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„Hallo Lena.“ Erschrocken drehte sich das Mädchen um. Hinter ihr stand Tim, einer der Monteure die hier in der Firma ihres Vaters arbeiteten. „Darf ich mal?“, fragte er. Lena trat zur Seite. In letzter Sekunde angelte sie sich den Kaffeebecher aus dem Ausgabefach des Automaten. Sie war tatsächlich etwas in Gedanken gewesen. Tim wählte ein Programm und drückte die Taste. Der Kaffee war umsonst. Früher gab es in jedem Büro eine Kaffeemaschine. Aber dagegen hatte der Arbeitsschutz etwas. Kabelsalat in einer Elektroinstallationsfirma? Das ging gar nicht. Also ließ ihr Vater einfach diesen Automaten aufstellen.

 

Es zischte. Tim sah herüber. „Wann kommt der Chef zurück?“ wollte er wissen. Damit war Lenas Vater gemeint. „Am Montag.“ Ihr Vater und ihre Stiefmutter waren in der Karibik. Lena hätte mitfliegen können. Doch sie wollte nicht. Lena kam mit ihrer Stiefmutter nicht besonders gut aus. Zum anderen wollte sie nicht, dass ihr Vater permanent von ihrer Zukunft redete. Sie sollte Studieren. Lena wusste aber noch nicht einmal was. Deshalb arbeitete sie erstmal in der Firma ihres Vaters. Es war ein Kompromiss mit dem alle Leben konnten.

 

Ein Klicken zeigte das der Kaffee fertig war. Tim nahm den Becher. Aus der Tür der Toilette trat ein weiterer Mann. Etwas älter als Tim. Er hieß Kevin und warf einen verwunderten Blick herüber. „Man sieht sich, Lena.“, verabschiedete sich Tim. Das Mädchen schaute ihm nach. Tim war nett. Lena fand er sah auch gut aus. Blondes Haar. Blaue Augen. Diese Latzhose stand ihm. Sie machte einen knackigen Po und betonte die Schultern. Kevin dagegen sah darin mit seinem massigen, beinahe wie ein Rechteck wirkenden Körper aus wie ein Schläger. Seine Augen blickten böse. „Was hast du da zu quatschen?“, raunte er. „Nichts. Ich wollte nur freundlich sein.“, verteidigte sich Tim. „Lena ist immerhin die Tochter vom Chef. Außerdem ist sie ganz niedlich.“

 

„Die ist doch nicht niedlich.“, stellte Kevin klar. Das Lena ihn hören konnte störte ihn nicht. Das Mädchen schluckte die Bemerkung. Es war nicht die erste, die sie hörte. Normalerweise war sie einfach nur die dicke Tochter vom Chef. Doch auch „Fette Kuh“ war keine Seltenheit. Lena wusste selbst um die Probleme ihrer Figur. Zu ändern war daran nichts. Sie kam eben nach ihrer Mutter. Recht klein, kräftige Schenkel und einen runden Po. Dazu kam eine üppige Oberweite. Das lange braune Haar trug sie meist offenen. Keiner der Monteure sah ihr auf dem Hof nach. Ganz im Gegensatz zu Sandra, ihrer Stiefmutter. Wenn diese in ihrem Cabrio vorfuhr stoppten die Männer automatisch ihre Arbeit. In der Regel wurden ihre Erwartungen auch nicht enttäuscht. Lenas Stiefmutter besaß eine Modelfigur, bevorzugte kurze Röcke und enge Oberteile. Das sie doppelt so alt war interessierte diese Kerle wenig.

 

Mit dem Kaffee in der Hand betrat Lena wieder das Büro des Einkaufs. Sie teilte es mit einer anderen Mitarbeiterin. Julia. Mit 24 nur ein paar Jahre älter als Lena selbst. Auch wenn die Firma ihrem Vater gehörte, Lena war nur eine Aushilfe und so wurde sie von Julia auch behandelt. Das ärgerte sie. Lena war praktisch in der Firma aufgewachsen. Sie wusste was zu tun war und wie man es am besten erledigte. Julia dagegen war nur eine arrogante Zicke, die wusste das die verdammt gut aussah.

 

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Endlich Feierabend. Lena fuhr den Client herunter. Julia war schon längst gegangen. Eigentlich kam Lena erst wirklich zum Arbeiten, wenn diese arrogante Zicke Feierabend gemacht hatte. Das Mädchen verließ das Büro. Unten vor dem Lager stand noch ein Transporter. Tim schob gerade einen Hubwagen über den Hof. Lena wechselte die Richtung. Tim blieb stehen. „Du bist noch da?“, fragte er verwundert. Lena nickte. „Julia nervt. Solange sie im Büro ist komm ich nicht zum Arbeiten.“ Tim lachte. „Sie spielt Chefin?“ „Aber wie.“, bestätigte Lena. „Was machst du noch hier?“ „Material zusammensuchen. Für Morgen.“ Lena sah in die Kiste. Darin lagen einige Kartons, die sie sehr gut kannte. Es war eine Lieferung die sie extra für einen Kunden bestellt hatte. Nur arbeitete Tim gar nicht an diesem Auftrag.

 

„Wieso packst du den Wagen für andere. Hast du nichts zu tun?“, fragte Lena verwundert. Tim zuckte sichtlich zusammen. „Da hab ich wohl die falsche Kiste genommen.“, antwortete er schnell und zerrte den Hubwagen in Richtung Lager. Lena folgte ihm. Tim wurde immer nervöser. „Ich bin gleich zurück.“, sagte er und drückte einen Knopf. Das Rolltor sauste herunter. Lena sprang zurück. Irgendwie benahm sich Tim merkwürdig. Lena sah durch das Fenster der Durchgangstür. Tim war zwischen den Regalen verschwunden. Lena reichte es. Sie konnte ins Lager, wann es ihr passte. Schließlich gehörte die Firma ihrem Vater. Entschlossenen öffnete sie die Tür.

 

„Tim?“ „Warte am Tor, Lena. Du hast keine Sicherheitsschuhe an. Das ist gefährlich.“ Lena blieb stehen. Tim hatte Recht. Aber irgendwas war merkwürdig. Waren da nicht noch andere Stimmen? „Tim. Ist da noch wer?“ „Bleib am Tor, Lena. Bitte.“ „Tim. Ich komme jetzt.“ Diesmal blieb eine Antwort aus. Lediglich ein unterdrücktes Stöhnen drang in den Mittelgang. „Tim. Ist etwas passiert?“ Ohne Vorwarnung torkelte Tim hinter dem Regal hervor. Er landete auf seinen Knien. Entsetzte Augen sahen sie an. Lena schaute nicht minder entsetzt. Tims Hände waren mit Kabelbindern auf den Rücken gefesselt. Über seinem Mund lagen breite Bahnen Paketband. Erschrocken wich Lena zurück.

 

„Nicht so schnell, Kleine.“, hörte sie plötzlich eine Stimme. Lena fuhr herum. Vor ihr stand ein Mann. Groß. Breite Schultern. Er hatte sein Basecap tief ins Gesicht gezogen. In seiner Hand lag ein Cuttermesser. „Wer sind Sie? Was wollen Sie?“, stieß Lena hervor. In ihrer Stimme lag Angst. „Erstmal hältst du deine Klappe.“, sagte jemand. Wieder fuhr das Mädchen herum. Ein zweiter Mann hatte Tim am Kragen gepackt und hielt ihm ein Messer an die Kehle. Auch er trug ein Basecap. Der Mann war etwas kleiner als der erste. Jedoch keinesfalls schmaler in den Schultern.

 

Lena hob abwehrend die Hände. „Bitte tun Sie ihm nichts. Ich mache alles was sie verlangen.“ „Eine vernünftige Entscheidung.“, sagte der Mann hinter ihr. „Dein Handy. Die Autoschlüssel.“, forderte er. Lena griff in ihre Jackentasche und legte beides vorsichtig auf den Boden. Der Mann steckte sie ein. Lena fühlte wie ihre Hände gepackt und auf den Rücken gezogen wurden. Kabelbinder ratschten um ihre Handgelenke. Sie verbiss sich den Schmerz. Umsonst. Der Mann setzte das Klebeband an und führte es mehrmals um ihren Kopf. Dann gab er Lena einen Stoß. „Zum Wagen.“ Das Mädchen gehorchte. Hinter ihr wurde Tim in Richtung des Transporters gestoßen.

 

Wenige Minuten später lagen sie mit gefesselten Füßen im Laderaum des Transporters. Lena sah zu Tim hinüber. Der hatte den Kopf auf dem Boden gelegt und die Augen geschlossen. In was waren sie bloß hineingeraten?

 

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Der Transporter stoppte. Ein Karton machte sich selbstständig und landete auf Lenas Rücken. Die Ecke bohrte sich in die Haut. Die Männer hatten den Transporter bevor sie wegfuhren vollgepackt. Für Lena stand fest. Diese Männer waren Diebe. Nur was hatte Tim damit zu tun? Die Tür wurde aufgerissen. Jemand packte Lena an den Füßen und zog sie über die Ladefläche. Es war der größere der beiden Räuber. Bevor sie sich orientieren konnte stülpte er ihr etwas über den Kopf. Dann warf er sich Lenas Körper einfach über die Schulter.

 

Es ging eine kleine Treppe hinauf. Eine Tür wurde geöffnet. Dann ging es wieder nach unten. Die Reise endete auf einem kalten Fliesenboden. Schritte entfernten sich. Lena war allein. Nach einer gefühlten Ewigkeit näherten sich wieder Schritte. Es waren mehrere. Dazwischen ein Stöhnen. Das klang nach Tim. Das Stöhnen landete neben Lena auf dem Boden. Das Etwas über ihrem Kopf wurde heruntergezogen. Lena erkannte auf den ersten Blick wo sie sich befand. Der Heizungskeller im Haus ihrer Eltern. Neben ihr, mit einem Sack über dem Kopf lag Tim.

 

Die Kabelbinder wurden durchgeschnitten. Erleichtert ließ Lena die Hände sinken. Die Männer rissen das Tape von ihrem Mund. Lenas Gesicht brannte wie Feuer. Einer der Männer sagte etwas. Die Worte gingen an Lena vorbei. Ein Tritt in die Seite holte sie zurück. „Ausziehen!“ Lena starrte die Männer an. Sie hatten sie doch nicht nach Hause verschleppt um sie hier zu vergewaltigen? Das hätten sie auch gleich in der Firma machen können. Der Kleinere setzte das Messer an Tims Hals. „Ausziehen und keinen Laut. Verstanden!“ Lena schob sich auf die Knie und zog ihre Jacke aus. Das Top folgte. Die Schuhe zerrte sie sich einfach von den Füßen.

 

Die Jeans ausziehen ging nicht im Sitzen. Dafür war das Teil zu eng. Sie musste aufstehen. Das machte die Situation nicht besser. Während sie aus der Hose stieg hatte Lena das Gefühl wirklich einen Striptease zu machen. Das Grinsen der Männer war Beweis genug. Lena warf die Jeans zu den anderen Sachen. Falls die Männer mehr wollten sollten sie etwas sagen. „Die Unterwäsche auch.“ Lena tat nichts. Dafür wollte sie etwas von den Männern. Nicht für sich. Für Tim. „Machen Sie ihn los.“ Der größere Mann trat an sie heran. Er grinste. „Wir sind ja keine Unmenschen. Du sollst auch was zu sehen bekommen.“

 

Sein Partner zückte das Messer. Tims Fesseln fielen. Der Mann zerrte ihn auf die Beine und riss ihm den Sack vom Kopf. Entsetzte Augen starrten Lena an. „Ausziehen!“ Langsam begriff Tim, dass er damit gemeint war und zog sich aus. In Shorts blieb er stehen. „Ok und jetzt den Rest. Ihr Beide.“ Tim schüttelte den Kopf. Die Faust des Mannes traf ihn in den Magen. Er sackte zusammen. „Worauf wartest du?“, fragte der Mann neben Lena. Lena griff an den Verschluss ihres BHs. Während sie ihre Unterwäsche auszog, zerrte der kleinere Entführer Tim die Shorts herunter. Er räumte die Sachen zusammen und drückte sie Lena in den Arm. „Wir machen jetzt zusammen einen kleinen Rundgang durch das Haus.“

 

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Lena erhielt einen Stoß. „Rein da.“ Die Männer hatten das Haus durchsucht. Besser gesagt Lena musste ihnen zeigen wo ihre Eltern die Wertgegenstände aufbewahrten. Tims und ihre Sachen lagen jetzt oben im Wohnzimmer. Nackt mit den Männern durch das Haus zu laufen hatte Lena weniger ausgemacht als erwartet. Sie hatte diesen Fakt einfach ausgeblendet. Die beiden Männer waren Räuber. Sie wollten nichts von ihr. Dass sie sich ausziehen musste sollt einfach verhindern das sie floh. Allein hätte sie vielleicht sogar versucht zu flüchten. Aber die Männer hatten ihr klargemacht, dass Tim für jeden versuch bezahlen musste. Sie würden ihm zusammenschlagen.

 

Die Tür schlug zu. Das Licht im Heizungskeller erlosch. Lena setzte sich und lehnte den Kopf an die Wand. Tim hatte sich in eine Ecke verkrochen und den Kopf in den Armen vergraben. Jetzt spürte Lena wie er zur ihr rutschte. „Es tut mir leid. Ich wollte das nicht.“ Trotz der Dunkelheit drehte sie sich zu Tim. „Was hast du mit diesen Männern zu tun?“ „Sie haben mich gezwungen.“, begann Tim. Lena hörte zu. Tims Mutter hatte Schulden und sich mit den falschen Leuten eingelassen. Als sie nicht zahlen konnte, machten diese Leute ihr einen Vorschlag. Sie wollten bestimmte Teile aus dem Lager der Firma.

 

„Ich sollte ihnen diese Teile heraussuchen. Dann wollten sie mir eins Überziehen und mich gefesselt zurücklassen. Es hätte ausgesehen wie ein Überfall.“ Tim rückte näher heran. „Ich wusste nicht, dass du noch in der Firma bist. Warum denkst du, dass ich wollte, dass du nicht ins Lager kommst. Ich mag dich wirklich, Lena. Ich wollte nicht das dir was passiert.“ Lena lachte bitter. „Was soll mir den noch passieren. Da gibt es nicht mehr viele Möglichkeiten. Mir fallen eigentlich nur zwei ein. Die Männer könnten mich vergewaltigen und uns beide umbringen.“ „Wenn sie noch im Haus sind.“ „Was?“. Lena verstand nicht.

 

Tim erklärte. „Gibt es dort oben noch was zu holen?“ „Nein. Ich hab denen alles gezeigt.“ „Warum sollten sie dann noch im Haus sein?“ Tims Worte klangen logisch. Nur was nützte es ihnen. „Wir sitzen bis Sonntagabend hier fest. Das sind noch vier Tage.“, brachte Lena ihr neues Problem auf den Punkt. „Das voll im Dunkeln. Das Licht geht nur von außen an.“ „Sitzen wir nicht.“ Tims Stimme klang entschieden. Er war aufgestanden und suchte etwas. „Ich hab vorhin mal in die Schränke gesehen. Darin ist alles was wir brauchen.“ Ein Lichtkegel flammte auf. Er huschte durch den Raum und blieb auf Lena hängen. Sie zog ihre Knie an die Brust. „Lass den Unsinn. Die Batterien halten nicht ewig.“

 

Der Kegel der Taschenlampe wanderte auf den Schrank. „Müssen sie auch nicht. Hier drin ist Werkzeug und ich bin schließlich Handwerker.“ Lena stand auf. Der Strahl der Taschenlampe wanderte auf sie. „Auch wenn wir beide nackt sind musst du mich nicht unbedingt anleuchten.“ Der Kegel verschwand. Lena streckte ihre Hand aus. „Wenn du uns hier rausbringst und meinem Vater erzählst warum du die Firma bestehlen wolltest, sorge ich dafür, dass du nicht gefeuert wirst. Einverstanden?“ Tim schlug ein. „Einverstanden.“ Er richtete die Taschenlampe auf das ehemalige Kellerfenster. Dort ragte nur noch ein Rohr für die Luftzufuhr der Heizung in den Raum. „Ich denke wir versuchen es dort. Wenn wir das Türschloss ausbauen und die Räuber sind noch im Haus haben wir ein Problem.“

 

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„Das war die letzte.“ Tim ließ den Schraubenzieher sinken. Er kniete auf einem halbhohen Werkzeugschrank. Dieses Teil hatten sie gemeinsam an diese Stelle geschoben. Wahrscheinlich hätte es Tim auch alleine geschafft. Nur kam sich Lena irgendwie überflüssig vor. Deshalb griff sie einfach mit zu. Danach bestand ihre Aufgabe Tim zu leuchten. Dabei machte sie genau das, worüber sie sich bei ihm beschwert hatte. Sie leuchtete auf seinen Körper. Das ließ sich zwar nicht umgehen, aber Tim schien dies nicht zu stören.

 

Seinen Po hatte sie ja bereits in der Latzhose bewundert. Auch die breiten Schultern waren Lena nicht entgangen. Doch Tims Körper war muskulöser als erwartet. Unter dem grellen Licht der Taschenlampe zeichnete sich jede Bewegung überdeutlich ab. Auch jetzt da er die Abdeckung herunternahm waren seine angespannten Muskeln ein netter Anblick. Mit der Abdeckung in der Hand ließ er sich von dem Werkzeugschrank herunter gleiten. Er legte das Teil ab und ging in die Knie. „Leuchte mal in den Schacht.“, wies er Lena an. Sie ging in die Knie und leuchtete. Draußen musste es bereits dunkel sein. Doch statt eines Nachthimmels traf der Schein nur eine weitere Abdeckung.

 

Tim hatte damit gerechnet. „Die müssen wir noch abschrauben. In den Schacht passe ich aber nicht rein.“ Er warf ihr ein Lächeln zu. „Ich glaub das musst du machen.“ „Ich hab keine Ahnung was ich da tun soll.“ Lena meinte das ehrlich. Sie hatte noch nie einen Schraubenschlüssel in der Hand gehabt und diese Schrauben erschienen ihr irgendwie riesig. Tim sah das locker. „Ich erklär es dir. Du musst erst mal dort rein.“ Lena atmete durch. Sie hatte keine Wahl. Falls die Räuber noch im Haus waren, konnten sie jeden Augenblick in der Tür stehen. Erstaunlicherweise hatte sie während sie Tim leuchtete überhaupt nicht mehr an die Männer gedacht. Tim wusste was zu tun war. Während sie mit den Räubern durch das Haus ging arbeitete er an ihrer Befreiung. Jetzt war es ihr Job diese Abdeckung abzuschrauben.

 

Lena stieg auf den Schrank und schob den Oberkörper in den Schacht. Tim leuchtete. Ein Schatten zeichnete sich an der Wand des Schachtes ab. Die Größe ließ Lena erschrecken. Das war der Schatten ihres Po’s. „Es ist besser du leuchtest von der Seite, Tim. So kann ich nichts sehen.“ Damit lag zwar ihr Busen voll im Lichtkegel, doch das war Lena tausendmal lieber als Tim ihren Po entgegenzustrecken. Sie quetschte ihren Oberkörper hinein und zog die Beine an. Tim reichte ihr einen Schraubenschlüssel. „Setze ihn gerade an und dann langsam drehen. Den Bohrschrauber können wir nicht benutzen. Er ist zu laut. Du schaffst das schon.“

 

Ich muss es schaffen, dachte Lena. Es war ihre einzige Chance zu fliehen. Sie setzte den Schraubenschlüssel an.

 

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Die Schrauben zu lösen war einfacher als Lena es erwartete. „Gut so.“ lobte Tim und nahm ihr die Muttern ab. „Versuch, ob du die Abdeckung hochdrücken kannst.“, bat er nach dem die letzte Schraube gelöst war. Lena stemmte ihre Hände mit aller Kraft gegen das Metall. Vergeblich. Sie hatte einfach nicht genug Kraft um es anzuheben. Tim legte die Lampe ab und stieg von dem Schrank. „Lass es mich versuchen.“ Lena schob ihre Beine aus dem Schacht und stieß sich ab. „Vorsicht.“ Tim breitete seine Arme aus. Er fing sie auf. Seine Arme umfassten Lenas Oberkörper. Ihr Busen glitt über seine Brust. Es störte sie nicht. Im Gegenteil. Es war ein tolles Gefühl in Tims Armen zu liegen.

 

Lena spürte seinen Atem über ihrer Schulter. Die Taschenlampe auf dem Werkzeugschrank warf das Licht an die Wand. Tims Gesicht lag im Dunkeln. Tim ließ sie nicht los. Er tat gar nichts. Er stand einfach da und hielt sie fest. „Am liebsten würde ich dich jetzt küssen.“, hörte Lena seine Stimme. „Warum tust du es nicht einfach?“ Diese Antwort kam ganz spontan. Was rede ich da für einen Unsinn, fluchte Lena innerlich. Sie saßen immer noch im Heizungskeller ihrer Eltern fest. Jeden Moment konnten die beiden Räuber in der Tür stehen und sie erlaubte Tim sie zu küssen. Sein Atem kam näher. Sie spürte Tims Lippen auf ihrem Mund. Er berührte sie nur ganz leicht.

 

„Danke.“, sagte Tim leise und löste die Umarmung. „Wir müssen hier raus, Lena.“ Er kletterte auf den Schrank, legte sich auf den Rücken und stemmte seine Füße gegen das Metall. Dann trat Tim zu. Die Abdeckung gab knirschend nach und klappte auf. Frische Nachtluft strömte in den Keller. Tim drehte sich auf die Füße und kroch nach oben. Einen Augenblick später beugte er sich wieder herein und streckte seine Hand aus. „Beeil dich.“ Lena kletterte auf den Schrank und zwängte ihren Körper durch den Schacht. Tim griff um ihre Taille und hob sie hinaus. Die Zufahrt lag im Dunkeln. Die hohen Hecken zu den Nachbargrundstücken wirkten wie dunkle Mauern. Auf der Straße stand Lenas Auto. Der Transporter war verschwunden. Mit ihm hoffentlich auch die Männer.

 

„Komm.“ Tim zog sie mit sich. Unter ihren Füßen spürte Lena spitze Steine. Sie blieb stehen und kämpfte gegen den Schmerz. Ohne zu Fragen hob Tim sie hoch. Lena schlang ihre Arme um seinen Hals. Die Wirkung der Steine lies Tims Gesicht zu einer Maske erstarren. Trotzdem nahm er nicht den kürzesten Weg zu der gepflasterten Zufahrt. Tim schlich an der Hauswand entlang in Richtung Garten. Aus dem Wohnzimmer drang Licht. Vorsichtig spähte Tim um die Ecke. „Niemand zu sehen.“, sagte er. „Sie sind weg.“ Außerdem Surren der Pumpe des Swimmingpools war nicht zu hören.

 

Tim packte Lenas Körper fester und rannte los. Hinter der Abtrennung des Swimmingpools setzte er sie auf einer Sonnenliege ab. Hier schützte sie die Dunkelheit. Trotzdem hatten sie einen guten Blick auf das hell erleuchtete Haus. Lena rollte sich auf die Seite und kauerte sich zusammen. Tim kuschelte sich an sie und schlang seine Arme um ihren Körper. „Es ist vorbei, Lena.“ Das stimmt, dachte sie. Ohne Tim hätten sie es nie geschafft sich zu befreien. Er trug keine Schuld. Diese Männer hatten ihn erpresst. Sie hätten auch einfach in das Lager einbrechen können. Lena als einzige in der Firma wäre bestimmt kein Hindernis gewesen. Tim hatte alles getan um sie zu beschützen.

 

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Ein Frösteln zog über Lenas Haut. Trotzdem wollte sie sich noch nicht aus Tims Umarmung lösen. Lange hatte sie sich nicht mehr so wohl und vor allem sicher gefühlt. Lena nahm seine Hand und zog sie fester um sich. „Schön.“, sagte sie. „Das finde ich auch.“, flüsterte es in ihrem Rücken. „Ich könnte ewig so liegen. Vermutlich wird dein Vater mich aber zum Teufel jagen.“ Natürlich, ihr Vater würde toben und Tim auf die Straße setzen wollen. Aber schließlich hatte er sie gerettet und der Schaden war versichert. Lena zweifelte keinen Augenblick daran ihren Vater zu überzeugen Tim nicht zu entlassen.

 

Lena drehte sich auf den Rücken. „Ich habe dir etwas versprochen und das halte ich ein. Warum hast du mir vorhin eigentlich keinen richtigen Kuss gegeben?“ Tim lachte. „Ich hatte keine Lust auf eine Ohrfeige.“ „Ich hatte es dir aber erlaubt.“, erwiderte Lena. Tim warf ihr ein Lächeln zu. „Gilt das jetzt auch noch?“ „Probier es aus.“, warf Lena ihm zu und lehnte ihren Kopf zurück. Tim fing ihn auf. Seine Arme zogen ihren Körper heran. Lena fühlte Tims Lippen. Diesmal blieb es nicht bei einer kurzen Berührung. Ein warmer Strom brach über ihren Körper herein. Lenas Hände krallten sich in Tims Rücken. Seine Arme pressten ihren Körper an sich. Lena rang nach Luft. Tim gab ihren Mund frei. Doch nur für einen Augenblick. Dann spürte sie wieder seine Lippen.

 

Tims Hände suchten sich einen Weg über ihren Rücken. Sie fuhren über ihre Taille zur Hüfte. Jetzt lagen sie auf ihrem Po. Tim griff zu. Lena fühlte wie ihre Füße den Halt verloren. Ihre Beine zappelten in der Luft. Dazwischen Tims Hüfte. Lena ahnte was kam. Sie wollte es nicht. Zumindest jetzt nicht. „Tim. Bitte.“ Er schob seine Hüfte näher heran. Schon spürte Lena etwas zwischen ihren Beinen. „Tim. Lass das.“ Er sah verwundert auf. „Ich dachte du willst es auch.“ Lena schüttelte den Kopf. „Nicht jetzt und nicht hier.“ „Schade.“ Seine Stimme klang ehrlich enttäuscht.

 

Mit einem Ruck stemmte sich Tim auf die Knie. Lenas Hände wurden auf die Liege gedrückt. „Du tust mir weh.“, stieß sie hervor. „Na und.“, kam die Antwort von oben. Tim machte einen Satz. Lenas Hände verschwanden unter seinen Knien. Er hockte auf Lenas Brust. Die Hüfte dicht vor ihrem Gesicht. Was sie sah gefiel ihr überhaupt nicht. „Dann hole ich mir meine Belohnung eben anders.“ „Bist du verrückt?“, schrie Lena. Sie versuchte verzweifelt sich unter Tim hervor zu winden. Dem schien das zu gefallen. Er lachte und hob seine Hüfte etwas an. Lena versuchte ihr Gesicht wegzudrehen. Es durfte nicht passieren. Nicht auf ihrer Terrasse.

 

„Hilfe!“ In den Nachbarhäusern schliefen Menschen. Irgendwer musste sie doch hören. „Hilfe!“, Tim packte ihren Kopf und presste ihn auf die Liege. Sein Gesicht glich einer hässlichen Fratze. Lena nahm alle Kraft zusammen. Sie zog die Beine an und stemmte ihre Hüfte nach oben. Tim kippte vorn über und landete mit einem Stöhnen auf dem Pflaster. Lena war frei. Nackt wie sie war rannte sie los. In Richtung Straße. Nur dort gab es Hoffnung auf Hilfe.

 

Mitten im Laufen packte plötzlich jemand ihren Arm. Lena hatte das Gefühl waagerecht in der Luft zu liegen. Ein Arm fing sie ein und legte sich über ihre Brust. Eine große Hand verschloss Lenas Mund. Im Schein der Haustürbeleuchtung erkannte sie einen Mann. Es war der kleinere Räuber. Warum waren die Männer noch hier? Der kleinere Räuber packte Lenas Füße. Sie versuchte zu treten. Vergeblich. Tim rannte die Einfahrt herunter. „Versenkt die fette Kuh im Pool.“, fauchte er. Der Räuber zog ein paar Kabelbinder aus seiner Jacke. Lena starrte ihn entsetzt an. Sie sollte gefesselt in den Pool geworfen werden. Das wäre ihr Ende. So fest sie konnte trat sie auf den Räuber ein. Der lachte nur.

 

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Ohne Vorwarnung sackte der Mann hinter ihr zusammen. Seine Hand gab Lenas Mund frei. Ein Schmerz in ihrem Rücken erstickte den Schrei. Sie lag auf dem Pflaster der Einfahrt. Der kleinere Räuber baute sich drohend auf. Ein Faustschlag ließ ihn taumeln. Tim wich zurück. Jemand packte Lenas Arm. „Weg hier.“ Die Stimme gehörte Kevin. Er zerrte sie auf die Straße. In der Hand trug er die Kurbel eines Wagenhebers. Hinter ihnen waren Schritte zu hören. „Schneller.“, schrie Kevin. Lena biss die Zähne zusammen. Ihre Füße schmerzten. Die Brust wurde eng. Aber ihr Verstand arbeitete messerscharf. Tim wollte das die Männer sie ertränkten. Dafür gab es nur eine Erklärung. Er gehörte zu diesen Räubern.

 

Auf der anderen Straßenseite parkte ein offener Jeep. Kevin zog sie in dessen Richtung. „Steig ein.“, keuchte es neben ihr. Lena zögerte keinen Augenblick und sprang in den Wagen. Kevin hechtete ihr nach. Lena kletterte auf dem Beifahrersitz. Kevin startete den Motor und raste los. Keine Sekunde zu früh. Ihre Verfolger sprangen zur Seite. Lena drehte sich um. Die drei rannten zu einem Wagen. Es war Lenas. „Die kriegen uns nicht.“, sagte Kevin erstaunlich gelassen. „Sie schrotten maximal deine Karre. Aber nicht dich.“ Er sah kurz zu ihr hinüber. „Bis du in Ordnung? Du weißt was ich meine.“ Lena nickte. Sie wusste was Kevin meinte. Tim hatte ihr etwas vorgespielt. Selbst wenn Lena mit ihm geschlafen hätte, Tim hätte sie umbringen lassen.

 

„Halt dich fest.“, schrie Kevin. Lena krallte sich an den Sitz. Der Jeep bremste. Kevin riss das Lenkrad herum und gab Gas. Ohne Licht schoss der Wagen in das Dunkel. Es war ein Waldweg. Uneben und voller Schlaglöcher. Kevin raste den Weg entlang. Seine einzige Orientierung war der schmale Streifen Nachthimmel zwischen den Bäumen. Mehrmals dachte Lena sie würde aus dem Jeep geschleudert. Auf einer Lichtung hielt Kevin an. „Hinten ist eine Jacke. Besser du ziehst sie an.“ Lena griff hinter den Sitz und kroch in die Jacke.

 

Kevin hatte den Blick abgewandt. Die Sache war klar. Ich bin ihm zu hässlich, dachte Lena. Tim vermutlich auch. Der wollte nur die Gelegenheit ausnutzen. Normalerweise hätte sie jetzt heulend zusammenbrechen sollen. Seit sie ihr Büro verlassen hatte war sie entführt, gefesselt, beinahe vergewaltigt und ohne Kevins Hilfe im Pool ertränkt worden. Trotzdem fühlte sie sich weder müde noch niedergeschlagen. Das Adrenalin hatte ihren Körper voll im Griff. Irgendwann würde sie zusammenklappen. Doch jetzt arbeitete ihr Verstand mit höchster Präzision. Eine Frage interessierte sie brennend. „Warum warst du beim Haus, Kevin?“

 

„Der Transporter. Ich hab ihn zufällig an einer Ampel gesehen und überlegt was ein Auto von uns mit zwei Typen mitten in der Nacht dort zu suchen hat.“, erklärte Kevin. „Ich bin ihm nachgefahren. Die beiden sind in die Firma und kurz danach mit deinem Auto wieder raus. Ich hab mich an sie drangehangen. Zwei Kerle in deinem Auto. Ich hab mir Sorgen gemacht.“ „Sorgen um mich?“ Lena konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. „Um wen sonst? Du bist die Tochter vom Chef.“, antwortete Kevin gelassen. „Obwohl ich überhaupt nicht niedlich bin?“, gab Lena zurück. Kevin stieg aus. „Katzen sind niedlich. Du bist verdammt sexy.“

 

Lena streckte die Hand aus. „Halt. Keinen Schritt weiter. Von Kerlen hab ich heute genug.“ Kevin hob die Hände. „Ok. Ich wollte dich nicht anfassen. Ehrlich.“ Er holte einen Rucksack von der Rückbank. „Da drin ist mein Handy. Ich glaube da ist etwas drauf was dich interessieren könnte.“ Er warf Lena das Handy rüber. „Unter den Videos.“ Lena startete die App. Auf dem Display erschienen die beiden Männer. Kevin musste sehr nah herangeschlichen sein. Das Bild war schlecht, aber der Ton sehr gut. Das Gespräch ließ keinen Zweifel zu. Tim gehörte zu den Räubern. Die Idee das Haus von Lenas Eltern auszurauben war ihnen gekommen nachdem sie im Lager überrascht wurden. Es sollte aussehen, als ob Tim und sie zusammen und von Einbrechern überfallen worden wären. Während Lena gefesselt im Pool ertrunken wäre hätte es Tim geschafft sich ebenfalls gefesselt an der Leiter festzuklammern

 

Lena reichte das Telefon zurück. „Warum hast du mich gerettet? Das waren zwei brutale Gangster. Die hätten uns einfach beide gefesselt in den Pool geworfen.“ Kevin nahm das Telefon. „Ich dachte einfach du könntest heute Nacht einen Freund gebrauchen.“

 

 

- 2 -

 

Lena stoppte das Cabrio ihrer Stiefmutter auf dem Firmenparkplatz. Sie fuhr das Teil nicht gerne aber einen anderen Wagen hatte sie jetzt nicht. Ihren hatten die Entführer auf der Flucht geschrottet. Es war Nachmittag. Lena fühlte sich total kaputt. Die letzte Nacht hatte sie nicht geschlafen. Nachdem die Polizei das Haus freigab, rief sie ihren Vater an. Er reagierte mit einer Mischung aus Schock und Sorge. Lena sollte sich ausruhen. Aber das kam nicht in Frage. Schließlich wurde die Firma nicht jeden Tag ausgeraubt. Sie wollte wissen was zu tun war und ihr Vater erklärte es ihr. Dabei klang er deutlich erleichtert. Das erste Mal hatte Lena das Gefühl, das ihr Vater sie wirklich brauchte.

 

Im Eingang zum Lager entdeckte sie Kevin. Er gehörte zu einer Gruppe hitzig diskutierender Männer. Teils Monteure. Teils Leute aus dem Lager. Kevin entdeckte sie ebenfalls und winkte. Lena ging auf die Gruppe zu. Das Gespräch verstummte. „Hi, Lena.“ grüßte Kevin. Die anderen schlossen sich zögernd an. Lena kannte alle. Auch ihre Witze über die dicke Tochter vom Chef. Doch diesmal schauten alle zu Boden. „Was ist los?“ Lenas Stimme klang fordernd. Felix, einer der Männer aus dem Lager rang sich als erster zu einer Antwort durch. „Wir sollen Inventur machen. Samstag. Das ist doch Unsinn.“ „Wir müssen Inventur machen.“, gab Lena zurück. „Die Firma wurde bestohlen.“ Jetzt redeten alle durcheinander „Immer wir vom Lager.“ „Warum machen wir es nicht am Freitag nach Feierabend?“ „Genau. Wenn die Monteure mithelfen sind wir in zwei Stunden fertig.“ Die Situation drohte zu eskalieren.

 

Lena hatte keine Ahnung wie lange eine Inventur normalerweise dauerte. Aber ihr Vater hatte gesagt er wollte schnell wissen wie hoch der Schaden war. Freitag war besser als Samstag. Sie blickte zu Kevin. „Die Monteure sind auch dabei?“ Kevin sah zu den anderen Monteuren. Sie nickten. „Tim hat uns alle gelinkt.“, erklärte einer der älteren Monteure. „Also machen wir die Inventur Morgen nach Feierabend.“, entschied Lena. Zweifelnde Blicke trafen sie. Felix wies auf das Bürogebäude. „Kannst du das so einfach festlegen?“ „Ich nicht.“, erwiderte Lena. „Aber mein Vater.“ Sie wandte sich an Kevin. „Hol die anderen. Ich bin in ein paar Minuten zurück.“

 

Nicole Grewen, die Prokuristin der Firma befand sich zusammen mit dem Obermeister der Monteure und dem Lagerverwalter im Besprechungsraum. Am Ende des Tisches saß Julia. Sie blickte mürrisch. Der Schreibblock vor ihr war voller Notizen. Alle sahen Lena erstaunt an. „Wir machen Morgen Inventur.“, sagte sie gerade heraus. „Nach Feierabend.“ „Das hast du nicht zu entscheiden.“, erwiderte die Prokuristin. Lena blieb hart. „Ich habe mit meinem Vater telefoniert. Er will das Ergebnis schnell. Ruf ihn meinetwegen an.“ „Schlag dir das aus dem Kopf, Mädchen.“, fuhr der Lagerist sie an. „Meine Leute müssten die Nacht durcharbeiten.“ „Wenn die Monteure mithelfen sind wir in zwei Stunden fertig.“ Lena hoffte das dies stimmte.

 

Der Obermeister lachte. „Das machen die Jungs nicht mit. Das Lager geht sie nichts an.“ So leicht gab Lena nicht auf. „Wir sind eine Firma. Hier geht jeden alles an.“ Über das Gesicht des Obermeisters zog ein Grinsen. „Ich wäre gerne dabei, wenn du es meinen Jungs sagst.“ „Das können Sie.“, schoss Lena zurück. „Sie warten unten. Also gehen wir.“ Sie verließ den Raum. Die anderen hatten keine andere Wahl als ihr zu folgen.

 

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Auf dem Hof drängten sich die Mitarbeiter. Julia schob sich an Lenas Seite. „Du bist verrückt. Die machen dich fertig.“ „Warten wir es ab.“ entgegnete Lena. „Danke das ihr hier seid.“, begann sie.

 

Die Männer hörten zu. Niemand fiel ihr ins Wort. „Also morgen Nachmittag um vier im Lager.“, beendete sie ihre kurze Rede. „In Ordnung, Lena.“, antwortete der ältere Monteur. Er sprach für alle. Lena spürte die bösen Blicke in ihrem Rücken. Aber auch die Zustimmung der Mitarbeiter. Sie hatte sich durchgesetzt. Nicht nur gegen die Führung. Niemand in der Firma würde sie jemals wieder fette Kuh nennen.

 

Wieder zurück im Büro starrte Julia sie fassungslos an. „Wie hast du das hingekriegt?“ „Die Männer wollten am Freitag zählen und die Monteure waren bereit zu helfen. Schließlich war Tim einer von ihnen.“ „Hast du eine Ahnung wo Tim jetzt ist?“, Lena schüttelte den Kopf. „Vermutlich versteckt er sich irgendwo. Mir ist es egal. Dieses Schwein wollte mich vergewaltigen und umbringen.“ „Ich weiß. Kevin hat es erzählt.“, bestätigte Julia und sah auf die Uhr. „Feierabend. Ich geh nach Hause.“

 

„Ich schau, ob noch etwas zu tun ist.“, erwiderte Lena. Julia sah sie zweifelnd an. „Ich war nicht immer nett zu dir. Aber wenn du Angst hast kannst du gerne ein paar Tage bei mir bleiben. Ich habe genug Platz.“ „Danke.“ Lena meinte es ehrlich. Sie wollte nicht allein im Haus ihrer Eltern sein. „Ich muss nur noch ein paar Sachen holen.“ „Ich komme mit. Das Wetter ist perfekt zum Cabrio fahren. Wir lassen mein Auto hier stehen.“

 

Die Tür wurde geöffnet. Die Prokuristin trat ein. „Julia, lassen Sie uns bitte allein.“ „Natürlich, Frau Grewen.“ Julia ging zur Tür. „Ich warte draußen. Mal sehen, ob ich unter deinen Fans einen Leibwächter für uns auftreiben kann.“

 

„Das machst du nie wieder, Lena. Habe ich mich klar ausgedrückt.“, erklärte die Prokuristin, nachdem die Tür geschlossen war. Die Augen der 42-jährigen blickten hart. Lena wich nicht aus. Sie hatte einfach dafür gesorgt, dass die Meinung der Leute ernst genommen wurde. Jetzt wartete sie auf den Nachsatz. Vor den Leuten blamiert. Das hätte dein Vater nie geduldet oder etwas in der Art. Er blieb aus. Stattdessen lag in den Augen der Prokuristin plötzlich Sorge.

 

„Weißt du wo du heute Nacht unterkommst?“ Lena nickte. „Ich kann ein paar Tage bei Julia bleiben.“ „Bei Julia? Seid ihr plötzlich beste Freundinnen? Ich habe eine Einliegerwohnung. Möbliert. Sie steht leer. Du kannst sie gerne haben.“ „Danke für das Angebot, Nicole. Aber ich will heute einfach nicht allein sein.“ „Das sollten Mädchen in deinem Alter sowieso nicht.“, antwortete die Prokuristin. „Mein Angebot steht. Vielleicht brauchst du etwas mehr Zeit bis du wieder im Haus deines Vaters schlafen kannst.“ In der Tür drehte Nicole sich nochmal um. „Dass die Monteure und Lagerleute am Freitag zählen heißt nicht, dass wir beide am Samstag frei haben. Ich erwarte dich um acht in der Firma. Es gibt eine Menge zu tun.“

 

Nicole verließ den Raum. Die Botschaft war eindeutig. Lena hatte eine Entscheidung getroffen und jetzt musste sie auch die Konsequenzen tragen.

 

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Julias Wohnung war größer als Lena erwartet hatte. Eine Maisonette mit offener Küche. Sie sah nicht nur stylisch, sondern auch teuer aus. „Ist sie auch.“, erriet Julia Lenas Gedanken. „Als ich das Teil gemietet hab, dachte ich noch ich muss es nicht allein bezahlen.“ Sie schob Lena die Treppe hinauf. „Übrig geblieben ist das Gästezimmer. Aber mach dir keine Sorgen. Mit ein paar festen Kunden und dem Gehalt aus der Firma krieg ich die Miete zusammen und muss nicht verhungern.“

 

 „Mit ein paar festen Kunden?“ Lena glaubte sich verhört zu haben. „Als Model.“, verbesserte Julia und wies auf eine Reihe großer Schwarzweiß Fotografien am Treppenaufgang. Sie zeigten eine junge Frau. Nackt. In verschiedenen Posen. Erst auf den zweiten Blick war Julia zu erkennen. „Mit einer guten Visa erkennt dich darauf sowieso niemand mehr. Aber mehr als verdeckten Akt mach ich nicht. Hast du nicht auch Lust? Ich könnte dir Kontakte vermitteln.“ „Mir?“ Lena lachte. „Wer will mich denn als Model?“

 

„Bring Lena nicht auf dumme Ideen.“, drang eine Stimme nach oben. Kevin war sofort bereit gewesen den Leibwächter zu spielen. Während Lena ihre Sachen packte parkte sein Jeep in der Einfahrt. Auf der Fahrt zur Pizzeria, in der sie etwas aßen folgte er dem Cabrio wie ein Schatten. Jetzt schleppte Kevin ihre Tasche nach oben. Dabei musste er doch ebenso müde sein wie sie.

 

Neben dem Schlafzimmer gab es oben ein Gästezimmer. Kevin stellte die Tasche ab. „Ich beziehe das Bett. Das Bad ist neben an. Wenn du unter die Dusche willst mach das am besten gleich. Du siehst fertig aus.“, fasste Julia Lenas Zustand im Worte. Lena holte Handtuch und Duschbad aus der Tasche und verschwand im Bad.

 

Das Wasser tat gut. Lena schlang sich das Handtuch um den Körper und öffnete vorsichtig die Tür. Oben war alles Dunkel. Das Untergeschoss lag im matten Schein einer Stehlampe. Stimmen drangen herauf. Kevin musste noch da sein. „Lass die Finger von ihr. Sie ist die Tochter vom Chef. Du kriegst nur Ärger.“ Das war Julia. „Ich weiß. Aber was kann ich dafür?“, Kevin klang traurig. Lena schob sich näher an das Geländer. Im Dunkel bemerkten die beiden sie nicht. Julia und Kevin saßen auf der Couch. Kevin hatte den Kopf in den Händen vergraben. Julia streichelte seinen Rücken. Dass die beiden so vertraut miteinander waren hatte Lena nicht erwartet.

 

„Besser du verschwindest so lange Lena im Bad ist.“, empfahl Julia. „Sie muss nichts davon mitbekommen.“ Kevin nickte. „Besser du löschst auch den Clip. Wenn der Chef ihn sieht fliegst du sofort.“ Welchen Clip meinte Julia? Gab es noch mehr Aufnahmen von gestern Abend. Wie lange hatte sie Kevin schon beobachtet? Das musste sie herauskriegen. Aber nicht jetzt.

 

Lena schlich zurück zum Bad und öffnete Geräuschvoll die Tür. „Schnell.“, flüsterte Julia. Im Flur waren Schritte zu hören. Die Haustür klappte. „Ich bin fertig.“, rief Lena in den Raum. Julia kam die Treppe nach oben. „Kevin ist schon gegangen. Er war müde.“ Lena setzte ein betrübtes Gesicht auf. „Schade.“ „Wollen wir noch etwas trinken.“, fragte Julia. „Eine Flasche Wein ist offen.“ Lena schüttelte den Kopf. Am besten ich gehe jetzt auch schlafen.“

 

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„Die Monteure und meine Leute vom Lager zählen. Julia und Lena sind dafür verantwortlich, dass die Erfassungsgeräte nach jedem Regal ausgelesen werden.“ Der Lagermeister sah in die Runde. „Noch Fragen?“ Alle schüttelten den Kopf. „Also los. Zählt genau. Ich mache Stichproben.“ Die Männer verschwanden zwischen den Regalen. Lena sah Kevin nach. Sie hätte heute gerne mit ihm geredet. Doch dazu ergab sich noch keine Gelegenheit. Auch jetzt nicht. Der Lagermeister schlich zwischen den Regalen herum und beobachtete besonders die Monteure.

 

Nach einer Weile hatte sich die Routine eingespielt. „Wollt ihr auch einen Kaffee?“, fragte der Lagermeister. „Gerne.“, antwortete Julia übertrieben höflich. Lena schüttelte den Kopf. Kevin hatte gerade das Gerät abgegeben und ein neues geholt. Der Lagermeister ging in die Teeküche. „Ich glaube mit dem Gerät stimmt was nicht.“ sagte Lena. Ohne eine Antwort abzuwarten folgte sie Kevin.

 

Der sah erstaunt auf. „Hab ich was falsch gemacht?“ „Nein.“, flüsterte Lena. „Ich muss nur mit dir reden. Wegen gestern Abend. Ich hab Julia und dich zufällig gehört.“ „Was hast du gehört?“ Kevin klang erschrocken. „Das mit dem Clip. Was ist darauf zu sehen?“ Kevin zog sein Smartphone aus der Tasche und hielt es ihr vor das Gesicht. „Du?“

 

Lena sah sich nackt die Einfahrt herunterlaufen. Kevin hatte darauf gezoomt. Jede Einzelheit war genau zu sehen. Die Männer sprangen hervor. Julia wurde von den Beinen gerissen. Sie sah sich selbst kämpfen. Der Clip brach ab. „Es tut mir leid. Ich hätte dir früher zu Hilfe kommen müssen. Aber ich war wie gelähmt. Von dir.“ „Von mir?“ Kevin nickte. „Schau dich doch mal an. Ich hab dir vorgestern schon gesagt wie ich dich finde und daran hat sich nichts geändert.“ Das war eindeutig ein Kompliment. Lena schmunzelte. „Ich denke, du hast schon mal eine nackte Frau gesehen?“ „Ja. Aber keine wie dich.“ Kevins Stimme klang belegt.

 

„Das soll ich dir glauben?“ zweifelte Lena. „Es ist die Wahrheit. Ich finde dich toll. Du bist hübsch. Hast was im Kopf und...“ „... und bin die Tochter vom Chef.“ „Du hast also doch mehr gehört.“ „Ja. Aber ich glaube nicht, dass mein Vater dich rauswirft, wenn er uns bei einer Tasse Kaffee zusammen sieht.“ „Nur bei einer Tasse Kaffee?“ Kevin klang traurig. „Mehr kann ich dir nicht versprechen.“, antwortete Lena. „Du hast mich gerettet. Dafür bin ich dir dankbar. Aber zu mehr habe ich einfach nicht den Mut. Zumindest jetzt nicht.“

 

Kevin nickte. „Das versteh ich.“ Er lächelte. „Es ist trotzdem schade. Du hast dafür gesorgt, dass wir morgen frei haben. Es wäre nur fair dich einzuladen. Auf einen Kaffee oder auf was du sonst Lust hast.“ Lena lächelte zurück. „Ich hab morgen nicht frei, sondern muss um acht in der Firma sein. Nur die Chefin spielen klappt nicht. Man muss auch die Konsequenzen tragen.“ „So ein Satz kann nur von dir kommen.“, grinste Kevin. „Es war vielleicht besser, dass Julia mich vor die Tür gesetzt hat bevor ich mich von der verabschieden konnte. Ich hätte mich vermutlich total blamiert.“

 

„Bestimmt nicht.“, gab Lena zurück. Der Lagermeister rief nach ihr. „Besser du gehst.“, riet Kevin. „Löschst du den Clip.“, fragte Lena. Kevin reichte ihr das Smartphone. „Mach es besser selbst. Ich würde vielleicht lügen.

 

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Felix Schätzung stimmte. Das Zählen dauerte nur zwei Stunden. Julia und sie waren früh zu Hause. Sie ließen sich etwas vom Chinesen kommen und aßen auf der Couch. „Warum warst du eigentlich so lange bei Kevin?“, fragte Julia während sie aßen. Diese Frage hatte Lena befürchtet. Herumreden half nichts. Sie war ehrlich zu Kevin gewesen. Jetzt musste sie ehrlich zu Julia sein.

 

„Gestern Abend hab ich euch von oben zugehört. Ich wollte das Kevin den Clip löscht.“ „Hat er es gemacht?“ „Er hat es mich machen lassen.“ antwortete Lena. Über Julias Gesicht zog ein Lächeln. „Dir ist klar, dass Kevin verrückt nach dir ist?“ „Ich frag mich nur warum.“, antwortete Lena und stellte eine Gegenfrage. „Ward ihr beide mal zusammen?“ „Nur kurz.“, bestätigte Julia. „Kevin ist nett. Aber wir passen nicht zusammen.“ „Aber er und ich schon?“ „Auf jeden Fall.“ Julia klang überzeugt. „Du bist hübsch, intelligent und… „Lena wehrte ab. „Diesen Unsinn hat Kevin auch gesagt. Vor ein paar Tagen war ich noch die dicke Tochter vom Chef. Seitdem hab ich bestimmt nicht abgenommen.“

 

Julia lachte. „So sind die Kerle.“ Sie richtete sich auf. „Findest du mich hübsch. Ich meine, wenn du ein Mann wärst.“ Lena verstand nicht. „Was für eine dämliche Frage? Natürlich bist du hübsch.“ „Genau deshalb halten mich die meisten für eine dämliche Ziege. Einfach weil sie sich nicht trauen mich anzumachen. Du bist die Tochter vom Chef und für die Leute tabu. Also machen sie dich schlecht, obwohl sie dir auf den Po starren. Hast du jetzt verstanden?“

 

„So ungefähr.“, bestätigte Lena. „Trotzdem macht es keinen Sinn.“ „Vieles macht keinen Sinn.“, antwortete Julia. „Warum arbeitest du zum Beispiel nicht bei Frau Grewen. Da lernst du viel mehr.“ „Ich jobbe doch nur für ein paar Monate bis ich mich entschieden habe was ich machen will.“, widersprach Lena. „So wie du dich gestern durchgesetzt hast glauben die Leute du steigst in die Firma ein.“, gab Julia zu bedenken. „Für die bist du jetzt nicht mehr die Tochter, sondern die zukünftige Juniorchefin.“

 

„So ein Unsinn.“, wehrte Lena ab. „Das ist überhaupt kein Unsinn.“ Julia hatte sich an dem Thema festgebissen. „Denk mal fünf Jahre weiter. Dann bist du 24. So alt wie ich jetzt.“ Lena sah sie erstaunt an. Fünf Jahre erschienen ihr wie eine ferne Zukunft. „Du könntest zusammen mit deinem Vater die Firma leiten. Du bist die hübsche Juniorchefin. Ich dagegen bin fast 30 und darüber extrem frustriert.“ Bei den letzten Worten musste Lena loslachen. „Ich wette mit 30 gibst du das Geld deines Mannes mit vollen Händen aus. Mal ehrlich, Julia. Du siehst zu gut aus um keinen erfolgreichen Mann zu heiraten.“

 

„Warum?“ Julia klang ernst. „Ich kenne bis jetzt nur eine Frau, die es geschafft hat sich einen erfolgreichen Mann zu angeln. Aber sie sitzt auch nicht zu Hause, sondern arbeitet in der Firma mit. Du kennst sie.“ Lena sah erstaunt auf. „Doch nicht meine Stiefmutter?“ „Genau die.“

 

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Kurz vor acht am nächsten Morgen stoppte Lena das Cabrio ihrer Stiefmutter neben Nicole Grewens Wagen. Julias Worte gingen ihr nicht aus dem Kopf. Hatte sie vorgestern wirklich eine Entscheidung getroffen? Natürlich hatten die Lagerleute keine Lust, nur weil einer der Monteure ein Dieb war am Samstag zu arbeiten. Ebenso war es den Monteuren egal, ob im Lager Inventur gemacht wurde. Doch diesmal hatten sie sich zusammengerauft. Nur gab es niemanden der auf sie hörte. Lena war die einzige die in diese Besprechung platzen konnte ohne sofort wieder rauszufliegen. Aber sie hatte noch mehr getan. Sie hatte Verantwortung übernommen. Diese konnte man nicht so schnell wieder abgeben. Das hatte ihr Nicole klargemacht und deshalb war sie jetzt hier. Es war keine Entscheidung fürs Leben. Doch in der nächsten Zeit würde sie damit leben müssen.

 

Der Haupteingang war unverschlossen. Lena trat ein. Sie stieg die Treppe nach oben zur Verwaltung. Nicoles Handtasche stand auf ihrem Schreibtisch. Von ihr selbst fehlte jede Spur. „Nicole?“ Niemand antwortete. Lena machte sich auf die Suche. In der Teeküche brannte Licht. Gegenüber war die Tür vom Besprechungsraum nur angelehnt. Dort befanden sich die Unterlagen von gestern. Lena hatte sie zusammen mit Julia selbst dorthin getragen.

 

„Nicole?“ Lena schob die Tür auf. Erschrocken blieb sie stehen. Auf den Fußboden wand sich Nicole Grewen. Die Hände mit Kabelbindern auf den Rücken gefesselt, Die Füße zusammengezogen. Im Mund steckte ein Geschirrtuch. Entsetzte Augen sahen sie an. „Nicole!“, schrie Lena. Sie ließ ihre Handtasche fallen. In diesem Moment packte sie jemand von hinten. Etwas wurde ihr über den Kopf gestülpt. Lenas Blick wurde trüb. Sie spürte Plastik auf ihrer Haut. Das war eine Tüte. Sie würde ersticken.

 

Panisch hieb Lena um sich. Doch sie hatte keine Chance. Eine Minute später lag sie an Händen und Füßen mit Kabelbindern gefesselt in der Teeküche. Die Tür wurde verschlossen. Lena wagte, aus Angst das sich die Tüte in den Mund zog kaum zu atmen. Von draußen drangen Stimmen an ihr Ohr. „Ich will Geld.“ Die gehetzte Stimme kam Lena bekannt vor. „Sei vernünftig, Tim. Das bringt doch nichts.“ Die gefasste Stimme von Nicole. Der Angreifer war Tim. „Halt die Klappe. Ich will das Geld. Aus dem Tresor.“

 

„Tim. Bitte. Ich kann dir helfen. Wir…“ Nicoles Worte verwandelten sich in Stöhnen. „Ich will das Geld.“ „Da ist kaum was drin.“, Nicole rang deutlich nach Luft. „Nur zwei oder drei Tausend.“ „Ich will es.“ Erneut stöhnte Nicole auf. „Komm.“ Schritte nährten sich. „Tim. Ich kann nicht so schnell.“ „Sei ruhig verdammt.“ Es gab keinen Zweifel. Der Mann dort draußen war Tim. Sie saß in der Falle und diesmal kam ihr niemand zu Hilfe.

 

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Lenas Kopf schmerzte. Ihr Mund war trocken. Vor ihren Augen drehte sich alles. Sie hatte das Gefühl sich Übergeben zu müssen. Lena schloss die Augen und versuchte ruhig zu atmen. Etwas zog sich tiefer in ihren Mund. Lena hielt die Luft an und konzentrierte sich. Das etwas in ihrem Mund musste ein Tuch sein. Sie lag noch immer gefesselt in der Teeküche. Die Tüte über dem Kopf war verschwunden. Dafür war sie geknebelt.

 

Langsam durch die Nase atmend öffnete Lena wieder die Augen. Das Drehen hatte aufgehört. Der Würgereiz war geblieben. Lena versuchte ihn zu unterdrücken. Das Wirrwarr in ihrem Kopf gewann langsam Struktur. Die Erinnerung kehrte zurück. Sie lag auf dem Boden der Teeküche. Draußen wimmerte Nicole. Tim musste sie wieder geknebelt haben. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen. Lena wurde gepackt und auf den Rücken gedreht. Jetzt war es soweit. Tim würde ihr die Sachen herunterreißen und sie sich einfach nehmen. Lena fühlte etwas Schweres auf sich. Tim hatte ihren Oberkörper zwischen die Beine geklemmt. Seine Hände rollten die Tüte nach oben. Das wollte er also. Auf der Liege hatte er es bereits versucht. Jetzt würde er es schaffen.

 

Lena spürte etwas an ihrem Mund. Sie presste die Lippen zusammen. Tim musste diese Reaktion erwartet haben. Er drückte die Plastiktüte auf ihre Nase. Die Luft wurde knapp. Bunte Kreise drehten sich vor ihren Augen. Lena blieb keine Wahl. Sie öffnete den Mund. Die Kreise verschwanden. Lena spürte ein Brennen in ihrem Hals. Der Atem zog es tiefer. Sie musste husten. Ihre Zunge fühlte etwas. Nicht das was sie erwartete. Es war kalt. Glas. Tim hatte ihr eine Flasche in den Mund geschoben. Das Brennen stammte vom Alkohol. Er wollte sie betrunken machen. Schon spürte sie die Wirkung. Die Gedanken verschwammen. Irgendwann musste sie weg gewesen sein.

 

Ihr Mageninhalt stieg nach oben. Lena versuchte dagegen anzuatmen. Vergeblich. Sie würgte. Ihr Mund füllte sich mit Erbrochenen. Panik stieg auf. Mit aller Kraft zog sie an den Fesseln. Sie würde ersticken. Das wollte Tim doch auch nicht. Der Schleim rann in ihre Kehle. Ein weiteres Würgen war die Folge. Wie eine Fontäne schoss der Mageninhalt nach oben. Der Knebel verhinderte, dass er den Mund verließ. Er lief zurück. Lena rang nach Luft. Tränen füllten ihre Augen. Es war aus.

 

Plötzlich waren Schritte zu hören. Die Tür wurde aufgerissen. Lenas Blick verschwamm. Sie fühlte wie jemand den Knebel herausriss. „Lass es heraus.“, sagte jemand und hob ihren Körper an. Es brach aus ihr heraus. Wieder und wieder. „Danke, Tim.“, krächzte sie. „Hier ist nicht Tim. Hier ist Kevin.“, antwortete eine ruhige Stimme. „Tim. Er ist gefährlich.“, stieß Lena hervor. „Tim ist tot.“, sagte Kevin. „Er ist die Treppe herunter gestürzt. Julia ist unten und wartet auf die Polizei. Lena wälzte sich zurück auf den Rücken. „Wo ist Frau Grewen?“ „Keine Ahnung.“, antwortete Kevin.

 

 

- 3 -

 

 

„Sie können nach Hause, Frau Hauswaldt.“, sagte die Ärztin. „Wie geht es Frau Grewen?“, fragte sie. „Kann ich zu ihr?“ Die Ärztin schüttelte den Kopf. „Frau Grewen braucht Ruhe. Sie wurde schwer misshandelt.“ Die Ärztin führte Lena zur Tür. Julia und Kevin sahen auf. Ohne die beiden wäre ich höchstwahrscheinlich nicht mehr am Leben. Der eigentliche Grund für ihre Rettung war Kevin. Am späten Vormittag war er in die Firma gefahren. Mehr wusste Lena auch noch nicht.

 

„Ich dachte ihr könntet Hilfe gebrauchen.“, begann er als sie in seinem Jeep saßen. „Die Grewen und du kennt euch doch mit dem Material im Lager nicht aus. Ich schon. Julia wollte unbedingt mit.“ Julia grinste und wenn sich Lena nicht zusammengerissen hätte sie auch. Kevin war hartnäckig. Er wollte ein Date. Auch wenn das hieß, das er am Samstag arbeiteten musste.

 

„Die Tür stand offen und ich bin rein. Da lag er. Neben ihm eine kaputte Flasche.“, erzählte Kevin weiter. „Es war Cognac. Ich denke er war aus dem Büro von deinem Vater.“ Das stimmte. Ihr Vater hatte eine Auswahl an Alkohol in der Bar in seinem Büro. „Tim war tot. Überall war Blut.“, ergänzte Julia. „Ich hab dann die Polizei gerufen. Frau Grewen lag gefesselt und zusammen geschlagen im Kopierraum. Ich denke sie fällt für eine Weile aus.“

 

Lena auf der Rückbank schob ihren Kopf zwischen die Lücke der Vordersitze. „Genau deshalb könnte ich eure Hilfe gebrauchen. Ich will morgen in die Firma und die Aufstellung machen. Irgendwie kriegen wir das schon hin. Aber Kevin hat recht. Ich kenne mich mit dem Material wirklich nicht aus.“ „Du bist verrückt.“, warf Julia ein. „Montag ist dein Vater wieder da. Lass ihn das machen. Du gehörst ins Bett.“ „Das finde ich auch.“, bestätigte Kevin. „Aber nicht in deins.“, fauchte Julia. „Und jetzt halt die Klappe.“

 

„Ihr beide haltet mal den Mund.“, fuhr Lena dazwischen. „Mein Vater hat am Montag genug zu tun. Seine Prokuristin fällt aus. Ein Mitarbeiter war ein Dieb und ist jetzt tot. Die anderen beiden Gangster laufen noch frei herum. Die Polizei wird Fragen stellen. Da hat er keine Zeit für so etwas.“ „Ok.“, lenkte Julia ein. „Zu dritt kriegen wir das schon hin.“

 

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„Irgendwas verstehe ich nicht.“ Lena fuhr sich durch die Haare. Julia und sie saßen im Besprechungsraum. Kevin war unten im Lager und überprüfte ihre Ergebnisse. Auch Lena war mehrmals mit ihm unten. Von Mal zu Mal hatte sie das Gefühl sich besser auszukennen. Kevin gab sich große Mühe beim Erklären. Es machte ihm Spaß sein Wissen zu teilen. Lena musste zugeben, dass auch Julia wusste wovon sie sprach. Die Arbeit kam gut voran. Zum Mittag bestellten sie Pizza. Diese kostete Lena ihr letztes Bargeld. Sie konnte sich nicht wie eine Chefin benehmen und dann ihre Mitarbeiter bezahlen lassen.

 

„Was verstehst du nicht?“, fragte Julia. „Das so viel fehlt. Passt das alles in einen Transporter?“ „Keine Ahnung. Kevin wird es wissen?“ „Was weiß ich?“ Kevin stand in der Tür. „Ob alles was fehlt in einen Transporter passt.“, wiederholte Lena die Frage. „Niemals.“ Kevins Antwort kam sofort. „Also hat mich Tim im Keller angelogen. Es war nicht der einzige Diebstahl.“ „Du hast wirklich geglaubt was er dir erzählt hat?“, fragte Kevin. „Ja.“, warf Lena ihm zu. „Damals schon. Ich dachte er wäre ein Freund.“ Kevin hob abwehrend die Hände. „Ich hab ja gar nichts gesagt.“

 

„Ich frage mich eher etwas anderes.“, mischte sich Julia ein. „Warum hat niemand gemerkt, das Material fehlt. Die Monteure zum Beispiel.“ „Weil immer alles da war. Nie hat für einen Auftrag was gefehlt.“, antwortete Kevin. „Genau.“ Julia klang euphorisch. „Also hat jemand nachbestellt. Das darf nur der Lagermeister. Alle Anforderungen die bei mir ankamen waren unterschrieben. Und bei dir, Lena?“ „Bei mir auch.“ Das Julia bis vor ein paar Tagen alle Anforderungen nachkontrolliert hatte erwähnte Lena nicht. Das wusste Julia selbst. So wie es aussah steckte der Lagermeister in der Sache mit drin. Nur konnten sie das beweisen?

 

„Wir müssten herausfinden, wann er bestellt hat und wieviel zu diesem Zeitpunkt noch auf Lager hätte sein müssen.“; überlegte Julia. „Die Lieferscheine für die Eingänge haben wir hier. Damit wissen wir wann was gekommen ist. Der Lagermeister schreibt die Teile im Lagerbestandsystem aber erst ab, wenn der Auftrag voll erledigt ist. Das könnte Probleme geben.“ „Ich hole die Entnahmescheine mit der Unterschrift der Monteure. Da steht das Datum drauf. Dann können wir genau ausrechnen, wieviel wann am Lager war.“, sagte Kevin und verschwand.

 

Lenas Smartphone surrte. Eine Nachricht ihres Vaters. Sie waren gelandet und auf dem Heimweg. Kevin kam zurück. „Der Schrank ist verschlossen. Soll ich versuchen das Schloss zu knacken?“ „Nein.“, entschied Lena. „Dann könnte der Lagermeister behaupten wir hätten ihm etwas untergeschoben. Ich spreche mit meinem Vater und erzähle was wir herausgefunden haben. Er ist bereits gelandet und auf dem Weg nach Hause.“ „Dann gehe ich jetzt auch.“, sagte Julia. „Ich kann euch doch allein lassen?“ „Verschwinde.“, grollte Kevin. „Bis morgen.“, setzte Lena hinzu.

 

Kevin zeigte keine Eile ihr zu folgen. Stattdessen schien er zu überlegen. „Mir fällt gerade was ein. Im Schrank sind nur die Scheine der letzten paar Tage. Der Rest ist im Archiv. Das sagt zumindest Felix. Der musste das Zeug dort hoch schaffen.“ Lena verstand. Damit brauchten sie die Unterlagen aus dem Büro nicht. „Hilfst du mir sie wieder herunterzubringen.“ Kevin grinste. „Na sicher doch.“

 

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Das Archiv erwies sich als staubiger Raum unter dem Dach. Kevin musterte Lena von oben bis unten. Sie trug eine dunkle Leggins. Darüber eine weiße längere Bluse und eine kurze schwarze Jacke. Ihre Füße steckten in dunklen Booties. Es war nicht das erste Mal das Lena Kevins Blicke spürte. Doch diesmal war etwas anders. „Wenn du dort rein gehst sind deine Klamotten danach hin.“, sagte er. „Ich hab eine Idee.“

 

Lena wurde in Richtung der Umkleideräume gezogen. Vor der Tür ließ Kevin sie stehen. „Warte hier.“ „Ich hatte auch nicht vor mit reinzukommen.“, gab Lena zurück. Es ärgerte sie, dass Kevin sie wie ein kleines Mädchen behandelte. Wenig später trat Kevin wieder hinaus. Er trug eine Latzhose und T-Shirt. In der Hand hielt er eine Arbeitsjacke. „Zieh die über.“ Lena zog sie an. Die Jacke war dick. Darin würde sie innerhalb von fünf Minuten durchgeschwitzt sein. Aber sie war so lang wie ihre Bluse. „Ich bin gleich zurück.“, sagte Lena und verschwand hinter der Tür.

 

Der Umkleideraum wurde durch eine Reihe von Spinden längs in zwei Hälften geteilt. Lena zog ihre Jacke aus und streifte die Bluse ab. Die Arbeitsjacke war dick genug um darunter nur den BH zu tragen. Lena zog den Reißverschluss dieses weiten Teils zu und trat vor die Tür. „Es gibt auch einen Umkleideraum für Frauen.“, sagte Kevin als er ihren nackten Hals bemerkte. „Das hättest du auch früher sagen können.“, erwiderte Lena und fasste seinen Arm. „Komm.“

 

Die Unterlagen zu finden erwies sich als nicht schwer. Dafür lag Kevin mit seiner Bemerkung richtig. Nach dem sie die Ordner des letzten Jahres in Julias Büro geschafft hatten waren sie von unten bis oben voller Staub. Auch Lenas Leggins blieben nicht verschont. Dort wo die Jacke endete waren sie mehr grau als schwarz. Das war kein Problem. Im Auto stand ihre Tasche, die sie von Julia mitgebracht hatte. Darin befand sich eine Jeans.

 

Mit dem Teil in der Hand klopfte Lena an die Tür des Umkleideraums. „Kevin?“ „Du kannst reinkommen.“ Vorsichtig öffnete Lena die Tür. Von Kevin war nichts zu sehen. Dafür hörte sie seine Stimme von der anderen Seite der Spindreihe. „Ich bin hier hinten. Sag Bescheid, wenn du fertig bist. Lena schlüpfte aus der Jacke, stieg aus den Schuhen und zog die Leggins aus. Irgendetwas irritierte sie plötzlich. Die Spinde standen weniger eng als es auf den ersten Blick aussah. Schmale helle Streifen füllten die Lücken. Eine Lücke war jedoch dunkel. Ob Kevin sie heimlich beobachtete?

 

Lena beschloss in die Offensive zu gehen. „Anstatt mich heimlich zu beobachten kannst du auch einfach rüberkommen, Kevin. Mehr kriegst du sowieso nicht zu sehen.“ Plötzlich wurde die Tür aufgerissen. Lena fuhr herum. In der Tür stand ihr Vater.

 

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„Du Schwein.“, tobte Lenas Vater und ballte die Fäuste. Voller Wut ging er auf Kevin zu. Der hob abwehrend die Hände. „Es ist alles ganz anders, Herr Hauswaldt.“ Ihr Vater packte Kevin am Kragen. „Raus mit dir. Lass dich nie wieder blicken.“ „Deine Papiere kriegst du mit der Post.“, ergänzte eine Frauenstimme. Lenas Stiefmutter. „Nein.“, schrie Lena. Doch ihr Vater hörte nicht. Er zerrte Kevin die Treppe hinunter.

 

Lenas Stiefmutter trat in die Tür. „Jetzt bist du also die Firmenschlampe.“ Lena wich dem Blick nicht aus. „Du hast keine Ahnung was hier vorgeht.“ Ihre Stiefmutter lächelte höhnisch. „Ich weiß was ich sehe. Zieh dich an.“ Die Tür knallte zu. Lena lehnte sich gegen den Spind. Noch war nichts verloren. Ihr Vater würde sie verstehen. Die Firma wurde bestohlen. Es gab eine Spur und Kevin hatte geholfen diese zu finden. Wenn ihr Vater die Wahrheit erfuhr würde er Kevin nicht entlassen.

 

Lena griff nach der Jeans. Ihre Stiefmutter hatte ausnahmsweise mal recht. Sie musste sich anziehen. Halbnackt konnte sie ihrem Vater erzählen was sie wollte. Er würde es nicht glauben. Vor der Tür telefonierte ihre Stiefmutter. „Was ist hier los? Warum vögelt Lena mit diesem Kevin in der Umkleide?“… „Was heißt, du weißt von nichts?“… „Verdammt, Julia.“… Lena hielt inne. Telefonierte ihre Stiefmutter etwa mit Julia?

 

„Du sollst sie im Auge behalten und nicht auf beste Freundin machen.“, fauchte es vor der Tür. Es musste Julia sein. Wut stieg in Lena auf. Sie hatte Julia vertraut. Dabei war diese nur ein Spitzel ihrer Stiefmutter. Bevor Lena mit ihrem Vater sprach musste sie wissen was gespielt wurde. Sie musste zu Julia. Nur durfte das niemand wissen. Vor der Tür wartete ihre Stiefmutter. Gleich wäre auch ihr Vater zurück. Die Treppe fiel aus. Lena ging zum Fenster. Sie befanden sich im ersten Stock. Für manche war es sicher kein Problem aus dem Fenstert zu springen. Lena schien es als stände sie auf einem Hochhaus. Aber es war ihre einzige Chance.

 

Lena öffnete das Fenster. Ihre Handtasche flog hinaus. Die Schuhe folgten. Mit diesen Absätzen zu springen wäre Wahnsinn. Lena kletterte auf die Fensterbank und ließ ihre Beine baumeln. Sie atmete tief ein und stieß sich ab. Der Aufprall war härter als erwartet. Ihre Füße schienen von den kleinen Steinen auf dem Pflaster durchbohrt zu werden. Ihre Knie gaben nach. Lena klappte auf die Seite. Die Hände rutschten über das Pflaster. Sie lag der Länge nach auf dem Hof. Die Handflächen brannten wie Feuer, aber sie hatte es geschafft. Lena schob sich auf die Beine. Sie warf sich den Riemen der Handtasche über die Schulter griff ihre Schuhe und rannte los. Der Hof war leer. Neben dem Cabrio parkte der Mercedes ihres Vaters. Aus dem Haus drang ein Fluchen. Sie hatte nicht viel Vorsprung.

 

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„Lena?“ Julia sah sie erstaunt an. „Wie siehst du denn aus?“ Lena ging nicht darauf ein. „Warum spionierst du mir nach?“ „Ich spioniere dir nicht nach.“ „Lüg mich nicht an. Ich habe gehört wie meine Mutter mit dir telefoniert hat.“ Julia schob die Tür auf. „Das ist eine lange Geschichte. Komm rein.“

 

Lena betrat die Wohnung. Auf dem Couchtisch lag ein Tablet. Daneben stand eine halbleere Flasche Wein und ein Glas. „Du siehst aus als könntest du ein Glas Wein gebrauchen?“, bot Julia an. Lena schüttelte den Kopf. „Nein. Danke. Ich will nur wissen was hier läuft.“ Julia setzte sich auf die Couch. Lena suchte sich einen Platz auf einem Sessel gegenüber. Sie sah Julia auffordernd an.

 

„Sandra und ich hatten zusammen ein Paar Shootings.“, begann Julia. „Nachdem sie geheiratet hatte war damit ja Schluss. Trotzdem hat sie mich wiedererkannt und eingestellt. Ich hatte damals echte Probleme.“ Sie sah sich um. „Mein Freund war abgehauen und ich saß allein in dieser teuren Bude. Ich war kurz davor auf der Straße zu landen. Der Job war meine Rettung. Außerdem hat deine Mutter dafür gesorgt, dass ich einen Vorschuss kriege.“

 

Lena blieb hart. „Das erklärt nicht warum du mich ausspionierst.“ „Nochmal. Ich spioniere dich nicht aus.“, wiederholte Julia. „Ich sollte dich, während deine Eltern im Urlaub sind nur im Auge behalten. Sandra wollte dich nicht in der Firma haben. Ihrer Meinung nach bist du zu weich für das Geschäft. Damit liegt sie aber falsch. Das hab ich Sandra geschrieben.“ Julia reichte das Tablet über den Tisch. „Lies. Das hab ich nun davon.“ Lena nahm das Gerät. Erstaunt las sie die Nachricht. „Du bist entlassen?“

 

Julia nickte. „Sie will mich nie wieder in der Firma sehen. Ab Morgen bin ich freigestellt.“ „Das werde ich nicht zulassen.“ Lena meinte das ernst. „Was willst du dagegen tun?“ Julia klang resigniert. „Willst du deinen Vater vor die Wahl stellen seine Frau oder mich? Am Freitag hast du alle überrumpelt. Jetzt sind die Verhältnisse klar. Dein Vater ist der Boss, deine Stiefmutter kümmert sich um das Personal und du bist wieder die Tochter.“ Sie stand auf und kam zu Lena herüber.

 

„Aber mach dir keine Sorgen. Kurz bevor du geklingelt hast kam eine Mail. Hier.“ Julias Finger wischten über das Tablet. „Das ist doch eine Marmeladenfirma?“ „Genau.“, bestätigte Julia. „Sie suchen ein Gesicht für die Werbung und die Agentur meint ich wäre perfekt.“ Sie lachte. „Vielleicht siehst du mich dann jeden Morgen beim Frühstück.“ „Allein um meine Stiefmutter zu ärgern kaufe ich ein Glas.“, schloss sich Lena an. Sie konnte Julia einfach nicht böse sein. Schuld war ihre Stiefmutter.

 

Lena stand auf. „Dem Job bei uns trauerst du bestimmt nicht nach.“ „Dem Job nicht wirklich. Aber es hat Spaß gemacht mit dir zusammenzuarbeiten.“ Julia schlang ihre Arme um Lena. „Pass auf Kevin auf. Er hat es verdient.“ Das muss ich mehr als du dir vorstellst, dachte Lena. Von Kevins Problemen brauchte Julia nichts zu wissen.

 

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Im Haus brannte Licht. Lena stoppte das Cabrio vor der Einfahrt. Während der Fahrt hatte sie sich eine Strategie für das Gespräch zurechtgelegt. Ihre Stiefmutter war der Schlüssel. Sie wusste was in den letzten Tagen passiert war. Julia hatte sie über alles informiert. Auch darüber das zwischen Kevin und ihr nichts lief. Wenn ihr Vater ihr nicht glaubte. Seiner Frau würde er glauben.

 

Die Haustür stand offen. Im Flur brannte Licht. Lena trat ein. Die Tür des Garderobenschrankes war geöffnet. „Papa? Sandra?“ Niemand antwortete. Stattdessen drangen merkwürdige Geräusche aus der Abstellkammer. Als wäre dort ein Tier eingesperrt. Lena drückte vorsichtig die Klinke. Die Tür war verschlossen. Das Geräusch wurde lauter. Lena schloss auf. Das Licht aus dem Flur erhellte den kleinen Raum. Am Regal saß ihre Stiefmutter. Sandras Hände waren mit einem Tuch zusammengebunden und an den Streben befestigt. Die untere Gesichtshälfte bedeckte ein Schal.

 

Lena riss ihrer Stiefmutter den Knebel herunter. Sie rang nach Luft. „Ist dieser Irre noch da?“, stieß sie hervor. „Welcher Irre?“ „Dein Freund. Dieser Kevin.“ „Kevin ist nicht mein Freund.“, gab Lena böse zurück. „Das weißt du ganz genau.“ „Woher soll ich das wissen?“ „Von Julia. Von wem sonst? Versuch nur nicht die Ahnungslose zu spielen. Erzähl lieber was passiert ist?“ „Ich bin ins Haus und habe meine Jacke ausgezogen. Plötzlich stand dieser Kevin hinter mir. Er packte mich, band mir die Hände zusammen und steckte mir den Schal in den Mund. Dann hat er mich eingesperrt. Mehr weiß ich nicht.“, erklärte ihre Stiefmutter.

 

Lena löste den Knoten. „Wo ist eigentlich Papa?“ „Keine Ahnung. Ist er nicht draußen?“ Lena schüttelte den Kopf. „Ich hab niemanden gesehen. Die Garage ist auch noch offen.“ „Thomas wird diesen Kerl vom Grundstück gejagt haben. Wie ich ihn kenne hat er ihn ins Auto verfrachtet und schafft ihn gleich zur Polizei.“ Lena wollte das nicht glauben. „Ohne nach dir zu sehen?“ „Woher sollte er wissen, dass ich gefesselt in der Abstellkammer sitze. Dein Vater wird kaum sagen, Schatz ich schaffe mal kurz einen Randalierer weg. Du kennst ihn. Er handelt statt zu reden.“

 

Das stimmte. Ihr Vater war niemand der sich einschüchtern lies. Bei einer Konfrontation war Kevin garantiert zweiter Sieger. Vielleicht standen die beiden draußen und Kevin suchte krampfhaft nach einer Entschuldigung. Lena trat vor die Haustür und ging zur Garage. Der dunkle Schatten war der Mercedes ihres Vaters. Die Fahrertür stand ein wenig offen. Die Türbeleuchtung warf mattes Licht auf den Betonboden. „Papa?“. Niemand antwortete. Lena trat neben das Tor und suchte den Lichtschalter. Der Deckenstrahler flammte auf. Lena schrak zusammen. Neben der Motorhaube, halb durch die offene Autotür verdeckt lag ihr Vater. Mit dem Gesicht auf dem Boden. Den Kopf in einer Blutlache.

 

„Papa!“ Lena lief zu ihrem Vater. Er war bewusstlos. Sie riss das Telefon aus ihrer Handtasche und wählte den Notruf. Kevin musste den Verstand verloren haben. Jetzt konnte sie ihm auch nicht mehr helfen.

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„Wir haben Ihren Mann ins künstliche Koma versetzt.“, erklärte der Arzt. „Mehr können wir jetzt nicht tun.“ „Danke.“, antwortete Lenas Stiefmutter. Der Arzt lies sie allein. Die Polizei hatte ihre Arbeit ebenfalls getan. Nach Kevin wurde gefahndet. „Ob die Cafeteria noch geöffnet ist? Ich kann einen Kaffee vertragen. Du sicher auch?“ Lena sagte nichts. Ihr war nicht nach Reden. Sie wollte auch keinen Kaffee. Aber auch nicht allein hier im Korridor stehen.

 

Die Cafeteria war so gut wie leer. Der Kaffee schmeckte fürchterlich. Lena schob ihn nach einem Schluck angewidert zur Seite. Auch Sandra machte nicht den Eindruck die Tasse austrinken zu wollen. „Jetzt müssen wir uns um die Firma kümmern, Lena. Du und ich.“ Lena sah ihre Stiefmutter verwundert an. „Ich denke für das Geschäft bin ich zu weich?“ „Julia behauptet das Gegenteil.“, erklärte Sandra. „Ich habe das Gefühl sie liegt damit richtig. Du bist die Tochter von deinem Vater. Wenn es hart auf hart kommt reagierst du wie er.“

 

Sandra seufzte. „Ich habe überreagiert. Julias Kündigung werde ich zurücknehmen müssen. Damit gehen wir bei einer Klage unter.“ „Ich glaube nicht das Julia klagt. Sie hat einen Job als Model in Aussicht. In der Werbung eines Marmeladenherstellers.“, klärte Lena ihre Stiefmutter auf. Sandra schmunzelte. „So etwas wollte Julia eigentlich schon immer. Ich hoffe es wird ihr Durchbruch.“ Lena traf ein Lächeln. „Also doch wir beide.“ Ihre Hand suchte Lenas. „In den letzten Tagen ist viel passiert. Erzähl mir davon?“

 

Lena erzählte. Ihre Stiefmutter hörte zu. Ein eigenartiges Gefühl. Ihre Stiefmutter gehörte gewöhnlich zu den Menschen, die ihre Gesprächspartner gefühlt bei jedem zweiten Satz unterbrachen. „Ihr glaubt der Lagermeister steckt mit drin?“, fragte sie als Lena geendet hatte. „Es sieht so aus. Kevin und ich hatten gerade die Unterlagen in Julias Büro geschafft als ihr uns überrascht habt.“ Sandra ging nicht darauf ein. „Es ist jetzt dein Büro.“, sagte sie stattdessen. „Also in Ordnung, Lena. Die Idee ist gut. Schau was du herausfindest. Wir brauchen Beweise. Aber der Lagermeister darf nichts ahnen.“

 

Ihre Stiefmutter stand auf. „Du fährst jetzt nach Hause. Ich bleibe hier.“ Lena wollte protestieren, aber ihre Stiefmutter hob abwehrend die Hände. „Es ist das beste. Wir müssen uns abwechseln. Ich komme zum Frühstück nach Hause. Dann fahren wir gemeinsam in die Firma und kümmern uns um das Notwendigste. Morgen Nacht bist du dran. Was hältst du von dem Vorschlag?“ Er klang vernünftig. Vielleicht schaffte sie es morgen die Unterlagen einzuscannen. Dann konnte sie sich am Tag mit ihrer Mutter um die Firma kümmern und nachts in den Unterlagen nach Beweisen suchen. Man sagte ja immer, dass Menschen im Koma eine ganze Menge mitbekamen. Vielleicht half es ihrem Vater, wenn er wusste, dass sie dem Betrüger auf der Spur waren.

 

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„Das ist die Situation.“, schloss Lenas Stiefmutter die Morgenbesprechung. Alle Anwesenden hielten den Blick gesenkt. Keiner von ihnen hatte etwas gesagt, was über die übliche Routine hinausging. Alle schienen darauf zu warten, dass Sandra Entscheidungen fällte. Zumindest vom Obermeister und dem Lagerleiter hätte Lena etwas anderes erwartet. Sie selbst war seit heute für den Einkauf verantwortlich. Irgendwer musste Julia ersetzen.

 

Da niemand etwas sagte, beendete Lenas Stiefmutter die Sitzung. Sie verschwand in ihrem Büro. Lena ging zu ihrem. Die Nacht hatte sie kaum geschlafen. Die meiste Zeit lag sie wach, dachte an ihren Vater und das Problem des verschwundenen Materials. Es machte keinen Sinn jeden Posten zu überprüfen. Sie würde sich auf die größten Posten konzentrieren.

 

Lena öffnete die Tür zu ihrem Büro. Auf dem Tisch stapelten sich die Archivboxen. Lena musste sie alle durchsehen. Die Laschen aus Pappe ohne Hilfsmittel zu öffnen erwies sich als schwierig. Ein Brieföffner wäre super. Lena warf einen Blick in den Rollcontainer unter Julias ehemaligem Schreibtisch. Einen Brieföffner fand sie zwar nicht. Dafür ein kleines Taschenmesser.

 

Mit dem kleinen Teil ging die Arbeit gut voran. Lena ordnete die Entnahmescheine nach Datum. Dann kamen die Lieferscheine an die Reihe. Plötzlich stutzte sie. Auf einem Lieferschein waren gleich mehrere Posten die fehlten. Die Rechnung war angeheftet und mit einem bezahlt Stempel versehen. Lena suchte einen zweiten Beleg dieses Lieferanten. Darauf befanden sich ebenfalls diese Teile. Auch diese Rechnung war bezahlt. Sie schienen öfter Material von dieser Firma zu beziehen. Jetzt suchte Lena gezielt in den restlichen Boxen.

 

Eine Viertelstunde später hatte sie einen kleinen Stapel zusammen. Alle Belege waren von dem selben Mitarbeiter unterschrieben. Die Unterschrift kam Lena irgendwie bekannt vor. Sie suchte in den Entnahmescheinen der Monteure. Die Unterschrift gehörte tatsächlich Tim. Lena nahm die Belege und steckte das kleine Messer in die Jackentasche. Auf dem Rückweg wollte sie die Belege durch den großen Scanner laufen lassen. Dafür mussten die Heftklammern entfernt werden.

 

Im Lager hielt sie Ausschau nach Felix. Lena fand ihn zwischen den Regalen. „Hast du mal einen Augenblick?“ Felix strahlte. „Für dich immer.“, sagte er etwas zu euphorisch. Lena zog ihn auf den Hof. Sie reichte Felix einen Lieferschein. „Das ist die Unterschrift von Tim. Hat er mal im Lager gearbeitet oder ausgeholfen?“ „Tim hat gerne seine Teile abends zusammengesucht. Aber im Lager gearbeitet hat er nie.“, erklärte Felix. „Außerdem ist das ganze Ding merkwürdig. Den Lieferanten kenn ich gar nicht.“ Lena sah ihn erstaunt an. „Aber wir kaufen doch Teile von ihm?“ Felix gab ihr den Lieferschein zurück. „Ehrlich, Lena. Von dieser Firma kam noch nie eine Lieferung.“ Er sah sie fragend an. „Hat das was mit den Diebstählen zu tun?“ „Vermutlich. Das bleibt aber unter uns.“ „Ist klar.“, antwortete Felix. „Was ist eigentlich mit Kevin? Der Obermeister sagt er ist gefeuert.“

 

„Das stimmt.“, bestätigte Lena. „Und wie es aussieht wegen mir.“ Felix lachte. „Also ist es wahr. Kevin und du seid zusammen. Hat dein Vater euch erwischt?“ „Das denkt er zumindest. Es stimmt aber nicht.“, klärte ihn Lena auf. „Kevin und sich sind nur Freunde.“ „Kannst du dann nicht was drehen?“, wollte Felix wissen. „Wenn ich es rechtzeitig gemacht hätte schon.“, antwortete Lena traurig. „Jetzt ist es zu spät.“ Sie wandte sich zum Gehen. Felix hatte sie auf eine Idee gebracht. Die musste Lena unbedingt überprüfen.

 

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„Lena?“, Nicole Grewen sah sie verwundert an. Dann begriff sie. „Du willst zu deinem Vater.“ „Du weist davon?“ „Ja, Sandra war heute früh hier. Das ist eine schreckliche Geschichte.“ Lena seufzte. „Ja und alles ist meine Schuld. Ich hätte gleich auf Papa einreden sollen. Aber ich dachte nicht das Kevin so etwas machen würde.“ „Ich komme morgen hier raus.“, sagte Nicole. „Die Ärzte sind zwar dagegen, aber ich kann euch doch nicht in der Firma allein lassen.“ „Vielleicht kannst du mir heute schon helfen.“ Lena reichte ihr die Lieferscheine. „Alles Teile die fehlen.“

 

Die Prokuristin blätterte die Belege durch. „Ein und derselbe Lieferant. Wir müssen herausfinden wer die Lieferungen angenommen hat.“ „Die Unterschrift ist von Tim.“, sagte Lena. „Dann arbeitete er mit jemanden zusammen.“, mutmaßte die Nicole. Sie machte eine verschlungene Handbewegung. „Du verstehst. Die Ware ist angeblich bei uns angekommen, aber in Wirklichkeit wurde sie zu den Leuten, die dich entführt haben umgeleitet.“ „Das wäre eine Möglichkeit.“ bestätigte Lena. „Ich hab mich mal mit dieser Firma beschäftigt. Die gibt es gar nicht. Die Webseite ist falsch. Die Adresse und die Telefonnummer sind erfunden.“

 

„Gibt es auch Rechnungen?“ fragte Nicole „Ja und alle bezahlt.“, bestätigte Lena. „Irgendwer muss die Lieferscheine in die Unterlagen geschmuggelt haben. Das könnte Tim gewesen sein. Die Materialeingänge buchen ja meist Auszubildende. Aber ohne einen Komplizen in der Buchhaltung kriegen sie die Rechnungen nicht bezahlt.“ Nicole war überrascht. „Wie kommst du auf die Idee?“ „Wie oft musste ich bei einem Lieferanten anrufen, weil etwas falsch geliefert wurde.“, erklärte Lena. „Eine einzige Rückfrage wegen einer Rechnung und der Schwindel wäre aufgeflogen.“ Nicole sah auf. „Ich glaube du bist auf der richtigen Spur.“

 

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Die Nacht schien kein Ende nehmen zu wollen. Bereits mehrfach hatte die Schwester Lena angeboten nach Hause zu fahren. Sie würde sofort informiert. Doch sie blieb lieber bei ihrem Vater. Wenn etwas passierte war er wenigstens nicht allein. Lena hatte ihrem Vater alles erzählt. Von ihrem zufälligen Blick ins Lager letzte Woche bis zu dem Gespräch mit Nicole. Morgen würden sie wissen wer Tims Komplize in der Buchhaltung war. Vielleicht kämen sie über ihn auch an diese beiden Männer ran. Aber das war nebensächlich. Hauptsache ihr Vater wurde wieder gesund und in der Firma lief wieder alles normal. Lena hatte das Gefühl das Chaos wäre ihre Schuld. Sie hätte im Umkleideraum sofort dazwischen gehen müssen. Dann läge ihr Vater jetzt nicht hier und Kevin wäre nicht auf der Flucht.

 

Lena schrak zusammen. Sie griff nach dem Holm des Bettes. Beinahe wäre sie vom Stuhl gerutscht. Sie musste eingeschlafen sein. Etwas frische Luft war sicher nicht verkehrt. Lena verließ das Zimmer. Der Korridor war menschenleer. Auch im Treppenhaus begegnete sie niemandem. Lena trat ins Freie. Die kalte Nachtluft wirkte erfrischend. Sie sehnte sich nach einer Dusche. Ihr Outfit war alles andere als bequem. Die Beine unter der Strumpfhose juckten und die Füße wollten aus den Stiefeln.

 

Normalerweise trug Lena keine Röcke. Aber in Jeans oder Leggins in die Firma zu gehen hielt sie heute für unpassend. Ihre Stiefmutter trug in der Regel Röcke. Sie waren ein Team und das sollten die Mitarbeiter auch sehen. Also blieb Lena nichts anderes als auch einen Rock anzuziehen. Davon besaß sie nicht viele und eigentlich nur einen der halbwegs ins Büro passte. Das Teil war schwarz und für die Firma eigentlich ein wenig zu kurz. Aber mit einer dunklen blickdichten Strumpfhose ging es. Dazu ein weißes Top und ihre kurze dunkle Jacke.

 

Zu diesem Outfit passten eigentlich nur ihre Booties. Doch Sandra hatte als sie Lena sah wortlos in den Schuhschrank gegriffen und ein Paar schwarze Stiefel mit recht hohem Absatz hervorgeholt. Normalerweise tauschten sie keine Klamotten. Die Sachen ihrer Stiefmutter waren Lena sowieso viel zu klein. Bei den Schuhen besaßen sie aber die selbe Größe. Lena musste zugeben, die Stiefel passten extrem gut zu dem Outfit. Als sie heute Morgen gemeinsam aus dem Auto stiegen hatte Lena das Gefühl, dass die Blicke der Männer nicht nur Sandra folgten. Ihr Outfit passte auch gut ins Büro. Vielleicht erklärte es auch Felix Reaktion. Nur war es nicht dazu geeignet eine Nacht im Krankenhaus zu verbringen.

 

Ein Lieferwagen nährte sich dem Eingang. Lena zog die Jacke fester an sich. Sie musste wieder zu ihrem Vater. Aus dem Eingang war ein Mann getreten. Er stand etwas abseits und tippte auf seinem Smartphone. „Guten Morgen.“, sagte Lena. Es war zwar erst drei Uhr, aber Gute Nacht erschien ihr unpassend. Der Mann antwortete nicht. Lena ging in Richtung Eingangstür. Neben ihr bremste der Lieferwagen. Plötzlich fühlte sie jemanden in ihrem Rücken. Der Mann musste ihr gefolgt sein. Lena drehte sich um. Sie sah etwas Weißes auf sich zukommen. Die Alarmsirenen in ihrem Kopf heulten auf. Nichts wie weg. Zu spät. Lenas Arme wurden von hinten gepackt. Das Weiße legte sich auf Mund und Nase. Es roch medizinisch. Dann sackte sie zusammen.

 

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Lenas Kopf schien zu explodieren. Vor den Augen verschwamm alles. Eine Stimme schwang durch den Raum. „Lena. Sag was … Bitte.“ Die Stimme ihrer Stiefmutter. Sie klang undeutlich. Lena schloss für einen Moment die Augen und fegte die letzten weißen Wolken aus ihrem Kopf. Der Blick wurde klarer. Sie lag auf einem Bett. Dies stand im Schlafzimmer ihrer Eltern. Sie konnte sich nicht bewegen. Über die Ursache brauchte Lena nicht zu rätseln. Neben ihr lag ihre Mutter. An Händen und Füßen mit Kabelbindern gefesselt. Die Beine waren angewinkelt und die Fußfesseln mit den Kabelbindern um die Hände verbunden. Die Erklärung für die merkwürdige Stimme war ein Tuch, das Sandras Lippen auseinander zwang und tief in ihre Mundwinkel einschnitt. Auch Lena spürte diesen Druck im Gesicht.

 

„Ein Glück …lebst.“, stieß ihre Mutter erleichtert hervor. Eine zweite Stimme schloss sich an. Lena hob den Kopf. Hinter ihrer Stiefmutter lag Julia. Ebenso verpackt wie sie beide. Der Modeljob … Falle.“, brabbelte Julia halbwegs verständlich. „Julia… Gestern Abend…Haustür….Zwei Kerle…versteckt.“ Das war Sandra. Die beiden stammelten wild durcheinander. Trotzdem konnte sich Lena die Ereignisse zusammenreimen.

 

Zwei Männer gaben sich als Fahrer der Agentur aus. Sie bedrohten Julia und zwangen sie Lenas Stiefmutter zu überreden die Tür zu öffnen. Dann wurden sie betäubt. Aufgewacht waren sie gefesselt und geknebelt auf dem Bett. Ihre Stiefmutter sah Lena fragend an. „Drei…Uhr…vor….Krankenhau...“, würgte sie heraus. „Jetzt ist sechs.“, krächzte Julia. Sie war die einzige die einen Blick auf den Radiowecker erhaschen konnte. Die Tür wurde aufgerissen. „Sie sind wach.“, erklärte ein Mann. Lena erkannte die Stimme sofort. Es war der kleinere der beiden die sie aus dem Lager entführten.

 

„Was wollen … von uns?“, stammelte Lenas Stiefmutter. „Was schon?“, lachte der zweite Mann. „Könnt ihr euch das nicht denken.“ Er zog ein Messer und durchtrennte die Verbindung in Julias Rücken. Sie wurde gepackt und angehoben. Julia wand sich mit aller Kraft. Aber gegen zwei Männer hatte sie keine Chance. Sie trugen sie einfach aus dem Zimmer. Lena lies den Kopf sinken. Natürlich nahmen sich diese Kerle Julia. Sie war die hübscheste von ihnen. Aber dabei würde es nicht bleiben.

 

Durch die geöffnete Schlafzimmertür drangen Geräusche. Die Männer hatten Julia in ein anderes Zimmer hier im Obergeschoss gebracht. Sie schrie. Lena drehte den Kopf zu ihrer Stiefmutter. Sandra hatte das Gesicht im Kissen vergraben und atmete ruhig. Sie weiß das wir keine Wahl haben, dachte Lena. Wieder ein Schrei. Einer der Männer kam zurück und schlug die Schlafzimmertür zu. Im Grunde vollkommen überflüssig. Ob sie hörten wie die Männer Julia missbrauchten war eigentlich egal. Sie konnten es nicht verhindern. Sie konnten nur warten.

 

Die Tür wurde aufgerissen. Lena hielt den Atem an. Ihre Stiefmutter hob den Kopf. Wer von uns beiden ist die nächste, las Lena in ihren Augen. Die Schritte kamen näher. Sandra versuchte den Kopf zu drehen. In ihren Augen lag blankes Entsetzen. „Nicht… Tochter…Ich ….freiwillig. Bitte.“ Also ich dachte Lena beinahe resigniert. Plötzlich verschloss ihr etwas die Augen. Ein Geruch stieg in die Nase. Lena kannte ihn. Sie wurde betäubt. Nur warum?

 

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Kälte zog über Lenas Rücken. Sie öffnete die Augen. Die Dosis des Betäubungsmittels musste diesmal geringer gewesen sein. Die Kälte in ihrem Rücken kam von den Fliesen. Sie saß eingeklemmt zwischen Toilette und Dusche in einem kleinen fensterlosen Bad. Ihre Hände und Füße waren noch immer gefesselt. Der Knebel war verschwunden.

 

Die Tür wurde geöffnet. „Sie ist wach.“, stellte einer der Männer fest. Eine Frau trat ein. Lena sah sie ungläubig an. Nicole Grewen. „Hallo Lena.“, begann sie. „Erinnerst du dich? Ich habe gesagt, du bist auf der richtigen Spur. Nur leider hast du das der Falschen erzählt. Du bist mir einfach zu nah gekommen. Ich musste handeln.“ Lena warf ihr einen bösen Blick zu. Aber eigentlich hätte sie sich selbst Ohrfeigen können. Warum war sie nicht auf Nicole gekommen? Sie hatte die Möglichkeit eine Rechnung einfach durchzuschleusen. Außerdem konnte sie die Bestände in der Lagerbuchhaltung verändern. Sie brauchte nur jemanden, der die gefälschten Lieferscheine unterschrieb. Den Rest erledigte sie selber.

 

Jetzt interessierte sie etwas anderes. „Was ist mit Sandra und Julia?“ „Die beiden sind in Ordnung.“, antwortete Nicole. Lena lachte bitter. „So in Ordnung wie man nach einer Vergewaltigung sein kann.“ „Du solltest nur glauben was du mit eigenen Augen gesehen hast.“, erklärte Nicole. „Weder Julia noch deine Stiefmutter wurden vergewaltigt. Ich musste nur dafür sorgen, dass sie mir eine Weile nicht in die Quere kommen. Du solltest dich nicht beschweren. Sie sind gefesselt und eingesperrt. Du dagegen wirst deinen Spaß haben. Du hattest doch schon Sex?“ Lena ignorierte die Frage. „Du gönnst deinen Gangstern aber auch gar nichts.“ Der Sarkasmus war nicht zu überhören. „Bei Julia und Sandra mit ihren Modelfiguren dürfen sie nicht ran. Dafür an meine Speckrollen.“

 

„Wie Tim fanden sie deine Speckrollen ganz nett.“, ging Nicole auf das Thema ein. „Außerdem gibt es da bekanntlich noch jemanden….“ „Wie hast du es geschafft Tim in die Sache mitreinzuziehen.“, unterbrach Lena Nicoles Satz. „Tim war nur ein Mittel zum Zweck.“, antwortete Nicole. „Der kleine Bastard hat geklaut und ich habe ihn dabei erwischt. Dafür das er mir hilft die falschen Lieferscheine echt aussehen zu lassen habe ich ein Auge zu gedrückt. Es war dein Pech Tim an diesem Abend ins Lager zu folgen. Meine Partner und ich mussten handeln. Leider kam Kevin dazwischen. An dich kamen wir nicht mehr ran also musste Tim dran glauben. Meine Partner haben saubere Arbeit geleistet.“ Sie grinste. „Auch bei mir.“

 

Sie gab jemanden einen Wink und trat zur Seite. Der größere der beiden Männer kam in das Bad. In seiner Hand lag ein Messer. Er schnitt die Fesseln an Lenas Füßen durch und half ihr auf. Im Flur erkannte Lena wo sie sich befand. Es war die Einliegerwohnung in Nicoles Haus. Ein perfektes Versteck. Es ging durch das Wohnzimmer. Dort wartete der zweite Entführer. Er öffnete die Tür zum Schlafzimmer. Die Rollos waren geschlossen. Das Licht brannte. Lena trat ein. „Oh, mein Gott.“, sie wollte ihren Augen nicht trauen. Unter einer Decke auf dem Bett lag Kevin. Seinen Mund bedeckten dicke Lagen Tape. Nicole hob die Decke hoch. Kevin war nackt und an Händen und Füßen mit Kabelbindern gefesselt. „Er wollte schon immer mit dir schlafen. Jetzt ist es soweit.“

 

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Lena sah zu Kevin. Er senkte den Blick. Seine Situation war ihm offensichtlich peinlich. „Vergiss es, Nicole. Ich werde mit niemanden ins Bett steigen, der meinen Vater zusammengeschlagen hat.“ „In diesem Punkt kann ich dich beruhigen. Als dein Vater niedergeschlagen wurde lag Kevin gefesselt in meinem Keller.“ Lena horchte auf. Ihre Stiefmutter hatte Kevin doch erkannt. Irgendetwas passte nicht. „Dann sind deine beiden Schläger der Grund dafür, dass mein Vater im Krankenhaus liegt?“ „Sie werden dir auch die Sachen herunterreißen, wenn du nicht in zwei Minuten nackt bist.“, drohte Nicole.

 

In den Gesichtern der beiden Kerle lag unverhohlene Vorfreude. Lena hob abwehrend die Hände. „Ist ja gut.“ Sie legte die Jacke ab und öffnete den Rock. „Wie habt ihr euch das vorgestellt?“ „Ganz einfach.“, erklärte Nicole. „Wir drehen einen Privat-Porno. Wenn wir ins Geschäft kommen kriegt das Teil niemand zu sehen.“ „Was für ein Geschäft?“ Lena ließ den Rock herunter gleiten, setzte sich auf die Bettkante und öffnete die Reißverschlüsse der Stiefel. „Einen Tausch. Ich habe genug zusammen und wollte sowieso kündigen. Sandra wird in ihrer Lage keine Einwände haben. Also ihr vergesst die Sache einfach und der Porno taucht nie im Netz auf.“

 

„Eines möchte ich aber gerne wissen.“, fragte Lena. „Warum betrügst du die Firma?“ „Weil dein Vater mich betrogen hat. Um ein paar Jahre meines Lebens.“ In Nicols Stimme lag ein böser Unterton. „Nach dem Tod deiner Mutter habe ich mich für die Firma aufgerieben. Tag und Nacht gearbeitet. Aber er hat mich gar nicht beachtet. Ich war nur sein Arbeitstier. Also habe ich mir wieder geholt was ich ihm geopfert habe. Das finde ich fair.“ „Fair ist was anderes.“, fuhr Lena dazwischen. „Du hast meinen Vater zusammenschlagen lassen.“ „Er musste aus dem Weg.“, antwortete Nicole trocken. „Jetzt mach endlich weiter.“

 

Lena fasste dem Bund der Strumpfhose und zog sie herunter. Sie hatte eine Idee. Jetzt in Slip und BH war die letzte Gelegenheit mit Nicole einen Deal zu machen. Sie stand auf und legte ihre Sachen am Kopfende des Bettes zusammen. Obenauf kam ihre Jacke. „Was soll das?“, fauchte Nicole. Lena zeigte auf Kevin. „Schau ihn dir an. Das wird nichts.“ „Dann gib dir Mühe.“ Lena drehte sich um. Sie stemmte die Arme in die Hüfte. „Nicole, wenn einer deiner Gangster über mich herfallen will, bitte. Dagegen kann ich nichts machen. Nimm das meinetwegen auf. Aber mit Kevin in diesem Zustand kriegst du keinen Porno. Maximal zwei Leute, die sich abmühen und dämlich anstellen. Lass uns einfach eine Viertelstunde allein. Dann klappt es vielleicht.“

 

„Nein.“ Die Stimme der Prokuristin klang endgültig. „Nicole, bleib ehrlich. Ich sehe nicht aus wie Julia und hab auch nicht ihre Erfahrung.“ „Es reicht.“ Der größere der beiden Entführer sah deutlich genervt zu Nicole. „Wir fesseln sie aufeinander und lassen sie eine Weile zappeln. Irgendwas passiert schon.“, entschied diese. Lena sah sie entsetzt an. „Das könnt ihr nicht machen.“ Der Kleinere trat auf sie zu. „Sicher können wir das.“ Er packte den Steg ihres BHs. „Jetzt runter mit dem Ding.“

 

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Der größere Räuber wischte sich den Schweiß von der Stirn. Trotz der gefesselten Hände und des Knebels wehrte sich Kevin mit aller Kraft. Jetzt saß er neben dem Bett an den Stuhl fixiert. Seine Hände lagen hinter der Lehne. Die Füße waren mit Tape an den Stuhlbeinen verzurrt. Lena stand scheinbar unbeeindruckt daneben und sah zu. Innerlich kochte sie. Wenn ihr Plan funktionieren sollte mussten die Männer sie für eine Weile allein lassen. Kevin tat, ohne es zu wissen genau das richtige.

 

Der Kleinere sah Lena auffordernd an. Sie verstand. Jetzt musste sie nur in der richtigen Position gefesselt werden. Lena setzte sich Gesicht zu Gesicht auf Kevins Schoss und legte die Arme um seinen Körper. Der Größere nahm zwei Kabelbinder. Er verschlang sie ineinander und legte sie um Lenas Handgelenke. Die Kabelbinder ratschten. Der zweite Mann fixierte ihre Taille mit Klebeband an Kevins Oberkörper und dem Stuhl. Zum Schluss kam der Knebel. Lena war erleichtert das es nur ein Tuch und kein Paketband war.

 

Die beiden Männer schienen zufrieden. Das süffisante Lächeln von Nicole sprach Bände. „Jetzt habt ihr eure Viertelstunde.“ Die drei verließen den Raum. Kevin begann sofort mit aller Kraft gegen die Fesseln zu kämpfen. Doch Lena schüttelte energisch den Kopf. Sie schob ihre Hüfte dichter an Kevin heran. Seine Reaktion spürte sie sofort. Lena legte den Kopf zurück. Bitte nicht, flehte sie. Kevin begriff. Er schloss die Augen und atmete tief durch. Lena streckte die Beine aus. Es gelang ihr einen Fuß unter die Jacke zu schieben und sie anzuheben. Sie winkelte ihr Bein an. Die Jacke schwebte über den Boden.

 

Lena presste ihren Oberkörper so fest es ging an Kevin. Sie legte ihren Kopf auf seine Schulter und versuchte die Bewegungen ihrer Arme und Beine zu koordinieren. Es gelang ganz gut. Ihre Finger packten die Jacke und tasteten sich zur Tasche vor. Schon spürte sie es. Julias kleines Taschenmesser war ihre Rettung. Lena packte es und zog ihren Fuß weg. Die Jacke fiel auf den Boden. Jetzt nur nicht das Messer verlieren. Kevin sah nicht, was hinter seinem Rücken vorging. Aber er wusste was er zu tun hatte. Einfach stillsitzen.

 

Endlich. Das Messer war offen. Lena schob es unter einen der Kabelbinder um ihre Gelenke. Das Plastik knirschte und zerriss. Lena war frei.

 

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Lena zog den Knebel aus ihrem Mund. „Leise, Kevin.“, mahnte sie. Der nickte nur. Lena durchtrennte das Tape und stieg von ihm herunter. Kevin senkte beschämt den Blick. Trotz der Situation hatte er es nicht geschafft seine Erregung zu unterdrücken. „Tut mir leid.“, flüsterte er als Lena ihn von dem Tape über seinem Mund befreite. „Ist schon in Ordnung.“, flüsterte Lena zurück.

 

Kevin war frei. „Hilf mir.“, bat er und stemmte sich gegen die Kommode neben der Tür. Gemeinsam schoben sie das Teil davor. Vor der Tür waren Stimmen zu hören. „Das ist alles reine Zeitverschwendung.“ Die Stimme des größeren Entführers. Er klang genervt. „Die Kleine ans Bett binden und diesen Typ drüber scheuchen. Irgendwie hätten wir den schon steif gekriegt.“ „Willst du ihm einen runterholen.“ Das war Nicole. „Ich fasse Kevins Schwanz auf keinen Fall an.“ „Meinetwegen kann es auch die Kleine machen.“, lenkte einer der Männer ein. „Hauptsache wir kommen bald hier weg.“

 

„Ihr kommt hier weg.“, bellte Nicole. „Ich liege dann gefesselt oben im Schlafzimmer.“ „Es war deine Idee. Also musst du da durch.“ Der kleinere Entführer wirkte ebenfalls genervt. „Vergiss nicht wer euch bezahlt.“, herrschte Nicole ihn an. „Ihr könnt nur zuschlagen. Zum Denken seid ihr einfach zu blöd. Die Bullen aber nicht.“ Die Männer setzten zum Widerspruch an. Nicole unterbrach sie schroff. „Kevin wusste das ich in der Klinik liege. Er hat sich bei mir versteckt und Lena entführt. Das er scharf auf sie ist weiß jeder in der Firma. Dann bin ich dazwischengekommen. Kevin hat mich überwältigt und gefesselt. Er war so mit den Nerven runter das er keinen Ausweg sah als Lena und sich mit Schlaftabletten ins Jenseits zu befördern. Das ist die Geschichte und dafür werdet ihr bezahlt.“ „Ist ja gut.“, wiegelte der Kleinere ab. Auch Nicole lenkte ein. „Wir geben ihnen noch fünf Minuten. Wenn es nicht klappt machen wir es auf eure Tour.“

 

Lena sah zu Kevin. Sie mussten hier raus. „Wo sind deine Sachen?“ „Keine Ahnung.“, sagte Kevin leise. „Seid die beiden Typen mich geschnappt haben war ich meist weggetreten.“ Er zerrte das Betttuch herunter, schnitt ein Loch in die Mitte und stülpte es über den Kopf. Lena hatte ihren Rock angezogen und war in die Jacke geschlüpft. Das und die Stiefel mussten reichen. Alles andere dauerte zu lange. Kevin rannte zum Fenster und zog die Rollläden hoch. „Eh, meine Karre.“, stieß er erfreut hervor. Mit einem Satz war er aus dem Fenster und bei seinem Jeep. „Sogar der Schlüssel steckt.“ Er winkte ihr zu. „Komm.“

 

Lena zögerte. Sie befanden sich zwar im Erdgeschoss. Trotzdem waren ihre Stiefel nicht zum Springen gemacht. Kevin trat unter das Fenster und breitete seine Arme aus. „Komm schon.“ Lena lies sich fallen. Kevin fing sie auf. Ohne Lena abzusetzen rannte er zu seinem Jeep und warf sie auf die Rückbank. Der Motor heulte auf. Kevin raste los. Lena sah zurück. Niemand folgte ihnen.

 

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Bei dem Tempo das Kevin fuhr wurde Lena auf der Rückbank hin und her geworfen. Sie packte die Lehne des Beifahrersitzes und schob sich auf die Beine. Das war besser. „Zum mir nach Hause.“, schrie sie. Kevin nickte. „Die wollten uns glatt umbringen.“ Er schaute sich kurz um. „Danke.“ „Wofür?“ „Du hast uns befreit. Ich dagegen hab nur dämlich rumgesessen und versucht mich zusammen zu reißen. Noch nicht einmal das hat geklappt.“

 

Lena lachte. „Und das bei mir.“ Kevin trat abrupt auf die Bremse. „Es reicht. Jede andere Frau, die ich kenne hätte diese Typen angebettelt ihr nichts zu tun. Aber du ziehst ganz cool deinen Plan durch.“ „Mir ist nur eingefallen, dass das Messer aus Julias Schreibtisch noch in der Jacke steckte. Mehr nicht?“ „Mehr nicht?“ Kevin starrte sie ungläubig an. „Lena, du bist etwas ganz besonderes. Als du mich vorhin umarmt hast hätte ich vor Freude heulen können.“ „Wir waren gefesselt.“ „Das war mir egal.“ Kevins Stimme zitterte. „Ich liebe dich.“

 

Nun war es heraus. Vor diesem Satz hatte sich Lena gefürchtet. Sie musste etwas antworten. Nur wusste sie nicht was. Aus einem Impuls schlang Lena ihre Arme von hinten um Kevins Körper und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Du bist der beste Freund den ich habe. Ich mag dich. Aber ob es Liebe ist weiß ich nicht. Gib mir etwas Zeit um es herauszufinden.“ Kevin griff ihre Hand. „Du hast alle Zeit der Welt.“ Lena spürte seine Kraft. Wie würde es sich anfühlen von ihm umarmt zu werden. War er im Bett auch der raue Typ oder sanft wie ein Lamm.

 

Lena konnte es nicht sagen. Dazu fehlte ihr die Erfahrung. Sie hatte es bis jetzt nur einmal getan und es gefiel ihr nicht. Eigentlich wollte sie es damals auch nicht. Lena hatte sich dazu überreden lassen. Sie wollte ihren Freund halten. Es hatte nicht funktioniert und aus heutiger Sicht war es ein Fehler. Sie wollte diesen Fehler nicht noch einmal machen. „Fahr bitte weiter.“, riss Lena sich zusammen. „Wir müssen zu Julia sie braucht unsere Hilfe.“ Der Jeep raste los. „Deine Stiefmutter auch.“, rief Kevin. „Da bin ich mir nicht so sicher.“, erwiderte Lena.

 

Die Haustür war unverschlossen. „Julia? Sandra?“, rief Lena. Niemand antwortete. „Du suchst unten. Ich oben.“, wies sie Kevin an und stürmte die Treppe hinauf. Das Schlafzimmer war leer aber durchwühlt. Das Gästezimmer ebenfalls. Auch in Lenas eigenem Zimmer herrschte Chaos. Aus dem Bad drang ein leises Geräusch. Lena riss die Tür auf. Der Hahn über der Badewanne plätscherte langsam vor sich hin. Aus der Wanne drangen verzweifelte von Gurgeln unterbrochene Hilferufe. Julia lag an Händen und Füßen gefesselt in der Wanne. Sie war mit einem Tuch geknebelt und versuchte verzweifelt ihren Kopf über Wasser zu halten.

 

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Das Wasser rauschte in den Abfluss. „Länger als ein paar Minuten hätte ich nicht mehr durchgehalten.“, stöhnte Julia als Lena sie von dem Knebel erlöste. „Hat Sandra das Wasser aufgedreht?“, wollte Lena wissen. „Sie wollte mich ertränken.“, bestätigte Julia. „Es sollte so aussehen, als ob ich zwei Einbrecher überrascht hätte.“ Kevin trat in die Tür. „Unten ist niemand. Aber alles ist durchwühlt.“ „Hilf mir, Kevin.“, bat Lena. Er schob sie zur Seite „Ich schaff das schon. Such du was zum Schneiden.“

 

Lena durchsuchte die Badezimmerschränke. Sie fand eine stabile Nagelschere. Kevin hatte Julia aus der Badewanne gehoben. „Reicht die?“, fragte Lena. „Ich glaub schon.“, Kevin nahm die Schere. „Wir beiden sollten umgebracht werden.“, erklärte Lena während Kevin die Handfesseln zerschnitt und Julia die Schere reichte. „Nicole betrügt die Firma. Sie und meine Stiefmutter arbeiten zusammen.“

 

Julia lachte bitter. „In der Firma tun sie so als ob sie sich nicht leiden können.“ Sie überlegte. „Wer erbt eigentlich die Firma, wenn dein Vater stirbt?“ „Ich.“ „Und wenn du auch tot wärst.“, bohrte Julia weiter. Lena sah sie irritiert an. Nein, diese Idee war viel zu weit hergeholt. Die gefälschten Rechnungen waren eine Sache. Auf was Julia hinaus wollte etwas ganz anderes. Sollte ihr Vater nicht nur niedergeschlagen, sondern ermordet werden. „Dem Ehevertrag nach Sandra.“, klärte sie Julia auf.

 

„Fahr ins Krankenhaus. Schnell.“, drängte Julia. „Pass auf deinen Vater auf. Sandra darf nicht in seine Nähe. Sie will ihn umbringen.“ „Das kommt doch raus.“, wunderte sich Kevin. Julia schüttelte den Kopf. „Sandra ist ausgebildete Krankenschwester.“ Lena sah sie verwundert an. „Sandra ist doch Betriebswirt.“ „Glaub mir es stimmt.“ Julia klang beschwörend. „Bei einem Shooting ist mal ein Model umgekippt. Sandra wusste was zu tun war. Da hat sie es erzählt.“

 

„Verdammt.“, stieß Kevin hervor. „Besser hätte ich es auch nicht sagen können.“ Lena fuhr herum. In der Tür stand ihre Stiefmutter. Dahinter die beiden Räuber. In ihren Händen lagen Pistolen. Kevin ballte die Fäuste. „Mach keinen Unsinn, du Nachtgespenst.“, drohte der größere Eindringling. „Alle rüber ins Schlafzimmer.“ Lena trat vor. „Hat Julia recht?“ „Wenn du es unbedingt wissen willst ja.“, antwortete ihre Stiefmutter. „Nachdem du uns auf der Spur warst, konnten wir die Sache mit den gefälschten Rechnungen nicht weiter durchziehen. Nicole und ich haben uns für die große Lösung entschieden. Wir holen uns die Firma.“

 

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„Warum?“, fragte Lena. „Papa liebt dich.“ Sandra lachte. „Das sollte er auch. So gut sieht er nun wirklich nicht aus.“ „Warum hast du ihn dann geheiratet?“ „Weil er eine gute Freundin von mir nicht wollte.“ „Du meinst Nicole?“ Sandra nickte. „Sie war perfekt für deinen Vater. Nur leider gingen seine Vorstellungen, was das Aussehen seiner Zukünftigen betraf eher in eine andere Richtung. So etwa in meine. Es brauchte etwas Vorbereitung, aber nach unserer ersten Begegnung saß dein Vater in der Falle.“ Lena begriff. „Du hast deinen Job gekündigt, den Betriebswirt gemacht und Nicole hat dafür gesorgt, dass du meinen Vater kennenlernst.“

 

„Genau so war es.“, bestätigte Sandra. „Wir waren alle zufrieden bis du deine Nase in unsere Angelegenheiten gesteckt hast.“ Sie trat zur Seite. „Schafft sie ins Schlafzimmer und fesselt sie. Nicole und mir fällt schon was ein.“ Die beiden Männer hoben die Pistole. „Hände hoch und rüber.“ Lena hob die Hände und ging als erste. Kevin und Julia folgten. Lena war auf Höhe ihres Zimmers als ein Schrei sie herumfahren lies. Der größere der beiden Männer hielt sich den Arm. In Julias Hand lag die Schere. Der zweite Bewacher war einen Moment abgelenkt. Kevin schlug zu. Der Getroffene ging in die Knie. „Lauf.“, schrie er. „Lauf, Lena.“

 

Lena rannte los. In ihr Zimmer. Das besaß einen kleinen Balkon. Sie riss die Tür auf, nahm allen Mut zusammen und sprang. Die Absätze der Stiefel blieben im Kies stecken. Sie klappte auf die Seite. Neben ihr landete Kevin. Oben vom Balkon sprang gerade Julia. Lena rappelte sich auf und rannte los. Die beiden anderen folgten. Aus dem Haus trat ihre Stiefmutter. Sie zielte mit einer Pistole in Lenas Richtung. „Stehenbleiben.“ „Nein.“, schrie jemand von hinten. Kevin stürzte vorbei. Er schob Sandra einfach beiseite. Lena sprintete los. Neben sich Julia. Im Nacken spürte sie Kevins Atem. Der Jeep stand nur ein paar Meter vor ihnen.

 

Ein Schuss hallte zwischen den Häusern. Kevin schrie. Lena wandte sich um. Kevin hielt sich die Seite. Kurzentschlossen packte Lena seinen Arm. Sie spürte etwas Feuchtes auf der Haut. Blut. Kevin war angeschossen. Taumelnd erreichten sie den Jeep. Julia saß bereits am Steuer. Der Motor lief. Kevin klammerte sich an das Heck. Ihn zurücklassen kam nicht in Frage. Lena packte seine Füße und hob sie mit aller Kraft hoch. Kevin rollte auf den Rücksitz. Lena sprang hinter her. Julia gab Gas. „Ins Krankenhaus?“, fragte sie. „So schnell du kannst.“, antwortete Lena. Sie hob das Laken hoch. Alles war voller Blut. Kevins Augen wurden trüb. „Du musst durchhalten.“, schrie sie. „Du musst es schaffen. Ich liebe dich doch.“

 

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„Kein Problem, Frau Hauswaldt. Die Aufträge kriegen wir noch unter.“, sagte der Obermeister. „Danke“, erwiderte Lena. Die Morgenbesprechung war beendet. Die Mitarbeiter verließen den Raum. Julia blieb. „Die Jungs haben echt Respekt vor dir.“, sagte sie anerkennend. Lena lachte. „Eigentlich hab ich hier gar nichts zu sagen.“ Julia winkte ab. „Ohne dich wären sie jetzt ihren Job los. Das wissen die genau. Kümmerst du dich um die Firma bis dein Vater wieder fit ist?“ Lena seufzte. „Ich habe ja keine andere Wahl. Außer Sandra und Nicole hatte niemand Prokura und mein Vater ist der einzige Geschäftsführer. Ich habe gestern mit unserem Rechtsanwalt und dem Steuerberater der Firma gesprochen. Für den Fall, dass mein Vater und Sandra ausfallen haben sie Vollmacht Entscheidungen zu treffen. Beide sind einverstanden, dass ich vorerst die Geschäftsführung übernehme.“ Sie sah auf die Uhr. „In einer halben Stunde haben wir den Termin beim Notar.“

 

„Deshalb das offizielle Outfit.“, stellte Julia schmunzelnd fest. „Den schwarzen Hosenanzug musste ich gestern noch kaufen. So ein Teil hatte ich nicht.“, erklärte Lena. Sie lachte. „Mein Konto ist jetzt endgültig im Minus. Ich bin gespannt was die beiden mir als Gehalt genehmigt haben.“ Das Telefon klingelte. „Hauswaldt.“, meldete sich Lena. Ein freudiges Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Danke. Natürlich komme ich.“ Sie legte den Hörer auf. „Nach dem Termin beim Notar fahre ich ins Krankenhaus. Die Ärzte wollen meinen Vater heute aufwecken.“

 

„Es liegt noch jemand anderes dort.“, warf Julia ein. „Ich war gestern bei Kevin. Er wartet auf dich.“ „Ich weiß.“, erwiderte Lena. Ihre Noch-Stiefmutter hatte Kevin zwar getroffen. Aber es war nur ein Streifschuss. Bis jetzt fand Lena einfach keine Zeit ihn zu besuchen. Die letzten beiden Tage waren einfach zu hektisch. Die beiden Gangster tauchten unter. Nach ihnen lief die Fahndung. Nicoles und Sandras Flucht endete bereits nach wenigen Stunden am Flughafen. Julia trat an sie heran. „Kevin ist sich nicht sicher, ob du es ernst gemeint oder nur gesagt hast damit er durchhält.“ „Das sage ich ihm heute selbst.“, erwiderte Lena. „Ich muss jetzt los.“

 

Kevins Augen strahlten als Lena das Zimmer betrat. Dann entdeckte er ihr Outfit. „Ist etwas mit deinem Vater?“ Lena setzte sich auf das Bett. „Nein. Ich war nur beim Notar. Tut mir leid, dass ich erst jetzt zu dir komme.“ „Du hattest bestimmt genug am Hals.“ Kevin nahm ihre Hand. „Ohne dich hätten mich diese Typen glatt erwischt. Hast du das ernst gemeint oder nur gesagt, damit ich durchhalte? Lena ließ sich auf das Bett fallen. Ihre Arme schlangen sich um Kevin. „Die Ärzte wollen nachher meinen Vater aufwecken. Ich muss ihm eine ganze Menge erklären. Auch das ich jetzt einen Freund habe.“

 

E N D E

 

 

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Tag der Veröffentlichung: 14.02.2018

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