das Bett. Sie drehte sich zu mir um und zog die Hörer aus den Ohren. >Die beiden sind ordentlich am knattern.<
Schnaubend fuhr sie sich durchs Haar. >Diese Jaqueline.<, giftete sie.
>Du magst sie nicht?<
>Ich könnte sie mögen, wenn sie nicht so freizügig wäre. Das ist doch...< Ich räusperte mich. Lachend öffnete sich ihre Mund zu einem „O“. >Was willst du damit sagen?<
>Gar nichts.< Ich legte die Decke auf den Boden und rutschte bis nach hinten an die Wand. >Nur, dass ich dich in meinem ganzen Leben nur zwei Mal eine vollständige Jeans habe tragen sehen.<
Sie warf mit einem Stift nach mir. >Das sagt überhaupt gar nichts über mich aus.<
Glucksend fuhr ich mir durchs Haar. >Keine Sorge, ich kenne dich genug, um sagen zu können, dass du in Ordnung bist.< Ihr Lächeln verrutschte. >Also...<
>Ich... liebe dich, Richard.<
Oh, scheiße.
>Keine Angst, ich werde dich nicht anspringen.<, schmunzelte sie und sah zu Boden. Sie errötete. Noch nie hatte ich Jude rot werden sehen. >Dein Dad meinte, er würde das mit dir klären und dass wir beide uns wieder einrenken. Hat... ?< Deshalb also? Darum ging es ihm also? Ich sollte Judith heiraten? Er würde mich doch an jedes weibliche Wesen verheiraten, solange Reese am anderen Ende der Welt war.
Bilder von Haley tauchten in meinen Gedanken auf. Ich würde ihre Geburtstage verpassen. Und nicht nur ihre, sondern auch Joshs. Ich würde sie verlieren, bis sie erwachsen genug waren, um aus dem Haus zu verschwinden. Und... wer wusste schon, was mein Vater ihnen bis dahin alles eingetrichtert hatte. Ich war mir sicher, dass er zuhause nicht sonderlich gut von mir sprach. Vielleicht konnte Josh das ignorieren, aber meine kleine süße Haley, die noch nicht mal in der Schule war. Konnte sie seine Worte einfach so...?
Nie im Leben würde ich es überleben, wenn Haley mich hasste.
Und... Judy war doch eine Freundin. Ich mochte sie. Ich verbrachte gerne Zeit mit ihr.

Über was dachte ich hier gerade nach?!
>Ja, ich soll Reese verlassen und...<
Sie stellte sich auf ihre Knie. >Das ist doch perfekt, Richard. Du weißt selber ganz genau, dass das niemals funktioniert hätte. Wir beide...< Sie zeigte auf mich und dann auf sich selber. >... gehören zusammen. So war es die ganze Zeit gedacht.< Langsam stand sie auf und kam auf mich zu.
Ich bekam es mit der Angst zu tun, denn... Ich spürte, dass Zweifel in mir aufstiegen.
Nein, ich liebe Judy nicht. Ich liebe Reese. Und ich gehörte mit ihm zusammen, aber... Ich hatte nur diese einzige Chance, um meine Familie zurückzubekommen. Diese Einzige. Ich liebte meine Familie. Die Zeit ohne sie war schrecklich gewesen. Auch wenn ich glücklich mit Reese war, sie fehlten.
>Und ich meine, ich bin doch nicht so ein schlechter Griff oder?<, fragte sie. Mit einem Ruck war das Oberteil weg.
Sie war sehr hübsch und sinnlich, aber... sie war nicht Reese.
>Denk an deine Familie, Rick. Ich kenne dich als Familienmensch. Haley, Josh, deine Mutter und dein Vater.< Sie setzte sich auf meinen Schoss und sah mich eindringlich an. >Du kannst sie nicht im Stich lassen, Richard.<, flüsterte sie und beugte sich langsam zu mir vor.
Sie hatte Recht. Sie hatte Recht! Ich konnte meine Familie nicht im Stich lassen. Sie waren alles, was ich hatte. Sie waren mehr, als alles, was ich hatte. Ich wollte am ersten Schultag meiner Schwester dabei sein. Ich wollte meinem Bruder dabei zusehen, wie er erwachsen wurde. Ich wollte, dass meine Eltern stolz auf mich sind. Und wenn Judith der einzige Weg war... Was blieb mir dann anderes übrig?
Nur der Gedanke, Reese zu verlassen, riss mir das Herz aus der Brust, doch wie konnte ich auch nur wagen, meine Familie zu verlassen. Wieder. Mein ganzes Leben lang waren sie meine erste Priorität. Der Sinn meines ganzen Lebens und jetzt... ?
Judys Gesicht kam mir immer näher. Ihre Lippen. Sie waren voll und rosig und ein leichter Schimmer lag auf ihnen. Wo war der Ring? Der dünne, silberne Ring, der die Unterlippe in zwei Hälften aufteilte. Der dünne, silberne Ring, der gegen meine Lippen drückte. Der ein harter und kalter Kontrast war zu einem weichen und warmen Kuss.
>Nein.< Ich zuckte zurück. >Nein, Jude, das funktioniert nicht. Ich... muss hier weg. Bitte.<
Sie packte mich im Nacken und zog mich mit einem Ruck an ihre Lippen. Vollkommen überrumpelt erstarrte ich. >Rick.< Schwer atmend löste sie sich von mir, aber nur soweit, dass sie mir in die Augen sehen konnte. >Du weißt, wohin du gehörst.<
Wohin gehörte ich?
Für mehrere unendliche Sekunden lang starrte ich sie an.
Wohin gehörte ich? Wer war ich? Und was zum Teufel war richtig und was falsch? Mein  ganzes Weltbild stand Kopf. Ich war verwirrt bis ins Innerste und verletzt und wütend und traurig und...
Ich liebte Judith nicht. Ihr Aussehen war mir egal. Und unsere Vergangenheit interessierte mich einen Scheißdreck, aber in diesem Moment fasste ich einen Entschluss.
Ich schlang meine Arme um ihre Hüfte und zog sie an meine Lippen. Mit einem überraschten Aufatmen ließ sie zu, dass ich sie unter mich auf das Bett drückte. Judy schmeckte anders. Ihr Geruch war anders und wie sie sich bewegte. Die Art wie sie seufzte und stöhnte gefiel mir nicht. Es fühlte sich falsch an sie so intim zu berühren.
>Ich... ich geh jetzt.<, murmelte ich und löste mich von ihr.
Sie schüttelte den Kopf und zog mich zu sich. >Komm schon. Du hast mich schon geküsst. Wir können es jetzt auch ganz durchziehen.< Sie machte Anstalten ihren BH zu öffnen.
Ich sah sie an. Sie kam mir so verzweifelt vor. Was tat ich ihr da an? Ich spielte mit ihren Gefühlen. >Judith, ich liebe dich nicht.<
Sie lächelte etwas. >Wir haben Zeit.<
Zeit? Niemals könnte ich sie lieben. Nicht mit Reese in meinem Herzen.
>Ich gehe jetzt.<, brummte ich und ging raus. Ich hatte auch keine Lust mehr hier zu übernachten, weshalb ich aus Bens Zimmer, in dem er und seine Freundin schliefen, meine Jacke und Schuhe holte und dann das Haus verließ.
Im Auto sitzend dachte ich an meine Eltern und meine Geschwister. Dachte an das Grillfest, dass wir letztes Jahr zusammen mit den Jenkins hatten. Die Tage davor waren stressig gewesen. Dad und ich hatten uns gestritten. Die Stimmung war dementsprechend gedrückt gewesen. Ich weiß noch, dass Judy die ganze Zeit auf meinem Schoss saß. Unsere Eltern belächelten es.
An der Haustür zu Reese' Haus blieb ich stehen. Minutenlang schaffte ich es nicht den Henkel anzufassen. Jede Sekunde, in der ich wartete, war meine Sekunde mehr, die ich mit Reese als meinen Freund verbringen konnte.
Doch irgendwann musste ich rein. Widerwillig schob ich die Tür auf. Im selben Moment ging oben seine Zimmertür auf. Er starrte mich an und kam gleich darauf die Treppen runter. >Du Arsch! Wo warst du, verdammt? Ich habe mir solche Sorgen gemacht.< Er schlang seine Arme um mich herum. >Tut mir leid, was ich über deinen Vater gesagt habe. Es ist nur...< Schüchtern sah er zu mir auf. >... ich habe Angst, dass er dich mir wegnimmt.<
>Es... Ist schon gut. Ich möchte einfach nur schlafen.<, nuschelte ich und ging an ihm vorbei die Treppen hoch.
>Rick?< Ich sah mich um. >Was hat dein Dad gesagt?< Ich schüttelte den Kopf und ging hoch ins Zimmer. Das Bett in dem wir uns so oft geliebt hatten. Die Hunde. Nieve, unsere Tochter. Die Gitarre. Ich setzte mich an den Schreibtisch. >Was ist denn los?<, fragte er und schloss hinter sich die Tür. >Du bist so komisch, seit dein Vater hier...<
>Es ist nichts.< Ich zog mich um und sah auf Reese runter. Er lag schon im Bett und wartete auf mich. Wie konnte ich mich zu ihm legen, wenn doch am Sonntag...? Ich schüttelte den Kopf. >Ich glaube, ich schlafe unten.<
Reese packte meine Hand, bevor ich zur Tür kam und setzte sich auf. >Richard, was ist los? Sag es mir. Du...< Seine Finger sanken von meinem Arm. >Ich mache mir Sorgen.<
Es tut mir so leid, Reese.
Ich wandte meinen Blick ab. >Gute Nacht.< Damit verließ ich das Zimmer und legte mich auf das Sofa. An Schlaf war nicht zu denken.
Schuldgefühle machten mir es schwer, meine Augen zu schließen. Geschweige denn, mich soweit zu entspannen, dass ich einschlafen konnte.
Reese lag oben, grübelte wahrscheinlich über mein dummes Verhalten, während ich hier unten lag und mich darauf vorbereitete alles zu zerstören, was wir in der letzten Zeit aufgebaut hatten. Ich sah auf den Ring an meinem Finger. Er glänzte im warmen Licht der Lampe und beschimpfte mich dafür, dass ich die Liebe meines Lebens hinhielt und verarschte.
Ich konnte nicht hierbleiben. Das funktionierte nicht. Es wäre falsch und...
>Mr. Saubermann.< Ich drehte mich zu Stephania um. Seine Mutter. Sie fehlte mir gerade noch. >Was machst du hier? Solltest du nicht oben bei meinem Sohn sein und Unzucht treiben?< Ich schnaubte. Sie setzte sich an das Ende des Sofas, zog ihren Morgenmantel enger um ihren Körper und lehnte sich gähnend zurück. >Was ist los?<, fragte sie.
Ich schüttelte den Kopf und zog meine Beine an. >Nichts, bin gerade nur nicht müde.<
Sie hob eine Braue an. >Ach, ist das so?< Ich nickte. Unglaublich wie einschüchternd sie war. Obwohl sie mindestens 10cm kleiner war als ich, schien sie größer und kraftvoll. Reese sah ihr sehr ähnlich. Sie beide hatten ein rundes Gesicht und wenn man genau hinsah, konnte man sehen, dass auch sie zarte Sommersprossen hatte. >Und warum sitzt mein Junge dann oben deprimiert auf seinem Bett und muss sich von Nieve und Barko trösten lassen?<
Scheiße.
>Keine Ahnung. Vielleicht geht es ihm nicht gut.<
>Und warum schläfst du hier?< Ich zuckte mit den Schultern. >Richard, mach es uns beiden nicht so schwer.< Seufzend sah ich sie an. >Reese sagte mir, dass dein Vater heute da war...<
Ich nickte. >Er...< Ich stützte meine Arme auf meinen Knien ab und lehnte meine Stirn dagegen. >Er hat gesagt, dass ich zurückkommen darf, wenn ich Reese verlasse.<, murmelte ich und wartete ab. Sie sagte nichts, weshalb ich zu ihr aufsah.
Sie sah traurig aus. >Du solltest zu deiner Familie zurückgehen.< Meine Kinnlade klappte herunter. War ich so unausstehlich? Mein Gesichtsausdruck musste Bände sprechen, denn sie lächelte und schüttelte den Kopf. >Ich hasse dich nicht. Ganz im Gegenteil, Richard. Du bist gut für Reese. Sehr gut und ich weiß, dass du ihn liebst, aber...< Sie legte ihre Beine schräg auf das Sofa und atmete kopfschüttelnd durch. >... deine Familie ist deine Familie, Richard. Ich würde von Reese auch erwarten, dass er zu uns kommt, wenn ich seinen Partner nicht akzeptierte.<
Ich nickte. >Ich will ihn nicht verlieren.<, flüsterte ich.
Lächelnd winkte sie mich zu sich heran. Ich rutschte zu ihr herüber und ließ mich von ihr in den Arm nehmen. Erbärmlich wie ich mich an sie lehnte und sie ihren Arm um meine Schulter legen ließ. Sie zog mich an sich und tätschelte liebevoll meine Schulter. >Ich will nicht, dass du Reese verletzt, aber ich will auch nicht, dass du deine Familie verlierst. Familie ist wichtig. Das wichtigste.< Ich schloss meine Augen. >Du liebst doch deine Eltern und deine Geschwister.< Ich nickte. >Und wenn du erst mal ausgezogen bist, kannst du richtig auf die Kacke hauen.<
Ich lachte leise auf und richtete mich auf. >Schön wäre es. Wenn du wüsstest, in was für einer Familie ich lebe...< Erwartungsvoll hob sie die Braue an. >Ich werde niemals „auf die Kacke hauen“ können. Wenn ich zurückgehe, werde ich nie wieder irgendwas machen können. Dann werde ich „Ja“ und „Amen“ sagen müssen, zu allem, was mein Vater von mir verlangt.< Ich rieb mir das Nasenbein. >Das ist nur so frustrierend. Ich habe jetzt Reese und bin so unglaublich glücklich und jetzt kommt mein Dad und zerstört mir alles, weil er nicht von dieser dummen Meinung ablassen kann. Ich versteh nicht, wie er mir das antun kann. Ist es denn so schlimm? Das... das ich ihn liebe. Ist das...?< Ich schloss die Augen.
>Es ist nicht schlimm. Nicht im Geringsten. Ihr beide seid so gut füreinander.< Sie küsste mich auf die Stirn und lächelte mich an. >Jetzt tu, was dir gut tut, Richard.<, riet sie mir und stand auf. >So. Ich gehe jetzt schlafen und du solltest auch schlafen.< Noch einmal fuhr sie mir mit den Fingern durchs Haar. >Gute Nacht, Junge.<
Sie ließ mich alleine. Ich legte mich auf die Seite, zog die Decke über meine Brust und starrte einfach auf den dunklen Bildschirm des Fernsehers.
Alles aufgeben, um alles zu kriegen.

Kapitel 25

Der nächste Tag war für mich die Hölle. Stephania hatte mich angelächelt, als sie die Treppen runterkam zum Frühstück machen. Sandra ging dann los arbeiten und Reese mit den beiden Hunden Gassi. In der Zeit begann ich meine Sachen zu packen.
Der Blick in den Kleiderschrank, der zu „unserem“ geworden war, war schwerer als gedacht. Unsere Sachen lagen durcheinander. Keine Grenzen zu erkennen. Keine Grenzen vorhanden. Dieses Zimmer war „unseres“ geworden.
Wie konnte ich ihn verlassen?
Wie konnte Dad mir das antun?
Jedes T-Shirt kostete Mühe. Ich warf Stück für Stück alles in die Taschen und versuchte krampfhaft den inneren Drang, alles wieder auszupacken, zu unterdrücken. Ich vermisste ihn jetzt schon. Wie sollte ich das in den nächsten Jahren schaffen?
War meine Familie das wirklich wert? Ich meine, irgendwo hatte Jacky doch recht. Ich gab mich dabei auf. Ich gab auf, wer ich war.

Wer ich war?
Was redete ich hier? Ich war zu jung, um zu wissen, wer ich war. Hier ging es nicht um mich. Hier ging es um meine Eltern. Meine Geschwister. Bei dieser Sache durfte ich jetzt nicht egoistisch sein. Meine Familie stand an erster Stelle. So wurde ich erzogen und so war es richtig.
Aber warum tat der Gedanke, ihn zu verlassen, so weh?
Ich meine, wir waren doch noch Kinder. Diese Gefühle konnte man nicht ernst nehmen.
>Was... tust du da?<
Ich fuhr zusammen und sah mich zu Reese um. Er stand in der Tür. Unten konnte ich die Hunde bellen hören. Wahrscheinlich wurden sie gerade gefüttert.
Räuspernd zurrte ich den Reißverschluss der zweiten Tasche zu. >Ich... ehm... ich packe.< Seit gestern Nacht hatte ich kein Wort mehr mit ihm gewechselt. Zwischen uns hatte sich eine gedrückte Stimmung entwickelt.
>Wo-... zu? Wo willst du hin? Wieso...?< Sein Gesicht brökelte. Er wusste Bescheid. Er wusste, was das bedeutete. Warum machte er es mir schwer und fragte dennoch? >Richard?< Seine Stimme überschlug sich am Ende. Ich konnte hören, wie er lange und stark durchatmete. >Was... was hat dein Vater zu dir gesagt, Richard?<
Ich nahm die letzte Tasche hervor und fing an auch sie zu bepacken. >Er hat gesagt,... dass ich wieder zurückkommen kann.<, sagte ich so unbekümmert wie ich nur konnte.
>Und jetzt...? Jetzt gehst du...? Du kannst doch hier bleiben. Gefällt es dir nicht hier?<, fragte er. Und das war das erste Mal, dass ich seine süße Unschuld verfluchte. Dort an der Tür wirkte er verlassen und allein. Und zutiefst verletzt.
>Er hat gesagt, ich kann zurückgehen, wenn... wenn ich dich verlasse.<, murmelte ich.
Er schloss die Tür hinter sich und trat an mich heran. >Was? Du...< Wütend stieß er mich an, sodass ich ihn ansah. >Und du verlässt mich jetzt einfach so? Weil er das sagt, gehst du einfach? Warum? Was...? Was habe ich getan?< Ich schwieg, was ihn dazu brachte noch einen Schritt auf mich zuzugehen und mein Gesicht in seine Hände zu nehmen. >Bin ich dir so wenig wert, dass du mich verlässt, wenn dein Vater pfeift?< Sein Ausdruck war zärtlich und liebevoll. Er erwartete jetzt von mir „Nein“ zu sagen, ihn in den Arm zu nehmen und ihm meine Liebe zu beschwören. Nichts wäre mir lieber gewesen, aber das ging nicht mehr.
Ich schob seine Hände von mir und trat einen Schritt zurück. Bemühte mich um ein ernstes Gesicht. >Es geht hierbei nicht um dich oder mich oder uns. Es geht um meine Familie und was sie mir bedeutet. Und... ich werde sie nicht aufgeben. Sie sind mir mehr wert, als...< Ich wendete meinen Blick ab. >... das hier.< Mehrere Sekunden lang blieb es still und Reese starrte mich an, während ich wieder mit dem Packen begann.
>Du gibst uns auf? Du hast selber gesagt...<
>Ich weiß, was ich gesagt habe. Und ich weiß auch, dass du gesagt hast, das Klischees manchmal stimmen und wir beide vielleicht nicht füreinander gedacht sind.< Er atmete hastig. >Wir sind so unerfahren. Woher sollten wir schon wissen, was Liebe ist? Das ist... Wir haben uns da in etwas hineingesteigert. Vielleicht... vielleicht war das auch einfach eine Art Rebellion für mich gegenüber meinem Vater.< Jedes Wort schmerzte tief in mir und ich sah auch in seinen Augen, dass sie ihn verletzten.
>Das meinst du nicht so, Rick. Du liebst mich.< Die Verzweiflung in seiner Stimme war erschütternd. Sonst war er so stark und stur und zum Kampf bereit. Warum musste er unbedingt davon gebrochen werden?
>Ich meine es so. Meine Familie bedeutet mir alles.< Er schüttelte den Kopf und wollte etwas erwidern, aber ich schnitt ihm das Wort ab. >Ich lasse mich nicht umstimmen. Ich werde gehen, Reese. Das war doch von Anfang zum Scheitern verurteilt. Wir...<
>Nein, war es nicht.< Er warf seine Jacke auf das Bett und beugte sich vor, sodass ich sein Gesicht sah in denen seine Rot umrandete Augen leuchteten. >War es nicht. Du. Liebst. Mich. Und das weißt du.< Ich zurrte die letzte Tasche zu und trug sie zur Tür. Reese packte mich aber zuvor am Arm und riss mich zurück. >Bitte, Richard. Du kannst doch nicht wirklich meinen, dass die letzten Monate Müll waren. Was ist mit dem Valentinstag, mit der Prügelei und meinem Geburtstag? Was ist damit?< Er hielt mir meine eigene Hand, an der der Ring blitzte, hin. >Du liebst deine Familie, aber du liebst auch mich.<, bestärkte er.
>Reese,...< Ich spürte, wie ich erweichte, denn seine Augen füllten sich mit Tränen.
>Bitte.<, hauchte er. >Ich habe dir alles von mir gezeigt. Du... du... Ich habe dir alles anvertraut.< Seine Stimme brach zum Schluss. >Bitte, lass... lass mich das nicht bereuen.<
Er sollte es nicht bereuen. Er hatte keinen Grund es zu bereuen, denn ich liebe ihn.
Ich schüttelte leicht den Kopf. >Es geht nicht. Ich muss zurück.<
Die erste Träne lief über sein unteres Lid. >Aber...< Ich spürte, wie meine Augen begannen zu brennen. Der Rand meines Blickes wurde verschwommen. >Ich kann es doch sehen. Ich kann doch sehen, dass du bei mir bleiben willst. Richard, deine Familie kommt zurück. Sie kommen zurück. Gib ihnen Zeit... Bitte, verlass mich nicht.<, bettelte er.
Ich löste seine Hände von mir. >Ich habe ihnen Zeit gelassen, Reese. Sie werden mich verlassen und ich kann nicht ohne sie...< Die Härte entfloh meinem Gesicht. Ich musste sie halten, um nicht rückfällig zu werden. >Ich gehe jetzt.<
Tränen über Tränen. >Du wirst dich dafür hassen, Rick. Du willst das doch nicht. Warum lügst du dich selber an?< Ich wollte gehen, aber wieder kam er mir zuvor und zog mich an sich. Der Kuss war hart und verrutscht, aber die Wirkung umso intensiver. Ich liebte ihn so sehr und das spürte ich jedes Mal in jeder Bewegung. Er war meine große Liebe. Er war es. Ich wusste es. Er war diese Person, die jeder suchte und von der jeder schwärmte. Hier. Direkt vor mir. Und ich durfte ihn nicht behalten. Ich durfte nicht bei ihm bleiben.
Ich drückte meine Lippen an seine und umfing seinen Nacken. >Es tut mir leid. Es tut mir so leid.<, nuschelte ich zwischen den Küssen und presste ihn gegen die Tür. Meine ganze Beherrschung, die ich über den Morgen hinweg aufgebaut hatte, während er weg war, wurde wie vom Winde verweht. Eine Welle erschütterte mich. Meine Augen entwickelten sich zu Wasserfällen. Ich ließ die Last von mir Tropfen. Die Schwere der Schmerzen, ihn verlassen zu müssen. Die Freude, meine Familie wieder haben zu dürfen. Die Trauer, ihn nie wieder lieben zu können. >Es tut mir leid.<
Er schluchzte, wie ein Kind und krallte seine Finger in meinem Oberteil fest. >Bitte, verlass mich nicht. Bitte, Rick. Bitte. Ich liebe dich.<
Ich legte meine Hände an seine Wangen und zwang ihn mir in die Augen zu sehen. >Ich liebe dich auch. Ich liebe dich mehr als alles andere, aber es geht nicht.< Ich schniefte und fuhr mir mit dem Handrücken über die Wangen. >Es tut mir so leid.< Ich küsste ihn noch einmal. So gut ich konnte, ließ ich all meine Liebe in diesen einen Kuss gleiten. Denn das war der letzte Kuss, den wir jemals teilen würden. Der aller letzte. Der aller letzte für immer. >Ich liebe dich...< Ich lehnte meine Stirn an seine. >... so sehr, Kätzchen. Für immer. Den Rest meines Lebens. Für immer.< Ich zeigte ihm meine Hand, dort wo der Ring war. >Für immer. Ich habe es versprochen.< Meine Stimme verfiel zum Ende hin in ein zittriges, weinerliches Flüstern. Grob packte ich ihn an den Schultern und schob ihn von der Tür. Ich musste alle Kraft aufnehmen, um die Tür aufzuschieben und die Treppe runterzugehen.
Hinter mir weinte Reese immer noch. >Rick.<, bettelte er. >Komm zu mir zurück.< Ich wischte mir die aufkommenden Tränen wieder ab, schloss meine Augen und atmete durch. Es war in der Luft zu schmecken, wie seine Laune sich veränderte. Er wurde wütend. >Dann geh! Geh und kriech' deinem scheiß Vater in seinen scheiß Arsch! Fick...< Ein Heulen erschütterte. >Fick dich!< Ich hörte etwas rascheln. Als ich zurückblickte, war er in seine Knie zusammengefallen und hatte sein Gesicht in seinen Händen versinken lassen. Am liebsten hätte ich das Gleiche getan. Die Taschen auf meinen Schultern, schienen Tonnen zu wiegen. Mich runter zu ziehen, aber ich durfte nicht nachgeben. Meine Familie zählte auf mich.
Unten an der Tür blieb ich stehen und sah zu Stephania. Sie lehnte mit den Armen vor der Brust verschränkt gegen den Herd. Ihre Wangen glänzten feucht. Ich nickte schweigend und ging.
Die Fahrt zurück war ein Kampf. Immer wieder verdeckten Tränen meine Sicht und ich musste sie wegwischen. Ich hatte ihn verloren. Ich hatte ihn verloren. Verloren.
>Scheiße.<, fluchte ich. >Scheiße! Scheiße! Scheiße!< Ich schlug auf das Lenkrad. Drückte auf das Gaspedal und kämpfte gegen die Tränen an. Ich hatte mir geschworen, nicht mehr zu weinen. Nie wieder. Tränen waren Schwäche, aber jetzt ging es nicht anders. Jeden Meter, den ich zwischen mich und Reese brachte, war ein weiteres Stück meines Selbst, das ich verlor.
Das Glück, meine Familie wieder zu haben, war nicht im geringsten so groß, wie erhofft.
Ich parkte am Straßenrand vor dem Haus und stieg aus. Mit den Taschen auf den Schultern lief ich zur Haustür. Noch einmal trocknete ich mein Gesicht ab, atmete durch und schüttelte meinen Kopf. Zögernd klopfte ich an. Es dauerte ein paar Minuten, dann ging die Tür auf.  Mum stand vor mir. >Richard?< Sie wollte mich in den Arm nehmen, hielt sich aber zurück und sah  sich nach hinten um. >William? Er...<
Mein Dad kam dazu und lächelte stolz. >Ja, unser Sohn ist zurück, Gaby. Komm her.< Er packte mich an der Schulter und drückte mich an sich. Ich sah zu meiner Mutter. Sie erkannte die Trauer in meinem Gesicht. Ich fühlte nichts. Die Freude war erloschen. Da war nichts mehr.
Ihre Mundwinkel sanken. >Richard...<
Bevor sie etwas sagte, nahm ich sie in den Arm. >Hi, Mum.< Meine Stimme war vertrocknet und hart. Kein Gefühl regte sich darin.
>Ricky?!< Die lauten Schritte meiner kleinen Schwester kamen näher. Ich fing sie auf, als sie die letzten drei Schritte herunter gesprungen kam. Fest drückte ich sie an mich und küsste sie auf die Wange. >Ricky, ich habe dich vermisst. Ganz arg!<
Ich nickte und blickte auf, gerade als Josh runterkam. >Kleiner.< Er blickte mich ungläubig an. Ich hatte keine Ahnung, wie ich aussah. Ich hoffte nur, dass mein Tränenausbruch nicht zu sehen war.
>Hey, Richard.< Wir umarmten uns.
>Willkommen daheim, Junge.<, sagte mein Vater und klopfte mir auf die Schulter.
Ich nickte, augenscheinlich dankbar. >Danke, Dad. Ehm... kann ich nach oben gehen? Ich bin echt fertig...<
>Natürlich, mein Sohn. Geh. Geh und ruh' dich aus. Dich von diesem Bastard zu lösen, war mit Sicherheit nicht einfach.< Ich überging diesen Kommentar und lief die Treppen hoch. Betrat mein Zimmer, schloss es hinter mir ab, warf die Taschen auf den Boden und ließ mich auf das Sofa fallen. Keuchend lag ich da, schloss meine Augen und versuchte zu verarbeiten, was ich gerade getan hatte. Mein Körper schien zu wissen, was ich aufgegeben hatte.
Alles.
In meinen Gedanken küsste mich Reese. Sagte mir, dass er sich auf das Festival freute und das wir Spaß haben würden. Er sah auf seine Finger, lächelte beim Anblick seines Rings uns strahlte mich an. Reese streichelte meine Haut. Ich bedeckte seine Haut mit Küssen. Er windete sich unter meinen Berührungen. Wir lachten. Er blutete an seiner Unterlippe. Wir aßen am Lagerfeuer.
Diese Vorstellungen hielten an, bis der Raum dunkel war. Es klopfte an die Tür.
>Richard? Mum hat Abendessen gemacht. Willst du nicht...?<
>Ich habe keinen Hunger.<
Josh klopfte noch einmal an. >Rick? Geht es dir gut?<
>Alles gut, Kleiner, bin nur etwas angeschlagen.<
Haley und Mum versuchten es später noch einmal, aber ich wiederholte nur meine Worte und schmollte weiter.
Ich kam mir krank vor und wie ein kleines Kind.
Gleichzeitig war ich verwirrt und nervös.
Was würde die Zukunft bringen?
Eigentlich wusste ich es, aber ich konnte es nicht glauben. Wollte es nicht glauben.

Die nächsten zwei Wochen verbrachte ich zuhause. Ich verließ mein Zimmer nur, um ins Bad zu gehen oder die seltenen Male zur Küche. Meine Zeit verbrachte ich hauptsächlich damit Reese nach zu weinen. Ich starrte auf die Bilder in dem Rahmen, den er mir geschenkt hatte, und das Bild von uns auf meinem Handy. Mehrere Male überlegte ich mir, wieder abzuhauen. Ich quälte mich nur so über die Tage hinweg. Migräne, Magenschmerzen, Tränen. Migräne, Magenschmerzen, Tränen. Etc., etc. Was für ein Weichei ich doch bin.
>Die Universität, an die wir deine Bewerbung abgeschickt haben. Ingenieurswesen. Du wurdest angenommen. Ich habe schon angerufen und gesagt, dass du dein Studium dort machen wirst. Herzlichen Glückwunsch.< Deshalb hatte er mich also dazu gezwungen, zum Abendessen runterzukommen.
Ich wusste nicht wie ich aussah, aber wahrscheinlich ziemlich scheiße, denn Mum und Josh starrten mich mit offenem Mund an. Haley hingegen war so verängstigt, dass sie sich gar nicht traute mich anzusehen. Mein Vater ignorierte die Schwere in der Luft.
>Ich habe doch das Stipendium für...<
>Das Stipendium war nur ein Plan B. Diese Universität ist hochangesehen und wird dich weit bringen. Sobald du wieder gesund bist, wirst du verstehen.< Ich nickte. Gesund.
Eine Hand legte sich an meine. Ich sollte Wärme spüren, doch da war nichts. Ich sah auf in das Gesicht meiner Mutter. Sie lächelte. >Geht es dir gut, Richard?< Ihre Stimme zitterte. Grüne Augen umrandet von Rot.
Sie hatte mit mir geredet, als wäre ich fremd gewesen. Ich war ihr Sohn, aber ich war ihr nicht genügend wert, um meinem Vater die Meinung zu sagen und mich...
Ich entzog ihr meine Hand, bevor die Wut in meinem Innern sich ausbreitete. Verletzt sah sie auf den Tisch hinunter. >Es geht mir gut.<
Dad nickte. >Na, ist doch gut. Ich bin sehr stolz auf dich, Richard. Ohne Reese...< Ich zuckte unter dem Namen. >... wird es dir besser gehen. Glaub mir. Pastor Frederick hat erst für morgen Zeit gefunden, aber lieber spät als nie, nicht wahr?< Er lachte über seinen eigenen Witz.
Ich hasste diesen Mistkerl so sehr. Er lachte. Lachte, während wir alle erstarrt und unbehaglich vor ihm saßen. >Kann ich bitte hochgehen? Ich... ich habe Bauchschmerzen.<, flüsterte ich.
>Du bleibst, bis wir alle fertig sind.< Ich wusste, was das war. Das war seine Art zu testen, ob ich wieder den Platz einnahm, den ich besetzt hatte, bevor Reese in mein Leben getreten war. Alles wollte ihm widersprechen. Aufstehen und gehen. Zu Reese nachhause.
Aber ich war hierher gekommen, um mein altes Leben zurück zu bekommen.
Mehrere Sekundenlang starrten wir einander an. Fochten einen mentalen Kampf aus, bis ich aufgab. Es gab keinen Grund mehr zu kämpfen. >Entschuldige.<, hauchte ich.
Josh stieß einen entsetzten Seufzer aus, stand auf und verließ hastig das Esszimmer. Dad sah ihm nicht nach, sondern trank mit einem süffisanten Lächeln von seiner Tasse Kaffee. Mum sah noch immer nicht auf und Haley war seltsam leise.

Pastor Frederick kam am Vormittag. Wir vorbereiteten das Wohnzimmer, in dem wir etwas Platz schafften.
>Lasst uns beginnen.<, rief er feierlich aus und breitete die Arme aus. Er senkte vor mir die Hand, was für mich bedeutete mich hinzuknien. Mit den Fingern ineinander verschränkt tat ich das dann auch und schloss meine Augen. >Herr, deine Kinder bitten dich zu dieser schweren Stunde um Hilfe. Richard Krimber wurde besessen von einem Dämon.< Meine Finger bohrten sich in die Rücken meiner Hände. >Er wurde monatelang dazu geführt, seine Familie zu verletzten und sie in tiefes Kummer zu führen.< Ich biss mir auf die Zunge. Presste meine Augen fester zu. >Wir erbitten deine Hilfe, ihm diesen Dämon auszutreiben. Fasst euch bei den Händen.< Josh hatte mich über den Morgen hinweg an geschwiegen, aber sich nicht davor gescheut, mich mit wütenden Blicken zu durchlöchern. Ich wusste nicht, was mit ihm los war. Um ehrlich zu sein, interessierte es mich auch nicht. Mich interessierte nichts mehr. Selbst Haley hatte ich gestern Nacht buchstäblich aus meinem Zimmer verschreckt, als sie danach gefragt hatte, bei mir schlafen zu dürfen.
>“Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und dein Stab trösten mich.“ Schickt eurem Herren nun eure Wünsche für Richard.< Dann blieb es still. Hier und da ein paar geflüsterte Worte. Ich hörte meine Mutter einmal  leise Weinen und Haley in ihrem Zimmer oben singen. >“Vater Unser im Himmel...< Ich schmeckte Blut in meinem Mund. Der Schmerz in meinen Händen hielt mich davon ab, meinen Vater und seinen Priester zu verprügeln. Stattdessen hörte ich verletzt dabei zu, wie mein Dad enthusiastisch das „Vater Unser“ sprach, weil ich krank war. Weil ich vergiftet war.
Das ganze Prozedere dauerte etwas über eine Stunde. Ich wurde mit Weihwasser bespritzt, bekam ein Kreuz an die Stirn gedrückt, wurde geschüttelt und geschubst, während der Priester unsichtbare Gestalten aus mir herauswandern sah. Dad nickte immer zu. Wiederholte ab und an Worte und lächelte, wenn er meinen Blick bemerkte. Lächelte als würde er sagen, „Gern geschehen.“ Ich wollte ihm wehtun. Ich wollte ihm und diesem Heuchler eines Gläubigen wehtun, bis sie nicht mehr sprechen konnten.
Wir behielten Pastor Frederick noch zum Mittagessen bei uns. Er redete stolz von der Sitzung. Sagte immer wieder, „Das war eine gelungene Sitzung. Bete zu deinem Vater. Huldige deinen Herren und er wird dir Frieden schenken.“
Ich nickte nur immer wieder. Beteuerte meine „Säuberung“ und versprach, nie wieder so etwas zu machen.

>Wieso hast du das gemacht?<, fragte er mich in dieser Nacht.
Ich hörte auf mit den Liegestützen und sah zu Josh auf. Training. Training. Training. Meine einzige Beschäftigung. Neben dem geheimen hinterher Weinen von Reese und dem Bilder anstarrten. >Wieso habe ich was gemacht?< Ich setzte mich auf das Sofa und nahm einen Schluck von der Wasserflasche auf dem Tisch.
>Wieso bist du zurückgekommen? Nein..., wieso hast du Reese im Stich gelassen?<, fragte er aufgebracht.
Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf. >Es geht nicht um Reese oder mich oder...< Josh beendete meine erprobte Rede.
>Sieh dich doch nur an, Richard!< Er traute sich so laut zu sprechen, weil Dad nicht hier war. >Hast du dich die letzten Male im Spiegel gesehen? Du trägst einen Ausdruck im Gesicht, als würdest du uns alle umbringen wollen und... Wie du sprichst, dich bewegst... Alles sagt, dass du uns hasst und das du unbedingt wieder zu Reese willst. Hör zu,...< Er trat ins Zimmer und lehnte gegen die Wand. War er so erwachsen geworden in diesen wenigen Monaten? >... es tut mir leid, dass das mit Dad so schief gelaufen ist. Ich habe versucht...< Er sah mich an. >Du stehst doch auf Reese. Ich verstehe nicht, wie du jetzt einfach aufgeben konntest. Damit, dass du wieder zurückgekommen bist, hast du Dad erlaubt, dein ganzes Leben zu bestimmen. Du...< Er war enttäuscht von mir. Fassungslos hob er die Schultern. >Du hast ihn verraten und du hast auch mich verraten, weil ich nämlich an dich geglaubt habe und...<
Ich stand auf, was ihn zum Schweigen brachte. >Ich habe mich entschieden. Für meine Familie. Gegen Reese. Fertig. Aus. Mehr gibt es nicht zu sagen.<, knurrte ich und durchbohrte ihn mit meinen Augen. >Dad hätte nie erlaubt, mich euch sehen zu lassen. Niemals. Ich hätte euch verloren. Alle.< Er schwieg und wandte den Blick ab, denn er wusste, dass ich recht hatte. >Wäre das besser gewesen? Du hättest mich nicht gesehen, bis du ausgezogen wärst. Nein, bis du dein Studium beendet hättest. Und das Gleiche gilt für Haley. Ihr würdet mich bis dahin nicht mehr kennen. Und das findest du besser?...<
Er ballte seine Hände zu Fäusten. >Aber was ist mit dir? Dir geht es nicht gut dabei...<
Ich schüttelte den Kopf und lächelte ihn an. >Das macht mir nichts aus. Du weißt, dass hier jemand gebraucht wird, der Dad zurückhält.< Wir sahen uns an und erinnerten uns an den Tag, als Dad zu hart zugeschlagen hatte.

>Du wirst das nicht noch einmal machen!< Ich saß auf den Treppen und hielt mir die Ohren zu, während Dad Josh in die Mangel nahm. Das klatschende Geräusch seiner Fäuste auf Joshs Haut. Dann hörte ich ihn plötzlich Aufheulen. Josh weinte nie, wenn unser Vater ihn schlug. Nie. Er gab sich immer alle Mühe, um den Mund zu halten. Warum weinte er also jetzt? Dad musste zu hart zuschlagen. Ich sah über den Türrahmen ins Zimmer. Josh kniete weinend vor ihm, während  Dad vornüber gebeugt auf ihn einschlug. Seine Haut war ganz angeschwollen und rot. So war es noch nie gewesen. Was machte er da? Josh hatte doch nur einen Teller fallen gelassen. Aus Versehen. Wieso ging er jetzt so hart mit ihm um?
>Dad?<, fragte ich leise. >Dad, bitte hör auf.<
>Halt deinen Mund oder du bist als nächstes dran!<, brüllte er. Die Adern an seinem Hals waren dick und rot. Sein sonst immer so sorgsam nach hinten gekämmtes Haar, lag ihm strähnig ins Gesicht.
Josh weinte, duckte sich und schützte sich mit seinen Armen. Seine Augen waren geschlossen, während Tränen hervor sickerten. Das war nicht richtig. Das war zu viel. Es war schon immer zu viel gewesen, aber heute war das wirklich zu viel. Ich ging rein und stieß Josh weg. >Dad! Hör auf! Er hat sich doch entschuldigt!<, rief ich laut.
Seine blutunterlaufenen Augen richteten sich auf mich. >Du wagst es...< Da landeten die ersten Schläge auf meinem Gesicht und meinen Schultern. Es tat sehr weh. Besonders der letzte in meinen Magen. Ich hatte das Gefühl mich übergeben zu müssen. Da hörte er plötzlich auf. Josh weinte hinter mir und nahm mich in den Arm, als ich rückwärts auf dem Boden landete. >Allmächtiger im Himmel.<, seufzte mein Vater und ging in die Knie. Er nahm uns beide in den Arm, strich über die geröteten Stellen und küsste uns auf die Stirn. >Es tut mir leid. Verzeiht mir, meine Kinder.<, wiederholte er immer wieder. >Heiliger Geist, bitte erlöse mich von diesem Dämon.<
Das war schon immer seine Entschuldigung gewesen. Dämonen.

>Geh schlafen, Kleiner.< Ich zerzauste ihm sein Haar und schob ihn aus meinem Zimmer.
>Gute Nacht, Rick.<
Ich nickte und fuhr zusammen, denn meine Mutter stand am Treppenabsatz. Mein Gesichtsausdruck wurde hart. Sie weinte. >Es tut mir leid.<, flüsterte sie.
>Gute Nacht, Mum.<, sagte ich nur und schloss die Tür.
Ich war noch nicht bereit ihr zu verzeihen... oder meinem Vater.

Die Tage vergingen und ich fand mich langsam im Rhythmus ein. Ich ließ Haley bei mir schlafen, wenn sie es wollte und spielte mit Josh, wenn er es wollte. Doch meinen Eltern traute ich nicht über den Weg. Ich akzeptierte lediglich ihre Existenz.
Und dann kam mein Geburtstag. Es wurde eine Halle gemietet und geschmückt. Getränke und Essen gab es allemal. Musik wurde gespielt. Die Tanzfläche war rappel voll. Alle meine früheren Freunde waren da und lächelten mich an, als wäre nie etwas gewesen. Gratulierten mir und erzählten mir vom Alkohol, das sie hineingeschmuggelt hatten.
Alkohol. Ich sah auf die Flaschen in ihren Armen. Meine Eltern waren nicht hier. Wäre doch schön, wenn ich meine Kopfschmerzen etwas lindern könnte. Wenn ich die Erinnerungen an Reese lindern könnte.
>Baby.< Judy kam angetänzelt. In ihren kurzen Shorts und dem T-Shirt, mit dem weiten Ausschnitt, sah sie fantastisch aus, aber sie war nicht mehr das Mädchen, dass ich mal gemocht hatte. Ihre bloße Anwesenheit regte mich auf. Letzte Woche war ihre Familie da gewesen. Benjamin war geschockt, als er mich gesehen hatte. Mir war das egal.
Für heute musste ich mich dann aber doch frisch machen. Rasieren, duschen und so weiter.
>Hi, Judy.< Sie schlang ihre Arme um meinen Hals herum und küsste mich. Ihre Küsse erinnerten mich an Reese. Schlicht und ergreifend, weil er besser küsste. >Danke, danke, danke.< Ich schob sie genervt von mir. Meine Augen folgten den Flaschen Wodka. >Wir sehen uns später. Ich muss mal wohin.< Ich ging zu einem meiner Team-Spieler. >Gib mal her.<
Überrascht hob er seine Augenbrauen an. >Was? Du willst trinken?<
>Offensichtlich. Jetzt gib mir den Scheißdreck. Ich hab Geburtstag.<, zischte ich.
>Hey, Rick.< Ich drehte mich zu Benji um. In seinem Arm hatte er Jacky. Sie trug ein schwarzes Hauch von Nichts.
Ich sah sie beide an. >Willkommen zu meinem Geburtstag.<, lachte ich sarkastisch. Jack schnaubte. >Was?<
Sie sah mich an. >Wenigstens geht es dir genauso scheiße, wie ihm.<
>Was? Meinst du Reese? Hast du in letzter Zeit mit ihm gesprochen?<, fragte ich aufgebracht.
>Er spricht nicht mehr.< Ich runzelte die Stirn. >Er trinkt, raucht und spritzt nur noch.<
>Was?! Wo ist seine Mum? Was ist mit Sandra? Die müssen doch...<
Sie streckte sich und nahm die Hand ihres Freundes, um sich besitzergreifend an ihn zu schmiegen. Ich sah die Quelle ihrer Verstimmung. Eine Freundin aus der Schule, die ihm schöne Augen machte. >Er wohnt nicht mehr Zuhause. Er wohnt bei Anthony. In seiner Wohnung.<
>Bei Anthony?< Ich starrte sie ungläubig an. >Bei...?!< Wütend sah ich gen Decke. >Wie konnten sie ihn zu Anthony lassen? Er wird dort verrecken.<
>Sehr schön. Alter, du siehst doch selber so aus, als würdest du dem Tod gerade so entkommen. Ihr beide seid doch totale Idioten. Und du bist der größte von euch beiden. Du...< Sie zeigte mit dem Finger auf mich. >... hast ihm das angetan, du... egoistischer...<
>Jack, jetzt hör auf.<
>Nein. Hast du ihn gesehen? Rick, fick dich. Halt dich fern von ihm. Du hast ihn nicht verdient. Selbst Anthony ist besser für ihn.<, keifte sie mich an.
>Aber wie...? Hat er irgendwas...?<
>Ja, er heult die ganze Zeit und redet nur von dir. Macht dich das stolz? Turnt dich das an? Ich bin dann weg. Den Scheiß geb' ich mir nicht.< Sie drehte sich um und ging.
Ben fuhr sich durchs Haar. >Sie ist echt sauer.<
>Wie geht es ihm?<, fragte ich.
>Ihm geht es wie dir.<
Ich drehte mich fluchend weg. >Und...?<
>Alter,... vielleicht sollten wir mal reden. Nicht heute, aber... ich mach mir echt Sorgen. Dir geht es ziemlich scheiße und...<
Ich machte eine wegwerfende Handbewegung. >Vergiss es.< Ich schnappte mir die Flasche von dem Typen, als gerade mein Handy klingelte. Das war einfach zu viel. Die Musik, die bunten Lichter, die Geräusche der Gäste, das laute Pochen in meiner Brust. Alles einfach zu viel.
Auf dem Display erschien Reese' Name. Ich tippte auf seinen Namen. Eine Nachricht.
Ich warte draußen.
>Er ist hier.<
>Was?<
>Reese. Er... er ist hier.< Ich ging an ihm vorbei. Ich wusste, dass das eine schlechte Idee war. Das ich ihn nicht sehen sollte, weil ich sonst Sehnsucht haben würde. Und wer wusste, was ich tun würde, wenn ich dem nachkam. Dennoch lief ich, rannte fast, aus der Halle und stieß draußen beinahe mit ihm zusammen. >Kätzchen.< Er hielt mich auf Abstand, als ich ihn umarmen wollte. Er hatte Recht. Was hatte ich mir dabei gedacht? >Es.. es...<
>Alles Gute zum Geburtstag.<, flüsterte er. Jacky hatte Recht gehabt. Er sah so schlimm aus wie ich. Augenringe, dünner, blasser und ein wütender Ausdruck im Gesicht. Doch er war weicher, als er mich angesehen hatte.
Es kam mir fast so vor, als wäre er noch schöner geworden. Egal, wie krank er aussah, er würde immer das schönste auf der Welt für mich sein. Für ein paar schmerzvolle Sekundenlang hatte ich wieder unsere so guten Zeiten in Gedanken. Dieses warme Gefühl, dass sich immer in meinem Bauch ausgebreitet hatte, wenn ich ihn berührte. Scheiße, es würde nicht möglich sein, so etwas je wieder zu fühlen. Nicht ohne ihn. Niemals. Mit Reese war es gestorben.
Ein Blick in sein Gesicht und ich wusste, er dachte das selbe. Er dachte an das exakt selbe.
Er wollte weinen. Ich konnte es sehen. Jedoch biss er sich auf die Lippen, um sich davon abzuhalten.
Er schob seine Hand in seine Jacke und holte eine CD hervor. >Ich habe dir das gemacht, bevor... das passiert ist.< Ich sah es mir an. Ein weißes Cover auf dem „Songs für Loverboy R“ draufstand. Ein Lächeln lag auf meinen Lippen. >Ich... Es sind nur fünf Stück. Ich... ich hoffe, sie gefallen dir.< Er drehte sich um.
>Reese, warte. Du... du sollst... nur wissen, dass ich dich... Ich liebe dich. Wirklich.<
Er sah mich an und kratzte seinen Hinterkopf. An seinem Hals leuchteten mehrere blaue und rote Knutschflecken. Ich musste mich zurückhalten. Es tat weh, zu wissen, dass jemand anderes als ich ihn berührt hatte. Irgendwie hatte ich ganz vergessen, dass Reese nicht nur von mir berührt werden konnte. Es gab keinen... Schutzschild, der andere davon abhielt ihn anzufassen. Diese Erleuchtung war nicht angenehm.
>Dann... dann solltest du wissen, dass ich ihn nicht liebe... Bye, Rick.< Damit drehte er sich um und ging. Endgültig. Ich sah hinter ihm den schwarzen Wagen von Anthony. Sein scheiß Grinsen war zu erahnen.
Das Auto fuhr rückwärts auf die Straße und rauschte dann davon. Zeitgleich öffnete ich den Verschluss der Flasche und trank daraus. Es brannte widerlich in meiner Kehle, aber ich hörte nicht auf. Reese war weg. Es ging ihm schlecht. Ich bekam ihn nicht aus meinem Kopf. Die Zeit würde daran nichts ändern. Wieso also nicht das ausprobieren, dass augenscheinlich Reese half? Die Hälfte der Flasche war weg und ich spürte jetzt schon, wie alles sich drehte.
>Hey, alles klar?< Ben stand schaukelnd vor mir. >Ist das Wodka?<
Ich zuckte mit der Schulter. Zu Mindestens wollte ich das. >Lieber spät, als nie, was?<
>Du... Alter, das ist zu viel. Du... Das ist nicht gut für dich.< Er schnappte nach der Flasche, aber ich entzog sie ihm und stolperte dabei rückwärts auf eine Mülltonne zu.
>Warum ist das für dich gut, aber nicht für mich, Benji?< Ein unkontrolliertes Lachen platzte aus mir heraus. >Darf ich mir nicht auch ein bisschen Spaß gönnen?<, grinste ich.
Er wollte es mir wieder wegnehmen. >Ja, aber ich trinke nicht, weil ich depressiv bin, Richard. Komm schon. Gib her, bevor du dir selber schadest.<
Diese Worte ignorierte ich für den restlichen Abend. Stattdessen trank ich zu viel. Viel zu viel, aber nicht genug um mich abzuschrecken. Ich kann mich nicht mehr genau an die Nacht erinnern. Es gab nur ein paar verschwommene Erinnerungen. Zum Beispiel, dass ich mit Jude zusammen tanzte, dass ich mit ihr im Bett landete und dann, dass ich im Krankenhaus eingefahren wurde. Ab da war alles schwarz.

Erst war Reese da. Er weckte mich auf und sagte mir, dass ich einen schlechten Traum hatte. >Loverboy, ich liebe dich.<
>Richard, was ist nur in dich gefahren?<, blaffte mich mein Vater an. >Wie stehen wir denn nun da?< Er stieß mich an der Schulter an.
>William, ich bitte dich. Er ist noch immer in schlechter Verfassung.<
Er schnaubte. >Das ist mir gänzlich egal. Ich habe diese Feier als Lohn für sein Verhalten veranstaltet, aber nicht, damit er so abstürzt. Wieder. Ich dachte, ich könnte dir wieder vertrauen, aber da hatte ich mich wohl geirrt. Du bist noch genauso...<
>Dad!< Der strenge Unterton meines Bruders ließ uns alle verstummen. >Siehst du nicht, dass es ihm nicht gut? Er wacht gerade auf und du machst ihn schon an. Jetzt lass ihn doch erst einmal aufstehen.<, blaffte er und sah mich dann an. >Hey, Rick.<
Ich lächelte ihn an. >Kleiner. Mein erster Kater, kannst du das glauben?<, scherzte ich.
Er verdrehte die Augen. >Blödmann. Was tust du?<
Mum nahm meine Hand in ihre, aber ich zuckte zurück und ruckte von ihr ab. >Es geht schon. Ich mache ja, was ihr wollt, ok? Tut mir leid, wegen gestern. Bitte, lasst mich einfach in Ruhe, in Ordnung?< Sie beide sahen mich an. Meine Mutter stand wieder kurz vor einem Tränenausbruch.
Mein Vater nickte aber. >Gut. Von mir aus. Solange du dich zusammenreißt ist es mir egal.< Er drehte sich um und ging aus dem Zimmer.
>Es tut mir leid, Richard.<, flüsterte Mum und war weg.
Josh setzte Haley auf dem Bett ab. >Was jetzt?<, fragte er.
Ich zuckte mit den Schultern. >Jetzt kommt, was auch immer Daddy will.<

Kapitel 26

Was Daddy wollte, war das Studium. Ich zog nach dem Ende der Sommerferien weg. Näher an das College. An den Feiertagen kam ich nachhause, verbrachte die Zeit hauptsächlich mit meinen Geschwistern und Benji und natürlich mit Judy. Den Heiratsantrag machte ich ihr, als ich 20 war.
Meine Mutter, Benji und Jacky freuten sich nicht halb so viel wie mein Dad. Genauso wie ich mich nicht freute, aber ich spielte mit.
Ein Jahr daraufhin zog Reese um. Nach New York. Mit Anthony und Ian. Reese hatte sich bei einer Modelagentur gemeldet und wurde angenommen.
Ein halbes Jahr nach der Hochzeit wurde Judith schwanger. Wir zogen in ein Haus nach New Jersey, wo ich einen Zweitsitz für die Firma aufbaute.
Nachdem unsere Tochter Amber geboren wurde, vergingen fast 10 Monate bis Judy schwanger mit unserem Sohn Jamie war. Dann kam auch er zur Welt und ich war glücklich. Das war das erste, seit ich Reese verloren hatte, dass mich wieder wirklich erfüllt hatte.
Es war nicht einfach gewesen. Nicht ein bisschen.
Ich bin nicht Alkoholabhängig, aber Alkohol ist nun das Einzige, dass mich einschlafen lässt, dass mich beruhigt, wenn ich unsere Bilder sehe. Wenn ich seine CD anhöre. Darunter ist das Lied „No woman, no cry“ bei dem ich immer wieder lächeln muss, denn wenn er das Lied beendet sagt er, „Wegen dem Lied bin ich schwul. Lang leben männliche Genitalien!“ Aber es sind auch Lieder dabei, die er extra für mich geschrieben hat. Für uns. Jedes mal geht es tiefer.
Doch das ist jetzt vorbei.
Ich lebe den Traum. Ich verdiene gutes Geld. Gutes Geld mit dem ich meine Familie unterstützen kann.
Der Blick in den Spiegel jeden Morgen spricht vom Gegenteil. Ich sehe müde aus. Verständlich. Ich schlafe seit nun schon über einem Jahrzehnt keine Nacht mehr durch. Ich sehe älter aus. Und der Alkohol hat mich auch nicht ungezeichnet gelassen. Aber Dad sagt immer, ich soll auf mein Aussehen achten. Deshalb trage ich immer ein felsenfestes Lächeln im Gesicht und trainiere. Neben dem Trinken, ist das Trainieren mein Ventil. Ich spiele auch mit ein paar Mitarbeitern aus der Firma jeden Mittwochabend. Benji und ich treffen uns Sonntags.
Aber ja, ich bin älter geworden. An niemanden gehen 13 Jahre lang Liebeskummer einfach so vorbei.
>Daddy!<
Ich stelle meinen Aktenkoffer auf dem Boden ab und breite meine Arme aus. >Meine Kleine.< Sie springt in meine Arme und lässt mich sie auf die Stirn küssen. >Na, wie geht’s? Ist Mummy da?<, frage ich sie, hebe den Koffer wieder auf und gehe zur Haustür.
>Ich hatte heute Bauchschmerzen. Mummy hat mich von der Jugendfarm abgeholt und dann Tee gemacht.<
Ich lege meine Hand an ihre Stirn, um zu sehen, ob sie Fieber hat. >Geht es dir jetzt besser?< Amber und Jamie haben beide meine Augen. Nur Jamie hat die braunen, fast schwarzen Haare, seiner Mutter.
Sie nickt. >Ja, jetzt geht es mir gut.<
Amber ist bald 6 Jahre alt. Jamie ist fast 5.
Judith und ich waren 10 Jahre verheiratet gewesen, bevor wir uns vor einem dreiviertel Jahr ungefähr geschieden haben. Es hat nicht funktioniert. Ich habe es ihr die ganze Zeit gesagt. Ich habe ihr gesagt, dass ich sie nicht liebe. Das ich nicht lernen könnte sie zu lieben. Sie hat mir nicht geglaubt und jetzt haben wir Kinder, die das miterleben müssen.
>Hey, Judy.< Ich trete in die Küche, wo sie Klein-Jamie auf der Arbeitsfläche sitzen lässt, während er Kekse nascht und sie Gemüse schneidet.
>Richard. Willst du was?<
Ich schüttele den Kopf und küsse sie auf die Wange. Sie ist noch immer eine wunderschöne Frau. Der einzige Unterschied war, dass die Zeit ihre Spuren auf ihr gelassen hat. Nichts gravierendes, aber sie ist einfach keine 18-jährige Frau mehr. Sondern eine 31-jährige Mutter. Sie zieht sich nicht mehr so aufreizend an, trägt ihr Haar kürzer als früher und ist generell verantwortlicher. Jude hat sich verändert, aber sich nicht verloren. Wir haben immer noch unseren Spaß miteinander, aber wir sind kein Paar. Waren wir nie.
 Jamie springt mir auf einmal auf den Rücken. >Junge, Junge, bist du schwer.< Mit den beiden Kindern tanze ich ins Wohnzimmer. Da kommt Rudy angerannt. Unser Golden Retriever. >Viel zu viel los hier.<
>Wenn du wüsstest.<, höre ich Judy hinter mir sagen.
Ich habe schon sehr lange die Scheidung vorgeschlagen. Sehr lange. Bestimmt schon seit unserem 6. oder 7. Jahrestag, aber sie wollte die Papiere nicht unterzeichnen und beteuerte immer wieder „Das wird funktionieren.“. In dieser Zeit war Alkohol schon ein engerer Freund, als Benjamin. Aber dann kam der 15. August. Der Tag an dem Reese mich angesprochen hatte. Wie jedes Jahr verkroch ich mich im Geräteschuppen und begrub mich mit den letzten Überresten von Reese und natürlich allen alkoholischen Getränken, die ich finden konnte. Jude fand mich mit Tränen überströmten Gesicht vor. Da hatte sie endlich begriffen. Ich würde Reese nie vergessen können. Nie.
Sie stimmte mir also zu und unterzeichnete die Papiere.
>Habt ihr eure Sachen schon gepackt?< Ich bekomme die Kleinen immer für zwei Wochen im Monat.
Amber nickt und steht auf. >Jap, jap, jap. Ich habe eine neue Tasche bekommen. Da sind Marienkäfer drauf.<
>Dann zeig mal.< Ich grinse Jamie als nächstes an und zerzause ihm sein Haar. >Du auch. Los, geh deine Tasche holen. Wie wäre es mit Hamburgern als Abendessen?<, frage ich. Sie beide kreischen lachend auf und strecken die Arme in die Luft. Ich sehe ihnen lächelnd nach.
Es tut mir nur so leid, dass ich sie in diese Lüge einer Ehe mit reingezogen habe.
Es kommt mir vor, als wären meine High School Jahre nur ein Augenzwinkern von jetzt entfernt. Und bei Gott, ich wünsche es mir so sehr. Ich wünsche mir, alles wieder zurückdrehen zu können. Ich weiß nicht, ob ich etwas anders machen würde, aber ich will einfach nur wieder Reese in meinen Armen halten können.
Oft stelle ich mir vor, wie das Leben sein könnte, wenn ich bei Reese geblieben wäre. Wir wären zusammen und wir wären glücklich. Es wäre perfekt. Vielleicht hätten wir dann eine Wohnung in der Stadt. Er arbeitet als Model und ich... wer weiß, vielleicht hätte ich irgendwas mit Autos zu tun. Die Überlegungen sind es nicht wert, denn so ist es nicht.
>Wie geht es dir?< Etwas erschrocken sehe ich auf zu Judith. Sie lehnt am Kühlschrank und sieht mich an. Wir wissen beide, woran ich gerade gedacht habe. >Schläfst du richtig?< Ich nicke. >Wirklich? Sieht nicht so aus.<
Ich lächele sie an. >Wie geht es Ben und Jack? Hab sie lang nicht mehr gesehen.<, wechsle ich das Thema. Ich mag es nicht, mit Judith über meine Probleme zu sprechen. Dabei bekomme ich immer ein schlechtes Gewissen, weil sie diese vielen Jahre wegen mir verloren hat. In der Zeit hätte sie einen Mann finden können. Der sie so liebt, wie sie mich liebt.
>Gut. Den beiden geht es gut. Ich will endlich Neffen oder Nichten bekommen. Die sollten mal Gas geben.< Ich lache. Die beiden sind seit 3 Jahren verheiratet. Benjamin musste Jacky 5 mal fragen, bevor sie endlich „Ja“ sagte. >Weißt du, ich mache dir keine Vorwürfe...<
>Bitte...< Sie soll aufhören zu sprechen.
>Hör mir zu, Richard. Ich weiß, dass du dich schuldig fühlst, aber das brauchst du nicht. Ich habe dich doch regelrecht gezwungen. Es tut mir leid, dass...< Sie setzt sich neben mich auf die Couch und legt ihre Hand an meine Brust. Der Ring um meinen Hals drückte sich kühl an meine Haut. >Du hast ihn geliebt und wir alle waren so egoistisch und haben dich dazu gezwungen, ihn zurückzulassen. Es tut mir aus tiefstem Herzen leid, Richard.< Ich will das nicht hören. >Du bist so ein gutmütiger Mensch und wir haben das ausgenutzt. Bitte, verzeih mir.< Das habe ich mir so oft schon von meiner Mutter anhören müssen.
Ich nehme ihre Hand in meine. >Danke, aber ich habe dir schon lange verziehen. Vergiss das jetzt einfach. Ich will nicht mehr daran denken.<, beteuere ich und setzte wieder mein eingeübtes Lächeln auf, gerade als die Kinder kommen. >Also... Verabschiedet euch von Mum.< Erst Amber und dann Jamie. Sie küssen ihre Mutter und nehmen meine Hände. >Bis dann, Mummy.<, murmle ich, bevor wir das Haus verlassen.
Zuhause mache ich mich sofort ans Hamburger machen. Die Kinder malen dabei Bilder und schauen Spongebob.
>Er ist gerade weg.<
>Geht es ihm gut?< Ich und Ian halten Kontakt. Riri lebt mit Freunden in Spanien. Er kommt ab und an zu Besuch.
>Den Umständen entsprechend. Du kannst ruhig mal vorbeikommen. Ich habe da Material, dass dich sicher interessieren würde.<
Ich wende den Burger auf der Pfanne. Ein Ölspritzer landet auf meinem Unterarm. Ich fluche leise. >Ich will das nicht sehen, Ian.<
>Du weißt doch gar nicht, von was ich rede.< Ian hat sich in all diesen Jahren nicht geändert. Er ist noch immer sonderbar. Nur viel erfolgreicher. Ein bekannter Fotograf, wie er es vorhergesagt hat. In Zeitschriften sehe ich immer wieder Mal Bilder von Reese, die er geschossen hat. Sie sind wirklich gut. Er ist noch immer sehr gefragt. Ian und die anderen sind es, die mir von Reese erzählen.
Das er noch immer mit Anthony zusammenlebt. Das er ein Foto von uns bei sich trägt. Zu jeder Zeit. Das er mehrere Male einen Entzug in einer Klinik gemacht hat, es aber nicht funktioniert hat.
Es freut mich, zu hören, dass er immer noch an uns denkt, aber dass er seinen Drogenkonsum nicht überwunden hat...
>Ich kann mir nicht vorstellen, dass es geeignet ist für einen Familienvater, solche Dinge zu machen.<
>Was denn für Dinge? Vielleicht sollte ich deinen Kindern einmal die Bilder vom Shooting zeigen.< Ich lache. Ian hat mich, kurz bevor ich umgezogen bin, permanent angerufen, bis ich zugestimmt habe. Es war nicht so schlimm, wie erwartet. Letztendlich musste ich nur mein Oberteil ausziehen. Damit hat er mich dann allein gelassen. Auf einem Stuhl in einem dunklen Raum. Ein Scheinwerfer auf mich gerichtet.
Das ganze Equipment hat er als junger Künstler noch von seinen unverschämt reichen Eltern gesponsert bekommen.
Er ließ Reese' CD laufen. Ich habe ihn darum gebeten, sie auszuschalten. Natürlich hat er nicht darauf gehört. Es war sein Absicht gewesen, mich traurig zu sehen. Es sind gute Bilder dabei herausgekommen. Sie hängen in seinem Loft im Wohnzimmer.
Reese geht, weil er sie nicht abhängen will, nicht mehr zu ihm nachhause.
Ian ist der Meinung, dass Kätzchen und ich wieder zusammen sein sollen. Er kämpft bewundernswert dafür.
Ich grinse. >Danke, wir verzichten. Aber ich komme gerne mal vorbei... Kinder, deckt den Tisch!<, rufe ich. Sofort höre ich ihre Schritte. Sie nehmen mir das Geschirr ab, dass ich ihnen reiche und stellen es auf den Esstisch.
Das Penthouse, in das ich vor 6 Monaten eingezogen bin, ist groß und weitläufig. Die Kinder haben jeweils ein Zimmer für sich. Die sind mindestens doppelt so groß wie mein Jugendzimmer. Ich gebe mir aller größte Mühe, damit es ihnen gut geht.
Die Immobilie war schon eingerichtet, als ich sie gekauft habe. Hauptsächlich in Weiß und Grau gehalten. Ich weiß, Weiß ist keine sichere Farbe, wenn man Kinder hat, aber die beiden sind ziemlich helle im Kopf. Sie benehmen sich. … meistens.
>Guten Appetit. Und iss nicht zu viel, sonst wirst du zu dick.< Er sagt dass mit vollkommen ernster Stimme. >Gruß an deine Kleinen. Ciao.<
Schmunzelnd lege ich auf und nehme das Essen mit ins Esszimmer, wo die beiden schon warten. Mit leuchtenden Augen belegen sie sich ihre Burger und beißen rein. >Daddy, dass geht nicht...<, beschwert sich Jamie. Immer das Gleiche.
>Warte, Kleiner. Ich mache das. So.< Ich zeige ihm, wie er es halten soll und schaue den beiden dann beim Essen zu. Das Lächeln, dass jetzt auf meinen Lippen liegt ist echt. Wie sie kichern, während sich mehr und mehr Ketchup um ihre Lippen schmiert. Sie sind so voller Freude und Glück. Sie verstehen nicht, was um die Blase herum passiert, in der sie leben. Kindheit.
>Daddy, liebst du Mummy nicht mehr?<, fragt mich Amber. Diese Frage stellt sie mir mindestens zweimal in der Woche.
>Ja, warum liebst du Mummy nicht?< Ich liege neben Amber im Bett. Jamie in meine Arme gekuschelt.
Ich hole aus dem Regal im Nachttisch eins der Gute-Nacht-Geschichten. Die Tischlampe ist in der Form einer Blume und erleuchtet das Zimmer mit einem hellen Pink. Bei Jamie steht das Gleiche in Form eines Flugzeugs und hellblauem Licht. Dieser Kitsch ist nervig, aber die Kinder lieben das. >Ich liebe eure Mum noch.<, murmle ich, ausweichend und schlage das Buch vor Amber auf. Sie liest uns jeden Abend vor. Manchmal versucht es auch Jamie, aber er tut sich da noch schwer.
>Und warum sind wir dann nicht mehr alle zusammen?< Er klingt jetzt traurig.
>Ich liebe eure Mutter einfach nicht mehr, so wie ich es einmal getan habe, aber...< Ich küsse Jamie auf die Stirn. >Es tut mir leid, dass ihr das miterleben müsst, aber ihr braucht euch keine Sorgen zu machen, denn wir lieben uns noch und euch noch viel mehr. Worum du dir jetzt aber Sorgen machen musst, sind Dorothy und der Zauberer von Oz.< Ich tippe auf das Buch und sinke tiefer in die Kissen.
Die Kinder sind im Bett und ich in meinem Arbeitszimmer. Der Bourbon in der Flasche aus Kristallglas ist erschreckend verführerisch, stattdessen ziehe ich aber Shorts und T-Shirt an und gehe in den Trainingsraum.
Nicht, wenn die Kinder hier sind.
Ich stelle mich an den CD-Player und drücke auf den Knopf für „Play“.
„Ehm... hey, Loverboy.“ Er lacht. „Alles Gute zum Geburtstag. Ich liebe dich.“ Er flucht leise und lacht wieder. Wie jedes Mal stelle ich mir vor, wie er mit roten Wangen Gitarre spielt, gerade als die ersten Töne erklingen.
Auf voller Lautstärke lasse ich die Lieder laufen. Der Raum ist schalldicht.
Ich summe mit der Musik mit und lege mich auf die Gewicht-Bank.
Wenn ich meine Augen schließe, ist es fast so, als wäre er wirklich hier. Als würde er mir wirklich sagen, dass er mich vermisste, nur wenn ich den Raum verlasse. Nie habe ich gewusst, dass er so unsicher ist. Er singt, „Du fehlst, bevor du weg bist. Es schmerzt, wenn du vom Gehen sprichst...“ Ich weiß, dass er mich liebte. Aber diese Intensität hat mich erschreckt, als ich es das erste Mal gehört habe.
Das Brennen in meinen Muskeln lässt mich vergessen, wie sehr ich ihn doch vermisse. Ich habe eigentlich gehofft, dass meine Gefühle für ihn mit der Zeit schwinden. Vielleicht war es ja doch nur eine harmlose Jugendliebe gewesen.
Ist es nicht. Ich liebe ihn wie zuvor. Wenn nicht noch mehr.
All diese Jahre lang, habe ich ihn abgrundtief vermisst. Habe ich. Tue ich.
Ich lasse die Kinder Vormittags in Obhut der Nanny. Wenn sie da sind versuche ich so wenig Zeit wie möglich in der Firma zu verbringen.
Deshalb komme ich schon um 17 Uhr nachhause und spiele mit ihnen. Wir essen und schauen uns dabei „Das Dschungelbuch“ an.
Die Tage mit meinen Kindern verfliegen leider wie im Flug. Wir gehen ins Kino und in den Zoo. Ich übe mit Amber für die Schule, wie ich es früher mit meiner kleinen Schwester gemacht habe. Und ich betrachte jedes Bild oder jedes Kunststück von Jamie wie das nächste Weltwunder, so wie ich es auch mit Haley gemacht habe.
Haley hat sich schon für ein College beworben und macht sich bereit ihr Studium dort in ein paar Wochen zu beginnen.
Wie erwartet, hat Josh es schulisch sehr weit gebracht. Er hat es nicht auf Harvard geschafft, aber auf Columbia. Er lebt bei mir, aber schläft oft auch bei seiner Freundin auf dem Schuldgelände der Universität. Er studiert erfolgreich Medizin.
Drei Tage später kommt er wieder nachhause. >Hey.< Seine Haare sind länger und schwarz. Er färbt sie sich. Reese hilft ihm dabei. Sie gehen zusammen auf Konzerte und auf Partys. Ich reiche ihm die Tasse Kaffee, die ich gerade eigentlich für mich gemacht habe, und mache mir eine neue bereit. >Danke. Schlafen die Kleinen?< Ich nicke. >Dad hat gestern bei mir angerufen. Er will das ich die letzte Woche der Ferien noch bei ihm und Mum verbringe. Haley kommt glaub ich auch.< Seit dem meiner Rückkehr kriselt es nicht nur zwischen mir und meinen Eltern, sondern auch zwischen ihnen und Josh. Der Unterschied ist nur, dass er  kein Problem mit Mum hat, wobei ich auch ihr nicht mehr in die Augen sehen kann.
>Hast du ihn gesehen?<
Er nimmt einen Schluck aus der Tasse, bevor er sie auf der Arbeitsfläche ablegt und seine Jacke auszieht. >Ja, ich habe gestern bei ihm und... Ich habe bei ihnen übernachtet.< Lächelnd lehnt er über die Theke zu mir rüber. >Weißt du, du solltest es wieder versuchen...<
Ich schnaube. >So einfach ist das nicht.<
So einfach ist es nicht. Wird es niemals mehr sein.
>Wenn du ihn nur sehen könntest, Ricky. Er redet nicht viel über dich, aber es ist ihm anzusehen, dass er immer noch total in dich verknallt ist.< Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. >Guck mal hier...< Er greift in die Hintertasche seiner Hose und zieht sein Handy hervor. >Ich habe hier seine Nummer. Warum rufst du ihn nicht einfach mal an und...?<
Ich schüttle hastig den Kopf und trete einen Schritt von ihm weg. Alles in mir neigt sich zu ihm vor, reckt und streckt sich, um an das Handy zu kommen, aber mein Gehirn sagte mir, dass es keinen Sinn haben würde. Das ich nur noch mehr leiden würde. >Nein, Josh. Ich hab's dir doch schon gesagt.<, erinnere ich ihn.
Er verdreht die Augen. >Es ist schon so lange her, Rick. Er vermisst dich und ich kann sehen, dass du ihn auch vermisst. Ist das wegen den Kindern? Denkst du, die würden dich irgendwie hassen oder so?< Sein Gesicht ist kantiger geworden. Er hat den Kiefer meines Vaters. Aber anders als mein Vater ist er freundlich und sehr gut mit Reese befreundet. >Du hast doch gesehen, wie sehr Haley Reese geliebt hat. „Prinz“. Klingelt es da bei dir?< Ich gluckste. >Amber und Jamie würden ihn lieben. Und du...<
>Ich werde mich ihm nicht aufzwingen.<
>Drehen wir die Sache doch einmal um.< Ich hasse es, wenn er das macht. >Du zwingst ihm und dir gerade ein unglückliches Leben auf.<
Ich atme durch. >Er ist glücklich.<
Er stößt Luft zwischen seinen Lippen durch. >Mit Anthony? Richard, die sind gar nicht wirklich zusammen. Er treibt es auch mit anderen...< Ich schließe schmerzhaft die Augen. Das tut weh. >Oh, es... es tut mir leid.< Ich habe mit Judith geschlafen, er schläft mit anderen Männern. Das war doch klar. >Auf jeden Fall, sind die gar nicht wirklich zusammen. Anthony ist nur... keine Ahnung. Blind vor Liebe, wenn du es so willst. Die sind eine Lachnummer. Ruf ihn an, Rick. Ruf ihn an und du kriegst ihn zurück. Das ist es doch, was du willst oder?<
Was ich will? Nein, was ich will, ist tun, was von mir verlangt wird. Ein einfaches Leben mit meiner Familie verbringen. Reese ist, was ich brauche. Wenn es mir schlecht geht, denke ich an ihn und unsere Zeiten. Ich träume jede Nacht von ihm. Wenn ich betrunken bin, halluziniere ich von ihm. Wie er mich küsst, streichelt und liebkost. Mein Leben ist trist. Ich liebe meine Kinder, aber alles um sie herum ist in Schwarz-Weiß gehalten.
>Es tut mir leid, wenn Reese nicht glücklich ist mit seinem Leben, aber ich lebe das...<
>... Leben, dass Dad von dir erwartet. Und du lebst es gut. Du verarschst uns alle oscarreif, Rick, aber...< Er atmet durch und fährt sich mit der Hand durchs Haar. >Ich habe einen Kumpel. Der studiert Psychologie und ich habe mit ihm über dich geredet...< Ich trinke vom Kaffee und schüttle amüsiert den Kopf. >Hör mir zu, ich meine es ernst.< Seine Augen haben das Lächeln verloren. >So wie du jetzt gerade lebst, dass ist nicht richtig. Das ist krank.<, bestärkt er.
Ich verschränke die Arme vor der Brust. >Es geht mir gut, Josh. Beruhige dich.<
>Was ist mit letzter Woche?< Ich sehe ihn wütend an. >So betrunken warst du noch nie! Wann hast du überhaupt mit dem Trinken angefangen? Ziemlich zeitgleich mit dem Tag deines Geburtstags oder? Da wo du Reese das letzte Mal gesehen hast?< Er stellt sich auf und durchbohrt mich mit seinen Augen. >Und was ist mit diesem Zimmer? Dein „Trainingszimmer“?<
Mit der Tasse in der Hand gehe ich aus der Küche und setze mich auf das Sofa. >Was soll damit sein?<
>Warum darf ich da nicht rein? Warum hast du das blöde Zimmer Schalldicht gemacht? Für was? Es ist ein Zimmer zum Trainieren. Solange dein Wichsen sich nicht anhört wie ein Bombenanschlag, gibt es nämlich...<
>Josh!<, zische ich wütend. >Reiß dich zusammen.< Ich stehe auf. >Ich bin immer noch dein großer Bruder.<, erinnere ich ihn.
Er nickt eingeschüchtert. >Aber...<
>Nichts „aber“. Reese und ich sind Geschichte. Wir leben zwei verschiedene Leben. Und ich weiß nicht, wie es mit ihm aussieht, aber ich bin zufrieden so wie es ist. Lass mich... einfach in Ruhe damit, verstanden?< Ich sehe ihn bedeutend an.
>Ich mache mir nur Sorgen...<
>Das ist nicht nötig. Es geht mir gut. Wie gesagt. Geh schlafen...<
Er atmet durch. >Gute Nacht, Ricky.<
>Gute Nacht.<

Ich bringe die Kinder am Wochenende wieder zurück. Judith lädt mich zum gemeinsamen Abendessen ein. Die Kleinen freut es.
>Guck mal, Dad. Mummy trägt noch den Ring, warum du nicht? Findest du ihn nicht mehr schön?<, fragt Jamie.
Ich sehe rüber zu Judith. Sie trägt roten Lippenstift. An ihrem Finger ist unser Ehering. >Ich finde den Ring sehr schön, aber...<
>Es ist nicht so wichtig, Süßer. Iss weiter.< Sie lächelt mich entschuldigend an und isst. Diese Fragen sind anstrengend. Es ist schwer Antworten zu finden, die sie verstehen, aber nicht verletzen. Judith und ich sind Freunde. Wir fühlen keinen Hass füreinander, weshalb wir versuchen, die beiden so wenig wie nur möglich von unserer Trennung mitkriegen zu lassen.
>Und wie war es?<
Ich helfe ihr dabei, das Geschirr in die Maschine zu räumen. >Schön.<
>Du siehst müde aus.<
>Ich bin müde.<
>Geht es dir gut?<
Manchmal, wenn ich Judy ansehe, fühle ich Wut. Schlicht und ergreifend, weil... sie meinen schwachen Moment ausgenutzt hat. Weil sie Teil von dem Verrat an mir ist. Aber dann muss ich einsehen, dass... ich es selber bin, der mich verraten hat. Ich knirsche mit den Zähnen. >Ich gehe jetzt, Judy.<
Wortlos verlasse ich das Haus. Ich steige bei einer Bar aus. >Einen doppelten Whiskey.<, sage ich dem Barkeeper. Mit einem Nicken füllt er mir ein Glas und reicht es mir. Ich stürze es sofort hinunter und bestelle eine zweite Runde. Und eine Dritte. Und eine Vierte. Bis alles sich dreht und der Barkeeper mir eine weitere Ladung verweigert. Vor mir dreht und wankt alles. Die Wände scheinen schief zu stehen und in meinem Bauch ist eine seltsame Wärme.
>Ich hoffe echt, wir bleiben ganz lange zusammen. Vielleicht... vielleicht sogar für immer...<
Wir wollten für immer zusammen sein.
Ich liebe ihn so sehr und jetzt... können wir uns nicht mehr ansehen. Das letzte Mal, dass ich mit Reese gesprochen oder ihn gesehen habe ist 13 Jahre her. 13 verdammte Jahre! Wie konnte alles nur so schrecklich schief laufen? Wir waren einfach nur Verliebte. Verliebte Jugendliche. Und jetzt? 13 Jahre langer Liebeskummer. Liebeskummer der einer Depression so stark ähnelt, dass mein kleiner Bruder sich sorgen um meine Gesundheit macht.
Wir hatten Träume. Gedanken. Wünsche. Und letztendlich sind wir so geendet, wie die meisten Jugendliebschaften. Getrennt.
Ich suche nach meinem Autoschlüssel.
>Das würde ich mir lieber überlegen. Ich ruf dir ein Taxi.< Mein Blick hebt sich an. Ich sehe nur verschwommen, wie ein Schatten nach etwas greift.
Irgendwann sitze ich dann in einem Auto und werde gefahren. Es kommt mir vor, als würde ich in einer Achterbahn fahren. Jedes Rütteln geht mir durch den ganzen Körper. Laute ausländische Musik dröhnt von allen Seiten. Bis das Auto endlich stillsteht und rechts von mir frische Luft hinein weht. Stimmen. Josh.
>Den Rest können Sie behalten. Danke.< An mir wird gezogen. >Na, komm, Alter.<
Josh war immer auf unserer Seite. Wieso kann mein Vater nicht so sein wie er?
>Joshy?<
>Ja. Hilf mir mal. Du bist echt schwer.<, ächzt er. Ich lasse mich von ihm auf die Beine ziehen und stützen.
Es fängt an zu regnen. Warme Tropfen treffen auf mein Gesicht. >Josh, ich vermisse ihn so sehr.< Er nickt. >Ich... habe ihn doch geliebt...<
>Ich weiß, Richard. Ich weiß.<
>War das falsch? War das so böse? Ich...< Meine Stimme zittert. >Ich...<
Ein Klicken und es wird warm. Ein weiteres Klicken. Er legt mich auf etwas weiches. Mein Bett? Das Sofa? >Nein, war es nicht. Schlaf dich aus, in Ordnung? Morgen ist ein neuer Tag.<
>Ich vermisse ihn.<
>Ich weiß.< Das Licht verdunkelt sich.
>Ich vermisse ihn so sehr.<
Ich vermisse ihn. So sehr. Ich vermisse ihn so sehr.
Reese.
Seine Haare sind grün, so wie früher. Große Zartbitter-Augen. Das Piercing in der Mitte seiner Unterlippe. Ich sehe Bilder im Internet von ihm. Auf denen er sich lasziv vor der Kamera zeigt. Er sieht sehr jung aus.
Es scheint ihm... ganz gut zu gehen, nicht wahr? Hat Josh sich geirrt?
Aber... es geht mir doch auch gut, also... ist das unwichtig.

Ich fahre am Mittag des nächsten Tages mit Josh zusammen zu Ian ins Atelier. Mit einer Hand lenke ich das Auto, mit der anderen massiere ich meinen Kopf. Der Kater ist bestialisch, doch ich habe heute frei und selbst die Kopfschmerzen hielten mich nicht davon ab Kaffee mit einem kräftigen Schuss zu trinken. Ich habe Josh den ganzen Morgen über ignoriert. Hauptsächlich, weil er immer wieder sagt, dass ich mich mit Reese treffen soll.
>Warum bist'n du jetzt eingeschnappt? Ich will dir doch nur helfen.<
>Manchmal wünschte ich mir, du wärst so schüchtern, wie früher.<
>Tja, bin ich aber nicht mehr, also komm damit klar. Und wie wäre es, endlich mal damit anzufangen, die Vergangenheit...<
Ich halte ruckartig vor der Lagerhalle. Sie ist etwas kleiner, aber für eine Person alleine immer noch groß. Ian macht dort seine ganzen Indoor-Arbeiten. >Das ist ja der Punkt. Die Vergangenheit ist immer noch präsent. Wir haben eine Entscheidung für die Zukunft getroffen. Die Zukunft ist jetzt.< Wütend steige ich aus und schlage die Tür hinter mir zu.
Natürlich lässt er nicht locker. Hastig kommt er um das Auto gelaufen und holt mich ein. Er ist soviel größer geworden. Fast so groß wie ich. >Du hast das entschieden. Ganz alleine. Und es war die falsche Entscheidung. Das weißt du. Rick,.. jetzt...< Er zupft an meinem Ärmel, damit ich ihn ansehe. >... Brüder vertrauen sich, oder?< Ich nicke. >Dann vertrau mir, wenn ich dir sage, dass ich mir Sorgen mache und es berechtigt ist. Du machst dich kaputt und das will ich nicht.< Etwas verlegen sieht er zu Boden. >Ich hab dich ja lieb und so... Und ich kann genauso gut auf dich aufpassen, wie du auf mich. Jetzt zu Mindestens.< Er ist ja doch noch jung. Doch noch mein kleiner Bruder, Joshy.
Ich lege meinen Arm um ihn herum und nehme ihn mit mir zur Halle. >Kleiner, ich werde mich schon bei dir melden, wenn es tatsächlich Grund zur Sorge gibt. Und jetzt gehen wir rein.< Wir klopfen an die großen Türen.
Ein paar Minuten später geht die Tür auf und Ian steht da. Seine braunen Haare stehen ihm zu Berge. Er hat den selben signifikanten Haarschnitt wie früher. Auf seiner Brust ist ein Herz durchstochen von einem Dolch tätowiert. Es sieht aus wie aus einem Piraten-Film. Sehr Seemann-mäßig. >Hey, ihr beiden. Kommt rein.< Er lässt uns vorbei. Die ganze Halle ist verhängt mit Skizzen. Es gibt mehrere Stationen an denen Leinwände aufgestellt sind. Davor stehen die Models sonst immer. Überall Kameras und Objektive und Ständer. Ganz hinten ist ein Schlafbereich eingerichtet. Ich weiß das, weil ich schon an mehreren Nächten hier meinen Rausch ausgeschlafen habe. >Habt ihr was zu essen dabei?<
Ich schüttle den Kopf. >Nein, tut mir leid.<
>Hab schon seit ein paar Tagen nichts mehr gegessen und...< Er riecht an seinen Achselhöhlen. >... nicht geduscht.< Ich muss lächeln. Ian ist noch genauso sonderbar und unverblümt wie zuvor. >Hey, Joshy. Wird einmal Zeit, dass du für mich Modell stehst.<
Bevor Ian ihm den Arm um die Schulter legen kann, ziehe ich ihn von ihm fort. >Ganz bestimmt nicht.<
>Er darf auch ein paar Kleidungsstücke anbehalten...< Ich sehe ihn anklagend an. >Ein paar... Vielleicht.< Er bemerkt meinen Blick und klatscht in die Hände. >Also! Los geht’s.< Beiläufig schnappt er sich ein T-Shirt, schnuppert daran und zieht es an. >Ich drehe einen Film. Eine Dokumentation. Nichts großes. Ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob ich es veröffentlichen werde, aber ich habe einen Sponsoren gefunden.< Gähnend läuft er weiter zu einem Schreibtisch. Drei Computer-Bildschirme und ein riesiger Fernseher direkt darüber.
>Und was dokumentierst du?< Ich werfe mich auf den ledernen Sessel und halte mir den Kopf. Josh setzt sich auf das Kissen auf dem Boden und streckt sich gemütlich.
>Der Effekt einer Trennung bei sich Liebenden.< Ruckartig sehe ich zu ihm rüber. Meine Kopfschmerzen sind vergessen. Ian tippt auf der Tastatur herum und drückt dann auf eine Fernbedienung. Die Fenster hoch oben an den Decken werden geschlossen. Ein weiterer Knopf und der Beamer leuchtet auf. Die Halle ist dunkel und ein riesiges Bild erscheint. >Hey, Josh. Kannst du... ?< Neben mir leuchtet das gelbe Licht einer Lampe auf. Ich ignoriere sie vollkommen, denn auf der riesigen Wand ist Reese' Gesicht. 20m x 15m. Mindestens. Er ist riesig und wunderschön. 
Alles wird still. Um mich herum ist alles stumm, bis auf das, was aus den Lautsprechern kommt.

Kapitel 27

>Filmst du das gerade?<, fragt er. Seine Stimme erscheint mir tiefer. Er lacht.
>Na, klar. Das ist guter Stoff. Jetzt mach den Umschlag auf.< Das ist Ian.
>Was ist da drin? Kondome?< Er sitzt auf einem Sofa. Wahrscheinlich bei sich Zuhause.  Er trägt kein Oberteil. Nur seine Pants. Im Vergleich zu der Unterwäsche, die er früher getragen hat, ist diese hier relativ simpel. Schwarz und nur mit einem kleinen Batman-Logo an der Seite. Er hat mehr Tattoos. Sein ganzer rechter Arm ist voll. Darunter ist auch unseres. Es schaudert mich automatisch. Er ist auch kräftiger geworden. Mehr Muskeln. Immer noch schmächtig, aber erkennbare Bauchmuskeln sind vorhanden.
Ich erinnere mich an seine Frage. „Ist das schwer?“ Offensichtlich hat er es geschafft.
>Warte, lass mich erst...< Er beugt sich aus dem Bild heraus. Seine Haare sind zu einem Zopf gebunden. Man kann die Haut hinter seinem Ohr sehen. R + R. Mein Herz bleibt stehen. Es sticht für einen Moment. Ein Feuerzeug schnippt und er hat eine qualmende Zigarette im Mund. >Worum geht es hier nochmal?<
>Jetzt hör auf zu reden und mach den Umschlag auf.<
Reese streckt ihm die Zunge heraus und nimmt einen tiefen Zug aus der Zigarette. Er ist seltsam bleich. Und obwohl er leuchtet, heller als die Sonne, sieht er müde und erschöpft aus. Hinter ihm steht eine klare Flasche. Das Etikett ist weggedreht, aber wenn ich mich nicht irre ist das Wodka. >Ja, ich mach schon.< Das Papier wird aufgerissen. Seine Miene verrutscht und Rauch dringt aus seinen schönen Lippen hervor. >Was soll das?<, fragt er. Seine Stimme ist eiskalt.
>Was ist da drin?<
>Fick dich, Ian!<, zischt er, schmeißt den geöffneten Umschlag auf einen niedrigen Tisch und steht auf. >Diesen Scheißdreck mach ich nicht mit, Alter. Wieso...?< Die Kamera zoomt auf sein Gesicht. Er wird an den Wangen etwas rot. >Habe ich nicht gesagt, dass ich nichts mehr mit ihm zu tun haben will?< Ich fühle mich persönlich angesprochen und zucke deshalb zusammen.
>Du hast versprochen, mitzumachen.<, erinnert ihn Ian.
>Aber nicht bei diesem Kack, hier! Ich... ich dachte, wir wären Freunde, du blöder Wichser!<, brüllt er. >Nimm die verdammte Kamera herunter.<
Kompletter Körper. Er hat mehr Muskeln bekommen und wirkt gleichzeitig schlanker, fast dürr. Sein Körper ist... Ich kann nichts dagegen machen, dass ein Vibrieren durch mich geht. Das habe ich das letzte Mal vor 13 Jahren gespürt.
>Halt dein Versprechen, Reese. Das sind nur Fotos.<
>Ich...< Seine Stimme wird weicher. >... ich will ihn nicht sehen.<
>Ich weiß. Setz dich und schau sie dir an.<
Fast verängstigt sieht Reese nach unten. Nickt und setzt sich wieder zurück auf das Sofa. Bevor er die Bilder in die Hand nimmt, trinkt er einen großen Schluck vom Wodka. >Fuck.<, flucht er leise. Die Kamera zoomt wieder ganz nah heran. Man kann alles sehen. Mir bleibt die Spucke weg. Wechsel. Das Bild in seiner Hand ist von uns beiden. Wir küssen uns. Auf dem Festival. Das Bild in meinem Bilderrahmen. Er lächelt.
>Was geht dir durch den Kopf?< Ians Stimme ist ganz leise.
Reese fährt sich durchs Haar. >Wie gut er küssen kann...< Er sagt nichts mehr. Lächelt einfach nur.
>Was noch?<
Er sieht auf. >Und was er sonst noch alles Gutes mit seinem Mund machen kann.< Reese zieht die Nase hoch. >Mann, du kannst dir nicht vorstellen, wie gut der Sex war. Zu gut, um... wahr zu sein.< Sein Lächeln wird breiter. >Du weißt doch, dass er mich „Kätzchen“ genannt hat.< Er bekommt eine Antwort von Ian. Wahrscheinlich nickt er. >Das kommt davon, dass ich ihm beim Vögeln alles aufgekratzt habe.< Ich höre Ian lachen. >Reicht das?<, fragt er plötzlich wieder mit genervter Stimme.
>Nein, mach weiter.<
Das nächste ist ein Familienfoto. Judy, ich, Amber und Jamie. >Das... ist das größte Klischee, dass ich je in meinem Leben gesehen habe.<
>Könnten aus einer Werbung sein, huh?<
Reese nickt, aber sein Mund ist zu einer dünnen Linie verzogen. >Das sind echt hübsche Kinder. Sie sehen ihm so ähnlich.<, flüstert er leise.
>Was denkst du von seiner Frau...?<
>Ex-Frau.<, zischt Reese, als er bemerkt, was er gerade gesagt hat muss er sich ein Grinsen verkneifen. >Was auch immer.<
>Wie waren die letzten Jahre für dich. Wie hast du dich gefühlt?<
>Was soll das...?<
>Rede, Reese.<
Reese Augen werden etwas rot. Er schnieft und fährt sich mit dem Handrücken über die Nase. >Wie soll ich mich schon gefühlt haben? Scheiße, halt.<
>Was war mit dem Tag, als er dich verlassen hat?<
>Verraten. Im Stich gelassen.<, schießt es sofort aus ihm heraus und ich schließe kurz meine Augen, um die Schwere zu verarbeiten, die sich um meine Brust legt. >Ich habe ihm gezeigt, wie es ist man selbst zu sein. Ich habe... Ich liebe ihn. So. Sehr. Mehr, als es eigentlich gesund ist und er hat mich verlassen für einen Vater, der ihn hasst. Das ist einfach...< Er sieht auf. >Ich dachte,... ich wäre ihm das wert.< Seine Stimme bricht. Er atmet durch. >Aber das war ja zu erwarten.< Fluchend steht er auf, zieht an der Kippe und nimmt einen Schluck vom Alkohol. >Ich meine, du hast doch gesehen, wie er aussieht und ich und...< Er stellt die Flasche schulterzuckend ab. >Es war von Anfang an klar, dass das nicht funktioniert. War eine dumme Idee, sich auf ihn einzulassen. Sich zu verlieben.<
Das tut weh.
Ich muss mich räuspern. Mein Hals ist trocken.
>Warum hast du dich dann auf ihn eingelassen?<
Reese sieht mich an.
Nein, sieht die Kamera an.
>Du hast ihn doch gesehen, Ian. Er hat diesen Boyband-Effekt an sich. Keine Ahnung, wie, aber ich bin schwach geworden. Er war so anders. Er war nett zu allen, obwohl seine dummen Freunde ihn zu diesem hohlen Sportler degradieren wollten.<
>Was würdest du machen, wenn er jetzt vor der Tür steht?<
>Wenn ich...< Das Bild wechselt. Man sieht Reese dabei, wie er durch die Bilder geht, dabei klingt seine Stimme im Hintergrund. >Ich würde ihn wahrscheinlich an Ort und Stelle in Grund und Boden vögeln.< Er schnaubt. >Ich weiß es nicht.< Es bleibt kurz still. Wechsel ins Schlafzimmer. Reese zieht sich an. >Ich hasse ihn, aber...<
Diese harten Worte gehen mir durch Leib und Seele.
>Es hätte verdammt gut laufen können.< Er sitzt vor dem laufenden Fernseher, sieht aber nicht hin, sondern stattdessen aus dem Fenster. >Wir waren echt toll zusammen und...< Plötzlich sieht man ihn wieder. Er starrt direkt in die Kamera. Die Augen groß. >Aber dieser Vollidiot ist selber Schuld daran. Er lebt in dieser verschissenen Traumwelt. Alle Menschen sind gut, meine Familie ist vollkommen intakt, mir geht es besser, wenn ich meine Klappe halte. Und diese ganze Verleugnung. Nein, mein Vater will nur das Beste für mich. Nein, meine Freunde haben dich nicht verprügelt. Nein, zwischen dieser Tusse und mir ist nichts. Nein, Reese, nein, ich bin nicht schwul. Er hat in seiner eigenen verdammten Traumwelt gelebt. Wie sollte das denn funktionieren?< Er lässt den Kopf in die Hände fallen. Die Kamera zoomt von ihm weg, sodass man seinen Oberkörper sehen kann. >Ich war überglücklich, als er sich endlich seiner Familie gegenüber geöffnet hat, aber... Es war sofort klar, dass er... R-richard...< Meine Name kommt ihm nur schwer über die Lippen. >... ist ein Familienmensch. Er lebt für seine Familie. So wurde er erzogen. Und er war traurig. Ich war nicht genug für ihn. Werde ich nie sein und das kann ich ihm nicht nehmen. Überhaupt, er hat jetzt Kinder, um die er sich kümmern muss. Wen interessiert da schon sein alter Homo-Freund aus der rebellischen Jugendzeit?< Man kann sehen, wie seine Augen sich mit Tränen füllen. >Das ist schon gut so. So soll es sein. So ist es richtig. Und ich meine,... es geht mir gut. Ich liege nicht in der Gasse. Ich... ich habe einen Freund. Er hat seine dumme Firma und seine doofen, niedlichen Kinder. Läuft doch nicht so schlecht oder?< Er schluchzt am Ende leise. Ich rutsche auf dem Sessel hin und her, denn meine Augen beginnen zu brennen.
Scheiße.
>Was willst du ihm sagen?<
Er sieht wieder in die Kamera. Direkt in meine Augen. >Loverboy, ich liebe dich über alles, aber... du...< Eine Träne läuft über seine Wange. >... du hast mir echt das Herz gebrochen und...< Er wendet den Blick ab und wischt sich hastig die Nässe aus dem Gesicht. >Ich muss jetzt nur damit leben, dass ich jeden Tag an dich denke und das scheiße weh tut.< Er atmet durch. >Reicht das?<
>Ja, das reicht. Danke.<
>31 und ich werd' immer noch schwach bei Mr. Saubermann.<
Seine roten Augen lächeln. Das ist das letzte. Die Wand wird schwarz und das Licht geht wieder an.
Erst da bemerke ich die eine Kamera, die auf einem Stativ stehend auf mich gerichtet ist, und die Kamera, die Ian in seiner Hand hält. Sie knipste wie wild. >Hör auf.<, brumme ich. >Und das war es, was du mir zeigen wolltest? Ich dachte, es geht um irgend eine Arbeit von dir...< Ich wende meinen Blick ab. Seine Worte hallen noch in meinem Kopf. Als hätte ich mit ihm gesprochen. Als wäre Reese hier im Raum.
>Willst du nichts zu dem Video sagen?<
>Nein, will ich nicht.<
>Macht es dich glücklich, dass er so am Arsch ist ohne dich?<
Entsetzt sehe ich zu ihm auf. >Was ist das für eine beschissene Frage? Natürlich nicht.<
>Bist du dir sicher?<, fragt er. Er dreht die Kappe auf die Linse seiner Kamera und lächelt dabei.
Reese hat mir gegenüber seine Liebe gestanden. Mehrere Male. Er liebt mich.
>Oh, ich liebe das. Diesen Moment der Erkenntnis.< Er setzte sich vor mich auf den Boden. >Reese braucht dich und du brauchst ihn. Ihr könnt euch doch treffen. Nur zum Reden.<, schlägt er vor. Ich sehe ihn an.
Vielleicht...
>Bitte, versuch es...<
Was wenn Reese und ich wirklich wieder zusammen sein können? Wir ziehen zusammen. Er lernt meine Kinder kennen. Wir, wieder zusammen. So wie früher. Nur... na ja, älter.
Er geht an seine Hosentasche und zieht einen weißen Zettel hervor und reicht ihn mir. „Kätzchen“ daraufhin folgt eine Reihe von Zahlen. Sie kommen mir willkürlich vor, aber die Bedeutung ist unmissverständlich.
„Reese. Reese. Reese.“
>Ich kann nicht.< Ich lehne mich tiefer in den Stuhl zurück und schließe die Augen. Die Kopfschmerzen kehren wieder zurück. >Ich bin gerade aus einer Scheidung raus und soll mir jetzt wieder Stress verschaffen, in dem ich Kontakt aufnehme mit einer fehlgeschlagenen Romanze?< Ich muss mir alle Mühe geben, um unbekümmert zu klingen. Mein Körper fühlt sich plötzlich schwach und gleichzeitig unglaublich wach an. Ein Hunger breitet sich in mir aus. >Und ich habe viel zu tun in der Firma, also...<
>Richard...<, beginnt Josh.
>Ok, ok, ok. Nimm es einfach, in Ordnung? Hier.< Ian steckt mir den Zettel zu und steht auf. >Gut, in einer Stunde kommt ein Klient. Wollt ihr mir helfen, alles aufzubauen?< Die Spannung in der Luft löst sich, während wir anfangen Leinwände abzubauen und neu hochzuziehen. Wir stellen Lampen auf und bestellen uns anschließend, als alles fertig ist, was beim Chinesen.
Josh und Ian reden über alles mögliche. Ich bin damit beschäftigt, das Gewicht des Zettels zu verarbeiten. Es scheint mich nämlich durch den Boden ziehen zu wollen. Mein Herz klopft wie verrückt. Wie kann man so glücklich und nervös sein, wegen einer Handynummer? Ich komme mir wieder wie ein Jugendlicher vor. Diese ganze „Mag er oder mag er mich nicht“-Sache.
Ich setze Josh auf dem Weg zurück bei einem Freund ab und fahre dann nachhause. Die ersten paar Stunden verbringe ich mit Arbeit. Es gibt viel zu tun. Wenn die Kinder da sind, lass ich sehr viel liegen.
Aber die Arbeit beschäftigt mich nicht lange und intensiv genug, um mich den Zettel in meiner Jackentasche vergessen zu lassen. Ganz im Gegenteil, ich mache so viele Fehler, die ich wieder ausbessern muss, weil ich nicht aufhören kann an ihn zu denken. Was wird er sagen? Ich denke an vollkommen irrsinnige Sachen. Was ist seine Begrüßungs-Floskel? Wie verabschiedet er sich? Telefoniert er viel?
Früher hat er das nicht so gerne gemacht, nur wenn es um... Druckablass ging. Er begrüßte auch nicht wirklich, sondern stieg einfach mitten in ein Gespräch ein.
Hat sich das geändert? Was, wenn er eine vollkommen andere Person geworden ist?
Ich beuge mich vor, stütze meine Ellenbogen auf die Knie und mein Kinn in meine Hände. Vor mir auf dem Sessel liegt meine Jacke mit dem Zettel.
Ich kann ihn doch jetzt nicht einfach...
Mein Kopf läuft Amok. Und das nicht wegen dem Kater. Ich habe Aspirin genommen und eine ganze Kanne Kaffee. Er würde mich wohl niemals locker lassen, was?
„Bis drei zählen und dann machen,... was dir auch immer in den Kopf kommt.“
3...
Er hat gesagt, er liebt mich über alles.
2...
Aber es ist doch vorbei.
1...
Mit festen Schritten gehe ich zum Sessel, reiße den Zettel buchstäblich aus der Tasche und nehme mein Handy hervor. Meine Finger zittern. Ich gebe die Nummer ein, gehe aber nicht sofort auf den grünen Knopf, sonder lasse mich seufzend auf die Armlehne fallen. Meine Brust hebt und senkt sich im Sekundentakt. Und mein Herz... Mein Herz rast.
Ich versuche langsam zu atmen, aber es funktioniert nicht. Im Gegenteil, ich werde noch nervöser. Ich gehe in die Küche, das Handy fest in meiner Hand, und trinke ein Glas Wasser. >Jetzt reiß dich schon zusammen, verdammt.<, keuche ich und schüttle meinen Kopf. Ein Anruf wird mich doch jetzt nicht aus der Bahn werfen.
Und bevor ich mich versehe, liegt mein Finger auf dem grünen Knopf. Ich schnappe nach Luft und halte mir den Hörer ans Ohr. Das Freizeichen treibt mir elektrische Stöße durch den Körper. Und dann...
>Hey, Süßer...< Ich kann nichts dafür, dass mein Hals staubtrocken wird und deshalb lautlos nach Luft schnappe. Reese. Du bist es. Seine Stimme. Fast kann ich Zartbitter-Schokolade auf meiner Zunge schmecken. Seine rosigen Lippen. Das Gefühl seiner Haare zwischen meinen Fingern. >Anthony?< Ich fahre zusammen. >Anthony?… Wer ist da?< Meine Stimmbänder sind ausgedörrt. >Was? Ist das etwa ein heimlicher Verehrer?< Er lacht tief und rauchig.
Ich schlucke den Kloß herunter. >Nicht allzu heimlich.<
Reese nimmt tief Luft. Über eine Minute lang kann ich ihn nur atmen hören. >...< Er muss sich räuspern. >Richard...? Richard, bist...?< Weint er? >Richard, bist du das?<
Ich nicke, bevor ich merke, dass er es nicht sehen kann. >Ja.< Schwerfällig schlucke ich. >Ja, ich bin es, Kätzchen.<
Er schweigt. Dann flucht er leise. >Was... was willst du?<
>Ich... weiß es selber nicht, ich...<
>Warum hast du mich verlassen?<, platzt es aus ihm raus. Ich schließe meine Augen und atme durch die Nase hindurch. >Rede.< Was soll ich denn sagen? Ich glaube ja selber nicht an meine Argumente. Wie soll ich ihm sagen, weshalb ich ihn verlassen habe, wenn ich jetzt fast umkomme vor Sehnsucht? >Ich leg' auf.<
>Nein, nein, bitte warte.< Er schweigt erneut. >Ich... Was soll ich dir sagen? Ich... musste es tun...<
>Scheißdreck.<
>Es ging um meine Familie.<
>Scheißdreck.<
Ich schüttle den Kopf. >Was willst du hören?<
>Die Wahrheit: Das du es gemacht hast, weil du Angst hattest. Du wolltest lieber eine Lüge...< Er räuspert sich. >... eine Lüge leben, als mit mir zusammen. So ist es doch oder? Sag schon.< Ich senke den Blick. >Ich wusste, dass du Angst hast, aber... ich habe gedacht, dass du es trotzdem schaffen wirst.< Er schnieft wieder. >Weißt du, ich bin selber Schuld... Du natürlich auch, aber... Du machst so einen perfekten Eindruck. Du bist so unglaublich gut. Ein so guter Mensch. Wie Superman.< Er lacht leise. >Dabei merkt aber niemand, wie traurig, unsicher und scheiße verängstigt du doch bist.< Jedes Wort erschöpft mich. Er hat recht. >Und das sind wir alle. Das sind wir alle, aber... es ist schwerer, es von seinem Helden zu akzeptieren.< Sein Held?
>Reese, ich...<
>Wie hast du dir das vorgestellt, huh? Du rufst an und wir verabreden uns zum Ficken?<
>Nein, natürlich nicht...<
>Du hast mir weh getan, als du mich verlassen hast. Du hast mir mehr weh getan, als ich  es mir je hätte vorstellen können.< Ich lege meinen Kopf in den Nacken. Die Tränen vernebeln mir die Sicht. >Wie soll ich dir jemals wieder vertrauen können?<, fragt er mich.
Ich weiß... >Ich weiß nicht.<, flüstere ich.
>Und wieso sollte ich das dann tun?<
Erbarmungslose Fragen, für die ich keine Antworten habe.
>Ich weiß es nicht.<
Seine Stimme klingt jetzt sicherer, doch meine Tränen sind unaufhaltsam. >Warum rufst du an?<
>Weil ich dich liebe und nicht ohne dich kann, Kätzchen.<
>Du hast das letzte Jahrzehnt ohne mich geschafft, dann schaffst du bestimmt auch die nächsten.<, entgegnet er kalt. Meine Kehle verknotet sich. Dann ist es wieder still. Ich höre ihn weder atmen noch sprechen. >Ich liebe dich, Richard.<
Er legt auf.
Die Hand mit dem Handy darin sinkt. Meine Brust fängt an sich unregelmäßig zu heben und zu senken. Wütend kicke ich mit dem Fuß gegen den Sessel und lasse mich dann erneut auf ihn fallen.
Nein, so kann das nicht gehen.
Ich rufe wieder an.
Er geht nicht ran.
Ich rufe wieder und wieder und wieder an, aber er geht nicht ran.
Das wiederhole ich die nächsten Tage über.
Ich bettle ihn jedes Mal in Gedanken an.
„Bitte, bitte, geh ran! Bitte, lass mich noch einmal mit dir sprechen!“
Aber er hört mein Betteln nicht.
Als meine Kinder kommen, lasse ich es aus. Jedes Mal, wenn ich ihn anrufe und er nicht rangeht, ende ich betrunken im Trainingsraum und wache mit unmenschlichem Muskelkater und einem dicken Kopf auf.
Sie bemerken meine schlechte Laune. Amber und Jamie schlafen deshalb mit mir zusammen im Bett und halten mich in ihren Armen. Ich erlaube es mir, mich von meinen eigenen Kindern trösten zu lassen. Wie ein Baby.
Denn zu dem bin ich geworden. Ein heulendes, depressives, Alkohol trinkendes Baby.
Josh weiß natürlich Bescheid.
Sein mitleidiger Gesichtsausdruck geht mir auf die Nerven. Er fragt immer wieder, was er für mich tun kann. Was er für mich tun kann. Er soll mir Reese bringen.
Meine Kinder gehen widerwillig. Sobald sie aus dem Haus raus sind, schnappe ich mir den Hörer und rufe an.
So geht es weiter. Die ganze Woche. Ich rufe täglich zwei Mal an. Immer der Anrufbeantworter. Meine Hoffnung sinkt, aber ich kann nicht aufhören anzurufen. Es ist zu einem Ritual geworden. Ich rufe ihn an, damit mein Tag funktioniert. Denn nur die Möglichkeit, dass er vielleicht rangeht...

Kapitel 28

Es ist mein Geburtstag. Sie haben eine Überraschung für mich geplant.
Ich weiß es.
>Wo gehen wir denn hin?<
Amber und Jamie halten je eine Hand und kichern. >Hör auf zu fragen, Daddy.<
>Ich sehe nichts.< Die beiden haben mir davor auf sehr umständliche Weise eine Augenbinde umgebunden. Ich kann schon die Stimmen der Gäste hören. >Jamie, Kumpel, sag schon. Was läuft hier?< Ich kitzel ihn an der Stelle, wo ich seinen Bauch ahne.
Er kichert laut und windet sich. >Hör auf, Dad!<, quiekt er.
>Na gut.< Ich ziehe die Worte lang und atme dann theatralisch durch.
Das Gerede wird lauter. Amber flüstert etwas. Alle Geräusche verstummen. >Ok, Daddy. Komm runter, dann mach ich dir die Binde ab.< Ich gehe in die Hocke und lasse sie am Tuch herumfuchteln. Sie öffnet sie und lässt sie dann runterfallen. Eine Art Ballsaal erleuchtet vor mir. Der Unterschied zwischen meinem Geburtstag früher und dem jetzigen ist gravierend. Es sieht hier aus wie der Geburtstag eines Rentners. Doch ich lächle. Natürlich. Strahle förmlich und hebe meine Kinder hoch. Alle applaudieren und gratulieren mir zum Geburtstag. Alle sind da. Meine Eltern, meine Geschwister, meine Ex-Frau und meine Freunde. Alle.
Ich werde umarmt, auf die Wange geküsst, auf die Schulter geklopft. Alles mögliche.
Irgendwann verliere ich den Überblick.
>Alter, 31. Du bist so alt.<
Ich sehe Ben anklagend an. >Du bist 31.<
>Ja, aber ich bin immer noch scharf.<
Jacky nimmt mich in den Arm. Sie hat mir nicht verziehen, was ich Reese angetan habe, aber... sie hat etwas mehr Verständnis dafür. Ihre rosa Locken sind einem dunklen Weinrot gewichen. Sie sieht noch immer so wunderschön wie eh und je. Kein Bisschen gealtert. >Alles Gute zum Geburtstag, scharfer bester Freund meines Mannes.< Sie lächelt Ben an.
Er gluckst nur leise. >Ja, ja, verschwinde jetzt.< Damit haut sie hüftschwingend ab. >Geht's dir gut?< Ich nicke und lasse endlich zu, dass meine Beine schwach werden. Ben stützt mich. Gestern war ich wieder betrunken. Übel. Ich habe wohl Ben angerufen, denn als ich mitten in der Nacht aufgewacht bin, war er da und hat mir geholfen.
>Mir ist etwas schlecht.<, gebe ich zu.
>Junge.< Ich drehe mich zu meinem Vater um. Grau meliertes Haar. Er ist etwas eingefallen. >Alles Gute, Junge.< Er tätschelte meine Schulter und lächelt. Stolz liegt in seinen stumpfen, von Falten umzingelten Augen. Seid ich die Führung über die Firma übernommen habe, hat der Umsatz sich mehr als verdoppelt. >Ich kann dir nicht sagen, wie froh ich bin, dich von diesem Bastard weggeholt zu haben. Aber lass uns nicht auf alte Zeiten in Schande sehen, sondern uns auf die Gegenwart konzentrieren.< Mein Herz drückt in meiner Brust.
Wie kann er nur?
Ich blicke weg.
>Hey, Mr. Krimber, Sie müssen mir unbedingt erklären, wie Sie es schaffen, so fit zu bleiben.< Dad lacht. Sofort beginnen die beiden ein angeregtes Gespräch.
Dieser Mistkerl. Wut nimmt mir die Kraft gerade zu laufen. Ich wanke zum Büfett und tue so, als würde ich das Essen ansehen, stattdessen bange ich aber um meine Haltung. >Richard, geht es dir gut?< Wie ich diese Frage hasse. Eine Hand legt sich an meinen Rücken. Ich sehe auf. Ian steht da. Er ist später gekommen. Auch er trägt diese Mitleids-Maske.
„Reese hat ihn sitzen lassen, nehmen wir ihn alle in den Arm!“
>Sehe ich so aus?<
>Gib ihm Zeit...<
>Halt's Maul.<, knurre ich, stelle mich wieder auf und setze mein Grinsen auf, denn da kommt Haley.
Was für eine atemberaubende Frau sie geworden ist. Ihre Haare haben mit der Zeit einen roten Unterton bekommen, den hat sie von unserer Großmutter bekommen. In dem blauen Kleid ist sie wirklich eine Augenweide. >Ricky.< Ich schlinge meine Arme um sie herum. Immer, wenn ich sie sehe, erinnere ich mich an das süße kleine Mädchen, dass um mich herumgetanzt hat. Ihre Bewunderung mir gegenüber ist jedoch etwas geschwunden. >Alles Gute zum Geburtstag.<
Ich küsse sie auf die Wange. >Danke. Meine kleine Schwester ist so eine hübsche Frau.< Ich drehe sie im Kreis. Kichernd lehnt sie sich an mich und verschränkt ihre Finger mit meinen. >Wie geht es dir?<, frage ich sie und lasse dabei meinen Blick über die Leute schweifen.
>Was wohl wichtiger ist, ist, ob es dir gut geht.< Dad hat es nicht geschafft, sie gegen Reese aufzuhetzen. >Ich hab gehört, wie es gelaufen ist. Mit dir und Ree...<
>Ja, ist schon ok. Lass uns nicht darüber reden.< Ich küsse sie auf die Schläfe.
>Es geht dir schlecht.<
>Es geht mir gut, kleine Schwester.<

Ich komme erst spät abends nachhause. Ich habe heute morgen schon einmal angerufen. Er ist nicht rangegangen, aber er hat aufgelegt. Das... Er hat mich nicht ignoriert, dass... das bedeutet doch etwas, nicht wahr?
Eigentlich sollte ich schlafen, aber stattdessen setze ich mich in meinem Arbeitszimmer an meinen Schreibtisch.
>Wieso tue ich mir das eigentlich noch an?< Ich stehe wieder auf. Sehe auf das Handy. Es ist unschuldig und ausdruckslos und dennoch macht es mir Angst. Zu viel Angst. Er wird sowie so nicht rangehen. Er wird mich weiter ignorieren. Er wird mich ignorieren, bis er... bis er mich beachten muss. Er liebt mich. Ich liebe ihn. Er muss doch verstehen...
Frustriert reibe ich mein Nasenbein und schließe meine Augen.
Er muss doch verdammt nochmal wissen, dass ich es ernst meine! Das ich ihn liebe und dass wir zusammen gehören! Das wusste er doch früher schon, warum jetzt...
>Weil ich ihn verletzt habe.<, antworte ich mir selber.
Ich kann jetzt aber nicht einfach aufgeben. Und er soll uns auch nicht aufgeben. Er hat es selber gesagt. Er liebt mich.
Hastig schnappe ich nach dem Handy und gebe die Nummer ein. Ich kenne sie fast auswendig. Ich habe es im Gefühl. Vielleicht liegt es an meinem Geburtstag, vielleicht auch daran, dass er heute auf meinen Anruf reagiert hat, aber... ich glaube, es geht Berg auf. Wer weiß, vielleicht finden wir ja doch noch zueinander.
Ich drücke auf den grünen Knopf. Nervös atme ich ein und aus.
Er wird rangehen. Er muss rangehen. Er wird mir zuhören. Es wird alles wieder gut.
Wir sind füreinander bestimmt. Ich habe ihn verletzt, uns im Stich gelassen, aber ich will doch jetzt alles wieder gut machen. Ich will, dass es wieder so wie früher wird. Dass wir uns gegenseitig ärgern, aber am Ende des Tages zusammen in einem Bett einschlafen, so wie wir uns das vorgestellt haben.
Meine Finger gleiten zum Ring an meinem Hals. Wir wollten doch heiraten. Uns eine gemeinsame Zukunft aufbauen.
Das kann er nicht einfach so wegwerfen wollen. Das kann er nicht machen. Er würde sich dabei doch selber quälen, denn er liebt mich.
Reese liebt mich. Er wird uns nicht aufgeben.
Wir gehören zusammen.
Es folgt eine Tonfolge aus drei verschiedenen Tönen. >“Kein Anschluss unter dieser Nummer.“<

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 04.04.2013

Alle Rechte vorbehalten

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