Es war wie bei einem Anschlag. Die Ordnung ihrer Welt war an jenem Morgen wie in hunderte Metallsplitter zersprengt worden. Der etwa 55-Jährige war an einem Montagvormittag gegen 10 Uhr in die Bank gekommen, erinnerte sich der ehemalige Banker, als er vom Busbahnhof entlang des chinesischen Restaurants und der Post schritt, die mit Autos und Bussen überfüllte und lärmende Straße überquerte und bald einen Pfad hinabging, durch ein Waldstück und zum blaugrauen Fluss gelangte. Er hatte diesen verrückten, radikalen Tag in der Bank nicht vergessen.
Der ehemalige Banker setzte sich auf eine Holzbank am Fluss – unweit des Zentrums der Kleinstadt – und dachte an den rabiaten Vormittag in dem Geldinstitut zurück, wo er viele Jahre gearbeitet hatte. Er blickte zu einem nahen Schiffsanleger und dann auf das blaugraue Wasser und zu den Pappeln und Roggenfeldern und der weiten Feldebene am jenseitigen Ufer, die Feldebene kletterte weit ins Land und führte in der gelben, grünen und dann steinfarbenen Ebene bis zu einer Bahntrasse und weiter zu einem graubraunen Gebirgskamm und zur Ebene daneben ehe alles in einer Einfachheit und wohl zeitlosen, machtvollen Ordnung verschwand, ehe alles wie die Wolken und Vögel in der Ferne verschwand. Ehe wohl alles einmal ganz im Universum oder Jenseits verschwand.
Ehe wohl alles einmal - ausgenommen der Erinnerungen, einer überdauernden Zeitungsanzeige oder eines Denkmals, dass die Stadt zum Gedenken an öffentlichen Plätzen oder der Lebenspartner im Herzen errichtet - ganz im Universum oder Jenseits verschwand.
An einer rasierten Feldebene nahe der Fußgängerbrücke zur rechten Seite gab es einen Vater mit zwei Kindern, die etwas Fußball spielten, und hörte man bald auf dem Fluss das Surren eines mechanischen Vogels, einer Drohne, die jemand von der Brücke fernsteuerte und Sekunden später fortflog den Fluss stromabwärts folgend…
Der ehemalige Bankangestellte blickte vom Fluss zur Promenade. Bald schritt ein älterer Mann an der rechten Promenade vorüber, den er aus der Siedlung kannte und als ehemaligen Bankkunden und auch vom früheren Großkaliber Schießen aus einem Schießverein kannte, ihn wohl nicht sah und weiter schritt. Der kurze Blick reichte: Der Mann hatte sehr heftig abgebaut. Das Gesicht sah sehr, sehr mitgenommen aus. Mit Wulsten und Blessuren, der Kopf war wie glatt geschoren, er war zur Chemotherapie im städtischen Krankenhaus zur Behandlung, wusste er, aber er hatte ihn nicht gesehen. Er spürte kurz Mitleid und blickte bald wieder zum Fluss und dachte dann wieder an den seltsamen Tag in der Bank. Es war beinahe der Jahrestag des zerstörerischen Ereignisses.
Damals sollte vieles, vieles, beinahe alles gefährdet werden.
Es verging eine Weile und bald erblickte er den freien Journalisten Gabriel Canova, der entlang schritt und noch einige Minuten hatte. Bald kamen sie ins Gespräch und sprach der ehemalige Bankangestellte dann von vielen, sehr vielen, etwa 25, 30 Aufenthalten seiner Frau im Krankenhaus, sie waren beide noch sehr jung, etwa beide 25-Jährig und sie hatte den ersten Aufenthalt wegen der Nierenerkrankung direkt 3 Monate nach ihrer Verlobung und dann über viele Jahre hinweg.
Dann hielt er inne und sprach bald vom unvergessenen, radikalen Vormittag in der Bankfiliale…
Er war in jener Bank der Kleinstadt seit 7 Jahren angestellt und bediente an jenem Morgen die Kundschaft am Kassenschalter, zuvor waren die Bankkunden Frau Bredemeier und anschließend Herr Kaya aus dem Büro des Filialleiters geschritten und hatten die Bank verlassen. Zwischen 10 und 10.20 Uhr geschah es dann … Das Ausrauben der Bank brach drei Tage vor der Hochzeit des Bankangestellten in ihre Welt.
Auch jetzt am Fluss – nahezu 30 Jahre danach – fügte er noch alles haargenau zusammen als lägen der Raubüberfall und die irren, brechenden Minuten erst wenige Wochen zurück:
"Es hatte an diesem Tag geregnet. Man sah den Regen auf dem Platz vor der Bank, Frau Bredemeier hatte den Platz zur Apotheke überschritten und dann gab es einige Passanten und dann sah ich wie der Mann an dem Ärztehaus gegenüber vorbei schritt, die Straße überquerte und über den Platz zum Haupteingang kam", erinnerte er sich.
"Ich sah ihn das erste Mal in der Bank und hatte ihn vorher noch nicht in der Stadt gesehen. Der Mann trug an diesem Vormittag eine braune Lederjacke, schwarze Lederschuhe und einen Hut."
Er fuhr fort mit der Rekonstruktion des unglückseligen Vormittags:
"Zwischen 10 und 10.20 Uhr hatte er die Bank in der Hauptmannstraße betreten."
Zunächst hätte er sich nach einer beabsichtigten Kontoeröffnung erkundigt, da er angeblich in die Ortschaft zum 1. Mai ziehen wollte, er käme aus einer Stadt nahe der französischen Grenze, so erzählte er und dass der Mann etwa 10 Minuten später erneut in die Bank kam, mit einer dunklen Jacke, bewaffnet mit einer Flinte, aber nicht maskiert, einen breiten, braunen Hut trug, und im nächsten Moment an den Tresen trat, die Angestellte und auch ihn bedrohte, dann das Geld forderte.
Aber Gott sei Dank hatte es später kein Blutbad gegeben, kein Massaker; zumindest hatte er nicht auf uns oder eine Bankkundin vor der Bank geschossen. Es hatte keine Angeschossenen oder Toten gegeben.
Der alte Mann hatte Jahre später, als dessen Frau noch lebte, eine Akte über den Bankräuber angelegt, die noch immer in der Schublade seines Schreibtisches steckte, erzählte er. Gabriel arbeitete an jenem Tag an einer Berichterstattung zu einem Fußballturnier auf dem Gelände der Kingsley Kaserne und zu Trickbetrügern für eine Tageszeitung und begegnete ihm, als er am Fluss nahe der Eisenbahnbrücke entlang kam.
Später wollte Gabriel zudem den Rechtsanwalt Rejas treffen, der etwa 3 Kilometer nördlich eine Kanzlei hatte und Rejas wegen des Verfahrens gegen einen Sozialdemokraten interviewen wollte. Jener Mann hatte dem Vorwurf nach rechte Plakate überklebt, die jener laut Aussage als menschenverachtend, hetzerisch, demokratiefeindlich, verfassungswidrig, ehrabschneidend und zerstörerisch wie ein faschistisches Plakat aus dem Jahr 1941 empfand, und danach angezeigt worden war. Später wollte Gabriel wegen der Berichterstattung weiter zur ehemaligen britischen Kingsley Kaserne fahren, doch jetzt hatte er noch einige Minuten. Er blickte zum Fluss und dann wieder zum ehemaligen Bankangestellten.
Sonst gab es nur Leute, die weiter zur Stadt schritten.
Hinter den Böschungen und der Brücke begann die Stadt mit dem Parkplatz der Postfiliale, dem chinesischen Restaurant, Rathaus und Verwaltungszentrum für Bürgerangelegenheiten und man sah einige Leute, die den Pfad von den Böschungen und dem Fluss hinauf zur Straße und Stadt schritten.
Hier am Fluss ist es sehr gut, der Fluss ist freundschaftlich und gut, sagte er bald. Gabriel blickte zu ihm und wollte es glauben, doch sah auch dessen mitgenommenes Gemüt: Er war etwa 1, 85 Meter groß, hatte ein karges Profil, weißgraue, zurückgekämmte Haare, kurz heitere und dann wieder schwermütige Augen. Er hatte mit dem nach vorne gebeugten Oberkörper, die Hände ins Gesicht haltend, auf der Bank gesessen – man sah ihm irgendeine Trauer und Last an.
Er hatte zunächst auf einer schweren Kette einer Absperrung gesessen und war dann zur Bank geschritten. Die Hände waren manchmal auf seinem Gesicht, als käme er dann von einer Stätte des Leids, einem Platz der Pein, der irgendeine Last und Kummer aus den Jahren in den Krankenzimmern beherbergte, mit Psalmen der Hoffnung und mit Geduld entlang des Todes der Frau. Entbehrungen und Prüfungen, Stürme, reißende Gewölbe über seinem, über des Menschen Schicksal, Stürme und Leid, doch dann schien er auch das Widerstehende wie etwas Unersetzbares in sich zu wahren.
Die glücklichen Momente in ihrer langen Ehe bewahrte er wohl wie ein Heiligtum im Inneren und Ewigen … Es war wohl etwas wie ein Wunder trotz der Erkrankung der Frau.
Niemand sagte etwas für einige Zeit.
Der ehemalige Bankangestellte blickte über den Fluss zu den Feldern.
Über einer mit Maschinen und wie mit einem immensen Sensenhieb rasierten Weizenfeldfläche gab es bald bis zu 20 Mauersegler, die umherschwirrten und über einige Erderhebungen flogen, die wie Gräber aussahen …
Er blickte zu einigen Pappeln und dann über das Weite der Maisfelder und Felder, die auch hinter den Bahntrassen zum Gebirgskamm weiterliefen und dann wie ein prächtiges Korn an der schweren, hohen Gebirgsmasse zerfielen. Man hörte den Wind kurz von der fernen Gebirgskette über die Felder und den Fluss fliegen und her zu den Stätten der Menschen und zu ihren Geschichten …
Er strich über sein Gesicht und blickte den Fluss hinauf. Weiter oben gab es einen Bundeswehrstandort mit abgedeckten Panzern und etwa drei Kilometer davor noch einen Campingplatz … Mit seiner Frau hatte er vor vielen Jahren auch da gecampt, aber die Frau des Mannes war vor drei Jahren verstorben und er dachte an diesem Frühsommertag an sie und an die vielen, vielen Krankenhausaufenthalte seiner Frau wegen der Funktionsstörung ihrer Nieren und dann erinnerte sich der Mann an den Raubüberfall in der Bank zurück. Es war exakt in jener Woche vor 27 Jahren geschehen. Doch er konnte alles zusammenfügen wie ein Reisender eine zurück liegende Reise entlang der Plätze des Leids, der Zweifel und der Freude, der Stationen des Lebens, auch der Verbrechen, all das mit einem Schmerz und doch auch Stolz verbunden, einer überlebenden Hoffnung im Herzen, all das mit den bedeutsamen überlebenden Details…
Bald fragte Gabriel weiter nach dem Überfall in der Bank und der Beute:
"28.320 Mark hatte ich in eine mir zugesteckte Plastiktüte gesteckt, also etwa 14. O00 Euro", erzählte der alte Mann mit den schimmernden, sich erinnernden Augen.
"Dann ging er raus und floh wohl mit einem Wagen, der einige Straßen nahe einer Apotheke weiter parkte."
"Und die Polizei?"
"Die alarmierte Polizei fahndete länger nach ihm, aber wurde nicht fündig."
"Man konnte ihn nicht verhaften?"
"Zunächst nicht."
Gabriel blickte dann vom Mann zu einem vorüber rasenden Militärboot, dass einige Kilometer flussabwärts steuerte...
"Doch das konnten sie, nach dem er ein zweites Mal zur Bank wollte. Ich sah ihn in der Straße, die zur Bank führte, als ich im Wagen fuhr, an ihm vorüberkam und ihn dann im Rückspiegel nochmal erkennen konnte. Und das nur acht Tage später, fünf Tage nach der Hochzeit mit meiner Frau. Fünf Tage nach unserer Hochzeit, fünf Tage nach unserer Hochzeit kam dieser Bankräuber erneut zur Bank", wiederholte der Mann.
"Betrat er wieder die Bank?"
"Nein, diesmal nicht", gab der ehemalige Bankangestellte zur Antwort. "Diesmal schaffte er es nicht. Ich hatte die Polizei alarmiert, die ihn nach einer kurzen Flucht etwa fünf Kilometer südlich an der Tankstelle fassten, wo er Schnaps und Zigaretten kaufte und einige Geldscheine wechselte. Aber ich konnte ihn später neben zwei Kripo-Beamten klar als den Mann und Täter identifizieren, der die Bank mit der schweren Waffe eine Woche zuvor bereits betreten hatte und die 28.320 Mark mitgenommen hatte."
Der Mann hielt dann inne und blickte dann zum Fluss und zur stillgelegten Eisenbahnbrücke etwa 300 Meter links ihres Standortes. Daneben zur Feldebene hielt sich die silberne Drohne. Darüber hielt sich im Rüttelflug über dem Brückenbogen ein Falke, schnellte dann zum schimmernden, blaugrauen Wasser und von dort zu einigen Bäumen an einem Weg nahe dem Ufer und zum gemähten, dunkelgelben Weizenareal, wo Krähen aufflogen und die Mauersegler sich in verschiedensten Himmelsrichtungen verloren, ehe der begierige, hinab schnellende Raubvogel einen Mauersegler fangen und töten konnte.
Der Mann pausierte und fuhr noch nicht fort. Er blickte dann vom Himmel zu den Feldern und zur Brücke.
Man hörte unter der Brücke einen Touristendampfer herfahren … Er blickte weiter dahin, dann zu einigen Mauerseglern, die über den Fluss schnellten. Sie überflogen den Fluss und zogen dann zu den Mauern der Altstadt, die viele Jahrhunderte lang die Menschen dieser Stadt vor dem feindselig ansteigenden, hinein brechenden, vernichtenden Wasser schützten und dann drehten sie und verschwanden die Vögel über den Dächern, irgendwo die erwachenden Straßen, öffnenden Banken und Cafés, entfernt die Felder, das gemähte, darbende, einst goldene und nun zerfallende Korn der Ebene jenseits des Flusses…
Er zündete sich dann eine Zigarette an und blieb eine Weile wortlos.
Gabriel blickte zur Mauer der Altstadt, dann zur Brücke. Der Mann blickte dann von der Brücke zu Gabriel und fuhr fort:
"Später erfuhr ich, dass der Bankräuber schon früher einmal 13 Jahre in Werl im Gefängnis gesessen hatte. Bei den Schwersttätern. Dann war er auch als Heiratsschwindler verurteilt worden. Der Täter muss damals um die 55 Jahre alt gewesen sein und hatte noch als Soldat im Krieg der Wehrmacht in Frankreich gedient", erzählte er. "Aber als die Alliierten in der Normandie vorrückten, wurde er fahnenflüchtig. Aber die Gestapo, Polizei oder Wehrmachtsangehörigen hätten ihn dafür in Hitlers Reich gleich erschossen, so floh er nur nachts und hielt sich dann auf Bauernhöfen und in Scheunen auf", erklärte er. Der ehemalige Bankangestellte hatte all das recherchieren können über den Täter.
Der Mann erinnerte sich an diese Details und setzte die irren, grausamen Bruchstücke zu einem reellen Konstrukt zusammen, nicht so besonnen wohl wie ein Anwalt, der sich eine Akte eines Mandanten wohl auch Jahre später abgeklärt vor Augen führte; so saß er noch einige Minuten an der Flusspromenade …
Er blickte auf das Reine des Himmelgewölbes und zu den Feldern der Ebene. Es war gut hier. Es gab hier jetzt keine dreckigen Leute und an den Böschungen keine Ratten und am Ufer gab es wohl nichts, dass dem Menschen alles nehmen konnte, ihn niederringen konnte, hier war es sicher und gut am Weg, dachte er.
Am jenseitigen Ufer erblickte er die Stoppelfelder und Vögel darüber. Dann dachte er wohl an die Willkür und Bereitschaft zur Gewalt des Bankräubers, an die Demütigung und Häme in der Bank und an die vielen, schweren Kämpfe neben seiner Frau in den Krankenhäusern und auch stählernen Strecken des Lebens.
Man konnte es ihm trotz eines wohl kurz gewollten Gleichmuts und Optimismus ansehen... Trauer, Verzweiflung, eine Furcht, irgendeinen Schmerz in der Seele konnte er dem alten Mann ansehen. Er schien sich mit einer unergründlichen Bürde an Relikte und Prüfungen der Vergangenheit zu erinnern, mit dem Leid und Pein des Lebens, mit dem Genommenen durch Gott oder dem durch das Leben Gegebene und Genommenen; Kummer, vielleicht auch Furcht und ein kurzes Glück.
Vielleicht hatte er sich den entscheidenden Kämpfen nicht ausreichend gestellt, sagte er dann leise. Aber er war wohl nicht feige und gab das Feld wohl nicht dem Gehässigen und Feindlichen im Leben hin …
Es gab gefallene Hände und widerstehende Häupter im Menschenleben, an einem Lebenskampf, an dem langen Weg eines Menschensohnes, dachte der Mann und blickte auf die Trümmer, auf das Gehässige und Hohe des Lebens.
Es verging eine Weile …
Später wollte er noch in die eigene Wohnung, das Leben hätte ihn noch nicht in ein einsames Zimmer und zur Hilfe von Pflegekräften gezwungen, der wohl 70-Jährige sorgte noch für sich selbst und hatte diese Souveränität, sagte er stolz, demütig, mit einem Schwall der Dankbarkeit und noch hoffnungsvoll, mit einem Gesicht, dass jedoch noch immer eine Schwere von Zweifeln und Kummer wahrte.
Der Mann sprach bald vom weiteren Tag und dem, was noch anstand:
Er würde noch zum Friedhof fahren, das Grab seiner Frau besuchen und sauber halten wollen, ihr Todestag fiel in die Woche des Banküberfalls, doch zumindest konnte er in seinem Gesundheitszustand noch den Friedhof in der Nähe besuchen und das Grab seiner Frau ehren, das würde er so lange er es selbst schaffte, noch allwöchentlich machen wollen, sie hatten wie ein Wunder trotz der Erkrankung doch noch viele Jahre zusammen leben können, erklärte der Mann am Fluss. Dann reichten sie sich die Hände und der freie Reporter schritt fort in Richtung Eisenbahnbrücke und Stadt…
Gabriel musste weiter wegen des Fertigstellens eines Berichts zu einem Fußballturnier, ausgetragen auf dem Kasernenplatz der ehemaligen britischen Kingsley Kaserne.
Als der alte Mann zurückfuhr und den Bus verließ, wurde er von drei Jugendlichen überfallen, die ihm 120 Euro stehlen konnten. Der Mann stürzte und schlug hart auf dem Bordstein auf. Mit Kopfverletzungen wurde er ins Krankenhaus gefahren und erlag vier Tage später den Verletzungen.
Der ehemalige Bankangestellte hatte einen Sohn, der aus Frankfurt anreiste und die Bestattung des Vaters organisierte. Er spürte den harten Verlust, die Bitterkeit und den schweren Schmerz, doch während der Bestattung und bei dem Gespräch mit dem Geistlichen konnte er nicht weinen. Wenige Tage später, als er hinfuhr und das Grab von Blättern und Steinen säuberte, saß er später wenige Meter entfernt auf einer Bank, wo er den Grabstein sehen und den Namen des Vaters und dessen Geburtstag und Todestag noch lesen konnte; da weinte er das erste Mal und spürte den Schmerz des Verlustes und den Tod seines Vaters.
In der größten Tageszeitung der Stadt erschien am folgenden Mittwoch eine Traueranzeige. Eine junge Nachbarin des Mannes aus der Straße An der Freiheit hatte die Anzeige inseriert. Sie hatte ihn sehr gemocht und nach der Todesnachricht sehr getrauert und sich über den Ort des Grabes auf dem Friedhof, nahe dem Brunnen, informiert. Im Inserat und Nachruf hieß es unter anderem:
"In großer Trauer und mit Andacht nehmen wir Abschied von Dir. Ewig wirst Du uns als Freund, Kämpfer wider den Stürmen des Lebens, als arbeitsamer Ehemann und hoffnungstragender Mensch ehrwürdig in Erinnerung bleiben."
In den folgenden Wochen nahm der Sohn bei der Wohnungsauflösung neben Fotografien der Eltern, die im Jahr 1974 vor einem Hotel in Frankfurt gemacht wurden, und aus einem Urlaub in Kopenhagen und dem Jahr 1993 stammten, auch die vom Vater angefertigte Akte zum Bankräuber zu sich nach Frankfurt. In der letzten Notiz schrieb er und vermerkte die Verurteilung des ehemaligen Bankräubers, mehrere Jahre später, zu einer lebenslangen Haft wegen des Überfalls auf einen Geldtransporter in einer Kleinstadt und der Tötung und Erschießung eines Sicherheitsdienstmitarbeiters.
© Deniz Hethiter
Tag der Veröffentlichung: 29.08.2019
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