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Diese Kinderaugen, so dunkel, so groß ... voller Tränen




Die Mutter saß schluchzend, wund die von Tränen blinden Augen. Der Vater schlurfte zur Tür, konnte ihn nicht ertragen, den Kummer, der eingezogen war im Haus und selbst den meist emotionslosen Großvater gequält blicken ließ. Nur kurz erhellte sich sein Blick, als der Köter das Bein hob und pinkelte ... gelassen ... der Oma ans Bein. Nur ungern trat der Alte ihn ... sanft, tat dieser doch das, was er selbst im Stillen tausendfach getan. So konnte er den Ehefrieden wahren, im Moment.
Ich selbst, zwar die Ältere, dennoch zu jung, um alles zu verstehen, stand ganz still. Im Eck, am Küchenschrank, schaute hinüber zu dem Bruder und weinte. Weinte, weil die Mutter es tat und der Vater den Kummer nicht ertrug. Groß waren diese Augen, dunkel und unschuldig ... so unendlich. Ich liebte ihn, wie nur eine Schwester ihn lieben kann, den kleinen Bruder. In seiner Unschuld. Zart war er und feingliedrig. Sein helles Lachen fehlte mir und den anderen im Raum. Der Blick aus dem Fenster, nichts Neues brachte er. Zwei Nachbarn standen und blickten dem Vater nach. Gesenkten Kopfes sah ich ihn schleichen, ausweichend den fragenden Augen der Stehenden. Sie tuschelten mit geballten Fäusten, vor Hilflosigkeit. Sie hatte alle erfasst. Auch die anderen Kinder im Haus und die Weiber. Vor allem diese. Und ihr Klagen mischte sich mit dem Schluchzen der Mutter und dem Brummeln des Großvaters und dem Keifen seiner Alten. Ich wollte ihn trösten, den Bruder. In den Arm nehmen und kitzeln. Sein Lachen hören, das glockenhelle, mit dem er auch trübe Tage zum Leuchten brachte. Wut machte sich breit in meinem Kinderherz. Nicht verstehen konnte ich das Böse, das muffig im kleinen Raum hing. Sie war schlecht, diese Welt der Großen und ungerecht. Etwas wuchs in mir, erstickte mich fast, wollte raus. Fest trat ich mit derbem Kinderschuh auf den blank gebohnerten Dielenboden. So fest, das die Nase der Mutter erschreckt im Laufen inne hielt und die Oma im Keifen. Der Opa stieß sich versehentlich den Finger tiefer in den Riechkolben, als er es sonst beim Popeln tat und die Nachbarn blickten verblödet zum anglehnten Küchenfenster, als ich ihn heraus schrie, den Satz, der mich quälte:


"Verdammt es reicht! Er hat doch nur in den Sandkasten geschissen!"

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Texte: ©Fabiana
Tag der Veröffentlichung: 26.04.2009

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