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Des Pudels Kern
(Nach einer tatsächlichen Begebenheit)

Ähnlichkeiten mit noch lebenden oder verstorbenen Personen sind beabsichtigt, weil es diese alte Dame, ihr Schicksal und den Hund wirklich gegeben hat. Die Namen wurden geändert.


Denn stets wird sich die Erde dreh'n
auf diese Art, ein Mensch wird wachen,
von Leid gequält, wird nicht versteh'n,
dass nebenan wir sorglos lachen.

Und ist die Erde groß und rein,
durch dieses auch, ein Mensch wird singen,
wird froh und unbekümmert sein,
wenn stumm wir mit den Sorgen ringen.

(Auszug aus "Es lachten Leute nebenan", von Jewgeni Jewtuschenko)




1. Teil - Im Jahr 1995



Die "Alte", wie Judith sie im Stillen nannte, trippelte mit gesenktem Kopf über die Straße vor dem Haus. Wie immer ließ sie sich dabei von ihrem Köter ziehen. Ein weißer Pudel, affig getrimmt, mit rotem Schleifchen auf dem Kopf. Sie selbst war klein, schmal, unscheinbar, sah nie jemanden an und ohne ihren ewig bellenden Hund würde kaum einer merken, dass es sie gab.
Judith seufzte und trat vom Fenster weg, da das Telefon klingelte. Sie hatte nicht die geringste Lust, den Anruf entgegenzunehmen, konnte sich denken, wer da anrief und steuerte auf die Kaffeemaschine zu. Die Anruferin war hartnäckig. 'Eli kennt mich ziemlich gut', dachte die junge Frau schief grinsend, drehte sich um und nahm den Hörer ab. "Tust du es heute?", schnatterte es prompt auf der anderen Seite los.
"Dir auch einen wunderschönen guten Morgen, liebste Eli", denn sie war es wirklich. Elisabeth Kögler, Freundin und Mieterin einer Wohnung im zweiten Stock, Wand an Wand mit der "Alten".
Judith wusste sofort, worum es ging und versuchte den Kelch abzuwenden. "Eli, es ist DEINE Nachbarin und DU fühlst dich durch das Gekläffe gestört. Warum muss ich eigentlich immer die Kartoffeln aus dem Feuer holen?"
"Weil ICH der Person den Hals umdrehe, falls sie mir krumm kommt und DU die personifizierte Diplomatie bist. Ohne den Köter würden wir ja gar nicht merken, dass sie da ist, also bring ihr bei, dass es besser für sie ist, wenn sie das blöde Vieh abschafft. Dann kann sie weiterhin in aller Ruhe Luft für uns sein." Sie lachte schallend in den Hörer. "Außerdem geht er nicht nur mir auf die Nerven, sondern die ganze Hausgemeinschaft mosert über den Krawallpudel. ", plapperte sie munter weiter.
"Ja, eben, Eli ... alle meckern und keiner hat den Arsch in der Hose, Frau Peters mal die Meinung zu geigen. Klar, ihr habt ja mich, ganz gleich, ob bei der Hausverwaltung der Mund aufgemacht werden soll, oder wo auch immer ... ICH werde vorgeschickt. Ihr seid mir wirklich ein Haufen Helden." Jetzt musste auch Judith lachen, denn eigentlich fühlte sie sich geschmeichelt, wenn sie gebraucht wurde. Also versprach sie der Freundin, aufzupassen, wann die Pudel-Oma zurückkommt und sie auf das andauernde Gebell ihres Hundes anzusprechen und ihr mitzuteilen, dass die Mietergemeinschaft nicht länger diesen Hund im Haus duldet.
Nach dem Telefonat holte sie sich einen Kaffee aus der Küche und setzte sich ans Fenster, um die Frau nicht zu verpassen. Sie überlegte, was sie sagen würde.
Frau Peters war alt, wie alt genau, wusste keiner, da sie mit niemandem sprach. Sie schien nie verheiratet gewesen zu sein und deshalb war sie wohl auch kinderlos. Judith hatte noch nie gehört oder gesehen, dass sie Besuch bekam. 'Komische alte Frau', dachte sie. Mit ihren 32 Jahren war zwar auch Judith ohne Mann und Kinder, aber ein recht geselliges Persönchen. Sie lebte seit fünf Jahren in diesem Haus und irgendwer hatte mal erzählt, dass die alte Peters schon lange vor den anderen acht Mietparteien hier wohnte. Und schon immer einen weißen Pudel hatte. 'Na schön', dachte Judith, 'das berechtigt dich aber nicht zur Rücksichtslosigkeit.'

Sie war in Gedanken versunken, hatte dabei die Straße eine zeitlang aus den Augen gelassen und als sie wieder hinsah, prallte sie so heftig zurück, dass beinahe
der Stuhl umkippte. Frau Peters stand auf der anderen Straßenseite und hatte ihr direkt in die Augen gesehen. Judith lief rot an und schnappte nach Luft. Was für eine peinliche Situation. Ihre dämliche Reaktion war ja wohl Beweis genug, dass sie auf Spionageposten gesessen hatte. "Ganz toll, Judith Stiller, hast du prima hinbekommen. Eine bessere Basis für ein Gespräch konntest du nicht schaffen." Sie schimpfte laut mit sich selbst, holte noch einmal tief Luft, ging in den Flur und lauschte. Einen Moment später hört sie Hundepfoten im Hausflur und öffnete die Tür ihrer Parterrewohnung. Sofort schoss der Pudel rum und kläffte ohrenbetäubend los. Frau Peters war schon am nächsten Treppenabsatz, hatte gerade den Fuß gehoben um die nächste Stufe zu erklimmen und verlor durch das Gezerre des Hundes ihr Gleichgewicht. Mit einem Satz war Judith bei ihr, verhinderte den Sturz und konnte mit einem Sprung zurück gerade noch ihre Waden vor dem wütenden Köter retten. "Danke, Kind." Die Frau sprach leise und ein wenig atemlos, während sie sich am Geländer zur nächsten Stufe hochzog. "Ist doch selbstverständlich", sagte Judith, "Frau Peters, warten Sie bitte, ich müsste mal mit ihnen reden."
Die Angesprochene zog sich unbeirrt eine weitere Stufe hoch. "Frau Peters?" Judith erhob leicht die Stimme, vielleicht war sie ja schwerhörig. "Sie müssen nicht brüllen, Kind, kommen sie 15.00 Uhr zu mir. Dann können sie mir sagen, was sie zu sagen haben."
"Nur kurz, Frau Peters, ich will nur ..."
"15.00 Uhr, Kind, ich sagte, 15.00 Uhr."
Es klang erstaunlich fest, duldete merklich keinen Widerspruch.
"Mein Name ist Stiller, Judith Stiller."
Sie sagte es leicht gereizt. Nicht nur, weil sie "Kind" etwas daneben fand, sondern hauptsächlich, um nicht wirklich wie ein Kind stehen gelassen zu werden.
"Ich weiß, Kind, ich weiß", kam es ächzend vom nächsten Treppenabsatz. Die junge Frau verdrehte die Augen und ging, über sich selbst verärgert, zurück in ihre Wohnung. 'Na Klasse', dachte sie, 'der habe ich es ja ganz schön gegeben.' Das Telefon klingelte und wieder war Eli dran.
"Und?!"
"Was und?" Judith fragte, obwohl sie genau wusste, was die Freundin wissen wollte.
"Ich habe Stimmen im Haus gehört, nun sag schon, wie es gelaufen ist und lass dir nicht jedes Wort aus der Nase ziehen", quengelte Eli.
"Da kannst du ziehen, so lange du willst, da kommt nichts", entgegnete Judith, erstattete dennoch brav Bericht mit dem Ergebnis, dass Eli sich vor Lachen nicht mehr einkriegte, weil sich Judith beim spionieren zum quietschen dämlich angestellt hatte.


15.05 Uhr stand Judith vor der Wohnungstür von Frau Peters und verzichtete darauf, die Klingel zu benutzen. Der Pudel kündigte sie lautstark an und untermauerte somit die Dringlichkeit des bevorstehenden Gesprächs. 'Sehr gut', konnte sie gerade noch denken, dann öffnete sich die Tür und Frau Peters machte eine einladende Handbewegung, welcher die Besucherin etwas zögernd Folge leistete, da der Köter die Lefzen hochzog und knurrte. "Kommen sie ruhig rein, er tut Ihnen nichts." Damit drehte sie sich um und überließ Judith sich selbst und dem unfreundlichen Hund. "Tu du mir nichts, dann tu ich dir auch nichts", zischte sie leise und ging beherzt an ihm vorbei. Er ließ sie unbehelligt durch. Frau Peters war schon wieder in ihrer Küche und als Judith im Türrahmen auftauchte, wurde sie aufgefordert, doch im Wohnzimmer schon mal Platz zu nehmen und sich noch einen Moment zu gedulden. Es roch nach gebrühtem Kaffee und frisch gebackenem Kuchen. Die junge Frau tat, wie ihr geheißen, verlaufen konnte sie sich nicht, ihre Wohnung war exakt gleich geschnitten. Neben der Küche war das Wohnzimmer. Eine Türe gab es nicht, dafür einen knallbunten Samtvorhang, mit dicken roten Kordeln zur Seite gerafft. Judith ging durch und blieb erstaunt stehen. Sie hatte mit den typischen Oma-Möbeln gerechnet, mit Lavendelgestank und was sonst bei alten Menschen üblich war. An der Wand über dem Sofa hingen Drucke von Dali-Skizzen, manche sahen aus, wie das Gekritzel eines Laien. Grau auf weißem Grund, passend zum Sofa, ebenfalls ein helles Grau und zeitlos modern in seiner schlichten Form. Daneben stand eine schlanke, sehr hohe Vase, in kräftigem Orange, in ihr eine riesige, knallgelbe Sonnenblume. Ein erstaunlich gekonnter Farbtupfer, der das Gesamtbild freundlich abrundete. Aber am meisten erstaunte Judith ein schwerer Schreibtisch unter dem Fenster. Nicht etwa der Schreibtisch selbst, obwohl er ein sichtbar wertvolles Möbelstück war, sondern der großzollige Mac, der auf ihm stand. Eingeschaltet.
"Sie stehen mir im Weg, Kind."
Judith fuhr herum, hinter ihr stand Frau Peters, in den Händen ein Tablett mit lustig bemalten, gefüllten Kaffeebechern und einem Pfirsich-Quark-Kuchen. "Oh, Entschuldigung, ich wollte nur, ich musste nur ...", stotterte sie verlegen. "Sie mussten sich erst einmal wundern?" Sie sagte es lächelnd und dirigierte Judith mit dem Tablett zum Sofa. Dabei schwappte etwas Kaffee über. Sie wischte es mit einer Serviette weg, packte zwei große Stücke Kuchen auf die Teller und stellte einen davon vor Judith hin. "Bitte entschuldigen Sie, Frau Peters, aber ich bin nicht zum Kaffee trinken gekommen, ich würde gerne mit ihnen über ..." "Ja, ja, Kind, ich weiß, sie wollen reden. Dafür ist auch nach dem Kuchen noch Zeit, ich habe nicht die Absicht, in der nächsten halben Stunde das Zeitliche zu segnen." Sie schmunzelte vergnügt und setzte sich in den Sessel, der Judith gegenüber stand. Diese gab sich im Moment geschlagen, nippte an ihrem Kaffee, der höllisch stark war. "Hätten sie vielleicht ein klein wenig Milch für mich?" Sie fragte es ungern, aber wenn sie ihn so trinken würde, bekäme sie noch vor dem Gespräch einen Herzkasper. "Oh, natürlich", sagte Frau Peters und trippelte mit den Worten in die Küche: "Ich vergesse manchmal, dass nicht jeder so einen niedrigen Blutdruck hat, wie ich." Judith nutzte die Gelegenheit, sich noch ein wenig umzuschauen. An den Wänden hinter der Tür und gegenüber dem Fenster standen schlichte, unbehandelte Holzregale, wie man sie in jedem Baumarkt bekam. Beide waren mit Büchern voll gestellt. Das heißt, fast, denn in einem war eine Etage frei. Dort standen zwei alte schwarz/weiß Fotos in schlichten Rahmen. Judith lauschte zur Küche hin, es klapperte noch geschäftig. Flink stand sie auf und sah sich die Fotos an. Auf dem einen saß eine sehr hübsche Frau in einem Sessel, ein Mann stand dahinter, seine Hände lagen auf ihren Schultern. Zu ihren Füßen saßen vier junge Männer. Alle blickten ernst in die Kamera, damals war das wohl so üblich. Auf dem anderen Foto hockte ein junger Mann, hohlwangig und insgesamt sehr mager, vor einem Haus. Er spielte mit einem kleinen weißen Hund. Das Foto war sehr verblasst, aber Judith konnte erkennen, dass der Mann lachte."
Schnell wollte sie zurück auf ihren Platz huschen und drehte sich um. Hinter ihr stand Frau Peters, ein Milchkännchen in der Hand und schaute an ihr vorbei, auf die Bilder. "Sehen Sie sie ruhig an, wenn ich etwas dagegen hätte, würden sie nicht offen dort stehen." Judith wollte im Erdboden versinken, was musste die Frau von ihr denken. Erst die Sache mit dem Fenster und jetzt wurde sie schon wieder beim herumschnüffeln erwischt. "Ist das ihre Familie?" Sie fragte eigentlich nur, um sich über die unangenehme Situation hinwegzuhelfen. "Das war sie mein Kind, ja, das war meine Familie." Sie ging zum Tisch, stellte die Milch ab und forderte ihren Gast auf, sich zu bedienen. Die alte Frau schaute wieder zu den Fotos und schien sich einen Moment in Erinnerungen zu verlieren. Judith betrachtete sie eingehender. Sie schätzte sie auf Mitte bis Ende 70. Sehr hellhäutig, aber mit einem rosigen Hauch auf den Wangen. Das kam sicher von den Spaziergängen mit dem Hund, dachte sie. Zusammen mit dem schlohweißen Haar fiel der jungen Frau zum ersten Mal auf, dass Frau Peters aussah, wie man sich eine Märchen-Omi vorstellte. Und sie wirkte hier, in ihren vier Wänden, so ganz anders, als wenn man ihr draußen begegnete. Kein bisschen verhuscht und schon gar nicht verschroben. Die Gastgeberin fand zurück in die Gegenwart und bat Judith, doch endlich mal den Kuchen zu probieren. "Habe ich doch extra für Sie gebacken." Sie sagte es aufmunternd, so dass Judith anfing zu essen. Er schmeckte prima und das gab sie auch deutlich zu verstehen, indem sie ihn ruckzuck verputzte. Judith wollte irgendetwas Nettes sagen, vor allem, um sich selbst ein wenig besser zu fühlen. "Sie sehen ihrer Mutter sehr ähnlich, sie war eine schöne Frau." Die Peters schaute einen Moment verdutzt, dann lachte sie. "Ach so. Sie denken, das auf dem Foto ist meine Mutter. Nein, mein Kind, das bin ich." "Von wann ist denn das Foto?" Judith fragte es mit zweifelndem Unterton, denn das Foto war sehr alt und die Frau darauf hatte fast erwachsene Söhne. Die Gefragte entgegnete: "Das war im Sommer 1940, da war ich 40 Jahre alt." Judith konnte es nicht fassen, jetzt hatten sie 1995, das hieße ja, die Frau wäre ... " "Ja, glauben sie es nur, ich bin 95", kam die Peters ihr zuvor. Sie lachte kurz auf, als sie das Erstaunen ihres Gastes sah, wurde dann aber nachdenklich und sagte: "Jene, die bleiben wollen, müssen gehen. Jene die gehen wollen, müssen bleiben. Das ist nicht gerecht, aber der Gevatter Tod hat da wohl seine eigenen Regeln." Sie beugte sich seitlich aus dem Sessel und kraulte liebevoll den Hund. "Und ich habe ja auch eine Aufgabe ... stimmt's, Pillo?" Der Hund wedelte freudig mit dem Schwanz.
Judith fühlte sich immer unwohler. Hier wirkte alles so harmonisch und nun sollte sie einer 95-jährigen, deren einziger Vertrauter dieser Hund zu sein schien, sagen, dass die Hausgemeinschaft nicht mehr bereit war, ihn zu dulden. Frau Peters schien einen sechsten Sinn zu haben, denn sie lehnte sich ein wenig vor, sah ihren Gast freundlich an und sagte: "So, nun haben wir uns gestärkt und können zur Tagesordnung übergehen. Ich nehme an, ihren Besuch habe ich Pillo zu verdanken?" Die junge Frau fühlte sich überrumpelt durch diese Geradlinigkeit, denn in den letzten Minuten hatte sich ihre ohnehin gemäßigte Angriffslust in Luft aufgelöst. Nun war sie in der Klemme. "Es tut mir leid, Frau Peters", sagte sie leise und machte Anstalten, sich zu erheben, " ich sollte jetzt besser gehen." Sollten doch die Meckerer ihre Angelegenheiten selbst klären.
"Und sie glauben, mir damit einen Gefallen zu tun, Kind?"
Judith war irritiert, wusste mit der Frage nichts anzufangen. Es störte sie längst nicht mehr, dass sie "Kind" genannt wurde, es klang nicht abwertend, wenn die alte Frau sie so nannte.
Frau Peters bemerkte ihre Verwirrung, erhob sich ebenfalls und ging zu dem Regal mit den Fotos. Sie nahm das Bild mit dem jungen Mann in beide Hände, drehte sich zu Judith um und hielt es ihr hin. "Das ist mein jüngster Sohn. Der Peter. Und der kleine Hund ist Pillo. Den hat er mir hinterlassen. Pillo war sein Vermächtnis an mich."
Die junge Frau sah auf das Foto und wusste nicht, was sie sagen sollte. Frau Peters schien ihr nun doch ein wenig verwirrt. Pillo konnte schließlich keine 50 Jahre alt sein. Wieder schien die Alte Gedanken lesen zu können: "Der auf dem Foto war der erste Pillo und dieser hier, wegen dem sie heute zum mir gekommen sind, ist ein Nachfahre von ihm. So wie alle Pillos, die ich bisher hatte. Denn nur so konnte ich das Vermächtnis meines Sohnes erfüllen. Und das werde ich tun, bis ich sterbe."
Die Neugier gewann die Oberhand und Judith fragte: "Wollen Sie mir erzählen, was es damit auf sich hat?"
Frau Peters schien einen Moment zu überlegen, dann zuckte Sie mit den Schultern: "Ich habe schon seit einer Ewigkeit mit niemandem darüber gesprochen, denn es ist eine Geschichte über das Sterben. Wer will schon so etwas hören. Am Anfang tun sie alle, als würden sie Anteil nehmen, aber das ist nur leeres Gerede. Irgendwann zieht man sich dann in sein Schneckenhaus zurück, lebt mit seinen Erinnerungen. Man will ja auch keinen belästigen."
"Es interessiert mich wirklich sehr." Judith, meinte, was sie sagte und ging zurück zum Sofa.
Die Peters lachte kurz auf und rief: "Nur, wenn sie mir versprechen, meine Verbündete zu werden! Ich weiß genau, was die Leute im Haus sagen. Die Wände haben Ohren und die meisten dämpfen nicht mal ihre Stimmen, wenn sie sich im Treppenhaus über mich und meinen Pillo beschweren. Aber was soll ich machen? Pillo ist ein Hund und Hunde bellen nun mal. Menschen brüllen und keifen so oft in ihren Wohnungen ... warum beschwert sich DA keiner?"
Jetzt musste auch Judith lachen. "Ihre Verbündete? Warum eigentlich nicht. Jetzt, wo Sie es sagen ... ich höre häufiger laute Musik, Türen knallen, Kindergeschrei und Familienkrach, als ihren Hund. Top, der Handel gilt!"
"Sie haben sich von den anderen vorschicken lassen, nicht wahr, Kind?"
"Ja", gab sie beschämt zu, "so ist es. Und ich war noch stolz darauf, gebraucht zu werden."
Frau Peters nickte bedächtig: "Ja, Kind, so sind die Menschen. Die einen machen Dreck und die anderen kehren ihn weg. Gewöhnen sie sich das schnell wieder ab, es dankt Ihnen ja doch keiner und Freunde schafft es schon gar nicht. Und jetzt hole ich uns ein Gläschen Wein und dann erzähle ich Ihnen, warum Sie mir helfen müssen, dass Pillo hier bleiben kann."


2. Teil -1940 - 1946

Wir waren das, was man heute eine glückliche Familie nennen würde, obwohl die Maßstäbe ganz andere waren. Glücklich konnte man sich nennen, wenn der Mann Arbeit hatte, die Hausfrau drei ordentliche Mahlzeiten auf den Tisch bekam und die Kinder gesund waren. Herbert, mein Mann, war Produktionsleiter in einer von den Munitionsfabriken, wurde ordentlich bezahlt und war auf Grund eines angeborenen Hüftleidens vom Wehrdienst befreit. Für die Polen brauchte man ihn nicht, die Parteigenossen witzelten auch darüber, dass sich die Sowjets in Finnland selbst geschwächt hätten und Frankreich hatte die eigene Kriegserklärung, Deutschland gegenüber, regelrecht ausgesessen. "An der Front muss man laufen können wie ein Hase, Herbert, guck du mal lieber, dass die Granaten ordentlich in die Rohre passen." Sie meinten es nicht böse, aber meinen Herbert wurmte es gewaltig, dass er nicht gut genug war, für Führer und Vaterland in den Krieg zu ziehen. Ich schimpfte mit ihm, wenn er so sprach und sagte, er solle dankbar sein, für diesen dummen Krieg nicht sein Leben opfern zu müssen. Wir waren alle so hineingewachsen in dieses unbesiegbare 3. Reich, dass wir glaubten, in Deutschland könne uns nichts passieren.

"Wissen Sie, warum ausgerechnet dieses Familienfoto dort steht?"
Judith schüttelte den Kopf.
"Es war das letzte Foto, auf dem wir alle noch zusammen waren."

Im Mai 1940 wurde unser ältester Sohn, Hans-Jürgen, einundzwanzig und einen Tag später eingezogen. Er war ein Sport-Ass und wie sein Vater darauf erpicht, seinem geliebten Führer zu dienen. Wer konnte es den jungen Männern verdenken ... sie wussten es ja nicht besser. Mein Mann klopfte ihm auf die Schulter, ganz rot vor Stolz und gab ihm mit auf den Weg: "Mach uns keine Schande, Junge!" Das war seine einzige Sorge ... "Mach uns keine Schande."
Ich will bei der Wahrheit bleiben, Kind, ich fand den Krieg zwar nicht gut, aber Hitler tat ja auch meiner festen Überzeugung nach alles für uns, sein Volk. Ich flehte also Gott und meinen Hans-Jürgen an, dass er bald und auch gesund zurückkäme und ließ ihn einfach in den Krieg ziehen. Was hätte ich auch anderes tun können. Im Juni wurde er nach Paris geschickt. Die Franzosen überließen es kampflos den Deutschen und ich glaubte, meine Sorgen seien unbegründet. Eine Woche später kam der Brief. Unser Junge war von Partisanen erschossen worden. 'Gefallen im heldenhaften Kampf. für den Führer und das Vaterland.'
Wir hatten "Glück", sie schickten ihn uns zurück und wir konnten ihn anständig unter die Erde bringen. Mein Mann und ich standen noch am Grab, als alle schon weg waren. "Und", fragte ich ihn schluchzend, "war er das Wert, dein Stolz?" Ich wusste, dass ich ungerecht war, aber in mir war mit einem Mal so viel Hass. Hass auf Hitler, den Krieg, auf meinen Mann und am Ende auch auf mich selbst. Ich hätte meinen Sohn schützen müssen. Hätte ihm beibringen sollen, dass Kriege Verbrechen sind.
Danach kam die Panik, denn der Krieg wurde schlimmer und ich hatte noch drei Söhne. Sie war begründet, denn im Jahr darauf musste ich hilflos zusehen, wie meine Söhne Harald und Werner ihre Bündel packten, um für Führer und Vaterland zu kämpfen. Mit ihnen hatte ich nach Hans-Jürgens Tod oft gesprochen, aber sie wollten mich nicht verstehen.
Die Sowjets leisteten unerwartet großen Widerstand und der harte Winter half ihnen dabei. Die Kriegsmaschinerie forderte unerbittlich Nachschub. Diesmal sagte mein Herbert nichts, aber seine Hände ruhten nicht weniger Stolz auf den Schultern unserer Kinder. Mir konnte er nicht in die Augen sehen, nachdem sie gegangen waren und das war auch besser so.
Ich weinte tagelang so oft und lange, dass sich Peter einmal zu mir setzte und meine Hand nahm: "Mutter", sagte er ganz erwachsen, "ganz gleich, was noch kommt, ich werde dich nicht verlassen. Ich will diesen Krieg nicht und ich will auch keine Menschen töten. Einer sollte mal mit dem Führer reden, so kann man kein Volk glücklich machen." Er war 15 Jahre jung. Ein stilles, feingliedriges Kind, das sich gerne mit seinen Büchern zurückzog. Er schrieb Gedichte und manchmal auch lustige Geschichten, an denen wir oft unsere Freude gehabt hatten, wenn er sie zum Besten gab. Als seine Brüder weggingen, wurde er noch stiller, zog sich noch häufiger zurück. Die Zeiten wurden härter, die Briefe von den Buben kamen immer seltener ... bis sie ganz ausblieben. In ganz Europa war mittlerweile die Hölle ausgebrochen, es gingen Gerüchte um, dass Juden und Ausländer zu tausenden in den Konzentrationslagern umgebracht wurden. Herbert wollte nicht mit mir darüber reden. "Sei still, Frau", sagte er, "der Führer weiß, was er tut, denn er tut es für unser deutsches Reich." Ich hielt meinen Mund tatsächlich, hatte ich doch den Kopf voller Sorgen um die Söhne, konnte eh kaum noch klar denken.

Wissen Sie, Kind, ich habe in all den Jahren so oft darüber nachgedacht, weshalb wir Deutschen nichts dagegen unternommen haben. Am Anfang, denke ich, war es die allgemeine Euphorie, die uns wegsehen ließ. Wir ließen uns damit einlullen, dass wir was Besonderes seien. Ich denke, hier liegt der Knackpunkt. Die Masse eines jeden Volkes, das sind die kleinen Leute. Und die meisten dieser kleinen Leute, wären gerne große. Wir waren ein dummes Volk, denn wir haben uns von dem Größenwahn eines kranken Menschen anstecken lassen. Hitler, das war nicht nur dieser eine kleine Mann. Hitler, das waren wir, die breite Masse des deutschen Volkes. Viel zu spät kamen das Erkennen und damit auch die Angst, denn man hörte oft genug, was mit denen passierte, die sich gegen den Führer und seine Handlanger auflehnten. Und dann, als es ganz schlimm wurde, dachte keiner mehr an Menschen, die man eh nicht kannte ... jeder hatte damit zu tun, sich selbst und die Seinen zu schützen und über die Runden zu bringen. Egoismus ist die Triebfeder der Selbsterhaltung. Ich weiß, das klingt für Sie sicher zu banal, aber große Worte machen auch nicht besser, was geschehen ist.
Glauben Sie mir, die wenigsten Deutschen waren wirklich schlecht, aber fast alle waren dumm."

Judith saß ganz still und hörte nachdenklich zu.

"Nur Peter verstand mich, mein kleiner Peter, der mittlerweile zwar ein junger Mann geworden, aber tief im Herzen ein reines Kind geblieben war. Seine Meinung hatte sich nicht geändert. Wenn der Vater aus dem Haus war, erzählte er mir von seinen Zukunftsplänen. Er wollte Lehrer werden und Kindern beibringen, dass nur eine Welt voller Liebe eine gute Welt war. Das Kinder viel lesen und noch mehr lernen müssen, damit sie verstehen können, dass kein Volk dieser Welt sein Glück auf dem Unglück eines anderen Volkes aufbauen kann. Eines Tages fragte er mich, ob ich ihn für einen Feigling hielte. Ich fragte, wie er denn auf so etwas käme. "Nun ja, Mutter, ich will für Hitler nicht in den Krieg ziehen, aber ich bin auch für die andere Seite nicht bereit, zu töten." Für mich war mein Junge kein Feigling, hätten nur mehr Menschen so gedacht ... viel mehr, dann hätte es nicht so weit kommen können.

Frau Peters sah Judith an und sagte: "Bitte entschuldigen Sie, dass ich so weit aushole, ich wollte Sie mit all dem nicht belästigen. Aber ich habe noch nie so offen über all das sprechen können. Langweile ich Sie? Sie können es mir ruhig sagen."
"Aber nein", beteuerte Judith aufrichtig, "im Gegenteil, ich höre Ihnen sehr gerne zu."

"Danke, Kind. Wenige Tage nach meinem Gespräch mit Peter kam ein Wehrmachtsbrief. Mein Mann war in der Fabrik und Peter war auch nicht im Haus. Es war genau so ein Briefumschlag, wie ich ihn damals bei Hans-Jürgens Tod erhielt. Ich konnte ihn nicht öffnen, schnappte mir meinen Mantel und lief aus dem Haus. Nur weg, dachte ich, weg von diesem Briefumschlag. Ich weiß bis heute nicht, wo ich überall herumgelaufen bin, aber als ich nachhause kam, saß Herbert mit leerem Blick am Küchentisch, vor sich den geöffneten Umschlag und auf dem Boden lag ein Blatt Papier. Ich musste mich zwingen, wenigstens diese eine Frage zu stellen: "Welcher?"
Es war Werner, unser zweitältester. Ich kann mich nur noch dunkel daran erinnern, dass ich schrie und wie eine Verrückte auf meinen Mann einschlug. Er wehrte sich nicht. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, stand ein Arzt am Bett, ich hatte einen Nervenzusammenbruch.
Herbert ging mir von da an aus dem Weg. Vielleicht war es seine Art, mich um Verzeihung zu bitten, ich habe es nie erfahren. Und obwohl mich nicht weniger Schuld traf, nahm ich es einfach hin. Acht Wochen später holten sie ihn, meinen Mann, der ja eigentlich nicht für den Kriegsdienst taugte. Schweigend packte ich ihm die wärmsten Sachen zusammen und holte ihm unsere Wolldecke vom Bett. Dann stand er abmarschbereit vor mir und ich ... tat nichts. Und er tat das Gleiche. Er sah mich ruhig an und in diesem Moment wussten wir beide, dass er sterben würde. Das wir uns nie wieder sehen werden, wenn er jetzt das Haus verlässt. Wir hätten uns in den Arm nehmen sollen, ich hätte ihm sagen müssen, dass ich ihn trotz allem immer geliebt habe und ich glaube noch heute, dass auch er nichts anderes wollte. Aber wir taten beide nichts. Als er die Türe öffnete, sagte ich nur: "Finde Harald." Mein Mann zögerte kurz, dann nickte er und die Tür fiel hinter ihm ins Schloss."

Judith hörte zu und hatte Tränen in den Augen. "Und? Haben sie ihn wieder gesehen?" Sie kannte die Antwort, aber irgendetwas musste sie jetzt sagen, sonst hätte sie angefangen zu weinen.

"Nein, Kind, unser Gefühl hatte uns nicht betrogen. Ich sah meinen Herbert nie wieder, hörte auch nichts von ihm. Mein Mann gehört zu den zig tausenden, die "als verschollen im Krieg" geführt wurden. Das bekam ich später auch schriftlich von der Wehrmacht. Auch er wurde zum Kriegsheld erklärt. Als das Schreiben kam, leitete ich es an seinen Bruder weiter, ein überzeugter Nazi, der mich daraufhin wissen ließ, dass ich es seinen Nachforschungen zu verdanken hätte, überhaupt etwas zu erfahren. Nun, es war nicht viel, aber ich konnte wenigstens aufhören, sinnlos zu hoffen.

Von da an saßen Peter und ich jeden Abend eng beieinander und obwohl wir keine Kirchgänger waren, beteten wir für Harald und sprachen uns gegenseitig Mut zu. Wieder und wieder ging ich zum Amt, um etwas über den Verbleib meines dritten Sohnes zu erfahren. Wieder und wieder sagte man mir, es gäbe keine Informationen über ihn. So lange, bis ein weiterer Brief ins Haus kam. Es war kein Wehrmachtsbrief, sondern einer, der mit krakeliger Handschrift geschrieben war. Ein junger Mann gab ihn persönlich ab und verlangte, dass ich darüber schweigen solle. Ein Kriegskamerad von Harald hatte ihn einem Verletzten mitgegeben, der das Glück hatte, mit einem Krankentransport zurück nach Deutschland zu kommen. In dem Brief stand, dass Harald durch eine Schussverletzung zurückgeblieben und in die Hände der Sowjets gefallen sei. Und schweigen sollte ich, weil es verboten war, Nachrichten über tausende Deutsche Soldaten zu verbreiten, die in Gefangenschaft geraten waren. Hitler ließ sich noch immer und überall als strahlenden Sieger feiern. Dass er währenddessen sinnlos unzählige Väter, Söhne und Brüder in einem schon verlorenen Krieg verbriet, sollten so wenige wie möglich wissen.
In meiner Not wandte ich mich an den Bruder meines Mannes. Ich sagte ihm, wenn keiner etwas von Harald wisse, dann könne er doch nur in Gefangenschaft geraten sein und er habe doch sicher die Möglichkeit, ihn für mich zu finden. Er wurde ungehalten, erklärte mir, dass die Russen viel zu lahm wären, um unsere deutschen Soldaten gefangen zu nehmen und Harald sicher als Held gefallen wäre. Eine Suche sei sinnlos. Da wusste ich, dass er lügt. Ich schrie ihn an, dass er es seinem Bruder schuldig sei, mir zu helfen, Herbert zu finden und dass ihm Hitler doch nicht mehr bedeuten könne, als die eigene Familie. Er schlug mir ins Gesicht, so hart, dass meine Lippe aufsprang. Dann brüllte er mich an, Frauen wie ich, seien eine Schande für das deutsche Reich und dass er mich nicht erschießen lässt, habe ich alleine dem Umstand zu verdanken, dass ich die Frau seines im Kampf gefallenen Bruders sei. "Und jetzt geh mir aus den Augen, sonst überlege ich es mir noch anders!" Ich ging. Nicht weil ich Angst um mein Leben hatte, aber zuhause saß Peter und wartete auf mich.

In den Familien rings um uns herum gab es kaum noch Männer, entweder sie kämpften irgendwo verzweifelt um ihr Leben, oder sie waren tot. Kein Wunder also, dass man uns immer häufiger merkwürdig ansah. Sie zerrissen sich die Mäuler irgendwann recht unverhohlen. Ich war immer noch eine attraktive Frau und langsam brodelte die Gerüchteküche, ich hätte einen hochrangigen Geliebten und nur dadurch würde mein Sohn nicht eingezogen werden. Das dumme Gerede ließ mich kalt, aber eben weil mein Junge bisher keine Aufforderung erhalten hatte, bangte ich von Tag zu Tag mehr. Das leiseste Geräusch vor der Wohnungstür ließ mich zusammenfahren, ich hatte monatelang Schweißausbrüche und zittrige Hände, wann immer jemand an die Türe klopfte.

Mittlerweile war es Anfang 1945, die Niederlagen der deutschen Wehrmacht ließen sich nicht mehr vertuschen, immer häufiger hörte man, dass der Krieg bald verloren und somit auch bald vorbei sei. Ich begann ein wenig aufzuatmen, aber nicht lange, denn kurz darauf gab es eine gewaltige Mobilmachung. Alles was männlich und in der Lage war, eine Waffe zu heben, wurde rekrutiert. Und dann passierte es tatsächlich. Nur waren es keine fremden Menschen, die ihn holten, sondern mein Schwager, der Bruder meines Mannes. Im März 1945 war es, als eines Abends unsere Wohnungstür aufflog und er sich geschniegelt und gebügelt vor unserem Abendbrottisch aufbaute. "Aha!", brüllte er in lächerlich zackiger Nazi-Manier, "das gesamte Deutsche Reich kämpft vereint und dem jungen Herrn geruht es, sich unterm Rock der Frau Mutter zu verstecken!"
Ich stellte mich vor meinen Peter und sagte ruhig, aber fest: " Drei Söhne und meinen Ehemann hat dieses Deutsche Reich gefordert, Schwager, lass mir den jüngsten Sohn, ich bin dem Vaterland nichts mehr schuldig." Er zog die Augenbrauen theatralisch hoch, doch ehe er etwas erwidern konnte, war Peter vom Stuhl gesprungen und stellte sich vor mich. "Ich werde keine Waffe in die Hand nehmen, Onkel, ich werde nicht töten. Nicht für das große Deutsche Reich, nicht für das Vaterland und erst recht nicht für dich. Du kannst mich erschießen, aber nicht zwingen, zum Mörder zu werden." Statt einer Antwort zog der Schwager die Waffe und richtete sie auf seinen Neffen, meinen Sohn Peter. Ich schrie auf und sprang zwischen die beiden Männer. "Um Himmels Willen Schwager, du wirst nicht wirklich den Sohn deines Bruders ermorden wollen!" Ich schrie hysterisch, denn ich konnte in seinen Augen sehen, dass er nicht zögern würde. Er grinste mich höhnisch an und sagte: " In Kriegszeiten nennt man es standesrechtliche Erschießung eines Kriegsdienstverweigerers, werte Schwägerin. Und in Kriegszeiten können wir keine Rücksicht auf kleine feige Hosenscheißer in der eigenen Familie nehmen." Mein Junge schob mich mit Gewalt zur Seite. "Nenne mich, wie du willst. Du kannst mich auch erschießen, ich habe keine Angst, zu sterben. Ich habe viel mehr Angst davor, so ein Mensch zu werden, wie du es bist." Ich war wie erstarrt und dann ging alles sehr schnell. Mein Schwager holte blitzschnell aus und schlug meinem Sohn die Faust, samt Waffe, ins Gesicht. Peter flog nach hinten, auf den Küchentisch und Blut spritze ihm aus Mund und Nase. Noch ehe er wieder richtig auf den Beinen war, zerrte mich dieser Unmensch am Arm zu sich und drückte mir die Pistole an die Schläfe. Jetzt brüllte Peter auf, ich hingegen wurde ruhig. "Drück ab", keuchte ich, "wenn du glaubst, einen von uns töten zu müssen, dann drück ab, aber dann geh und lass meinen Jungen in Frieden." Er lachte hässlich und schrie, dass er genau DAS tun werde. "Dann muss dieser kleine Vaterlandsverräter zeitlebens damit klar kommen, dass er seine Mutter krepieren lassen hat, um nicht selbst kämpfen zu müssen! Sag deiner Mutter Auf Nimmer Wiedersehen, du jämmerlicher Waschlappen." Ich schloss die Augen und betete inbrünstig, dass er Peter nicht doch nach mir erschießen würde, dann war ich bereit und lächelte meinem Sohn zu. Es tat mir weh, diesen gequälten Blick unter all dem Blut zu sehen, er sollte wissen, dass er sich nie Vorwürfe zu machen brauchte.
Deshalb lächelte ich ihm zu.
Doch der dumme Junge gab auf.
Er sah mich an, nicht ihn ... als er sagte: "Lass uns gehen. Und jetzt lass meine Mutter los, du verdammter Scheißkerl."
Dann nahm er seine Filzjacke und die Mütze vom Haken und ging aus der Wohnung, ohne mich noch einmal anzusehen.
Mein Schwager zischte mir ins Ohr: "Wir kriegen sie alle." Dann stieß er mich grob weg und folgte meinem Jungen.
Er muss mich wirklich sehr geliebt haben, mein Peterchen."

Frau Peters schwieg und eine Träne lief ihr über die Wange, blieb dann im Mundwinkel hängen. Auch Judith kramte nach etwas in ihrer Jackentasche, womit sie sich die Nase putzen konnte.
"Und Peter? Sahen Sie wenigstens ihren Peter noch einmal wieder!" Fragte sie ganz vorsichtig. Sie fand endlich eine zerdrückte Tempo-Packung. Drei Tücher waren noch drin, etwas geknautscht, aber das hielt sie nicht davon ab, der alten Frau eins zu reichen. Die nahm es zwar, wischte sich aber mit dem Handrücken über das Gesicht. Das Tüchlein knetete sie zwischen den Fingern, während sie weiter erzählte:

"Überall in den Straßen sah man in den folgenden Tagen Alte und Kinder, zwar immer bewaffnet, aber viele hätten mit dem Gewehrkolben das große Deutsche Reich verteidigen müssen, denn die Munition ging langsam aus, oder es war keiner mehr da, der sie verteilen konnte. Wie auch immer, ich sah und fragte so viele nach meinem Jungen, aber niemand konnte mir Antwort geben. Manchmal sagte ich den Kindern, sie sollen die Waffen wegwerfen und zu ihren Müttern gehen. Vielleicht tat es der eine oder andere Knirps auch, aber die meisten waren noch immer ganz stolz auf das, was sie taten. Ich sagte ja schon, sie hatten es nicht anders gelernt. Und so manches Kind hatte keine Eltern mehr, geschweige denn, ein Zuhause.
Es hagelte Bomben und oft musste ich stundenlang in den Kellern fremder Häuser sitzen, immer in der bangen Hoffnung, dass auch Peter sich hatte in Sicherheit bringen können. Diese Ungewissheit macht krank, Kind, und irgendwann schleppte ich mich fiebernd zu unserem Haus. Es stand und steht noch heute ... wir beide wohnen darin."

Frau Peters lächelte über Judiths Verblüffung. "Hier, in diesem Haus ist das alles passiert? Und sie konnten dennoch all die Jahre hier wohnen?"
"Ja, das konnte ich, denn ich musste auf meinen Peter warten. Stellen sie sich vor, er wäre heimgekehrt und ich wäre nicht mehr da gewesen. Ich hatte auch immer noch die leise Hoffnung, dass mein Harald nachhause kommen würde, eine Bestätigung über seine Gefangenschaft oder gar seinen Tod, hatte ich ja nie erhalten."
"Das ist natürlich wahr", überlegte Judith laut, "daran habe ich jetzt gar nicht gedacht."
Die alte Dame sprach weiter:

"Ich hatte mir eine Lungenentzündung eingehandelt und wäre vielleicht daran gestorben, hätte sich nicht eine alte Nachbarin meiner erbarmt. Eine mürrische alte Frau, die ich mehr als einmal kräftig fluchen und auch schimpfen hörte: 'Ach Gott ach Gott, als hätt' man nicht selbst genug Sorgen am Hals, muss man sich auch noch mit so was schinden." Aber ich will nicht jammern, sie tat, was ihr möglich war und hielt mich am Leben. Als ich mich wieder aufrappeln konnte, zog ich weiter unermüdlich durch die Stadt und die umliegenden Dörfer ... kein Lebenszeichen fand ich von meinem Peter. Der Krieg war vorbei, die Zeit der Trümmerfrauen war angebrochen. Hier und da hörte ich sie auch wieder bei der Arbeit singen ... es war ein Sehnen in den Menschen, sich ein Stück Normalität zurückzuerobern. Manchmal riefen sie mir zu, 'he du, pack mit an', wenn ich fragend durch die zerbombten Straßen irrte, dann lief ich schnell beschämt weiter, aber ich musste ja meinen Jungen suchen.
Im Herbst 1945 hörte ich auf, zu fragen. Die Menschen verdrehten die Augen, wenn sie mich kommen sahen, zu viele hatte ich wieder und wieder gefragt ... nicht mit Absicht, wie sollte ich mir all die Gesichter denn merken können. Es gingen schlimme Gerüchte in der Stadt um, die Besatzer würden Frauen und Mädchen vergewaltigen, wohl aus Rache, was unsere Männer ihren Frauen angetan hatten. Das machte mir keine Sorgen, ich war abgemagert und so ungepflegt, dass sich keiner an mir vergriffen hätte. Und wenn, ich habe schlimmeres überstanden. So dachte ich damals. Mir war alle egal. Als der Herbst und mit ihm die Kälte kam, überlegte ich mehr als einmal, mir das Leben zu nehmen. Wozu das ganze Elend noch erdulden müssen? Doch wieder und wieder stellte ich mir vor, meine Jungs kämen heim und die Mutter hätte sich feige davongeschlichen. Also lebte ich weiter. Zum Glück hatte ich mich so entschieden."

Frau Peters machte eine Pause und Judith sah eine Veränderung im Gesicht der alten Frau. Es hellte sich auf. Judith atmete kaum, als sie ungeduldig fragte: "Und dann? Bekamen Sie etwa eine gute Nachricht??"

"Besser, mein Kind, viel besser.
Es war im Februar 1946, genauer gesagt, Mittwoch, der 6. Februar, es war schon dunkel und ich brockte mir gerade ein Stück altes Brot in meine letzte Milch, da klopfte es zaghaft an der Tür. Ich rief, dass sie offen sei, ich aber nichts zu geben hätte. Dabei starrte ich weiter in meine Schüssel.
"Mir auch nicht, Mutti?"
Mir blieb beinahe das Herz stehen und ich wagte nicht, den Kopf zu heben. Hatte Panik, dass ich es tue und niemand wäre da.
"Mutti?" Es klang schwach und dennoch besorgt und immer noch, wie mein Junge. Ganz langsam, damit ich nicht aufwache und damit den Traum vertreibe, sah ich auf.
Da stand er. Vor mir stand Peter. Und auch, als ich mit einem Schrei in die Höhe fuhr, den Tisch wegstieß und auf ihn zusprang, blieb das Bild. Dann, endlich, hatte ich ihn in meinen Armen und er fühlte sich so echt an. Es war kein Traum. Mein Junge war heimgekehrt. Ich weiß nicht, wie lange wir da einfach nur standen, uns festhielten und weinten. Ich vor Glück und bei meinem Peter glaubte ich, er müsse sich das Grauen von der Seele weinen. Mein Junge, der nie einem Menschen böses antun wollte und um den Preis meines Lebens gezwungen wurde, in den Krieg zu ziehen. Immer wieder nahm ich sein schmal gewordenes Gesicht in meine Hände und küsste seine Wangen, seine Stirn, seine Augen. "Ich lasse dich nie wieder los", schluchzte ich wieder und wieder. Dann lachten wir zusammen und mein Peter sagte: "Mutti, wenn du mich noch länger abherzt, sterbe ich vor Hunger und der Kleine hier erstickt." Da sah ich ihn erst, den kleinen weißen Hund, der aus dem Tornister vor Peters Bauch lugte. Aber noch kümmerte er mich nicht, denn mein Sohn war unversehrt zurückgekehrt. Ganz schrecklich abgemagert war er, aber alles war noch dran. Ich zog ihn ins Schlafzimmer, nur das Ehebett war noch übrig, ich hatte einen Großteil der Möbel nach und nach verfeuert, um nicht zu erfrieren. "Zieh sofort die nassen Sachen aus und krieche unter die Decke. Es ist eine gute Decke, sie wird dich schnell aufwärmen. Ich laufe schnell und besorge dir etwas zu essen." " Hast du denn nichts im Haus?" Er klang besorgt und auch erstaunt. Ich drehte mich um und strahlte ihn an: " Im Moment nicht, Kind, aber morgen. Morgen werde ich ganz groß einkaufen. Ich habe sehr wenig gebraucht und die Lebensmittelmarken fein säuberlich gesammelt. Ich wusste ja, dass du zurückkehren würdest." Die Freudentränen stiegen mir wieder hoch und ich rannte schluchzend ins Treppenhaus. Von Tür zu Tür lief ich, klopfte laut und bettelte aufgeregt bei jedem um eine Kleinigkeit, weil mein Sohn soeben nachhause gekommen sei und ich nichts da hätte. Ich versprach, es am nächsten Tag mit einem kleinen Zins zurückzugeben. Die meisten freuten sich mit mir und am Ende hatte ich eine Hand voll Mehl, ein Stück Brot und 4 kleine Kartoffeln. Es war nicht viel, aber ich habe ihm was draus gemacht, ans Bett gebracht und zugesehen, wie es ihm schmeckt. Ich selbst bekam vor Aufregung keinen Bissen hinunter. Er gab auch dem Hund etwas von dem wenigen, dann schlief er ein und mich störte nicht, dass das Tier ebenfalls in meinem Bett lag. Ich saß die halbe Nacht nur da und sah ihn an. Konnte den Blick nicht von ihm wenden. Es war die Angst, er könne nicht mehr da sein, würde ich auch nur kurz wegsehen. "

Judith liefen die Tränen und sie schniefte wieder in ihr Tempo. 'Was für ein Schicksal', dachte sie, "und wir haben nichts besseres zu tun, als der alten Frau den Hund verbieten zu wollen.' Dann sagte sie: "Hach, Frau Peters, ich bin so froh, dass Ihnen wenigstens der Peter geblieben ist. Oder kam ihr Harald etwa auch noch zurück?"

"Nein, Kind, außer meinem jüngsten Sohn kam keiner zurück aus dem Krieg und ich habe auch nie erfahren, was mit meinem Harald passiert ist. Einmal, es muss so um die zwei Jahre nach Kriegsende gewesen sein, da hatte ich einen Traum. Der Postbote brachte mir einen Brief von ihm. Darin stand, er hätte sich in ein hübsches russisches Mädel verliebt und wolle nun für immer bei ihr bleiben. Ich solle ihm nicht böse sein, aber er sei so glücklich, da wo er jetzt lebt. Es war ein schöner Traum und ich dachte so oft an ihn, dass ich mir am Ende vorstellte, es sei die Wirklichkeit. Und noch heute glaube ich manchmal, mein Junge führt in Russland ein glückliches Leben. Jetzt halten Sie mich sicher für eine senile alte Frau, nicht wahr, Kind?"
"Nein", beteuerte Judith, "Ganz gewiss tue ich das nicht. Darf ich fragen, wo Peter fast ein Jahr lang war?"

"Sie dürfen Kind, sie dürfen. Ich würde Ihnen sowieso gerne noch den Rest erzählen, denn nun kommt ja Pillo ins Spiel."
Judith nickte heftig.

"In dieser Nacht bin ich auf dem Stuhl eingeschlafen und die Kreuzschmerzen weckten mich, ehe es hell wurde. Das war auch gut so, denn sowohl die Wohnung als auch ich, sahen fürchterlich aus. Jetzt, wo mein Peter wieder da war, sollte sich das ändern und ich brachte erst die Wohnung so gut in Ordnung, wie es eben ging und dann machte ich mich selbst ein wenig zurecht. Mein Junge und ich, wir beide würden jetzt ein neues Leben beginnen. Immer wieder öffnete ich leise die Schlafzimmertüre, um mich davon zu überzeugen, dass er auch wirklich da war. Peter schlief lange an diesem Tag, was auch verständlich war und so konnte ich auch noch einkaufen und ein gutes Essen zubereiten. Ganz gleich, was ich tat, ich lachte und weinte abwechselnd leise vor mich hin.
"Guten Morgen, Mutti" ... er stand im Türrahmen, den kleinen weißen Hund auf dem Arm. Die schmutzige Unterwäsche schlackerte um den ausgemergelten Körper und dieses Bild brannte sich tief in meinem Kopf ein.
Um nicht gleich wieder loszuheulen, sagte ich gespielt barsch, "Kind, du brauchst dringend ein Bad, riechst ja tausend Meter gegen den Wind. Dann wird gegessen und anschließend setzten wir uns hin und reden." Heute nehmen die Menschen Vollbäder mit ganz viel Schaum, damals war ich froh, ihm wenigstens eine Pfütze warmes Wasser in die Wanne gießen zu können. Wasser gab es wieder genug, aber wie ich schon sagte, Briketts und Holz waren rar. Ich hantierte in der Küche und um meine Füße wuselte der kleine Hund. Ich warf ihm ein Stück Brot hin, er fraß es gierig und pisste aufgeregt auf meinen frisch gescheuerten Küchenboden. "Peter!", rief ich, "wo soll der Hund eigentlich hin, ich meine, wo soll er leben?" "Natürlich bei uns, Mutti, wo denn sonst?" Darüber musste ich noch einmal mit ihm reden, nahm ich mir vor, aber an diesem Tag ganz bestimmt nicht.
Nach dem Essen setzten wir uns aufs Sofa, wir hielten uns ganz fest und sprachen bis in den späten Abend."

Frau Peters sah etwas unsicher zu Judith. "Wenn es Sie interessiert, Kind, werde ich versuchen, Ihnen wiederzugeben, was mein Junge mir erzählt hat."
"Judith nickte heftig, "unbedingt möchte ich es hören", und so atmete die alte Dame tief durch, sammelte sich einen Moment und sprach weiter.


Peters Bericht:



"In der Dunkelheit rumpelte das Auto über Schutt und wie mir schien, auch über Leichen. Neben dem Fahrer saß der Onkel, links und rechts von mir zwei weitere Männer in SS-Uniform. Keiner sprach ein Wort. Am Stadtrand hielt der Wagen, sie zerrten mich aus dem Auto und stießen mich Richtung Fluss, dorthin, wo die Brücke darüber führt. Ich war mir sicher, dass sie mich nun doch erschießen würden. An der Brücke pfiff er eine kleine Melodie und hinter der Böschung pfiff sie jemand zurück. Ein Junge, vielleicht 17, kam aus der Dunkelheit, schlug die Hacken zusammen und flüsterte: "Heil Hitler, Herr Obersturmführer." "Wie ich sehe, habt ihr alles im Griff", flüsterte der Onkel zurück, "ich bringe euch Verstärkung, er ist zwar ein feiger Hund, aber stellt ihn auf einen Posten und gebt ihm eine Waffe und Munition. Sollte er nicht spuren, dann knallt ihn ab. Verstanden?!" "Jawoll, Herr Obersturmführer, bewaffnen, auf Posten stellen und abknallen, wenn er nicht spurt." Der Onkel drehte sich zu mir um und sagte: "Das sind meine besten Jungs aus der HJ. Von ihnen kannst du lernen, wie man für den Führer kämpft und stirbt. Und du wirst kämpfen, denn die Jungs werden nicht zögern, ihren Auftrag zu erfüllen. Und solltest du sie dazu zwingen, dich zu erschießen, dann knöpfe ich mir deine Mutter vor. Aber vorher werden meine Männer noch ihren Spaß mit ihr haben. Hast du mich verstanden?" " Ich nickte, er grinste dreckig und ließ mich mit den Jungs alleine. Ihr Anführer stieß mir seine MP in den Rücken und trieb mich den Hang runter, bis unter den Brückenpfeiler. Dort hockten ein Dutzend weitere, und kein einziger schien älter zu sein, als der Anführer. Sie hatten alle Maschinenpistolen und zwischen ihnen stand ein Maschinengewehr. Eine Kiste mit Munition war auch da und es sah aus, als hätten sie alles rein geschmissen, was sie finden konnten. Ich muss wohl kopfschüttelnd gelächelt haben, denn einer stieß mir die Faust hart in die Magengrube und zischte, "was grinstn so dämlich, willst wohl gleich abgeknallt werden." Als ich wieder Luft bekam sagte ich, "ich frage mich nur, wie ihr damit Panzer aufhalten wollt. Das ist doch Irrsinn." "Für einen Feigling, wie dich, vielleicht", höhnte einer, "aber ehe die Thomys uns alle machen können, müssen sie erst mal an uns rankommen. Guck mal, hier!" Stolz zerrte er eine Panzerfaust aus dem Gestrüpp. "Pass lieber auf, dass du nicht daneben schießt", sagte einer. Es war ein Junge, der kaum älter als 14 Jahre aussah. "Du hast nur eine Granate, wenn die nicht trifft, sind wir alle am Arsch." Einige lachten leise, aber es war kein fröhliches Lachen. Der Krieg hatte auch in diesen Kindern Spuren hinterlassen und trotz ihrer Jugend waren sie sich darüber im Klaren, dass es um ihr Leben gehen würde, kämen die Russen tatsächlich über diese Brücke. Einer drückte mir eine Pistole, eine Walther P38, in die Hand und stopfte mir Patronen in die Hosentaschen. "Du musst sie noch laden", sagte er und deutete meinen Blick wohl falsch. "Was größeres ist leider nicht mehr da", fügte er hinzu und zuckte bedauernd mit den Schultern. Er wirkte sehr ernst und irgendwie netter als der Rest.
Nun hatte ich eine Waffe in der Hand, liebe Mutter. Ich lud sie auch und dachte dabei an dich und daran, was dein Schwager dir antun wollte. Aber einen Menschen erschießen, dazu war ich noch immer nicht bereit. Ich hoffte, die Russen würden nicht über diese Brücke kommen, aber als es hell wurde, hörten wir in der Ferne dieses hässliche Geräusch, wie es nur ein rollender Panzer verursachen kann. Die Jungs waren bestens vorbereitet. Im Nu war das MG im Brückenhaus aufgestellt. Die Feinde hatten den Sonnenaufgang im Rücken, würden es also durch die Spiegelung im Fenster nicht sehen können. Wir verteilten uns links und rechts von der Brücke im Gebüsch und einer gab Anweisung, ja nicht zu schießen, wenn die Späher kämen. Du musst wissen, es gingen immer einige voraus, um die Lage zu sondieren. Der mit der Panzerfaust hatte sich so postiert, dass er mit einem Sprung auf der Brücke stehen würde, wäre der Panzer in Schussweite. Der nette Junge rief mir leise zu, ich solle mich hinter ihm postieren, "mit der Walther hast du nicht die geringste Chance." Ich robbte auf ihn zu, kam aber nur ein paar Meter weit, dann traf mich etwas Hartes am Hinterkopf. Es war der Lauf einer MP, der Anführer drückte mir damit das Gesicht in den Dreck und zischte: "Ich knall dich ab, du feige Sau, wenn du nicht auf deinem Posten bleibst." Von der anderen Seite zischte der Nette zurück, "jetzt dreh nicht durch, ich habe ihn zu mir gerufen, damit er meine Stellung und meine MP übernimmt, wenn es mich erwischt." "Haste noch mal Glück gehabt", murrte der Anführer und versetzte mir einen Tritt in die Beine. Ein paar Minuten später sahen wir den Feind und die Jungs wurden ganz aufgeregt, denn statt der erwarteten Russen, kamen die Thomys. Ein paar Männer liefen geduckt, Meter für Meter, bis zur Mitte der Brücke, lehnten sich auch über die Geländer, um die Böschungen abzusuchen. Wir waren durch das Gestrüpp gut getarnt, wagten aber nicht, zu atmen. Ich hoffte, sie kämen ganz rüber. Dann hätten sie uns mit Sicherheit entdeckt und ich dachte, die Jungs würden sich dann vielleicht ergeben. Sie mussten wissen, dass sie einem Nahkampf nicht gewachsen waren. Aber die Thomys schöpften keinen Verdacht, schienen sich sicher zu fühlen, denn jetzt riefen sie sich laut irgendwas zu und lachten sogar. Einer drehte sich um, und schwenkte eine kleine englische Flagge. Das war das Zeichen, dass der Panzer kommen konnte. Gleich darauf rollte aus der gegenüberliegenden Siedlung einer Richtung Fluss. Und noch einer und ein dritter. Der Junge neben mir, zog scharf die Luft zwischen den Zähnen ein und drehte sich mit weit aufgerissenen Augen zu mir um. "Heilige Scheiße", flüsterte er rau, "das ist 'ne ganze Panzerkolonne. Das muss der Obersturmführer doch gewusst haben." Ich hatte nie Ahnung vom Krieg, Mutter, stimmte ihm jedoch zu und es bestätigte einmal mehr, was der Bruder meines Vaters für ein Mensch war. Er warf diese Kinder dem Feind zum Fraß vor. Der Junge klammerte sich an seine MP, als könne sie ihn schützen und ich sah seine Angst. "Sei vernünftig, Junge", flüsterte ich ihm eindringlich zu, "es lohnt doch nicht, für eine verlorene Sache das Leben wegzuwerfen. Der Krieg ist bald vorbei, noch haben wir eine kleine Chance, sie werden uns nicht erschießen, wenn wir uns ergeben." Ich sah, wie es in ihm arbeitete. Man hatte ihm beigebracht, dass es heldenhaft sei, für den Führer zu sterben und da waren ja noch die anderen, die es zu überzeugen galt. Wir hatten keine Zeit mehr, der Panzer war gleich auf der Brücke. Ich wollte es ihm leichter machen, hielt meine Walther so, dass er sie sehen konnte und leerte das Magazin. "Siehst du, es ist ganz einfach, nicht zum Mörder zu werden. Die da drüben sind auch nicht freiwillig in den Krieg gezogen und hoffen, ihn zu überleben. Wenn wir nicht schießen, haben sie keinen Grund, uns zu töten." Er sah mich noch immer unsicher an. Ich nickte aufmunternd in Richtung seiner MP. "Leg sie einfach weg, die anderen werden einsehen, dass es aussichtslos i ..." Ein Poltern ließ mich herumfahren, der Junge mit der Panzerfaust war auf die Brücke gesprungen, hob das Rohr, zielte kurz und feuerte. Für einen Augenblick hing ein Zischen in der Luft, dann erfolgte der Einschlag. Die andern sprangen auf und eröffneten das Feuer. Der Anführer unserer Gruppe schrie etwas, was ich nicht verstehen konnte, aber einige der Jungs stürmten den Hang rauf und gingen hinter dem Brückenhaus in Stellung. Mein kleiner Freund blieb liegen, wusste nicht, was er tun sollte. Ich drückte ihn runter und brüllte, er solle genau das machen und sich nicht rühren. Die Engländer erwiderten umgehend das Feuer und ich sah zwei der Jungs in dem Kugelhagel sterben, ehe sie die schützende Rückwand des Brückenhauses erreichen konnten. Der mit der Panzerfaust hatte sich mit einem Satz zurück über das Geländer in Sicherheit gebracht und kroch auf uns zu. "Diese Schweine haben Martin getötet!". Er klang wie das Aufheulen eines Tieres, "Diese Drecksthomys haben meinen kleinen Bruder abgeknallt!" Wie ein wahnsinniger sah er sich um, dann fiel sein Blick auf die MP des Jungen, den ich unten hielt und er riss sie an sich. Dann stürmte er den Hang hoch und rannte schreiend und feuernd, mitten auf der Brücke, gegen den Feind. Er hatte sich zur lebenden Zielscheibe gemacht und später sah ich ihn, völlig zerfetzt, dort oben liegen. Er war keine drei Meter weit gekommen. Ich konnte nicht sehen, was auf der anderen Seite los war, aber sie schienen ihre Panzer in Position gebracht zu haben, denn unter ohrenbetäubendem Lärm spritzte das Mauerwerk des Brückenhauses nach allen Seiten. Es muss ein mutiger Junge gewesen sein, der das MG bediente, denn ich sah das Mündungsfeuer aus dem Fenster sprühen, bis eine Granate direkt in der Öffnung einschlug.
Wir beide waren nicht in Gefahr, denn die Thomys konzentrierten sich geballt auf das Brückenhaus. Die Jungs auf der Rückseite begriffen, dass sie in einer verdammt ungünstigen Lage waren und einige versuchten, durch den Kugelhagel in den Schutz der Brückenpfeiler zu entkommen. Auf unserer Seite schafften es drei, unter ihnen der Anführer. Er brüllte uns zu, dass wir uns nur auf das Fußvolk konzentrieren sollen, dann wurde er stutzig und begriff, dass wir gar nicht gekämpft hatten. Es war purer Hass in seinen Augen, als er keuchte: "Ihr verdammten Verräter, dafür mache ich euch fertig." Er hob die MP und richtete sie auf uns. In diesem Moment stand die Zeit für mich still. In Zeitlupe konnte ich sehen, wie sich sein Finger um den Hahn krümmte und ich schloss die Augen. Eine Salve ging los und ich wunderte mich, dass es überhaupt nicht wehtat, wenn man erschossen wird. Dann begriff ich, dass ich nicht tot war und riskierte einen Blick. Der Anführer lag auf dem Rücken, eine Hälfte seines Gesichts fehlte. Über mir schrie jemand was in englischer Sprache und als ich den Kopf hob, sah ich in die Augen eines älteren Mannes, der, seine MP noch im Anschlag, mit einer Hand unter die Brücke deutete und mit den Augen fragte, ob von dort noch Gefahr für sie ausginge. Ich sah ihn an, sah dann zu den beiden Jungs, die mit dem Anführer gekommen waren. Sie pressten sich an die Steine, in den Augen nichts als Angst. Ich schaute wieder zu dem Engländer und schüttelte den Kopf. Es war vorbei. Ich tippte den Netten, der immer noch nicht den Kopf gehoben hatte an und sagte: "Du kannst aufstehen, Junge, wir leben und weißt du, was das verrückteste ist? Das haben wir dem Feind zu verdanken. Stell dir vor, ein Thomy hat uns das Leben gerettet." Er antwortete nicht und erst da sah ich genauer hin, drehte ihn auf die Seite. Er sah mich an ... mit toten Augen. Er hatte ein kleines Loch in der Schläfe, aber es sah nicht aus, als stamme es aus einem Gewehr. Es muss ein Brocken von dem Mauerwerk gewesen sein, der ihn mit voller Wucht getroffen hatte. Das war das erste und auch einzige Mal, dass ich weinte.

Meine Hoffnung, dass man mich gehen ließ, wurde schnell zunichte gemacht. Auch als der alte Engländer meine Aussage bestätigte, dass er mich nicht kämpfend gesehen hatte und ich gerade von einem Deutschen erschossen werden sollte, änderte nichts an der Tatsache, dass ich im Rahmen einer Kampfhandlung in Gefangenschaft geraten war. Die beiden Jungs, die sich ebenfalls freiwillig ergeben hatten, wurden mit mir zusammen auf einen LKW verfrachtet und nach etwa zwei Stunden Fahrt ins Ungewisse, lud man uns um. Es war ein Gefangenen-Sammeltransport und so landeten wir schließlich in einem der gerade errichteten Rheinwiesenlager. Dort gab es Verhöre und Befragungen. Die Engländer waren misstrauisch. Immer wieder hatten sich hochrangige Offiziere unter die einfachen Soldaten gemischt, um nicht als Kriegsverbrecher zur Verantwortung gezogen zu werden. Ich hatte Glück und mich ließen sie nach der ersten Befragung in Ruhe. Der Engländer, der mir das Leben gerettet hatte, steckte mir ein Papier zu, ehe ich auf den Laster gestoßen wurde. Es war eine mit englischem Stempel versehene Erklärung, dass ich unbewaffnet aufgegriffen wurde und mich nicht an Kampfhandlungen beteiligt hatte. Ich nahm mir vor, ihn nach dem Krieg zu suchen, Mutter, und das werde ich auch irgendwann tun, denn ohne ihn würde ich heute nicht hier sitzen. Es gibt nicht viel, was sich aus dem Lager zu berichten lohnt. Wir waren Kriegsgefangene und wurden dementsprechend behandelt. Das schlimmste war, dass es fast gar keine Gebäude gab und viele von uns in ihrer Not Erdlöcher gruben, um sich in eisigen Nächten wenigstens notdürftig vor der Kälte zu schützen. Jeden Morgen wurden Tote aus den Löchern gezerrt und oft fragte ich mich, ob die Sieger bessere Menschen waren, als die Besiegten. Deutschland hat den Krieg begonnen, das muss mir keiner erklären, aber in den Lagern sah ich oft genug auch alte Menschen, Frauen und Kinder, die nicht weniger litten, als die Kriegsverbrecher und auch nicht seltener starben. Der Hunger war manchmal so schlimm, dass ich Wahnvorstellungen bekam, die waren noch das Beste von allem, denn sie gaukelten mir vor, ich sei woanders. Es starben auch regelmäßig welche an alten Kriegsverletzungen, durch die Grippe oder den Durchfall. Mehr möchte ich darüber nicht erzählen, Mutter. Manchmal schützt das Vergessen den Verstand.
Nur eins noch. Ich war schon drei Wochen dort und oft ließ man uns antreten, nämlich immer dann, wenn ein neuer Gefangenentransport eintraf. So auch nach diesen drei Wochen. Von einem der Wagen sprang unser Onkel, Mutter, und ich habe lange überlegt, ob ich es dir erzählen soll. Er sah mich nicht gleich, aber wenige Tage später liefen wir uns auf dem Hof über den Weg. Er schaute mich an, als sei ich ein Gespenst, dann sah ich die Angst in seinen Augen, er trug die einfache Uniform eines Soldaten. Was anderes war von ihm auch nicht zu erwarten. Ich sagte zu niemandem etwas. Es war keine leichte Entscheidung, einerseits wollte ich nicht, dass er ungeschoren davon käme, andererseits musste ich mit seiner Hinrichtung rechnen und wäre somit für seinen Tod verantwortlich gewesen. Ausgerechnet für seinen. Wäre das passiert, wäre das für mich gewesen, als hätte er gesiegt. Kannst du mich verstehen, Mutter?
Manchmal gibt es Gerechtigkeit auf der Welt, da war ein anderer, der ihn erkannte. Einer von den gefangenen Offizieren, der sich durch seinen Verrat einen Vorteil erhoffte. Er hatte sich verrechnet. Sie wurden beide nach einem kurzen Prozess zum Tod verurteilt und hingerichtet. Es war keine Genugtuung in mir, aber Trauer war da auch keine.

Und irgendwann, als ich schon glaubte, man hätte mich vergessen, wurde ich zur Lagerleitung kommandiert und bekam mitgeteilt, dass ich entlassen sei. Am nächsten Tag brachten sie mich zum Tor, drückten mir einen Entlassungsschein in die Hand und einer rief mir in gebrochenem Deutsch nach: "Pass gut drauf auf, wenn du ihn verlierst, bist du ganz schnell wieder hier."
Da stand ich und konnte es noch gar nicht fassen, dass ich frei war und gehen konnte, wohin ich wollte. Aber ich wollte nicht irgendwohin gehen, ich wollte nur nachhause. Du warst ja auch alles, was mir geblieben war und die Panik, dass dir etwas passiert sein könnte, trieb mich vorwärts. Ein ganzes Jahr, das längste Jahr meines jungen Lebens, hörte ich kein gutes Wort und sah ich nichts, was dem Begriff Menschlichkeit auch nur Nahe kam. Ich lief los und schwor mir, der erste, der gut zu mir war, der würde ein Leben lang auf mich zählen können. Aber der Krieg steckte allen, die ich traf, noch in den Knochen. Auf meinem Heimweg begegneten mir Misstrauen und noch mehr Gleichgültigkeit. Es gab zu viele, wie mich und zu wenig, was man ihnen hätte geben können. In der dritten Nacht fand ich eine Scheune, deren Dach noch halbwegs brauchbar schien, die schlimmste Kälte abzuhalten. Wenigstens war es ein trockenes Plätzchen. Stroh gab es nicht, aber im Lager hatten wir gelernt, uns so klein zusammenzurollen, dass wenigstens ein Teil der Körperwärme erhalten blieb. Irgendwann des Nachts wurde ich munter. Es war etwas warmes, was mich geweckt hatte und für einen Moment glauben ließ, ich hätte eine meiner Wahnvorstellungen. Aber es war ein kleiner Hund, der sich an mich gekuschelt hatte und ich genoss diese Wärme so sehr, dass ich mich nicht rührte und bald darauf wieder einschlief. Am Morgen wurde ich von einer Hundezunge in meinem Gesicht geweckt und sah, dass es ein schneeweißer Pudelwelpe war. Ich konnte ihn nicht zurücklassen und in den drei Tagen, die ich noch bis zu dir unterwegs war, trug ich ihn unter meiner Jacke und er wärmte mich. Und in den drei Nächten, kuschelte er sich in meine Halsbeuge und hielt mich ebenfalls warm. Er war wie ein Kuschelkissen und mir fiel ein, dass Kissen in Englisch Pillow heißt. Deshalb heißt er nun Pillo. Nach diesem Elendsjahr war es ein kleiner Hund, der mir die erste Wärme gab und ich werde meinen Schwur halten. Er ist jetzt mein Freund und ich werde sein ganzes Leben lang für ihn da sein."

Frau Peters sah voller Wärme auf den Hund zu ihren Füßen.

"So kam Peter zu seinem Pillo und natürlich habe ich von da an keine Einwände mehr gegen den Hund in der Wohnung gehabt.
Mein Junge hat Wort gehalten. Er hat keinen einzigen Menschen getötet ... vielleicht hat er deshalb wenigstens den Krieg überlebt."
Die alte Frau sah nachdenklich aus. "Wissen Sie, ich bin keine von den Christen, bin nie in die Kirche gegangen und ohne die Hilfe eines Gottes 95 Jahre alt geworden. Aber manchmal denke ich, es gibt da etwas zwischen Himmel und Erde, was in das eine oder andere Leben eingreift. Dann wiederum schimpfe ich mich selbst ein dummes altes Weib, denn wenn es da etwas gibt, dann hat es wohl schlampig gearbeitet." Judith sah fragend zu ihr rüber, aber Frau Peters sah auf ihren Schoß. Sie hatte ihr Tempo während der ganzen Zeit gefaltet, entfaltet und wieder gefaltet ... nun sammelte sie die Zellstoffkrümel vom Rock, stand auf und ging wortlos aus dem Zimmer. Als sie zurückkam, hielt sie ein Fotoalbum in den Händen, ging zum Sofa und setzte sich neben ihren Gast. Sie schlug das Album auf, blätterte ein paar Seiten um und reichte es Judith. "Sehen sie, das meinte ich mit der schlampigen Arbeit." Sie tippte auf eins der sehr alten Fotos und die junge Frau sah ein schlichtes Grab, belegt mit ebenfalls schlichten Kränzen. Es musste direkt nach der Beerdigung des Verstorbenen aufgenommen worden sein, denn es gab noch keinen Grabstein. Aber ein breites Band lag über den kargen Beileidsgaben und sie konnte deutlich den Namen lesen. "Peter", stand auf dem Band und obwohl Judith durch das merkwürdige Verhalten der Frau vorgewarnt sein müssen hätte, war sie erstaunt. Denn unter dem Foto war mit sauberer Handschrift die Jahreszahl 1946 und der Zusatz, Montag, 11. März.
Judith legte das Album auf den Tisch und dann einen Arm um die alte Frau, schwieg aber, denn ganz gleich, was sie gesagt hätte, es wäre Geschwätz gewesen. Frau Peters wirkte zerbrechlich, aber ihre Stimme war es keineswegs:

"Ja ja, mein Kind, das Leben verteilt Schläge, dass man manchmal meint, man käme nie wieder auf die Beine. Aber die Natur, oder wer auch immer, hat uns gut gerüstet. Den einen hält der eigene Willen am Leben, den anderen nichts als die Angst vor dem, was danach kommt und mich ... mich hielt das Vermächtnis meines Sohnes am Leben.
Wir hatten ein paar wunderschöne Tage zusammen und ich war so glücklich, dass ich sogar unterließ, Peter den kleinen weißen Hund im Bett zu verbieten. Nun wusste ich ja auch, wie er zu ihm gekommen war und konnte sehen, wie unbekümmert er wirkte, wenn er mit dem Pudelchen spielte und tollte. Das Herz ging mir auf, wenn ich ihnen zusah. Die Tage und Nächte waren noch immer bitterkalt, aber irgendwie schaffte es Peter immer, mit etwas Holz oder ein paar Briketts nachhause zu kommen, wenn er auf die Suche ging. "Mutter", sagte er am dritten Tag nach seiner Rückkehr. "Die Menschen schaffen überall Hand in Hand, ich werde mich morgen zum Arbeitseinsatz melden." "Muss das jetzt schon sein?" Ich fragte es tadelnd, denn ein paar Tage mehr mit ihm, hätte ich mir schon gewünscht. "Ach Mutti, die da draußen haben mächtig was geleistet, während ich mich von den Engländern mästen ließ." Er lachte sein jungenhafte Lachen und ich gab ihm eine liebevolle Kopfnuss. "Wenn sie DAS unter mästen verstehen, dann kann es mit ihren Weihnachtsgänsen nicht weit her sein." Ich sagte es mit nicht gespielter Empörung, denn er war noch immer schrecklich mager. "Es hat auch den Vorteil, wenn ich mich an den Aufräum-Arbeiten beteilige, dass immer mal was Brauchbares unter all dem Schutt zum Vorschein kommt." Er deutete auf seine Mitbringsel. "Ist alles aus den Ruinen." Da gab ich mich zufrieden, machte ihm am nächsten Morgen ein kräftiges Frühstück, gab ihm auch ein paar belegte Brote mit und ließ ihn tun, was er tun musste. Die folgenden zwei Wochen sah ich Peter nur noch in der Frühe und spät am Abend. Er wusch sich, aß, spielte mit dem Pudel und ging zeitig mit ihm zu Bett. Ja, er bestand darauf, dass der kleine Kerl bei ihm schlafen darf und ich ließ auch das zu, obwohl ich mir das Bett nun mit Sohn und Hund teilen musste. Ich gewöhnte mich an das Tier, es war mir ein lustiger Gesellschafter die Tage über, lief mir auf Schritt und Tritt nach und meldete lautstark jeden, der das Haus betrat.
So vergingen diese zwei Wochen im täglichen Einerlei und ich tröstete mich damit, dass mein Junge an den Wochenenden nur mir gehörte. Noch war da kein Mädel und ich wünschte mir innig, dass es noch eine Zeit so bliebe. Und dann, etwa auf den Tag genau zwei Wochen, nachdem er begonnen hatte, die Heimat mit aufzubauen, kam er, wie immer, nach Einbruch der Dunkelheit, wusch sich und aß mit mir zu Abend. Er hielt die Gabel mit der linken Hand, wo er doch Rechtshänder war und ich fragte neckend, ob er das bei den Engländern gelernt habe. Er grinste und zeigte mir seinen Handballen. Er war rot und geschwollen von einer Verletzung, die er sich beim Arbeiten zugezogen hatte. Nichts weltbewegendes. Er hatte bei Arbeitsbeginn einen Holzbalken nicht aus dem Schutt ziehen können, und zersägte ihn. Als er das abgesägte Teil nach draußen zerrte, rutschte er ab und zog sich einen Splitter ein. Eine der Trümmerfrauen hatte ihn zwar rausgezogen, aber er war sehr groß und ihm tief ins Fleisch gefahren. Verbandszeug war keins zur Hand, aber um solche Kleinigkeiten machte man kein Aufheben, er biss die Zähne zusammen und tat weiter seine Arbeit.
"Es spannt und ich will die Hand schonen." Er sagte es leichthin und ich vergaß, ihn am nächsten Morgen zu fragen. Was kümmerte uns ein Holzsplitter, nach allem, was hinter uns lag. Am nächsten Tag wollten wir Rad fahren, zum Fluss hinunter und ich stand früh auf, um uns einen bescheidenen Picknick-Korb zu füllen. Es war zwar kalt, aber sonnig und mein Junge hatte mir versprochen, mich so anzutreiben, dass mir mehr als warm werden würde. Peter hatte die Räder aus den Trümmern gezogen und sie repariert. Notdürftig nur, sie klapperten und rappelten, aber sie fuhren.
Damals, liebes Kind, freute man sich wie ein Schneekönig, über einen rostigen Drahtesel.
Peter kam und kam nicht aus den Federn und als es mir langte mit der Langschläferei, ging ich, um ihn zu wecken. Er stand wenige Minuten später im Türrahmen und sagte, es sei ihm nicht so gut und im Ballen poche es so gewaltig, dass er wohl keinen Lenker damit halten könne. Ich sah erst ihn und dann die Hand an. Peter hatte ungesund glänzende Augen und die Hand war geschwollen wie ein Hefestück. Die Wangen waren fiebrig heiß und ich schickte ihn zurück ins Bett. Dann lief ich zur Apotheke, klopfte den Inhaber raus und ließ mir eine Salbe gegen Entzündungen geben. Auch für das Fieber gab er mir ein Pulver. Ich versorgte den Jungen, brachte ihm später etwas Suppe ans Bett und dort blieb er den ganzen Tag. Abendbrot lehnte er ab und bat mich, ihn einfach schlafen zu lassen. Den Gefallen tat ich ihm gerne, vertrieb mir den Abend mit dem Flicken seiner Arbeitssachen. Peter schlief und ich holte das Tierchen aus dem Bett, lief noch eine Runde durchs Viertel mit ihm, fürs abendliche Geschäft. Es war spät, als ich zu Peter unter die Decke kroch und ihm den Pudel wieder in den Arm legte. Er murmelte etwas, zog ihn fest an sich und schlief weiter.
Gegen vier Uhr in der Frühe muss es gewesen sein, da wurde ich wach. Es war wohl die Hitze unter dem Federbett, die mich weckte. Peter glühte und reagierte nicht richtig, als ich ihn zu wecken versuchte. Ich stürzte in die Küche, holte Handtücher und eine Schüssel kaltes Wasser, machte ihm, zittrig vor Sorgen, Wadenwickel, die nach dem dritten Mal das Fieber ein wenig senkten. Ich blieb am Bett sitzen und tastete immer wieder seine Stirn ab. Schweißnass war er, doch als ich die Decke ein wenig lüftete, klapperte er mit den Zähnen und klagte, wie kalt ihm sei. Als es hell wurde, lief ich die Arztpraxen ab, aber es war zu früh und alle Türen waren verschlossen. Fast eine Stunde musste ich mich gedulden, dann hatte ich Glück und erwischte einen. Ganz jung war er und sicher noch grün hinter den Ohren, aber er schrieb eine Nachricht für die Sprechstundenhilfe und ging mit mir. Er sah sich meinen Jungen an, untersuchte die Hand und lief aus der Wohnung, um einen Krankentransport zu rufen. Besorgt hatte er ausgesehen, als er raus lief und gesagt, mein Sohn müsse dringend in ein Krankenhaus. Ich setzte mich zu Peter ans Bett, legte ihm nasse Lappen auf die Stirn und weinte, krank vor Angst. Er redete wirres Zeug und fragte immer wieder nach dem Hund. Er registrierte nicht mal mehr, dass er ihn im Arm hatte.
Eine Stunde später holten sie ihn und so sehr ich auch bat, sie nahmen mich nicht mit. Ich solle später ins Elisabethen-Krankenhaus kommen, dort würde sie ihn hinbringen. Ich sah dem Wagen nach und als ich zurück ins Haus ging, wollten mir die Beine fast den Dienst versagen.

Sie hatten 'später' gesagt, aber hastig zog ich mir nach höchstens fünf Minuten den Mantel über, band dem Hund eine Schnur um den Hals, denn etwas anderes hatten wir damals nicht, und lief mit ihm aus dem Haus, Richtung Krankenhaus. Es lag am anderen Ende der Stadt, somit würde ich sowieso 'später' dort ankommen. Das Pudelchen lief am Anfang auch fröhlich mit, freute sich über meine Eile, aber er war ja noch ein Welpe und wurde schnell müde. Nach kurzer Zeit musste ich ihn hoch nehmen. Während ich keuchend durch die Straßen hastete, schmiegte sich das Kerlchen an meinen Hals und schlief ein. Ich spürte seine Wärme und hatte Peter vor Augen, wie er da frierend in der Scheune lag, der kleine Hund sich an ihn schmiegte und ihn ein wenig wärmte. 'Ich danke dir, kleiner Pillo', flüsterte ich ihm ins Ohr und er hob den Kopf und leckte meine Wange, als hätte er mich verstanden. Das war wohl endgültig der Moment, in welchem ich aufhörte, in ihm nur irgendeinen Hund zu sehen.
Über eine Stunde hastete ich durch die Straßen, dann konnte ich endlich das Krankenhaus sehen. Schon von weitem erkannte ich einen Leichenwagen vor der Tür, in den man eine Trage hob. Mir wurde speiübel. Ich mobilisierte meine letzten Kräfte, klemmte mir Pillo unter den Arm und rannte hysterisch heulend zu dem Fahrzeug. Ein Pfleger wollte soeben die Flügeltür schließen, ich schlug ihm den Arm weg und versuchte, in das Auto zu klettern. "Helft mir mal!", brüllte der Mann, während er mir beide Arme um den Bauch legte und mich zurückziehen wollte. Ich trat nach hinten aus, schrie: "'Ich will ihn sehen! Lasst mich mein Kind sehen!' Aus den Augenwinkeln sah ich Menschen herbeieilen und auch der Fahrer kam gerannt. "Gute Frau", rief er, "jetzt kommen Sie doch zur Vernunft, da ist kein Kind drin, es ist ein alter Mann." Ich klammerte mich noch immer mit einer Hand an die Tür und wehrte mich. Seine Worte brauchten einige Sekunden, um meinen Verstand zu erreichen, dann endlich ließ ich mich widerstandslos wegführen. Ich habe mich schrecklich geschämt und mich, immer noch schluchzend, wieder und wieder entschuldigt. Wissen Sie, Kind, es gab ja nicht wirklich einen Grund, anzunehmen, dass mein Sohn in diesem Leichenwagen lag. Aber Peter war alles, was mir geblieben war und die Panik, auch ihn zu verlieren, schaltete wohl mein klares Denken aus."

Die alte Dame holte tief Luft und sah ihre Zuhörerin verlegen an.
"Das kann ich sehr gut verstehen, liebe Frau Peters, das müssen Sie nicht erklären", sagte Judith und wäre am liebsten aufgestanden, um die Erzählerin noch einmal tröstend in den Arm zu nehmen. Es war ihr anzusehen, dass sie das viele Reden anstrengte, aber dennoch war auch zu erkennen, dass es ihr gut tat, sich einmal alles von der Seele zu reden. Also lehnte sich Judith zurück und signalisierte so, dass sie bereit war, weiter zuzuhören.

"Eine Krankenschwester nahm mir das Hundchen ab und bat die Frau in der Anmeldung, es ausnahmsweise bei ihr lassen zu dürfen, erfragte für mich, wo Peter Peters lag und begleitete mich in sein Zimmer. Es war leer. Wieder krampfte sich alles in mir zusammen, aber einen Moment später öffnete sich die Tür und mein Sohn wurde auf so einem Ding hereingebracht, das aussah, wie ein Tisch auf Rädern. Er schien zu schlafen. Sie betteten ihn um und baten mich, einen Augenblick mit nach draußen zu kommen. Es stellte sich heraus, dass einer der Pfleger gar keiner war, sondern der behandelnde Arzt. "Sie sind die Mutter?", fragte er der Ordnung halber und ich bejahte hastig.
"Frau Peters", er legte eine Hand auf meinen Arm, "ich will ehrlich sein, es sieht nicht gut aus." Ich konnte kaum atmen und sprechen schon gar nicht. Mir wurde schwindlig und ich suchte Halt an der Wand. Der junge Doktor rief einer Schwester zu, sie solle bitte einen Stuhl bringen. Als ich saß, kauerte er sich vor mich. Er sah nicht viel älter aus als mein Junge und ich griff nach seiner Hand: "Bitte, Herr Doktor, was sagen Sie da, es war doch nur ein Splitter!" Er erhob sich und fragte in diesem Ton, der vermuten ließ, dass er die Antwort schon wusste: "Er war in Gefangenschaft, nicht war?" Ich nickte, er nickte ebenfalls. "Das dachte ich mir. Ich habe viele von Ihnen gesehen. Ausgezehrt, gezeichnet von mangelnder Ernährung und verschleppten Krankheiten. Sie haben Recht, Frau Peters, es war ja nur ein Splitter. Aber die Kriegsheimkehrer haben sehr selten ein intaktes Immunsystem, da reicht eben auch ein Splitter, um eine Katastrophe auszulösen. Der Körper hat nicht die Kraft, den eingetretenen Bakterien etwas entgegenzusetzen. Wir haben die Wunde aufgeschnitten, gesäubert und desinfiziert. Aber er hätte eher kommen müssen, wir haben es hier mit einer fortgeschrittenen Blutvergiftung zu tun." Ich stammelte: "Aber Sie können ihm doch helfen, Doktor, Sie bekommen das doch wieder hin, nicht wahr?" Er schob die Hände in die Hosentaschen, sah auf seine Schuhspitzen. Dann hob er den Kopf und sah mich mitfühlend an. "Das ist es, was ich gerade versuche, Ihnen zu erklären. Wir haben getan, was wir tun konnten. Haben ihm Penicillin verabreicht und werden das auch in ein paar Stunden wiederholen. Aber wenn die Bakterien einmal in die Blutbahn gelangt sind, und der Patient ein schwaches Immunsystem hat, können die Bakterien es ganz schnell überwinden und verheerenden Schaden in den Organen anrichten. Ich werde heute Nachmittag noch einen Kollegen hinzuziehen, aber ich rechne in den nächsten Stunden mit einem Nierenversagen bei Ihrem Sohn. Sind sie gläubig?" Ich schüttelte verwirrt den Kopf. "Nicht wirklich ... warum?" Er antwortete leise, aber fest: "Weil Ihren Sohn nur noch ein Wunder retten kann."

Sollte es einen Gott geben, musste er mächtig sauer auf mich sein, denn ich hatte ja schon einmal für meinen Harald ein Gebet zu ihm geschickt und er hat nicht zugehört. Warum auch. Wir Menschen sind wankelmütige Wesen. Es wird viele wie mich geben, die es ablehnen, an Gott zu glauben, aber ihn anflehen, wenn sie in der Not sind.
Ich saß vor dem netten jungen Doktor und war nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Immer wieder schrie es in meinem Kopf: 'Das darf nicht sein, das darf nicht sein, das ...' und endlich brachte ich heraus: "Darf ich jetzt zu ihm?" Er nickte, legte die Hand auf die Klinke, um mir die Tür zu öffnen, zögerte aber noch einmal. "Frau Peters", es klang irgendwie eindringlich, "wenn sie ihrem Sohn noch etwas wichtiges mitzuteilen haben, oder sie noch etwas mit ihm klären müssen ... tun Sie es jetzt." Diese Worte waren grausam, jedes einzelne war ein Schlag und als ich am Bett meines schlafenden Sohnes stand, brach ich weinend über ihm zusammen."

Die Erzählerin schüttelte sich leicht. Es war, als müsse sie sich dagegen wehren, sich in ihren Erinnerungen zu verlieren. Dann straffte sie sich und fuhr fort:

"Durch mein Weinen wurde Peter wach. Ich wollte stark für ihn sein und mich zusammenreißen, aber die dummen Tränen wollten einfach nicht versiegen. Er hatte immer noch Fieber, war schwach, aber bei klarem Verstand. "Was ist denn los, Mutti, bin ich im Krankenhaus?" Ich strich ihm über die Wange und sagte, "ja, mein Kind, du hattest so hohes Fieber, da musste ich den Arzt rufen und dann haben sie dich hierher gebracht, weil du sehr krank bist." Er lächelte. "Ach ja, ich erinnere mich dunkel. Hör doch auf zu weinen, Mutti, ist doch nur ein dummer Splitter, bald bin ich wieder zuhause." Ich nickte und sein Optimismus ließ auch mich noch einmal kurz hoffen. "Wo ist Pillo", fragte er und ich erzählte ihm, dass er unten in der Anmeldung auf mich wartete. "Würdest du ihn mir bringen, ich möchte ihn so gerne noch einmal sehen." Ich starrte meinen Jungen an und er biss sich auf die Lippe, drehte den Kopf, als wolle er aus dem Fenster sehen und dann zuckten seine Schultern. "Ich wollte doch so gerne Lehrer werden", flüsterte er heiser. "Das wirst du auch, Peter, du bist stark und wirst diese dumme Krankheit besiegen, mein Kind. Dann wirst du studieren und ein ganz gelehrter Mann werden und ich werde mächtig stolz auf dich sein und vor allen Leuten mit dir angeben. Ja, Peter, du wirst ..." "Lass es sein, Mutti, wir haben keine Zeit mehr, uns anzulügen." Er nahm meine Hand und sah mich an. "Du weißt es, nicht wahr? Sag es mir, du weißt, dass ich sterben werde." Ich schüttelte energisch den Kopf. "Unsinn, Junge, du bist jung und stark, hast den Krieg und die Gefangenschaft überstanden, du musst kämpfen, hörst du? Versprich mir, dass du kämpfen wirst. Du wirst dich nicht von einem Holzsplitter umbringen lassen!" Die letzten Worte schrie ich ihm wütend ins Gesicht.
"Ich erinnere mich wieder", flüsterte mein Sohn, "als der Arzt mich untersucht hat, sagte er was von einer Blutvergiftung. Im Lager sind zwei daran gestorben. Da gab es auch einen Arzt, aber sie sind trotzdem gestorben. Es ging sehr schnell." Ich brachte kein Wort heraus, wollte etwas Positives sagen, ihn auffordern, mit mir um ein Wunder zu bitten ... und ließ es bleiben.
"Ich hole dir Pillo." Mehr brachte ich nicht zustande. Es war ein Kampf, den Hund zu ihm bringen zu dürfen, aber ich war hartnäckig, und sagte so was wie: "Was seid ihr nur für Menschen, einem Sterbenden so einen kleinen Wunsch abzuschlagen." Am Ende gaben sie achselzuckend auf. "Wenn Sie erwischt werden, streiten wir ab, etwas gewusst zu haben", sagte eine Krankenschwester und sah mich böse an. Als ich mit Pillo ins Zimmer trat, war mein Sohn wieder eingeschlafen. Ich legte ihm das Pudelchen in den Arm und der Kleine wedelte aufgeregt und glücklich mit dem Schwänzchen, dann kroch er aus dem Arm in die Halsbeuge seines Herrchens, leckte ihm liebevoll Kinn und Wange um sich endlich ganz still an Peter zu kuscheln. Wieder liefen mir die Tränen. Mein Sohn seufzte und erst da sah ich, dass er die Augen geöffnet hatte. Er lächelte schwach und flüsterte: "Ist er nicht ein kleiner Prachtkerl, Mutti? So klein und schon so dankbar und treu. Ich habe nichts, was ich dir hinterlassen kann. Außer Pillo. Versprich mir, dass du ihn behalten wirst und dich gut um ihn kümmerst. Er ist das wertvollste, was ich besitze und ich will, dass ihn der Mensch bekommt, den ich immer von Herzen geliebt habe." Wieder versagte mir die Stimme, ich konnte nur den Kopf schütteln. "Willst du mir diesen Wunsch abschlagen, Mutti?" Ich schluchzte, "ich will, dass du gesund wirst, nachhause kommst und deinen Hund selbst groß ziehst." Seine Stimme wurde schwächer. "Komm her, lege dich einen Moment zu mir, so wie zuhause in unserem großen alten Bett." Das tat ich, nahm Peter samt Hund ganz fest in meine Arme. Er war so schmal und ich konnte fast spüren, wie das Leben aus ihm rausströmte. Sein Fieber war wieder gestiegen und ich wollte den Doktor holen, aber er hielt mich zurück. "Bleib so liegen und halte mich fest, es ist so schön." Also blieb ich und er sagte: "Wenn du bei mir bist und mich so hältst, habe ich gar keine Angst mehr vor dem Sterben. Ich fühle mich so geborgen." Ich küsste ihm die Wangen und die Stirn und flüsterte, "wenn du stirbst, dann werde ich bei dir sein, ich gehe mit dir, habe doch nur für dich weitergelebt." "Das weiß ich doch, du liebe Mutter", flüsterte er zurück, "deshalb hinterlasse ich dir Pillo. Es ist mein Vermächtnis an dich, damit du dein Leben nicht wegwirfst. Du bist noch nicht alt, hilf den Menschen, ein neues Deutschland aufzubauen, und lass Vater, meine Brüder und mich durch deine Erinnerungen weiterleben. Kümmere dich um meinen Pillo, er wird dich immer an unsere gemeinsame Zeit nach meiner Rückkehr erinnern. Sie war kurz, aber sie war doch wunderschön, nicht wahr, Mutti? Ist das nicht eine Erinnerung, mit der man weiterleben kann?" Ich wollte sagen, dass mir das nicht reicht, dass ich nicht in der Lage sein werde, ihm seinen Wunsch zu erfüllen, aber ich tat es nicht, wollte ihn nicht aufregen. Also nickte ich. Die Augen fielen ihm daraufhin zu und ein leichtes Lächeln lag auf seinen trockenen Lippen. Dann schreckte er plötzlich hoch und rief: "Und halte dich von dem Onkel fern, er will dir was antun!" Dann murmelte er unverständliches Zeug vor sich hin und ich lief, einen Arzt zu holen. Als er kam, schickte mich die Schwester aus dem Zimmer und ich durfte auch nicht mehr zu ihm. "Es ist spät, gehen sie nachhause, ihr Sohn schläft jetzt", sagte sie zu mir. Ich bat, bleiben zu dürfen, aber sie war dieses Mal unerbittlich. Also ging ich schweren Herzens und hoffte, dass er noch leben würde, wenn ich am nächsten Tag käme, denn ich hatte ja versprochen, dass ich bei ihm sein werde, wenn er diese Erde verlässt."

Frau Peters wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel und Judith fragte, "und lebte ihr Sohn noch, als sie am nächsten Tag kamen?"

"Ja, Kind, mein Junge lebte noch. Aber an diesem Tag durfte ich nur zu den üblichen Besuchszeiten bei ihm sitzen. Ständig kam jemand um nach ihm zu schauen, ihn zu untersuchen und manchmal kam auch einer, maß erneut die Temperatur und machte Notizen auf einem Block. Mein Junge war nicht mehr bei sich und nahm wohl auch nicht wahr, dass ich bei ihm war. Ich streichelte sein eingefallenes Gesicht, strich ihm immer wieder das feuchte Haar glatt und hielt seine Hand. Mehr konnte ich nicht tun. Und so war es auch am Tag darauf. Nur dass er da kein Fieber mehr hatte, dafür war er ganz grau im Gesicht und hatte eiskalte Hände. Nun musste ich mir endgültig eingestehen, dass kein Wunder geschehen würde, dass ich am Bett meines sterbenden Sohnes saß. Ich fing an, mit ihm zu reden, erzählte aus seiner Kindheit, sagte ihm Gedichte auf, die er einst selbst geschrieben hatte. Aber nichts drang zu ihm durch. Er atmete schnell und flach. Die Oberschwester kam und sagte, es wäre Zeit zu gehen. Noch einmal bat ich, bei ihm bleiben zu dürfen, damit ich da wäre, wenn er geht und mein Versprechen einhalten konnte. Der Gedanke, dass er ganz alleine sterben könnte, keiner seine Hand halten würde, um ihn auf dem letzten Stück seines Weges zu begleiten, erstickte mich fast. Sie blieb hart.
Heute ist das anders, Kind, da gehen die Angehörigen in den Krankenhäusern zu jeder Tages- und Nachtzeit ein und aus, dürfen sogar bei ihnen schlafen. Aber damals, ja, damals war man streng und unerbittlich. Vielleicht war diese Härte ein Überbleibsel aus dem Krieg oder vielleicht auch, weil der Deutsche immer alles streng geregelt haben musste, aber mich hat es in einen tiefen Gewissenskonflikt gestürzt. Und in diesem stecke ich, wenn man es genau betrachtet, noch heute. Denn einen Tag später, es war Freitag, der 8. März, kam ich um 9.00 Uhr in der Klinik an, stieg die Treppe hinauf, in den zweiten Stock und betrat Peters Krankenzimmer. Ich weiß nicht mehr, wie lange ich einfach nur dagestanden und auf das leere Bett gestarrt habe, aber ich weiß noch, dass irgendwann die Oberschwester kam, um mir zusagen, dass mein Sohn kurz nach Mitternacht verstorben sei. Es war jene Oberschwester, die mir verwehrt hatte, das Versprechen an meinen Sohn einzulösen, jene, die in meinen Augen die Schuld daran trug, dass mein Sohn ohne einen liebenden Menschen an seiner Seite, aus dem Leben gegangen war. Und ich weiß auch noch, dass ich mich umdrehte und ihr eine schallende Ohrfeige gab, ehe ich wortlos das Zimmer verließ."


Frau Peters schwieg. Sie saß sehr aufrecht, starrte einen Moment ins Leere, dann sank sie zusammen und ihre Schultern begannen zu beben. Judith stand auf, ging zu ihr, setzte sich auf die Sessellehne, zog sie sacht an sich, ließ sie weinen und reichte ihr ein Taschentuch. Sie nahm es nicht, sondern schlug in einer hilflosen Geste die Hände vors Gesicht, als schäme sie sich dafür, sich vor ihrem Gast so gehen zu lassen. Wieder sagte Judith nichts, hätte auch nichts zu sagen gewusst, ließ die alte Frau einfach weinen und hielt weiterhin das Taschentuch in Bereitschaft. Das Beben ließ nach, hörte ganz auf und die alte Dame erhob sich. "Geben Sie mir bitte eine Minute", sagte sie heiser und ging aus dem Zimmer.
"Lassen sie sich ruhig Zeit", murmelte Judith mehr zu sich selbst, auch sie brauchte einen Augenblick, um aus den vierziger Jahren zurück in die Gegenwart zu finden. Sie fragte sich, wie ein Mensch so viel ertragen kann, ohne daran zu zerbrechen und wie es sein konnte, dass man seit Jahren gemeinsam ein Haus bewohnt, ohne auch nur zu ahnen, was der von nebenan mit sich herumschleppt. 'Hätten wir anders reagiert, wenn uns dieses Schicksal bekannt gewesen wäre?' Diese Frage hätte sie gerne wenigstens vor sich selbst mit "JA" beantwortet, aber überzeugt war sie nicht. Sie dachte an die ewig plappernde Eli und die anderen Hausbewohner, daran, was alle von ihr erwarteten und wurde wütend. "Dieses dämliche Volk", zischte sie vor sich hin. "Mobbt eine alte Frau, von der es nichts, aber auch gar nichts weiß." Sie fuhr sich mit den Händen durchs Haar. Mobber fand sie schon immer zum kotzen. "Und Sie, Frau Stiller? Was ist mit Ihnen?", fragte sie sich selbst. "Haben sie nicht fleißig mitgemacht? Wenn auch anfangs durch Ihr Schweigen nur passiv, um dann doch noch aktiv zu werden und sich, mit vor Stolz geschwellter Brust, vorschicken zu lassen, gegen einen Menschen, den sie selbst nicht einmal richtig wahrgenommen haben? Der Ihnen nie etwas getan hat und dessen Hund Sie selbst nie als störend empfanden?" Ja, genau DAS hatte sie getan. Und das schlimmste an der Sache war, dass sie nicht einmal gemerkt hatte, dass sie zum Mobber unter Mobbern wurde. Ihre Wut richtete sich gegen die eigene Person. Nichts war ihr mehr zuwider, als hirnloses Herdentier-Verhalten. Mitmachen ohne nachzudenken. Ekelhaft. Und auch noch gegen eine einzelne alte Dame. 'Noch beschämender geht wirklich nicht', dachte Judith und erhob sich, um nach Frau Peters zu sehen.
Sie klopfte zaghaft an die Tür des Badezimmers und atmete erleichtert auf, als ein klares: "Einen Moment bitte noch, Kind", von der anderen Seite kam. Sie ging zurück zu ihrem Platz und gleich darauf kam auch Frau Peters, nahm wieder in ihrem Sessel Platz und sagte: "Wie heißt es so treffend ... <Die Geister, die ich rief> ... nun, ich habe wohl ein wenig zu laut gerufen, indem ich all diese alten Erinnerungen wieder ausgegraben habe. Jetzt können Sie aufhören, so besorgt dreinzuschauen, ich habe mich wieder gefangen."
"Ich bin weniger besorgt, liebe Frau Peters, vielmehr überlege ich, wie man den Boden öffnen kann, um vor Scham hineinzukriechen", gab Judith zur Antwort und sah zu Boden. "Na na, Kind, nun bewerten Sie das mal nicht über. Bis Sie so alt sind, wie ich, werden Sie noch ganz andere Dummheiten verzapfen. Glauben Sie mir, ich spreche aus Erfahrung."

Sie stand wieder auf und ging zum Schreibtisch. "Kommen Sie Kind, Sie wollten doch wissen, wieso ich immer noch einen Pillo habe." Sie lächelte verschmitzt und tippte mit zwei Fingern etwas ein. Judith ging zu ihr und sah, dass sich eine Seite öffnete. Es war die Seite eines Hundezüchters, auf der ausschließlich weiße Pudel zu sehen waren. Die Überschrift lautete:
"Schnee-Pudel.de"


und darunter stand:
Zwingername: Pillo von Peter Peters".


Judith staunte nicht schlecht und Frau Peters strahlte vor Stolz. "Wie sie ja sehen können, bin ich meinem Peter nicht gefolgt, sondern habe versucht, in seinem Sinne weiterzuleben und sein Vermächtnis, der kleine Pillo, half mir dabei. Ich hatte eine Aufgabe und die alleine hielt mich am Leben. Als Pillo etwa sieben Jahre alt war, begann ich mir Gedanken zu machen, denn ein Hund lebt ja nicht ewig. Er war ein wunderschönes Tier und hatte einen reizenden Charakter. UND er war alles, was mir geblieben war. Noch ein Jahr später sah ich eine Anzeige in der Zeitung. Ein Züchter warb für seine Schäferhunde und da kam mir eine Idee. Wenn ich jemanden mit einer weißen Pudeldame finden würde, dann gäbe es Pillo-Babys und wenn ich einen Pillo-Baby-Bub bekäme, dann hätte ich wieder einen kleinen Pillo, der mich dann bis zum Schluss begleiten könnte. Dass ich so alt werden würde, konnte ich ja nicht ahnen. Ich fand tatsächlich einen reizenden Herrn, mit einem wunderschönen Pudelmädchen, welcher sich sofort einverstanden erklärte, da er nichts gegen Nachwuchs im Haus hatte. Wir trafen uns zu gemeinsamen Spaziergängen und mussten gar nicht lange warten ... es hat sofort gefunkt zwischen den beiden. Etwas über zwei Monate später, war mein Pillo Vater von zwei kleinen Pudelienchen und einem Pillo junior. Den bekam ich, als er drei Monate alt war und in unserem bis dahin sehr ruhigen Leben, ging es fortan recht lebhaft zu. Mein erster Pillo, der, den mir mein Junge hinterlassen hatte, wurde 16 Jahre alt. Ich war mittlerweile zweiundsechzig und kam nur schwer mit seinem Tod zurecht. Und dieses Mal war es Pillo jn., der mich am Leben hielt, denn irgendwie war es, als wäre durch den Tod von Peters Pillo, ein Band zwischen mir und meinem Sohn zerschnitten worden. Ich machte die Erfahrung, dass man einen Hund nicht durch einen anderen ersetzen kann. Aber Junior war seinem Vater nicht nur ... bei uns Menschen sagt man, 'wie aus dem Gesicht geschnitten', sondern war mir ebenso ans Herz gewachsen. Also machte ich für ihn weiter. Der Sohn des Mannes mit der Pudeldame, fand zu meinem Glück so viel Gefallen an dieser Rasse, dass er sich ein weiteres weißes Pudelmädchen anschaffte und einen Zuchtverein gründete. So konnte ich meinen Junior ebenfalls Vater werden lassen, adoptierte nun Pillos Enkelkind, später dann den Urenkel und den Ururenkel. Dieser kleine Pillo hier", Frau Peters streichelte ihren Pudel liebevoll, "wird nun der letzte sein. Er ist acht Jahre alt, wird mich also ohnehin überleben, denn wenn ich mein hohes Alter sicher auch all den kleinen Pillos mit zu verdanken habe, das ewige Leben konnten sie mir ganz sicher nicht bescheren."
Frau Peters nahm Judiths Hände in die ihren und schaute sie ernst an. "Jetzt wissen Sie alles und werden verstehen, dass ich Hilfe benötige. Ich will ganz sicher nicht ewig leben, aber wenn man mir meinen Hund wegnehmen würde, wäre das mein Tod. Und ausziehen? Hier in diesem Zimmer habe ich meine Buben auf dem Schoß gehabt, mit meinem Herbert unzählige Abende verbracht, die letzten Tage mit meinem Peter genossen ... hier sind sie immer noch gegenwärtig für mich. Können Sie das verstehen?"
Judith entzog ihre Hände denen der alten Frau und nahm sie in die Arme. "Die Frage erübrigt sich, Sie Liebe, und auf ihrer Seite war ich schon nach ...", sie zögerte einen Moment, " ... dem leckeren Pfirsich-Quarkkuchen."

In der Wohnung nebenan saß Eli und zog erstaunt die Brauen hoch. Aus der Wohnung der Alten, drang ein herzhaftes Gelächter durch die Wand.


Epilog

2 Jahre später



Als Judith den Hausflur betrat, hört sie jemanden die Treppe herunter kommen. Nur einen Moment vor Eli erreichte sie ihre Wohnung. Hinter der Tür kläffte es wütend. "Könntest du ihm das nicht endlich mal abgewöhnen", maulte Eli. Judith grinste breit: "Klar könnte ich, aber du würdest mir ja krank werden, wenn du nichts zu meckern hättest." "Sei froh, dass du meine Freundin bist, sonst hätte ich mich schon lange bei der Hausverwaltung beschwert", murrte sie weiter. Judith grinste noch breiter: "Sei du froh, dass ich so ein Geduldsmensch bin, sonst hätte ich dir schon lange in den Hintern getreten." Sie schloss die Tür auf und heraus schoss ein kleiner weißer Pudel, affig getrimmt, mit roter Schleife im Haar. Nachdem er einen Freudentanz um sein Frauchen vollführt hatte, drehte er sich zu Eli, hob die Lefzen und knurrte sie an. "Braver Hund", lachte Judith, tätschelte ihm den Rücken und ging in die Wohnung. Der Hund sauste hinterher und die junge Frau warf mit einem Hüftschwung übermütig die Tür ins Schloss. Zurück blieb eine verdutze Freundin. "Hey, was soll das! Gibt's heute keinen Kaffee bei dir?"
"Komm in einer halben Stunde, ich habe etwas zu erledigen!", kam es von drinnen. Eli zuckte beleidigt mit den Schultern. "Mach nur so weiter", rief sie, "du wirst noch, wie die alte Peters werden." Dann machte sie auf dem Absatz kehrt.

Judith warf ihre Tasche auf den Boden, die Jacke über einen Kleiderhaken im Flur und sauste an ihren Computer. Er fuhr ihr nicht schnell genug hoch und sie trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte herum. Endlich war er startklar und sie tippte etwas ins Browser-Suchfeld. Sie liebte ihr Adoptivkind Pillo von ganzem Herzen und hatte in der Firma eine ziemlich verrückte Idee. Im Laufe des Tages, fand sie die Idee jedoch immer weniger verrückt und auf dem Heimweg hätte sie am liebsten den Busfahrer angetrieben, schneller zu fahren. "Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen", trällerte sie fröhlich und fand prompt, was sie gesucht hatte:
"Schnee-Pudel.de"


und darunter stand:
Zwingername: Pillo von Peter Peters".



Sie fand auch eine Telefonnummer, tippte sie in ihr Handy und kurz darauf meldete sich ein Mann auf der anderen Seite. "Hallo, mein Name ist Judith Stiller und ich bin die Adoptivmama von Frau Peters Pillo", stellte sie sich vor. Der Mann klang sowohl erstaunt, als auch aufrichtig erfreut und sie plauderten ein paar Minuten. Dann sagte er: "Aber sie rufen doch sicher nicht nur an, um einen alten Mann zu unterhalten. Wie kann ich Ihnen helfen?"
"Indem Sie mir eine Frage mit einem schlichten 'ja' beantworten", sagte Judith.
"Dann schießen Sie mal los", kam es amüsiert zurück.
Judith holte tief Luft und fragte:
"Darf ich Pillo als Deckhund zu Ihnen bringen?"


Impressum

Texte: © Fabiana
Tag der Veröffentlichung: 17.09.2012

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