Der Zauber der Weihnacht
Der Zauber der Weihnacht,
er glitzerd in unsren Augen,
er wärmt unsre Herzen
er bringt uns zum lächeln,
er verzaubert uns und macht uns froh.
Mein Name ist Asari Agudasalam. Ich bin 12 Jahre alt. Bis vor kurzen lebte ich noch zusammen mit den Anderen meines Stammes mitten in der lybischen Wüste, doch jetzt wohnen wir in Österreich, in Salzburg. Meine Eltern sagen wir mussten fliehen, weil ein Krieg mit einem verfeindeten Stamm ausgebrochen ist. Doch ich vermisse mein altes Leben. Meinen Stamm, meine Freunde, die Wüste, die Freiheit und selbst Agandi, mein kleines Kamel. Ich wäre viel lieber dort geblieben. Ich weiß einfach nicht was ich hier machen soll. Wir sind in eine kleine Miniwohnung gezogen und können uns kaum etwas zum Essen leisten. Mein Vater sagt das ist weil unser Asylantrag noch nicht durchgekommen ist. Darum muss er jetzt schwarz auf einer Baustelle arbeiten und bekommt kaum Geld. Meine Eltern versuchen, glaub ich, alles zu machen, damit ich mich wohlfühle, aber es ist schwer. Wir verstehen weder die Sprache, die hier gesprochen wird, noch wissen wir wie wir uns hier richtig verhalten sollen. Außerdem ist es hier so kalt, ich mein wir haben früher in der Wüste gelebt!
Heute ist der 23. Dezember, Meine Mutter hat gesagt
das hier morgen Weihnachten gefeiert wird. Ich weiß immer noch nicht so recht warum der Tag so besonders sein soll, früher haben wir nie Weihnachten gefeiert. Mama hat gemeint wir werden es feiern, damit wir uns besser hier eingewöhnen und uns in die Kultur einfühlen können, oder so. So schleppten mich meine Eltern gestern an den Salzburger Christkindlmarkt und wir stapften stundenlang durch den Schnee und tranken Punsch. Ich weiß nicht so recht was das bringen soll. Mein Vater sagt immer nur das wir in Weihnachtsstimmung kommen mussten. Aber ich weiß ja noch nicht mal, wie sich die Weihnachtsstimmung anfühlt! Mir war nur kalt und der Punsch schmeckte ecklig süß. Das kann nicht gemeint gewesen sein. Die Straßen sind zwar schön geschmückt und am Anfang war es aufregend zum ersten Mal Schnee zu sehen, doch nichts weiter. Aber vielleicht kommt es noch, obwohl ich mir unter dieser Stimmung immer noch nichts vorstellen kann.
Später am Nachmittag buk meine Mutter Kekse und wir kauften einen kleinen Christbaum, den wir mit Keksen und Nüssen aufputzen, richtigen Schmuck konnten wir uns nicht leisten.
Doch in all den Tagen der Adventszeit wollte dieses Gefühl einfach nicht aufkommen. Das einzige was ich wollte, war endlich wieder nach Hause zu fahren und meine Freunde wiederzusehen. Als meine Mutter zu mir kam und fragte was ich mir wünschte, sagte ich dann auch: "Einen Freund". Das war das einzige was ich wirklich wollte, unter den ganzen Sachen hier konnte ich mir ohnehin nichts vorstellen. Meine Mutter sah mich nur traurig an und fragte was ich mir sonst noch wünschte, aber mir viel nichts ein. Zurück nach Hause konnten wir ohnehin nicht.
Traurig schlafe ich also auch heute, genauso wie in den letzten Tagen, ein. Morgen ist Weihnachten und ich weiß immer noch nicht wie ich mich fühlen soll.
24. Dezember. Weihnachten, und ich war immer noch nicht in Stimmung.
Nachdem wir heute in der früh in der Kirche bei der Kindermette waren, ziemlich unsinnig, wenn man fast nichts versteht, ging ich relativ gut gelaunt auf den Christkindlmarkt. Ich brauchte noch etwas das ich meinen Eltern schenken konnte. Ich habe zwar fast kein Geld, doch trotzdem fand ich relativ schnell eine kleine Kerze, die meiner Mutter gefallen könnte. Für meinen Vater nahm ich ein kleines, hözernes Kamel, das er sich auf seinen Nachttisch stellen konnte und ihn vielleicht an unsere alte Heimat erinnern würde.
Ich wollte mich gerade auf den Nachhauseweg machen, als ich auf dem Eis ausrutschte und stürzte. Meine gute Stimmung war wie weggeblasen.
Der kalte Schnee brachte mich zum Zittern und mein Arm tat weh, da ich genau auf ihn draufgefallen bin. Plötzlich hörte ich jemanden sagen: "Hey du, hast du dir wehgetan? Du liegst da so komisch da. Kann ich dir helfen?" Blinzelnd sah ich hinauf und blickte einem blonden Jungen in meinem Alter ins Gesicht. "D...dan..danke. Könn....könntest du helfen...auf", brachte ich mühsam auf Deutsch hinaus und hielt meine Hand hoch. Der Junge grinste und half mir hoch. "Ich bin Daniel. Wie heißt du? Du kommst nicht von hier, oder?" Verdutzt sah ich ihn an. "Ähm..ich bin Asari und ja, ich komme von Lybien. Aus die Wüste.", meinte ich. Der Junge schien nett zu sein. Daniel lachte und meinte: "Du solltest dein Deutsch üben, klingt lustig so. Aber ihr seid noch nicht lange da, oder?" "Zwei Monate", antwortete ich grinsend. Mein Deutsch würde schon noch besser werden.
"Wo wohnst du denn? Vielleicht wohne ich ja in der Nähe. Dann können wir uns mal treffen." "Ja, wär gut. Ich wohn in Steigerstraße 12", freute ich mich.
"Was für ein Zufall!", rief Daniel aus. "Ich wohn in der Nummer 11". "Ja das wirklich Zufall.", lachte ich.
"Hey, wollen wir ein bisschen spielen? Heute ist der Schnee super.", fragte Daniel nun. "Klar", meinte ich und so verbrachten wir den ganzen Nachmittag draußen im Schnee. Langsam aber sicher konnte ich spüren, wie ich auftaute. Langsam vergaß ich, wenigstens für einen Tag, mein Heimweh nach der Wüste und konnte frei lachen und glücklich sein. Und obwohl es eiskalt war und unsere Lippen langsam blau anliefen, lachte ich und mir war als wäre mir von innen warm. Alle Anspannung löste sich und ich war einfach nur glücklich. Später als wir dann in Daniels Wohnzimmer saßen und heißen Kakao tranken um uns aufzuwärmen. Weihnachtskekse aßen und uns über alles mögliche unterhielten, naja hauptsächlich sprach Daniel, ich tat mir immer noch schwer mit der Sprache, wusste ich plötzlich was mit Weihnachten gemeint war. Ich war rundum zufrieden und mein Herz schwoll vor Glück an, sodass ich meinte es würde platzen. Mein größter Weihnachtswunsch war soeben erfüllt worden, ich hatte einen neuen Freund gefunden.
Dieses Gefühl der Weihnachtsstimmung hielt noch den ganzen Tag an. Auch als ich später zusammen mit meinem Eltern beim Weihnachtsbaum saß und wir den
Weihnachtsabend feierten.
Ich konnte mit ehrlicher Stimme die Weihnachtslieder singen und freute mich für meine Eltern als sie die Geschenke von mir aufmachten. Auch für mich waren ein ppar Geschenke unter dem Baum, doch keines konnte das Geschenk übertreffen, das mir bereits gemacht wurde.
Glücklich bedankte ich mich bei meinen Eltern und wir genossen alle drei unser erstes, aber trotzdem wunderschönes Weihnachten.
Als ich am Abend die Augen zumachte, war der letzte Gedanke den ich hatte: Jetzt hatte mich der Zauber von Weihnachten doch noch erreicht.
Im nächsten Jahr konnte ich mich schon von Anfang an auf Weihnachten freuen. Wir kauften einen Adventkalender und einen Adventkranz. Wir feierten jeden Sonntag und zündeten eine Kerze an. Ich liebte es besonders auf den Christkindlmarkt zu gehen. An den Nachmittagen spielte ich oft mit Daniel, der immer noch mein Freund war und jetzt mit mir in eine Klasse ging. Ich konnte nun auch endlich besser Deutsch sprechen und überall mitreden. Da wir jetzt endlich offizielle Bürger Österreichs waren, fing mein Vater nun eine richtige Arbeit an und wir hatten mehr Geld. So wurde es ein richtig üppiges Weihnachten, mitsamt Weihnachtsbraten und vielen Geschenken.
Doch trotzdem werde ich auch nach vielen Jahren nie mein allererstes Weihnachten hier vergessen. Egal wie viele Geschenke wir kauften, egal was es zu essen gab und egal wie früh ich in Weihnachtsstimmung kam, so schön wie beim ersten Mal wurde es nie wieder. Denn da hatten wir alle den wahrhaftigen Zauber der Weihnacht verspürt.
Auch später im Leben würde der 24. Dezember immer eine besondere Bedeutung für mich haben. Es war Weihnachten wo ich meine Liebe fürs Leben gefunden habe. Es war der 24.12. an dem mein erster Sohn geboren wurde und es war Weihnachten, wo ich endlich wieder zurück nach Lybien fahren konnte und all meine Freunde wiedersah, die nun schon alt geworden waren. Es war Weihnachten, wo ich endlich wieder zurückfuhr und den Abend mit meiner Familie genoss. Es war ebendieses Weihnachten, wo ich meinen Kindern ansah wie auch sie der Zauber der Weihnacht erreichte, als ich am Abend ins Haus eintrat und sie nach all der langen Zeit wieder in die Arme schließen konnte. Ich hatte wahrhaft gelernt diesen Tag zu schätzen und zu lieben.
Jetzt exakt 50 Jahre später, sitze ich melancholisch im Schaukelstuhl und habe meinen kleinen Enkel Samuel am Schoss. Ich hoffe er wird später auch lernen Weihnachten als das wahrzunehmen, was es wirklich ist. Vielleicht hat meine Geschichte ihm ein bisschen dabei geholfen und er wird nicht wenn er erwachsen ist dem Stress und der Hektik, der modernen Weihnacht verfallen, sondern es genießen.
Samuel wird später heute zusammen mit meiner Tochter und seiner großen Schwester sein erstes Weihnachten feiern und zum ersten Mal den Zauber spüren, der uns alle an diesem Tag festhält.
Ich, ich werde dann zu meinem alten Freund Daniel gehen und wir werden zusammen an die Vergangenheit denken und in Erinnerungen schwelgen, bevor wir jeweils unsere Familien besuchen werden, um mit ihnen den Abend zu genießen. Genauso wie wir es schon seit 50 Jahren tun und wohl auch in Zukunft machen werden.
Tag der Veröffentlichung: 08.12.2010
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