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Prolog




Manchmal tut man Sachen, von denen man, noch während man sie tut, genau weiß, dass sie falsch sind. Die innerlichen Stimmen des Gewissens rufen, man solle wieder zur Vernunft kommen, doch trotz des Eingeständnisses, dass sie Recht haben, hört man nicht auf, sich derart in die Scheiße zu reiten. Genau so ging´s mir, als ich den größten Fehler meines Lebens beging. Im Nachhinein bereue ich alle meine Fehler, meine Missetaten und Sünden schmerzlich, gewollt sie allesamt rückgängig machen zu können. Jedoch sind die meisten schon so lange her, dass es zwecklos ist beispielsweise das gute Verhältnis zu meiner Familie, alten Freunden und anderen Bekannten wiederherzustellen. Ich denke, wenn ich einmal das Glück haben sollte, Besuch einer Fee zu bekommen, lautete mein einzig relevanter Wunsch eine Zeitmaschiene, um meine Fehler zu begleichen. Selbstverständlich ist es mir durchaus bewusst, wie unmöglich diese Wunschvorstellung ist und so bleibt für uns Sterblichen nur der einzige Ausweg, die Untaten auf andere Art und Weise zu entschädigen. Meist reicht einzig eine ernstgemeinte Entschuldigung und das offene Eingeständnis etwas falsch gemacht zu haben und selbst dies ist für mich oft schon eine große Überwindung. Meine beinahe kindliche Sturheit ist zweifellos eine Schwäche von vielen. Wie also um alles in der Welt soll ich einen Fehler dieses Ausmaßes wieder gut machen? Vielleicht schaffe ich es nie mehr. Ich habe bereits viele Fehler gemacht, auf die ich nicht besonders stolz bin, und versuche das schlechte Gewissen zu verdrängen, welches jeden Tag, manchmal sogar nachts, wie ein Gespenst, ein Hirngespenst, in meinem Kopf rum spukt. Versuche, diese gänzlich zu vergessen, sind allesamt gescheitert, stattdessen muss ich mich nun immer noch mit ihren Folgen; den Albträumen und den plötzlichen Panikattacken, herumschlagen. Bei allen hatte ich es nie geschafft eine Entschuldigung zu finden. Ausgelöst wurden diese schlechten Gewissen durch verbale Verletzungen, hirnrissige Anschuldigungen, Versprechens- und Vertrauensbrüche und die letztendlichen Untreue. Doch nun sollte sich alles ändern. Dieser Fehler sollte im Gegensatz zu allen Anderen nicht unbeglichen bleiben.


1.




Schlaftrunken tastete meine Hand nach dem nervtötenden Wecker, der meiner Meinung nach viel zu früh anfing meinen Schlaf zu stören. Doch das frühe Aufstehen war weitaus nicht mein größtes Problem. Verärgert haute ich mit voller Wucht und natürlich morgendlicher Aggressivität auf die Klingel und über die darauffolgende Stille empfand ich pure Erleichterung. Wie jeden Morgen wollte ich mich gerade zu meinen geliebten Freund und Verlobten umdrehen, um noch kurz zärtlich mit ihm zu kuscheln, als mir die Vorkommnisse des gestrigen Abends wieder schmerzlich ins Bewusstsein gerufen wurden. Der leere Platz neben mir fühlte sich falsch an und ich begriff, dass auch in meinem Herzen etwas fehlte. Panik machte sich breit. Wie konnte ich nur so dumm sein?! So dumm! Von allen Fehlern, die ich in meinem Leben begangen hatte, war dies unverkennbar der Schlimmste von allen. Ich war doch tatsächlich so dreist gewesen mit seinem besten Freund zu schlafen. Wie konnte ich nur? Ich hatte Chris schließlich geliebt und liebte ihn immer noch in einer Intensivität, die sich in Worten kaum zu beschreiben ließen. Wie konnte es mich bloß überkommen mit Bob ins Bett zu steigen? Klar, wir hatten beide ordentlich was getrunken, aber das war doch keine Entschuldigung. Natürlich musste Chris genau an dem Tag früher von seinem Pokerabend nach Hause kommen, um uns in Flagranti zu erwischen. Es schien, als hätte ich alles nur aus einer dritten Person mitbekommen, doch als ich dann in die ungläubigen Augen meines Verlobten blickte, war es wie ein peitschender Schlag ins Gesicht. Auch die gerechtfertigte Ohrfeige saß fest und gezielt, aber hinterließ bei mir doch keine Schmerzen. Lediglich das taube Gefühl auf meiner Wange ließ mich die Situation verstehen lassen. Es fühlte sich an, wie aus einem Film, als Chris eilig das Nötigste in den Rucksack packte und wortlos, weinend (es war das erste Mal, dass ich ihn weinen sah) zur Tür raus lief. Splitternackt, wie am ersten Tag, rannte ich ihm hinterher ins Treppenhaus. Durch meine verweinten Augen nahm ich nur verschwommen wahr, wie ich kopflos die Treppen runter lief, ihm sagte, es alles erklären zu können und er mit dem Gebrüll verschwand, was für eine Schlampe, ich doch sei. Ich gab ihm recht. Fast musste ich mich beherrschen, nicht selbst über mein schlampiges Verhalten zu lästern. Doch die Situation war zu ernst, um jetzt darüber Witze machen zu können. An dem Abend war mir alles komplett, ja komplett, egal, sogar wie mich mein sonst so spießig pingeliger Nachbar mich ungeniert, doch zu Recht verwundert, anstarrte. Wahrscheinlich hatte er mit seinem äußerlichen Erscheinungsbild noch nie eine Frau derart zu Gesicht bekommen. Von daher hatte die Situation ja schon fast etwas Positives, aber nur fast, denn wenn ich die Wahl hätte, mein Freund behalten zu können oder dem unsympathischen Nachbar seine erste Erfahrung mit dem anderen nackten Geschlecht zu schenken, würde ich mich zweifellos nicht fürs Letztere entscheiden. Nach diesem unschönen Ausgang des Abends fütterte ich meine innere Leere mit reichlich Alkohol. Zu viel Alkohol, wie ich jetzt, am Morgen darauf, feststellen musste. Ein Blick auf den Wecker genügte, um die Dringlichkeit des Aufstehens zu bemerken. Ich hatte einen Job im Café „Up to you“ und so blieb mir nichts Weiteres übrig, als jegliche Tränen zu unterdrücken, das schlechte Gewissen, wie gewöhnlich, zu verdrängen und, den erneuten Versuch zu starten, alles in Zukunft besser zu machen. Wahrscheinlich würde ich wieder scheitern und jetzt war das Einzige, was ich noch verlieren konnte, mein Job.


Impressum

Texte: Alle Rechte liegen beim Autor.
Tag der Veröffentlichung: 03.12.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Dieses Buch widme ich meinen Freunden und meiner Familie, die mit mir manchmal viel mit machen müssen, aber mir trotzdem immer verzeihen♥

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