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Über Solidarität und Verrat in einem irischen Pub

 

Es hatte die ganze Zeit über sehr stark geregnet. Auf dem Parkplatz des Hotels, es war außer Betrieb, hörte man nur den starken Regen. Sie hatten sich an einem Hotelparkplatz, der nahe der Bundesstraße und Autobahn A 2 lag, getroffen und waren am frühen Nachmittag über die niederländische Grenze gelangt. Es hatte während der ganzen Fahrt und beim Grenzübergang stark geregnet. Für einige Zeit würden die beiden Partner nicht in die andere, deutsche Stadt zurückkehren.


Der Himmel war von mittelhohen Wolken, grau und weiß verhangen, als sie Esmee und Leen in Arnheim vor einem Mehrfamilienilienhaus mit Einwanderern aus Surinam und Arbeitern begegneten, ehe Leen und Esmee sie dann in ihren beiden Appartements unterbrachten. Da würden sie sich einige Wochen oder Monate wohl unbehelligt von der Justiz und Polizei aufhalten können.


Es hing mit jenen Ereignissen vor dem irischen Pub in der deutschen Stadt zusammen. Der Ältere mit der Schirmmütze erinnerte sich, während er vom Balkon über einen Teil der Außenbezirke Arnheims mit einem kleinen Markt und den Brotverkäufern, Souvenirverkäufern blickte, an die Entwicklungen vor dem irischen Pub ehe sie die Vergeltung vornahmen.

 

Er erinnerte sich, sie hatten von einem langjährigen, integren Arbeitskollegen, wie sie sagten, der sich in der sozialdemokratischen Partei der Stadt unter anderem für gerechte Löhne engagierte, von der Kollaboration des Anderen mit den ehemaligen Machthabern in dem fernen Kleinstaat gehört, wo er Demokraten an die sich an die Macht geputschten Fundamentalisten denunzierte, ehe er nach dem Sturz jener antidemokratischen, oligarchischen Regierung durch die demokratisch, säkulare Volksbewegung ins Exil floh, doch auch hier gegen Aufrichtige und Gerechte hetzte und sie denunzierte. Hier wegen des besseren Geldes und der besseren Position im Betrieb wohl, dachte er.  
Das hatte ebenso Gewicht und Einfluss auf ihre Vergeltungsaktion zur Gerechtigkeit gegen den Verräter an seinen Kameraden, an dem gerechten Zusammenhalt und an der Solidarität.

 

Die Vergeltungsaktion hatte sich einige Tage zuvor ereignet.


Das erste Mal kamen sie wegen ihres Vorhabens an einem späten Nachmittag im irischen Pub zusammen. Man konnte in der Seitengasse in der Nähe des Hauptbahnhofs, auch im noch souveränen Tageslicht nur die Schemen der Gäste hinter dem grünlich-braunen Glas des Pubs sehen. In einer Seitengasse weiter unten gab es ein Hotel, Wettbüros, weitere Bars … Unweit boten sich zur späteren Zeit, halb im Laternenlicht, halb in der Anonymität und erstarrten Finsternis des späten Abends, auch immer einige Huren an.

Am Pub gab es den unbeleuchteten Eingangsbereich und die beiden Männer und Partner, der ältere, höher gewachsene Partner, und der glatzköpfige, kleinwüchsige Bulle, die an der Glasfront des Pubs entlang schritten und die irische Bar bald betraten.
Sie setzten sich an einen Tisch nahe dem Fenster, im hinteren linken Bereich der irischen Bar. Noch gab es nicht viele Gäste. Die anderen Gäste, die bereits da waren, tranken Bier und schauten zum Fernseher mit den Nachrichten zur ersten, irischen Fußballliga, zu einem irischen Boxabend in Belfast oder Dublin und zum irischen Rugby.

Die junge Bedienung, eine Blondhaarige mit einem gälischen Akzent, schrieb bald ihre Bestellung auf, zwei Guinness, ebenso die Tischnummer und ging zurück zur Theke.

Nach kurzer Zeit begannen sie über die kleine Vergeltung gegenüber W., über ihre kürzlich organisierte Vergeltung, zu sprechen.
"Es hat nicht damit aufgehört."
"Er hat sechs, sieben Arbeiter dem Chef ans Messer geliefert, dieser Verräter."
"Dieser Verräter hat es schon zu lange gemacht."

"Er hat die betrogen, die kämpfen für ihre Kinder, Frauen und für bessere Wohnungen, Hemden, für bessere Schuhe, Autos und Schulen und für eine würdevolle Zeit in dieser Welt und das wollte er ihnen nehmen."
"Diese Schwuchtel hatte es verdient."

"Natürlich hatte er das."


Der kleinere, etwa 28-jährige Einbrecher mit dem Glatzkopf erzählte dem älteren Partner dann, dass die Beamten der Polizeidienststelle an der Hamburger Straße wohl bereits wegen des Einbruchs in der Wohnung in der Weststraße ermittelten. Noch ermittelten sie wohl ohne konkreten Namen und noch hätte sie keiner der Polizeibeamten vorgeladen. Er nannte dem dünnen, älteren Partner mit der Beechfield Schirmmütze und dem schwarzen Anorak eine vermutete Schadenssumme von etwa 11 000 Euro. Der Ältere lächelte.

Die Bestellung kam bald an ihren Tisch und sie stießen mit den Guinness Gläsern an.
Die beiden Männer tranken in der irischen Bar unweit des Bahnhofgebäudes. Sie blickten zur etwa 20-Jährigen, stämmigen Kellnerin, die einer Studentin ähnelte und an der Theke weitere Guinness und Whiskygläser auf ein Tablett für einige Gäste an den Treppen im vorderen Bereich des Pubs stellte, sie tranken das herrliche, kühle Bier und sprachen weiter über die Wohnung des Denunzianten. Über jenen Mann, der, so sagten sie, in den vielen Monaten zuvor etliche Arbeitskollegen in jenem Holzgroßhandel diffamierte und denunzierte beim Chef.

"Er hat bei zu vielen Mitarbeitern für deren Abmahnung gesorgt, wovon mehrere später auch gekündigt wurden", sagte der Ältere, etwa 36-Jährige mit der Schirmmütze und dem schwarzen Anorak.

"Er machte sich nichts aus der Kündigung der anderen Kollegen."

"Bestimmt machte er sich nichts daraus."

"Er ist ein Verräter, ein Hund und eine Schwuchtel."

"Er weiß, das er ein Verräter, ein Hund und eine Schwuchtel ist."
"Und bei dem 57-jährigen Albaner sorgte er mit dem Anschwärzen vor dem Chef für dessen Kündigung."

"Er machte sich auch nichts aus der Kündigung des alten Mannes."

"Nein, ganz bestimmt nicht."

"Aber wenn er das rauskriegt, schlägt er ihn im Büro des Vorarbeiters oder gibt ihm vor dem Holzunternehmen die richtige Antwort."

Der Andere lächelte nur kurz.
"Die arme Familie des Alten. Es wird schwierig sein eine gleichwertige Arbeit mit dem Verdienst in der Nähe zu finden. Solche weitere Unternehmen sind hier nicht gut aufgestellt."
"Er hat ihm den Verdienst, etwas der besseren Welt und das Brot geklaut und jede Loyalität verraten."

Der Ältere blickte in der Bar umher, sah einige irische Fahnen und ein Poster vom Unabhängigkeitskrieg 1919. Sicherlich hätte er auch Samson verraten und für dessen Hinrichtung oder Fall gesorgt, oder jeden irischen Kämpfer von 1919 oder 1916, der beim Osteraufstand gegen die Briten für die Freiheit und gegen die lange Unterdrückung kämpfte, verraten, dachte er.
"Er hat vielen Arbeitern das Brot geklaut, der Alte war nicht der erste Kollege, der immer wieder von ihm denunziert und angeschwärzt wurde beim Chef."

Den ehemaligen, älteren Arbeitskollegen im Holzgroßhandel mochten und achteten sie. Er war einer der denunzierten und gekündigten Arbeiter. Er war 57 Jahre alt, hatte zwei Kinder, erledigte die Abfertigungen und Touren für das Holzgroßhandelsunternehmen in der Region erfolgreich, aber nicht so schnell wie die jüngeren Arbeitskollegen und es war schwierig einen guten Arbeitsplatz in der Region zu sichern. Die Chemiewerke, Reifenunternehmen, Metallfabriken lagen zu weit entfernt und setzten auf jüngere Leute mit deren abgeschlossenen Lehre und den narbenfreieren Händen ...

"Er hat auch für die Kündigung meines Onkels gesorgt, der es sehr gut findet, dass wir es in die Hände genommen haben."
Der Andere mit der Glatze blickte vom Tresen zu ihm.
"Er hat bei so einigen dafür gesorgt."

Weswegen er viele denunzierte? Sie sprachen öfters über die möglichen Gründe. Seit etwa 16 Monaten gab es einen neuen Chef. In den ersten sieben, acht Monaten veranlasste der neue Boss keine Kündigungen und zeigte sich loyal mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mit all jenen in der Büroetage, im Lager, in der Logistik und den Fahrern des Fuhrparks. Vielleicht plante er Entlassungen. Doch es gab keine offiziellen Erklärungen dazu. Der Denunziant positionierte sich beim alten wie auch neuen Boss schon viele Monate vor den Entlassungen gegen etliche, im Kollegenkreis gemochte und aufrichtige Kollegen. Sprach ihn jemand darauf an, gab er nichts des Singens und Anschwärzens der Anderen zu, doch man hörte weiter davon. Er war er einfach ein Hund, dem es gefiel gegen andere zu hetzen und sie zu Fall zu bringen, dachte der Ältere, gleich der politischen Linie.

Es verging eine Weile, sie tranken. Dann sagte der Ältere:
"Deswegen war es ein guter Anfang. Die vorherigen Ermahnungen ignorierte er, deswegen war es richtig. Und fast schon eine Heldentat mit dem Ausräumen seiner verfluchten Wohnung."
"Da gebe ich dir bei diesem Verräter absolut recht."

Bald blickten sie wieder zum Tresen, wo mehr Gäste hinzukamen, die nach dem Arbeitsende um 17 oder 17. 30 Uhr hierherkamen. Um 18. 30 Uhr gab es ein Pubquiz und die beiden Partner tranken weiter und genossen das Bier. Ihnen gefiel die Kellnerin und das sich besser füllende irische Pub. Mit den drei Bildschirmen und der Sportsendung mit den Informationen zu irischen und europäischen Fußballtransfers sowie zum irischen Boxabend in Belfast und zum Rugby Team. Sie zeigten kurz deren Vorbereitungen für den Rugby World Cup.

Es war nun einige Wochen her. Der Ältere mit dem Anorak und schwarzen Schal hatte zwei Personen beauftragt. Den Glatzköpfigen und einen 25-jährigen, georgischen Einbrecher, der einige Zeit bei einem Straßenbauunternehmen gearbeitet hatte, und seit der Jugend etliche Autos und Wohnungen in einer Stadt im Westen des Landes aufgebrochen hatte. Dem hatte der Georgier nie ganz abgeschworen.

Der Einbruch erfolgte an einem frühen Vormittag. Es verlief alles sehr schnell. Die Diebe betraten nach dem Aufhebeln eines Fensters, es war gegen 9 Uhr, an einem Donnerstag im März, in der Kleidung wie sie Mitarbeiter einer Schlüsseldienstfirma tragen, die Wohnung des Verräters und Denunzianten, da er zwei Nächte zuvor nach Malta in den Urlaub geflogen war. Während er sich im Malta Urlaub befand, hatten sie es umgesetzt. Sie hatten sehr schnell gearbeitet und die hochwertigen Objekte der Wohnung wohl vollständig ausgeraubt, und hinterließen es beinahe wie – nach einer Operation – ein gesäubertes, steriles Zimmer.

Bald bestellte der 36-Jährige mit dem Anorak und den grauen Augen, der es organisiert und vorangetrieben hatte mit dem Wohnungsraub, weitere Guinness Pint und zwei irische Whiskey.

Vor Jahren besaß er einen Grillimbiss, wo er auch Spielautomaten aufstellte, aber der kleine Laden warf wenig ab und er hatte dann etwa 3 Jahre als LKW-Fahrer in dem Holzgroßhandel mit dem Partner und dem Schwein gearbeitet, doch die Überstunden machten ihm zu schaffen. Zudem lag er im Streit mit dem Chef, und dem Arbeitskollegen W., der jeden, der sich für bessere Löhne, Gehälter und Arbeitskonditionen einsetzte, anschwärzte und denunzierte.

Viele sahen ihn wie einen widerlichen Verräter…

Sie sprachen dann noch über die Wohnung im Erdgeschoss, und wie die beiden Beauftragten diese unbehelligt und die hochwertigen Objekte nahezu vollständig ausgeraubt hatten mit einem Transporter. Dabei unter anderem einen echten, handgewebten orientalischen Teppich erbeuteten, ein japanisches Kameraset, dann Besteck und Gefäße aus Sterling Silber 925. Alles mit einem Wert von nahezu 11 000 Euro. Sie hatten die Wohnung nahezu komplett ausgeraubt.

Der Ältere hatte jemanden an der Hand, der es ihm zu einem sehr guten Preis abkaufte.
Der Verräter hätte es einfach verdient gehabt. Die Stellen hatten sie schon vor dem angekündigten Urlaub des Kollegenschweins gekündigt.

Es verstrichen einige Wochen, ehe sie sich wieder in der irischen Bar trafen.
Jetzt war es Nacht und man konnte in dieser Seitengasse in der Nähe des Hauptbahnhofs, auch jetzt nur die Schemen der Gäste hinter dem dicklichen, grünlich braunen Glas des irischen Pubs sehen. Aus einer Seitengasse weiter unten und dem Hotel dort kamen einige Touristen die verfinsterte Straße herauf. Es regnete und sie trugen Mäntel und beeilten sich in den Pub zu gelangen. Sie kamen an ihrem Tisch vorüber. An ihrem Tisch in der irischen Bar saß auch W..

Sie tranken etliche Guinness. Bald war es Mitternacht und W. sprach von einem Luxusvan, mit dem er die beiden Anderen gesehen hatte.
Er fragt sie danach.
Sie gingen nicht darauf ein.
Er fragte weiter:
"Vielleicht wisst ihr was zum Einbruch. Vielleicht kennt ihr denjenigen, der in die Wohnung einbrach?"
"Das hätten wir dir doch schon längst erzählt", log der Kleine.
'Vielleicht habt ihr von demjenigen gehört, der in die Wohnung einbrach?", wiederholte er.
"Was sollten wir dir dazu schon sagen können", sagte der ältere Partner und blickte vom Tresen mit einer älteren, braunhaarigen Kellnerin und einem Kellner mit Vollbart und Tätowierungen am Hals zu W..

"Du solltest uns verdammt nochmal gut genug kennen. Aber ehrlicherweise solltest du dich selbst nicht vergessen."
"Was meinst du? "
"Was ich meine, fragt er", erwiderte der trainierte, größere, ältere Partner.
"Du hast jede Loyalität im Betrieb vergessen."
"Das hat er und mehrere seiner Arbeitskollegen für das Lob und die Anerkennung und für etwas mehr Geld seines Chefs verraten", sagte der Kleinere.
"Du hast bei meinem Onkel und bei dem 57-Jährigen für deren Kündigungen gesorgt", fügte der Ältere hinzu. "Obwohl sie sehr geachtete Kollegen waren, die woanders nicht so einfach eine Stelle kriegen."

"Du hast ihr Brot geklaut und ihnen ihren Arbeitsplatz, ihren Verdienst und das Brot für ihre Familien geklaut, sowas macht nur ein dreckiger, unverschämter Hund."
W. verstummte.
"Das macht nur ein, unverschämter, dreckiger Hund", wiederholte der Ältere.
Die Kellnerin ging mit einem Tablett an ihrem Tisch vorüber, mit leeren Bierflaschen und Aschenbechern auf dem Tablett, die sie vom Tisch nahe dem Fenster genommen hatte.

Niemand sagte jetzt etwas.
Bald stand W. vom Tisch auf und ging hinaus.

Der jüngere, kleingewachsene Partner wollte ebenso hinauseilen, aber der Andere packte ihn an der Schulter und hielt ihn zurück. Dann bestellte er noch zwei Bier bei der Kellnerin, die vom Tisch am Fenster, den sie mit einem Tuch abwischte, und auf einem Tablett einen Aschenbecher und Bierglaser mitnahm, erneut herkam.
"Lass ihn alleine gehen", sagte der Ältere.
Der andere Glatzköpfige blieb sitzen und trank etwas.

"Er hat vielen Arbeitern, vielen unserer Kollegen und ihren Familien das Brot genommen", sagte der Ältere.
"Ja, leider. "
"Er hat auch für die Entlassung meines Onkels gesorgt, dieser Verräter. "
"Dieses verräterische Schwein. "
"Er hat die betrogen, die arbeiten und kämpfen für ihre Kinder, Frauen und für bessere Wohnungen, Hemden, für bessere Schuhe, Autos und Schulen und für eine würdevolle Zeit in dieser Welt und er wollte ihre Welt zerstören. Bei zwei Leuten, bei dem Alten, der seit dem keine Arbeitsstelle mit ner 40-Stunden-Woche gefunden hat für sich und seine Familie, und bei meinem Onkel, hat er das Brot gestohlen und wollte ihre Lebensgrundlage und den Tisch, an dem sie mit ihren Familien zusammen kamen, zerstören. "
"Der wird nicht aufhören."
"Der wird natürlich nicht aufhören."
"Leider."

"Er wird wieder in den nächsten Wochen und Monaten einige Kollegen vor dem Chef diffamieren, ehe ihm jemand die Hand bricht oder seine Zähne ausschlägt."
"Diese Schwuchtel, dieser verräterische Hund hat die Antwort wohl längst verdient."
"Deswegen haben wir jemanden beauftragt."
"Der wird es erledigen. "
"Das wird er hoffentlich."
"Er hat Erfahrungen mit solchen Leuten."
Bald verstummten sie und tranken weiter.

Nach zwei, drei Minuten.
"Es wird nicht zu spät sein."
"Nein."
"Er nahm das ganze Geld der Kollegen in seine Taschen, er ist wie ein Hund oder ein Schlächter."
"Aber nicht nur deswegen."
"Er verrät für die bessere Position unter dem Chef alle Werte der Loyalität und des Brüderlichen auf der Arbeit und im Leben."
"Er hat jegliche Loyalität und jedes Brot verkauft."

"Für ihn zählt nur der eigene Gewinn und das Geld. Nicht die Würde und Solidarität. Nicht der Respekt vor den weniger Verdienenden, nicht die Loyalität, ob gegenüber einem Bruder oder guten Mann im Team", sagte er und dachte weiter: Auch nicht gegenüber den Helfern in einer Tafel oder einer Einrichtung, in der man die Hungernden aufnahm und den Getretenen Brot und Achtung gab, nicht die Loyalität gegenüber einer Kämpferin und einem Kämpfer, die wie die Iren in Dublin irgendwelche Faschisten bekämpften und besiegten für ihre Erde, für den Frieden auf der Insel und ein freies, würdevolles Leben, oder wie die Kämpfer in Kobane in der Anti IS Koalition, die für die Freiheit, Demokratie und Menschenwürde gegen den verfluchten IS kämpften, da würde er auch verräterisch sein. Der wäre auch nicht respektvoll und loyal gegenüber einem kämpferischen Anwalt wie Rejas, gegenüber einem Flüchtling, der nach etwas Brot und Sicherheit in der Welt fragt oder einem gerechten König gegenüber. Der würde sie verkaufen, dieses Verräterschwein.
"Er würde jeden gerechten Kämpfer oder gerechten König in dieser Welt für mehr Überweisungen auf dem Konto ans Messer liefern und ihr Blut sehen wollen."
"Das würde er."
"Er hat zu viele Kollegen und deren Brot verkauft."
"Jetzt soll er seine Strafe kriegen und wissen um das Brot und das Haus der Anderen."
"Jetzt wird er seine Strafe kriegen und um das verratene Brot und das Haus der Anderen wissen."

Bald sagte niemand etwas und sie tranken wieder. An der Theke säuberte der Kellner mit dem Vollbart einige Gläser und schaltete bald einen der Bildschirme aus. Auf den beiden anderen Bildschirmen gab es Vorberichte zum Rugbyspiel der irischen Nationalmannschaft gegen Argentinien.
Unterdessen hatte W. seine Zigarette in einem Hauseingang an der Straßenlaterne aufgeraucht und ging im Regen bald weiter die verfinsterte Straße entlang. Niemand brauchte ihn vom Eingangsbereich zum verfinsterten Parkweg zu locken. Es regnete sehr stark. Er ging oft diesen Weg, wussten sie.

Einige Meter weiter im Park schoss ihr Komplize auf W., er traf ihn mit dem beabsichtigten Knieschuss, ohne ihn zu töten.

Die Partner telefonierten am nächsten Vormittag mit dem hochgewachsenen Älteren und beabsichtigten das Absetzen aus der Stadt. Der kleinere, glatzköpfige Partner blieb. Die Anderen kamen im starken Regen an einem Hotelparkplatz, der nahe der Bundesstraße und Autobahn A 2 lag, zusammen und wollten zum frühen Nachmittag über die niederländische Grenze gelangen und für einige Zeit nicht in die Stadt zurückkehren.
Sie wussten um Esmee und Leen in Arnheim, da würde sie sich einige Wochen oder Monate wohl unbehelligt von der Justiz und Polizei aufhalten können.

© Deniz Civan Kacan

 

 

Impressum

Texte: Deniz Civan Kacan
Tag der Veröffentlichung: 11.10.2019

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