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Überleben

Angst vor dem was man tut, was man denkt, was man fühlt.
Zu wissen dass es das Richtige ist, aber gleichzeitig falsch?
Entscheidungen zu fällen, auch wenn sie nicht der Moral entsprechen?
Einen Freund verletzen, um andere Menschen zu retten.
Krieg für den Weltfrieden?

Diese Gedanken sind in unserer jetzigen Welt, wie Behauptungen, dass Religionen verbinden oder das alle den Nächsten lieben, absolute Hirngespinste. In meiner Welt gibt es keinen Frieden oder Krieg, keinen Himmel oder Hölle. Das Einzige was es bei mir gibt, ist der lebensmüde Gedanke zu überleben, jeden Atem zu genießen, aber sich auch einzusparen.
Nicht zu wissen, wann man das letzte Mal geschlafen oder gegessen hat.
Hier darf man sich nur noch auf seine tierischen Urinstinkte verlassen, um wenigstens ein Tag länger leben zu dürfen.
Wenn Menschen zu Bestien werden. Wenn Menschen immer mehr wollen, ohne die Folgen zu berücksichtigen. Wenn Menschen bereit sind ihre Familien umzubringen, nur um mehr Ruhm zu erlangen, dann weißt du, dass du wegrennen solltest oder dass du lernst zu begreifen, was für dich am Wichtigsten ist.

 

Vorgeschichte

Im Jahre 2073 wurde die demokratische Regierung gestürzt. Das Volk war unzufrieden, wollte Resultate, Veränderungen sehen. Es gab kein vernünftiges Sozialsystem, keine Versicherungen, keine staatliche Hilfe mehr. Die Regierung hatte das ganze Volksvermögen für sich beansprucht. Das Vertrauen der Bürger missbraucht, alles schön geredet und dann, wie eine Schlange, alles in sich hineingestopft. Die Anarchie ließ zu, dass sich kleine Gruppen von Bürgern bildeten, rebellierten und mehrere Anschläge ausübten. Einer der größten Gruppen war die „republikanische Bürgerbewegung“, angeführt von Alexander Drean. Sie waren radikal und für ihre Skrupellosigkeit bekannt. Wer jene freiwillig betrat und Drean gehorchte, hatte ein relativ gutes Leben innerhalb dieser Gruppe. Es herrschte eine strenge Hierarchie, die aber Ergebnisse erzielte. Das vermissten und gefiel viele Menschen. Man konnte sich hocharbeiten und wurde reichlich mit Anerkennung und Geschenken von Drean belohnt. Andere die sich gegen ihn wehrten, wurden getötet, festgehalten oder versklavt. Seine Truppe hatte das Land nach und nach das Fürchten gelehrt. Überall waren sie für Gewalt und ihre Morde bekannt. Zwiespältigerweise war es dem Volk mittlerweile nicht so wichtig, solange es Resultate von einer Partei regnete. Resultate die etwas bewegen. Resultate die eine Sprache sprachen. Resultate die den Bürgern auf einer skurrilen Art und Weise gefielen. Ländereien wurden niedergebrannt, Familien auseinandergerissen, Frauen vergewaltigt und Kinder totgeprügelt. So sah die Herrschaft unter Alexander Drean aus. Morden für das Leben anderer. Alexander begriff, dass die jungen Erwachsenen eher bereit waren seiner Partei beizutreten und nur vor Ehrgeiz trotzten, solange man sie gerecht entlohnt. Das nutzte er zu seinem Vorteil aus. Die Alten aber hatten noch ihren Stolz und die Erfahrungen aus den vergangenen Jahren und versuchten diese gegen ihn auszuspielen, was Drean dazu brachte, die Alten im Laufe der Zeit selektieren und qualvoll sterben zu lassen. Er begründete, dass sie eine Last für das Vermögen des Volkes seien, deshalb müssten sie abgeschafft werden, um das Land reicher zu machen. Immer mehr Menschen verschwanden. Gerüchte machten die Runden, dass die Vermissten in ein Lager gebracht werden, um dort Arbeiten zu Vollrichten. Verzweiflung, Angst und Wut machten sich breit, aber niemand sagte etwas. Denn jedes kleine Wort könnte das eigene Todesurteil oder der Familie bedeuten. Wann wird dieser Terror endlich aufhören und die Erlösung die Menschenherzen wieder Liebe und Frieden spüren lassen?

Sophia

„Sophia, wach auf.“, sagt eine nervöse, tiefe, aber mir bekannte Stimme. Ich öffne die Augen. Das Licht ist gedämmt und ich sehe vor mir eine schattige Gestalt. Meine Augen gewöhnen sich langsam an das Licht und ich sehe, dass mein Mann vor mir steht. „Steh schnell auf und packe nur das Nötigste. Dreans Truppen befinden sich auf dem Weg hierher.“ Aufeinmal durchzieht ein heftiger Schmerz meinen ganzen Körper. Ich atme tief ein und aus. David wirft seinen Waffengurt um, während er nach draußen blickte, danach schaut er mich prüfend an. „Alles in Ordnung?“ Ich nicke. Er kommt näher und streichelt meinen Bauch. „Wir müssen uns beeilen.“, flüstert er und nimmt mich an seine Hand. Fest drückt er sie, aber nicht schmerzlich. Seine Hand zittert. Sein Gesicht ist ernst und entschlossen, aber seine Augen spiegeln die pure Angst wider. Sie ist ansteckend. Mein Herz schlägt schnell. Wir beginnen hastig aus unserem Haus zu laufen. Unsere Stadt ist schon seit Jahren zertrümmert, seitdem die Regierung uns im Stich gelassen hatte. Es gibt nur noch die Möglichkeit sich zu Fuß fortzubewegen. Ständig schaut David um sich herum. Bei jedem Geräusch zucken und ducken wir uns. Hat uns jemand gesehen? Wer ist da? Immer schneller laufen wir Richtung Wald, in der Hoffnung Dreans Truppen zu entgehen. Mein Bauch drückt. Die Schmerzen werden langsam stärker. Ab und zu wird mir sogar schwarz vor Augen, aber wir dürfen jetzt nicht halten! Ich kann jetzt kein Kind zur Welt bringen! Hoffentlich kommen wir rechtzeitig in unserem Unterschlupf an.

Plötzlich hören wir Schüsse nicht allzu weit von uns entfernt. David zieht mich hinter einer Mauer. Unsere Rücken pressen sich an das kalte, marode Mauerwerk. Seine Augen treffen meine. Er atmet tief ein und blinzelt über die Wand. Schnell rutscht er wieder runter, nimmt meine Hand und drückt sie noch fester. „Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Sie sind da.“

 

 

 

Impressum

Texte: Fotos by Fabey
Tag der Veröffentlichung: 19.12.2011

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