Weit im Norden, tief im Winter
lebten einst zwei Herzenskinder
ließen mystische Geschichten
sich von Großmama berichten.
Kai und Gerda hieß das Pärchen
und sie lauschten still den Märchen
die die Alte weise wählte
und den Kindern gern erzählte.
Von der Königin im Eise
sprach die Großmama ganz leise
und es fröstelt Kai trotz Feuer
im Kamin, dies Ungeheuer.
Keine Liebe kennt die Böse
und sie fährt mit Sturmgetöse
eisig in der Menschen Herzen
lässt zurück nur Leid und Schmerzen.
Kai spürt Blicke durch das Fenster
doch vertreibt er die Gespenster,
greift nach Gerdas warmen Händen,
deren Halt die Furcht beenden.
Winterschlaf weicht dem Erwachen
der Natur, und helles Lachen
hört man überall erklingen,
Menschen hört man fröhlich singen.
Gerda pflanzt zwei Rosentriebe,
Weiß für Treue, Rot für Liebe,
fortan sollen sie verkünden,
Kai und Gerdas Wohlbefinden.
Jahreszeiten kommen, gehen,
Winterstürme wieder wehen
und es flüchten selbst die Buben
in die gut geheizten Stuben,
wo in alt vertrauter Weise
Großmutter berichtet ... leise.
Doch nach Furcht steht nicht sein Sinn,
Kai verhöhnt die Königin.
Kaum getan, die Scheiben klirren,
Eiskristall dringt in den Wirren
Kai durchs Auge, bis zum Herzen
und er windet sich vor Schmerzen.
Kalt wird ihm ums Herz und bange,
doch das bang sein hält nicht lange,
denn er stößt die helfend' Hände
und auch Gerda, weg ... wie Fremde.
Armer Kai, er ist verloren,
Königin hat ihn erkoren,
nie mehr Liebe zu verspüren
und man sieht sie Kai entführen.
Gerda weiß um sein Verderben,
weinend sieht sie Rosen sterben
und sie macht sich auf die Reise,
ihn zu finden, fern im Eise.
Schenkt dem Fluss die neuen Schuhe,
dass in Güte er geruhe,
ihr den Weg zu Kai zu künden
und ihr helfe, ihn zu finden.
Doch das Boot steht still im Lande
einer Zauberin, am Strande,
die ein Kind will und vermessen
Gerda lässt den Kai vergessen.
In dem Garten Rosen ranken,
deren Duft klärn die Gedanken
und das Kind erkennt mit Schaudern,
viel zu lange währt' das Zaudern.
Gerda flieht, trifft einen Raben,
der will Kai gesehen haben,
wohl als Freund vom Königskinde,
das Gefallen an ihm finde.
Heimlich schleicht sie in die Stube,
wo er schläft ... ach, jener Bube
ist nicht Kai, doch schenkt er weise,
was sie braucht zur Weiterreise.
Eine Kutsche, Kleidung, Essen,
nur vom Feinsten ... was indessen
auch 'ne Räuberhorde findet,
alles stiehlt und Gerda bindet.
Räubertocher liebt Geschichten,
hält auch Tiere, die berichten,
Gerda muss nach Lappland ziehen
und das Kind hilft Gerda fliehen.
Auf des Rentiers hohem Rücken
tat, trotz Sturm, die Reise glücken,
doch von Lappland ziehen weiter,
Richtung Finnland, Ren und Reiter.
Eine Finnin ihr berichtet:
"Ja, ich hab' den Kai gesichtet,
in der Schneekönigin Schlitten
ist er hin zum Schloss geglitten."
Endlich! Oh, welch frohe Kunde
hört sie aus der Alten Munde,
will sich nicht zur Ruhe betten,
denn es gilt, den Freund zu retten.
Schneekönigin unterdessen,
ließ den Kai all das vergessen,
was ihm lieb war ... sie war fleißig
und des Knaben Herz ward eisig.
Gerda kann den Weg kaum sehen,
tobend häuft der Schneesturm Wehen,
Rentier kämpft um beider Leben,
stürzt und kann sich nicht erheben.
"Lieb Gefahrte, kann nicht weilen",
schluchzt das Mädchen, "ich muss eilen,
sammle du hier Kraft, durch rasten."
Schon sieht man sie weiter hasten.
Doch der Sturm ist bitterböse,
zwingt mit wütendem Getöse
in die Knie sie,immer wieder,
bis die Tapfre liegt danieder.
Groß ist Gerdas Lebenswille,
als sie aufwacht, ist es stille,
Mondes Licht vertreibt das Dunkel,
Eisschloss blendet mit Gefunkel.
Neue Kraft verdrängt das Zagen
und die nackten Füße tragen
sie ins Schloss, wo durch die Hallen
ihre lauten Rufe schallen.
Da! Mit todesbleichen Wangen,
sieht sie Kai, im Bann gefangen,
und sein Blick, aus kalten Augen,
kann nicht zum Erkennen taugen.
"Kai, du Lieber!", hört er's Flehen,
doch die Kälte wehrt Verstehen,
just, als er sie will verletzen,
Gerdas Tränen ihn benetzen.
Eiskristall dringt aus dem Herzen
und er windet sich vor Schmerzen,
"Oh, wie wird mir!", ruft er bange,
doch das bang sein hält nicht lange,
dann nimmt er die helfend' Hände,
"Du bist Gerda, keine Fremde!"
Und sie tanzen froh im Kreise,
ganz in alt vertrauter Weise.
Weh', die Königin verbittert,
Kai vor Furcht noch einmal zittert,
Gerdas Ruf schallt von den Wänden:
"Heut' wird deine Herrschaft enden!"
Glück und Freud' ihr Todfeind sind,
sie ist machtlos und ... zerrinnt.
Drauf sieht man die Kinder eilen,
Richtung Heimat, ohn' Verweilen,
Räubertochter, Finnin, Ren,
alle froh die Heimkehr sehn.
Gerda pflanzt zwei Rosentriebe,
Weiß für Treue, Rot für Liebe,
fortan sollen sie verkünden,
Kai und Gerdas Wohlbefinden.
Was jetzt kommt, kennt ein jedes Kind,
denn wenn sie nicht gestorben sind,
dann leben sie noch heut',
was uns natürlich freut!
Texte: © Fabiana Fabulus
Tag der Veröffentlichung: 01.11.2012
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