Charles J. , Stadtstreicher „BIG APPLE“, NY. Amerika
Hinter Tonnen mit Müll in einem alten Hinterhof hat er seine Bleibe.
Während des Tages streunt er durch die Straßen der riesigen Stadt und sucht sich sein Essen aus dem Abfall.
Oft bettelt er die Leute um Geld an, hat er welches, gibt er es für Alkohol aus.
Eines Abends hört er aus seinem nächtlichen Versteck die quietschenden Reifen eines Autos, Türen knallen, Stimmen werden laut, als er sich endlich auf die Straße manövriert hat, ist niemand mehr zu sehen, am Rande des Bürgersteigs liegt eine braune Papiertüte.
Er hebt sie auf und öffnet sie, es ist „ fast food“ ganz frisch und mindestens für drei Personen, er spürt so etwas wie unbändige Freude in seiner Brust, er hat heute noch nichts gegessen .
Als er es sich hinter seinen Mülltonnen gemütlich macht beginnt es sanft zu schneien, es ist die Nacht zum 24.Dezember.
Ilse W. , Postbotin, Kleinklein/Südsteiermark/Österreich;
Den ganzen Tag hat sie Briefe, Karten und Pakete ausgetragen. Sie sitzt hinter dem Steuer des gelben Autos und
kommt sich ein bisschen wichtig vor.
Jeder kennt sie in dem kleinen Ort und freut sich sie zu sehen, erstens der Abwechslung wegen, zweitens, weil sie meistens nicht nur die Post bringt, sondern auch ein paar Neuigkeiten weiß und drittens, weil halt in so einem kleinen Nest sonst auch nicht viel passiert.
Nun wird es schon ziemlich dämmrig, und Ilse versucht jetzt schon zum dritten Mal der alten Frau G. ein Paket zuzustellen, das müsste sie eigentlich nicht tun, aber Ilse weiß, die alte Frau G. ist schlecht zu Fuß, der Weg zum Postamt ist weit, das Paket ist schwer und Ilse weiß sogar von wem das Paket ist, es ist von Fr. G.`s Tochter, die nach Deutschland geheiratet hat und zu Weihnachten nicht kommen kann oder will, und Fr.G. wartet immer sehnsuchtsvoll auf Post von ihrem Kind.
Das sind genug Gründe für ein paar extra Kilometer findet Ilse und beim dritten Versuch klappt es mit der Zustellung, die alte Fr. G. strahlt wie ein Honigkuchenpferd und Ilse fährt beschwingt in den beginnenden Abend eines 24.Dezember hinein.
Thomas H. , psychiatrischer Krankenpfleger, AKH-WIEN; Österreich
„Heute ist wieder so ein Tag…“ denkt Thomas, die Patientin mit den massiven Angstzuständen, die mit ihrem Gitterbett auf dem Gang steht , weil es den anderen Patienten nicht zuzumuten ist, sie mit im Zimmer zu haben, da sie sehr, sehr laut und anstrengend sein kann, macht ihm wieder zu schaffen . Heute schreit sie schon den ganzen Tag. Einmal muss sie auf die Toilette, dann hat sie unerträgliche Schmerzen und muss sich ein bisschen bewegen, dann wieder fühlt sie sich sehr schwach und möchte ganz schnell in ihr Bett zurück.
Lässt man sie einen Augenblick allein fällt sie hin und verletzt sich, die Folgen solcher unbeobachteter Augenblicke sind mehrere Platzwunden , Fr.N. ist nun mit einem weißen Kopfverband ausgestattet und trägt mehrere große Pflaster.
Der Oberarzt hat das gesamte Personal dringend aufgefordert, Fr. N. keine Sekunde mehr aus den Augen zu lassen.
Manchmal fühlt Thomas bleierne Müdigkeit , nicht nur nach Nachtdiensten., Fr. N. ist nicht gerade seine Lieblingspatientin , trotzdem versucht er fair zu ihr zu sein. Er lässt sie nicht spüren wie anstrengend sie ist.
Mit ein paar einfachen Worten versucht er sie ein bisschen von ihrer Krankheit abzulenken.
Heute gelingt es sogar, plötzlich beginnt Fr. N. zu erzählen, sie erzählt Thomas eine Geschichte, es ist ihre Geschichte und jetzt weiß Thomas warum Fr. N. solche Ängste hat.
Danach ist Fr. N. ganz ruhig, sie schläft ein und als die Kollegin Thomas´ Dienst ablöst, fragt sie hoffnungsvoll, „…ist sie nun endlich auf die neuen Medikamente umgestellt?“
Wenig später sitzt Thomas in der U-Bahn , noch immer denkt er über die Geschichte von Fr. N. nach, so fährt er in die Nacht des 24.Dezember.
Texte: Text. alle Rechte beim Autor
Illustraionen : Bookrix
Tag der Veröffentlichung: 03.11.2011
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