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Prolog: Eine Flucht mit Folgen



"LAUFT!", seine Hand war taub, er hatte so viel ertragen müssen, so viel Kummer und Schmerz, die Abgeschiedenheit, das Wandeln am Tage, die Verkleidungen und die Angst jemals entdeckt zu werden und nun war dies alles umsonst gewesen?
Er hatte sie gezerrt und gezogen, den ganzen Wege bis zum Stadtrand hatte er seine Geliebte mit sich genommen, sie war keine Läuferin, war das rennen nicht gewohnt, hatte seine Hilfe nötig.
"Ich... ich kann nicht mehr... flieh, geh ohne mich" – "Nein!", die Stimme des Dämonen war noch nie so stark gewesen.
"Nein, ich lasse dich nicht hier, es... es muss eine Möglichkeit geben!"
Tausende von Ideen, die Verfolger nahten, auf ihren schnaubenden Pferden, trug sie zorniges Hufgetrappel immer näher an den Prinzen und die Frau an seiner Seite.
"Verwandle mich!" - eine uralte Macht, schon häufig war sie genutzt worden um zu reisen... ein Magier vermochte es einen Dämonen jederzeit mit dessen Einverständnis in eine andere Kreatur zu verwandeln, ihm eine Form zu verleihen, die beiden mehr nutzte – "Ich bin stark genug um dich zu tragen, aber auf zwei Beinen bin ich zu langsam! Tu es, Kayla, bitte, ich flehe dich an!"
Die Frau blickte sich panisch um, ihre Hand war kalt und ihr Griff wurde schwach, als sie ihre Magie sammelte, Tränen rannen von ihren Wangen und tropften auf das schwarze Pflaster Ellinghorts, sie fürchtete um ihr Leben, ihre braunen Augen zitterten und ihre langen Haare wurden vom aufkommenden Wind zerzaust:
"Nein, das will ich dir nicht antun... Lin'tarrack würde es nicht wollen" – "Was interessiert mich der Wille meines Vaters?! Kay, ich liebe dich, seit dem ersten Tag an dem wir miteinander gesprochen haben liebe ich dich mehr als alles andere... Seit drei Jahren schleiche ich mich fort um dich zu sehen" – "Jarr, bitte, tu mir das nicht an, ich will dich nicht... du weißt, dass es dich" – "Ich habe drei Jahre lang alle Gefahren auf mich genommen, du bist mir diesen einen Wunsch schuldig..."
Jarrs Augen, in ihrem flammenden rot, erfassten die Reiter , Fackeln schwenkend und laut in der Sprache der Menschen rufend deuteten sie auf vereinzelte gassen, anscheinend hatten sie die beiden noch nicht gefunden:
"Kayla, gibtte, TU ES!"
Sie schluchzte und legte ihre Hände an seine Wangen, ergatterte einen Kuss, den letzten, wie sie beide bald erfahren durften, bevor Jarr unter der Macht ihres Zaubers langsam in die Knieh ging...
Der Körper des Mannes blähte sich auf, wurde durchzogen von roten Striemen und gab einen Chorus der Ächz- und Knacklaute von sich, wie ihn Kayla noch nie gehört hatte... sie beobachtete wie die Kleider des Dämonenprinzen rissen, in Stücke zerfetzt wurden, wie sein schwarzes Haar von seinem Kopf auf den Boden fiel, nur um wenig später von ähnlichen dunklen Haaren übermannt zu werden...
Ihren Geliebten so leiden zu sehen missfiel Kayla, zu wissen, dass sie damit ein Uraltes Besitzrecht auf ihn ausgeübt hatte allerdings schmerzte sie umso mehr... Dämonen waren herbeigerufene Kreaturen, geschaffen um jenen zu dienen, die sich ihrer Kraft bemächtigen konnten und nun hatte Jarr sich ihr unterworfen, etwas das sie nie gewollt hatte...
Weinend fiel sie dem jaulenden Wesen vor sich um den Hals, er war stark, oder wusste wie man sich stark gab, doch seine Augen sprechen von Pein, wie sie ein normaler Mensch nicht hätte ertragen können, von Schmerzen, die so unsagbar waren, dass sich diese Geste Kaylas Verständnis zu entziehen begann...
Hände formten sich, Finger verschmolzen, Knochen wurden Pulverisiert und wieder zusammengesetzt um die Pranken des Reittieres zu stärken, seine Muskeln wurden zertrennt, in blutigen Schleim verwandelt, nur um Sekunden später unter der pelzigen Haut erneut zu einem stärkeren Muskel geformt zu werden, darauf ausgelegt mehr als nur einen ausgewachsenen Mann zu tragen!
Jarrs Leib brannte wie feuer, erst als das Prickeln in einem jeden Körperteil aufhörte wagte er es die Augen erneut zu öffnen; ein Fehler.
Nicht lang ließ der Zauber von seinem Gesicht ab, zerschmetterte qualvoll seinen Schädel und verformte sein Gehirn, veränderte seine Augen und schob sie mit aller Gewalt nach außen, aufdass das Knochenmehl sich im Einklang zu seinem neuen Leib in die Form einer Schnauze pressen ließ, bestückt mit Zähnen, die stark genug um Stahl zu durchtrennen, Augen, die scharf genug um einen jeden Feind rechtzeitig zu erspähen und einer Nase, die fein genug um jede Gefahr wittern zu können.
Jarrs Transformation war Abgeschlossen, der Horror und der Schmerz saßen ihm noch immer in den Gliedern, zerfraßen seine Seele, seinen Willen und drückten Schwer auf seinen Verstand...
Nunmehr kein Dämon, doch ein enormes Wolfsbiest, schwang sich Kayla dem Wunsch ihres Geliebten folgend auf seinen Rücken, doch vergebens war die Mühe...
Kaum erfassten Jarrs Pfoten den Grund als solchen, pressten seinen wuchtigen Körper aus der Gasse fühlte er, wie etwas sein neu gewonnenes Fell tränkte, verzweifelte Anläufe ihn zu packen und Zauber auf ihn zu sprechen... doch die Stimme der Getroffenen versagte... und so wurde aus der Flucht vor den Horden von Menschen, ein Grabesmarsch...
Behutsam legte der Wolf ab, was er seinem Schicksal ausgesetzt hatte.
Verzweifelt grub er – nicht mehr in der Lage zu sprechen, zu handeln wie er es wollte – seine Schnauze in das Kleid der Lächelnden und stieß ein schauriges Jaulen aus, schaurig genug, als dass die Sterne dem Klang zu entrinnen versuchten und die Nacht in vollkommener Finsternis versank...
Nun hatte Jarr alles verloren... seinen Thron, seine Ehre, seinen Körper und seine Geliebte...
Dunkle Pranken begannen den Waldboden aufzuschaben und zu verscharren was einst von Dämonenherz geliebt, zerfetzten Wurzeln und höhlten ein Loch aus, so tief, dass kein Lebewesen es wagen würde ihre Schönheit anzufallen...
Leb wohl, Kayla... ich schwöre, dass ich dich rächen werde...



Dieser Tag liegt mehrere tausend Jahre zurück... aus dem Graben, der so bodenlos geschienen hatte wucherte nun ein Baum, dessen Präsenz ein jedes Herz mit Frohsinn erfüllte. Um ihn herum siedelten die Elfen der Wälder, heiligten den Seelenbaum als ihre Göttin und pflegten und hegten sie.
Ithur'danal – Herzbaum, nannten sie die Königin des Waldes und umsorgten sie, unwissend was ihre Wurzeln hüteten und unwissend, dass es jemanden gab, der kommen würde um danach zu suchen...


Kapitel 1: Der Anfang vom Ende



"LIIIIRAAAA!"
Warum, warum nur musste es wieder sie sein?
5 Pfeile steckten Feinsäuberlich inmitten der Zielscheibe, 5 Pfeile hatten sich darum gestritten wessen Pfeil den kleinen schwarzen Punkt in der Mitte selbiger Zielscheibe hatte perforieren dürfen und... ein Pfeil, war abhanden gekommen.
"Lira Melistraped!"
Warum musste es wieder ihre Schuld gewesen sein?
"Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du besser aufpassen musst wo du hinschießt?! Deine Tagträumerei wird uns eines Tages noch umbringen! Auf diese Art und Weise wirst du NIE das Waldläufertum deine Profession nennen dürfen! Menschen..."
Lira Melistraped war der einzige Mensch in Arâ, einem Ort der bekannt war als die größte Waldläuferakademie der Welt. Die besten Bogenschützen, Tiertrainer, Dompteure und Waldmagier kamen aus dieser Gegend, hatten hier ihren Abschluss gemacht und ihr Handwerk gelernt. Auch Lira hatte lernen wollen wie man mit Tieren kommunizierte, hatte lernen wollen wie sie einen, ach was, bis zu acht Feinde mit einem einzigen Schuss festnageln konnte, sie hatte so viel Hoffnung in diese Ausbildung gesteckt...
Und nun war sie 3 Jahre hier...
Seit das Mädchen 14 war hatte sie an dieser Schule trainiert, hatte sich abgemüht die beste zu werden und hatte kläglich versagt. "Menschen sollten keine Elfenakademie besuchen!" hatte es immer geheißen und hieß es nach wie vor, ja, Lira hatte seit sie an dieser Schule war vieles ertragen müssen und jedes mal, wenn ihr Meister wiedereinmal bedauerte, dass sie seine Schülerin war und es seine Ehre verletzen würde, wenn er sie an einen anderen Meister verwies, jedes mal, wenn er sie schlecht redete und sie beschimpfte, weil die Naturgewalten etwas dagegen hatten, dass Lira sich ihrer bemächtigte um ihre Pfeile zu leiten, oder weil sie nicht mit Tieren reden konnte wie die anderen Studenten, jedes mal, wenn er sie erniedrigte hatte sie den Wunsch zu weinen.
Seit 3 Jahren nun passierte immer das gleiche... ihre Pfeile verfehlten ihr Ziel, ihre Stimme drang nicht zu den Tieren oder Bäumen durch, ihre Augen waren nicht scharf genug, als dass sie einem Pfeilhagel auszuweichen wusste und auch ihre Körperkraft und ihre Reflexe waren nicht mit denen der Elfen vergleichbar und trotzdem hatte Lira nie aufgegeben und würde es auch niemals tun.
Es war schließlich ihr Traum.
"Lira?! Hörst du mir überhaupt zu?!" - "J-ja Meister, bitte verge" – "In den Wald und lauf deine Runde!" - "Aber Meister, so we-" - "ICH SAGTE LAUFEN!"
Lira wusste, dass er es nicht so meinte... sie wusste dass Ringo sein Vertrauen in die Götter hatte, dass sie dem Mädchen eine Chance gewährten und sie wusste, dass seine disziplinarmaßnahmen lediglich dazu dienten um sie aus der Gruppe zu isolieren. Elfenkinder konnten grausam sein:
"Das hätte sogar meine Mutter getroffen und die ist Blind!" - "Ja, sogar unser Lurch schießt besser als sie!" - "Ein Blinder Lurch wahrscheinlich auch" – "Hey, Rundöhrchen" – eine schlechte, wirklich sehr schlechte Beleidigung die sich aus der Bezeichnung 'Spitzohr' entwickelt hatte, aber da Menschen nunmal meistens keine sonderlich spitzen Ohren vorzuweisen hatten – "Ich wette, dass du nichtmal ein Blatt im Wald treffen würdest, wenn du einen kompletten Köcher voll Pfeilen verschießen darfst!"
"Ja, ja... freut euch"
Barfuß. Es war schön so durch den Wald zu joggen. Liras schlanke Form schob sich fortwährend durch den Wald und scheuchte das eine oder andere Kleintier auf.
Lira war etwa einen Meter und siebzig groß, demnach ein Stück kleiner als der Durchschnitt der relativ kleinen Elfenschar, aber nun, sie war auch 3 Jahre älter als die anderen...
Ihre Haare trug das braunhaarige Mädchen für gewöhnlich zu einem Zopf zusammengebunden, da sie sich sonst im Wind verselbstständigten und sie in ihren Übungen behinderten. Nun allerdings wehten sie wild im Laufwind und wurden von selbigem durchzaust, es würde sicher Stunden dauern um alle Knoten die nun entstanden später wieder zu entfernen, aber das Gefühl frei durch den Wald zu laufen war es Lira wert! Wann immer es ein interessantes Geräusch gab, erfassten ihre grünen Augen die Quelle oder versuchten in eine entsprechende Richtung zu blicken, eine Erfolgsgarantie gab es natürlich nicht dafür, dass sie auch wirklich herausfand, was sie hörte, doch wenn sie sich darin probte würde sie den Wald vielleicht irgendwann besser verstehen... die Möglichkeit bestand, nicht wahr?
Liras Füße trommelten über Laub und vereinzelte Moosflechten, während sie im Flackerspiel der Laubbäume ihrer Wege ging.
Es war keine Strafe, nein, Ringo hatte sie nie bestraft, er wusste, dass sie mehr konnte als sie zeigte, wusste dass sie mehr aus sich holen wollte, als sie es derzeit tat und er hatte Respekt, dass sie noch nie aufgegeben hatte. Nein, aufzugeben lag ihr nicht und Lira würde es sich auch niemals angewöhnen aufzugeben.
Jeder Tadel mochte schmerzen und sie verletzen, verunsichern, aber sie würde trotzdem ihr Ding durchziehen, sie würde eine genauso berühmte Waldläuferin werden, wie es der Vorstand Arâ's war!
Menayí, ihrerseits ebenfalls eine Menschenfrau, war als einziger Mensch jemals erfolgreich durch die Ausbildung in der Akademie gekommen und war von den Gelehrten der Elfen zur Leitung der Schule ernannt worden. Es musste für sie damals eine enorme Ehre gewesen sein, auch wenn man es der alten Dame heute nicht mehr ansah...
"Oh, halthalthalt!", Lira bremste ihren Schritt und blickte auf den Zirkel vor sich; da war ja was!
Die Elfen hatten ihre Städte und Schulen um diesen Ort angesiedelt, um diese verbotendste aller Zonen des Nachtschattenwaldes. Niemand durfte diesen Zirkel überschreiten, wenn er seines Lebens lieb war.
Angeblich gab es inmitten des Zirkels einen Baum, den die Elfen als Göttin verehrten, sie zu belästigen oder sogar nur den Heiligen Grund zu betreten unter dem ihre Wurzeln verliefen war mit dem Tode bestraft worden. Andere munkelten, dass dieser Zirkel keineswegs der Überwachung diente, sondern dazu gedacht war etwas, das sich in diesem stück des Waldes aufhielt, auch dort drinn zu behalten.
Nun, was allerdings niemand wusste – und Lira hatte schwören müssen, dass sie es niemandem anvertraute – war, dass Lira sich gegenüber der Elfenmagie immun sah. Sie konnte die Zirkel betreten und verlassen wie sie wollte, konnte der Überwachung durch Magie entgehen und so wandeln wie sie wollte. Dennoch heiligte Lira den Wunsch der Elfen, die ihr nun seit so vielen Jahren eine Heimat geboten hatten.
Nachdem ihre Heimatstadt im Krieg der Dämonenfürsten gegen den König verwüstet worden war, war Liras Familie nichts anderes übrig geblieben als zu fliehen. Fort von dem Ort an dem Krieg und Blutbäder den schlamm rot färbten, fort von jenem Ort an dem schon so viele ihr Leben ließen für einen Streit, der so alt war, dass man sicher bereits vergessen hatte warum man stritt!
Lira hasste den Krieg, sie wollte dennoch an ihm teilnehmen, sie habe die gleichen Flausen im Kopf wie sein Sohn, so hatte Ringo es immer gesagt, den Krieg abzulehnen und dennoch Teil davon werden zu wollen sei selbst für einen Menschen noch zu widersprüchlich und abnormal und es sei alles andere als gesund mit einer solchen Einstellung zu leben; dennoch! Liras Traum war es den Krieg zu beenden. Ihr Pfeil sollte es sein, der die Kriegshetzer erlegte und sie sollte als Heldin gefeiert werden, das wäre immerhin das mindeste, was man nach vielen Jahren der Ungerechtigkeit durch freche Elfengören erwarten konnte, oder?
Ja, einmal Held sein, beziehungsweise Heldin, das war ihr Traum und irgendwann würde Lira ihn sich erfüllen...
Doch nun war es an der Zeit abzudrehen, sich wieder Richtung Schule zu begeben und sich bei Ringo zu entschuldigen. Es dämmerte sowieso, also erlosch Liras Erlaubnis im Wald ihrer Strafarbeit nachzugehen. Nun, es wäre Zeit dafür, wäre es nicht wie üblich zu einer Unterbrechung gekommen; sicher würde sie wieder bis tief in die Nacht bleiben und Ärger bekommen...
"Sieh an, sieh an, na, Sternenauge, hast du den alten Ringo wieder verärgert?"
Elrik war ein Charmbolzen, wie er im Buche stand: Er war groß, schlank aber muskulös, hatte tiefbraune Augen in denen sich Lira jedes mal wieder verlor, wenn sie zu lang hinein starrte, leichtes irgendwie viel zu glänzendes schwarzes Haar, für einen jungen Mann sehr weiche, aber verführerische Züge und zu alledem kam seine seidige Stimme, die jedes mal klang als wäre sie bemüht Liras Ohr zu verführen und zu liebkosen.
"Ja... solltest du nicht lieber da drinnen sein und dich um... was auch immer ihr hinter diesem Ring beaufsichtigt, kümmern?"
Lira hatte Elrik kennengelernt, nachdem Ringo sie das erste mal in den Wald gescheucht hatte, er hatte sie davon abgehalten den Ring zu durchbrechen und sie getröstet, ihr erklärt, dass Ringo sie, durch die harten Strafen, nicht verletzen oder demütigen wollte, sondern dass er sie schützte.
Auf die Frage hin, warum er das wisse hatte Elrik ihr mit einem sanften Lächeln erklärt, dass er es wissen müsse, immerhin:
"Ich wette deinem Vater würde es nicht gefallen, wenn er wüsste, dass du schon wieder nicht auf deinem Wachposten bist" – "Hahaha und das erzählt mir die junge Dame, die dieses Jahr wahrscheinlich wieder durch die Abschlussprüfung fallen wird?"
Dieser Schlag ging unter die Gürtellinie.
Elrik lehnte sich vor und zog das Mädchen zu sich ran, umarmte sie – etwas für Elfen eher untypisches – und seufzte:
"Ich verstehe nicht, wieso er dich immernoch zu diesen Prüfungen zulässt... und ich verstehe nicht wieso du", seine Augen erfassten die ihren und lösten einen Rausch der Wärme in Lira aus, "nicht langsam aufgibst... aber wozu will ich es auch verstehen? Du bist eine starke Frau, Lira, um einiges stärker, als zu dem Zeitpunkt an dem wir uns kennengelernt haben"
Warum musste Elrik sie nur so behandeln? Er wusste, das hieß er musste wissen, dass es Lira viel zu angenehm war, wenn er sie so ansah und festhielt. Es war eine Schande, dass sie sicherlich viele hundert Jahre zu spät war...
"E-el...", der Elf sah zu ihr runter und lachte.
"Oh entschuldige, kleine", er ließ sie los und legte ihr eine Hand auf den Kopf – war für ihn mit seinen rund 2 Metern Höhe ja keine schwierigkeit – und lächelte weiter:
"Verlauf dich nicht auf dem Weg heim und vergiss nicht, dass wir morgen noch gemeinsam für deine Prüfung üben werden!"
Lira wurde rot, als er sie wieder berührte und so schamlos lachte. Es war ihr nicht unangenehm, es... war merkwürdig, sie fühlte sich einfach wohl in Elriks Nähe.
"Okay, ich verlauf mich nicht und ja, ich werde drann denken, bis morgen... pass auf dich auf"
Lira wandt sich ab und joggte los, wurde dabei langsam aber sicher schneller und schneller und rannte schließlich wieder frei durch den Wald. Die neugierigen Augen der Wildtiere interessierten sie nicht, sie wollte nur Heim und sich auf Morgen vorbereiten, einen ganzen Tag mit Elrik, nur sie, er und einige lange Stunden harter Arbeit, aber das war es wert!
"Da bist du ja!", Ringo schien relativ saauer zu sein und das obwohl es noch nicht dunkel war... zumindest nicht so dunkel wie sonst... also... es waren schon sterne und der Mond am Himmel und die Sonne schien verschollen... aber es war immernoch heller als sonst!
"Entschuldigt Meister, ich..." - "Lira... Lira, Lira, Lira...", der Elf seufzte. Er war wie sein Sohn, oder eher andersherum, sein Sohn war Ringo quasi aus dem gesicht geschnitten, denn auch Liras Meister war ein junger Bursche mit schwarzen Haaren, matten braunen Augen, einer schon fast so seidenen Stimme wie sein Sohn und von ganz ansehnlicher Statur. Ausschließlich seine vielen Narben machten den Mann weniger attraktiv als seinen Sohn.
Lira scharrte nervös mit einem Fuß auf dem Boden, während Ringo in seinem weißen Seidenhemd vor ihr hin und her ging, seine Stiefel aus blankem Stahl machten leise metallische Geräusche, so leise, dass es fraglich war, ob diese Stiefel tatsächlich aus Metall bestanden.
Lira war schon immer fasziniert gewesen, dass er seine Füße mit solchen Bollwerken schützte, aber am restlichen Leibe nur Stoff trug, es erschien ihr paradox und Ringos Argumentation er trüge sie nur, um sie auszuziehen und dann schneller sein zu können, machte diese Art und Weise des kleidens auch nicht besser.
"Also gut", murmelte der Elf schließlich und lächelte, wobei die Narbe auf seiner linken Wange sich leicht kräuselte, "auf, wir gehen zum Trainingsplatz, die Abschlussprüfung steht bevor und du hast Nachholfbedarf!"

"Ist sie das?" - "Ja, Meister" – "Das ist sie, die Zone..."
Einem Schatten gleich stand ein Mann einsam in der Dunkelheit. Lediglich das Mondlich verriet die monströsen Konturen seines Leibes und seiner Kleidung. Rote Augen hatten ihn erfasst... den Baum im Zentrum eines magischen Zirkels, geschaffen um zu hüten was immer darunter verborgen Lag, geschaffen um den Schlüssel zu seiner Freiheit zu behüten.
"Er wollte sie wegschaffen... zerrte seinen Sohn in diese Welt um sie fortzubringen... fort von meinem Gefängnis"
Pelzige Klauen formten Fäuste, stark genug, alsdass Blut aus dem inneren der maltretierten Hände rann.
"Er hat inkauf genommen, dass sie das Mädchen töten... nein, es veranlasst..."
Mit leisem Klicken lösten sich zwei blanke stählerne Masken von den Schultern der dubiosen Kreatur, welche im Mondschein aus blutig roten Augen den Baum betrachtete:
"Doch er hat es nicht geschafft sie vor mir zu verbergen... Tempest, Alastor", die Masken regten sich, gebahren Körper und schmiedeten sich auf ihre Schnauzen... entstellte Wölfe...
"Unsere Wiedergeburt steht bevor... im Morgengrauen... greifen wir an..."


Kapitel 2: "Euer schlimmster Albtraum"



"Warum Jarr, warum machst du dir immer noch Vorwürfe?"
Wo war sie? Warum hörte sie diese... wer war... woher kam diese Stimme?
"Warum machst du dir Vorwürfe, mein Liebster? Es war mein Schicksal, das weißt du... mein Tod hat dieses Land gerettet, ihm neuen Lebenswillen gegeben!"
Sie war so wunderschön... glich der Stimme eines Engels... sprachen Engel so? Liras Kopf dröhnte, hin und hergerissen stieg ihr Puls ins unermessliche und sprengte ihr Herz, befreite sie aus ihrem Körper und zerrte sie weiter in diesen bizarren Traum.
"Jarr... komm zu mir, ich bitte dich... du musst dir selbst vergeben..."
Diese Stimme... sie war so Leid erfüllt, so zerfressen von Schmerz und Trauer... und dennoch so wunderschön, wie konnte eine Stimme, die so gequält klang nur so wunderbar sein?
Liras Gedanken kreisten wild im Raum, schossen in alle Richtungen und donnerten wieder auf sie ein, wie ein Haufen viel zu schwerer Steine, die sie in die Luft geschleudert hatte, um sich von ihrer Last zu befreien, nur damit sie im nächsten Moment als Pfeilhagel auf sie niederprasseln konnten...
So viele Fragen, die sich dem Mädchen stellten, so viele Gedanken, die sie um diese Stimme sponn und so viel Verzweiflung, da sie den Ursprung dieser wunderschönen und dennoch so gekränkten Stimme nicht finden konnte.
Was immer dort war und diese Frau quälte musste bestraft werden, doch zunächst gab es andere Dinge herauszufinden... wer war dieser 'Jarr' und wieso rief diese Stimme so verzweifelt nach -
"Ich habe dich sterben lassen"
Das Grauen überfiel Lira, schmetterte sie zurück und erfüllte sie mit Kälte und Angst. Wie... wie konnte etwas so entsetzliches von etwas so wunderbarem gerufen werden?
Ein Chorus, kalt wie Eis und scharf wie ein elfischer Dolch hatte begonnen, als der ... sie hoffte es war ein Mann, also der Mann begonnen hatte zu reden. Ein schauriges Jaulen, das einen Eisigen Würgegriff um Liras Herz rankte, so schaurig, dass sie in ihrer Position gefror; gefror um ein bizarres Szenario mitzuerleben... ob es an der Überanstrengung lag, dass sie so merkwürdig träumte?
Ein Wolf, viel zu groß und zu abnormal um ein normales Lebewesen zu sein stand vor ihr, beachtete sie allerdings nicht, sondern stierte in die unendliche Leere um Lira und ihn herum.
"Ich habe zugelassen, dass du stirbst... ich habe mein Versprechen gebrochen... wir wollten heiraten, Kayla... ich habe dich sterben lassen..."
Diese eisige und grollende Stimme von vorhin gehörte also zu dieser bizarren Kreatur?
"Wie soll ich mir vergeben, dass ich dich in den Tod gestürzt habe?"
Der Wolf war merkwürdig... er klang ebenso gequält wie diese mysteriöse Frau, doch gleichzeitig so hasserfüllt und grausam. Liras Finger langten zittrig nach vorn und berührten die Kreatur... es schien ihn nicht zu stören.
Fell bäumte sich zwischen ihren Fingern auf, stach sie sanft in die Handfläche und kratzte an ihrer Haut, bevor sie tief genug hineingreifen konnte, als dass es begann weicher zu werden, widerspenstig, aber weich und einladend. Was für eine seltsame Kreatur:
"Kayla", wimmerte das Wesen, das Lira nun als 'Jarr' identifizierte und ging langsam in die Knie, bevor er sich auf den schwarzen Grund fallen ließ, "was ich dir angetan habe, kann ich mir nicht vergeben..."
Wie das Wasser vor dem Aufkommen einer Flutwelle, wurde Lira erfasst und zurück in die Dunkelheit gezerrt, brutal und voller Gewalt, der sie nichts entgegensetzen konnte! Etwas riss an ihr, versuchte sie aus dieser Welt zu reißen und begann ihre Arme zu schweren, ihre Kraft zu trinken und sie mehr und mehr von Jarr fortzuzerren!
Nein, sie wollte jetzt nicht gehen, sie wollte bleiben, sie wollte wissen was hier vor sich ging!
Schwach rötlich und wässrig erfassten die Augen des Biestes, des entstellten Wolfes, Lira und lösten einen merkwürdigen Gefühlsschwall in ihr aus... hatte er sie... bemerkt?
Verwirrt und durcheinander von der Gewissheit, dass Jarr ihr direkt in die Augen sah und zu wissen schien, dass er nicht allein war in dieser dunklen Welt, dass es einen Zeugen dieser merkwürdigen Geschehnisse gab:
"Wer bist du?", fragte der Wolf, um einiges sanfter als zuvor und weniger kaltherzig, bevor Liras Hand sich aus seinem Fell löste und einige der schwarzen Härchen mit sich riss.
Das Gefühl schlagartig aus einem Traum zu erwachen war Lira wohlbekannt. Es war vergleichbar mit dem Gefühl aus einer großen Höhe von einem Greifen abzuspringen, viele, viel zu viele Meter zu fallen um dann kurz vor dem Aufschlag an der Rettungsleine zu ziehen. Den eigenen Magen durch eine leere Blase auszutauschen, sich hohl zu fühlen und irgendwie unbeholfen, ja, so war es für Lira aus einem Traum gerissen zu werden!
Das Mädchen erhob sich, fühlte wie das Bettlaken an ihrem Rücken klebte und mit sanftem 'Schlurp' von selbigem gelöst wurde.
Ihr Bett war nass... Schweiß getränkt... dabei war der Traum doch gar nicht so beängstigend...
„Lira???“, eine warme Stimme, „Lira, Elrik ist hier!“
Das Mädchen begann zu lächeln, der Traum war vergessen, binnen Sekunden, wozu sich auch lange mit dummen Träumen beschäftigen, egal wie real sie wirkten, nein, ihr eigentlicher Traum lag noch vor ihr, als Waldläuferin dieser Schule hier den Krieg beenden... und vielleicht war nebenbei ja noch Platz für eine Liebesgeschichte, die eventuell endlich wahr wurde?

Die Wölfe hatten ganze Arbeit geleistet: Ihre Körper, so fragil und verletzlich sie auf wirken mochten, hatten viele Klingen und Pfeile abgewehrt, hatten Zauber reflektiert und Schäden auf sich genommen, die wider jeder Vorstellungskraft lagen.
„Meister“, raunte die erste Maske, Tempest.
„Meister“, wiederholte die zweite Maske, Alastor.
Beide Wölfe raunten dieses einsame Wort immer und immer wieder, während sie durch den Zirkel wanderten und Elfen niedermähten als wären sie nichts.
Die stärksten Krieger der Elfensiedlungen und diese Wölfe, nein, diese Ungetüme hatten es so einfach sie zu verwunden oder gar zu ermorden. Dieser Wald war eine schiere Enttäuschung.
„Macht schneller“, fluchte der Mann in schwarz, der langsam den blutigen Spuren der Wölfe folgte mit seiner eisigen Stimme und brachte mehr und mehr Verderbnis in dieses Land.
Shadowfur, so war sein Name, galt als der gefürchtetste aller Dämonen: Ihm oblagen die schrecklichsten der schwarzen Fähigkeiten, mit denen das Dämonenvolk gesegnet worden war, ihm oblagen Furcht, Verderbnis, Qual und Hass.
„Tempest“, murrte er wütend und riss einen der Wölfe scheinbar an einer unsichtbaren Schnur zurück, „Du hast jemanden übersehen“, er schleuderte die Kreatur nahezu mühelos durch die Luft und direkt in die Richtung eines unsichtbaren Elfen, der allem Anschein nach der Meinung gewesen war, er könne Shadowfurs Augen entgehen.
Remus Shadowfur war bekannt als die grausamste Tötungsmaschine aller Welten, seine Kräfte überragten die der anderen sterblichen Dämonen bei weiten und laut Spekulationen war die Hilfe der Götter nötig gewesen um diese Kreatur zu bannen.
„So lange habe ich gewartet“, murmelte der Mann in schwarz und knetete seine pelzigen Klauen, „so lange gehofft sie endlich zu finden...“
- „Weiche Dämon, dieser Ort ist heilig, du entweihst ihn durch deine Präsenz!“
„so lange schon suche ich nach der Kette die mich in meinem Verließ gefangen hält...“
Remus mochte wirken als rede er im Wahn, doch seine Gewaltbereitschaft und sein scheinbar konfuses Reden hatte einen Sinn, einen Hintergrund.
„Wisst ihr wie es ist, wenn man nicht mehr atmen kann?“ - „W-was?!“ - „Könnt ihr euch vorstellen wie es ist von sechs Ketten aus drei Welten an einen Ort gefesselt zu sein an dem kein Licht euch berühren kann, an dem kein Wind euch streichelt und an dem kein Gedanke auf ein Ziel trifft?“ - „Hey, bleib stehen wo du bist!“
Einer der Druiden dieses Volkes riss seine Hand hervor und brüllte Worte in Zungen, die Remus nicht geläufig waren: Wurzeln attackierten ihn, nein, ganze Bäume langten nach seinem Leib...
„Könnt ihr euch vorstellen in Ewiger Dunkelheit gebunden zu sein, seit ihr geboren wurdet...“
Remus hob seinerseits nur einen Finger, es war eine Bewegung die Kaum sichtbar war, aber dennoch von statten ging, eine Bewegung die so unbedeutend schien und dennoch so gravierende Folgen hatte...
Die Wurzeln, die sich gerade noch so widerspenstig gezeigt hatten, welche in einem Anflug der Stärke die Dreistigkeit besessen hatten sich Remus Leib zu nähern, begannen zu verfaulen und zu verrotten. Kein Blatt grünte mehr an den Bäumen, kein Gras leckte mehr nach Luft und der Druide, welcher in Verbindung mit all diesen Pflanzen stand rollte sich kreischend über den Boden, wälzte sich im Dreck und wimmerte voll Verzweiflung.
„Wie kannst du es wagen dieses Grünzeug auf mich zu hetzen?“
Die anderen Männer starrten verdutzt zwischen Remus und ihrem Kumpanen hin und her, wie konnte nur passiert sein, was gerade eindeutig passiert war?! Wie konnte ein einzelner Mann im Alleingang ein halbes Waldstück verderben?!
„Was bist du?!“, brüllte der Druide und warf einen Blick in die Richtung des Mannes, der gerade eben ohne Reue so viel Leben vernichtet hatte, „WAS BIST DU?!“
Die Antwort die er bekam sollte für immer in den Herzen der Überlebenden dieses Morgens verharren und sie für immer mit Angst erfüllen:
„Ich bin euer schlimmster Albtraum“
Und mit diesem Satz gesagt schob die Kreatur sich nach vorn, entblößte sein zerfurchtes Gesicht und griff zu den Schwertern an seinem Gürtel:
„Es ist Zeit, dass ihr vor euren Schöpfer tretet!“

„Neineinein!“, Lira seufzte, sie hatte es schon wieder nicht geschafft und das trotz des vielen harten Trainings!
Elrik stand neben ihr und lächelte, lächelte milde und verständnisvoll wie immer; langsam begann es zu nerven. „Jaja, du stehst da und lächelst, während mir meine Prüfung wieder durch die Lappen gehen wird!“ - „Sternenauge, nicht jeder ist zum Waldläufer berufen, das weißt du... du kannst wunderbar mit dem Schwert umgehen, bist geübt im tragen Schwerer Rüstungen und hast sogar angefangen die Magie der Druiden zu verstehen... warum also ausgerechnet die Waldläuferin?“
Lira seufzte erneut, wie so oft, wenn sie ihm nicht antworten konnte, denn sie wusste es selbst nicht, sie wusste nicht was sie so sehr an dieser Profession faszinierte. Woher sollte sie es auch wissen? Es war eine spontane Entscheidung gewesen, nicht wahr?
Nein, sich selbst belügen konnte sie auch nicht...
„Ich liebe die Natur, die Freiheit auf dem Land und den Frieden der in den Wäldern herrscht. Ich habe mir schon so oft gewünscht ich könnte mit ihnen sprechen, mit ihnen allen, verstehst du? Ihr Elfen habt diese Gabe angeboren, ihr könnt mit Bäumen und Tieren sprechen, ihr könnt quasi mit und nicht nur zwischen ihnen leben und... genau das ist es, was ich auch können will.
Ich liebe Natur, ich liebe Tiere und ich wünsche mir nichts sehnlicher als irgendwann ein Teil von allem dem werden zu können“
„Für wahr“, Elrik lächelte und legte ihr eine Hand auf den Rücken; erneut breitete sich Wärme in Liras Leib aus und umschlang ihr Innerstes, „in deiner Brust schlägt das Herz einer Waldläuferin... es ist kein Wunder, dass du unbedingt eine werden willst... weißt du... es tut mir weh dich darunter leiden zu sehen, dass du sie nicht hörst, die Stimmen im Wind... aber ich glaube daran, dass du es schaffst... ich wünsche es dir“
Lira stand einige Sekunden da. Sie schwieg. Wie sollte sie sprechen? Sie wusste es nicht. Woher hätte sie es auch wissen sollen? Dieser junge Mann hatte gerade das schönste gesagt, was ihr je gesagt wurde, seit sie ihre Ausbildung begonnen hatte, seit sie so oft versagt hatte... er hatte es ihr gewünscht und so wie es sich anfühlte waren das nicht nur Worte, mit denen er sie beruhigen wollte.
Ohne nachzudenken fasste Lira erneut ihren Bogen und fixierte das Ziel. Nicht denken, nein, HANDELN, das war es, was sie jetzt tun würde. Und ohne wirklich maß zu nehmen, ohne sich darauf zu konzentrieren den Mittelpunkt perfekt anzupeilen richtete Lira die Spitze ihres Pfeiles auf die Scheibe und flehte nicht, nein, sie befahl ihm:
„Triff!“
Und als ihre Finger die gespannte Sehne der Feuerwaffe wie in Zeitlupe zu lösen schienen, als der Pfeil begann sich durch die Luft zu fressen und gnadenlos auf sein Ziel zuschob, fühlte sie sich so sicher wie noch nie: Diesmal würde sie die Prüfung überstehen!
„Flrrr“, der Pfeil vibrierte... lediglich sein Schaft und sein Gefiedertes Ende ragten aus der Zielscheibe hervor, surrten Melodisch im Wind und schienen ihm zu antworten, bis letztlich jedweder Schwung aus seinem Körper Teil des Windes geworden war und jede Energie ihn verlassen hatte.
„Er... ich... ich... Elrik, ich...!“
Arme legten sich um ihren Körper und pressten sie gegen die Schlanke Männerfigur hinter sich. Mit Tränen in den Augen löste Lira ihren Blick vom Ziel und hob ihn in die Richtung dieser Endlos scheinenden Braunen Juwelen, mit denen er sie ansah:
„Du hast es geschafft, Sternenauge...“

„Lächerlich“
Der Grund war schwarz und modrig geworden, kein Baum, kein Gras, kein Busch lebte mehr um den Dämonen herum, während seine Wölfe, beide Nackt und ohne Haut, der eine blutig, der andre Eitrig, begonnen sich unter die Wurzeln des Immensen Baumes zu schaufeln.
Die Elfen, die noch wenige Minuten zuvor dieses Heiligtum abgeschirmt hatten röchelten schwer verwundet, schwiegen für immer, oder wälzten sich in Agonie jaulend über den Grund.
„Ich hatte mit mehr Gegenwehr gerechnet“, bekannte der Dämon und löste seinen Mantel.
Remus war ein großgewachsener Dämon, von etwa zwei Metern Höhe. Sein Leib glich im großen und ganzen dem eines Mannes, doch war er geprägt von Einzelheiten, welche ihn als eine Abscheulichkeit der Natur brandmarkten.
Wo ein Mann seine Füße hatte, die es in Stiefel zu kleiden galt, wandelte Remus auf den Pfoten eines immensen Wolfes, mit schwarzem Fell. Bis zu seinem Bauch zog sich selbiger schwarzer Fellteppich und verhüllte seine Beine, seinen Unterleib und teile seines Rückens. Um den wölfischen Leibes-abschnitt abzurunden, war er versehen mit der Rute eines selbigen Wolfes, die ekstatisch hin und her schwang, voll Vorfreude, auf den Fund dessen, was sich unter diesem Baum verbergen möge.
Sein menschlicher Torso war geziert von Adern, glühend und pulsierend zogen diese Adern ihre Wege scheinbar wie ein Muster durch seinen Leib und frästen sich durch Bauch, Brust und Rücken. Mit jedem Puls dieser Adern verströmte Remus Leib eine weitere Welle der Verderbnis, ließ Pflanzen verrotten, oder Tiere sterben. Durchzogen von den bizarren Adern wirkte es, als habe man den Leib des Mannes in Stücke geschlagen und zusammengesetzt, wie eine Kreatur gänzlich aus Scherben, geschaffen aus den Überresten einer anderen Lebensform.
Auch seine Arme schienen nicht die seinen: Vom Oberarm bis zur Elle verlief ein jeder Arm menschlich, bis er sich erneut in schwarzem Fell verlor. Sie endeten in stählernen Fäustlingen, aus deren Spitzen lange krallen-bewehrte Finger ragten, die sich ebenfalls in perfektes Schwarz gehüllt hatten.
Abgerundet wurde der Leib des bizarren Dämonen durch seinen entstellten Kopf:
Auf selbigem thronten zerfetzte Ohren des Wolfstieres, das ihm schon so viele Merkmale geschenkt hatte, übersät von Narben, an den Stellen an denen Teile fehlten, durchzogen von Rissen und teils zerstückelt, drehten sie sich hin und her und folgten allen Geräuschen, die der Dämon wahrnahm. Ebenso zerfurcht, wie seine Ohren ward auch das Gesicht, das sich unter seinen schwarzen Haaren befand: tiefe Narben zierten das Gesicht des Mannes, liefen über seine Wangen zur Stirn, schier symmetrisch als habe jemand ihm die Augen herausschneiden wollen und damit Erfolg gehabt. Denn statt Augen fanden sich im Gesicht der Kreatur lediglich leere Höhlen aus denen seltsame Symbole in rötlichem Farbton schimmerten.
„Grrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr“
- „Ah...“
Der Dämon wand sich um und begann zu lächeln, breit und zufriedengestellt grinste er den Wolf vor sich an, leckte sich über die spröden Lippen und wirbelte seine treuen Klingen umher.
„Ich habe mich schon gefragt, wann das Monster auftaucht, dass sie in diesem Waldstück verstecken... Welch Überraschung, dass es der Sohn des Schlüsselmeisters ist... ich persönlich fand ja, dass dir weniger Fell besser stand, Jarr“
Remus Stimme war gefüllt von hämischer Freude, Siegessicherheit und Lust. Er war lüstern endlich frei zu sein, doch brauchte er den zweiten Schlüssel zu den Ketten dieser Welt und wie es der Zufall so wollte wusste Remus genau, wo er sie fand:
„Hrm...“, ein Lächeln begann Remus Lippen zu umspielen, „es sieht so aus, als müsste ich dem kleinen Prinzen Manieren beibringen...“

„HILFE!!!!“, Elrik und Lira zuckten zusammen, sie hatten mit dem Schwertkampf weiter gemacht, nachdem auch die weiteren 8 Pfeile, die Lira nach ihrer 2 Stündigen Schießübungen noch übrig gehabt hatte, das Ziel so trafen, wie es sich das Mädchen gewünscht hatte, doch jetzt störte etwas den scheinbaren Frieden Arâ's.
„Der, der heilige Hain, er... er wurde Angegriffen!“
- „Angegriffen?!“
„Ja, er... er kam aus dem Nichts und hat uns überrannt, dieser Dämon, dieser schreckliche Albtraum von einem Mann!“
Elrik sah zu Lira und lehnte sich vor, gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange und rüttelte den Mann vor sich durch:
„Ich werde vorausgehen, du geh und hol' die anderen, wir müssen Ithur'danal beschützen!
Lira, sag meinem Vater Bescheid!“
Und noch ehe Lira ihm sagen wollte, dass er auf sich aufpassen musste, war Elrik bereits losgestürmt, unwissentlich, welches Schicksal ihn erwartete...


Kapitel 3: "Der Herr der Verderbnis"



"Es ist das erste mal", murmelte der Mann mit seinem zerfurchten Gesicht und den grausam wirkenden Rissen in seinem Leib, "dass mir ein Tier so sehr die Stirn bietet"
Remus renkte lautstark seine Nackenwirbel ein und warf dem Wolf, der mittlerweile gute 15 Minuten gegen den Dämonen kämpfte, einen scharfen und herabwürdigenden Blick zu.
Der Monolog wirkte sicherlich, als wäre der Dämon seinem verwandelten Kontrahenten unterlegen, doch war eher das Gegenteil der Fall:
„Gebt auf Prinz, ihr könnt sie nicht beschützen... während ihr eure Zeit mit dieser Marionette vergeudet sind meine Getreuen dabei das Mädchen freizulegen und mir ihre Seele zu bringen“
Jarr stieß ein schauriges Knurren aus. Sein Leib war malträtiert, durchzogen von der Fäulnis, die Remus Klingen verbreiteten, geschunden durch die Schnitte und Risse in seinem Fleisch und erschöpft vom ausdauernden Kampf gegen den dämonischen Hexenmeister.
Ich lasse nicht zu, dass er dich kriegt, Kayla!


Auch wenn diese Stimme an niemandes Ohr oder Herz drang wusste Jarr, dass es ihm helfen würde, dass es ihn und den Wald beruhigen würde. Sein Herz nämlich raste, war überfordert, wie der Wolf selbst es war: Immer ward Remus eine Legende gewesen, niemals aber hätte Jarr geglaubt, dass sein Vater ihm mehr als Schauer-Märchen über diese Kreatur erzählt hatte; nun allerdings musste Jarr damit leben: Die Kreatur, vor der sich ein jeder Dämon fürchtete, schien Wirklichkeit zu sein.
Was will er überhaupt von ihr?


Rätsel über Rätsel. Warum war dieser Mann hier aufgetaucht? Warum wagte er es sich mit einer ganzen Nation anzulegen und warum wagte er es Kaylas Ruhestätte zu entweihen?!
Jarrs Blut begann zu sieden, kochte in seinen Venen und trieb seinen Puls weiter in die Höhe, alle Beruhigung würde nichts nützen, um die Wut des Tieres zu unterbinden und seine Blutgier zu stillen, nein, nichts würde nützen um Jarr zu beruhigen, außer dieses Ding vor sich tot zu sehen!
Laut schnaubend richtete er sich auf, verletzt und gequält, aber dennoch bereit zu verteidigen, was seinem schier endlosen Leben einen Sinn gab und was zu behüten er versprochen hatte.
„grrrrrrrrr“ - „Hrmhrm... der Bursche hat es noch nicht verstanden...“
Remus steckte seine Klingen in den Grund – der sowieso schon gräulich eingefärbte Boden verlor weiter an Lebenskraft und verlor schließlich auch das letzte bisschen Leben, das ihm noch innewohnte – breitete seine Arme aus und murmelte einige Worte, bevor ein lautes Surren die Luft durchschnitt und sich ein Pfeil erbarmungslos in die Brust des ungeschützten Bohrte.

„Schneller!“, fauchte Lira und sprintete vor Ringo her. Der alte Mann war ihr zu langsam, er schien sich nicht auszukennen und so wie es aussah schien es ihm zu missfallen, dass das Menschenmädchen ihn zu seinem Sohn begleitete, aber was wusste er schon, als 100erte Jahre alter Elf, der so ziemlich alles in dieser Welt bereits gesehen hatte und demnach... oh...
Lira verwarf den Gedankengang und stürzte sich weiter durchs Unterholz, zertrampelte achtlos Sträucher und Gebüsch, doch ihr Opfer war notwendig, wenn sie auf schnellstem Wege zum Heiligen Hain kommen wollten!, selbst Ringo musste das verstehen, der sichtlich schockiert war, seine Schülerin so rabiat zu sehen:
„Warte auf mich!“, raunte er wütend und hüpfte so gut es ging über die restlichen Überlebenden, die Liras Schuhwerk entgangen waren.
„Warten kann ich nicht, Elrik ist vielleicht in Gefahr... ich meine das Heiligtum wird angegriffen!“ - „Elrik kann auf sich selbst aufpassen! Er würde nicht wollen, dass wir ihn behindern, nur weil wir haltlos ins Kampfgeschehen stürmen!“

Dummer Elf, was fiel ihm ein sich hier einzumischen?! Das war Jarrs Kampf und nicht seiner!
„Ich hoffe ihr seid mir nicht böse Bruder Wolf, aber dieses Heiligtum gehört nicht nur euch!“
- „Jetzt spielt ihr also“, Remus Stimme erklang begleitet von eisiger Kälte, „zwei gegen einen, hm?“
Jarrs Augen lösten sich von dem jungen Elfen und dessen Bogen und beobachtete wie Remus sich ohne jedwede Art von Mimik, die ein Gefühl darstellen könnte, den Pfeil des Schützen aus seiner Brust riss. Mit einem eindrucksvollen Geräusch zerfetzte der mit Widerhaken bestückte Pfeil das Fleisch der Kreatur und hinterließ eine schwer blutende Wunde, bevor pelzige Finger den massiven Stil ohne sichtbare Anstrengung entzwei teilten.
„Keine gute Idee“
- „Was für ein Monster... was wollt ihr hier, Dämon?!“
Anders als der Neuankömmling schien Jarr nicht verwundert zu sein, dass Remus keinerlei Gefühle zeigte, wie etwa Schmerz, nein, er hatte fest damit gerechnet, dass dieses Ding dort, sich den Pfeil teilnahmslos aus der Brust reißen würde... und natürlich würde Remus keine -
„Ich will nichts weiter als frei sein“, murmelte der angesprochene und warf Jarrs Gedanken über den Haufen, „zu lange schon versauere ich in meinem Verließ und ihr impertinenten Kreaturen habt hier den Schlüssel zu meiner Freiheit... verbuddelt unter einem mehr als unansehnlichen Stück Holz“ - „Wage es nicht unsere Götter zu beleidigen, Dämon!“ - „Eure Götter... ein Stück lebloses Holz soll eine Gottheit sein? Na das wüsste ich aber“
Remus machte einen Satz zurück und verharrte in der Luft vor dem Heiligtum, dem Leben spendenden Baum, der diesen kompletten Wald ernährte, ihn mit Kraft versorgte und der schon so vielen Elfen in ihren Zeremonien den Weg zur Erleuchtung gewiesen hatte!
Dieser Baum war für alle Elfen dieses Waldes mehr als nur ein einfaches Stück Holz!
„Ein Gott wüsste sich gegen mich zu verteidigen...“, murmelte er und legte behutsam seine Finger auf die leuchtende Rinde... verdarb sie... ermordete sie.
Jarrs Fell sträubte sich... er konnte es hören, wie das Leben diesen Baum verließ... Bilder flackerten vor seinen Augen, er fühlte das Blut erneut durch sein Fell rinnen und sah Kayla erneut sterben... ja, Remus tötete seine geliebte... sie starb erneut doch diesmal würde Jarr sie verteidigen, diesmal konnte er sie verteidigen!
Der Wolf stürzte nach vorn und zerfetzte mit seinen Pranken den Grund und Boden, zermalmte problemlos Reste von einst lebenden Tieren, die im Schutze der Wurzeln Ithur'danals gelebt hatten. Er konnte sich nicht halten und wollte es nicht, dieser Bastard wagte es die Ruhestätte seiner geliebten nicht nur zu entweihen und Gräberschändung zu betreiben, nein, jetzt erdreistete sich dieses Ding auch noch seiner geliebten erneut Qualen zuzufügen!
„Raaaaawr!!!!“, der hasserfüllte Schrei zerfetzte Remus Gelächter und zog seine Aufmerksamkeit auf sich, bevor sich starke Zähne in seinen Hals bohrten und erbarmungslos zupackten.
Das Geschrei des Dämonen und das Ächzen des Wolfes, als dieser durch einen harten Aufschlag nach sekundenlangem Flug von seinem 'Opfer' gelöst und durch die Luft geschleudert worden war.
Jarr jaulte, rappelte sich dennoch umgehend wieder auf und nahm erneut Anlauf. Und wenn er ihm die Kehle diesmal nicht aufreißen würde, dann würde er es erneut versuchen!
„Hör auf, dieses Schwein gehört mir!!!“
Einen Elfen... gerade einen Elfen so reden zu hören ließ Jarrs Fell in die Höhe steigen und sich gewaltsam von seinem Körper zu sträuben. Wie konnten diese gelassenen Kerle überhaupt dermaßen Fluchen?
„Aus dem WEG!“, etwas drückte Jarr zur Seite, stieß ihn um, auf eine seiner Verletzungen und entlockte ihm erneut ein qualvolles Jaulen, als der Junge – in Jarrs Augen noch ein Kind – an der einen Bestie vorbei auf die andere zuging, -stürmte.

„Ringo, schnell, wir sind gleich da!“
Das Geräusch sich kreuzender Klingen und Gelächter ließen Lira schneller laufen, schneller als sie je gelaufen war, sie musste dort hin, sie musste Elrik helfen, sie musste ihn beschützen! Der Elf neigte dazu sich in Gefahr zu bringen und sie wusste, dass er es wieder tun würde: „BEEIL DICH ENDLICH RINGO!“

Remus war überrascht, ebenso wie Jarr, denn dieser Elf war nicht schlecht... nun, es mochte daran liegen, dass er sich hier in seinem Element befand und der Wald ihn anscheinend – so gequält er auch war – mit allem unterstützte, was ihm irgendwie helfen konnte, oder aber es lag daran, dass die Elfen sowieso eine überlegene Rasse waren, die ihre Kräfte besser als alle anderen Völker dieser Welt im Zaum halten konnten. Oder dieser junge Mann war einfach ein besserer Kämpfer als der dämonische Hexenmeister, der bereits durch seinen Kampf mit Jarr schwer zu atmen begonnen hatte und dessen Kehle rot und blutig offen lag.
Remus wusste den Hieben des Mannes nicht viel entgegenzusetzen, sie waren zu schnell und stark, als dass die Verteidigung des Dämonen wirklich etwas hätte ausmachen können. Doch Jarr wusste, wieso auch er bereits in Kampfstellung ging um diesen jungen Mann dort zu unterstützen... Remus würde niemals einen Kampf zulassen, wenn er sich nicht sicher war gewinnen zu können, das war es, was Jarr aus den Geschichten seines Vaters hatte behalten können:
„Ich habe keine Lust mehr zu spielen, Elf“, zischte er schließlich aggressiv und bäumte sich auf. Remus Körper begann schneller zu pulsieren, die rote Aura in seinem Inneren begann unruhig zu leuchten, stieß wieder und wieder leuchtende Impulse aus, bevor sie letztlich in ein grelles rotes Strahlen überging.
Die Hitze um den Dämonen stieg ins unermessliche und begann an Jarr und Elrik zu zehren, sie zu zermürben und das in nur wenigen Sekunden in denen Remus diesen Angriff – war es überhaupt ein Angriff? - vorbereitet hatte!
„Keine Macht der Welt übersteht die Entfesselung meines Kerns... ihr beide habt tapfer gekämpft und ein starkes Herz bewiesen... aber jetzt ist Schluss mit lustig. Tempest, Alastor, kommt her!“
Der Boden bebte, als die mysteriösen Masken sich durch selbigen frästen um sich erneut an den Schulterklappen ihres Herren befestigten und dort verweilten, „Ihr habt gewonnen... Ich kann eure Unterstützung fühlen, aber...“, der Dämon legte seine Klaue an eine der Schulterklappen seines Mantels bevor er einen blutigen Fleischfetzen daraus hervorholte:
„Ich habe sowieso schon, was ich wollte...“:
Das Herz in seiner Faust pulsierte, es schlug, obwohl es ohne Leib und Blut war, schlug im Namen einer eingekerkerten und zurück ins irdische Berufenen Seele:
„Ich habe den Schlüssel, nun benötige ich nur noch das Schloss...“, murmelte Remus und riss seinen Linken Arm nach oben.
Jarr wimmerte, flog hoch durch die Luft und landete in einem der faulenden Bäume, riss das Modrige Holz durch die Wucht seines Körpers in Stücke und verweilte aufgespießt auf einem der Stämme, die er in Form gebrochen hatte. Die Verletzung würde den Wolf nicht umbringen, aber sie würde eine unschöne Narbe hinterlassen...
Remus Augen fixierten den Elfenknaben, der immer noch dort verweilte, wo er war, der immer noch die Dreistigkeit besaß dort zu stehen und mit einer Waffe auf den erhabenen Dämonenmeister zu deuten...
„Dein Mut wird nicht länger verlangt, Elf... leg das Schwert beiseite und vielleicht verschone ich dich“, der Mann riss seinen Mund auf, sein Kiefer knirschte leise bei der Geste, bevor er in einem groben Schluck das Herz in seine Kehle schob, gegen das Würgen ankämpfte und den Brocken unbeschadet in seinen Magen bugsierte, „Ich habe keine Lust mehr zu warten, Knabe“ - „Gib dieses Herz an unsere Göttin zurück!“ - „Hrmhrm...“ - „Du hast diesen Hain geschändet, unsere Göttin beraubt und unser Heiligstes Gesetz gebrochen, dafür wirst du STERBEN!“

Es war ein ungünstiger Zeitpunkt. Ihr ganzes Leben lang würde sich Lira vorwerfen, dass sie hergekommen war, dass sie diese Schule besucht hatte und dass sie einen jeden Schritt getan hatte, der zu diesen Ereignissen hier führte. Lira würde sich ewig vorwerfen Schuld an alledem zu sein und das, obwohl sie unwissentlich bald schon zu einer Heldin werden würde, wie sie es immer hatte sein wollen...
„Falsche Antwort“, zu wem gehörte diese bizarre stimme, die so eisig und todbringend klang? Ihr Hall allein genügte um Liras Knochen zum Knirschen zu bringen, ihre Beine zu Himbeergelee werden zu lassen und Horrorvisionen vor ihrem geistigen Auge ablaufen zu lassen. Was immer dort gesprochen hatte war abgrundtief böse... das konnte man fühlen.
Lira preschte, sie hatte Ringo zurückgelassen und riss ihre Klinge hervor, bevor sie auf die Lichtung sprang. . .
Der nächste Moment war einer dieser Momente, in denen sich der eigene Körper nicht entscheiden kann, welche Reaktion die beste war. Wäre es besser gewesen sie hätte angefangen zu schreien, wie ihr Mund es ihr weismachen wollte?, oder hätte sie sich übergeben sollen, wie es ihr Magen ihr gebot?, oder wäre weinen, als Antwort ihrer Augen, doch die richtige Alternative gewesen?
Nein, Lira konnte sich nicht entscheiden, sie blieb wie sie war, verharrte und schluckte, stumm, nicht in der Lage sich zu regen, zu sprechen, zu denken...
Eine schwarzer Stoß, eine Flamme, die sich durch den Körper des Schreienden gebohrt hatte, schien ihn aus tausend mal schlimmeren Qualen zu erlösen, bevor der fremde Mann sich eine Kapuze überwarf und den leblosen Leib weiterhin in Händen hielt:
„Ein Souvenir“, murmelte die Kreatur, die Elriks Körper in Händen Hielt und legte seinen Mund auf den des Elfen, bevor er sich von seiner Beute entfernte und einen bläulichen Faden aus dem leblosen Leid zu saugen schien.
Die Szene brannte sich in Liras Kopf:
Elrik, wie er auf das Schwert des Mannes aufgespießt wimmerte und schrie, die schwarze Flammensäule, die seinen Leib so einfach durchstoßen hatte und dann der bizarre 'Kuss' infolgedessen der Fremde begann Elriks Leib etwas zu entziehen, mehr als nur sein Leben, denn die Haare des Ermordeten wurden Grau und strohig, seine Haut verlor an Farbe und schon bald würde sich herausstellen, dass auch seine Augen einen jeden Glanz verloren haben würden:
„Niemand legt sich mit dem Herren der Verderbnis an... niemand...“
Seine Augen erfassten Lira, bevor er ihr eine Kusshand zuwarf und in einer weiteren schwarzen Flammensäule verschwand...
„Elrik? Elrik! ELRIK!“, etwas wetze an Lira vorbei, doch nun, da Tränen ihre Augen füllten, wusste sie nicht zu deuten wer es war; sie sah nur, wie dieses etwas sich auf den Leib des soeben niedergestreckten warf und versuchte ihn wach zu rütteln... Elrik war mehr als tot... er war ausgelöscht worden...
Noch ehe Lira wirklich verarbeitet hatte, was dort passiert war begann ihr Körper zu schmerzen... nicht einfach ihr Leib, nein, mehr als das... als habe man ihr etwas entrissen...
Sich der Qual hingebend sank Lira in die Knie und verlor das Augenlicht... ihre Welt wurde schwarz... schwarz... und leer...

Impressum

Texte: Cover image is © to its respective owner. Story and characters are © to Tim K.
Tag der Veröffentlichung: 28.03.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme dieses Buch Saria Hegedüs, weil sie die Person ist, die mich immer und immer wieder zum schreiben animiert.

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