Cover

XXX




Prolog




Ihr findet, euer Leben ist beschissen?
Dann lebt mal mein Leben. Es ist wirklich beschissen. Mehr als nur beschissen. Es ist beschissener als beschissen. Und wenn ich sage, es ist beschissen, dann meine ich auch wirklich beschissen. Und ja, ich kann nach mehr sagen, oder fluchen, als nur „beschissen“.
Aber schaut einfach selbst…

Wieder ein weiterer beschissener Tag




„Krrrkrrr“, ertönte der scheiß Wecker und riss mich aus meinem traumlosen Schlaf. Yeah, endlich eine traumlose Nacht, dachte ich und stellte diesen verfluchten Wecker aus. Man, der konnte sogar Tote wecken. Unschlüssig ob ich aufstehe oder nicht, lag ich noch immer im Bett und starrte die Zimmerdecke an.

„Hey, Schlafmütze. Aufstehen“, platzte meine Schwester ins Zimmer.

„Joa, man. Bin ja wach, ey“, murmelte ich, machte aber keine Anstalten aufzustehen. Warum auch? Ist doch eh nur ein weiterer beschissener Tag.

„Kommt ihr zwei?“, rief meine Mutter von unten, aus der Küche.

Meine Schwester rief unserer Mutter zu, dass wir jetzt kommen, ehe sie mich ansah und die Tür hinter sich zuknallte, als sie ging.

Langsam stand ich auf, ging an das angrenzende Badezimmer und stellte mich unter die Dusche. Falls ihr euch jetzt fragt, ob ich nackt schlafe, oder angezogen unter die Dusche gehe, kann ich euch sagen, ja, ich gehe in Unterwäsche unter die Dusche. Ich war ein Freak. Es war aber auch die Tatsache, dass meine verkackte Schwester, den beschissenen Schlüssel vom Badezimmer geklaut hat. Also ging ich in Unterwäsche duschen. Und, falls jetzt die Frage kommen sollte, wieso ich nicht einfach mein Zimmer abschloss, nun, da auch dieser verfluchte Schlüssel weg war, konnte ich es nicht.

Als ich fertig war, trocknete ich mich ab, nahm meine Anziehsachen und ging in die Abstellkammer. Duschen in Unterwäsche, anziehen in `ner Abstellkammer, geil. Na ja, wie dem auch sei, als ich fertig war, ging ich in die Küche, setzte mich auf meinen Platz und fing an eine Schüssel Müsli zu essen.

„Morgen mein Schatz. Möchtest du etwas trinken?“, fragte meine Mutter und drückte mir einen Kuss auf die Wange.

„Kaffee“, sagte ich genervt.

Ja, ich war genervt. Wovon? Von allem. Mich nervte mein Leben. Als meine Mutter mir den Kaffee dahinstellte, trank ich erst mal einen Schluck. Diese ekelige bittere Flüssigkeit, sollte eigentlich meine Lebensgeister wecken, doch anscheinend hatte ich keine mehr.

„Danke. Ach und dir auch einen guten Morgen“, sagte ich, trank noch einen Schluck und stand auf.

„Du willst schon los?“, fragte mich meine Mutter.

Ich nickte nur, nahm meine Tasche und ging. Draußen stieg ich auf meine giftgrüne Ninja und fuhr Richtung Schule. Logischerweise hielt ich an einer roten Ampel, dabei wäre es doch so einfach mein verkacktes Leben zu beenden. Doch nein, wieso sollte ich? Als die Ampel auf Grün umschaltete, fuhr ich weiter, Richtung meiner ganz persönlichen Hölle. Auf dem Schulgelände angekommen, stieg ich ab und mir fiel ein, dass ich meinen üblichen Check nicht gemacht habe. Also musste ich ihn jetzt machen.

Handy? Ja. MP3? Ja. Zeichenblock? Ja. Kohlestifte? Ja. Mangelndes Selbstvertrauen? Ja. Depressionen? Ja.

Okay, alles da. Na dann, dann mal los, dachte ich und näherte mich dem Gebäude.

„Ach nee, schaut wer da kommt“, hörte ich die Stimme des Schulquarterbacks und alle um ihn kicherten.

„Die Schwuchtel.“

Ja, richtig. Ich bin ein Kerl, aber nicht schwul. Wie immer ging ich mit gesenktem Kopf einfach weiter. Ich meine, ist doch nicht schlimm, als Schwuchtel abgestempelt zu werden. Haha, geiler Witz. Nein, jetzt mal im Ernst. Wenn alle an der Schule glaubten, dass du schwul bist, kann es seine Vorteile haben. Erstens: Du brauchst keinen Sport machen. Zweitens: Die Mädels wollen dir alles Mögliche erzählen. Und drittens: Die Mädels ziehen sich vor dir aus.

Hmm, wäre eigentlich alles soweit in Ordnung, wäre da nur nicht die Tatsache, dass ich gerne Sport mache und ich nicht so ein Arsch bin und das alles ausnutze.

„Hey! Silas!“, hörte ich meinen besten Freund.

„Na, Yuma. Wie war dein Weekend?“, fragte ich und bereute es auch sofort.


„Mein Weekend? Nun, also am Freitag, nach der Schule, bin ich erst mal nach Hause gefahren, da habe ich…“

Und tschüss… Ich hörte Yuma schon gar nicht mehr zu. Ach ja, Yuma war wirklich schwul. Klar, das machte es nicht einfacher für mich. Wer würde schon einen Schwulen als besten Freund haben? Natürlich keiner, außer Weiber. Es war eh nicht einfach für mich. Ich meine schaut mich an…

Meine Haare sind rabenschwarz mit neongrünen (!!!) Strähnen. Nein, da ist nix gefärbt. Meine Haare sind von Natur so. Meine Augen, die reinste Qual. Sie sind in einem hellen Lila Ton. Und als wäre das nicht schon Strafe genug, haben meine verkorksten Eltern mir den Namen Angel Silas gegeben. Hallo??? Wer nennt sein Sohn Angel?

„Silas?“, hörte ich Yuma.

Fragend sah ich ihn an. Oh, hatte er mich etwas gefragt?

„Kann ich für ein paar Tage bei euch wohnen?“

„Klar.“

„Kannst du mich gleich mitnehmen?“

„Klar.“

Normale Menschen hätten nach den Grund gefragt. Aber wieso sollte ich? Es gab nur zwei Möglichkeiten. Erste: Er wird es mir früher oder später erzählen. Zweite: er hat sich vor seinen Eltern geoutet. Wobei ich denke, dass das Erste eher zutrifft. Ich kenne Yuma jetzt schon vier Jahre und nie hat er sich getraut, seinen Eltern die Wahrheit zu sagen. Endlich an meinem Schließfach angekommen, öffnete ich es, legte meine Sachen hinein und nahm nur die Sachen mit, die ich brauchte. Auf den Weg zum Klassenraum, kam von jeder Ecke das Wort „Schwuchtel“, was ich gekonnt ignorierte. Yuma verabschiedete sich und ging zu seiner Klasse. Ich atmete paar Mal tief ein und aus, ehe ich meine Klasse betrat.

„Na, Schwuchtel. Hast erst noch ein Quickie mit Yuma gehabt, Schwuchtel?“, fragte der Quarterback.

„Oh man, Steven. Dein Vokabular lässt echt zum wünschen übrig. Deine Eltern sollten wohl mal eher ihr Geld in deine Bildung, anstatt in deinem Sport, stecken. Oder vielleicht sollte dein Vater weniger Geld für Prostituierte ausgeben und deine Mutter sollte mal an Poolboys sparen“, konterte ich.

Ja, okay es war nicht nett, aber es war die Wahrheit. Woher ich das wusste? Nun, sagen wir mal so, ein Vögelchen hat es mir gezwitschert.

„Ich mach dich fertig, du Schwuchtel“, knurrte er.

Ehe er es in die Tat umsetzen konnte, schellte die Glocke und unsere Lehrerin kam rein. Manchmal glaubte ich, dass sie solange vor der Tür stand, bis es schellte. Und so fing der verkackte Unterricht an. Als wir alle die Aufgaben von der Tafel abschrieben, flogen zwischendurch kleine Zettel durch die Gegend. Als einer auf meinem Tisch landete, klappte ich ihn auf und las. „Nachher nach der Schule, ist der dran! Die Schwuchtel meine ich!“

Uuhuu, er kann schreiben. Genervt zerknüllte ich den Zettel und schnippte ihn weg.

„Silas? Kommst du bitte mal nach vorne?“, fragte Mrs. Kordi.

Ich stand auf und hinter mir ertönten die Idioten.

„Ja?“, fragte ich leise.

„Es geht um deine Arbeit von letzter Woche.“

Oh man, was war denn jetzt schon wieder? Hat die Trulle denn keine anderen Hobbys, als mich jedes verficktes Mal nach vorne zu holen?

„Ich verstehe nicht, was in dir vorgeht. Ich meine, die Aufgabe war es, aufzuschreiben was wir in der letzten Englischstunde durchgenommen haben, du hast aber nur einen Satz geschrieben.“

„Ja?“

Haha, mal auf dumm stellen.

Ja“, sagte sie ruhig.

„Und es tut mir leid, aber ich kann diese Arbeit nicht bewerten und ich muss dich zum Direktor schicken.“

Ich nickte, nahm meine tolle „Arbeit“ und den Zettel für den Direx, ging an meinen Platz, nahm meine Sachen und ging.

Tschüss Schnalle, hallo Wichser.

Ich platzte ohne anzuklopfen beim Direx rein, ließ mich auf einen verdammt unbequemen Stuhl fallen und reichte ihm die Blätter. Er setzte seine Brille auf und überflog die Einzelheiten.

„So, wen haben wir denn da?“, fragte er und studierte mich eingehend.

Okay, das war untertrieben. Er sah mich eher so an, als wäre ich ein schönes saftiges Stück Steak. Wuha, Hilfe.

„Silas, Sir“, sagte ich stockend.

Man der Kerl machte mir Angst.

„Also, Silas. Wie ich sehe, wurdest du hierher geschickt, wegen deiner Arbeit. Wieso hast du da nur „I die in my dreams all the time“, stehen? Ich meine, du siehst nicht so aus wie Jemand, der solche Probleme hat.“

„Meinen Sie? Wie sieht denn Jemand, laut Ihnen aus, der solche Probleme hat?“, fragte ich gereizt.

Der Direx sah mich fragend an. Tada, und wieder einer sprachlos. Es klingelte.

„Sie entschuldigen mich? Ich muss wieder zum Unterricht. Einen schönen Tag noch“, sagte ich, stand auf und ging.

Pah, was für ein kranker Kerl, dachte ich und schüttelte mich am ganzen Körper. Auf den Weg zum Klassenraum, kam Steven mir entgegen. Och nö, bleibt mir denn nix erspart?

„Hey Schwuckele! Hat der Direx dich ordentlich durchgenommen? Soviel ich weiß, ist der genau von deinem Ufer“, höhnte er.

„Oh, krass. Steven, ich gratuliere dir. Du hast ein neues Wort gelernt. Deine Eltern sind bestimmt stolz auf dich. Und jetzt, lass mich in Ruhe“, knurrte ich.

Steven sah mich perplex an. Anscheinend konnte er nicht verstehen, dass ich so mit ihm sprach. Aber mal ehrlich, so langsam hatte ich die Schnauze voll. Noch ehe der Gorilla was sagen konnte, ging ich weiter. Ich öffnete die Tür und ging zu meinem Platz.

Der Rest des Schultages verlief ohne weitere Vorfälle. Yuma und ich gingen, nach der Schule, gemeinsam Richtung meiner Ninja. Als ich Steven, mit seiner Schar, in der Nähe sah, blieb ich stehen.


„Was?“, fragte Yuma verwirrt.

So blickte er auch in alle Richtungen. Als er Steven sah, schluckte er hörbar.

„Warte hier“, forderte ich ihn auf.

Natürlich hörte er nicht auf mich. Also gingen wir weiter Richtung Ninja und somit auch Richtung Steven und seiner Schar. Ohne sie zu beachten wollte ich auf die Ninja steigen, doch zog mich ein Arm zurück. Ich drehte mich um, blickte in Stevens Augen und seufzte.

„Oh, man. Ehrlich?“, fragte ich und im selben Augenblick bekam ich ein Kinnhaken.

Als ich meinen Blick wieder auf ihn richtete, spürte ich wie zwei seiner Lakaien mich an den Armen festhielten. Uh, doch so mutig? Tja, da ich mich ja jetzt nicht mehr wirklich wehren konnte, musste ich wohl oder übel einstecken. Yuma kreischte. Jap, er war schwul und das stockschwul, dachte ich. Steven schlug immer wieder auf mich ein, während die Anderen um uns herum lachten. Na ja, bis auf Yuma. Er kreischte weiter fröhlich vor sich rum, nur jetzt mit dem Unterschied, dass er jetzt auch noch wie ein aufgescheuchtes Huhn rumlief. Sorry, aber innerlich lachte ich mich über ihn tot.

„Es reicht“, hörte ich eine Stimme, die ich nur zu gut kannte.

Steven hielt kurz inne, auch die Gorillas ließen locker. Gut für mich, schlecht für Steven. Meine Faust schnellte nach vorne und traf Steven genau am Wangenknochen. Aua.

„Silas! Steven! Schluss! Jetzt!“

Bevor die Kackwurst Steven zurück schlagen konnte, stand meine Schwester zwischen uns.

„Lillith, geh zur Seite“, knurrte ich und schmeckte Blut.

Yam, lecker. Kotz.

„Oh, muss die Schwuchtel von seiner Schwester beschützt werden?“, spottete Kackwurst.

„Steven, jetzt lass es mal gut sein. Langsam musst auch mal du checken, wann es reicht“, schnauzte Lil.

Ich ging zu Yuma und beruhigte ihn erst mal. Das war eines der anstrengendsten Ereignisse die ich je erlebt habe. Nachdem ich es nach fünf geschlagenen Minuten geschafft habe, ignorierte ich alle Anderen und stieg mit Yuma auf die Ninja. Dann fuhren wir los. Endlich. Nach, viel zu langer Zeit, kamen wir bei mir an. Man roch schon im Flur das Essen, welches meine Mutter machte. Als sie uns hörte, kam sie schon um die Ecke geschossen.

„Oh mein Teufel. Silas, was ist passiert?“, fragte sie sichtlich geschockt.

„Ach, was sollte schon passiert sein? Hatte eine kleine Auseinandersetzung“, sagte ich und machte mich auf den Weg in mein Zimmer.

Yuma folgte mir.

„Ah yo, Yuma wohnt ein paar Tage hier“, schrie ich von der Treppe.

So, war das auch erledigt. Ich hörte wie Lil nach Hause kam und meiner vercheckten Mutter alles erzählte. Seufzend ging ich in mein Zimmer, mit meinem persönlichen Dackel. Muha. Das erste was ich machte war duschen. Als ich nur im Handtuch wieder in mein Zimmer kam, sah mich Yu an. Na hoppla, wieder vergessen das er schwul war. Ich nahm meine Sachen und wollte gehen, doch Yu hielt mich auf.

„Immer noch Abstellkammer?“

„Yeah.“

„Ich kann doch aufpassen.“

„Nee, lass mal. Will ja meine neue Gewohnheit nicht vergessen.“

Ich verschwand. Versteht mich jetzt nicht falsch, aber auch wenn er mein bester Freund ist, war da eben die Tatsache dass er auf Männer steht.

„Dilectus Angel Silas! Komm hier hin! Sofort!“, hörte ich meinen Vater brüllen.

Oh je, was war jetzt schon wieder? Immer wenn mein bepisster alkoholkranker Stiefpenner, mich beim vollen Namen rief, war irgendwas. Ja, ich hieß richtig Dilectus Angel Silas. Dilectus war lateinisch und bedeutet so viel wie, Geliebter. Angel war ja wohl klar und Silas war einfach nur ein Name. Ein Name den ich auch in der Öffentlichkeit trug, die Anderen konnte man ja nicht der Öffentlichkeit zumuten. Yuma sah mich fragend an, worauf ich nur mit den Schultern zuckte und nach unten ging. Unten im Wohnzimmer saßen meine Mutter, die mal wieder irgendein Scheiß im Fernseher schaute, meine Schwester, die wie immer an der Glasfront saß und gepuzzelt hat und nun ja, der Stiefpenner an seinem Schreibtisch. Okay, an einen von den dreien die er im Haus verteilt hat. Im Rücken spürte ich Yuma. Was für ein treuer Freund.

„Was gibt es?“, fragte ich wieder einmal genervt.

Wie ich diesen Kerl hasste.

„Das sollte ich dich fragen. Hast du nicht irgendetwas zu sagen?“, zischte er.

„Lass mich kurz überlegen… Hmm, Yuma pennt ein paar Tage hier und das war es.“

„Dilectus, treib es nicht zu weit! Das meinte ich nicht. Ich meine, dass was in der Schule war? Warum mich der Direktor auf der Arbeit anruft?“

„Woher soll ich wissen, wieso der kranke Spasti dich anruft.“

Der Penner stand auf und kam auf mich zu. Kurz vor mir hielt er an, sah mich an und bäng. Mal wieder hab ich eine rein gekriegt.

Willkommen in meinem beschissenen Leben. Hoffe ihr fühlt euch wohl.

„Kev, muss das jetzt sein?“, fragte meine Hirntote Mutter.

„`tschuldige meine Liebste. Dilectus, du hättest aber auch sagen können, dass du auf Männer stehst. Dann hätten wir dich im Ballett und nicht im Kampfsport angemeldet“, kam es noch immer aufbrausend von meinem Vater.

Häh? Okay, jetzt denken sie also auch noch ich wäre schwul. Vielen Dank Schwester, du Ausgeburt der Hölle. Ich seufzte, ließ meine Schultern hängen und ging Richtung Keller. Gefolgt von meinem treuen Freund. Im Keller zog ich mein Shirt aus, band mir diese tolle Bänder an den Händen und dann fing ich an zu trainieren. Yuma beobachtete mich. Was irgendwie unangenehm war.

„Oh, man. Silas, wieso versteckst du dich immer unter diesen weiten Pullis? Bei diesem Oberkörper hast du das doch gar nicht nötig“, schmachtete er mich an.

Hilfe?! Ich lächelte nur und trainierte weiter.

„Hey Silas.“

„Was willst du, Lil?“

Lil stand an der Tür gelehnt. Dafür dass sie meine Schwester war, war sie eigentlich ganz hübsch. Sie hatte lange braune Haare, die sie mit Lila Strähnen aufgefrischt hatte, ihre Augen waren Mitternachtsblau und sie hatte eine durchtrainierte Figur. Was normal war, da sie der Capitan der Cheers war

„Wollte nur sagen, dass gleich die Cheers kommen und wir hier trainieren. Aber eigentlich kann es dir ja egal sein.“

Sie lachte. Sie war zwar hübsch, aber so hübsch sie auch war, so scheiße war sie auch. Dabei war sie eigentlich jünger als ich.

„Ey, Ausgeburt der Hölle, du hast Recht. Es ist mir egal. Ich bin jetzt hier und ende. Und außerdem, mit euren Fettärschen passt ihr nicht alle hier rein.“

Lil verstummte und sah mich finster an. Oh, da hatte ich einen wunden Punkt getroffen. Ohne noch ein weiteres Wort verließ sie den Keller.

„War das nicht etwas zu gemein?“, fragte Yu.

„Und wenn? Sorry, aber ich lass mich hier nicht von Jeden dumm anmachen. Es reicht schon, wenn es Steven und seine Schar macht, oder der Kacknoob vom Stiefpenner.“

„Du hast eine sehr ungesunde Aussprache.“

Yuma lachte. Nein, ich hatte keine gesunde Aussprache, sondern eine gestörte, hätte ich am liebsten gesagt, aber ich ließ es. Es hätte nur zur weiteren Diskussionen geführt. Ich trainierte weiter. Versuchte all meinen Frust loszuwerden, natürlich hat es nicht funktioniert. Nach einer Stunde hörte ich schon das Gegackere der Cheers und natürlich von der Schar und Steven. Ja, super. Also blieb mir nix anderes übrig, als die Flucht anzutreten. Gerade als ich meine Sachen nehmen wollte, kamen die Idioten. Alle starrten mich wie die reinsten Gestörten an.

„Gibt es was zum glotzen?“, knurrte ich und ging an ihnen vorbei.

Man, haben die noch nie einen Menschen gesehen?

„Dein Bruder hat einen netten Oberkörper. Leider ist er schwul“, hörte ich wie eine der Cheers sagte und musste grinsen.

Als angeblich Schwuler hat man seine Ruhe, vor diesen oberflächlichen Schnepfen. Ein Punkt für das, nicht, schwul sein. Wieder ging ich duschen. Ja, ich weiß. Ich geh viel zu oft duschen, ist nicht gesund für die Haut und nicht für die Umwelt und so weiter. Aber hallo? Geht ihr nach einem Training oder nach Sport nicht duschen? Außerdem macht das meiner Haut nix. Yuma und ich gingen runter in die Küche und machten uns was zu essen.

„Hey, Yu. Was hältst du davon, wenn wir heute was trinken gehen?“, fragte ich spontan.

„Und was ist mit der Schule?“

„Ach die, die lassen wir einfach ausfallen. Aber wenn du nicht möchtest, kann ich auch alleine gehen. Ist kein Problem.“

„Ja. Okay. Aber was sagen wir deinen Eltern?“

Ja, so war Yu. Immer fragen, immer nachdenken, meistens immer sich drücken und immer Angst erwischt zu werden. Ich glaub in unzivilisierten Gesellschaften, nannte man das „Streber“. Aber da ich eigentlich zivilisiert war, nannte ich ihn nicht so.

„Wir sagen denen nix. Wir verpissen uns einfach“, sagte ich und stand auf.

Und so verschwanden wir einfach. Muha, ich war ja so böse. Yu saß wieder hinter mir auf der Ninja, ohne zu wissen wohin wir fuhren. Haha, ich wusste es ja selber nicht. An einer Tankstelle hielt ich, da ich logischerweise tanken musste und mir Kippen kaufen wollte. Ja, ich rauchte. Was für eine Last.

„Wo wollen wir eigentlich hin?“, fragte Yu als ich wieder kam.

„Ach keine Ahnung. Einfach mal weiter weg. Kein Bock wieder auf Idioten zu treffen.“

Yu seufzte. Hin und wieder dachte ich, dass er denkt, ich sei paranoid. Das war ich aber nicht, nur sog ich das Pech magisch an. Na ja, wie dem auch sei… Nach etlichen langweiligen Minuten, hielt ich vor einer Bar, die uns unbekannt war. Da sie von außen nicht schlecht aussah, hatten wir beschlossen hier zu bleiben. Hätte ich gewusst, was dort alles passieren würde, wäre ich definitiv nicht hier geblieben. Wir betraten die Bar, auch von innen sah sie gut aus, doch irgendwas stimmte nicht. Erst als Yu mich darauf hingewiesen hatte, checkte ich was nicht stimmte. Und es war nicht nur die Tatsache, dass es hier nur Männer gab, sondern auch noch Tabledancer. Urhg. Wie gesagt, ich sog das Pech magisch an. Aber hey, noch schlimmer konnte es nicht werden, oder? Ich sah zu Yu, der von einen Ohr zum anderen grinste. Na, wenigstens war einer happy, dachte ich und setzte mich niedergeschlagen an die Bar. Ja, ich hätte wieder abhauen können, doch ich war ein guter Freund.

„Na, Süßer“, hörte ich es neben mir.

Ich drehte mich zu der Stimme um und fuck. Fuck, fuck, fuck. Es kam doch schlimmer. Der Kerl der mir gegenüber saß, war kein anderer als dieses kranke Direxschwein. Und wieder sah er mich so komisch an. Ahh, Hilfe. Ich bin doch nicht schwul.

„Hey, Opa! Finger weg. Das ist meiner“, sagte eine sehr weibliche Stimme.

Der Direx und ich schauten beide hinter die Bar, wo eine sehr weibliche Person stand. Mein Blick fragend, der Blick vom Direx vernichtend.

„Was gibt es zum glotzen? Noch keinen gesehen, der seine Freundin auf der Arbeit besucht, auch wenn sie in einer Schwulenbar arbeitet? Aber Schätzchen, so hat er doch die Gewissheit, dass mir nix passieren kann“, sagte sie im zuckersüßen Ton.

Der Direx verschwand. Ich sah sie an, lächelte und flüsterte ein „Danke“.

„Kein Ding. Der Arsch macht immer Jüngere an. Ich bin Angel.“

„Okay. Das ist eigentlich mein Direx. Eine Frage: Bist du wirklich eine Frau?“

Yeah, mit der Tür ins Haus. Angel lachte, welches wie ein Glockenspiel klang.

„Ja, bin ich und das schon immer gewesen. Und nein, ich bin nicht lesbisch. Und du, Mister Unbekannt?“, fragte sie immer noch lächelnd.

„Oh, schon immer ein Mann gewesen und noch nie schwul gewesen. Eigentlich steh ich auf Frauen, nur mein bester Freund steht auf Männer, deswegen bin ich noch hier.“

„Ah, okay“, sagte sie und stellte mir was zum trinken hin.

„Zombie“, sagte ich und nahm das Getränk.

„Zombie? Ist ein komischer Name, findest du nicht?“

Fragend sah ich sie an. Häh, hab ich was verpasst? Sie lächelte.

„Ich hatte dich nach deinen Namen gefragt, schon vergessen? Und das, das Getränk Zombie heißt weiß ich“, lächelte sie mich weiterhin an.

„Oh, ja mein Name. Ich bin Silas.“

Angel prostete mir zu und trank irgendetwas, was ich nicht identifizieren konnte. Als sie weg ging, konnte ich sie mir mal genauer ansehen. Und ich sag nur Hammer-Mega-Geil. Sie hatte schwarze Haare, die sie hochgesteckt hatte, aber sich einzelne Locken befreit hatten. Ihre Augen waren eisblau mit einem seltsamen Schimmer. Ihre Figur, sagen wir mal so, meine Schwester wäre neidisch. Sie trug eine enge schwarze Jeans und ein weißes Oberteil, welches weite Ärmel hatte. Also im Groben und Ganzen: Hossa, die Waldfee. Ich weiß nicht wie lange ich da saß und sie beobachtet habe, aber als Yu ankam sahen wir uns beide verwirrt an.

„Und? Alles klar?“, fragte ich ihn, nach Minuten des Schweigens.

„Oh, ja. Ich habe Jemanden kennen gelernt. Du ja anscheinend auch“, er grinste mich an.

Wir unterhielten uns noch und tranken. Als der Direx wieder kam, und meinte, dass er uns Morgen in der Schule sehen wollte, verzogen wir nur das Gesicht.

„Jungs, wir schließen jetzt. Ihr müsst leider gehen“, sagte Angel im engelston.

„Oh, okay“, sagte Yu, stand auf und schwankte.

„Hmm, Yu. Wir haben ein Problem. Ich kann nicht mehr fahren“, sagte ich nicht mehr ganz so nüchtern aber ehrlich.

Yu zuckte mit den Schultern, wieso auch immer, und machte sich auf den Weg nach draußen. Ich folgte ihn einfach. Krass, jetzt kamen wir echt weit. Da keiner von uns noch genug Geld dabei hatte, konnten wir nicht mit ein Taxi fahren. Keine Ahnung wie lange wir da standen, aber wir standen lange da und diskutierten wie wir jetzt nach Hause kam. Yuma kam schon auf die glorreiche Idee meinen Vater oder meine Mutter anzurufen, was ich aber noch verhindern konnte. Man, Besoffene waren so was von anstrengend.

„Ihr seid ja immer noch da“, hörte ich Angels Stimme.

„Hmm, ja. Wissen nicht wie wir nach Hause kommen sollen“, sagte ich wahrheitsgetreu.

„Ich fahr euch.“

„Echt? Cool!“, kam es nur von Yu, der mittlerweile auf dem Boden saß.

Wir beiden schauten ihn an. Ich fragte mich, ob er noch ganz klar im Kopf war.

„Aber meine Ninja“, protestierte ich.

„Keine Sorge. Gib mir einfach den Schlüssel und ich bring sie dir später, versprochen“, sagte Angel.

Jeder andere hätte gesagt „Nein“ nur ich nicht. Wieso auch? Es war ja nur mein Heiligtum, mein Ein und Alles, mein Baby und so weiter. Ich reichte Angel den Schlüssel und ging mit ihr und Yu zu ihrem Auto. Es war nicht schlecht. Ein Evo. Okay die Farbe hätte anders sein können, aber der Lack war cool. Es war dieser Chamäleonlack. Der Evo war Pink-Lila, die Innenausstattung aus Leder mit pinken Dekorationen. Ein Frauenauto, dachte ich und ließ mich in das weiche Leder sinken. Sie machte das Auto an und aus den Boxen ertönte „Dragonforce“. Guter Musikgeschmack. Yu schlief auf der Rückbank, während ich ihr die Richtung wies. Endlich kamen wir bei mir an. Ich hievte Yu aus dem Auto, verabschiedete und bedankte mich bei Angel, schloss die Tür auf und ging rein. Yu war immer noch am schlafen, so dass ich ihn mehr oder weniger in mein Zimmer tragen musste. Ich legte ihn auf mein Bett. Ich selber blieb wach. Ging, wer hätte das gedacht, duschen, aß was und zeichnete. Das Bild welches ich zeichnete war Angel. Irgendwie konnte ich sie nicht vergessen. Um halb sieben klingelte mein Wecker und riss somit Yu aus seinem Schlaf.

„Ahh, Hilfe. Stell das Ding ab. Das weckt ja meine Oma, die schon seit zehn Jahren tot ist, und das sollte auch so bleiben, diese Frau war grausig“, jammerte er.

Ich lachte und stellte den Wecker aus. Yu quälte sich aus dem Bett und ging duschen. Ich klappte mein Block zu ehe es klopfte. Ha, geiles Timing.

„Silas, du sollst runter kommen. Mama möchte mit dir reden“, sagte Lil.

Ich nickte, verscheuchte sie aus meinem Zimmer, sagte Yu Bescheid und ging runter.

„Silas, morgen. Wo wart ihr die Nacht? Wieso hinterlässt du immer so ein Chaos? Und, stimmt es das du schwul bist?“, fragte meine Mutter.

„Silas, morgen. Wo wart ihr die Nacht? Wieso hinterlässt du immer so ein Chaos? Und, stimmt es das du schwul bist?“, fragte meine Mutter.

„Morgen. Wir waren unterwegs. Nun, mein Leben wird vom Chaos beherrscht, deswegen immer dieses Chaos. Und, nein, ich bin nicht schwul. War es das?“

Meine Mutter nickte und wand sich wieder ab. Argh, scheiße. Jetzt musste ich Lil tatsächlich fragen, ob sie mich und Yu mitnahm.

„Lil, kannst du mich und Yu mit in die Schule nehmen? Mein Bike steht irgendwo im nirgendwo“, fragte ich Lil als ich sie gefunden hatte.

„Ja, ausnahmsweise“, sagte sie und schminkte sich weiter.

Ich ging wieder und sagte Yu Bescheid. Irgendwann fuhren wir dann mal zur Schule. Als wir abkamen, sah ich weder mein Bike noch Angel, was mich irgendwie verstimmte. Ich meine, ich war ja nie wirklich gut drauf, sondern meistens genervt oder der Gleichen. Aber jetzt, da war es wirklich scheiße. Wieso musste ich auch einer total fremden Person trauen? Yu und ich stiegen aus und machten uns auf den Weg in die Klassen. Die ganze Zeit musste ich an Angel und meiner Ninja denken. Man, ja ich liebte meine Ninja. Sie war das einzige was mir von meinem leiblichen Vater übrig geblieben ist. Was mit ihm geschehen ist? Hmm, das frage ich mich auch. Ich weiß nur, dass er auf einmal weg war und Kev da war. Nun und die Ninja war noch da. Alles andere war weg, es war so, als hätte es ihn nie gegeben. Aber es gab ihn. Auch wenn nur für mich. Der Unterricht fiel heute ganz easy aus. Als es zur Pause schellte sprangen alle auf und liefen raus, nur ich ließ mir Zeit, wieso sollte ich mich auch beeilen? War doch eh alles scheiße. Auf den Weg nach draußen, lief ich in Steven rein. Juhu…

„Na, Schwuchtel, warst wohl gestern nervös was?“, brummte er.

„Nervös? Wieso sollte ich nervös gewesen sein? Weil ihr reingeplatzt kamt? Oh man, Steven steig mal `ne Stufe runter. Lass mich einfach mal in Ruhe. Ach und zu deiner Info: Ich bin nicht schwul. Man sollte von sich nicht auf andere schieben“, sagte ich, schubste ihn zur Seite und marschierte raus.

Hinter mir hörte ich wie er mir folgte, aber pah, sollte er wenn er wollte. Draußen setzte ich mich wie immer unter dem Kirschbaum und hörte Musik, während Yu mit den Lesben der Schule sich unterhielt. Ich passte eigentlich gar nicht hier rein, dachte ich und schloss meine Augen. Die Sonne war angenehm warm, auch wenn es Ende August war. Irgendwie fühlte ich mich beobachtet, weswegen ich meine Augen öffnete und mich umsah. Doch ich konnte nix erkennen. Wieder schloss ich meine Augen und dachte an Angel. Jemand stupste mich an, ich öffnete ein Auge und Yu deutete mir das es geschellt hatte, ich nickte und machte mich auf den Weg zurück. Im Klassenraum angekommen, sah ich dass all meine Sachen verteilt waren, seufzend machte ich mich daran sie aufzusammeln. Wie im Kindergarten, dachte ich. Dabei war es mein letztes Jahr. Aber gut das ich mein Block zuhause gelassen habe. Als ich wieder auf meinem Platz war, vibrierte mein Handy. Ich öffnete die SMS die seltsamer weise von Steven war. Zwar wusste ich nicht wo er meine Nummer her hatte, aber es juckte mich auch nicht wirklich. „Nach der Schule bist du sowas von dran. Hast wohl vergessen wer hier das Sagen hatte, du Schwuchtel“. Tolle SMS. Ich löschte sie und steckte mein Handy wieder weg. Nach dem Unterricht traf ich mich wieder mit Yu. Draußen auf dem Parkplatz sahen wir uns um. Ich seufzte.

„Yo, komm ich fahre. Mein Auto steht noch hier. Dann fahren wir zu dieser Bar und holen dein Bike“, sagte er mit ruhiger Stimme.

Moment mal… Sein Auto stand hier? Will der mich verarschen? Wieso habe ich ihn dann gestern mitgenommen? Mit funkelnden Augen starrte ich ihn wütend an.

„Ähm, ja sorry. Wollte aber schon immer mal mit einem Motorrad fahren“, versuchte er sich zu drücken.
„Schwuchtel… Hast du nicht etwas vergessen?“, kam es von hinten.

Man, verdammte Hühnerscheiße. Irgendwann bring ich diesen Vollschmarotzer um. Dann kann er wen auch immer weiter nerven.

„Boah, Steven. Checkst du eigentlich nicht, dass du nervst? Wenn du Aufmerksamkeit brauchst, dann wende ich an einen Psychiater und an sonst wen. Von mir aus auch an deine „Wilde Hilde“, aber geh mir nicht mehr auf die Nerven. Und zum letzten Mal: Wenn einer von uns beiden schwul ist, dann bist ja wohl du es. Und jetzt, lern sterben“, schnauzte ich ihn an.

Alle starrten mich wie Behinderte an. Man, das ging vielleicht einen auf den Sack.

„Und ihr hört auf so zu glotzen. Bin ich ein Kino, oder was?“

„Silas?“, hörte ich eine Stimme die ich unter vielen anderen wiedererkannt hätte.

Ich drehte mich um und sah in diese wundervollen Augen. Steven sog hörbar die Luft ein, als Angel auf mich zukam. Ohne was zu sagen nahm sie mich in den Arm.

„Danke, dass du mir deine Ninja geliehen hast“, sagte sie im honigsüßen Ton und zwinkerte mir zu.

„Klar, kein Problem“, sagte ich, wobei es sich anhörte wie eine Frage.

„Silas, wer ist das?“, fragte Lil zickig.

„Oh, entschuldige. Du musst Lillith sein, die Schwester von Silas. Ich bin Angel, eine Freundin“, Angel lächelte.

Alle starrten uns ungläubig an. Yu verabschiedete sich von uns, sagte mir das er schon mal zu mir fuhr.

„Silas, könntest du mich zu mir fahren?“, fragte Angel.

Ich nickte. Gemeinsam gingen wir zur Ninja. Als wir aufstiegen, fuhren wir los. Angel wies mir die Richtungen die ich fahren musste.

Impressum

Texte: fallenseraphim
Tag der Veröffentlichung: 23.10.2012

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