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Bananen


Hertha Bohnstengel seufzt glücklich. Es ist eine Sünde, ja, doch eine lässliche und schon morgen kann sie es, wie jeden Sonntag, nach der Messe beichten. Die Intimität mit dem Pastor, sie allein mit ihm, das Gespräch durch die kleine Luke….Seine Worte, so sanft und verständnisvoll.
Es gibt nicht mehr viel Abwechslung in ihrem Leben. Die Nachbarn, die mit flüchtigem Gruß vorbeieilen, wenn sie sich mühsam die Stufen herauf oder herab quält; die Tauben im Stadtpark, die einzigen Wesen, die sie freudig erwarten.Der Pflegedienst, der jeden Morgen kommt, um sie zu spritzen. Ständig ein anderes junges Ding, dass kaum zur Tür herein, schon wieder hinaus huscht.
Einmal nur hatte sie gefragt, ob man ihr beim Baden helfen könne. Doch so ganz ohne Pflegestufe müsste sie die Kosten selbst tragen. Fünfzig Euro erklärte ihr die junge Frau und Haare waschen und kämmen müsste leider extra abgerechnet werden.
Hertha hat ihr Leben lang geschuftet, doch Fünfzig Euro, das ist kein Betrag, den sie so einfach ausgeben kann.
Ihre Rente ist dürftig. Sie muss jeden Einkauf genau überdenken, vor allem seitdem sie diesen blöden Diabetes hat. Doch ihre einzige Sünde lässt sie sich nicht nehmen, genießt sie jeden Samstag, voller Vorfreude auch auf das intime Gespräch am darauf folgenden Sonntag, nach der Messe, mit dem Diener des Herrn.
Sie achtet nicht auf die anderen Kirchgänger, denen der regelmäßige Beichtgang Hertas nicht verborgen bleibt.
Samstag, Einkauf nicht wie sonst, im Discounter, sondern im gut sortierten Gemüsegeschäft.
Hertha begutachtet all das schöne Obst, ihre Augen schweifen über Kirschen und Melonen. Herr Özgur, der das schon kennt, ergreift das Wort: „Wieder eine einzelne Banane?“ „Ja, bitte, eine besonders Schöne“ Herr Özgur lächelt amüsiert und legt ihr Drei, die er vorher schon bereit gelegt hat, vor. Eine besonders Dicke, eine ziemlich gerade Lange und eine mit kleinen grünen Flecken. Hertha nimmt Jede einzeln in ihre dürren Hände, begutachtet sie genau, riecht an ihnen, bis sie sich dann für die Lange entscheidet. Umständlich bezahlt sie diese und machte sich wacklig auf den Heimweg.
„Was macht die wohl damit?“, grinst Kevin spöttisch, der im Laden direkt hinter ihr stand und Hertha wundert sich, warum im Laden hinter ihr eine solche Heiterkeit aufkommt. Sie ist schon in Gedanken bei ihrer samstäglichen Freude. Sicher der Doktor hat es verboten und eigentlich hält sie sich an ihre Diät.
Doch einmal die Woche sündigt sie und gönnte sie sich den Salat aus leckeren, süßen, goldgelben Bananenscheiben, garniert mit Schokoladenstreuseln.


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Tag der Veröffentlichung: 29.04.2012

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