„Ich bringe den Müll raus, Frau Aschenbach.“, rief Laura.
„In Ordnung.“, hörte sie die Stimme ihrer Chefin aus dem Laden. Es war kurz vor acht. Die Boutique schloss in ein paar Minuten. Danach hatte Laura Feierabend. Frau Aschenbach machte dann noch die Kasse. So lange brauchte Laura aber nicht zu warten. An die Kasse lies Frau Aschenbach sie nie. Laura drängte auch nicht. Obwohl sie die meisten Kunden dafür hielten war Laura keine Auszubildende. Während der Woche ging sie noch auf das Gymnasium. Nächstes Jahr machte sie ihr Abitur.
Laura half nur aus. Jetzt in den Ferien ganztags. Sonst meist abends oder am Samstag. Die angestellten Verkäuferinnen hatten Familie und machten besonders am Samstag gerne früher Feierabend. Am frühen Abend hielt sich der Andrang in Grenzen. Die meisten Kunden waren etwa im Alter von Lauras Mutter und schauten meist am Nachmittag rein. Laura hatte gelernt sich dieser Kundschaft anzupassen. Sie servierte den Begleitern der Kundinnen je nach Geschlecht Sekt oder Espresso, schaffte heran, was ihre Chefin und die Kundinnen verlangten und hielt sich mit Kommentaren zurück.
Das galt auch für ihr Outfit. Eine dunkle Röhrenjeans, darüber eine helle Bluse und ein kurzer schwarzer Blazer. Ihre Füße steckten in unauffälligen Ballerinas. Unter der Bluse trug sie meist noch ein Top. Es verdeckte den BH und verhinderte das die Männer ihr in den Ausschnitt starren konnten. Statt sich um ihre Frauen zu kümmern saßen die meisten Männer nur gelangweilt in den Clubsesseln und sahen ihr nach. Laura selbst hielt sich für zu klein. Ihre Beine waren zu dick, der Po riesig und der Busen zu groß. Aber ältere Männer mochten offensichtlich diese Kombination.
Laura holte eine neue Mülltüte aus dem Schrank mit den Reinigungsgeräten im Korridor. Sie wechselte die Tüten aus, öffnete die Hintertür und trat hinaus. Sie hatte noch keine zwei Schritte getan, als der Boden unter ihren Füßen schwankte. Laura schrie auf. Ein Handschuh presste sich auf ihren Mund. Die Mülltüte fiel auf den Boden.
„Halts Maul.“, fauchte eine Stimme. Vollkommen überflüssig. Diese Hand über ihrem Mund verhinderte jeden Laut. Laura sah den Schrank mit den Reinigungsgeräten auf sich zukommen. Die Tür wurde aufgerissen. Jemand stieß sie hinein und schlug die Tür zu. Es war dunkel. Laura wagte nicht zu atmen. Vorn im Laden schrie Frau Aschenbach.
Das war eindeutig ein Überfall. Diese Männer forderten Geld. Dazwischen die flehende Stimme von Frau Aschenbach. Laura blieb nichts anderes übrig als einfach dazustehen. Vielleicht könnte sie es schaffen sich in dem engen Schrank umzudrehen. Aber das ging nicht ohne Lärm. Dieses Risiko wollte Laura nicht eingehen.
Draußen waren die Schreie verstummt. Dafür drangen andere Geräusche in den Schrank. Frau Aschenbach öffnete den Tresor. Dann wurde es still. Laura hielt die Luft an. Waren die Männer weg?
Plötzlich riss jemand die Tür auf.
„Hast du ein Auto?“ herrschte jemand Laura von hinten an.
Sie schüttelte den Kopf. „Nein.“
„Dann nehmen wir die Karre von der Alten.“, entschied eine zweite Stimme.
Laura fühlte einen Stoß in ihrem Rücken.
„Du kommst mit.“
Lauras Herz setzte einen Schlag aus. Die Räuber wollten sie mitnehmen. Warum? Sie wurde aus dem Schrank herausgerissen. Das helle Licht blendete die Augen. Vor dem Tresor hockte Frau Aschenbach. Ihre Augen waren verklebt. Der Mund mit Paketband umwickelt. Die Hände mit Plastikstreifen zusammengezogen und an dem Griff des Tresors fixiert. Ein riesiger Kerl in schwarzen Klamotten stand vor ihr.
„Wir nehmen die Kleine mit. Du bleibst einfach hier sitzen. In ein paar Stunden lassen wir die Kleine frei. Klar!“
Frau Aschenbach nickte.
„Wenn die Bullen uns zu nahe kommen machen wir die Kleine fertig.“, drohte der zweite.
Wieder nickte Lauras Chefin.
Der Räuber vor ihr packte die Handtasche. Der zweite zog Laura am Arm.
„Raus.“
Hinter ihr fiel die Tür ins Schloss.
„Wo steht die Karre der Alten?“
Laura wies auf einen Mercedes.
Der Mann stieß sie gegen den Wagen. Die Kofferraumklappe surrte.
„Rein da.“, befahl der Räuber.
Laura gehorchte. Die Klappe rauschte nach unten. Dunkelheit umfing sie.
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Laura hatte ihre Arme um den Kopf geschlungen und lag zusammen gekauert im Kofferraum. Das Auto musste die Straße verlassen haben. Es schwankte wie ein Schiff. Plötzlich stoppte der Wagen. Laura rutschte nach vorn und knallte gegen den Rücksitz. Die blauen Flecken waren ihr geringstes Problem. Sie hatte einfach Angst.
Der Kofferraum wurde geöffnet. Die Beleuchtung sprang an.
„Ausziehen.“, befahl eine Stimme.
Laura brauchte ein paar Augenblicke um sich zu sammeln. Dem Mann dauerte es zu lange.
„Ausziehen. Schuhe, Jacke, Oberteil, Hose. Mach schon.“
Laura zog ihre Jacke aus. Die Bluse folgte. Das Top darunter ließ sie an. Wenn der Mann mehr wollte musste er es konkret verlangen. Laura zog die Schuhe aus und wandte sich der Hose zu. Das enge Teil im Kofferraum auszuziehen ging nur im Liegen. Dabei rutschte ihr Top etwas nach oben und gab ihren Bauch frei. Vielleicht hättet ihr mich fesseln und Frau Aschenbach mitnehmen sollen, sagte sie in Gedanken zu dem Mann. Dann hättet ihr was Hübsches zu sehen bekommen. Ihre Chefin besaß eine Modelfigur.
Endlich hatte sie das Teil herunter. Der Mann packte Laura am Arm.
„Wir gehen jetzt in den Wald. Dort wartest du bis wir weg sind.“
„Deine Klamotten verstecken wir vorne an der Straße.“, setzte der Zweite hinzu.
Beinahe erleichtert stieg Laura aus dem Kofferraum. Die Männer wollten nichts von ihr. Sie brauchten nur einen Vorsprung.
Als ihre Füße den Boden berührten stöhnte Laura auf. Sie hatte weichen Waldboden erwartet. Stattdessen fühlte sie spitze Steine unter den Füßen.
Der Mann wies in das Dunkel. „Los.“
Laura setzte langsam einen Fuß vor den anderen. Bei jedem Schritt schoss ein Schmerz durch ihren Körper.
„Schneller.“, forderte der Räuber.
„Schneller kann ich ohne Schuhe nicht.“, stöhnte Laura.
„Das dauert ewig.“, mischte sich der zweite Mann ein.
Er griff in den Kofferraum. Lauras Schuhe landeten vor ihr auf der Erde.
„Die werfen wir nachher in den Wald.“, sagte er zu seinem Komplizen. „Bei dieser Dunkelheit findet sie die nie.“
Laura stieg in ihre Ballerinas. Der Mann hinter ihr gab ihr einen Stoß. Laura atmete tief ein und ging los. In ein paar Minuten war dieser Albtraum vorbei.
Langsam gewöhnten sich Lauras Augen an die Dunkelheit. Sie stolperte nicht mehr tastend an den Bäumen vorbei, sondern sah die Lücken. Der Mann musste ihr einfach nur folgen. Das weiße Top war selbst in dieser Dunkelheit zu erkennen. Sonst musste der Räuber nicht viel mehr sehen als einen Umriss. Der weiße String war aus der Position des Mannes sicher kaum zu sehen. Ihr tiefschwarzes Haar schlang Laura bei der Arbeit für Frau Aschenbach immer zu einem Knoten.
„Halt.“, befahl der Räuber. Laura blieb stehen. Hinter ihr flammte ein helles Licht auf. Der Mann musste die Taschenlampen-App seines Smartphones aktiviert haben. Ihr Schatten zeichnete sich deutlich ab.
„Deine Schuhe.“
Laura stieg vorsichtig aus ihren Ballerinas. Diesmal fühlte sie wirklich weichen Waldboden unter den Füßen.
„Das Top.“, forderte der Mann.
Mit unsicheren Bewegungen zog Laura ihr Top über den Kopf und lies es fallen. Hier stimmte etwas nicht.
„Den BH.“, forderte der Räuber.
Laura spürte ein Zittern in ihren Knien als sie den BH abstreifte.
„Umdrehen.“, befahl der Mann.
Mit ihren Armen vor der Brust drehte sich Laura um.
„Arme runter.“
Laura gehorchte.
Die Lampe des Smartphones glitt über ihren Busen und beschrieb einen Bogen. Er endete auf der Hose des Mannes.
„Was haben Sie mit mir vor?“
„Kannst du dir das nicht denken?“
Oh, Gott. Laura spürte Übelkeit aufsteigen.
“Aber ihr Partner hat gesagt, ich soll nur im Wald warten.“, stieß sie hervor.
„Du solltest nicht alles glauben.“, fuhr sie der Mann an. „Also runter auf die Knie.“
„Bitte.“, flehte Laura. Sie rang hilflos die Hände.
Der Räuber trat auf sie zu. Seine Hand umfasste ihren Hals. Laura rang nach Luft.
„Auf die Knie. Sofort.“
Laura sank auf die Knie. Der Räuber schob sich näher an sie heran. Das Smartphone leuchtete auf ihren Kopf. Tränen stiegen in ihre Augen. Der Albtraum war nicht zu Ende. Er begann erst.
„Mach schon.“ Die Stimme des Mannes vor ihr klang fordernd. Den Buchstaben S spie er direkt aus. Laura fühlte seinen Speichel an ihrer Stirn. Ihre Finger tasteten nach dem Gürtel des Mannes. Die Lampe des Smartphones folgte jeder Bewegung. Vermutlich nahm er alles auf.
Eine Chance? Der Mann sah nur das was das Smartphone zeigte. Laura nahm allen Mut zusammen, Sie ballte ihre Hände und schlug zu. Von unten, genau zwischen die Beine des Mannes. Er jaulte auf und ging in die Knie. Laura war schneller. Sie ließ sich fallen, drehte ihren Körper einmal um die eigene Achse und verschwand auf allen vieren kriechend in der Dunkelheit. Bevor der Mann sich erholt hatte, war Laura auf den Beinen und rannte einfach los.
In ihrem Rücken flammte die Lampe des Smartphones auf. Laura ließ sich fallen und kroch hinter einen Baum. Der Schein glitt vorbei. Stattdessen drang die Stimme des zweiten Mannes aus der Dunkelheit.
„Was ist los?“
„Das kleine Biest hat zugeschlagen und ist abgehauen.“
„Verdammte fette Göre.“, fluchte der zweite Räuber. „Aber die Alte war flach wie ein Brett. Keine große Auswahl.“
„Die Alte hätte aber stillgehalten“, überlegte der erste Räuber.
Diese beiden Männer waren nicht nur Räuber. Sie planten eines ihrer Opfer zu missbrauchen. Diesmal war die Wahl auf Laura gefallen.
Schritte entfernten sich. Laura hob vorsichtig den Kopf. Ein Motor heulte auf. Diese beiden Männer waren verschwunden. Laura stand auf und versuchte sich zu orientieren. Irgendwo dort vorn lagen ihre Schuhe, der BH und das Top. Langsam ging sie in die Richtung, in der die Stimmen verschwunden waren. Nach ein paar Duzend Schritten leuchtete das helle Top zwischen den Bäumen. Falls sich die Männer an ihr Versprechen hielten waren ihre Sachen irgendwo vorne an der Kreuzung. Notfalls würde sie sich auch in Slip und Top an die Straße stellen. Irgendwer hielt schon an.
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Weder rechts noch links neben der Einmündung entdeckte Laura ihre Sachen. Entweder hatten die Räuber gelogen oder Laura übersah sie in dieser Dunkelheit einfach. Das war ärgerlich. Laura brauchte die Sachen für die Arbeit. Allzu viele Outfits die sie bei der Arbeit in der Boutique tragen konnte besaß sie nicht. Vielleicht bezahlte ja Frau Aschenbachs Versicherung den Verlust.
Laura war auf jeden Fall froh, dass die Räuber ihre Handtasche nicht aus der Boutique mitgenommen hatten. Darin war ihr Smartphone. Ein neues zu beschaffen wäre schwer. Laura sparte jeden Cent für ein Auto. Von ihrer Mutter konnte sie keine Hilfe erwarten. Die dachte mehr an ihren aktuellen Lover. Eigentlich wohnte sie bei ihm. Sie kam nur nach Hause um die Wäsche zu wechseln. Ihren Vater hatte Laura seit Jahren nicht gesehen.
Auf der Straße näherte sich ein Auto. Laura gab die Suche auf. Wer wusste schon, wann das nächste Auto in dieser Einöde vorbeikam. Außerdem war sie ja nicht nackt. Laura lief an den Straßenrand und schwenkte ihre Arme. Der Wagen rauschte vorbei. Es war ein Porsche. Laura sah ihm nach. Ihr Versuch war gescheitert. Jetzt konnte sie weitersuchen. Plötzlich wurde das Auto langsamer. Vermutlich hatte der Fahrer erst jetzt begriffen, dass am Straßenrand eine Frau im String und Top winkte. Eine solche Gelegenheit ließen sich diese Sportwagen-Typen bestimmt nicht entgehen.
Die Rücklichter verschwanden. Einen Augenblick später sah Laura die Scheinwerfer auf sich zu kommen. Wenn sie Pech hatte saß am Steuer irgendein notgeiler Angeber, der so alt war wie ihr Vater. Normalerweise ignorierte Laura solche Kerle. Doch heute blieb ihr keine Wahl. Sie stellte sich mitten auf die Straße. Der Fahrer bremste. Das Fenster an der Beifahrerseite wurde heruntergelassen. Im Wagen saß ein Mann. Nicht so alt wie Laura erwartet hatte. Vielleicht um die dreißig. Er hatte dunkelblondes Haar, grau-grüne Augen und ein offenes Gesicht.
„Hi. Kann ich dir helfen?“
Laura nickte. „Ich wurde überfallen. Die Räuber haben mich hier ausgesetzt.“
„Wo sind deine Sachen?“, fragte der Fahrer sichtbar besorgt.
„Irgendwo dort.“ Laura wies auf den Wald.
„Ich habe eine Lampe. Wir gehen sie suchen.“
„Nein.“, widersprach Laura. „Meine Chefin sitzt noch gefesselt im Laden. Ruf die Polizei. Schnell.“
„Hier ist kein Empfang.“, erklärte der Fahrer. Er drückte einen Knopf. „Steig ein.“
Laura hatte kaum die Tür zugeschlagen als der Fahrer Gas gab. Der Druck presste sie in den Sitz.
„Ich bin Tobias Bergner.“, sagte der Fahrer ohne sie anzusehen. „Wie heißt du?“
„Laura Zinnbaum. Bitte beeil dich.“ Sie hatte nicht die Absicht Smalltalk zu machen.
Der Mann drückte einen Knopf am Lenkrad. Im Display erschien die Nummer der Polizei.
Die Wohnungstür fiel in Schloss. Laura war sauer. Frau Aschenbach hatte gerade angerufen. Sie wollte ihre Boutique in der Altstadt schließen und ihr Geschäft in die Mall beim Autobahnkreuz verlegen. Dort gab es einen Sicherheitsdienst und überwachte Parkplätze. Für Laura hätte sie auch auf den Mond umziehen können. Ohne Auto kam sie dort nicht hin und nach Ladenschluss auch nicht mehr zurück. Zum Glück brauchten die Supermärkte in der Urlaubszeit Leute zum Regal einräumen. Das machte nicht nur weniger Spaß als die Arbeit für Frau Aschenbach. Sie verdiente auch weniger.
„Hallo, Laura.“
Erschrocken fuhr sie herum. Auf der Mauer neben dem Hauseingang saß Tobias Bergner. Ein Lächeln schob sich in Lauras Gesicht. Seit Tobias sie auf der Straße aufgelesen hatte ging alles ganz schnell. Frau Aschenbach wurde befreit und Lauras Sachen im Wald gefunden. Leider landeten diese zuerst bei der Kriminaltechnik. Ihre Handtasche mit dem Smartphone konnte sie aber noch in der Nacht mitnehmen.
„Woher hast du meine Adresse?“
„So viele Laura Zinnbaums gibt es nicht. Ich wollte mit dir reden. Hast du Zeit?“
„Eigentlich nicht. Ich suche einen neuen Job.“, begann sie zu erklären.
Tobias hörte aufmerksam zu.
„Hast du einen Führerschein?“
„Ja. Warum?“
„Ich könnte dir ein Auto leihen.“
Laura lachte. „Danke. Aber irgendwer sieht mich und will wissen wo das Teil her ist. Was soll ich darauf antworten?“
„Ein Freund hat es dir geliehen.“
„Ich habe keine Freunde mit Geld.“
„Jetzt vielleicht schon.“
„Was soll das werden?“ Lauras Stimme klang hart.
„Ich dachte, nachdem was dir passiert ist könntest du vielleicht einen Freund, mit dem du reden kannst gebrauchen.“
„Das schon. Aber niemanden der versucht mich ins Bett zu kriegen.“
Jetzt lachte Tobias. „Dafür bist du mir zu jung.“
Er sah auf die Uhr. „Wollen wir vielleicht irgendwo essen gehen.“
„Keine Zeit. Ich habe dir doch gesagt, ich bin auf der Suche nach Arbeit.“
„Ich fahr dich nach dem Essen wohin du willst.“
Laura schüttelte den Kopf. „Wenn ich aus deinem Auto steige glaubt mir niemand, dass ich einen Job brauche.“
Sie sah sich um. „Wo steht das Teil überhaupt?“
„Zu Hause.“ Er wies auf einen Golf. „Ist der recht?“
Julia nickte. Überhaupt sah Tobias heute irgendwie anders aus. Er trug eine Jeans, darüber ein einfaches T-Shirt und Sportschuhe. In diesem Outfit würde er sie bestimmt in kein Nobelrestaurant schleppen.
„Ok. Gehen wir essen. Aber danach fährst du mich wohin ich will. Klar?“
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Das Restaurant war nett. Es hatte nur einen Fehler. Tobias musste hier Stammgast sein. Die Kellnerin sprach ihn mit dem Vornamen an und der Mann hinter der Bar grüßte freundlich. Laura hatte plötzlich das Gefühl alle starrten sie an.
„Mussten wir ausgerechnet hier her, wo dich jeder kennt?“
„Stört dich das?
„Ehrlich gesagt ja. Ich wette die halten mich für deine neue Freundin.“
„Das denken sie nicht. Du bist zu jung.“
„Da bin ich mir nicht so sicher. Wie alt bist du eigentlich?“
„31 und du?“
„18. Du kriegst also keinen Ärger. Höchstens eine Ohrfeige.“
„Ich habe diesen Italiener ausgewählt, weil meine Firma um die Ecke liegt und ich dir ein Angebot machen will.“
„Ein Angebot.“ Laura hatte einen Verdacht. „Du willst mir einen Job anbieten?“
„Stimmt.“, bestätigte Tobias. „Meine Mitarbeiterin hat gekündigt. Die neue kommt erst nächsten Monat. Ich brauche für vier Wochen einen Ersatz und du einen Job.“
Das wurde ja immer besser. Für Laura war klar worauf das hinaus lief. Zu jung? Gab es das bei Männern überhaupt? Am liebsten wäre sie aufgestanden und gegangen. Doch das wäre peinlich. Hier würde Tobias kaum über sie herfallen. Draußen auf der Straße konnte sie ihn immer noch loswerden.
„Du hast nur eine Mitarbeiterin?“
Tobias nickte. „Sonst hätte ich jetzt auch keine Probleme.“
Laura ging nicht darauf ein.
„Wir wären also die meiste Zeit allein?“
„Wenn ich in der Firma bin und kein Kunde da ist.“, bestätigte er.
Eine ehrliche Antwort auf eine wie Laura es zugeben musste provozierende Frage. Ein Pluspunkt für Tobias. Lauras Interesse war geweckt.
„Womit kann ein einzelner Mann so viel Geld verdienen, das er sich einen Porsche leisten kann?“
„Ich bin Goldschmied.“
Die Antwort kam schnell und klang ehrlich. Ein weiterer Pluspunkt. Eigentlich erwartete Laura ausschweifende Erklärungen über komplizierte Geschäfte. Er hatte also einen Laden. Aber Laura keine Ahnung von Schmuck. Das musste auch Tobias wissen.
„Dein Angebot ist echt nett. Aber ich glaube ich bin die Falsche für dein Geschäft.“
„Ich habe kein Geschäft.“, klärte Tobias sie auf. „Ich arbeite als Gutachter. Das bringt mehr und man lebt ungefährlicher. Ich brauche jemanden der sich um die Kunden kümmert, Termine macht und den Bürokram erledigt. Ich denke das kriegst du hin.“
Das schaff ich schon irgendwie, dachte Laura. Sie beschäftigte aber ein anderes Problem.
„Kann es passieren, dass plötzlich ein paar Typen in dein Büro stürmen?“
„Du meinst einen Überfall?“
„Genau das?“
„Gelegentlich habe ich schon mal ein Stück über Nacht im Tresor.“, gestand er. „Damit können gewöhnliche Räuber aber nichts anfangen. Es sind Unikate.“
„Was zahlst du?“, wollte Laura wissen.
Tobias nannte einen Betrag für die vier Wochen. Laura rechnete auf die Stunde um. Das war mehr als sie bei Frau Aschenbach verdient hatte. Diese Summe brachte sie ihrem Auto ein ganzes Stück näher. Sie konnte dieses Angebot einfach nicht ablehnen.
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Tobias Büro befand sich im zweiten Stock eines modernen Geschäftshauses. Laura betrat einen großen offenen Raum, den eine Milchglasfront in zwei Teile trennte. Im vorderen Bereich standen einige Sessel und ein Tisch. Außerdem ging eine Tür zur Toilette ab. Der hintere Teil war als Büro eingerichtet.
„Das ist dein Arbeitsplatz.“, erklärte Tobias.
Laura nickte stumm. Sie hatte einen gewöhnlichen Schreibtisch mit Bildschirm, Tastatur und Telefon erwartet. Doch auf dieser gigantischen Kombination standen gleich zwei Monitore. Beide waren riesig. Dazu ein Telefon mit einer Unmenge Tasten. Im Rücken des sehr teuer wirkenden Bürostuhls stand auf einem halbhohen Schrank neben zwei Druckern ein Multifunktionsgerät. Etwas abseits dessen größerer Bruder mit einem Touchscreen so groß wie jenes von Lauras Notebook. Das war kein Büro. Das war eine Kommandozentrale.
Tobias ahnte ihre Zweifel. „Keine Angst. Das erkläre ich dir alles.“
Er wies mit der Hand auf eine Tür. „Das ist mein Büro. Dort drüben ist die Küche. Daneben das Labor.“
Er sah zu ihr auf. „Willst du wirklich für mich arbeiten?“
Laura riss sich zusammen. „Ja. Auch wenn ich glaube, dass du mich nach einem Tag vor die Tür setzt.“
„Das glaub ich nicht. Aber bevor wir den Vertrag machen müssen wir etwas anderes besprechen.“
Laura sah ihn fragend an.
Tobias erklärte. „Du musst seriös wirken. Aber da du in einem Modegeschäft gearbeitet hast sollte das kein Problem sein.“
„Ist es aber.“, widersprach Laura. „Die Outfits, die ich bei Frau Aschenbach getragen habe passen hier nicht rein. Außerdem liegt eines davon bei der Polizei.“
„Dann musst du einkaufen gehen.“, entschied Tobias. „Ich gebe dir Geld.“
„Ich will keinen Vorschuss. Mein Geld gebe ich nicht für Klamotten aus, die ich nie wieder brauche.“
Sie reichte Tobias die Hand. „Tut mir leid. Aber das wird nichts mit uns.“
Er griff nicht zu. „Ich meine nicht als Vorschuss. Sieh es meinetwegen als Bonus.“
„Einen Bonus bevor ich angefangen habe zu arbeiten?“ Irgendetwas stimmte an diesem Job nicht.
„Wenn du den Job nicht machst muss ich jemanden von einer Personalfirma kommen lassen. Das ist viel teurer, als wenn ich dir ein paar Hunderter zum Einkaufen gebe.“
„Ein paar Hunderter?“ Laura wies auf ihre Hose. „Das Teil ist aus dem Discounter und hat einen zwanziger gekostet. Das T-Shirt dazu einen zehner. Meine Mutter schläft so gut wie nie zu Hause. Dafür plündert sie, wenn sie mal wieder keine sauberen Klamotten hat meinen Schrank. Die Teile sind schneller verschwunden als du dir vorstellen kannst.“
„Dann zieh dich doch hier um.“, schlug Tobias vor. Er ging zu einer Tür, die er bei seiner Erklärung übergangen hatte und öffnete diese.
Was sie sah ließ Tobias Konto bei ihr ins Minus stürzen. In diesem Raum stand eine Polsterliege.
„Wenn es spät wird schlafe ich manchmal hier.“
„Ich aber nicht.“, fauchte Laura und drehte sich um. Ihr erster Verdacht war richtig. Jetzt nichts wie raus hier.
Tobias griff sie am Arm. „Bitte Laura. Du verstehst das falsch.“
„Was gibt’s da zu verstehen? Du willst mit mir ins Bett. Aber vorher soll ich mich noch hübsch machen. Mit einfachen Mädchen macht es dir wohl keinen Spaß?“
Sie riss sich los. Tobias rannte zur Tür.
„Lass mich raus oder ich schreie um Hilfe.“
„Bitte Laura. Lass mich erklären.“
„Da gibt es nichts zu erklären.“, stieß Laura hervor.
„Doch.“ Tobias Stimme überschlug sich. „Ich wurde auch von diesen Räubern überfallen. Ich und meine Freundin.“
„Du lügst!“ Aus Lauras Augen schossen Blitze.
„Nein.“, antwortete Tobias. „Meine Freundin und ich arbeiteten damals in einem der Geschäfte ihres Vaters. Er ist Juwelier. Die Räuber fingen meine Freundin am Hintereingang ab. Sie schlugen mich zusammen und raubten das Geschäft aus. Mich ließen sie gefesselt zurück. Meine Freundin nahmen sie mit. Wie dich.“
Laura blieb misstrauisch. Diese Geschichte konnte Tobias auch erfunden haben. Die Fakten hatte Laura ihm selbst auf der Fahrt erzählt. Etwas anderes aber nicht.
„Wie ging es weiter?“
Tobias verstand nicht. „Was meinst du?“
„Die Geschichte ist doch noch nicht zu Ende.“
Tobias nickte. „Die Räuber fuhren mit meiner Freundin in den Wald. Sie musste sich ausziehen. Angeblich damit die Räuber einen Vorsprung hatten. Ihre Sachen versteckten sie an der Straße.“
Der Mann an der Tür schluckte. „Meine Freundin dachte es wäre vorbei, als diese Kerle plötzlich über sie herfielen.“ Tobias flüsterte nur noch. „Sie wurde vergewaltigt. Von beiden. Mehrmals.“
Er sah ihr in die Augen. „Wurdest du vergewaltigt?“
„Beinahe. Den einem war ich eigentlich zu fett. Dem anderen konnte ich als ich ihm einen blasen sollte reinlegen und flüchten.“
Tobias sackte sichtbar zusammen. „Ein Glück.“
„Hast du mich deshalb gesucht? Dachtest du ich verschweige der Polizei eine Vergewaltigung?“
„Ja.“, gestand Tobias. „Meine Freundin hat es getan. Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.“
„Möchtest du, dass ich mit deiner Freundin rede?“, schlug Laura vor. „Wir könnten auch zusammen zur Polizei. Vielleicht ist ihr etwas aufgefallen, dass ich übersehen habe.“
Tobias sank auf die Knie und vergrub sein Gesicht in den Händen. „Das geht nicht mehr.“, quetschte er hervor. „Sie ist Tod. Sie hat sich umgebracht.“
Tränen rannen durch Tobias Finger. Er hatte ihr helfen wollen. Jetzt waren die Rollen vertauscht. Laura hockte sich neben ihn. Vorsichtig legte sie ihre Hand auf Tobias Schulter.
„Es tut mir leid.“
„Nach dem Überfall hat sie sich von mir getrennt. Ein Jahr später war sie Tod. Schlaftabletten. Ich wusste nicht mal warum.“
Er sah auf.
„Zwei Tage nach ihrem Selbstmord kam ein Brief. Erst darin habe ich von den Vergewaltigungen erfahren. Ich bin dann umgezogen und hab mich in die Arbeit gestürzt.“
Tobias atmete durch.
„Es tut mir leid, dass ich mich so benehme. Ich dachte nach vier Jahren wäre ich darüber hinweg. Aber du hast es wieder nach oben gespült.“
„Mir tut es leid.“, widersprach Laura. „Du hast dir um mich Sorgen gemacht und ich dachte nur du willst mit mir ins Bett.“
Er griff Lauras Hand.
„Du bist ein nettes Mädchen Laura, aber ….“
„Aber zu dick.“, unterbrach ihn Laura. „Dabei mögen ältere Herren meine dicken Titten. Den Kerlen im Wald haben sie gefallen.“
„Ich bin aber kein älterer Herr.“, warf Tobias ein. „Außerdem wollte ich etwas anderes sagen. Du bist…“
„Zu jung. Ich weiß.“, unterbrach ihn Laura.
Sie stand auf.
„Ich muss jetzt gehen.“
„Warum?“ Tobias sah sie verwundert an. „Willst du den Job nicht mehr?“
„Den gibt es wirklich?“, wunderte sich Laura. „Nachdem ich weiß das du nicht mit mir ins Bett willst, hab ich vermutet der Job wäre ein Fake um mich im Auge zu behalten.“
„Das wollte ich auch.“, gestand Tobias. „Aber der Job ist kein Fake oder siehst du dort jemanden sitzen. Willst du ihn nun?“
„Was für Outfits hat meine Vorgängerin getragen?“
„Meistens Kostüme oder Kleider.“
„Oh Gott.“, stöhnte Laura. „Darin sehe ich bestimmt schrecklich aus.“
„Tut mir leid. Da musst du durch.“
„Kann man die Tür von diesem Zimmer abschließen?“
„Natürlich.“, bestätigte Tobias.
„Dann hast du deine Aushilfssekretärin.“
Tobias warf ihr den Autoschlüssel des Golfs zu.
„Am besten du nimmst den Wagen. Er gehört zum Büro. Du kannst ihn auch mit nach Hause nehmen.“
„Ich fahr lieber mit dem Bus. Du weißt ja warum.“
„Wie du willst.“ Er streckte ihr die Hand entgegen. „Hilf mir auf. Dann kann ich dir gleich die Kasse zeigen.“
Laura schloss die Bürotür auf. Sie war wie immer ein wenig zu früh. Vielleicht hätte sie doch Tobias Angebot den Golf mit nach Hause zu nehmen nutzen sollen. Dann hätte sie eine halbe Stunde länger schlafen können.
Seit knapp zwei Wochen arbeitete sie jetzt bei ihm. Jeder Morgen begann mit einem Gang in die Küche. Laura setzte den Kaffee an. Dann verschwand sie im Zimmer mit der Polsterliege. Sie wechselte Jeans, T-Shirt und Sneaker gegen Strumpfhose, Pumps und Business-Look. Heute bestand ihr Outfit aus einem dunkelgrauen Etuikleid und einer kurzen schwarzen Jacke. Der nächste Weg führte sie in die Toilette. Das Make-up auffrischen und das Haar richten. Im Bus trug sie immer einen Pferdeschwanz. Aber Tobias war der Meinung offen stand es ihr besser.
Inzwischen war auch der Kaffee fertig. Laura nahm sich eine Tasse., fuhr den Computer hoch und checkte die Termine. Heute Vormittag standen zwei an. Sobald Tobias die Tür öffnete, holte Laura für ihn eine zweite Tasse Kaffee und ging in sein Büro. Dort besprachen sie die Aufgaben des Tages.
Heute jedoch telefonierte Tobias als er das Büro betrat.
„Kein Problem, Friedrich. Bis um elf hast du die Unterlagen. Ich schicke dir jemanden. Du musst mir nur versprechen die Dame nicht zu behalten. Ohne sie bin ich erledigt.“
Tobias steckte das Handy ein.
„Morgen, Laura.“, rief er und verschwand im Büro.
Wenig später trat er mit einem Umschlag wieder heraus.
„Dieses Gutachten muss zu Dr. Friedrich Kellermann. Er ist Anwalt. Ein Gerichtstermin wurde vorverlegt. Die Adresse steht auf dem Umschlag.“
Laura warf einen Blick darauf. „Das sind zwei Stunden mit dem Auto. Kommst du mit den Terminen heute allein zurecht?“
„Muss ich wohl. Nimm meinen Wagen. Damit bis du schneller.“
Er trat zu Laura. „Trotzdem. Fahr vorsichtig und lass dich von Friedrich nicht abwerben. Er mag hübsche Frauen.“
„Dann bin ich ja vor ihm sicher.“
„Mach dich nicht schlechter als du bist.“, widersprach Tobias. „Du siehst fantastisch aus. So fantastisch das ich mit dem Gedanken spiele dich heute Abend zum Essen einzuladen.“
„Wieder zu deinem Italiener?“
„Nein. Diesmal richtig groß. Ein Promi-Koch schuldet mir noch einen Gefallen.“
Tobias Blick gefiel ihr überhaupt nicht. Laura hatte das Gefühl, er würde sie jeden Augenblick umarmen. Vor einer Woche hätte sie Tobias dafür eine Ohrfeige verpasst. Jetzt war sich Laura ihrer Reaktion nicht mehr so sicher. Sie wollte es auf keinen Fall darauf ankommen lassen. Schnell angelte sie sich den Umschlag und trat zurück.
„Ich glaub dafür bin ich zu jung, Tobias. Ich brauche deinen Autoschlüssel.“
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„Danke für Ihre Mühe, Frau Zinnbaum.“, sagte der Anwalt. „Es war nett Sie kennenzulernen. Tobias hat bei mir was gut.“
Er reichte Laura die Hand. Vor der Tür wartete bereits eine Mitarbeiterin die Laura hinausbegleitete. Alles war ganz einfach gewesen. Laura hatte den Porsche einfach auf einem der Parkplätze mit dem Schild „Reserviert für Kanzlei Kellermann & Kollegen“ geparkt. Selbst wenn es sich um einen Mitarbeiterparkplatz handelte, diesen Wagen ließ niemand abschleppen. Am Empfang hatte sie nur ihren Namen und Tobias Firma genannt, schon griff die Frau dort zum Telefon. Eine weitere Frau erschien und führte Laura in Dr. Kellermanns Büro.
Laura hatte einen älteren Herrn erwartet. Aber Dr. Kellermann musste nur ein wenig älter als Tobias sein. Außerdem sah er extrem gut aus und war äußerst liebenswürdig. Tobias hatte sie nicht umsonst gewarnt.
Auch wenn Laura genaugenommen nur eine Botin war behandelten sie der Rechtsanwalt und seine Mitarbeiter nicht wie eine Hilfskraft. Ganz anders als bei Frau Aschenbach. Dort wurde sie, wenn etwas nicht schnell genug ging durch den Laden gescheucht. Das lag nicht nur an ihrem Outfit. Beim Gang durch diese Kanzlei fühlte Laura, diese zwei Wochen hatten sie verändert. Tobias sah in ihr eine Partnerin, die ihm half seine Firma zu führen. Er redete ihr kaum rein. Eine Tatsache, die Laura erst jetzt bewusst wurde.
Eine schrille Stimme riss Laura aus ihren Gedanken. Hinter ihr, nur ein paar Schritte entfernt stand eine Politesse. Laura wollte bereits etwas erwidern als sie begriff, dass das Interesse der Frau nicht ihr und dem Porsche galt. Ihre Opfer waren zwei Männer mit einem Caddy. Sie hatten nicht beachtet, dass sie in einer Einfahrt parkten. Die Politesse wies mit wilden Bewegungen auf das Schild Feuerwehrzufahrt.
Einer der Männer versuchte zu erklären. Sie hätten sich nur kurz etwas aus dem Coffee-Shop geholt. Die Politesse gab keine Ruhe. Feuerwehrzufahrt sei Feuerwehrzufahrt. Jetzt platzte es aus dem zweiten Mann heraus. Sie sollte ihnen das Knöllchen geben und verschwinden. Die Politesse fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Laura erkannte sofort den Grund. Der zweite Mann spie den Buchstaben S förmlich aus.
Unwillkürlich drückte sie sich näher an den Wagen heran. Das waren die Räuber. Sie standen nur ein paar Meter entfernt. Laura verschwand im Wagen. Die Männer hatten sie nicht erkannt. Waren sie abgelenkt oder lag es an dem Porsche und ihrem Outfit?
Im Grunde egal. Durch Zufall war sie auf die Räuber gestoßen und diesmal würde sie die beiden nicht wieder entkommen lassen. Aber hier konnte sie nicht bleiben. Laura stieg in den Porsche. Sie rangierte den Wagen auf die Straße und gab Gas. Jedoch nur um an der nächsten Kreuzung wieder abzubiegen.
Mit Hilfe des Navi-Teils stand sie ein paar Minuten später mit laufenden Motor selber im Parkverbot auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Die Politesse war verschwunden. Die beiden Männer stiegen in ihren Caddy und fuhren los. Laura folgte ihnen.
Der Caddy fuhr zwei Autos vor ihr. Laura versuchte Abstand zu halten. Doch nicht so viel, das der Caddy entwischen konnte. Der Wagen bog in eine Einfahrt ein. Laura blieb nichts anderes übrig als vorbei zu fahren. Zum Glück fand sie nur wenige Meter weiter eine Parklücke. Natürlich nicht umsonst. Der Automat fraß eine halbe Hand voll Münzen. Laura war es gleich. Sie musste den Männern zu Fuß folgen.
Bei der Einfahrt handelte es sich um die Lieferantenzufahrt eines Geschäftshauses. Laura ging ein paar Schritte hinein. Die Zufahrt endete auf einem kleinen Hof. Dort stand zwischen einigen anderen Autos der Caddy. Die beiden Männer lehnten an der Wand. Jeder mit einem Pappbecher aus dem Coffee-Shop in der Hand. In ihrer Arbeitskleidung wirkten die beiden in dieser Umgebung vollkommen unauffällig.
Laura zog sich zurück. Sie glaubte nicht, dass die beiden Räuber jetzt zuschlugen. Sie spionierten vermutlich nur ihr nächstes Opfer aus. Laura ging zur nächsten Querstraße und sah sich das Gebäude von vorn an. Unten gab es Geschäfte. Einen Modeladen. Dieser grenzte an einen Friseur. Außerdem sah Laura ein Café.
Den Klingelschildern am Vordereingang nach befanden sich in den Stockwerken darüber Praxen und Büros. Nach sechs musste das Haus bis auf die Geschäfte im Untergeschoss wie ausgestorben sein. Ein Café, ein Modeladen und ein Friseur. Dort arbeiteten Frauen. Laura war sicher diese beiden Männer suchten hier neue Opfer.
Sie ging zurück zum Wagen und wartete. Es dauerte eine Weile bis der Caddy wieder auftauchte. Laura folgte ihm. Es ging aus der Stadt hinaus. Sie fuhren an dem riesigen Parkplatz eines Einkaufsmarktes vorbei. Der Caddy hielt vor einem tristen mehrstöckigen Gebäude. Apart-Hotel, las Laura über dem Eingang. Die beiden Männer verschwanden darin. Laura schaute sich um. Genau gegenüber entdeckte sie die verglaste Front des Hotels einer bekannten Kette.
Laura hatte eine Idee. Sie zückte ihr Smartphone. Zimmer gab es dort sicher, aber ohne Kreditkarte kam sie nicht weiter. Sie sah auf die Uhr. Tobias Termine mussten inzwischen vorbei sein. Sie brauchte seine Hilfe und er brauchte ihre. Nur zusammen hatten sie gegen diese Gangster eine Chance.
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„Ich hab ein Zimmer gebucht.“, erklärte Tobias.
„Nur ein Zimmer?“, antwortete Laura verwundert.
Tobias setzte sich sofort nach Lauras Anruf ins Auto. Der Golf parkte jetzt neben dem Porsche auf dem Parkplatz des Einkaufsmarktes.
„Es ist ein Doppelzimmer.“
„Ich hoffe mit zwei getrennten Betten.“
„Verdammt!“, fluchte Tobias. „Danach habe ich überhaupt nicht gefragt. Sie hatten nur noch eines das passte. Es musste nach vorn raus liegen. Außerdem brauchen wir es ein paar Tage.“ Er zog sein Smartphone heraus. „Ich buche gleich noch ein zweites. Das geht aber dann nach hinten raus.“
Laura hielt ihn zurück. Sie wollte sich nicht mit Tobias streiten.
„Ist schon ok. Auch wenn es ein Doppelbett ist, das kriegen wir schon irgendwie hin. Außerdem müssen wir so unauffällig wie möglich sein.“ Sie grinste. „Meinst du die nehmen dir eine so junge Freundin ab oder denken die im Hotel du bist ein Chef, der seine Auszubildende poppt?“
Tobias grinste zurück.
„In diesem Outfit siehst du aus wie eine taffe Geschäftsfrau und nicht wie eine Auszubildende.“
„Danke. Aber taffe Geschäftsfrauen haben auch Gepäck. Ich habe nicht mal eine Zahnbürste dabei.“
„Dein Koffer liegt hinten.“, beruhigte Tobias sie. „Ich hab einen von meinen genommen und alles reingepackt, was ich in deinem Umkleidezimmer gefunden habe. Die Outfits sollten für ein paar Tage reichen. Den Rest beschaffen wir hier.“
„Ich beschaffe ihn hier.“, verbesserte Laura. Ihre Lust mit Tobias Slips, Nachtwäsche oder Tampons zu kaufen ging gegen Null. Stattdessen stellte sie eine Gegenfrage. „Wie hast du dir das mit der Firma gedacht?“
„Das Telefon ist weitergeleitet. Die Auswärtstermine mach ich von hier aus. Eine Woche funktioniert das schon. Danach müssen wir weitersehen. Aber was ist mit dir? Wie willst du deiner Mutter erklären, dass du nicht nach Hause kommst.“
Laura winkte ab. „Ich schick ihr eine Nachricht, dass ich mit meinem Boss verreisen musste.“
Sie reichte Tobias den Schlüssel seines Sportwagens. „Ich muss einkaufen. Am besten du parkst hinter dem Hotel. Der Porsche ist viel zu auffällig. Ich nehme den Golf.“
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Laura spähte aus dem Fenster. Der Caddy stand vor dem Apart-Hotel. Keiner der beiden Männer hatte sich blicken lassen. Sie hatten das Zimmer bezogen. Natürlich stand ein Doppelbett darin. Zum Glück es war keines dieser schmalen Teile. Laura fuhr mit dem Golf in den Einkaufsmarkt. Sie brauchte eine Zahnbürste, Duschbad und einige andere Dinge. Außerdem Unterwäsche und einen Schlafanzug.
Vor dem Regal mit den Kondomen war sie stehen geblieben. Nach kurzen Zögern griff sie zu. Laura hatte nicht vor mit Tobias zu schlafen. Doch wenn etwas passierte wollte sie sich nicht auf ihn verlassen müssen. Laura war keine Jungfrau mehr. Doch an dieses deprimierende Ergebnis dachte sie nur ungern zurück. Ein Junge aus dem Jahrgang über ihr. Offiziell nannte sie ihn ihren Freund. Sie gaben sich Mühe. Doch Laura fühlte nichts. Danach wurde es auch nicht besser. Irgendwann trennten sie sich.
Ihr Handy klingelte. Es war Tobias. Nachdem Laura zurück war nahm er den Golf und fuhr zu diesem Geschäftshaus.
„Für diese Räuber ein perfektes Ziel. In den Geschäften arbeiten fast nur Frauen. Ich mache Fotos und komme danach zurück. Wir treffen uns im Restaurant. Such dir einen Tisch am Fenster.“
Laura nahm ihre Tasche und verließ das Zimmer. Im Restaurant fand sie ohne Probleme einen Tisch mit Blick auf den Parkplatz des gegenüberliegenden Gebäudes. Laura bestellte ein Glas Wein und wartete.
Eine halbe Stunde später wartete sie immer noch. Der Kellner hatte bereits zweimal nachgefragt, ob er die Karte bringen dürfte. Zweimal hatte Laura ihn mit dem Hinweis sie erwarte noch jemanden weggeschickt. Sie kam sich irgendwie vor wie sitzen gelassen.
Ein Mann in Tobias Alter betrat das Restaurant. Er sah sich kurz um und kam zu ihrem Tisch. Der Kellner wollte folgen. Ein Blick des Mannes nagelte ihn fest.
„Ich bin Robert. Waren wir nicht in der Lobby verabredet, Celina?“
Laura sah ihn verwundert an.
„Das ist ein Irrtum. Mein Name ist nicht Celina.“
„Entschuldigung. Ich dachte du wärst mein Date.“ In seiner Stimme lag ehrliche Enttäuschung.
„Tut mir leid, Robert. Ich bin Hotelgast und heiße Laura.“
„Wenn du Zeit hast, schicke ich Celina in die Wüste und wir beide sehen was der Abend bringt.“
Laura musste lachen. Dieser Robert schien es ernst zu meinen.
„Danke für das Angebot, aber ich bin verabredet.“
„Können wir nicht heimlich verschwinden?“
„Dafür ist es zu spät.“ Tobias Stimme. „Diese Dame wartet auf mich.“
Der Mann fuhr herum.
„Sie Glückspilz.“
„In der Lobby hat mich eine Celina angesprochen.“, wich Tobias aus. „Sie sucht ihr Date. Eine attraktive Dame. Sie sollten sie nicht warten lassen.“
Der Mann seufzte.
„Attraktiv und teuer. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.“
„Er hat mich mit einer Nutte verwechselt?“ Laura konnte es nicht fassen.
„Mit einem Escort-Girl.“, verbesserte Tobias.
Der Kellner steuerte ihren Tisch an und beendete die Debatte.
Glücklich endlich seine Menükarte losgeworden zu sein, nahm er Tobias Getränkebestellung auf. Laura bestellte sich ein zweites Glas Wein. Das konnte sie jetzt gebrauchen. Ob Nutte oder Escort-Girl. Am Ende lief doch alles auf eines heraus. Sex gegen Geld.
Der Kellner verschwand. Tobias schob achtlos die Karte zur Seite.
„Tut mir leid. Es hat etwas länger gedauert.“
Er reichte ihr sein Smartphone.
„Auf welchen Laden tippst du?“
Laura schob Bild für Bild weiter.
Im dem Café waren nur ein paar Tische besetzt. Eine Frau um die Vierzig stand lustlos hinter dem Tresen. Eine zweite, vielleicht ein paar Jahre älter als Laura in Jeans und einem T-Shirt mit dem Namen des Cafés lehnte davor.
Auf den Fotos von dem Modeladen entdeckte Laura nur eine Person. Eine hübsche Frau um die Dreißig. Tobias hatte sie aus mehreren Blickwinkeln fotografiert. Sie gefällt ihm, dachte Laura. Ihr gefielen die Sachen auf den Ständern. Teure Marken, von denen sie trotz des Jobs bei Tobias nur träumen konnte.
In dem Friseurgeschäft kommandierte eine Dame in den Fünfzigern mit blondierten Haaren und ausladender Figur zwei Angestellte. Beides junge Frauen mit ähnlicher Frisur, in schwarzen Leggings, Neontops und dunklen Lack-Pumps. Ein absolutes Horroroutfit. Diese Tops kamen Laura bekannt vor. Sie hatte sie schon einmal gesehen. Kaufen würde sie diese Teile aber nie. Darin käme sie sich wirklich vor wie eine Nutte.
„Sag schon.“, drängelte Tobias. „Wo ist am meisten zu holen?
Laura sah ihn verwundert an. Die Räuber sind doch nicht nur hinter dem Geld her?
„War sie hübsch?“
Tobias starrte sie an. „Wer? Meinst du diese Celina in der Lobby?“
„Nein. Deine Freundin. War sie hübsch?“
Tobias nahm ihr das Smartphone aus der Hand. Er suchte etwas.
„Hier.“
Die Frau auf den Bildern war nicht hübsch. Sie war bildschön. Modelfigur, lange blonde Haare und blaue Augen. Der Typ Frau, bei dem Männer den Verstand verloren. Tobias und sie mussten ein Traumpaar gewesen sein. Für Laura gab es keinen Zweifel. Das Ziel der Räuber war das Modegeschäft.
„Wie kommst du auf die Idee?“, wunderte sich Tobias. „In den anderen beiden Läden war mehr los. Also auch mehr zu holen.“
„Zu der Zeit als du dort warst vielleicht.“, widersprach Laura. „Bei Frau Aschenbach war abends auch nicht viel los. Außerdem suchen die beiden auch eine Frau. Ich war die dicke Göre, aber meine Titten fanden sie geil. Deine Freundin war bildhübsch. Diese Frau im Modegeschäft auch. Wenn diese Männer die Wahl haben werden sie diesen Laden überfallen.“
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Laura trat aus dem Bad. Sie trug ihren Schlafanzug. Er war eine Nummer zu groß. In dieser Situation sicher nicht verkehrt. Das Büro-Outfit hing auf einem Bügel über ihrem Arm. Tobias saß auf dem Bett. Er hatte die Zeit genutzt als Laura im Bad war sich umzuziehen. Der Anzug war einer Jeans gewichen. Hemd und Schlips einem T-Shirt. Seine Finger fuhren über ein Tablet.
„Morgen musst du dir dieses Geschäftshaus näher ansehen. Wir müssen alles darüber wissen. Eine der Büroeinheiten steht leer. Sie wird im Internet angeboten. Geh zu diesem Makler und schau was du herausfinden kannst.“
„Ich?“
„Wer sonst? Ich habe morgen früh noch Termine.“
Laura kamen Zweifel. Makler waren doch nur etwas für Leute mit Geld?
„Makler interessiert nur ihre Provision.“, wischte Tobias ihre Bedenken vom Tisch. „Du bist meine Mitarbeiterin. Ich will mich erweitern. Vereinbare eine Besichtigung. Der Makler soll ruhig Informationen einholen. Meine Firma hat einen erstklassigen Ruf.“
„Und du einen erstklassigen Ruf bei den Frauen.“, gab Laura zurück.
Tobias legte das Tablet zur Seite.
„Wie meinst du das?“
Laura drehte sich um und hängte das Kleid in den Schrank. Dieser Satz war ihr einfach herausgerutscht. Der verfluchte Wein. Das dritte Glas zum Essen hätte sie nicht mehr trinken sollen. Laura drehte sich um.
„Diese Celina hat dich bestimmt nicht umsonst angesprochen. Du siehst aus wie jemand der sich Damen in ihrer Preisklasse leisten kann. Hast du dir schon mal jemanden aufs Hotelzimmer bestellt?“
„Nein. Nur nach Hause.“ Die Antwort kam schnell und offen. „Ich bin ein Mann der Bedürfnisse hat.“
„Diese Frauen, die du bezahlt hast, waren sie hübsch.“
„Mir haben sie auf jeden Fall gefallen. Warum fragst du?“
„Kannst du dir das nicht denken. Dieser Robert hat mich mit einer verwechselt und eine Modelfigur habe ich nun mal nicht.“
„Jetzt reicht es. Ich habe dir heute Morgen gesagt du siehst fantastisch aus. Daran hat sich nichts geändert. Schau einfach mal in den Spiegel.“
„Du Lügner. Dieses Teil ist mir viel zu groß. Darin wirke ich noch dicker als ich sowieso schon bin.“
Tobias stand auf.
„Ich gehe jetzt ins Bad. Sonst mache ich noch etwas, das ich vielleicht bereue.“
„Was sollte das sein?“
„Dich zu umarmen. Danach garantiere ich für nichts mehr.“
Er verschwand im Bad. Laura kroch unter die Decke. Vielleicht war es gut, die Kondome gekauft zu haben.
„Das wäre die Büroeinheit, Frau Zinnbaum.“, erklärte der Makler.
Er hatte einen Plan auf einem der wenige noch im Raum befindlichen Möbel ausgebreitet.
Laura zeigte angemessenes Interesse. Ihre eigentliche Aufmerksamkeit galt jedoch dem Grundriss des Erdgeschosses.
Mit seiner Einschätzung lag Tobias richtig. Makler dachten nur an ihre Provision. Ohne Termin war Laura in das Büro dieses Herrn spaziert und erklärte sie sei beauftragt geeignete Räume für eine Zweigniederlassung zu finden. Dieser Mann fragte nicht einmal nach irgendwelchen Legitimationen. Die Visitenkarte und das geschäftsmäßige Outfit genügten ihm.
Tobias hatte wohlwollend genickt als Laura im dunkelgrauen Kostüm mit weißem Top aus dem Bad trat. Seit jenem Satz gestern Abend hielt er auffällig großen Abstand. Das galt auch für das Bett. Tobias rollte sich in seine Decke ein und drehte sich weg. Laura wusste nicht, ob er geschlafen hatte. Sie dämmerte irgendwann weg. Als sie aufwachte war Tobias bereits im Bad.
„Darf ich Ihnen die Aufteilung genauer erklären, Frau Zinnbaum?“
Dabei drängte sich der Makler an ihre Seite. Ein schmieriger Kerl. Auf der Treppe ließ er ihr den Vortritt. Laura fühlte seine Blicke auf ihrem Po. Bei dem Gespräch in seinem Büro scannte er ihren Busen und die Beine. Laura nahm es gelassen. So lange er damit beschäftigt war sie mit den Augen auszuziehen konnte sie ihre Fragen stellen.
Welche Sicherheitsvorkehrungen besaßen die Türen und Hintereingänge? Gab es einen Hausmeister? Wann war mit Laufkundschaft zu rechnen? Diese Frage zielte auf die möglichen Einnahmen der Geschäfte im Erdgeschoss. Der Makler beantwortete alles ohne einen Blick von ihr zu lassen.
Jetzt schob er sich heran. Es fehlte nicht viel und seine Hand hätte auf ihrem Po gelegen. Dabei redete der Mann unablässig. Er merkte gar nicht, dass Lauras Blicke auf einem anderen Bereich des Planes lagen.
Laura wand sich aus der Beinahe-Umarmung heraus.
„Der Hintereingang.“, sagte sie schnell.
Der Mann schaute sie irritiert an.
„Der Hintereingang.“, wiederholte Laura. „Wir haben Kunden, die sehr viel Wert auf Diskretion legen.“ Sie ließ dem Mann stehen und ging zur Tür.
„Natürlich.“, stotterte der Makler und hastete hinter ihr her.
Der Korridor im Erdgeschoss trennte den Friseursalon von dem Modegeschäft. Die Tür war unverschlossen. Laura setzte einen kritischen Blick auf.
„Keine Sprechanlage?“
„Nein.“, bestätigte der Mann. Die Lieferanten und die Mitarbeiter der Firmen müssen doch ins Haus.“ Er wies auf zwei größere massive Türen an den beiden Seiten des Korridors. „Die Gewerbeeinheiten sind separat abgeschlossen.“
Eine weitere Tür befand sich direkt neben dem Hintereingang. Auch sie war unverschlossen.
„Der Lagerraum des Hausmeisters.“, erklärte der Makler.
„Natürlich“, bestätigte Laura.
Sie reichte dem Mann die Hand.
„Danke. Wir melden uns bei Ihnen.“ Laura hatte eine Idee.
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Wie zufällig ging Laura an dem Gebäude vorbei. Im Modegeschäft entdeckte sie neben der Inhaberin eine weitere Frau. Der Körpersprache der beiden nach eine Kundin. Auch die beiden Angestellten im Friseurladen trugen wieder ihr Neon-Outfit.
Laura sah in das Café. Sie entdeckte Tobias. Vor ihm stand neben einem Espresso ein Glas Wasser. Auf ihm lagen die Augen der Inhaberin und ihrer Mitarbeiterin. Er sieht wirklich gut aus, dachte Laura. Bis vor ein paar Tagen hatte sie das nicht interessiert. Männer wie Tobias waren für sie einfach zu alt. Neben ihnen machte sie sich nur lächerlich.
Doch die Tatsache, dass eben jene Männer sie attraktiv fanden gab Laura zu denken. Spott und Bemerkungen über ihre Figur war sie gewöhnt. Komplimente nicht. Vielleicht sollte sie sich einfach einen reichen Typen suchen und bei ihrer Mutter ausziehen. Sie war 18. Was hinderte sie daran? Ihre Mutter jammerte sowieso ständig wegen der angeblich unnötigen Miete. Sie wollte zu ihrem Lover ziehen. Laura dachte nicht daran. Sie mochte den Kerl nicht.
Tobias hatte sie bemerkt. Er legte das Geld für seine Bestellung auf den Tisch und stand auf. Die Augen der beiden Frauen schossen Blitze auf Laura ab. Tobias Rücken hielt sie auf.
„Was hast du herausgefunden?“, fragte er.
„Eine ganze Menge.“, begann Laura.
Der umsatzstärkste Tag der Woche war Freitag. Also morgen. Dass sie die beiden Männer den ganzen Tag nicht in der Nähe dieses Geschäftshauses entdeckt hatte lies den Schluss zu, dass diese ihre Vorbereitungen beendet hatten.
Sie zog Tobias am Arm. „Komm mit. Ich habe eine Idee.“ Laura hatte einen Plan. Sowohl Tobias als auch sie wurden von den Räubern am Hintereingang überwältigt. Dafür mussten sich die Männer irgendwo in dessen Nähe verstecken. Diesmal führten die Hintertüren der Gewerberäume auf einen Flur. Es gab für die Männer nur eine Möglichkeit ungesehen in deren Nähe zu warten. Der Lagerraum des Hausmeisters.
Laura würde sich vor den Männern darin verstecken und diese beobachten. Tobias konnte dann, ohne von den Räubern gesehen zu werden vor dem Haus warten. Näherten sich die Räuber dem Eingang flüchtete Laura ins Treppenhaus und schickte Tobias eine Nachricht. Er konnte die Besitzerin des Ladens warnen und die Polizei alarmieren. Laura musste einfach nur den Raum abschließen und die Räuber saßen in der Falle. Dafür brauchte sie einen Schlüssel. Am einfachsten war es das Schloss zu tauschen.
Laura griff in ihre Handtasche. Ein Schloss kam zum Vorschein. „Ich war im Baumarkt. Einen Schraubenzieher hab ich auch. Was hältst du von meiner Idee?“, fragte Laura als sie in dem Lagerraum standen.
Tobias schaute sich um. „Hast du keine Angst, dass die Räuber dich überraschen? Durch die geschlossene Tür kannst du nichts sehen.“
„Dadurch schon.“ Laura wies auf ein Fenster. Es war quer eingebaut und schmal. Außerdem befand es sich ziemlich weit oben. Laura sah sich um. An der Wand gegenüber entdeckte sie ein paar Kartons. Sie waren recht schwer.
„Warte.“, erklärte Tobias und nahm ihr den Karton ab.
Eine Minute später stieg Laura auf zwei übereinander gestapelte Kartons. Von ihrer Position hatte sie den Platz vor dem Hintereingang gut im Blick.
„Perfekt.“, freute sich Laura.
Sie drehte sich um und streckte Tobias ihre Hände entgegen.
„Hilf mir runter.“
Tobias fing sie auf. Seine Hände glitten über ihren Körper. Laura fühlte sie an ihrer Taille. Urplötzlich zog er sie an sich. Laura war viel zu überrascht um sich zu wehren.
„Ich liebe dich.“, flüsterte Tobias kaum hörbar und vergrub seinen Kopf in ihrer Schulter.
Laura schluckte. Damit hatte sie nicht gerechnet. In ihrem Kopf tobten die Gefühle. Aber Laura brachte es nicht über das Herz Tobias loszulassen.
„Liebe ist ein großes Wort.“, sagte sie leise.
„Ich weiß.“
Ein ungutes Gefühl stieg in Laura auf.
„Als Ersatz für deine Freundin bin ich eine Fehlbesetzung.“
Der Mann in ihren Armen schüttelte den Kopf.
„Du bist kein Ersatz. Schon damals als ich dich auf der Straße aufgelesen habe, hat es klick gemacht. Ich habe es nur nicht gleich verstanden.“
„Hast du mich deswegen gesucht oder hast du dir wirklich Sorgen gemacht, dass ich eine Dummheit mache.“
„Ich habe mir Sorgen gemacht.“, gestand Tobias. „Ich wollte aber auch mit dir zusammen sein. Nur habe ich mir das damals noch nicht eingestanden.“
„Wie soll das mit uns beiden funktionieren? Ich bin 18 und du 31. Ich mache nächstes Jahr Abitur. Du bist ein erfolgreicher Geschäftsmann. Wäre ich ein Jahr älter und nicht mehr auf dem Gymnasium. Ok. Aber so?“
Tobias lockerte seine Umarmung. „Wärst du ein Jahr älter hätte ich dir schon vor zwei Wochen gesagt, dass ich dich liebe. Es ist kompliziert, aber gib uns eine Chance.“
Eine Chance? Was hieß das? Mit Tobias schlafen? Bei ihm einziehen? Ihrer Mutter sagen, dass sie endlich zu ihrem Lover ziehen konnte? Tobias war sicher nicht ihr Traummann. Aber auf ihn konnte man sich verlassen. Sonst hätte sie sich auf diese irre Idee die Räuber zu schnappen nie eingelassen.
„Gib mir etwas Zeit, Tobias.“, erwiderte Laura. „Lass uns diese Kerle schnappen, dann sehen wir weiter.“
„Du hast recht.“ Tobias zog sie wieder an sich. Seine Lippen wanderten ihren Hals herauf. Ein schönes Gefühl. Laura rang mit sich. „Wenn du willst darfst du mich auch küssen.“
Einen Augenblick später spürte sie Tobias Lippen.
Laura schloss die Augen. Sie war kurz davor sich fallen zu lassen. Aber noch war sie nicht bereit Tobias die Kontrolle zu überlassen. Laura schob den Kopf zur Seite.
„Wir müssen einkaufen gehen.“
Tobias sah sie verwundert an.
Laura lachte.
„In meinen Büroklamotten kann ich keine Gangster jagen. Aber vorher tauschen wir das Schloss.“
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Laura streifte durch die Reihen eines Textil-Discounters. Dieser befand sich in einer Mall am Stadtrand. Tobias hatte ihr, als sie in dem Laden verschwand einen verwunderten Blick nachgeworfen. Vermutlich dachte er sie suchte ein bequemes Freizeit-Outfit. Aber Lauras Ideen gingen in eine andere Richtung.
Diese Männer beobachteten, bevor sie ins Haus gingen mit Sicherheit eine Weile den Hintereingang. Laura durfte ihnen nicht auffallen. Aber diese Männer waren Profis. Sie musste aussehen als ob sie zu diesem Haus gehörte. Aus diesem Grund suchte sie etwas bestimmtes. Die Tops der beiden Friseurinnen. Genau dieser Discounter hatte diese Teile im Angebot. Aber besonders gut mussten sich die Teile nicht verkaufen. Auf dem Ständer, an dem sie hingen sah Laura ein großes Prozentzeichen. Auch die Preise waren überklebt. Nach kurzen Suchen nahm Laura ein Teil in ihrer Größe mit. Eine schwarze Leggings fand sie ein paar Regale weiter.
In der Kabine schlüpfte Laura aus ihren Sachen und zog diese Leggings über. Sie passte und saß gar nicht schlecht. Obwohl ihr Po darin riesig wirkte. In dem Top konnte Laura auf den BH verzichten. Die vorgeformten Cups gaben genug Halt. Laura stieg in ihre Schuhe. Der Spiegel in der Kabine war ihr zu klein. Neben der Kabinenreihe gab es einen größeren.
Laura drehte ihr Haar ein und trat ein Stück von dem Spiegel zurück. Beide Frisörinnen hatten ebenfalls dunkle Haare. Wenn sie schnell lief, den Kopf gesenkt hielt und eine Sonnenbrille trug musste es funktionieren.
Plötzlich sah sie im Rücken einen jungen Mann. Dessen Interesse galt eindeutig ihr. Sie fuhr herum. Der Mann streckte den Daumen hoch. „Krass. Aber geil.“
Der Mann war vielleicht zwei oder drei Jahre älter. Gut, dass Tobias draußen wartete. Ohne ihn fühlte sie sich in dieser Situation einfach sicherer.
„Ich finde das Teil schrecklich.“, erklärte Laura.
„Warum ziehst du es dann an?“, fragte der Mann.
„Weil ich dieses Outfit für die Arbeit brauche.“
„Wenn du mir sagst wo du arbeitest, komme ich vielleicht mal vorbei.“
Dem Blick nach meinte er es ernst. Zu Hause wäre Laura darauf eingegangen. Sie hätte sich sogar gefreut. Aber jetzt ging es nicht.
„Ich glaube, dann gibts Ärger mit meiner Chefin. Sie mag keine Männer.“
Das war eine Lüge. Aber irgendwie musste sie ihn loswerden.
„Dann nach der Arbeit. Auf einen Kaffee?“
Er zog sein Smartphone hervor. „Gibst du mir deine Nummer.“
„Lukas?“ Die Stimme ließ den Mann zusammenzucken. Zwischen den Ständern schob sich eine mit Tüten bepackte Frau durch. Sie trug knappe Hotpants, ein bauchfreies rosa-Top und Plateau-Pumps. Damit wäre Laura nie auf die Straße gegangen. Selbst in ihrem jetzigen Outfit fühlte sie sich dagegen beinahe seriös angezogen.
Die Hoffnung in Lukas Augen verschwand.
„Soll ich alles alleine schleppen.“, fauchte die Frau. Dann entdeckte sie Laura.
„Wer ist die Schlampe?“
Laura überhörte es.
„Niemand.“, sagte Lukas. Er nahm der Frau die Tüten ab und folgte ihr.
Irgendwie tat er Laura leid. Aber es war seine Entscheidung. Sie verschwand in der Kabine.
Draußen vor dem Laden wartete Tobias. Als er Laura sah eilte er auf sie zu.
„Hast du alles?“
„Fast alles. Wir müssen noch in einen Schuhladen.“
Auf der anderen Seite des Ganges entdeckte sie Lukas. Er trottete gleichgültig neben seiner Freundin her. Warum ließ er nicht einfach die Tüten fallen und ging? Was hielt ihn bei dieser Frau?
Lukas schaute in ihre Richtung. Aber in ihrem Büro-Outfit erkannte er sie nicht.
Tobias war ihr Blick nicht entgangen.
„Kennst du die beiden?“
Laura schüttelte den Kopf.
„Ich finde nur der Mann sieht traurig aus. Die beiden passen nicht zusammen.“
„Wie wir beide?“
„Nein.“, erklärte Laura. Sie hakte sich bei Tobias unter. „Unsere Chancen stehen besser.“
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Eine Klammer hielt Lauras Haar zusammen. Sie stammte wie die billige Sonnenbrille aus einem Drogeriemarkt. Tobias hatte keine Ahnung welches Outfit Laura zusammen gebastelt hatte. Er kannte nur die Lack-Pumps. Bei ihrem schon zur Gewohnheit gewordenen gemeinsamen Abendessen im Hotel versuchte er mehr zu erfahren. Laura hatte abgeblockt. Tobias sollte lieber den Parkplatz des Apart-Hotels gegenüber beobachten als ihr Fragen zu stellen.
Laura stieg in die Schuhe und trat aus dem Bad. Tobias sah von seinem Tablet auf. Er runzelte die Stirn.
„Du siehst toll aus. Aber wie kommst du in diesem Outfit unauffällig ins Haus?“
„Als eine der beiden Frisörinnen.“ Laura sah an sich herunter. „Trotzdem schade um das Geld. Die Teile kann ich danach höchstens zum Karneval tragen.“
Tobias sprang auf. Er legte seine Arme auf ihre Schultern.
„Das stimmt nicht. Sie stehen dir perfekt.“
„So perfekt, dass du mir ohne Probleme in den Ausschnitt starren kannst. Nein, danke. Inzwischen habe ich mich irgendwie an diese Business-Outfits gewöhnt. Darin fühle ich mich nur halb so dick. Jetzt dagegen habe ich das Gefühl die Sachen explodieren jede Sekunde.“
„Dann zieh sie doch aus.“ In Tobias Stimme schwang eine Hoffnung mit.
Laura drehte sich aus seinen Armen heraus. „Das ist eine gute Idee. Ich gehe duschen.“
Tobias schlang seine Arme um ihren Körper und zog sie wieder an sich.
„Darf ich mitkommen?“
„Ich glaube so weit sind wir noch nicht.“
„Ich verstehe.“ Bei diesem Unterton musste Laura unwillkürlich lachen.
„Was hast du?“
„Du klingst wie jemand aus einem uralten Aufklärungsfilm. Ich bin keine Jungfrau mehr und nehme die Pille. Außerdem liegt im Nachtschrank ein Päckchen Kondome. Es gibt nur einen Grund, aus dem wir keinen Sex haben. Ich will es noch nicht.“
Lauras Hände fuhren über Tobias Arme. „Außerdem solltest du nicht zu viel erwarten. Ich bin keines deiner Escort-Girls.“
„Dafür die Frau, die ich liebe.“, hauchte Tobias in ihr Ohr.
Laura drehte sich um. „Ich glaube du brauchst dringend eine kalte Dusche.“
Der Caddy fuhr ein paar Fahrzeuge vor ihnen. Tobias hatte keine Mühe mit dem Golf an ihm dranzubleiben. Der Caddy passierte das Geschäftshaus und bog in die Lieferantenzufahrt ein. Tobias hielt in einer Parklücke vor dem Haus. Laura zog sich das lange Shirt, das bis jetzt ihr Neontop verdeckte über den Kopf.
„Viel Glück.“, sagte Tobias.
„Danke.“, erwiderte Laura.
„Hast du dein Handy?“
Laura zog das Top etwas nach oben. Ihr Handy steckte im Bund der Leggings. „Willst du auch wissen wo der Schlüssel ist?“
Tobias lachte. „Das kann ich mir denken.“ Seine Finger näherten sich Lauras Busen.
Bevor er ihn erreichte war Laura aus der Tür. „Bis nachher.“
Sie überquerte die Straße. Tobias suchte sich einen Parkplatz vor dem Gebäude mit Blick auf den Laden. Laura umrundete das Haus. Der Caddy parkte auf der Lieferantenzufahrt. Ohne einen Blick auf ihn zu werfen verschwand Laura im Haus.
Der Raum sah aus wie sie ihn verlassen hatte. Die Kisten standen noch vor dem Fenster. Laura stieg darauf. Es war eine halbe Stunde bis zum Ladenschluss. Trotzdem ließ sie den Wagen nicht aus den Augen. Wenn alles klappte wäre sie morgen wieder zu Hause.
Eigentlich sollte sie zufrieden sein. Aber ein Gedanke ging ihr nicht aus dem Kopf. Tobias hatte mit ihr schlafen wollen. Aber Laura hatte ihm gezeigt, dass sie noch nicht zu weit war. Dabei wäre dieses Hotelzimmer der beste Ort dafür gewesen. Was blieb zu Hause? Ein Quickie im Büro? Darauf hatte Laura wirklich keine Lust.
Blieb seine Wohnung. Laura hatte keine Ahnung, wo er wohnte und wie seine Wohnung aussah. Sie musste an ihre Idee mit dem reichen Typen denken. Tobias war so ein Mann. Warum bin ich nicht ein Jahr älter, fluchte Laura innerlich. Als Auszubildende hätte sie eigenes Geld. Damit sah die Sache schon etwas anders aus. Vielleicht sollte sie studieren und nebenbei jobben? Sie hätte zwar weniger Geld, aber einer Studentin stellte, wenn sie aus einem Porsche stieg niemand dumme Fragen. Alles lag an diesem einem verflixten Jahr.
Laura zuckte zusammen. Die Tür des Caddys schlug zu. In ihren Gedanken hatte sie die beiden Männer beinahe vergessen. Diese gingen direkt zum Hintereingang. Bis zum Ladenschluss blieb eine Viertelstunde.
So leise es auf diesen Absätzen ging verließ Laura den Raum und stieg eine halbe Treppe nach oben. Sie zog ihr Smartphone aus dem Bund der Leggings und schickte die vorbereitete Nachricht. Die beiden Räuber betraten den Flur. Sie trugen dieselben dunklen Klamotten wie bei dem Überfall auf Frau Aschenbachs Boutique. Einer von ihnen hatte eine Tasche dabei.
Laura hörte ein Geräusch. Sie ging in die Knie. Die Hintertür des Ladens wurde geöffnet. Die Besitzerin trat heraus. Sie entdeckte die beiden Männer. Diese reagierten sofort. Die Frau hatte keine Chance. Einen Augenblick später zappelte sie in den Armen der Räuber. Einer hielt ihr den Mund zu während der andere ihr die Hände mit Klebeband zusammenzog. Tobias würde mitten in einen Überfall geraten.
Mit bebenden Fingern griff Laura ihr Smartphone. Es glitt ihr aus der Hand und rutschte die Treppe herunter. Lauras Blick traf einen der Räuber. Er griff in seine Jacke. Ein kleines Ding kam zum Vorschein. Nach einer kurzen Bewegung der Hand verwandelte es sich in einen Schlagstock.
Laura sah die Treppe hinauf. In den Büros war vermutlich niemand mehr. Eine Flucht nach oben brachte nichts. Sie musste hier raus. Trotz ihrer Absätze sprang sie die Treppe herunter. Die Männer ließen von der Besitzerin ab. Diese sank mit gefesselten Händen und verklebten Mund auf den Boden. Laura rannte zum Ausgang. In ihrem Rücken spürte sie die Männer. Eine Hand packte ihre Schulter. Laura drehte sich heraus. Plötzlich wurde es dunkel vor ihren Augen. Einer der Männer hatte zugeschlagen.
Ein Schmerz schoss durch Lauras Körper. Sie lag auf dem Boden des Korridors. Unfähig sich zu bewegen. Vor ihren Augen waberte ein weißer Nebel.
„Nein.“, schrie eine Stimme durch den Nebel. Kurz darauf ging sie in einem Stöhnen unter. Tobias.
Laura spürte einen Tritt in die Seite. Sie hatte keine Kraft um zu schreien. Ihre Arme wurden gepackt. Jemand zog sie über den Flur. Eine Tür schlug ins Schloss. Ihr Plan war vollkommen schief gelaufen.
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Lauras Kopf brummte. Etwas Klebriges rann über ihre Wange. Unwillkürlich wollte ihre Hand danach greifen. Es funktionierte nicht. Laura riss die Augen auf. Ihre Handgelenke wurden von braunem Paketband zusammengehalten. Dieses Zeug lag auch auf ihrem Mund.
Ein grauenvolles Stöhnen drang an Lauras Ohren. Sie suchte den Raum ab. Die Besitzerin hockte gefesselt auf dem Boden und heulte. Die Ursache des Stöhnens lag einige Schritte daneben. Die beiden Männer hieben mit Schlagstöcken auf Tobias ein. Der wand sich verzweifelt. Wehren konnte er sich nicht. Seine Hände waren auf den Rücken gefesselt. Den Mund bedeckte dieses braune Paketband.
Tränen stiegen in Lauras Augen. Sie wollte losschreien. In letzter Sekunde unterdrückte sie den Drang. Hatte Tobias die Polizei schon alarmiert? Würde Hilfe kommen? Wenn nicht waren sie alle verloren.
Die Besitzerin heulte auf.
„Halt die Klappe.“, fauchte einer der Männer. „Wenn dein Kerl sich rausgehalten hätte, müssten wir ihn nicht verprügeln.“
Laura glaubte sich verhört zu haben. Nach den vielen Jahren hatten die Räuber Tobias nicht wiedererkannt. Sie hielten ihn für den Freund der Besitzerin. Vom Alter her passten die beiden zusammen.
Die Besitzerin hatte etwas früher den Hintereingang geöffnet um den Müll hinauszubringen. Vielleicht erwartete sie jemanden. Möglicherweise ihren Freund? Obwohl dem Mann klar sein musste, dass er es mit zwei brutalen Tätern zu tun hatte versuchte er zu helfen. Jeder andere als ihr Freund wäre geflüchtet. Als die Besitzerin den Müll herausbrachte war der Laden noch nicht geschlossen. Das bedeutete, dass die Vordertür noch offen sein konnte.
Laura horchte auf. Tobias Stöhnen hatte aufgehört. Er war bewusstlos oder bereits tod. Im Grunde egal. Die Räuber würden ihn Sterben lassen, während sie die Besitzerin und Laura entführten und vergewaltigten. Sie machte sich keine Hoffnung. Zeugen für einen Mord ließen die Männer nicht zurück.
Einer der beiden Männer packte die Besitzerin. Er zog sie auf die Beine. Der Zweite räumte die Kasse aus. Das war Lauras Chance. Die Männer beachteten sie nicht. Laura zog alle Kraft zusammen und sprang auf. Mit den gefesselten Händen voran stürmte sie zur Tür. Der Räuber stieß die Besitzerin zur Seite und schnitt ihr den Weg ab. Seine breite Brust versperrte die Tür.
Laura blieb stehen. Das Gesicht des Mannes verzog sich zu einem Grinsen. Er hatte sie erkannt.
„Die kleine Göre mit den dicken Titten.“
Der Mann hob drohend den Schlagstock.
„Wie kommst du hierher?
Laura deutete in Richtung des Friseursalons. Die Männer durften nicht erfahren, dass Tobias und sie ein Team waren.
„Zurück.“ Dabei lag der Blick des Mannes auf ihrem Busen. Ihre rechte Brust hing nur noch knapp in den Cups des Tops. Der Schlüssel für den Hausmeisterraum konnte jeden Moment herausfallen. Laura drehte sich um. Ihre gefesselten Hände griffen nach dem Schlüssel und packten ihn.
Der Mann trat an sie heran. Er gab ihr einen Stoß in den Rücken.
„Los.“
Laura atmete ein und trat zu. Der Absatz ihrer Pumps traf genau den Fuß des Mannes. Der stöhnte und wollte zuschlagen. Laura drehte sich unter seinem Arm hindurch und stieß zu. Mitten in das Auge des Räubers. Der Mann schrie auf. Laura rannte los. Die elektrische Vordertür schob sich auseinander.
Laura torkelte auf die Straße. Eine dunkel gekleidete Gestalt fing sie auf. Neben ihr stürmten andere in das Geschäft.
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„Danke, Frau Zinnbaum.“, sagte die Beamtin. Laura nickte nur. Sie hatte genug geredet. Die Räuber waren verhaftet, ihre eigenen Verletzungen behandelt und Tobias lag im OP. Mehr konnte oder wollte ihr niemand sagen.
Die Polizistin stand auf und ging. Laura streckte sich aus. Ihre Füße schmerzten. Sie trug noch immer diese High-Heels.
„Die Polizistin meinte, dass ich Sie hier finde.“, sagte plötzlich eine Stimme neben ihr. Laura sah auf. Die Besitzerin des Ladens. Etwas abseits stand ein Mann.
„Ich habe gehört der Mann, der uns geholfen hat wird operiert?“
„So etwas habe ich auch gehört.“, antwortete Laura.
Die Frau setzte sich.
„Ich verstehe ihn nicht.“
„Wen verstehen Sie nicht?“
„Diesen Mann.“, erklärte die Besitzerin. „Warum hat er sich auf die Räuber gestürzt. Ich wäre weggelaufen und hätte die Polizei gerufen? Es ging doch nur um Geld?“
Weil er wusste, dass es nicht nur um Geld ging, sondern diese Gangster dich vergewaltigen wollten, dachte Laura. Die Polizei hatte der Frau nichts gesagt und sie würde es auch nicht tun.
„Das weiß ich auch nicht.“, sagte sie laut.
„Auf jeden Fall bin ich froh, dass nicht mein Mann plötzlich in der Tür stand. Ich hätte es nicht ertragen, wenn die Räuber auf ihn eingeschlagen hätten.“
Doch das hättest du, sagte Laura zu sich. Ich musste es auch.
„Ich wünsche Ihnen alles Gute.“, schloss die Besitzerin und stand auf. „Wir sehen uns bestimmt. Sie arbeiten ja nebenan.“
Laura sah den beiden nach. Diese Frau ahnte nicht wieviel Glück sie hatte. Möglich, dass sie es eines Tages erfuhr und dann zusammenbrach. Jetzt ging sie nach Hause. Laura hätte dies auch tun können. Aber wo war ihr zu Hause? Bei ihrer Mutter? Ganz bestimmt nicht. Dort wohnte sie nur. Seit sie für Tobias arbeitete fühlte sie sich eigentlich nur in seiner Gegenwart wohl. Es machte ihr Spaß mit ihm zusammen zu sein. Als die Männer auf ihn einschlugen, brach ihr fast das Herz. Für Laura stand fest, sie wollte mit Tobias zusammen sein. Wenn er morgen noch lebte, würde sie es ihm sagen. Dieses eine verflixte Jahr ging schon irgendwie vorbei.
Eine Schwester nährte sich. „Laura Zinnbaum?“
„Ja.“, bestätigte Laura.
Die Schwester wirkte erleichtert. „Gut das sie hier sind. Wir wussten nicht wie wir sie finden sollten.“
„Ich war die ganze Zeit hier.“
„Das haben wir von der Polizei auch erfahren. Der Oberarzt möchte Sie sprechen. Es geht um Herrn Bergner.“
Das Zimmer in das Laura geführt wurde, war steril und wenig einladend. Die Schwester ließ sie allein. Ein Mann im weißen Kittel bot ihr einen Stuhl an und musterte sie kritisch. Er war etwa im Alter ihrer Mutter, mittelgroß und trainiert. Das Haar ging bereits zurück. Den Rest durchzogen graue Strähnen. Laura schlug die Beine übereinander und warf ihm einen auffordernden Blick zu.
Der Arzt riss seine Augen von ihr los. „Mein Name ist Möller. Sie sind Laura Zinnbaum?“
„Die Polizei wird Ihnen das gerne bestätigen.“, gab Laura trocken zurück.
„Ich hatte jemand Älteren erwartet.“, erklärte der Arzt. „Wie alt sind Sie?“
Laura verstand nicht. „Was spielt das für eine Rolle?“
„In Ihrem Fall eine entscheidende.“
„Ich bin 18. Auch das wird Ihnen die Polizei bestätigen.“
Dr. Möller räusperte sich. „Es geht um Tobias Bergner.“, begann er. „Nachdem wir ihn stabilisiert hatten war er wach und ansprechbar. Wir haben Herrn Bergner gefragt, wen wir in seinem Fall verständigen sollen. Er nannte uns den Namen Laura Zinnbaum.“
Laura musste schlucken. Warum nannte Tobias in seiner Situation ihren Namen? Er hatte ihr zwar gesagt, dass er sie liebte. Doch Tobias war kein Dummkopf. Er wusste wie es um ihn stand. In dieser Situation fragte man nach jemanden der einen wirklich nahestand. Seinen Eltern, Geschwistern, einem echten Freund, aber nach niemanden den man nur einige Wochen kannte.
Die Augen des Arztes lagen wieder auf ihr. „Wir vermuteten es wäre der Name seiner Lebensgefährtin oder einer Verwandten…“
Laura konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Und nicht von einer Frau, die aussieht als würde sie ihr Geld am Straßenrand verdienen.“
„Ein Urteil darüber steht mir nicht zu.“, fuhr Dr. Möller ungerührt fort. „In den persönlichen Sachen von Herrn Bergner fanden wir keinen Hinweis auf Sie. Aus diesem Grund wandten wir uns an die Polizei.“
„Jetzt bin ich hier.“, erwiderte Laura ernst. „Ich bin nicht seine Freundin, wenn Sie das denken. Eigentlich arbeite ich nur für Ihn. Das ist alles ein wenig kompliziert. Aber ich mag Tobias wirklich. Wie geht es ihm?“
Ein Lächeln zog über das Gesicht des Arztes. „Er wird wieder. Es kann eine Weile dauern und er wird Hilfe brauchen. Wenn er aufwacht sollten Sie bei ihm sein.“
Laura lächelte zurück. „Kein Problem. Aber so kann ich nicht bleiben. Ich muss mich umziehen.“ Sie schaute an sich herunter. „Ich habe keinen Cent dabei. Können Sie es irgendwie organisieren das mich jemand zum Hotel fährt. Sonst muss ich mir die Fahrt wirklich noch am Straßenrand verdienen.“
Der Mann ihr gegenüber lachte laut auf. „Das kann ich nicht zulassen.“ Dr. Möller zog einen Schlüssel aus der Tasche. „Ich gebe Ihnen meinen Wagen. Er steht unten im Parkdeck. Ein Porsche. Sie kommen damit klar?“
Laura nahm den Schlüssel. „Ich denke schon.“
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Vorsichtig schob Laura die Tür des Zimmers auf und klopfte. Sie sah den Rücken eines Mannes. „Entschuldigung?“
Der Mann drehte sich um. Es war Dr. Möller. Er warf einen schnellen Blick hinüber. „Lassen Sie sich im Stationszimmer einen Termin geben.“, sagte er und wandte sich ab.
Laura trat ein. „Ich wollte Ihnen nur den Autoschlüssel zurückbringen und mich bedanken.“
Der Arzt lachte. „Tut mir leid, Frau Zinnbaum. In diesem Outfit habe ich Sie für eine Pharmavertreterin gehalten. Es steht Ihnen besser als Neontop und Leggins.“
Laura reichte ihm die Wagenschlüssel. Innerlich musste sie Lächeln. Kleider machten Leute. Vor knapp zwei Stunden fragte er sie zweifelnd nach ihrem Alter. Jetzt stufte er sie auf den ersten Blick als Vertreterin ein. Dabei bezweifelte Laura ernsthaft, dass Pharmavertreterinnen in diesem Outfit ihre Kunden besuchten. Im Hotel hatte sich Laura nur schnell geduscht und umgezogen. Dabei versuchte sie aus den Outfits die Tobias eingepackt hatte das Beste zu machen. Im Kostüm oder Businesskleid wollte sie nicht an seinem Bett sitzen. Herausgekommen waren dunkle Röhrenjeans, ein helles Top und ein Blazer. Lauras Füße steckten in gewöhnlichen dunklen Büro-Pumps. Nach den Badeschlappen, die sie in dem Supermarkt erworben hatte ihre derzeit bequemsten Schuhe.
Der Blick des Arztes lag immer noch auf ihr. „Meine Tochter ist etwa in ihrem Alter. Wenn ich sie nur dazu bringen könnte sich so anzuziehen hätte ich eine Sorge weniger.“
„Wenn die Ferien vorbei sind bleiben diese Sachen im Schrank.“, konterte Laura. „Ich mache mich doch nicht lächerlich.“
„Du gehst.“ Dr. Möller unterbrach sich.“ Ich meine Sie gehen noch zur Schule?“
„Sie können ruhig du sagen. Und ja. Der Job bei Tobias ist nur ein Ferienjob. Dass er so endet hätte ich nie erwartet. Kann ich jetzt zu ihm?“
„Natürlich. Ich bringe dich hin. Er ist schon wach. Aber noch schwach.“
Tobias Augen leuchteten als Laura das Zimmer betrat. Dr. Möller ließ sie allein. Laura nahm seine Hand.
„Was ist mit den Kerlen?“
„Sie sind verhaftet.“, beruhigte ihn Laura. „Dem Typ, der mich damals vergewaltigen wollte habe ich vorher ein Auge ausgestochen.“
Über Tobias Gesicht zog ein Lächeln. „Wie hast du das geschafft?“
Laura erzählte. „Nachdem sie dich bewusstlos geschlagen hatten, waren die mehr mit der Besitzerin als mit mir beschäftigt. Ich konnte sie überraschen.“
Tobias hörte zu. Als sie fertig war zog er ihre Hand näher an sich heran.
„Als die mich verprügelt haben, war es wie damals. Aber jetzt habe ich nur an dich gedacht.“
„Ich bin sicher, damals hast du auch an deine Freundin gedacht.“
Ein entscheidendes Kopfschütteln war die Antwort.
„Nein. Damals wusste ich nicht was diese Männer wirklich planten. Heute schon. Mich hätten sie totgeprügelt. Dann wäre es vorbei gewesen. Aber du hättest mit dem was sie dir antun leben müssen.“
„Warum wolltest du, das ich verständigt werde.“, fragte Laura. „Warum zum Beispiel nicht dein Freund Friedrich Kellermann. Dr. Möller war ganz schön verwirrt als er mich sah.“
„Das kann ich mir vorstellen.“, bestätigte Tobias. „Aber anderen Menschen hätte ich einfach zu viel erklären müssen. Außerdem habe ich dir gesagt, was ich für dich fühle.“
„Das hast du.“, stimmte Laura ihm zu. „Diese Räuber sind verhaftet. Ich schulde dir eine Antwort, doch ich weiß sie selbst nicht.“
„Vielleicht habe ich die Antwort.“, erwiderte Tobias. „Zieh bei mir ein.“
Laura schrak zusammen.
„Ich soll bei dir einziehen?“
Tobias nickte.
„Dr. Möller sagt es dauert eine Weile bis ich wieder fit bin. Ich brauche Hilfe. In meinem Haus ist Platz genug.“
„Als Krankenpflegerin tauge ich nicht viel.“, widersprach Laura.
Tobias winkte ab.
„Die bezahlt die Versicherung. Ich meine als meine Assistentin. Ich muss die Firma weiterführen und so lange ich im Bett liege oder an Krücken humple brauche ich Hilfe.“
„Ab übernächste Woche hast du eine neue Angestellte.“, gab Laura zu bedenken.
„Die kümmert sich um das Büro. Ich muss aber von zu Hause arbeiten.“ Tobias Stimme zitterte. „Ich brauche jemanden der das koordiniert. Du bist die beste Aushilfe, die ich je gehabt habe.
Er rang nach Luft. Die Geräte begannen verrückt zu spielen.
„Wir machen einen neuen Vertrag. Ganz offiziell.“
Tobias sank auf das Bett zurück. Eine Schwester stürzte herein.
Tobias hob abwehrend die Hände. „Es ist nichts. Mir geht es gut.“
„Ich hole Dr. Möller.“, entschied die Schwester.
„Was hälts du von meinem Angebot?“, fragte Tobias bereits wieder ruhiger.
„Es klingt gut.“, gab Laura zu. „Ich muss aber auch an meinen Abschluss denken. Wie soll ich das auf die Reihe kriegen?“
„Du hast doch bis jetzt auch gejobbt?“
„Ja, Samstag oder am Abend.“, bestätigte Laura.
„Mehr will ich auch nicht. Überlegst du es dir?“
Laura seufzte. „Ja. Ich denke darüber nach. Morgen checke ich aus dem Hotel aus. Das ist viel zu teuer. Solange du hier liegst ziehe ich in irgendein billiges Motel oder eine Jugendherberge. Außerdem muss ich mich mal bei meiner Mutter blicken lassen und du brauchst bestimmt ein paar Sachen.“
Dr. Möller trat ein. Laura verstand sofort.
„Ich warte draußen.“
Laura suchte sich einen Platz auf dem Korridor. Es dauerte eine Weile bis der Arzt wieder das Zimmer verließ. Er kam auf Laura zu.
„Herr Bergner schläft jetzt.“
„Ich habe ihn aufgeregt.“, entschuldigte sich Laura.
„Ich bin kein Psychologe, aber ich denke er hat Angst dich zu verlieren.“
„Ich frage mich nur warum er so auf mich fixiert ist.“, erwiderte Laura.
„Niemand weiß, wo die Liebe hinfällt. Du magst ihn. Gib ihm eine Chance.
„Das würde ich sofort.“, gab Laura zu. „Aber bleiben Sie realistisch. Ich bin 13 Jahre jünger.“
„Alter ist relativ.“, wiedersprach Dr. Möller. „Ich bin 45. Es wäre das normalste der Welt, wenn ich eine 32-jährige Partnerin hätte.“
„Was würden Sie sagen, wenn ihre Tochter plötzlich mit einem Freund, der über 30 wäre vor der Tür steht.“, konterte Laura.
„Ich würde den Burschen durchleuchten und herausfinden, ob er es ehrlich meint.“, antwortete der Arzt. „Meine Tochter ist zu gut für jemanden, der sich nur mit einer jungen Frau austoben will. Ist es so ein Mann würde ich es ihr sagen. Entscheiden muss sie selbst.“
Er sah Laura fest in die Augen.
„Ist Herr Bergner so ein Mann?“
Laura schüttelte den Kopf.
„Tobias Freundin hat vor ein paar Jahren nach einer Vergewaltigung Selbstmord begangen. Seitdem hatte er keine Beziehung.“
„Das tut mir leid.“, Dr. Möller klang ehrlich berührt. „Wie habt ihr euch kennen gelernt.“
„Das ist eine lange Geschichte. Fragen Sie ihn am besten selbst.“
Sie wechselte das Thema. „Ich muss für Tobias bestimmt ein paar Sachen besorgen?“
„Das klärst du am besten mit der Schwester.“, erwiderte Dr. Möller. „Aber da du davon sprichst. Unsere Verwaltung möchte wissen, wer für die Kosten aufkommt. Wo ist Herr Bergner versichert?“
„Das weiß ich nicht.“, gestand Laura. „Er ist selbständig, also vermute ich mal privat. Ich kümmere mich darum.“
Die Stimme aus dem Navi-Gerät wies Laura an abzubiegen. Die schmale Straße kam ihr merkwürdig vor. Aber die Adresse stammte aus Tobias Ausweis. Laura hatte die Sachen zusammengepackt und dafür gesorgt, dass die Hotelrechnung von Tobias Kreditkarte abgebucht wurde. Auch um den Golf hatte sie sich gekümmert. Der parkte die nächsten Tage auf einem der Parkplätze von Dr. Kellermann. Laura hatte versprochen ihn dort abzuholen. Dr. Kellermann wusste auch, dass Tobias im Krankenhaus lag. Offiziell wegen eines Unfalls. Sie traute dem Anwalt aber zu die Wahrheit selbst herauszufinden.
Der Wald lichtete sich. Laura bremste. Vor ihr stand eine Villa. Recht groß. Zwei Etagen und Dachgeschoss. Davor wimmelte es von Baufahrzeugen. Sie hielt an und stieg aus. Wem gehörte diese Villa? Wohnte Tobias wirklich auf dieser Baustelle? Laura nahm ihre Handtasche und überquerte den Vorplatz.
Die Blicke der Bauarbeiter folgten ihr. Einige davon kaum älter als sie. Vor vier Wochen hätten sie ihr vielleicht noch nachgerufen und Bemerkungen gemacht. Heute schauten sie nur noch hinter ihr her. Vielleicht galt ihr Interesse auch mehr dem Auto oder sie fragten sich wie jemand wie Laura zu einem Porsche kam.
Laura hatte absichtlich ein konservatives dunkelblaues Kostüm und schwarze Pumps gewählt. Vervollständigt wurde ihr Outfit durch eine weiße Bluse, eine hautfarbene Strumpfhose und eine Handtasche in die mehr als das Handy und der Ausweis passten. Die Klinik hatte ein Problem mit der Abrechnung. Laura musste die Unterlagen finden und mit der Versicherung telefonieren. Vielleicht musste sie die Agentur die Tobias betreute persönlich aufsuchen. Ein Grund mehr für ein seriöses Outfit.
„Vorsicht junge Frau. Sie können hier nicht einfach so herumlaufen.“
Ein älterer Herr in Arbeitskleidung und Weste eilte die Treppe herunter. Er trug einen Helm mit dem Zeichen einer Baufirma.
Laura blieb stehen.
„Entschuldigung. Ich komme von Herrn Bergner.“
Der Mann reichte ihr die Hand.
„Watzke. Ich bin der Polier. Sie kommen also vom Chef?“
Chef? Besaß Tobias auch noch eine Baufirma oder war es sein Haus.
„Wir haben versucht den Chef zu erreichen.“, fuhr Herr Watzke fort.
„Herr Bergner hatte einen Unfall. Er liegt im Krankenhaus.“
Die Mine des Poliers verdüsterte sich.
„Die Ärzte sagen er ist über den Berg.“, beruhigte ihn Laura. „Gibt es Probleme?“
Herr Watzke musterte sie kritisch.
„Das kommt ganz darauf an wer Sie sind.“
Laura reichte ihm eine Visitenkarte.
„Mein Name ist Laura Zinnbaum. Ich bin Herrn Bergners Assistentin.“
Der Polier zog sie am Arm. Vor dem Haus drückte er ihr einen Helm auf den Kopf.
„Dann komm mal mit Mädchen.“
Herr Watzke führte sie in das Haus. Überall wurde gearbeitet. Auch wenn Tobias sagte, er hätte genug Platz. Dieses Haus war für eine Person viel zu groß. Sie betraten einen Raum. Auf einem Tisch lagen Pläne. Daneben standen zwei Herren in Anzügen und diskutierten.
„Die junge Frau kommt vom Chef.“, stellte er Laura vor. „Das sind die beiden Makler, die die Wohnungen unters Volk bringen.“
„Laura Zinnbaum.“, sagte sie offen zu den beiden Männern und reichte ihnen die Hand. Ihre feindseligen Blicke ignorierte sie.
„Herr Bergner war bis jetzt der Meinung das Projekt läuft ohne Probleme.“, stellte Laura einfach in den Raum.
„Tut es auch.“, warf der Polier ein.
„Leider nicht.“, gab der ältere der beiden Makler zurück. „Vielleicht überzeugen Sie sich selbst.“
Laura trat an den Plan. Der Makler erklärte.
„Diese beiden Wohneinheiten sind entschieden zu groß. Wir empfehlen sie in jeweils zwei kleinere zu unterteilen. Single-Wohnungen liegen im Trend.“
Sein Partner setzte hinzu.
„Große Wohnungen sind für die meisten Singles kaum erschwinglich. Nicht jeder verfügt über ein Einkommen wie Sie, Frau Zinnbaum.“
Dabei lächelte er Laura an. Es war ein falsches Lächeln. Sie ahnte den Grund. Die beiden Makler dachten an ihre Provision. Zwei kleinere Wohnungen brachten mehr als eine große.
„Gibt es bereits Interessenten für die Single-Wohnungen.“, fragte sie.
„Sobald die Wohnungen auf dem Markt sind werden wir von Anfragen überschwemmt.“, antwortete der Lächler.
Laura erwiderte das Lächeln nicht. „Was ist mit den großen Wohnungen?“
„Ich hab gehört die sind so gut wie verkauft.“, sagte der Polier in ihrem Rücken.
„Diesen Interessenten bieten wir andere Objekte an.“, antwortete einer der Makler schnell.
Laura sah sich um. Auch wenn Tobias einen Porsche fuhr. Er war sicher kein Millionär und bezahlte dies bestimmt nicht allein. Es gab eine Bank und die wollte Zinsen. Das Jammern ihrer Mutter über die Dispo-Zinsen konnte Laura eigentlich nicht mehr hören. Dabei gab es für dieses Problem eine einfache Lösung. Sie musste sich nur von ihrem Lover trennen. Der Kerl nahm sie aus. Allein kämen ihre Mutter und sie gut zurecht.
„Diese Änderungen sind ein Risiko. Sie gefährden die Finanzierung.“ Laura hoffte, dass die beiden Männer nicht näher darauf eingingen. Sie hatte keine Ahnung, wie dieser Bau bezahlt wurde.
„Die Umbauten sind eine Chance.“, widersprach der ältere Makler.
„Ich glaube kaum, dass Herr Bergner an schreienden Kindern in seinem Park interessiert ist.“, fügte der Lächler hinzu. Er klang sehr sicher.
Zu sicher, fand Laura. Die beiden schätzten Tobias vollkommen falsch ein. Über dreißig, alleinstehend, attraktiv, mit Sportwagen und einem vermutlich gut gefüllten Bankkonto. Der perfekte Single. Ein Mann der jede Frau ins Bett kriegen konnte. Stattdessen gestand er einer 18-jährigen, dass er sie liebte. Ohne diesen Überfall vor fünf Jahren wäre Tobias verheiratet und hätte sicher auch Kinder. Er war garantiert niemand der etwas gegen Kinder hatte.
„Ich werde den Umbau mit Herrn Bergner besprechen.“, erklärte Laura.
Sie nickte den Maklern kurz zu und wandte sich an den Polier. „Sie arbeiten weiter wie geplant, Herr Watzke. Würden Sie mich zu Herrn Bergners Wohnung begleiten?“
Zu ihrem Erstaunen führte Herr Watzke Laura in den Park.
„Der Chef wohnt im Gartenhaus. Du hast doch einen Schlüssel?“
Laura tippte auf ihre Handtasche.
„Tobi ist ein guter Junge. Die beiden wollten ihn ausnutzen.“
„Ich weiß.“, bestätigte Laura. „Kennen Sie ihn schon lange?“
„Ich habe schon mit seinem Vater zusammen gearbeitet. Ich meine vor dem Unfall.“
„Vor dem Unfall?“
„Tobis Eltern sind Tod. Seit fast zehn Jahren. Der Junge musste lernen früh allein klar zu kommen.“
„Das wusste ich nicht.“
Der Polier blieb stehen. „Du bist doch die Neue aus dem Büro? Tobi sagte er hätte eine erfahrene Kraft. In meinem Alter kann man sich ja irren, aber du siehst sehr jung aus.“
„Ich bin 18 und auch nur die Aushilfe.“, gestand Laura.
Herr Watzke lachte. „Dafür hast du es den beiden da drin aber gezeigt.“
Er klopfte ihr anerkennend auf die Schulter. „Das muss ich meiner Enkelin Anna erzählen. Sie ist 17 und geht aufs Gymnasium.“
Oh Gott. Doch nicht Anna Watzke, dachte Laura.
„Bitte nicht.“, bat sie. „Ich glaub Anna ist ein Jahrgang unter mir. Ich möchte nicht, dass die ganze Schule erfährt was ich in den Ferien mache.“
„Wie du willst.“, antwortet der Polier. „Ich hoffe nur das Tobis neue Assistentin auch so clever ist. Die beiden geldgierigen Typen hast du auf jeden Fall auflaufen lassen.“
Das Gartenhaus bestand aus einem großen Raum mit offener Küche. Von diesem gingen mehrere Türen ab.
„Kommst du zu recht, Mädchen?“
Laura nickte. Als erstes brauchte sie die Versicherungsunterlagen. Sie fand sie in dem Schreibtisch am Fenster.
Dann machte sie sich auf die Suche nach den Dingen die Tobias brauchte. Hinter einer der Türen verbarg sich das Schlafzimmer. Die zweite führte ins Bad. Hinter der letzten befand sich nur ein leeres Zimmer. Nicht groß, aber mit einem Ausgang zum Garten. Meinte Tobias dieses Zimmer mit genug Platz? Wenn sie hier einzog, lebte sie wirklich mit Tobias zusammen. Erstaunlicherweise störte sie das plötzlich wenig.
Laura packte die Sachen in eine Tasche. Die Versicherung konnte sie aus dem Auto anrufen. Vor ihr lag ein Weg den sie nicht gerne machte. Sie musste nach Hause. Wenn sie Glück hatte war ihre Mutter nicht da.
Auf dem Hof traf sie Herrn Watzke.
„Alles gefunden, Mädchen?“
„Ja.“ Laura kam eine Idee. „Ich muss heute noch zurück ins Krankenhaus.“ Laura nannte den Ort. „Haben Sie vielleicht jemanden, der mich nachher begleiten könnte und den Porsche zurückbringt. Es kann aber spät werden.“
Der Polier drehte sich um.
„Wer von euch hat Lust, Jungs?“
Wie auf Kommando hoben drei junge Männer den Arm.
„Ok, Jonas. Du fährst mit.“
Der Ausgewählte winkte ihr zu.
„Super.“, freute sich Laura und winkte zurück. „Ich hole dich nachher ab.“
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Laura parkte den Porsche direkt vor der Haustür. Es war egal, wo der Wagen stand. Er würde auf jeden Fall auffallen. Das galt auch für sie und ihr Outfit. Für Heimlichkeiten war keine Zeit. Das Gespräch mit der Versicherung war kurz. Natürlich würden die Kosten übernommen. Für Laura eine Sorge weniger.
Die Wohnungstür war nicht verschlossen. Ihre Mutter war zu Hause. Das ließ sich nicht ändern. Vielleicht war es auch gut. Laura wollte reinen Tisch machen.
Ihre Mutter kniete im Wohnzimmer vor der Schrankwand und machte sauber.
„Hi, Ma.“
Ihre Mutter fuhr herum.
„Wo warst du verdammt?“
„Mit meinem Chef auf Geschäftsreise. Das habe ich dir geschrieben.“
„Du kannst nicht einfach verschwinden. Ich hätte dich hier gebraucht.“
„Warum? Hast du deinen Lover vor die Tür gesetzt?“
„Nein. Wir ziehen zu ihm.“
Ihre Mutter wischte keinen Staub. Sie packte.
„Du ziehst zu ihm. Ich nicht.“ Laura hatte gehofft diesen Satz nie sagen zu müssen. Jetzt kam er ihr erstaunlich leicht über die Lippen.
Ihre Mutter rang die Hände.
„Laura, wir können uns diese Wohnung nicht mehr leisten.“
Der Anblick ihrer Mutter trieb Laura einen Kloß in den Hals. Sie schluckte und sank auf die Knie.
„Wir können uns alles leisten was wir wollen, Ma. Der Supermarkt zahlt gut. Ich jobbe neben der Schule. Der Kerl nimmt dich aus. Schick ihn in die Wüste. Wir beide schaffen das.“
Ihre Mutter stand auf.
„Wie siehst du überhaupt aus? Was sind das für Sachen?“
„Die sind für den Job. Ich arbeite für einen Gutachter. Dort kann ich nicht in Jeans im Büro sitzen.“
„Schläfst du mit ihm?“
„Nein.“
„Lüg mich nicht an.“ Der drohende Unterton gefiel Laura überhaupt nicht.
„Ich lüge dich nicht an, Ma. Bitte trenne dich von diesem Kerl. Irgendwie kriegen wir das hin.“
„Ich bin deine Mutter. Wo ich hingehe gehst auch du hin.“
„Nein.“ Laura stand auf. „Ich gehe jetzt. Meine Sachen hole ich später. Aber bestimmt nicht allein.“
Ihre Mutter lachte.
„Du glaubst du bist erwachsen.“
„Auf jeden Fall erwachsen genug damit mir dein Lover auf den Po und die Titten starrt. Ich will nicht das er irgendwann besoffen an meinem Bett steht. Männer, mit denen ich Sex haben will suche ich mir selbst aus.“
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„Halte bitte dort neben dem Golf.“, bat Laura.
Nach der Begegnung mit ihrer Mutter war sie viel zu erregt um fahren zu können. Laura drückte Jonas einfach die Schlüssel in die Hand.
Die zwei Stunden Autofahrt taten ihr gut. Jonas war ein sicherer Fahrer. Er versuchte nicht anzugeben oder sie anzubaggern. Trotzdem unterhielten sie sich sehr nett.
„Warum nimmst du den Golf?“, fragte er beim Anblick des Wagens. „Der hier ist doch viel schicker.“
„Er ist zu protzig und passt nicht zu mir.“
„Wieso?“, fragte Jonas. „Eine Frau wie du braucht ein richtiges Auto.“
Laura musste schmunzeln. „Der Porsche. Dieses Outfit. Das bin alles nicht ich. In zwei Wochen sitze ich wieder über Mathematik und Englisch.“
Jonas widersprach. „Das sehe ich anders. Der Watzke ist ein harter Hund. Der lässt nichts durchgehen. Aber du hast Eindruck auf ihn gemacht.“
Er legte den Arm auf das Lenkrad und drehte sich zu Laura.
„Jemanden wie dich habe ich noch nie kennengelernt. Du bist clever, klug und siehst auch noch gut aus.“
Laura wich instinktiv etwas zurück.
„Die meisten halten mich für zu dick und meine Lehrer sagen ich bin faul. Außerdem glaub ich kaum, dass deine Freundin gut findet was du gerade sagst.“
Jonas lachte.
„Ich grabe dich nicht an. Das war nur ein Kompliment oder wie man das nennt. Dein Freund hat echt Glück dich zu haben.“
„Wenn es ihn gäbe. Ich bin solo.“
Jonas runzelte die Stirn.
„Das Gefühl hatte ich nicht. Gewöhnlich kann ich mich darauf verlassen. Aber wenn du es sagst.“
Laura öffnete die Tür.
„Danke für deine Mühe und denkst du daran, dass ich demnächst vielleicht ein paar starke Jungs brauche.“
„Klar doch.“, verabschiedete sich Jonas.“
Der Porsche fuhr davon.
Laura ging zu dem Golf. Jonas lag mit seinem Gefühl richtig. Sie hatte eine Entscheidung getroffen. Seitdem fühlte sie sich besser.
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Auf dem Krankenhauskorridor traf Laura Dr. Möller.
„Ich habe mit der Versicherung gesprochen. Sie übernehmen die Kosten.“
Der Arzt nickte.
„Ich weiß. Ich hab auch mit Herrn Bergner geredet und kenne jetzt eure Geschichte.“
Er nahm Laura zur Seite und führte sie in eine Nische.
„Es tut mir Leid was dir passiert ist. Wenn das meiner Tochter passiert wäre hätte ich nicht gewusst was ich getan hätte.“
„Doch das hätten Sie.“, widersprach Laura. „Ich wette Sie sind ein prima Vater und würden sich um ihre Tochter kümmern.“
„Haben das deine Eltern nicht?“, fragte Dr. Möller
„Mein Vater ist mehr oder weniger verschwunden und meine Mutter ist so dumm sich von ihren Lover ausnehmen zu lassen.“, erklärte Laura. „Aber ich hatte Tobias.“
„Er ist aber nicht dein Vater?“, gab der Arzt zu bedenken.
„Nein nur ein Freund. Wenn ich ehrlich bin der Beste den ich je hatte.“
„Ich bin sicher, er liebt dich. Gibst du ihm eine Chance?“
Laura nickte.
„Wie Sie gesagt haben. Wo die Liebe hinfällt. Ich habe noch nie jemanden wirklich geliebt, aber bei Tobias hab ich das Gefühl da ist mehr. Ich will herausfinden was.“
Dr. Möller fasste sie am Arm und schob sie in Richtung Gang.
„Dann gehst du am besten zu ihm. Er wartet.“
Tobias strahlte als sie das Zimmer betrat. Er musterte ihr Outfit.
„Ist was passiert?“
Laura setzte sich auf das Bett.
„Nein. Ich dachte nur ich muss zu deiner Krankenversicherung. Da wollte ich nicht aussehen als ob ich Stundenweise abrechne.“
Sie lachte. „Ich wette, gestern hab ich dir besser gefallen. Aber ich kam mir doppelt so dick vor.“
„Du siehst in allem perfekt aus.“
„Du Lügner.“, erwiderte Laura. „Aber es war ganz gut, dass ich dieses Outfit anhatte. Ich bin über dein Bauprojekt gestolpert.“
„Ich weiß. Herr Watzke hat angerufen. Meine Assistentin hätte das Problem mit den beiden Maklern geklärt.“
Er schaute sie fragend an. „War das eine Entscheidung? Nimmst du mein Angebot an?“
„Ich bin da reingestolpert und jetzt muss ich durch.“, antwortete Laura.
Sie griff Tobias Hand. „Aber in dem Gartenhaus wird es ganz schön eng für uns zwei.
„Das ist nur vorübergehend. Das Dachgeschoss der Villa wird ausgebaut. Du kannst das Gartenhaus für dich allein haben.“
Er zwinkerte Laura zu.
„Ich muss dir aber Miete berechnen. Schließlich bist du meine Angestellte. Um den Vertrag kümmert sich mein Steuerberater.“
Laura schob sich näher an Tobias heran. „Was ist, wenn diese Angestellte dein Gartenhaus nicht braucht, sondern bei ihrem Freund wohnen will.“
„Ich wusste gar nicht, dass meine Angestellte einen Freund hat.“
„Sie ist gerade dabei es ihm zu sagen.“
Tobias zog sich hoch und legte seine Arme um sie. Laura ließ sich fallen. Diesmal wollte sie es wirklich.
E N D E
Cover: Canva, Pixabay
Tag der Veröffentlichung: 06.11.2018
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