Folgende Orte und Personen entsprechen der Fiktion. Sie dienen als Platzhalter für eine, die für viele, wenn nicht sogar alle Städte stehen kann.
Freitag, 12:34 Uhr
Ecke 13., Ost
Da rennt ein Kerl, keine Siebzehn, mit seinen zerfetzten Jeans durch Pfützen und verlassene Straßen. Er ist durchnässt und verschwitzt, seine Haare kleben in seinem Milchbubengesicht. Der Erschöpfung nahe, sucht er sich ein Versteck hinter einem der Betonklötze. Dreckig und schwarz, wie er ist, fällt er dort nicht auf und kann sich tarnen. Nur so lange, bis seine Verfolger den Wahn aufgegeben haben und die Suche einstellen. Gerade noch mal Glück gehabt. Wie Dionysos auf der Flucht vor seiner drohenden Zerreißung. Kniend an der Wand mit verschrammten Armen, Beinen und offenen, roten Wunden an den Schultern. Der Junge atmet tief ein und aus. Verschnauft für den Bruchteil einer Sekunde. Mehr kann er sich nicht erlauben. Die Gefahr entdeckt zu werden ist mindestens so hoch wie die Wolkenkratzer der Stadt.
Unzählige Blocks weiter, Central Square
Ein junges Mädchen mit geröteten Backen und Jeans im Used-Look geht mit ihrer Mutter shoppen. Bereits bepackt mit Tüten links und rechts, betreten sie eine Boutique mit Markenklamotten, werden freundlichst begrüßt und auf einen Latte macchiato eingeladen. Dann möchte das passende Kleid für den Abschlussball an der Highschool gefunden werden. Die Tochter kleidet sich an und tritt aus der Kabine. Beim Drehen und Wenden vor dem überlebensgroßen, kreisrunden Spiegel, reißt das Kleid der Anprobe. Eine Verkäuferin wird hochrot und erklärt den Fauxpas mit heißen Worten der Unschuld. Das Material sei nicht mehr das, was es einmal war. Diese Länder der Dritten Welt würden immer miserabler produzieren und überhaupt. Mutter und Tochter zeigen Verständnis. Das Spiel setzt sich fort.
Midtown, Ecke 24., West
Menschenauflauf in einem schäbigen Hinterhof. Das Mauerwerk liegt blank und offenbart seine ganz eigene Geschichte. Schmierereien in sämtlichen Farben garnieren den Eindruck. Die Obdachlosen der Stadt versammeln sich zum täglichen Mahl. Privat finanziert von großherzigen Unternehmern mit dem Blick über den eigenen Tellerrand hinweg. Wie Prometheus sind sie Freunde der Menschen. Statt Feuer bringen sie den Schwächsten Brot und Wasser für Energie und bessere Zeiten. Ausnahmen sind es zwar, aber immerhin.
Financial District
Neuigkeiten verbreiten sich hektisch und in Windeseile über die Computer und Smartphones. Hände und Arme fliegen in die Höhe. Die Erleichterung zieht durch die heiligen Hallen der Finanzwelt. Nachdem der Staat sein Paket auf den Weg gebracht hat, kann es wieder aufwärtsgehen. Die Herren in dunklen Anzügen sprechen durch ihr Grinsen und fühlen sich plötzlich federleicht. Im Gebäude mit Glasfassade spiegelt sich der Glanz des Westens. Zum Essen bleibt kaum Zeit, wo das Geld über alles und jeden erhaben ist.
Downtown, Little Britain
Fettiges, schulterlanges Haar und braune Zähne ohne Ordnung und Einhalt. Ein Mittfünfziger umklammert seine gestoppelten Wangen und fährt sich dann in die Hosentasche. Er zieht einen bleichen Papierlappen heraus. Auf diesem stehen eine Zahlenkombination und ein Registrierungscode. Außerdem auch eine Einzahlungssumme von 25 Dollar. Auf mehreren verstaubten Bildschirmen fliegen aktuelle Sportergebnisse von oben nach unten durchs Bild. Der Mann hat sich an die Theke der Bar gelehnt und sein Puls schlägt ihm bis an sein Kinn. Die entscheidende Zahl rauscht über den Screen. Sie ist rot und unübersehbar. Einen Moment lang wirkt er ungläubig, dann schießt die Freude in seine Gliedmaßen und darüber hinaus.
Peripherie, über dem Fluss
Ein Raum in fast kompletter Dunkelheit ergibt sich den Augen des Betrachters. Langsam und mit quietschendem Ton öffnet sich eine Schatulle. Kaum hörbar aber umso schriller im Laut. Fingerspitzen bahnen sich ihren Weg zwischen Papieren und billigem Schmuck, um infolgedessen ihr Ziel zu erreichen. Geldscheine verlassen ihren angestammten Ort und verschwinden ohne Aufsehen in einem feuerroten Beutel in der Größe einer mittelgroßen Handtasche. Die Gestalt bewegt sich als Schatten an der Wand entlang bis zur Türe. Kurze Zeit später ist die Tat vergangen und die Deckenlampe erhellt das Zimmer. Eine Frau tritt ein und auf den Nachttisch zu. Bereits die Schublade verrät den Verlust. Ein Gedanke weicht dem Nächsten. Wie der Diebstahl des Tricksters Hermes, der schlau und mit einiger List seinen Bruder beklaut und ihn um Rinder betrügt.
7. Straße, Bay Area
Zwischen dichtem Geäst zwitschern Vögel um den Pokal. Zwei Girlies mit knallroten Sonnenbrillen im 70er-Jahre-Style bequatschen das alte aber stets aktuelle Thema Jungs. Sie kichern und necken sich, nesteln in ihren Täschchen und frönen der Jugend. Ein Mobiltelefon in samtiger Umhüllung gibt einen Pieps-Ton von sich. Zusammen wird der Posteingang geöffnet und die Nachricht gesichtet. Absender ist ein Junge aus der 8a. Er ist der Schwarm aller Mädels am Campus. Die Pupillen weiten sich und das Touchpad trägt die Benutzer durch die Zeilen. Dann folgt die Enttäuschung durch Absage. Die Schultern der Betroffenen fallen zusammen wie ein Kartenhaus. Der Trost naht unmittelbar.
Theatre District
Es brennt die Oper und Rauch überflügelt selbst höhere Etagen nebenstehender Gebäude. Alles sieht schlimmer aus, als es wirklich ist. Trotzdem ist es aufregend und wird entsprechend live berichtet, nur kurz, nachdem es begonnen hat. Fernsehen, Radio und die Presse haschen nach brandheißen Informationen aus erster Hand. Die Hilfe naht heran und tut das Möglichste um das Rot einzudämmen. Unter vollem Einsatz körperlicher Fähigkeit wird mit Hochdruck gearbeitet, um zu retten, was Allen gebührt. Wie Hephaistos, nicht nur als Schmied für den Vater der Götter, bringen sie sich ein für die Erhaltung der Form, als Werkzeuge, im Willen der Gemeinschaft.
Ein Dreieck, Rot auf Weiß wie Stop! Überdenken formuliert als Ziel 45 Wege des Glücks 45 Wege des Pechs ein Bruchteil davon ist erzählt die Stadt kennt sie alle.
Texte: Copyright: Georgia Bradshaw
Tag der Veröffentlichung: 06.04.2009
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