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Endlich Ferien

„Wenn man mich fragen würde, was mein Lieblingswort wäre. Würde ich mit Sommerferien antworten“, sagte George und kraulte Tim hinter den Ohren. Ihre Cousine Anne nickte zustimmend und meinte, „Ich finde du hast dich in den letzten 3 Jahren arg verbessert. Du hast eine 2 in Mathematik, in Physik, Englisch und Kunst. In Sport hast du als Einzige von uns eine 1, nur die 4 in Französisch trübt dein Zeugnis etwas“ „Leider“, murmelte Georg, „Aber ich komme eben nicht mit Mme Lenoir zurecht“ „Ist nicht doch nicht weiter schlimm, ich lerne schon 3 Jahre länger Französisch als du. Ich weiß nicht, warum du sie nicht magst. Sie ist total freundlich und ich habe bei ihr eine 1 mit Sternchen“, sagte Anne und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Sie kann Tim nicht leiden, sie schickt ihn immer aus der Klasse, wenn er nur einmal knurrt und wer Tim nicht mag, den mag ich auch nicht“, erwiderte ihre Cousine. Anne kannte ihre Cousine nur zu gut, sie war sehr verletzlich, was Tim betraf. Schließlich war Tim ihr allerbester Freund und Weggefährte. Die Mädchen gingen schwatzend zum Fahrradständer. „Leider bin ich diese Jahr nicht die Klassenbeste“, seufzte Anne, „Veronica hatte in jedem Fach außer in Sport, Physik, Religion und Chemie eine 1. Ich habe in jedem Fach eine 2 und in Englisch und Französisch eine 1. Mich ärgert es, dass ich in Physik, Chemie und Geschichte eine 3 bekommen habe“ „Ach, reg dich doch nicht auf, du bist immer noch eine der Besten. Du hast die 3 in allen Fächern, die Mrs Wilson gibt und die kann nicht erklären“, meinte Georg.

 „Was soll’s! Ich freue mich auf 6 Wochen Urlaub im Felsenhaus“, erwiderte Anne und sah bei diesem Gedanken wieder fröhlicher aus. „Ich schließe mich ganz deiner Meinung an. Mutter sagte, die Felseninsel würde mir jetzt ganz alleine gehören und wir dürfen dort hinfahren, wann wir wollen“ „Sie gehört uns“, verbesserte sie ihre Cousine. „Stimmt du hast Recht, ich teile sie mit dir, deinen Brüdern und natürlich Tim“, sagte Georg, „Ich glaube wir müssen uns auf den Weg machen, sonst verpassen wir den Zug“ „Halt, ich muss mich noch von meinen Freundinnen verabschieden“, bremste sie Anne und griff Georgs Hand. Die beiden Mädchen steuerten auf eine Gruppe von sieben Mädchen zu. „Wir wollten uns nur von euch verabschieden“, sagte Anne. „Wo geht es diesmal hin?“, fragte Trixie, Annes beste Freundin, neugierig. „Zu Georg ins Felsenhaus“, antwortete sie knapp. „Ich würde so gerne mitkommen“, bettelte Holly, „Meine Eltern bleiben dieses Jahr zuhause und ich denke es wird langweilig“ „Es tut mir schrecklich leid, mein Vater würde austicken, wenn ich meine Freundinnen auch noch mitbringe. Vier Kinder und ein Hund sind ihm genug“, meinte Georg. Holly, Trixie und Diana waren die einzigen Mädchen, außer ihrer Cousine, mit denen Georg gut befreundet war. Die anderen Mädchen fanden sie wegen ihrer jungenhaften Art ziemlich merkwürdig. Holly und Georg verband die Leidenschaft Sport und Diana mochte sie, weil sie Hunde genauso mochte wie sie, besonders auf Tim hatte sie es abgesehen. Anne war das komplette Gegenstück von George, sie war eher ein geselliges Mädchen. Sie war 7 oder 8 Mädchen aus ihrer Schule befreundet und wurde immer von 2 oder 3 Mädchen umringt. Meist ging sie mit Trixie, Amandine, Alison und Georg über den Schulhof. „Wenn ihr schon zu viert seid, könnt ihr über die Sommerferien fleißig Hockey trainieren“, schlug Janet vor, die mit Georg und Anne in der Schulmannschaft spielte, in der Anne Spielführerin war. „Ich glaube ich lege mich lieber gemütlich an den Strand, schließlich war das Schuljahr sehr anstrengend“, widersprach Anne. „Anne, wir müssen los! Der Zug fährt in einer Viertelstunde“, drängte Georg. Schnell umarmten Anne und Georg ihre Freundinnen und schwangen sich auf ihre Fahrräder.

 Beide genossen es an sommergrünen Wiesen entlang zu radeln, dem Gesang der Vögel zu lauschen und ihre Haare im Wind flattern zu lassen. Tim lief nebenher, ihm schien der Auslauf auch zu gefallen. Als Anne und Georg den Bahnhof erreichten, stand der Zug schon bereit. „Gott sei Dank, dass ich dich zum Aufbruch gedrängt habe, sonst du hättest mit Janet, Holly, Amandine, Francis und Trixie stundenlang weiter geredet“, meinte Georg. „Dass ist gar nicht wahr, ich hatte die Zeit auch im Blick. Ich bin doch kein kleines Kind mehr, dem man alles zweimal sagen muss“, erwiderte Anne. Georg konnte anhand ihres Gesichtes sehen, dass sie leicht gekränkt war. Anne mochte es partout nicht, wenn sie immer daran erinnert wird, dass sie die Jüngste war. Immerhin war sie schon fast 14, immer ganz am Ende der Ferien hatte sie Geburtstag. Georg war knapp anderthalb Jahre älter, denn sie war schon 15. Hastig verstauten sie ihre Fahrräder und ihr Gepäck im Zug und suchten sich zwei freie Plätze. „Georg, ich freu mich so meine Brüder wieder zu sehen. Es werden bestimmt wieder wunderschöne Ferien“, schwärmte Anne. „Das denke ich auch, ich wurde noch nie enttäuscht, wenn ich mit euch die Ferien verbracht habe“, nickte Georg. Die Mädchen steckten ihre Köpfe aus dem Fenster als der Zug abfuhr. „Mensch Georg, ich habe deine Haare noch nie so flattern gesehen“, bemerkte Anne. „Leider, ich bin nicht dazu gekommen zum Frisör zu gehen, weil wir extrem viel lernen mussten. Außerdem hatte ich jedes Mal fürchterlichen Ärger mit unserer Klassenlehrerin Mrs Harper, wenn ich mir die Haare abschnitt“, sagte Georg, „Ich werde mir so schnell wie möglich einen Sommerhaarschnitt verpassen lassen, ne Tim“ Tim winselte leise, was ein Ja bedeutete. „Ach, finde es nicht schlecht, wenn du die Haare etwas länger hast. Das passt zu deinem Gesicht“, fand Anne. Tatsächlich hingen Georg die Haare fast bis zum Kinn. Anne packte die Tüte mit den Erdbeeren aus und bot Georg welche an. „Guck mal, Tim will auch welche“, kicherte Anne. „Ich habe für ihn etwas Besseres“, murmelte Georg und zog einen Hundekeks aus ihrer Hosentasche. Tim ließ sich ihn schmecken und legte seinen Kopf auf Georgs Knie. Die Fahrt ging wie im Flug vorbei, es dauerte sogar nicht einmal eine ganze Stunde, bis der Zug in Georgs Heimatort einfuhr. „Mal sehen, ob uns die Jungs abholen“, rief Georg ihrer Cousine entgegen als sie ihr Fahrrad aus dem Waggon hievte. Die beiden Mädchen schauten sich auf dem Bahnhof um, ob Tante Fanny, Julius und Richard auf sie warteten. Von allen Dreien war keine Spur zu sehen. „Das ist mal wieder typisch für unsere Jungs“, meinte Anne, „Sie haben uns bestimmt wieder vergessen“ „Meine Mutter hat viel zu tun und keine Zeit uns abzuholen und mein Vater, der wünscht sich, dass ich so schnell wie möglich ausziehe“, erwiderte ihre Cousine. Die Mädchen ließen nicht all zu viel Zeit passieren und schwangen sich auf ihre Fahrräder. Es war ziemlich warm, nur der Wind vom Meer sorgte für Abkühlung. Die Mädchen kämpften sich den geschlängelten und abschüssigen Weg hoch. „Georg fahr doch nicht so schnell, ich komme gar hinterher“, stöhnte Anne. „Es ist nicht mehr weit bis zum Felsenhaus, das schaffst du schon“, munterte Georg sie auf. Die Anstrengung wurde mit einem Blick auf das Meer belohnt. Anne hielt kurz an, „Schau nur, wie schön das Meer ist, es ist fast so blau wie in der Karibik“, rief sie begeistert.

 Tante Fanny nahm die beiden Mädchen herzlich in den Arm, „Es ist schön, dass unsere Familie wieder komplett ist. Setzt euch in den Garten, ich habe für euch etwas Leckeres vorbereitet. Die Jungs sind auch gerade erst angekommen“, sagte sie. Georg und Anne gingen durch die Küche in den Garten. „Jul, Richard, schön euch wieder zu sehen“, jubelte Anne und stürzte sich auf ihre Brüder. Georg lächelte und gab jedem der Jungen die Hand, sie war nicht so offenherzig wie ihre Cousine. Unter dem großen Kirschbaum war ein reich bedeckter Tisch aufgestellt. Ein Sonnenschirm spendete zusätzlich Schatten. Johanna, die Haushaltshilfe, brachte ihnen Zimtschnecken und Apfelstrudel mit Vanilleeis. Zum Trinken gab es Eistee und Orangenlimonade. „Lasst es euch bei diesem fantastischen Wetter schmecken“, meinte sie und ging ins Haus zurück. Die Kinder hatten riesigen Hunger, weil sie seit dem Frühstück nichts Richtiges gegessen hatten. Sofort schaufelten die Kinder sich die Leckereien auf ihre Teller. „Es ist so schön, wieder hier zu sein“, schwärmte Anne und nahm sich eine Zimtschnecke. „Habt ihr schon mitbekommen, dass wir mit unserer Schule Landesmeister im Fußball geworden sind?“, begann Richard zu erzählen, „Erst letzte Woche fand das Finalspiel statt. Es war total aufregend, wir lagen mit 2:0 in der ersten Halbzeit zurück, bis Jul durch einen Freistoß das 1:2 erzielte und kurz vor Schluss köpfte der Torwart unseres Gegners den Ball ins eigene Tor. In der Verlängerung fiel kein einziges Tor, leider verletzte sich unser Torwart und ich ging für ihn ins Tor“ „Richard hielt beim Elfmeterschießen 2 von 5 Bällen“, erzählte Julius weiter, „Ihm ist es zu verdanken, dass wir gewonnen haben. Jeder von uns hat als Preis eine neue Fußballausrüstung und einen hochwertigen Ball bekommen. Wenn ihr wollt können wir euch Mädchen das Fußballspielen beibringen“ Georgs Augen leuchteten vor Begeisterung, „Ich habe immer schon gerne Fußball gespielt, aber ich habe zuvor Niemanden gehabt, der es auch gerne gespielt hat“ Anne sah nicht so sehr begeistert wie ihre Cousine aus, „Ich schlage euch einen Kompromiss vor, ich spiele nur mit euch Fußball, wenn ihr mit mir Hockey spielt“ „Na gut“, murmelten die Jungen, sie kannten ihre Schwester all zu gut. „Dann lasst uns schon morgen auf die Felseninsel fahren“, schlug Richard vor, „wir können die Sportsachen auch mitnehmen. „Lasst es uns Übermorgen machen, wir müssen erst noch einkaufen“, wandte Georg ein. Tante Fanny gesellte sich zu ihnen, „Ich habe gesehen, was für schöne Zeugnisse ihr habt. Georg du hast dich im Gegensatz zum letzten Jahr stark verbessert hast“, sagte sie. „Ja, das liegt daran, dass mir Anne viel geholfen hat“, sagte Georg. „Julius und Richard ihr seid Fußballmeister geworden und immerhin haben Anne und Georg den zweiten Platz mit der Hockeymannschaft ergattert. Ich muss sagen, dass ihr euch eine Belohnung verdient habt. Wie wäre es, wenn wir morgen zusammen in die Stadt fahren?“, schlug Tante Fanny vor. Annes Augen strahlten.

 Mitten in der Nacht änderte sich das Wetter schlagartig. Die Kinder und Tim wurden von einem Gewittersturm aufgeweckt. Georg schaute zum Fenster hinaus, „Verdammt ich habe mein Boot nicht in Sicherheit gebracht“, rief sie wütend. Hastig zog sie sich eine Shorts und eine Jacke an. „Georg, wo willst hin?“, fragte Anne gähnend. „Ich muss nach meinem Boot schauen“, antwortete Georg. „Du bist wohl verrückt!“, entgegnete ihr Anne, „Bei Sturm, Blitz und Donner kannst du nicht rausgehen. Schau nur die Gischt schlägt fast bis zu unserem Fenster“ Georg ließ sich nicht gerne von Anderen sagen, was sie zu tun und zu lassen hatte. In dem Falle war die Vernunft auf Annes Seite. „Tim, komm du doch wenigstens mit“, bettelte Georg, nahm ihn am Halsband und ging die Treppe runter. Georg öffnete die Haustür, Regen peitschte ihr ins Gesicht und fast hätte sie eine Windböe umgeworfen. Tim saß vor der Haustür und winselte, er fürchtet sich sehr vor dem Donner und noch mehr vor den Blitzen. „Tim, was ist denn jetzt“, rief Georg ungeduldig, doch der Sturm und die Brandung übertönten ihre Stimme. Tim winselte und zog seinen Schwanz ein. Nun verstand es auch Georg, dass Tim sich weigerte. Auf Tim hörte sie, weil er ihr bester Freund war. Sie rannte über den Hof zurück zum Haus. Sie auf gar keinen Fall alleine bei Nacht und Unwetter den Klippenweg zum Yachthafen hinunter gehen. Sie erschrak sich, als ihr Vater im Türrahmen auftauchte. „Georgina, bist du eigentlich noch ganz bei Trost!“, schimpfte er, „Der Sturm hätte dich die Klippen herunter pusten können. Was machst du eigentlich um diese Uhrzeit noch draußen? Du gehörst ins Bett“ „Nenn mich nicht Georgina“, brauste sie auf, „Ich wollte nur nach meinem Boot schauen und warum bist du um diese Uhrzeit noch wach?“ „Du weißt doch ganz genau, dass ich an einer neuen Formel arbeite“, erwiderte ihr Vater schroff, „Du gehst sofort wieder ins Bett und als Strafe bleibst du Morgen Vormittag im Haus und hilfst Johanna“ „ Ich werde nicht ins Bett gehen, du kannst mir gar nichts vorschreiben“, zischte sie, „Ich bin doch kein kleines Kind und außerdem stinkt es mir, wie du uns behandelst. Du hast mich und meine Freunde noch gar nicht wahrgenommen“ „Ich habe gesagt, du sollst ins Bett gehen“, wiederholte ihr Vater energisch, „Sonst kannst du die ganze Woche Johanna bei der Arbeit helfen“ Georg kochte vor Wut und am liebsten hätte sie ihn angeschrieen. Doch sie wollte nicht das ganze Haus aufwecken und beherrschte sich. Sie merkte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen und drohten überzulaufen. „So ein Mistkerl“, schimpfte sie leise. Georg stapfte niedergeschlagen in ihr Zimmer zurück. Anne regte sich nicht und war wieder eingeschlafen. Georg setzte sich ans Fenster, ihr war zum Weinen zumute, aber sie ließ es nicht zu. Ihre Gedanken kreisten um ihr Boot und ihren ignoranten Vater. Tim leckte ihr nacktes Bein und sie musste leise kichern. Plötzlich erschrak sie, ein Flackern erregte ihre Aufmerksamkeit. Aber es war kein Blitz, es kam von ihrer Insel. Ihr Herzschlag erhöhte sich und ihr wurde richtig schlecht. Tim kuschelte sich beruhigend an sie. „Ich muss Anne wecken“, dachte sie. „Wach auf, Anne“, flüsterte sie und rüttelte ihre Cousine wach. „Georg, was ist los?“, fragte Anne. „Ich habe ein Leuchten auf meiner Felseninsel gesehen“, antwortete Georg aufgebracht. „Wenn das mal kein Blitz war“, meinte Anne verschlafen und drehte sich wieder um. „Das war garantiert kein Blitz. Komm her und schau selber, Anne“, flüsterte Georg.

 Beide Mädchen und Tim setzten sich vor das Fenster. Sie sahen nur die tosende See vor ihren Augen. Nach einem Moment sahen sie wirklich ein erneutes Flackern. „Da muss Jemand auf deiner Insel sein“, flüsterte Anne aufgeregt. „So weit bin ich auch schon“, brummte Georg. „Schau mal, dort ist ein Schiff unterwegs. Ich frage mich, warum es nicht kentert“, rief Anne geschockt, „Oh Gott, mich schaudert es zu sehen, wie es hin und her geworfen wird“ „Anne, sei gefälligst leise, sonst bekommst du auch noch Hausarrest“, zischte Georg, „Ich habe morgen Vormittag schon Hausarrest und ich darf nicht mit in die Stadt, weil mich mein Vater erwischt hat, wie ich aus der Tür ging“ „Ich habe dir doch gesagt, dass das eine blöde Idee ist“, sagte Anne. „Das habe ich nachher auch gedacht“, gähnte Georg, „Ich geh wieder schlafen, ich bin hundemüde“ Sie rollte sich in ihre Decke ein und Tim legte sich ans Fußende. Kurz später schliefen alle Drei friedlich und das Unwetter beruhigte sich wieder.

 

Eine Überraschung für Georg

Am nächsten Morgen hingen die Wolken bleigrau und tief am Himmel und es regnete. „Wenn es hier einmal anfängt zu regnen, dann regnet es wochenlang“, meinte Georg betrübt und rührte in ihrem Kakao. Die Stimmung am Tisch war genauso schlecht wie das Wetter. Niemand redete, nicht einmal die lustige Johanna und die herzliche Tante Fanny. Georg hatte keinen Appetit, sie aß nur eine Scheibe Toast und verschwand mit Tim in ihrem Zimmer. „Fanny, ich hoffe, dass du Georg nicht mitnimmst, sie muss lernen sich zu benehmen. Ihr stures Gehabe geht mir auf den Zeiger. Dieses sture Mädchen, muss lernen was Benehmen ist. Wenn notwendig, auf die harte Tour“, meinte Quentin. Fanny tat sich schwer gegen ihn anzukommen. Meist traf er die Entscheidungen. „Dein stures Gehabe nervt mich ebenfalls“, erwiderte sie. Georg war die Lust an dem Ausflug gründlich vergangen. Lieber saß sie mit Tim in ihrem Zimmer, als sich die Verstimmungen zwischen ihren Eltern an zu hören. „Ich finde es ist blöd, dass Georg nicht mitkommt“, sagte Anne geknickt. „Das hat sie sich selber eingebrockt“, war Quentins Antwort.

 

In der Stadt besorgten Anne, Julius, Richard und Tante Fanny neue Sachen zum Anziehen und setzten sich in ein Eiscafe. Julius und Richard bestellten sich beide einen großen Bananensplitt, während Anne einen Erdbeerbecher mit Sahne bevorzugte und Tante Fanny gönnte sich einen Eiskaffee. „Du hast uns noch versprochen, dass wir uns eine Belohnung für unsere gute Leistungen im letzten Schuljahr aussuchen dürfen“, erinnerte Anne sie. „Stimmt, diesmal dürfen eure Wünsche ein bisschen ausgefallener sein“, meinte Tante Fanny, „Zurzeit sind wir wieder gut bei Kasse, weil eines von Quentins Patenten auf den Markt gekommen ist. Ich gebe euch 400 Pfund, das müsste reichen, um eure Wünsche zu erfüllen“, meinte Fanny, „Lasst uns um 1 Uhr vor dem Rathaus treffen“ „Was sollen wir mit soviel Geld machen?“, fragte Richard, „Wir wollen es nicht für irgendwelchen dämlichen Kram verprassen“ „Ich habe eine Idee, wir wollen doch auf der Felseninsel zelten. Die Zelte, die wir haben, sind letztes Mal während eines Orkans beschädigt worden. In der Werbung habe ich wasserdichte Zelte zu verhältnismäßig günstigen Preisen gesehen. Wie wäre es damit?“, schlug Julius vor. „Oh ja, das eine feine Idee, wasserdichte Zelte können wir gebrauchen und wir machen Georg eine Freude damit“, rief Anne begeistert. Beim nächsten Outdoorshop machten sie Halt. „Guten Tag, kann ich euch behilflich sein?“, fragte der Verkäufer freundlich. „Oh gerne, könnten Sie uns bitte die Zelte zeigen, die Sie im Angebot haben“, bat Julius höflich. „Hier hätten das neuste von Allen“, wies sie der Verkäufer hin, „Es hat einen Polyesterüberzug. Es schützt vor Regen und Wind und außerdem ist es um 20% herabgesetzt“, sagte der Verkäufer. „Wir nehmen zwei von diesen Zelten“, entschied Julius, „Außerdem brauchen wir 4 Schlafsäcke und Luftmatratzen“ Zufrieden verließen die Kinder den Laden mit 4 vollen Tüten. „Wir haben 350 Pfund ausgegeben“, stellte Anne fest.

„Aber dafür lohnt sich die Investition.

Die Zelte lassen sich ganz leicht auf und abbauen und sind ganz leicht“, sagte Richard. Anne kaufte eine Tüte Schokokaramellbonbons für ihre Cousine. „Ah da seid ihr ja“, rief Tante Fanny schon von weitem. „Wie ich sehe, habt ihr das Geld sinnvoll ausgegeben. Als ihr letztes Mal gezeltet habt, ist euch ein Baum auf die Zelte gekracht“, sagte sie. „Ich weiß noch, wir haben in einer Höhle Schutz gesucht haben, sonst wären wir heute nicht hier“, erinnerte sich Anne schaudernd. Tante Fanny und die Kinder fuhren zurück zum Ferienhaus. Johanna hatte schon das Mittagessen vorbereitet. „Georgina spinnt total, sie hat sich im Zimmer eingeschlossen“, regte sich Quentin auf. „Wenn Georg nicht gut drauf ist, muss man sie einfach in Ruhe lassen“, wusste Julius, „Sie fängt sich bald wieder“ Anne versuchte ihr Glück und klopfte an Georgs Zimmertür. „Sei schon vernünftig und mach auf“, rief sie. Niemand antwortete. „Sie nicht albern und mach endlich auf“, wiederholte Anne. „Lass mich in Ruhe“, kam Georgs Stimme gedämpft aus dem Zimmer.

 

Nach dem Essen gingen Anne und ihre Brüder an der Steilküste spazieren. Es regnete so stark, dass sie Regenjacken tragen mussten. „Passt, dass ihr auf den glitschigen Steinen nicht ausrutscht“, warnte Julius. „Mich macht es ganz betroffen, dass es Georg so schlecht geht“, seufzte Anne. Plötzlich schrie Richard auf, „Da ist Georgs Boot, schaut dahinten auf den Felsen“ Die Kinder konnten nicht schnell genug dort hinkommen. „Seid froh, dass es noch da ist“, rief Anne erleichtert. „Der Orkan hat es losgerissen und an einen Seite beschädigt, das lässt auf jeden Fall reparieren“, stellte Richard fest, „Am besten bringen wir es zu Alf, er ist unser Freund und ein feiner Kerl“ „Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie wir das Boot von hier weg kriegen sollen?“, fragte Anne und schaute ihre Brüder ratlos an. „Wie wäre es, wenn unser Küken ihr Hirn einschaltet und ihren Verstand benutzt“, sagte Julius und verdrehte die Augen, „Wir werden es zu seiner Bootswerkstatt hintragen müssen“ „Ich bin nicht euer Küken“, empörte sich Anne mit blitzenden Augen, „und ich habe oft mehr Verstand als ihr Jungen“ „Oh, unser Schwesterlein ist beleidigt“, raunte Julius seinem Bruder zu. Kurz später traf ihn ein Büschel Seetang am linken Ohr. „Igitt Anne, lass das!“, rief Julius lachend. „Tja, das kommt wohl davon“, war Annes Antwort.

„Lasst uns lieber das Boot fortschaffen, anstatt unsere Zeit mit so einem Blödsinn zu vergeuden“, drängte Richard. Zum Glück war die Gegend nicht so unpassierbar, die Kinder zogen das Boot auf den Klippenweg. Es war ziemlich anstrengend und sie mussten immer wieder kurz Pause machen. „Gleich haben wir es geschafft“, munterte Julius seine Geschwister auf, „Wir sind jetzt beim Yachthafen und hundert Meter weiter kommt Alfs Werkstatt“ „Ich glaube, ich habe mir meine Hände aufgescheuert“, bedauerte Anne, als sie ihr Ziel erreichten. „Hi Freunde, was ist los bei euch?“, fragte Alf. Alf war ungefähr 14 Jahre alt, aber er war dennoch ein halben Kopf kleiner als Richard und schmächtiger. „Hey Alf, wir haben Georgs Boot entdeckt und es dir mitgebracht. Es wurde vom nächtlichen Unwetter losgerissen und gegen die Felsen geworfen. Wie teuer wäre eine Reparatur?“, fragte Julius. „Ich müsste nur ein paar Holzplanken auswechseln, eine neue Bank einbauen und das Boot neu anstreichen“, meinte Alf mit fachkennerischer Miene, „Es wird ca. 5 Tage dauern, da die Farbe trocknen muss“ „Wie verlangst du dafür?“, fragte Richard. „Wie viel Geld habt ihr denn dabei?“, überlegte Alf. Richard zog einen 50 Pfund Schein aus der Tasche, Anne hatte 10 Pfund dabei und Julius kramte 20 Pfund zusammen. Insgesamt hatten sie 80 Pfund. „Es ist schon okay“, fand Alf, „Ihr braucht mir nicht mehr geben, schließlich ist Georg eine gute Freundin von mir“ Alf wunderte sich, warum Georg nicht dabei war, „Wieso seid ihr ohne Georg unterwegs“, fragte er. „Sie hatte Ärger mit ihrem Vater und deswegen hat sie heute schlechte Laune“, antwortete Richard. Die Kinder verabschiedeten sich von Alf und gingen zurück zum Ferienhaus zurück. „Ich kann es kaum erwarten, Georg zu erzählen, was wir erlebt haben“, frohlockte Anne und hüpfte neben ihren Brüdern her. Sie kamen beinahe zu spät zur Teatime. „Ich habe mich schon gewundert, wo ihr gewesen seid“, empfing sie Tante Fanny als sie vor der Tür standen.

 „Wir haben Georgs Boot wieder gefunden und haben es zu Alf geschleppt. Er will es innerhalb einer halben Woche reparieren“, berichtete Julius stolz. Ein Lächeln huschte über das Gesicht seiner Tante, „Das wird Georg sicher freuen“, sagte sie. Die Jungen setzten sich an den Tisch, während Anne die Treppenstufen hoch rannte und gegen Georgs Tür bollerte. „Georg, mach auf! Wir haben dein Boot wieder gefunden und es zu Alf zur Reparatur gebracht“, rief Anne. Anne hörte, wie der Schlüssel ins Schloss gesteckt wurde und Georg die Tür öffnete. Georg sah ziemlich geschafft aus. „Ist alles in Ordnung mit dir? Du siehst aus, als hättest du geweint“, meinte Anne.

 „Hab ich auch“, gab Georg zu, „ich hatte vorhin mit Vater Stress. Er wollte, dass ich die Küche putze und ich habe mich geweigert. Ich habe lieber an einem Stück Holz herumgeschnitzt und er war sauer auf mich. Wir haben uns gegenseitig angeschrieen und er hat mir zur Strafe Tim weggenommen“ „Wo ist Tim?“, fragte Anne. „Er ist in der Hundehütte im Garten“, sagte Georg. „Hast du schon mitkommen, dass wir dein Boot in den Felsen wieder gefunden haben“, erzählte Anne. Georg nickte, „Hast du gerade schon gesagt. Wie seid ihr dazu gekommen?“, fragte Georg aufgeregt. „Wir sind nach dem Essen an der Steilküste spazieren gegangen und Richard hat dein Boot zwischen den Felsen gesehen, dann haben wir zu Alfs Werkstatt begeben und er will es innerhalb von 5 Tagen das Boot wieder flott machen“, setzte Anne fort. „Wer bezahlt die Reparatur?“, fragte Georg. „Jul, Richard und ich, Alf war mit 80 Pfund zufrieden“, sagte Anne. Georgs Miene änderte sich schlagartig, „Ihr seid die besten Freunde, die ich jemals hatte“, jubelte sie und fiel Anne um den Hals. Beide Mädchen rannten die Treppe runter und setzten sich an den Tisch. Georg, die den ganzen Tag fast nichts gegessen hatte, bekam wieder Appetit und langte ordentlich zu. Onkel Quentin war erst gar nicht gekommen. „Er ist wieder dabei, sich vollständig zu überarbeiten“, seufzte Fanny, „und ihn wird man nie ändern können“ „Leider“, brummte Georg, „Manchmal wünsche ich mir, dass ich ein eigenes Haus mit meinen Freunden hätte. Dann würde ich ihn nicht stören, könnte ihm aus dem Weg gehen und wir hätten keinen Streit mehr“ „Du hast Recht, mein Kind“, stimmte ihre Mutter zu, „Ich finde es auch oft problematisch mit ihm, wahrscheinlich hast du seine Sturheit von ihm geerbt. Du bist ihm ähnlicher, als du denkst“ Ihre Freunde kicherten. Am ganzen Abend hatte Georg gute Laune und spielte mit ihren Freunden Karten.

 Das schlechte Wetter blieb in den nächsten Tagen unverändert. Die Kinder bereiteten sich auf den Trip zur Ferieninsel vor. Johanna kaufte für sie Brot, Obst, Gemüse, Kekse, Süßigkeiten, Kartoffeln, Würstchen, Milch und viele andere Sachen ein. „Jetzt muss nur noch das Boot fertig sein, dann kann es losgehen“, meinte Georg. „Das Wetter soll selbstverständlich auch mitspielen“, mischte sich Anne ein, „Ich habe keine Lust nass zu werden“

Abends schauten sie gespannt die Wetternachrichten im Fernsehen. „Freitag soll endlich wieder die Sonne scheinen und es bis zu 26 Grad warm werden“, sagte Richard. „Das klingt doch verlockend“, meinte Julius. Donnerstag holten sie das Boot ab und beluden es mit Lebensmitteln, der Campingausrüstung, den Sportsachen, Geschirr und Wechselkleidung. Georg freute sich so sehr, dass sie in der Nacht von Donnerstag auf Freitag kaum Schlaf fand. „Morgen werden wir in unseren neuen Zelten schlafen, die Vögel singen und die Grillen zirpen hören. Wir werden uns am Lagerfeuer Geschichten erzählen, gemeinsam lachen, schwimmen und Spielen. Ach, es wird wunderbar werden“, schwärmte sie und Tim legte seinen Kopf auf ihre Füße. Er war zweifelsfrei ein guter Zuhörer. Johanna stand am nächsten Morgen früh auf, sie wollte die Kinder mit einem großen Blech Kuchen und einer Tomaten-Hackfleischpastete überraschen.

Richard, der immer einen großen Hunger hatte, wachte als erstes von dem fantastischen Geruch auf. Sein Magen knurrte und suchte etwas um seinen Hunger zu stillen. Zum Glück fand er die Malzbonbons auf dem Nachtisch seines Bruders. „Finger weg von meinen Bonbons“, herrschte ihn sein großer Bruder an. „Ich kann nichts dafür, mein Magen ruft nach Essbarem“, verteidigte sich Richard. „Wann tut der das mal nicht“, spottete Julius. „Jungs, es ist Zeit zum Aufstehen“, rief Georg und riss die Tür auf. „Wir sind schon längst wach“, meinte Julius, „Mein Bruder ist natürlich von dem Essensgeruch aufgewacht, das ist mal wieder typisch für ihn“ Für die Bloßstellung bekam er von Richard einen Rippenstoß. „Jungs, beeilt euch, wir haben Hunger“, rief Georg und verschwand wieder.

 

 

Wer mag sich wohl auf der Insel befinden?

Heute schien seit dem Anreisetag zum ersten Mal wieder richtig die Sonne und es war angenehm warm. Die Kinder trugen alle T-Shirts und kurze Hosen. Georg sprang Letzte ins Boot und stieß sie ab. Richard und Julius übernahmen das Ruder. Tim liebte sich ans Bug zu setzen und Ausschau nach den Möwen zu halten. Heute flogen sie in Scharen über das Wasser. Tim musste einsehen, dass er nicht fliegen konnte und somit keine der Möwen packen konnte. Wenn sie ihn ärgern wollten stießen sie ein lautes Geschrei aus und flogen dicht über Tims Kopf hinweg. Anne legte sich auf den Rücken und schloss die Augen. „Es ist so warm, dass ich gleich einschlafen werde“, gähnte sie und mit einem Mal war sie in einem tiefen Traum versunken, indem sie auf der Felseninsel viele geheimnisvolle Tiere sah, darunter schwarz-weiß gestreifte Eichhörnchen mit Hasenohren, riesige Igel mit langen Beinen, Einhörner mit glänzenden Vögeln und bunte Papageien. Ein Vulkan stieß schwarze Rauchwolken aus, ein Fluss teilte die Insel in zwei Teile und Tim jagte hinter dem armen Eichhörnchen her. Gerade als sich Anne auf ein Einhorn setzen wollte, um sich die Insel von oben anzuschauen, wurde sie von Georgs Schimpfen geweckt. 

„Ich kann es nicht fassen, am liebsten würde ich sie alle erledigen“, schimpfte ihre Cousine. „Was ist denn hier los?“, fragte Anne erschrocken. Sie verstand nicht, was los war. Für sie war es das reinste Vergnügen mit ihren Freunden mit einem kleinen Ruderboot über das Meer zu gleiten, welches die Sonne in einen blauen Glitzerteppich verwandelte. „Siehst du nicht das kleine Boot am Strand?“, regte sich Georg weiter auf, „Es sind fremde Leute auf meiner Insel, es sind Welche, die ich hier nicht haben möchte. Die Insel gehört immer noch mir und ich lasse nur die Leute drauf, die ich mag“ Georg nahm nur Tim und ihre Cousins freiwillig mit. Einmal hatte sie Alf die Insel gezeigt. „Dann müssen wir ein großes Verbotsschild aufstellen, „Das Betreten dieser Insel ist streng verboten, wer es doch tut, wird von Tim in den Po gebissen und bekommt böse Blicke eines Mädchens mit kurzen Haaren zu spüren. In ihrem Namen Georg Kirrin“, witzelte Richard. Anne unterdrückte ein Kichern. Richard bekam dafür von seiner Cousine einen heftigen Rippenstoß und ging fast über Bord. „Ich möchte lieber nicht die Insel betreten, ich weiß nicht, wer sich hier rum treibt“, sagte Anne ängstlich. „Da ist doch die gute alte Höhle, in der wir vor 3 Jahren waren“, fiel Julius wieder ein. „Genau, du hast Recht. Das wäre es!“, rief Georg, „Dann würde uns niemand finden. Jetzt übernehme ich das Ruder, ich kenne mich hier am besten aus“ Anne und ihre Brüder staunten, wie geschickt Georg das Boot zwischen den Felsen durchlenkte. Die Höhle war immer noch an dem gleichen Ort, wo sie letztes Mal auch war. Die Kinder zogen das Boot auf eine höher gelegene Steinplattform und begannen es auszuladen. Zuerst wurden die Wasserkanister in die Höhle gebracht, dann die Campingausrüstung und zum Schluss die kleineren Sachen. Anne hatte großen Spaß daran die Höhle in eine Wohnung zu verwandeln. Erst wurden Betten aufgebaut, eine große Kiste diente als Tisch, aus mehreren kleinen Kisten baute sie ein Regal und eine Plastikwanne wurde als Waschbecken verwendet. Georg brachte einen Vorhang aus Seetang und Seegras vor dem Höhleneingang an. Der Vorhang sorgte dafür, dass nur noch spärlich Licht in die Höhle drang und sie in ein grünliches Licht tauchte, aber dafür fühlten sich die Kinder sicherer.

 Gegen Mittag kochte Anne Ravioli in Tomatensoße über dem Spiritusbrenner. Die Mahlzeit fand großen Anklang bei den Freunden, so dass sie die Teller ableckten. Zum Nachtisch gab es Himbeeren mit Vanillepudding. Julius lobte seine kleine Schwester, „Aus dir wird später eine gute Hausfrau, von uns kannst nur du so gut kochen“ Tim war nach dem Essen ziemlich hibbelig. „Tim, wir können nicht spazieren gehen. Wir wissen nicht, wer hier auf der Insel rum läuft“, beruhigte ihn Georg. Anne beschäftigte sich einen ihrer Bücher und Georg schmuste mit Tim. „Mir wird es allmählich zu blöd, meine Ferien in einer Höhle zu verbringen“, sagte Richard, dem als die Geduld platzte, „Ich schaue mich um, wer sich auf der Insel befindet“ „Na gut, bitte sei unbedingt ganz vorsichtig und sei in einer halben Stunde wieder da“, sagte sein großer Bruder dazu, „Am besten nimmst du Tim mit“

Tim hatte nichts gegen einen Spaziergang einzuwenden, vor Begeisterung wedelte er mit seinem Schwanz. „Ich verspreche euch, wir sind bald zurück“, rief Richard und verschwand in einem Seitenausgang. „Mir ist irgendwie mulmig zumute, so dass ich mich nicht laut unterhalten möchte“, wisperte Anne. „Ich auch, jetzt haben wir nicht einmal Tim bei uns, der uns beschützen könnte“, nickte Georg. 

Richard und Tim mussten erst über die spitzen Felsen klettern, um zum Hauptteil der Felseninsel zu kommen. „Tim, sei ganz vorsichtig und pass auf, dass du nicht abrutscht!“, warnte ihn Richard. Tim hielt das sofort ein und achtete auf einen sicheren Halt. Endlich waren sie oben auf der Klippe angekommen, wo Richard einen herrlichen Ausblick auf das dunkelblaue Meer hatte. Er setzte sich hin und ruhte sich aus. Er betrachtete die Seevögel, die über seinem Kopf hinweg flogen und ein lautes Geschrei ausstießen. In der heißen Mittagssonne wurde ihm schnell zu warm und er setzte mit Tim seinen Weg fort. Im Schatten eines Wäldchens ließ es sich gut aushalten, plötzlich spitzte Tim seine Ohren. Richard blieb abrupt stehen. „Tim, was hast du gehört?“, flüsterte er leise. Sie warteten einen Moment, bis ein Kaninchen aus dem Gebüsch sprang. Fehlalarm! Sie gingen weiter bis zu der alten Burgruine, auch dort war Totenstille. Er überlegte, ob er in den alten Brunnen steigen sollte oder nicht. Er ließ es lieber bleiben, weil er keine Taschenlampe dabei hatte. Er suchte sich einen guten Aussichtspunkt aus und ließ sein Blick schweifen. Die Boote, die vorhin am Sandstrand lagen waren auch weg. Das hatte zu bedeuten, dass doch niemand auf der Insel mehr war. Beruhigt machten sie sich auf den Rückweg. Richard schaute auf seine Armbanduhr, er bekam einen Schreck. Es war schon viertel nach Vier. Oh Gott, wie lange war er schon unterwegs? Bestimmt machten sich die Anderen sich schon Sorgen und dachten, er wäre entführt worden. Hastig kletterte er die Felsen herunter und war ein bisschen zu unvorsichtig. Er rutschte aus und überschlug sich. Erst lag er wie gelähmt zwischen zwei Felsen, doch dann stellte er fest, dass er sich nicht doll verletzt hatte. Er hatte einige Kratzer an den Armen und eine schmerzende Wunde am Knie. „So ein verdammter Mist“, schimpfte Richard. Ihm stiegen Tränen in die Augen, als er sich aufrappelte. Sein Bein tat ziemlich weh, er hatte sich das Knie nicht nur aufgeschlagen, sondern auch noch verdreht. „Tim, komm mal her. Du musst mich stützen“, rief Richard. Tim kam wie ihm befohlen wurde und Richard stützte sich auf seinem Rücken ab. „Das war jetzt echt unnötig“, dachte er, „Aber zum Glück ist es nicht mehr weit“

 Sein Bruder kam ihm entgegen, „Richard, wo warst du gewesen? Du warst über 2 Stunden fort“, rief er. „Oh, es tut mir Leid, ich hatte die Zeit nicht mehr im Blick, weil ich vergessen habe, auf die Uhr zu schauen“, entschuldigte sich Richard. „Auf jeden Fall haben wir uns sehr große Sorgen gemacht, besonders die Mädchen“, meinte Julius, „Und was hast du mit deinem Knie gemacht?“ „Ich bin auf einem der Felsen ausgerutscht und bin hingefallen“, erwiderte Richard. Julius und Tim stützten den Verletzten. Die Mädchen waren außer Rand und Band, als sie die Höhle betraten. Georg griff nach Tims Vorderpfoten und führte ein Tänzchen auf. Anne bombardierte Richard mit Fragen und versorgte seine Verletzungen. Die Kinder waren ziemlich erleichtert, als Richard erzählte, dass er niemanden auf der Insel gesehen habe und auch kein Boot in der Bucht lag. Am späten Nachmittag gingen die Kinder schwimmen. Sie hatten keine Lust mehr das fantastische Wetter zu verpassen. Georg schwamm immer noch wie ein Weltmeister, sie schwamm ihren Freunden immer davon und konnte sogar einige Minuten unter Wasser bleiben. „Ich wünschte, ich könnte auch schwimmen wie ein Fisch“, wurde sie von ihrer Cousine beneidet. Anne musste sich derbe anstrengen um nicht abgehängt zu werden. Sie konnte einfach nicht kraulen, wie ihre Cousine und ihre Brüder. Nach einer Stunde zog der Hunger sie wieder an Land und sie beschlossen Würstchen über dem Spirituskocher zu grillen. Zusammen mit gerösteten Kartoffeln schmeckte es herrlich, sogar Tim bekam seinen Anteil. Nachdem dem sie gegessen haben, überredeten die Jungs die Mädchen zu einer Partie Fußball auf in dem Innenhof der Ruine. Georg und Richard spielten gegen Anne, Julius und Tim. Immer wieder bewies Tim sein Talent als Torwart und schnappte der verdutzten Georg immer wieder den Ball weg. Richard und Julius waren klar die besten Spieler, aber auch die Mädchen machten keine schlechte Figur. Besonders Georg war flink und ballsicher, aber Anne war dafür gut in der Verteidigung. Mitten im Spiel rief eine schrille Stimme, „Schuhe abputzen, macht nicht so einen Lärm, macht die Tür zu“ Die Kinder erschraken sich zu Tode. „Verdammt, hier ist doch Jemand“, zischte Georg, „Lasst uns ganz schnell verschwinden, dass ist mir sehr unheimlich. Wahrscheinlich hat uns diese Person die ganze Zeit beobachtet“

Julius nahm sofort den Ball in die Hand und die fünf Freunde machten sich davon. „Ein Mensch kann doch nicht so eine Schrille Stimme haben“, behauptete Anne, „und die Person hat irgendwelchen Unsinn ohne Zusammenhang geredet. Sie muss wohl geistig verwirrt sein“ „Mich schaudert es, wenn auf meiner Insel geistig Verwirrte gefangen gehalten werden“, sagte Georg, der ein kalter Schauer über den Rücken lief, „Ich möchte mir nicht vorstellen, was für dreckige Geschäfte hier laufen. Vielleicht betreibt hier Jemand Menschenhandel und sperrt die Menschen so lange ein, bis sie verrückt werden“ „So was könnte gut möglich sein, hier gibt gute Möglichkeiten Menschen und Schmuggelwaren zu verstecken“, überlegte Julius, „Seitdem wir vor 4 Jahren den Schatz gefunden haben, ist diese Insel in der Region bekannt und das leider auch bei Verbrechern“ „Ich glaube wir sollten heute Nacht lieber zurück fahren“, meinte Anne ängstlich. „Du spinnst wohl, du lässt dich von jeder Kleinigkeit umhauen“, spottete Georg, „Dann verbringe doch deine Ferien in der Küche, spiele mit Puppen, streichele Ponys auf der Weide, übe Klavier, gehe Shoppen und tanze Ballett. Ich bringe mich nicht unnötig in Gefahr.“ „Anne, es lohnt sich nicht heute Nacht zurück zu fahren und es wäre unter Umständen auch gefährlich“, mischte sich Julius ein. Anne schien gekränkt zu sein und sagte kein einziges Wort mehr. 

Die Freunde waren sehr erleichtert, dass sie wieder in der Höhle waren. Sie leerten erstmal eine Flasche Limonade auf den Schreck, Tim knurrte immer noch leise. Georg kraulte ihm beruhigend den Kopf, „Nur keine Angst mein Liebling“, flüsterte sie. Sie beschlossen schlafen zu gehen, weil die ganze Aufregung ihnen zu schaffen gemacht hatte. Georg und die Jungen schliefen zügig ein, Tim spitzte aufmerksam seine Ohren. Anne lag noch lange wach, ihr war mulmig zumute, dass sie und ihre Freunde nicht alleine auf der Insel waren. Julius hatte ihr diese Mal sogar ganz fest versprochen, dass es ganz ruhige Ferien ohne Aufregung werden sollen. Gerade in diesem Augenblick wünschte sie sich, sie wäre zu Hause bei ihren Eltern. Sie würde ihrer Mutter in der Küche helfen, im Garten faulenzen oder sich mit ihren Schulfreundinnen Francis, Jill und Belinda in der Stadt treffen. Die Zwillingsschwestern Mary und Isabel haben sie für ein paar Tage zu sich auf den Reiterhof eingeladen, doch Anne zog ihre beiden Brüder, Georg und Tim vor. In diesem Augenblick sie wünschte sich, sie hätte die Einladung angenommen, sonst könnte sie jetzt mit ihren Freundinnen herrliche Ausritte unternehmen.

 

Was für ein merkwürdiger Vogel!

Die Kinder schliefen bis 10 Uhr, was für sie ziemlich lange war. Tim wachte als erster hungrig auf und stupste sein Frauchen an. Anne kochte für alle heißen Kakao und Georg machte Rührei mit Schinken. Sie genossen ein besonders leckeres Frühstück mit Toast, Müsli, Rührei und Kakao. Anne ging nach dem Frühstück nach draußen, um sauberes Wasser zu holen. Im Felsenrelief waren einige Löcher eingelassen, die mit Regenwasser gefüllt waren. Die großen Wasserbecken konnten als Badewanne benutzt werden, weil die Sonne das Wasser angenehm aufgeheizt hatte. „Mach die Tür zu! Pass auf, wo lang gehst! Mach die Augen auf, du Schaf!“, rief Jemand. Anne fuhr erschrocken zusammen. Es musste sie Jemand genau beobachten. Sie versteckte sich vor Angst hinter einem Felsvorsprung. Sie traute sich nicht zu, laut zu schreien, weil sie nicht ihr Versteck verraten wollte. „Na wird es mal! Jetzt aber mal dalli“, erwiderte die Stimme noch schärfer. „Ach, halt die Klappe!“, rief Anne wütend, „Ich habe nichts gemacht“ „Gebe bloß keine Widerworte, du unverschämte Göre“, schrie die Stimme, die noch schriller war als vorher. „Lass mich gefälligst in Ruhe und sieh zu, dass du Land gewinnst“, schrie Anne zurück.

Auf einmal tauchte ein bunter Papagei vor ihr auf, „Nicht schniefen, Taschentuch benutzen“, krächzte der Papagei. Anne konnte es nicht glauben, dass sie von diesem Vogel veräppelt wurde und sie diesen Vogel angeschrieen. Vor Erleichterung und Kuriosität bekam sie einen heftigen Lachanfall. „Du bist aber witziges Vögelchen“, prustete sie und vergaß, dass sie auf einem glitschigen Felsen stand. Sie krümmte sich vor Lachen, sie merkte nicht, wie sie ausrutschte und den Hang hinunter schlitterte. Anne lachte vor Schreck immer noch, aber sofort kamen ihr die Tränen. Sie hatte sich Arme und Beine aufgeschürft und einen blutigen Kratzer an der Stirn. Ihr tat Alles weh und ein spitzer Stein hatte ein Loch in ihr T-Shirt gerissen. „Armes Mädchen, du hast ganz doll aua“, bemitleidete sie der Papagei. Der Papagei betrachtete das Mädchen, mit dem langen Zopf, das gerade gleichzeitig weinte und lachte. „Ich heiße Kiki“, sagte er langsam und betont. „und wer bist du?“ „Ich heiße Anne“, antwortete sie knapp. Anne holte eine Tüte Erdnüsse aus ihrer Hosentasche. „Kiki mag Erdnüsse“, sagte der Papagei begeistert. Anne reichte ihm welche. „Kiki will deine Freundin sein“, krächzte sie glücklich. „Dann komm mit, ich zeige dir meine Brüder, meine Cousine und Tim“, sagte Anne. Sie nahm es Kiki nicht übel, dass sie von ihr erschreckt wurde. Ganz im Gegenteil, Anne fand den lustigen Vogel sogar sehr sympathisch. „Jack hat Jack Kiki sprechen gelehrt“, erzählte Kiki, „Jack und seine Freunde im Kerker gefangen“ „Wer ist Jack?“, fragte Anne erstaunt. Es waren tatsächlich andere Menschen auf der Insel, sie hatten sich nicht getäuscht. „Was, deine Freunde sind in einem Kerker gefangen!“, rief Anne entsetzt. Mit schmerzverzerrtem Gesicht rappelte sie sich auf. „Komm doch mit zu unserer Höhle, wenn du willst“, bot sie dem Papageien an. Kiki setzte sich brav auf Annes Schulter. „Bitte bohre deine Krallen nicht so tief in meine Schulter“, stöhnte Anne. „Okay, Okay, ganz wie du willst“, flötete der Papagei.

„Georg ist eine gute Menschenkennerin“, dachte Anne nach, „Sie weiß ganz genau, wenn irgendetwas nicht stimmt. Georg hatte doch recht, dass wir nicht alleine hier sind. Wie schrecklich es doch wäre, wenn noch andere unschuldige Kinder auf der Insel gefangen wären. Dieser Vogel müsste Jemanden gehören, der gerade auf dieser Insel ist“

Julius, Richard und Georg blieb der Mund offen stehen, als Anne mit dem sprechenden Papageien wieder kam. Tim war als erster außer Rand und Band, als er den neuen Gast sah. „Timmy halt dich zurück!“, wurde er von seinem Frauchen angeherrscht. Georg hielt ihn am Halsband fest. „Wo hast du den merkwürdigen Gast aufgegabelt“, lachte Julius, „Ich nicht gewusst, dass hier irgendwelche wilden Papageien leben“ „Er ist kein frei lebender Papagei. Er gehört Jemanden, der auf unserer Insel gefangen gehalten wird“, sagte Anne voller Ernst. Georgs Miene verfinsterte, „Ein Gefangener auf meiner Insel. Das heißt, hier treiben sich irgendwelche dunklen Gestalten rum, das gefällt mir überhaupt nicht!“

„Wir müssen Licht ins Dunkle bringen“, rief Richard aufgeregt. „Pssst, nicht so laut“, raunte Julius und presste seinen Zeigefinger gegen seinen Mund. Der Papagei, der immer noch auf Annes Schulter hockte, schnatterte etwas Unverständliches. „Hört mal her, Kiki will etwas sagen“, flüsterte Anne. Alle drehten sich um und schauten Kiki an. „Kiki gehört zu Lucy, Dina, Philip, Jack und Bill. Alle sind im Burgverließ gefangen. Große Männer kommen jede Nacht und bringen Wasser und Brot“, krächzte Kiki. Die fünf Freunde waren aufgeregt und geschockt zugleich. „Lieber Papagei, kannst du uns sagen, ob sich die Männer am Tage auch auf der Insel sind?“, fragte Julius. „Die Männer kommen nachts“, wiederholte Kiki. „Das kann gar nicht sein“, meinte Georg, „Der Papagei weiß garantiert nicht bescheid. Warum habe ich vorgestern Boote am Strand gesehen?“ „Die Männer halten sich aber nicht immer auf der Insel auf“, behauptete Richard, „Gestern habe ich keines ihrer Boote gesehen“ „Ich werde gleich mit Julius und Tim nachschauen, wie die Lage ist“, beschloss Richard. Georg wollte unbedingt mit, weil sie ohne Tim Angst hatte. „Anne du hältst hier die Stellung“, rief Julius ihr nach. „Auf keinen Fall bleibe ich alleine zurück“, entrüstete sich Anne. „Lasst sie doch mitkommen, alleine fürchtet sie sich zu Tode“, stärkte ihr Georg den Rücken. Anne war erleichtert, dass sie mitkommen durfte. Als sie auf der Klippe standen und das Meer nach Schiffen absuchten, schien die Luft rein zu sein. „Ich kann in der Bucht kein Schiff sehen und auf dem Meer schwimmt auch keins“, sagte Julius zufrieden. Im Hintergrund hörte er Georg aufgeregt rufen. „Ja, warte eben, ich komme sofort“, rief er zurück. Georg hielt einen Zigarettenstummel hoch. „Ist das nicht ein eindeutiger Beweis?“, sagte sie. In Anne schöpfte einen Verdacht, „Sicher sind hier fremde Männer, dieser Zigarettenstummel ist noch nicht alt. Ganz gewiss haben sie ihre Boote versteckt, damit niemand darauf kommt, dass sie auf der Insel sind“

Anne und Georg hatten auf einmal keine Lust mehr weiter zu gehen, sie blieben mit Tim an der Klippe stehen. Julius und Richard trauten sich den Burghof zu untersuchen. Auf einmal blieb beiden Jungen die Luft weg. „Siehst du dass auch, Ju?“, flüsterte Richard und hielt seinen Bruder am Arm fest. „Das Feuerchen ist noch nicht lange erloschen“, raunte Julius, „Inzwischen waren hier bestimmt die Kidnapper gewesen, ich kann mir nicht vorstellen, dass die Geiseln hier ein Feuerchen machen dürfen“

Tatsächlich, dort wo sie gestern noch unbeschwert Fußball gespielt haben, qualmten die letzten Scheite eines Lagerfeuers. „Die Stimme, die wir gestern gehört haben, war bestimmt der Papagei“, meinte Richard, „Das muss wohl Kikis Stimme gewesen sein, soweit ich verstanden habe, gehört er Entführten“ „Mich würde es mal interessieren, ob er weiß, wo seine Freunde gefangen gehalten werden“ „Er garantiert mehr als wir, weil er uns davon berichtet hat“, sagte Richard. „Ich traue keinem Tier zu, dass es lügt. Es ist sicherlich etwas im Argen“, meinte Julius und hielt inne, als jemand gellend schrie. „Komm, Ju, wir geben Fersengeld“, raunte Richard und zog seinen Bruder hinter sich her. „Verdammt, wo sind die Mädchen?“, schimpfte Richard, „Vor drei Minuten warteten sie noch mit Tim an dieser Stelle“ „Ich gehe sie jetzt nicht suchen, ich möchte nicht, dass ich einem dieser Männer entgegen laufe und sie uns auch noch gefangen nehmen“, sagte Julius, „komm wir laufen zurück zur Höhle“

 Glücklicherweise warteten die Mädchen schon in der Höhle mit Tim und Kiki. „Habt ihr den Schrei auch gehört?“, fragte Richard. Georg nickte, „Aber natürlich, es muss von den Gefangenen gekommen sein“ Plötzlich fiel es Julius wieder ein, den Papageien zu fragen, wo die Gefangenen untergebracht waren. „Ja, Kiki weiß es, Kiki weiß es. Kiki war auch gefangen und konnte durch ein Fenster fliehen“, rief der Papagei. Er saß auf Tims Rücken, mittlerweile hatte er sich mit Tim angefreundet. Annes Augen fingen vor Freude an zu glänzen, „Ich habe die Idee, wir schreiben einen Brief an die Gefangenen, den Kiki ihnen bringen kann“, schlug sie vor. „Oh unser Küken hat einen Geistesblitz“, bemerkte Richard und wurde mit einem bösen Blick von seiner Schwester bestraft. „Ich finde die Idee gar nicht schlecht“, verteidigte Georg ihre Cousine. Anne, die die ordentlichste Handschrift hatte, nahm einen Zettel und einen Stift zur Hand. Sie begann zu schreiben, „Liebe Freunde, Kiki hat uns darauf aufmerksam gemacht, dass ihr in der Burgruine gefangen seid. Macht euch keine Sorgen, wir sind keine Verbrecher, sondern vier Kinder und ein Hund, die hier Urlaub machen. Wir werden alles daran setzen, euch zu befreien.

Könnt ihr uns Informationen über die Leute geben, die euch gefangen nehmen. Wisst ihr auch, warum man euch eingesperrt hat? Kiki wird euch diesen Brief überbringen. Liebe Grüße eure 5 Freunde“ Kiki versprach ihnen, dass der Brief auf jeden Fall ankommen werde. Den restlichen Tag verbrachten die 5 Freunde mit Gesellschaftsspielen in der Höhle. Kiki ließ sich nicht mehr blicken.

Es gibt eine Antwort

Früh am Morgen des nächsten Tages, als alle in der Höhle noch schliefen. Kam Kiki in die Höhle hereingeflattert. Keiner bemerkte sie, auch nicht Tim, der sonst immer mindestens ein waches Ohr beim Schlafen hatte. Kiki überlegte nicht lange und stieß einen gellenden Pfiff aus, der sich wie das Tuten einer Dampflok anhörte. Tim und die Kinder wie von der Tarantel gestochen hoch. Julius und sein Bruder stießen dabei mit ihren Köpfen zusammen. „Oh mein Gott Kiki, musst du uns so derbe erschrecken? Dein Weckruf hätte sanfter sein können“, stöhnte Julius, dem der Schrecken immer noch in den Gliedern saß. „Na gut, ich habe noch andere Varianten meines Weckrufs drauf“, erwiderte Kiki stolz, „Kiiikiiiriiikiii! Waaauu Waaauu! Miiiaaauuuu! Hüühüühü! Muuuhhh! Määäähhh! “ Kiki war in ihrem Eifer kaum zu bremsen, bis Georg ein Kissen nach ihr warf. „Jetzt halt endlich deine Klappe, ich will deine Weckrufe nicht mehr hören!“, rief sie. Richard schaute auf seine Uhr, „Ist erst halb fünf“, murmelte er. Kiki legte den Brief, den sie sie im Schnabel trug, vor sich nieder.

 „Kiki hat einen Brief mitgebracht“, rief Anne außer sich, sie griff sich ihn und begann vorzulesen, „Liebe Freunde! Wir  kennen euch zwar nicht, aber wir sind euch sehr dankbar, dass ihr uns helfen wollt. Wir sind schon seit sechs Tagen gefangen. Vor einer Woche habe ich beschlossen mit meinen Freunden Jack, Philip, Lucy und Dina diese Insel zu erkunden. Ursprünglich wollten wir hier nur eine Nacht zelten und danach wieder zurückfahren. Irgendwann kurz bevor wir schlafen gegangen sind, stürzten sieben Männer aus dem Gebüsch und verschleppten uns. Es war stockdunkel. Sie banden unsere Hände hinter dem Rücken zusammen und setzten uns Kapuzen auf. Sie brachten uns in dunkles Verließ mit einem kleinem Fensterchen. Kiki konnte als Einzige durch das Fensterchen fliehen, aber wir passen leider nicht durch. Die Männer, die uns entführt haben, sind Schmuggler. Wir haben ihre Gespräche mitgehört, sie behaupten, sie würden viele gute Geschäfte mit Waffen, Munitionen, Mienen und Sprengstoff machen. Sie arbeiten mit einem Machthaber eines Kriegs führenden Landes zusammen, deshalb können sie über den Schwarzmarkt viel Geld verdienen. So viel wir mitbekommen haben, lagern sie ihre Schmuggelware dort. Dina und Lucy fürchten sich sehr davor, dass eine der Munitionen explodieren könnte. Die Männer nahmen uns gefangen, weil sie Angst hatten, dass wir sie bei der Polizei melden. Eine wichtige Information habe ich für euch, die Männer fahren täglich um 5 Uhr morgens bis 4 Uhr nachmittags aufs Festland, um wichtige Geschäfte zu erledigen. Bitte sorgt dafür, dass wir so schnell wie möglich aus dem Verließ heraus kommen es ist dort empfindlich kühl und feucht.

Euer Bill“

 

Den 5 Freunden blieb der Mund offen stehen, als Anne den Brief zu Ende vorlas. Alle waren fassungslos und entsetzt. „Wenn sie von 5 Uhr morgens bis 4 Uhr nachmittags abwesend sind, warum haben sie uns beim Fußballspielen bemerkt?“, fragte Richard kopfschüttelnd.„Das war Kiki, du Depp“, erwiderte Julius. „Munitionen und Waffen auf meiner Insel, das können wir nicht zulassen“, rief Georg entsetzt, „Ich habe zu große Angst, dass sie Alles in die Luft sprengen“ „Und möglicherweise dann, wenn wir hier sind“, rief Anne ängstlich. „Quatsch, macht euch nicht zu viel Angst“, meinte Julius verächtlich, „Solche Ängste sind typisch für euch Mädchen.“ „Kiki hat uns sehr früh geweckt, es ist in wenigen Minuten erst 5 Uhr und für uns bedeutet, dass wir Zeit zum Handeln haben“, sagte Richard. „Diese Zeit ist wertvoll und jede Minute zählt. Ich werde einen Plan aushecken, aber es dauert noch ein wenig“, sagte Julius ernst. „Lasst uns erst abwarten, wie die Gegebenheiten sind“, schlug Georg vor, „Die besten Ideen kommen immer spontan“ „Am besten lassen wir Anne hier, das ist zu gefährlich für sie und außerdem fängt sie dauernd an zu heulen“ „Anne kommt mit“, bestimmte Julius, „Sie hat oft gute Ideen im Repertoire und ich will sie nicht alleine zurücklassen“ „Selbstverständlich komme ich, ich kein kleines Mädchen mehr und habe viel dazu gelernt. Heulen tue ich auch nicht mehr bei jeder Gelegenheit“, betonte Anne, „Ich bin genauso wie ihr, sehr erfahren, was Abenteuer angeht“

 

 

Mit rasanter Fahrt in ein neues Abenteuer

„Wir haben es kurz vor 6 Uhr“, sagte Julius, „Wenn wir etwas tun wollen, müssen wir schnell sein. Zuerst müssen wir herausfinden, ob die Männer wirklich fort sind. Das können wir daran feststellen, ob die Boote noch da sind“ „Aber erstmal müssen wir etwas frühstücken, bevor wir wieder in eins unser berühmt berüchtigten Abenteuer aufbrechen“, meinte Anne bestimmt, „Ich habe schon Tee gekocht und den Tisch gedeckt“

Die 5 Freunde beeilten sich um zügig mit ihrem Frühstück fertig zu werden. Sie kletterten mit Kiki über die Felsen der Gesteinsformation. Bewusst haben sie den schwierigeren Weg genommen, sie wollten auf keinen Fall entdeckt werden, falls diese Männer doch noch auf der Insel waren. Auf ihrer Erkundungstour sprachen sie kaum und verständigten sich nur mit Gestik. Anne hielt sich ängstlich an Julius Arm fest. Georg eilte ihren Freunden voraus. Sie atmete auf, dass kein Boot am Strand lag. „Die Boote sind weg, aber ich bin mir nicht sicher, ob die Männer die Boote irgendwo anders versteckt haben könnten“, wisperte sie Richard zu, der sie eingeholt hatte. „Lass Kiki nachschauen, ob die Männer sich irgendwo rum treiben“, antwortete er. 

Kiki erklärte übernahm die verantwortungsvolle Aufgabe, zu schauen ob die Männer wirklich verschwunden waren. Nach einer halben Stunde kam sie zurück. „Keine Männer, Keine Männer!“, krächzte sie. Die 5 Freunde atmeten auf. „Kiki zeig uns doch bitte, die Geiseln sind und wie wir zu ihnen gelangen können“, sagte Anne, „Dann wären wir schon einen Schritt weiter“

Kiki flog den Kinder immer ein Stückchen voraus, die 5 Freunde mussten fast rennen um sie nicht aus den Augen zu verlieren. Sie merkten gar nicht, dass Tim auf einmal stehen blieb. Er bemerkte einen Geruch, es roch eindeutig nach Mensch. Was es wohl sein konnte? Tim steckte seine Nase noch tiefer in den Busch. Dort war der Geruch noch stärker, tatsächlich hing am einen Zweig des Busches ein Muschelarmband mit bunten Perlen. Er wusste, dass es weder Anne noch Georg gehörte, es gehörte Jemanden, den er nicht kannte. Bestimmt einem fremden Mädchen! Tim war so interessiert daran, dass er es schnappte. Nebenbei entdeckte er hinter dem Busch eine kleine Zeltstadt, aus drei Zelten bestehend. Es sah so aus, als wäre dort kein Mensch. Tim durchbrach das Gestrüpp, denn er wurde vom einen intensiven Bratwurstgeruch angelockt. Tatsächlich lag eine Bratwurst, aufgespießt auf einen Stock, neben dem Lagerfeuer. Diesen Leckerbissen ließ er sich nicht entgehen. Ein Lederportemonnaie erregte seine Aufmerksamkeit und deshalb nahm er es auch mit. Nun musste er schnell zurück zu den Anderen, sie machten sich bestimmt schon Sorgen um ihn. Sie würden sicherlich vor der Burgruine auf ihn warten.

Schon auf halber Strecke kam ihm Georg entgegen gerannt. „Timmy, wo warst du? Wir haben schon gedacht, dass dir Irgendjemand dir etwas Schlimmes getan hat“, rief Georg und ihre Stimme überschlug sich vor Erleichterung. Sie umarmte Tim und legte ihren Kopf auf seinen Rücken. Erst nach einer Weile, bemerkte sie, dass Tim etwas im Maul. „Tim, was hast du?“, fragte sie neugierig. Tim ließ seine mitgebrachten Schätze vor sich fallen. Behutsam hob Georg das Armband und das Portemonnaie auf. Sie betrachtete kurz, wie die bunten Perlen und die Muscheln des Armbandes in der Sonne glänzten. Dann steckte sie es in ihre Hosentasche. Das Portemonnaie interessierte sie mehr, nicht nur weil dort viele Geldscheine drin waren, sondern weil Georg einen Ausweis in ihm fand. Genauer gesagt ein Polizeiausweis. „Polizeiausweis von Bill Cunningham“, las sie. „Dieser Bill wurde in dem Brief erwähnt“, flüsterte sie Tim aufgeregt ins Ohr, „Er ist sogar bei der Polizei, das heißt, dass er ein erwachsener Mann sein muss. Ich habe gedacht, er wäre in unserem Alter“

 Hastig eilten Georg und Tim zu den Anderen, Anne und Richard warteten vor der Ruine. „Wo war Tim?“, fragte Richard, als er die Beiden sah. „Er hat nur etwas gefunden“, antwortete Georg und zeigte ihnen das Portemonnaie. „Ich wäre niemals auf den Gedanken gekommen, dass Bill ein richtiger Polizist ist“, meinte Richard, der nicht aus dem Staunen heraus kam. Erst jetzt fiel Georg auf, dass Julius und Kiki fehlten. „Wo habt ihr denn Julius gelassen?“, fragte sie. „Kiki hat ihm gezeigt, wo die Geiseln gefangen sind“, erzählte Anne, „Schau, da hinten siehst einen Busch. Dahinter befindet sich das Verliesfenster. Julius ist in den Busch hinein gekrabbelt und unterhält sich mit den Gefangenen“

Einen Augenblick später eilte Julius zu seinen Freunden zurück. „Im Verließ befinden sich ein Mann, zwei Mädchen und zwei Jungen. Der Mann hat schon eine Lösung in Aussicht, er hat etwas von einer Falltür erzählt. Diese Falltür müssen wir öffnen, damit wir die Gefangenen mit einem Seil herausholen können. Aber zuerst müssen wir in eines dieser Fenster klettern, um in den Raum zu gelangen“, erklärte Julius aufgeregt und zeigte auf ein Fenster schräg über dem Busch.

 Da die 5 Freunde kein Seil dabei hatten, wurde Tim, ihr schnellster Läufer, losgeschickt, um eins aus ihrer Höhle zu holen. Etwa zehn Minuten kam Tim hechelnd mit dem Seil zurück. Richard machte einige Knoten in das Seil und band am einen Ende eine Schlaufe. Georg, die Geschickteste von allen, schwang das Seil wie ein Lasso über ihrem Kopf. Nach einige Versuchen legte sich um die Regenrinne und die Kinder konnten nun daran hochklettern. Georg und Richard kletterten als erstes das Seil hinauf und gelangten mit Leichtigkeit zum Fenster. Als Nächstes kam Anne, bei ihr dauerte es doppelt so lange. Sie tat sich schwer und Richard musste sie zum Fenster hinein ziehen. Als Letztes war Julius an der Reihe, er bewältigte die Aufgabe ohne Probleme, aber dafür nicht so elegant wie Richard und Georg. Tim blieb als Aufpasser unten. Fieberhaft suchten die vier Kinder den Boden in dem Raum nach einer Falltür ab. „Ich glaube wir müssen ein Zimmer weiter nach links gehen“, fiel Anne ein, „Wir sind gerade nicht über dem Verlies“ Anne ging als erste durch den Türrahmen ohne Tür, in das Nachbarzimmer. Aufregt kam sie zu ihren Freunden zurückgelaufen. „Ich habe eine Falltür entdeckt, aber leider steht leider eine schwere Holztruhe auf. Ich kann nicht alleine zur Seite schieben“, sagte sie. Georg, Richard und Julius folgten ihr ins Nachbarzimmer. Es war eindeutig größer, aber den Kindern fiel zuerst das große Loch in der Decke auf. „Dahinten ist die Falltür“, murmelte Anne und zeigte auf eine alte Holztruhe. Richard und Julius versuchten mit vereinten Kräften die Holztruhe beiseite zu schieben, doch sie bewegte sich keinen Zentimeter zur Seite. „Mädels, ihr müsst uns helfen. Alleine werden wir nicht fertig“, keuchte Richard. Als auch Anne und Georg anpackten, wich die Truhe ein Stück zur Seite. „Nur noch ein kleines Stück und wir haben es geschafft“, munterte sie Julius auf. Schließlich hatten sie es doch geschafft und die Kinder lehnten sich erschöpft gegen die Wand. „Oh verdammt wir haben es schon 20 Minuten nach 11 Uhr. Oh mein Gott wie schnell die Zeit vergeht“, stellte Julius fest. Die Falltür zu öffnen, stellte sich ebenfalls als schwierige Aufgabe heraus. Als Richard und Georg es fast geschafft haben, donnerte sie in einem ohrenbetäubenden Lärm wieder zu. Erst mit vereinten Kräften konnte die Falltür geöffnet werden. Anne ging einen Schritt zurück, ihr wurde immer schwindlig, wenn sie in die Tiefe starrte. „Wir müssen das Seil irgendwo festmachen“, sagte Julius, „Und ich weiß auch schon wo, da vorne ist ein eiserner Ring in die Wand eingelassen. Da können wir es festmachen“ 

Die Kinder einigten sich, dass Julius alleine hinunter kletterte. Er klemmte sich seine Taschenlampe zwischen seine Zähne und ließ sich am Seil herab. Unten war fast stockduster, nur durch das kleine Verliesfenster schimmerte etwas Licht hindurch. Bill und die Kinder kniffen die Augen zusammen, als Julius die Taschenlampe auf sie richtete. Die beiden Jungen standen auf und starrten Julius schüchtern an. Die beiden Mädchen lehnten sich ängstlich gegen die Wand. Das Mädchen mit den lockigen braunen Haaren und dem kurzen Pferdeschwanz, schaute kurz zu ihm hoch. Das andere Mädchen mit den schulterlangen roten Haaren und dem grünen Haarband, verbarg sein Gesicht in seinen Händen.

 „Ah Julius, es freut mich, dass du doch noch gekommen bist“, begrüßte ihn Bill und rappelte sich auf, „Gott sei Dank hat Kiki euch vor ein paar Tagen entdeckt und mit euch zusammen Hilfe organisiert. Wärt ihr nicht hier gewesen, wären wir für Ewigkeiten in diesem Verlies eingesperrt gewesen. Julius wir müssen uns verdammt beeilen, hier raus zu kommen. Es ist nach halb Elf und die Bande kommt um halb eins wieder“ „Oh verdammt, dann haben wir kaum noch Zeit“, fluchte Julius, „In deinem Brief stand aber, dass die Männer meist nachmittags wieder kommen“ „Heute nicht, heute sind die Männer aufs Festland gefahren, um Atomwaffen hier her zu holen. Es handelt sich um ein wichtiges Geschäft. Die Waffen werden hier gelagert und an ein Land, in dem Krieg geführt wird, weiter verkauft. Ihr Anführer Raul Batisto, will heute auch hier her kommen. Das heißt, dass das Geschäft eine immense Bedeutung hat“, erzählte Bill, „Aber ich werde dir nachher noch mehr erzählen. Wir müssen jetzt ganz schnell hier raus“ „Ich gehe freiwillig als erster“, sagte ein Junge mit roten Haaren, der Jack hieß. „Anne, Richard und Georg ihr könnt anfangen, ihn hinauf zu ziehen“, befahl Julius. Schnell war Jack oben, als nächstes kam Philip, dann Dina und Lucy. Lucy und Dina konnte man ansehen, dass sie in letzter Zeit öfter geweint hatten, sie hatten immer noch ganz rote Augen. „Zwei große Motorboote steuern auf die Insel zu, es sind bestimmt die Männer“, rief Anne, als Richard, Jack und Philip dabei waren Julius und Bill hinauf zu ziehen. „Wir müssen uns derbe beeilen, sonst ist es zu spät“, rief Julius, der allmählich nervös wurde. „Ich habe eine andere Idee, wie wir hier schnell wieder raus kommen“, fiel Georg ein, „Wir müssen nur ein paar Räume nach rechts gehen und dann kommt eine Wendeltreppe, die direkt auf den Hof führt“ „Woher weißt du das?“, fragte Philip erstaunt. „Weil die Burg mir gehört, ich habe früher fast jeden Nachmittag die Burg erkundet“, antwortete Georg stolz. „Gehört dir auch die Insel?“, fragte Jack mit leuchtenden Augen. Georg nickte, „Seit drei Jahren gehört sie mir auch, eigentlich dürfen meine Freunde und ich auf meine Insel. Für alle Anderen ist sie tabu“ „Bill wollte uns diese Insel wegen der alten Burgruine zeigen“, warf Philip ein, „Wir wollten eigentlich auch nicht lange bleiben, aber wir können schließlich nichts dafür“ „Das ist jetzt auch egal“, meinte Julius, „Lasst uns lieber zu unserer Höhle zurückgehen, dort sind wir sicher“ „Was ihr habt eine Höhle, auf dieser Insel?“, fragte Philip erstaunt. „Wir haben sie vor einigen Jahren entdeckt und schon damals war sie ein gutes Versteck“, erzählte Georg stolz. „Lasst uns schneller gehen, langsam werde ich unruhig“, drängte Anne. Sie ging neben Dina und Lucy her, doch aus den Beiden bekam sie kein Ton heraus.

 In der Höhle ruhten sich die fünf Freunde und ihre neuen Freunde aus und stärkten sich mit Obst, Kuchen und Brot. Georg entzündete ein Lagerfeuer und Anne schenkte allen Tee ein. Während sie ihre Würstchen über dem Feuer brieten, überreichten Anne und Georg das Muschelarmband und das Portemonnaie. „Das ist mein Armband, ich habe es so vermisst“, freute sich Lucy und strahlte über das ganze Gesicht, „Wer von euch hat es gefunden?“ „Tim hat es im Gestrüpp gefunden“, antwortete Georg. Auch will freute sich über sein Portemonnaie. Gerade als die Stimmung etwas lockerer wurde und die Gespräche in Gang kamen, mahnte Julius, dass sie zum Festland fahren sollten, um die Polizei zu alarmieren. „Wir haben ungefähr noch eine Stunde und wir sollten so schleunigst wie möglich zum Festland fahren, hier haben wir kein Telefon. Wir müssen Georgs Boot nehmen“, sagte er. „Aber wir passen nicht mit neun Personen in mein Boot“, wandte Georg besorgt ein, „Es könnten höchstens fünf Leute damit fahren“ „Passt auf!“, unterbrach ihn Bill, „Ich werde mit den Mädchen zum Festland fahren, ihr Jungs und Tim bleibt hier“ „Wenn Tim hier bleibt, bleibe ich auch hier“, protestierte Georg. „Ich kann für sie mitkommen“, sagte Jack, „Ich kann der Polizei beschreiben, wie die Männer aussehen und weiß mehr über die aktuelle Situation bescheid, als dieses Mädchen. Georg schaute etwas finster drein, tatsächlich hatte dieser Jack sie als Mädchen erkannt, schuld daran waren die zu langen Haaren.

 

Eine wilde Verfolgungsjagd

Anne, Lucy, Dina, Bill und Jack trugen Georgs Boot die Klippen hinunter und setzten es behutsam auf das Wasser. Anne stieß sie ab, während Bill und Jack die Ruder übernahmen. „Wir müssen schnell sein“, raunte Dina, „Die Männer haben Motorboote und sind viel schneller als wir, sie würden uns und Anne gefangen nehmen“ „Nur keine Panik“, brummte Bill, „Wir liegen gut in der Zeit“ Trotzdem ruderten er und Jack etwas schneller. Anne unterhielt sich leise mit Lucy und Dina. „Ihr braucht euch nicht zu fürchten, wir haben dieses Manöver gut durchdacht und bis jetzt ist jedes Abenteuer, das ich erlebt habe, gut ausgegangen. Ich mittlerweile bin ich sehr erfahren“, machte ihnen Anne Mut. „Dein wievieltes Abenteuer ist das?“, fragte Dina. „Ich habe schon mehr als 20 Abenteuer erlebt, meine Brüder, meine Cousine und ihr Hund Tim sind immer dabei. Vor vier Jahren haben wir unser erstes Abenteuer erlebt, da war ich fast zehn“, erzählte Anne. „Wir haben bis jetzt drei richtige Abenteuer erlebt“, berichtete Lucy, „Jack und ich haben zuerst Dina und Philip kennen gelernt und danach Bill. Wir waren in einem Gang unter dem Meer gefangen und fast wären Bill und Jungen ums Leben gekommen“ „Bei uns war es immer Tim, der am meisten auszuhalten hatte, er wurde schon mehrmals fast erschossen“, sagte Anne.

 Nachdem sie den Hafen erreichten, bestellte Bill ein Taxi. Auf dem Weg zum Polizeirevier waren die Kinder sehr aufgeregt. „Ich könnte den Polizisten jedes Detail nennen“, sagte Jack, „Es könnte sehr lange dauernd, bis ich zu Ende gesprochen habe“ „Das lässt das Schlimmste vermuten“, stöhnte Lucy. Anne und Dina kicherten. Die Polizeibeamten im Revier wurden sehr hellhörig, als Bill anfing die Verbrecher zu beschreiben und deren Vorhaben schilderte. Auch die Kinder hörten gebannt zu, schließlich meldete sich Jack zu Wort und setzte Bills Bericht fort. Lucy war insgeheim sehr stolz auf das Selbstbewusstsein und Redetalent ihres Bruders. „Diese Schmugglerbande wird seit Monaten gesucht, sogar im Fernsehen berichten sie jeden Abend darüber“, brummte ein dicker Beamter mit Schnurrbart, „und ausgerechnet hier in dieser kleinen Stadt wird man fündig“ „Es bleibt nichts anderes übrig, sofort auf Patrouille zu gehen und nach den Männern zu suchen. Eine Abordnung sichert den Hafen ab, ein Team fliegt mit dem Helikopter zur Felseninsel und eine Delegation wird mit Schnellbooten auf dem Meer Wache halten. Ich schlage wir nehmen Mr. Cunningham mit und ihr Kinder bleibt solange auf dem Revier“, sagte ein Polizist. „Kann Jack mitkommen, er ist fast siebzehn?“, fragte Bill, „Er hat sich das Aussehen der Männer und deren Boote besser gemerkt als“ „Von mir aus schon, aber die Mädchen sollten lieber hier bleiben“, meinte der Polizist. Anne, Dina und Lucy blieben alleine zurück. Sie saßen an einem Tisch und eine Polizistin bot ihnen Apfelsaftschorle an. Die Mädchen waren in sich gekehrt und sprachen nicht. Lucy und Dina machten sich Sorgen wegen Bill und ihrer Brüder und Anne dachte an ihre Brüder, an Georg und Tim.

Bill und Jack saßen mit zwei Beamten im Streifenwagen und fuhren zum Hafen. Ein paar Männer luden Kisten auf zwei Motorboote. „Das sind sie!“, brüllte Jack aufgeregt, „Ich erkenne den Rothaarigen, das ist der größte Komplize von Raul Batisto“ Ein Polizist gab Anweisungen durch sein Funkgerät. Kaum entdeckten die Männer um Raul Batisto den Streifenwagen, sprangen sie in ihre Boote und brausten davon. Einige ihrer Kisten standen noch am Kai, Bill und ein Polizist öffneten sie. „Das sind die ganzen Atomwaffen“, rief Bill außer Atem. Sofort wurden sie von mehreren Polizisten umringt. Im nächsten Augenblick sah Jack ein Großaufgebot von Polizeibooten starten. Ein Mann aus Raul Batistos Bande schoss zweimal, die Polizisten feuerten ihrerseits mehrere Warnschüsse ab und umringten die Boote der Bande. Ein Polizist zwang sie per Megafon zur Aufgabe. Raul Batistos Männer wollten nicht aufgeben und schossen um sich, die Kugeln verfehlten die Polizisten. 

Mr. Peal, der Beamter, der Bill und die Kinder empfangen hatte, überlegte nicht lange und zielte auf den Rothaarigen. Nur so konnten die Verbrecher gestoppt werden. Es gab einen lauten Knall und der Rothaarige wand sich schreiend auf dem Boden. Raul Batistos Männer erkannten, dass es aussichtslos war, weiter zu kämpfen. Sie waren eindeutig in der Unterzahl und ließen sich auf die Polizeiboote bringen. „Sie haben aufgeben und sind in unserer Hand“, brüllte Mr. Peal in sein Funkgerät, „Es sind insgesamt achtzehn Männer, aber Raul Batisto ist nicht unter ihnen“ „Raul Batisto hatte vor zehn Minuten einen schweren Verkehrsunfall auf der Landstraße und kam mit seinem Fahrer ums Leben. Er ist tot, ihn bracht ihr nicht suchen. Er prallte bei einer Verfolgungsjagd gegen einen Baum“, lautete die Antwort aus dem Funkgerät. Die Polizisten atmeten auf, Jack und Bill jubelten leise.

 

 

Es wird gefeiert

Die Mädchen saßen immer noch ruhig am Tisch des Polizeireviers, sie wunderten weshalb unter den Beamten lauter Jubel ausbrach. Ein Kommissar überbrachte ihnen die Botschaft. „Man hat die gesamte Schmugglerbande festgenommen und Raul Batisto kam bei einem Autounfall ums Leben“, teilte er ihnen mit. Es dauerte nicht lange und lautes Gejubel brach unter den Mädchen aus. Anne fiel ihren neuen Freundinnen um den Hals. Arm in Arm tanzten sie durch den Raum und stießen mit Apfelsaftschorle an. „Eure Freunde Julius, Georgina, Richard und Philip kommen gleich, sie sind im Helikopter auf dem Rückflug“, sagte ein Kommissar. „Ich kann ihre Rückkehr gar nicht erwarten“, freute sich Anne. „Ich auch“, riefen Dina und Lucy gleichzeitig. Im nächsten Augenblick wurden Bill und Jack mit lautem Gejubel empfangen. Lucy sprang ihrem Bruder direkt in die Arme. Bill umarmte Dina und Anne. Bill und Jack hatten viel zu erzählen. Sie waren immer noch nicht fertig, als Julius, Richard, Philip und Georg mit Tim und Kiki den Raum betraten. Lauter Jubel brach aus, alle umarmten sich gegenseitig. Georg nahm Annes Hände und wirbelte mit ihr herum. Die Freude war nicht nur ihnen, sondern auch den Polizisten anzumerken. Bald trafen auch Kamerateams ein. Bill, Julius, Anne, Dina und Jack wurden interviewt. Kiki konnte nicht still sein und krähte ihre Kommentare dazwischen, Dina musste permanent das Lachen unterdrücken während sie sprach.

 Am Abend fand eine festliche Veranstaltung im Grand Hotel statt. Zuerst hielt der Bürgermeister eine Eröffnungsrede, bevor Bill und die Kinder auf die Bühne gerufen wurden, um ihre Prämien und Medaillen abzuholen. Tante Fanny und Onkel Quentin waren anwesend, ebenfalls die Eltern von Anne, Julius und Richard. Die Mutter von Dina und Philip war auch eingeladen. Die Kinder und Bill haben sich dafür extra fein gemacht. Bill, Julius, Richard und die anderen Jungen trugen dunkle Anzüge mit Slips. Anne trug ein rotes trägerloses Kleid und hatte sich ihre Haare hochgesteckt. Dina trug ein altes Matrosenkleid von Georg und band sich eine Schleife in ihren Pferdeschwanz. Lucy bekam ein blaues Kleid von Anne und trug einen langen geflochtenen Zopf. Nur Georg weigerte sich standhaft ein Kleid anzuziehen oder sich die Haare zu frisieren, sie trug lieber eine weiße Bluse und eine schwarze Hose. Das passte zu ihren lockigen Haaren und jungenhaften Gesichtszügen besser. Die Kinder setzten sich an eine lange Tafel. „Ich bin gespannt, was es gibt“, freute sich Richard. „Die Ansprache des Polizeipräsidenten muss dein hungriger Magen allerdings noch durchhalten“, zog ihn Julius auf. „Dann muss er die Rede verkürzen oder schneller sprechen“, meinte Richard und wurde leicht von Anne in die Seite geknufft. „Dürfen wir überhaupt nicht mehr auf die Felseninsel?“, fragte Georg während des Essens. „Erstmal nicht wegen der Waffen und Munitionen, die dort gelagert sind“, sagte Bill, „Ich traue euch nicht zu, dass ihr irgendwelche Dummheiten damit machen würdet, aber es trotzdem zu gefährlich“

Georg sah sehr geknickt aus und ließ den Kopf hängen. „Aber ich habe eine andere Überraschung für euch, ich habe noch zwei Wochen Urlaub und wenn ihr wollt, könnt ihr mit uns zwei Wochen zum Zelten nach Schottland  an die See fahren. Es soll Übermorgen losgehen, davor schlafen wir zwei Nächte hier“, offenbarte Bill seine Überraschung. Die Kinder jubelten fast noch lauter als vorhin.

 Nach dem Essen wurde getanzt. Bill forderte die Mutter von Philip und Dina zum Wiener Walzer auf. Julius tanzte mit Georg und Anne tanzte mit Jack. Danach forderten Philip Lucy und Richard Dina zum Tanz auf. „Ich habe nicht gedacht, dass Anne so gut tanzt“, sagte Julius zu Georg. „Sie ist halt ein richtiges Mädchen“, meinte Georg. „Sie tanzt wenigstens nicht wie ein Stock, so wie du“, neckte sie Richard. „Dankeschön“, sagte Georg beleidigt und stieß Richard den Ellenbogen in die Seite. „Ach Freunde, bloß kein Streit, es ist  gerade so schön“, meinte Anne. „Sie findet alles schön und sieht die Welt durch die rosarote Brille“, lästerte Richard. „Lass sie doch“, erwiderte Georg kühl.

Anne gefiel es offensichtlich sehr in einem extravaganten Rahmen zu feiern. Tim und Kiki saßen abseits am Rand und betrachteten das Geschehen. Tim bekam Hundekuchen in einem goldenen Napf serviert und Kiki machte sich an den Sonnenblumenkernen zu schaffen. Sie versuchte Tim das Sprechen beizubringen und ermahnte ihn sauber und höflich zu sein. „Tim hol dein Taschentuch raus, Tim hör auf zu schmatzen, putz deine Schuhe, Tim“, krächzte sie. Zuerst lachten nur Anne und Lucy, danach stimmten ihre Freunde ein und bald konnte man überall im Saal lautes Lachen hören. Kiki hatte noch nicht genug und kletterte auf Tims Rücken. „Hoppe, Hoppe Reiter, wenn er fällt, dann schreit er. Fällt er in den Graben, fressen ihn die Raben“, sang sie und wippte hin und her. Tim setzte seinen treusten Dackelblick auf. Diesmal wurde noch lauter gelacht, Georg fiel vor Lachen fast um, Anne erstickte fast an ihrem Gelächter, Lucy rollten Lachtränen über das Gesicht, Jack prustet los und sogar der meist grimmige Onkel Quentin konnte sich das Lachen nicht verkneifen.

 

Auf ins Zeltlager

Inzwischen haben alle miteinander Freundschaft geschlossen. Jack und Julius verstanden sich blendend, Richard und Philip unterhielten sich oft, Georg und Dina teilte ihre Leidenschaft für Hunde und Anne steckte oft mit Lucy die Köpfe zusammen. Kiki und Tim waren ein sehr ungleiches Freundespaar und Bill verstand sich mit allen gleich gut. Am übernächsten Tag holte Bill die Freunde mit einem Minibus ab, damit für jeden Platz war. Jack saß vorne neben Bill. Georg, Philip, Julius und Richard quetschten sich in die zweite Reihe. Hinten saß Anne zwischen Lucy und Dina. Tim saß auf Georgs Füßen und Kiki hockte auf Jacks Schulter. „Ich wünschte, könnte mit euch und Georg auf die gleiche Schule gehen“, sagte Anne sehnsüchtig. „Ich habe gestern Mutter gefragt, ob wir mit euch auf die Elisabethenschule besuchen könnten, aber sie will es nicht wegen der hohen Schulgebühren“, seufzte Dina enttäuscht. „Das ist richtig schade! Ich gehe sehr auf das Internat“, fand Anne, „Die Lehrer und die Mitschülerinnen sind richtig freundlich und ich habe dort einige gute Freundinnen, wie Trixie, Holly, Amandine und Alison“ „Egal dann schreiben wir uns und in den Ferien können wir uns sehen“, munterte Lucy ihre beste Freundin Dina auf, „Unser Internat ist auch nicht so schlecht. Was sollen unsere Freundinnen sagen, wenn wir plötzlich die Schule wechseln würden?“

  Nach drei Stunden Fahrt erreichten sie endlich den Campingplatz. „Ich muss ich unbedingt bewegen, meine Beine sind eingeschlafen“, sagte Georg. „Jetzt habt ihr die Gelegenheit, wir sind da. Bitte alle aussteigen“, rief Bill. „Lasst uns schwimmen gehen“, rief Lucy sofort. „Nein, wir bauen erst die Zelte“, bestimmten Bill und Jack. Gemeinsam errichteten sie eine kleine Zeltstadt. Anne, Georg und Tim hatten ein Zelt zusammen, Dina und Lucy bewohnten das Zelt neben ihnen, Julius und Richard wohnten zusammen, das vierte Zelt teilten sich Jack, Philip und Kiki und Bill schlief alleine im fünften Zelt. „Lasst uns endlich schwimmen gehen“, rief Georg, „Mir ist entsetzlich heiß“ Es dauert nicht lange und alle trugen Badeklamotten. „Auf unser Abenteuer! Auf unsere Freundschaft! Auf unsere Ferien!“, riefen sie im Chor und rannten ins kühle Nass.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 30.05.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Das widme ich allen Lesern, die früher in ihrer Kindheit Enid Blytons Abenteuerbücher gelesen haben und mit den Fünf Freunden aufgewachsen sind.

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