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Chapter 1



Chapter 1

The End is only the beginning

Ich stöhnte, es fühlte sich an als wäre mein Gehirn durch Wackelpudding ersetzt.
Mit verschwommen Blick versuchte ich meinen Kopf zu drehen.
Was direkt mit einem stechenden Schmerz in meiner Brust bestraft wurde.
Wieder stöhnte ich.
Wo war ich und warum fühlte es sich an als würde ein Pferd auf meiner Brust Tango tanzen?
Ich verwarf diese Gedanken, schloss die Augen und konzentrierte mich darauf möglichst flach zu atmen, was das Stechen erträglicher machte.
„Miss Young? Können sie mich hören.“ Flüsterte eine fremde aber freundliche Stimme.
Ich blinzelte, bedacht jede Bewegung zu vermeiden.
Noch immer war das Bild nicht richtig klar, doch der Stimme nach zu urteilen handelte es sich um eine Frau.
„Sie sind im Henry Mayo Newhall Memorial Hospital, mein Name ist Dr.Yeng. Wir mussten sie notoperieren. Das schlimmste haben sie hinter sich, jetzt brauchen wir nur Zeit und Geduld was die Heilung betrifft.“
Ich wollte sie fragen warum ich hier war und warum eine Notoperation nötig war, doch kam nur ein unverständliches Gegurgel aus meinem Mund.
Beruhigend legte sie ihre Hand auf die meine.
„Was ist passiert?“ Presste ich heraus.
„Ruhen sie sich aus, das ist jetzt wichtig für sie. Ich werde später noch mal nach ihnen sehen.“ Mit diesen Sätzen verschwand sie.
Ich hatte keine Ahnung wem ich es zu verdanken hatte das ich hier war.
In meinem Wackelpudding-Hirn kramte ich nach Antworten, doch es war nicht viel zu finden, ein schwarzes Nichts schien sich um meine Gehirnwindungen zu legen und lies keine Erinnerung zu.
Selbst das erinnern an die nicht vorhandene Erinnerung erschöpfte mich.
Ich wollte schlafen, in der Hoffnung das es mir dann ein bisschen besser ginge und mich irgendwer über die Geschehnisse aufklärte.
Langsam dämmerte ich weg.

Leises Gemurmel lockte mich aus dem schwarz meine Traumes.
Als ich die Augen öffnete konnte ich alles wieder klar erkennen. Doch nach wie vor brannte meine Brust.
Ich sah meine Eltern, sie unterhielten sich mit der Ärztin.
„Sie kann sich an nichts mehr erinnern.“ Flüsterte Dr. Yeng.
Den erleichterten Blick meiner Eltern konnte ich nicht deuten.
Konnte es gut sein wenn die Erinnerung erlischt wie das unstete flackern einer sonst ewig währenden Flamme?
„Sie sollten sie über ihr heldenhaftes Verhalten aufklären.“ Lächelte Sie.
Nickend sahen meine Eltern sich an, doch lag etwas verschwörerischen in ihrem Blick.
Sie drehten sich zu mir und sahen das ich wach war.
„Hayley Schätzchen, wie fühlst du dich?“ Kam meine Mom mit ausgestreckten Armen auf mich zu.
„Was ist passiert Mom?“ Quälte ich meine immer noch heisere Stimme.
Es sah aus als wüsste sie nicht was sie sagen sollte und sah hilfesuchend meinen Dad an. Der dann auch das Wort ergriff.
„Du hast deiner Mom das Leben gerettet.“ Es klang aus seinem Mund als würde eine Speisekarte vorlesen.
Meine Augen weiteten sich.
„Es war ein Einbrecher in unserem Haus und als wir nach Hause kamen und ihn auf seinem Beutezug störten, dann richtete er eine Waffe auf deine Mom und drückte an. Und du hast nicht lang überlegt und dich vor sie geworfen.“
Ich runzelte die Stirn, das klang so gar nicht nach mir.
Meine Mom und ich waren uns nie so grün, liebte ich sie doch mehr als ich es mir eingestehen wollte?
„Und du kannst dich wirklich an nichts mehr erinnern? Auch nicht an Fetzen?“ Drängte meine Mom.
Ich schüttelte den Kopf und versuchte irgendetwas von dem was sie mir erzählten wieder herauf zu beschwören. Es war sinnlos, ich konnte mich nicht erinnern.
Verzweifelt sah ich sie an.
„Mach dir keine Sorgen Hayley, du hast ja uns. Wenn wir dir mit unserem Wissen irgendwie zu Seite stehen können, tun wir das natürlich gerne.“ Lächelte sie, irgendetwas an ihr beunruhigte mich.
Ich dachte nicht weiter darüber nach und schob es auf die ohne hin schwierige Situation.
„Danke Mom.“ Versuchte auch ich zu lächeln.
Mein Dad sah schon wieder ungeduldig auf seine Uhr.
„So wir müssen dann los.“ Schnaubte er.
Mom warf mir ein Küsschen zu und Dad schob sie zur Tür hinaus.
Wenn ich mich auch nicht an meine tollkühne Tat erinnern konnte, so wollte ich sehen was mir überhaupt noch ein viel.
Ich schloss die Augen und lies mich treiben. Das erste Gesicht an das ich mich erinnerte war Ryan. Ich fragte mich ob er schon von dieser Aktion gehört hatte, wie auch Brook und Flynn. Ich konnte mir ihre Gesichter richtig vorstellen wenn sie davon erfahren würden und lachte in mich hinein. Dann nahm ich mir vor sobald es mir wieder gut ginge, mich bei ihnen zu melden.
Es waren nicht nur Erinnerungen die mir fehlten, sondern war auch etwas dazu gekommen.
Ein Gefühl, es fühlte sich weich und warm an, ich konnte es nicht richtig benennen. Ich war immer ziemlich schroff und ungehobelt anderen gegenüber, aber dieses warme weiche in mir war neu.
Es fühlte sich an wie ein anderes Ich.
Das meine Eltern mir erzählten das ich eine Kugel abgefangen hatte, darüber wurde ich mir erst jetzt bewusst.
Vorsichtig hob ich die Arme und tastete über die stechend brennende Stelle.
Sie muss ziemlich dicht an meinem Herzen vorbei gegangen sein oder stecken geblieben oder was weiß ich.
Es ärgerte mich schon ein bisschen das ich nichts mehr wusste, doch tröste ich mich damit das es vielleicht nur vorübergehend wäre.
Das hörte man ja öfters, Menschen denen schlimmes widerfahren war wie Unfälle, Kidnapping oder Nahtoderfahrungen, sich oft nicht mehr erinnerten, aber mit der Zeit auch die Erinnerungen wieder kamen.
Doch was sollte ich in meinem Leben schon aufregendes geschehen sein, das ich mich daran unbedingt erinnern müsste.
Es war bestimmt die selbe stumpfsinnige Feierei mit Ryan, Brook und Flynn wie sonst auch.
Da könnte ich mich von ihnen auf den neusten Stand bringen lassen.

Meine Blicke wanderten zum Fenster. Draußen dämmerte es, der Sonnenuntergang lies mich auf eine mir unbekannte Weise schwermütig werden und das brennen in meiner Brust nahm zu.
Leise wurde die Zimmertür geöffnet und Dr. Yeng betrat den Raum.
„Wie geht es ihnen?“
„Ich glaube ganz gut, wo genau hat mich die Kugel getroffen und wie schlimm war es.“ Ich hoffte auf ein paar Informationen.
„Als der Notarzt eintraf hatten sie eine beachtliche Menge Blut verloren, es stand schon ziemlich auf der Kippe. Doch die Kugel hat zum Glück nicht so viel Schaden angerichtet, der Blutverlust war wesentlich dramatischer. Ich bin mir sicher das sie uns in ein paar Tagen verlassen können. Den Einbrecher hat es weniger gut getroffen, er war schon verstorben als Notarzt eintraf.“
Überlegend sah ich sie an. „Warum ist er tot?“
„Nach der Aussage ihrer Eltern hatte er die Waffe gegen sich gerichtet und abgedrückt.“
Dann war sie irgendwie in Gedanken und murmelte nur noch, „seltsamer Weise befand sich der Einschuss an der selben Stelle wie ihrer.“
Das schien für sie eben so wenig Sinn zu ergeben wie für mich. Warum sollte sich ein Einbrecher selber richten? Wenn er so mit ein paar Jahren Gefängnis davon käme und warum sollte er sich in die Brust schießen, der Kopf wäre doch viel einfacher und garantiert todsicher. Wieso starb er vor mir? War ich doch diejenige auf die er zuerst geschossen hatte. Es klang schon widersprüchlich.
Doch freute ich mich über ihre Worte das ich in ein paar Tagen wieder nach Hause könnte.
„Je mehr sie sich ausruhen und schonen um so schneller können wir sie entlassen.“ Belehrte sie mich.
Nickend sah ich sie an, sie wünschte mir noch eine angenehme Nacht und verschwand.
Ich versuchte mich auf die Seite zudrehen damit ich schlafen konnte.
Unter lautem Stöhnen und Fluchen gelang es mir und ich fand auch eine Position in der ich es gut aushalten konnte.
Erledigt schloss ich meine Augen, doch bevor mich der Schlaf erlösen konnte, zuckte für den Bruchteil einer Sekunde ein Bild durch mein Gedächtnis.
Es war eine Hand, eine große starke Hand, die von einer kleineren umklammert wurde. Die kleine Hand erkannte ich, es war meine. Aber die andere war mir völlig unbekannt. Ich konnte mich nicht daran erinnern wann ich jemals eine andere Hand so gehalten hatte.
Mit diesem Bild kam ein ungutes Gefühl, es war eine Mischung aus Trauer und Verzweiflung.
Das brennen der Wunde flackerte erneut auf, ohne das ich mich bewegte. Ebenso wie das Weiche in mir, sich einen Weg an die Oberfläche zu bahnen versuchte.
Was waren das für Gefühle? Wessen Hand musste ich umklammern und warum?
Die Müdigkeit wich und ich konzentrierte mich auf dieses Bild.
In der Hoffnung es würden weitere folgen.
Doch umso mehr ich mich anstrengte, desto mehr trat es in den Hintergrund.
Wütend schnaufte ich, ich konnte es nicht erzwingen und lies es gut sein. Während ich aus dem Fenster in die sternenklare Nacht sah wurden meine Lider schwer, bis sie sich schlussendlich schlossen.

Chapter 2



Chapter 2

Als ich wach wurde war das Zimmer in ein gleißendes Licht getaucht.
Die Sonne wurde von den weißen Wänden so reflektiert das es in meinen Augen schmerzte.
Brummend rollte ich mich auf die Seite und wartete auf den Schmerz. Der zu meiner Verwunderung heute wesentlich weniger schlimm war als gestern.
Ich erinnerte mich wieder an das Bild der Hand, die ich umklammerte und war froh das es kein Traum war.
Ich dachte an die Worte von Dr. Yeng, das der Einbrecher tot war und fragte mich ob er hier in der Pathologie wäre.
So schrecklich wie es auch sein mochte, doch dachte ich, wenn ich ihn sehen könnte, meine Erinnerung vielleicht zurück kehrte.
Ich griff nach jedem Strohhalm der sich mir bot.
Eine Schwester trabte fröhlich ginsend ins Zimmer.
„Guten Morgen Miss Young, ich bringe ihnen ihr Frühstück.“
Welches sie mit einem Knall auf den Tisch fallen lies. „Aber bevor sie frühstücken, wollen wir doch mal versuchen ob sie schon aufstehen können.“
„Ach du Scheiße.“ Entfuhr es mir.
Überrascht sah sie mich an.
„Wenns unbedingt sein muss.“ Maulte ich.
Sie klappte die Decke auf und half mir meine Beine über den Rand zu hängen.
Als im selben Moment Dr. Yeng dazu stieß.
„Gut das sie da sind ich hätte eine Frage.“ Stöhnte ich als mich die Schwester hoch buxierte. Immer hin saß ich schon mal.
„Was kann ich für sie tun Miss Young.“ Lächelte sie mich an.
„Der Typ der bei und eingebrochen ist, ist er hier in der Pathologie?“ Fragte ich vorsichtig.
Verwundert sah sie mich an. „Ja noch ist er hier.“
„Das klingt jetzt wahrscheinlich ziemlich hirnverbrannt, aber könnte ich ihn sehen?“ Bat ich sie.
„Miss Young sind sie sich da ganz sicher?“ Ungläubig sah sie mich an.
„Ja bin ich, vielleicht hilft es mir mich zu erinnern.“ Meine Stimme nahm einen flehenden Ton an.
„Wenn sie auf ihren eigenen Beinen dort hin laufen können, dann lasse ich mich darauf ein.“ Spornte sie mich an.
Ich fands schon ziemlich Scheiße das sie versuchte mich zu erpressen, aber sie saß am längeren Hebel.
Langsam glitt ich aus dem Bett, bis ich auf meinen zittrigen Beinen stand.
Die Schmerzen waren kaum auszuhalten, doch um noch einen drauf zusetzen, richtete ich mich kerzengerade auf.
Mein Siegerblick lies sie wissen das ich nicht so leicht klein bei geben würde.
„Deal ist Deal.“ Presste ich durch die Zähne.
„Sie sind sich wirklich im klaren was sie vorhaben?“ Durchdringend sah sie mich an.
Ich biss auf meine Unterlippe und nickte.
„Okay, die Schwester hilf ihnen noch beim anziehen und wenn sie gefrühstückt haben, wird sie ein Pfleger begleiten.“
„Vielen Dank.“ Flüsterte ich.
Die Schwester eilte zu einem der Schränke in dem tatsächlich Klamotten von mir waren und half mir mich anziehen.
Das ein oder andere Mal hätte ich nur zu gern laut los gebrüllt, aber Dr. Yeng und ich hatten eine Abmachung.
Also riss ich mich zusammen. Schnell schlang ich eine Schnitte Brot herunter und drückte die Klingel.
Keine zwei Sekunden später wurde die Tür aufgerissen und ein riesen Kerl, der einen Rollstuhl vor sich her schob, kam herein gestapft.
Er grinste mich an. „Ich bin Nanuk, und wir beiden Hübschen machen jetzt einen Ausflug.“
„Kann man so sagen, aber ich dachte ich sollte laufen?“ Fragend sah ich ihn an. Seinen Namen fand ich ziemlich indianisch, was sein Erscheinungsbild nicht wirklich wieder spiegelte.
„Bis zur Pathologie ist es ein Stück, wir wollen sie ja nicht mehr quälen als nötig.“ Lachte er.
„Wie überaus freundlich.“ Übertrieben lächelte ich ihn an.
Er schob den Rollstuhl an mich heran und ich quälte mich hoch um mich dann stöhnend hinein fallen zu lassen.
„Auf geht’s, nächster Halt, Gruselkeller.“ Witzelte er.
Die Flure schienen endlos und ließen mir viel Zeit über mein Vorhaben nachzudenken.
Ob ein fremdes Gesicht die erloschenen Gedanken zurück bringen konnten? Ich wusste es nicht, doch wenn ich es nicht versuchte würde ich es nie erfahren.
Mittlerweile waren wir im Fahrstuhl, mein Magen verbreitete dieses typische Fahrstuhl Gefühl und ließ es mir noch etwas übler werden.
Die Türen öffneten sich und Nanuk schob mich den nächsten Gang entlang, dann noch mal recht, links, recht...... Würde er mich hier aussetzten würde ich nie wieder zurück finden. Vor einer großen Metalltür hielt er.
„Ich muss eben Bescheid sagen, bin gleich wieder da.“ Er verschwand in einer kleinen Seitentür.
Ob es die richtige Entscheidung wäre wusste ich nicht und haderte mit mir.
Wieder schlich sich das Bild der Hand in mein Gedächtnis, als sich im selben Moment die Stahltüren öffneten.
Nanuk versuchte mir ein Lächeln zu schenken, er wusste das ein Besuch hier, nie etwas erfreuliches war.
Langsam schob er mich herein, dann fuhr er mich in einen Raum, in dessen Mitte ein eiserner Tisch stand, auf dem etwas lag.
Durch das Laken sah man eine menschliche Gestalt. Er schob mich nicht zu nah, so das ich aufstehen musste.
„Möchten sie allein sein?“ Fragte er mitfühlend. Er wusste nicht das ich hier war um meinen Erinnerungen auf die Sprünge zu helfen, er dachte ich hätte einen lieben Menschen verloren.
Ich nickte und Nanuk schloss hinter sich die Tür. Langsam stand ich auf und ging Schritt für Schritt auf den Leichnam zu der vor mir aufgebahrt lag.
Ich merkte wie es mir unerträglich übel wurde. Noch nie zuvor hatte einen toten Menschen gesehen. Auf dem Laken lag ein Formular. Welches ich mit zittrigen Hände an mich nahm.
Ich wollte wissen wer mich fast ums Leben gebracht hatte.
Es war handschriftlich geschrieben und der, der es ausgefüllt hatte, konnte sich nicht mit einer leserlichen Schrift brüsten.
Das einzige was ich entziffern konnte war ein Name, der in großen schweren Lettern über allem prangte. BLACK.
Wieder und wieder las ich den Namen. Doch damit konnte ich nichts anfangen, es sagte mir nichts.
Vorsichtig legte ich den Zettel zurück und sammelte mich für mein Vorhaben.
Das Laken nahm ich an der oberen Spitze zwischen die Finger und holte tief Luft. Langsam hob ich es an, ich sah dunkle kurze Haare, dann wurde die Tür mit einem ohrenbetäubenden Knall aufgerissen und vor die Wand geschleudert. Entsetzt sah ich meinen Dad in der Tür stehen, der mich sofort anfuhr. „Bist du jetzt total durchgeknallt?“
Völlig überrumpelt lies ich das Laken sinken und starre ihn an.
„Äh ich... äh... dachte …..es könnte mir helfen.“ Stammelte ich .
Irritiert sah Nanuk um die Ecke.
„Ist alles okay?“ Fragte er.
„Haben sie das zu verantworten.“ Raunzte mein Dad ihn an während er mich wieder in den Rollstuhl verfrachtete.
„Das wird Konsequenzen haben.“ Wetterte er weiter und schob mich vor sich her. An einem sprachlosen Nanuk vorbei.
Ich wusste nicht warum mein Dad so ausrastete. Sicher, es war schon eine drastische Aktion, aber ich wollte mich erinnern und dachte sie würden es in jeder Hinsicht unterstützen.
„Dad bitte lass es mich versuchen, ich werde es schon verkraften.“ Bettelte ich.
„Das kommt auf gar keinen Fall in Frage.“ Zischte er.
Ich verstand seine Wut nicht. Schnellen Schrittes schob er mir durch die Gänge zurück in mein Zimmer. Noch nicht ganz wieder angekommen, drehte er auf der Hacke um und stampfte wütend zum Schwesternzimmer. Dort hörte ich ihn herum schreien. Vorsichtig quälte ich mich aus dem Rollstuhl und krabbelte in das Bett. Ich hatte mich noch nicht mal zugedeckt als mein Dad wieder auftauchte. Mit einem hochrotem Kopf stand er vor dem Bett.
„Du wirst da nicht noch mal unter gehen, haben wir uns verstanden, junge Dame!“
Verwirrt darüber, das er alles daran setzte das ich den Typen nicht zu Gesicht bekam, nickte ich nur.
Ohne sich zu verabschieden, verschwand er genauso schnell wie er aufgetaucht war.
In Gedanken versunken saß ich im Bett und starrte vor mich hin, als Nanuk den Kopf ins Zimmer steckte.
„Ist alles Okay bei dir?“
„Da bin ich mir nicht mehr so sicher.“ Stammelte ich.
Langsam kam er näher und setzte sich auf die Bettkante.
Mit großen Augen sah ich ihn an, „Du musst mir einen riesigen Gefallen tun.“
Als ich diese Worte aussprach, tauchte erneut ein verloren geglaubter Teil meiner Erinnerungen auf.
Es war ein Gesicht, eines Jungen, er musste so in meinem Alter gewesen sein. Er hatte schwarze kurze Haare und braune Augen, es machte den Eindruck als hätten wir die selben Vorfahren.
Der Ausdruck in seinem Gesicht, erzählte von völligem Entsetzen.
In meinen Ohren hallte der Satz: Hol mich nach Hause.
Doch war es meine Stimme die ihn flüsterte.
Ich überlegte so angestrengt das ich Nanuk nicht hörte.
Hol mich nach Hause, hol mich nach Hause.
Es macht genau so wenig Sinn wie das Bild mit der großen Hand die ich hielt.
Es waren Fetzen ohne Verbindung zueinander oder war es seine Hand die ich hielt?
„Was für einen Gefallen soll ich dir tun?“ Drang er endlich zu mir durch.
Ich war ziemlich durcheinander und brauchte einen Moment eh ich mich wieder sortiert hatte.
„Hast du n Fotohandy?“ ,fragte ich noch immer wirr.
Überrascht sah er mich an.
„Ich weiß es kling völlig krank, aber.......“
„Ich soll ihn für dich knipsen,“ beendete er meinen Satz.
Ich wusste nicht warum ich an diesem Toten so festhielt, doch sah ich ihn als Tor zu meinen Erinnerungen.
Nickend sah ich Nanuk an.
„Kann ich machen, aber erst wenn ich Feierabend habe, mein Handy ist in meinem Spinnt.“ Prüfend sah er mich an.
„Ich danke dir“, versuchte ich zu lächeln.
„Bis später dann.“ Verabschiedete er sich und verschwand zur Tür hinaus.
Langsam ließ ich mich in die Kissen sinken und schloss die Augen.
Das Bild dieses Jungen schob sich wieder in den Vordergrund und mit ihm ein Gefühl von Freundschaft, wahrer Freundschaft. Die ich nie zu irgendwem aufbauen konnte.
Wenn es auch kein erfreuliches Bild war so fühlte ich eine Verbundenheit zu ihm die ziemlich stark war. Wer in Himmelsnamen war das.
Erschrocken riss ich die Augen auf, eine Schwester fummelte an dem Zugang an meinem Arm herum und legte mir einen Tropf. Ich hatte nicht bemerkt das sie ins Zimmer kam.
„Es tut mir schrecklich leid das meine Dad hier so ein Theater veranstaltet hat.“ Entschuldigte ich mich.
„Ist schon gut.“ Beruhigte sie mich.
Fragend sah ich sie an, „Woher wusste er wo ich war?“
„Er hatte angerufen um sich nach ihrem Zustand zu erkundigen, als wir ihm erzählten das sie schon allein laufen könnten und auf dem Weg in die Pathologie seien, hat er einfach aufgelegt und war in null Komma nix hier.“ Ihre Blicke bemitleideten mich.
Warum tat er das, warum wollte er um nichts in der Welt, das ich diesen Menschen zu Gesicht bekam? Ich vertröstete mich damit das Nanuk mir vielleicht später eine Antwort bringen konnte.
Obwohl die Schmerzen in meiner Brust ganz gut zu ertragen waren, fühlte ich mich nicht besser. Es war ein leeres Gefühl, als würde mir etwas entscheidendes fehlen. Es war bleiern, fast wie eine Art Liebeskummer.
Doch hatte ich so gut wie nie, in meinem Leben Liebeskummer. Ich ließ erst niemanden so nah an mich heran, das es so weit kam. Jetzt wusste ich auch warum. Nur wusste ich nicht um wenn mein Herz trauerte.
Um mich irgendwie abzulenken schaltete ich den Fernseher ein und zappte durch die unendlich vielen Kanäle. Irgendwann schlief ich ein.

Vorsichtig stupste jemand vor meine Schulter. Ich schreckte hoch, was direkt mit Schmerz betraft wurde. Langsam und stöhnend atmete ich aus.
„Hui, immer mit der Ruhe.“ flüsterte Nanuk, der an meinem Bett saß.
„Hey.“ Stöhnte ich leise.
„Hab schlechte Nachrichten für dich.“
Mein Blick traf ihn.
„Sie haben ihn schon überstellt, ich kam zu spät.“ Betroffen sah er zu Boden.
„Überstellt? Wohin wurde er überstellt?“ Der Scherz in meiner Brust wurde von der Enttäuschung abgelöst.
„Nach Seattle.“
Da alles nahm immer mysteriösere Züge an. Warum kam jemand den weiten Weg aus Seattle um bei uns einzubrechen? Und sich dann selbst zu erschießen?
„Wo genau in Seattle, weißt du das?“ Bohrte ich nach. Ich wusste nicht warum ich das fragte, ich musste es einfach wissen.
„Ne keine Ahnung, aber vielleicht könnte ich das raus bekommen. Wenn ich morgen wieder hier bin werde ich mich als erstes dem widmen.“ grinste er. „Wünsche dir gute Nacht, bis morgen.“
Er stand auf und verschwand winkend zur Tür hinaus.

Ich vertrödelte den restlichen Abend mit fernsehen und nach dem es Abendbrot gab, dauerte es nicht lange und der Fernseher brabbelte mich in das Land der Träume.

***Hayley´s Traum***

Ich spazierte barfuß an einem Strand, es war malerisch.
Langsam schwappten die Wellen über meine Füße.
Überall aus dem Wasser ragten riesige Felsen.
Es war ein friedlicher Ort, der mir ein gutes Gefühl gab.
Die aufgehende Sonne färbte den Himmel in ein unsagbares Orange.
In der Ferne erblickte ich jemanden.
Es war ein junger Mann, er ging mit hängendem Kopf auf einen der Felsen zu. Er machte einen unglücklichen Eindruck.
Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen aber ich fühlte, wie er fühlte. Verzweiflung verjagte das gute Gefühl.
Geschickt kletterte er die Felsen empor, es lies die Vermutung zu das er das das nicht zum ersten Mal tat.
Er war geschickt und seine Bewegungen grazil.
Langsam ging ich näher.
Als ich vor dem Felsen stand konnte ich ihn nicht mehr sehen und langsam versuchte ich ihn zu erklimmen.
Was sicherlich nicht annähernd so geschickt aussah.
Aber nach einiger Anstrengung hatte ich es geschafft.
Er stand ganz vorne an dem Felsen und hatte den Rücken zu mir gewandt. Es überkam mich ein bekanntes Gefühl der Vertrautheit.
Auch hatte ich Mitleid mit ihm.
Langsam ging ich näher. Ich war noch gut zwei Meter von ihm entfernt.
Da wollte ich nicht glauben was ich sah. Seine Hände, sie waren mir nicht unbekannt. Es war die Hand aus meiner Erinnerung.
Ich wollte etwas sagen aber es war als hätte ich keine Stimme.
Schritt für Schritt ging ich näher, ich wollte ihn berühren, sein Gesicht sehen.
Als er, ohne das ich wusste warum, von dem Felsen sprang und im der Brandung verschwand. Mein Herz zerriss es bei diesem Anblick.

*********

Chapter 3



Chapter 3

Langsam öffnete ich die Augen, ein Schluchzen schüttelte mich.
Es war einer dieser Träume, die ziemlich nah an die Realität grenzten, man fragte sich nach dem Erwachen, war es Wirklichkeit oder doch nur ein Traum.
Es fühlte sich so echt an und die Tränen die meine Wange hinunter liefen bestätigten was ich fühlte.
Ich drehte mich auf die Seite und schaltete den immer noch laufenden Fernseher aus.
Dann gab ich der Schwere meines Herzens nach und weinte, als hätte man mir das liebste auf er Welt genommen.
Meine spärlichen Erinnerungen wechselten mit dem realitätsnahen Traum.
Noch immer fühlte ich „seine“ Verzweiflung, wer immer er war.
Doch wusste ich das es seine Hand war die hielt, fest umklammert.
Es war quälend.
Unbarmherzig zogen die dunklen Stunden der Nacht dahin und dieses zerrissene Gefühl lies mich keinen Schlaf finden.
Mir wurde immer bewusster das etwas geschehen war, das in dem schwarzen Loch meiner Erinnerungen ruhte und mir irgendwann Klarheit über diese Gefühle bringen würde. Aber irgendwann dauerte zu lang und es würde mich in den Wahnsinn treiben.
Die Dämmerung bahnte sich ihren Weg und ich vertraute darauf das mit der Dunkelheit, „seine“ Verzweiflung verschwand.
Doch umso kräftiger der Himmel sich färbte, um so mehr wünschte sich mein weiches Ich an einen anderen Ort.
Doch wusste ich nicht wo dieser Ort war.
Wehmütig sah ich aus dem Fenster. Der Sonnenaufgang der sich mir bot erinnerte mich wieder und wieder an meinen Traum.
Was war meinem Herz geschehen das es so litt?

Vorsichtig öffnete sich die Zimmertür, „Bist du schon wach?“
Eilig wischte ich die Tränen weg und drehte mich auf den Rücken.
Nanuk lächelte mich an, doch als er mein Gesicht sah, welches von dem Leid der letzten Nacht klagte, wurde sein Ausdruck besorgt.
„Hey nicht weinen.“ Flüsterte er und mit seinen Worten schwappte erneut eine Welle der unbekannten Gefühle über mich.
Er kam näher und setzte sich auf den Rand des Bettes.
Ich kniff die Augen zusammen und versuchte Herr über meine nicht versiegen wollenden Tränen zu werden.
Mitleidsvoll ruhte sein Blick auf mir.
„Möchtest du darüber reden?“
Ich wusste noch nicht mal warum ich so empfand, wie sollte ich es ihm begreiflich machen.
„Ich kann dir nicht sagen warum ich weine, ich bin todtraurig, aber ich weiß nicht warum! Ich kann mich nicht erinnern!“ Meine Stimme klang schrecklich verzweifelt. Es war immer noch „seine“ Verzweiflung die aus mir sprach.
Vorsichtig nahm Nanuk meine Hand, „Deine Erinnerung wird zurück kehren, gib ihr Zeit.“
Ich wollte seinen Worten gern Glauben schenken. Aber wie lange würden mich diese Gefühle verzweifeln lassen, bis sich meine Erinnerung dazu durchringen könnte mich zu erlösen. Und was wäre wenn diese Erinnerung keine Erlösung wäre? Sondern einer Apokalypse glich oder zerstörend wie eine Supernova wäre.

„Vielleicht könnte dich meine Neuigkeit ein bisschen aufmuntern und auf andere Gedanken bringen.“ Das Lächeln kehrte auf sein Gesicht zurück.
Verheult sah ich ihn an.
„Ich konnte ausfindig machen wohin der Typ aus der Pathologie überstellt wurde.“
Gespannt wartete ich.
„Und? Wohin? Jetzt sag schon“, drängte ich und es lenkte mich tatsächlich für diesen Moment ab.
„In so ein kleines Kaff, in der Nähe von Forks. Das einzige was da in der Nähe liegt und einigermaßen bekannt ist, ist ein Strand namens La Push. Was ich noch heraus bekam, das er in ein Reservat überstellt wurde.“
Der Name des Strandes hallte in meinen Ohren und vermischte sich mit dem Satz, Hol mich nach Hause.
Reservat? Das Bild des unbekannten Jungen, mit dem indianisch angehauchtem Aussehen, trat in den Vordergrund.
Doch was sollte ein Einbrecher mit meiner Vergangenheit der letzten Monate zu tun haben?
Es war nicht ganz ein halbes Jahr welches sich meiner Erinnerung entzog. Kannte ich den Einbrecher schon länger und hatte ihn so auf das Vermögen meiner Eltern aufmerksam gemacht?
Aber nie in meinem Leben war ich in Seattle und warum war mein Gefühlsleben völlig auf den Kopf gestellt.
Je mehr Informationen ich bekam und so mehr verwirrte mich alles.
Es ärgerte mich wieder einmal, das mein Dad mich bei meinem Vorhaben, den Typen anzusehen, gestört hatte.
Vielleicht wäre dann alles viel klarer gewesen. Doch solange ich in diesem verfluchten Krankenhaus war, konnte ich nicht viel ausrichten.
„Was meinst du, wie lange muss ich noch hier bleiben?“ Gedankenverloren sah ich Nanuk an.
„Ein paar Tage.“ Murmelte er.
Genervt ließ ich mich wieder in die Kissen fallen.
„So lange noch, es geht mir doch schon wieder fast gut.“ Beschwerte ich mich.
„Es gibt noch einen anderen Weg.“ Durchdringend lag sein Blick auf mir.
Mit hoffnungsgeweiteten Augen sah ich ihn an, „Lass hören!“
„Das hast du jetzt aber nicht von mir, klar! Jeder Patient kann sich selbst entlassen. Wenn es auch kein Arzt unterstützen wird, aber es wäre eine Möglichkeit.“
Ich nahm seine Hand die immer noch meine hielt und hauchte ihm einen Kuss auf selbige. Ein Lächeln konnte ich mir nicht verkneifen.
„Danke.“ Flüsterte ich.
„Kein Ding, dann werde ich mal gehen und das ganze anleiern.“
Seine Hand glitt aus meiner und eine neue Erinnerung stieg aus dem Dunkel hervor.
Wieder diese Hand. Wie sie aus meiner glitt und kraftlos auf einem steinernen Boden lag.
Mir wurde übel und das Gefühl was mit ihr kam, war nicht im Ansatz mit den anderen zu vergleichen.
Es war der Wunsch zu sterben, so stark und intensiv das ich keuchend nach Luft schnappte.
Nanuk drehte auf der Hacke um und kam schnellen Schrittes zurück.
„Ist vielleicht doch keine gute Idee“, murmelte er vor sich hin und suchte nach der Sauerstoffmaske.
„Geht gleich wieder.“ Japste ich und versuchte mich zusammen zu reißen.
Ehe ich mich versah stülpte er sie mir über die Nase. Mit dem zusätzlichen Sauerstoff beruhigte sich meine Atmung, aber der Wunsch zu sterben blieb.
Besorgt sah er mich an. „Es wäre vielleicht doch besser du bleibst noch ein bisschen.“
„Ich werde hier Wahnsinnig, wenn du mir nicht helfen willst bitte. Dann versuche ich es selber oder haue einfach ab. Was ist dir lieber?“ Entschlossen, hier nicht länger meine Zeit zu verschwenden, funkelte ich ihn an.
Er ließ den Kopf hängen und gab sich geschlagen.
Er verschwand zur Tür hinaus, um keine zwei Minuten später mit Dr.Yeng wieder aufzutauchen.
„Was kam mir zu Ohren Miss Young? Sie wollen uns verlassen? Auf eigene Faust?“ Eine Augenbraue hatte sie hoch gezogen und sah mich an.
Ich versuchte mein überzeugendstes Lächeln auf zusetzen.
„Es geht mir schon wieder gut und schonen kann ich mich auch zu Hause.“
Prüfend sah sie mich an. „Ich könnte mich darauf einlassen. Aber. Nur wenn wir ihnen täglich eine Schwester oder einen Pfleger schicken, der sich die Wunde ansieht und sie neu verbindet!“
Damit konnte ich leben. Nickend stimmte ich ihr zu.
„Wie sie wünschen Miss Young, dann werde ich die Papiere fertig machen und ihre Eltern benachrichtigen.“ Sie verließ das Zimmer und Nanuk folgte ihr.

Ich stand auf, die Wunde in meiner Brust pochte bei jeder Bewegung. Was es nicht einfacher machte meine Tasche zu packen, die ich unten aus dem Schrank zog.
Dieses mal zog ich mich allein an und verschwand im Bad.
Alles was ich machte dauerte länger als gewöhnlich, was mich zunehmend nervte.
Doch diese Ablenkung tat mir ganz gut, somit schweiften meine Gedanken nicht zu diesem Todeswunsch, der an meinem Inneren nagte, ohne das ich wusste warum.
Ich kramte nach meinem Portmonee, ich öffnete es und suchte meine Amex.
Doch fand ich sie nicht. Verwundert sah ich mich um, wo konnte sie sein. Dann viel mir ein das meine Eltern sie vielleicht vorsichtshalber raus genommen hatten.

Als ich mit allem fertig war setzte ich mich auf Bett, die Bewegungen machten das Stechen schlimmer.
Um einen Moment auszuruhen legte ich mich hin und der Schmerz ließ nach.
Ich merkte das es noch dauern würde ehe ich körperlich wieder fit wäre, es strengte mich alles ziemlich an.
Ich wollte nur für einen Moment die Augen zumachen und schlief ein.

Ein sanftes streicheln meiner Hand lies mich langsam wieder zu mir kommen.
Eine Schwester lächelte mich freundlich an. „Ich müsste noch ihren Verband wechseln. Ihr Fahrer wartet vor der Tür.“
Noch etwas benebelt vom Schlaf setzte ich mich auf und zog mein Oberteil aus.
Schnell und geschickt zog sie das riesige Pflaster ab. Welches quer über mein Dekoltee ging und entblößte die riesige Narbe, die sich schräg über meiner linken Brust erstreckte.
Erschrocken starrte ich darauf. Die war doch größer als ich dachte.
Doch war sie nicht dick und wulstig sonder ehr wie ein feiner Strich.
Ich hoffte inständig das es mit der Zeit verblassen würde. Sie wäre eine ewige Erinnerung an das Vergessen.
Nach dem sie sie begutachtete und es für sie zufriedenstellend aussah verpflasterte sie wieder alles und ich konnte mich anziehen.
Dann schickte sie Bennett herein der mir mit der Tasche helfen sollte.
Freude strahlend trat er ein. „Una, es tut gut sie wiederzusehen.“
Als er diesen Namen aussprach bahnte sich ein neues Gefühl den Weg ins Licht, es war Geborgenheit.
Es fühlte sich warm und weich an, fast wie nach Hause kommen, doch wurde mit ihm auch die Schwermütigkeit in mir wach gerufen.
Es war der totale Widerspruch in sich, aber ich fühlte wie ich fühlte und konnte mich nicht wehren.
Es war egal welches Gefühl sich an die Oberfläche schob, sie waren so intensiv das es mir den Atem nahm und es mir schwindelig werden lies.
Es übermannte mich, ich war hilflos und musste es zulassen.
Taumelnd drehte ich mich zu ihm, dann griff ich seinen Arm und hielt mich fest.
Es war wie ein Déjá-vu, ich schloss die Augen und sah eine Situation in er ich mich nach Luft schnappend an einem Arm festhielt und die bekannte Hand aus meinen Erinnerungen nach mir griff um mich zuhalten.
Es fühlte sich an als würde mein Verstand mich verlassen, es machte mich verrückt.
Stückchenweise wurde ich in den Wahnsinn getrieben, weil diese ganzen Gedächtnisfetzen keinen Sinn ergaben.
Aber immer wieder die große Hand auftauchte. Die ich hielt und die mich hielt, begleitet von Trauer, Wehmut, Wärme, Geborgenheit, Verzweiflung bis hin zum Wunsch zu sterben.
„Ist alles in Ordnung? Möchten sie sich noch mal setzten?“ Besorgt sah er mich an.
„Lass und gehen.“ Presse ich hervor,dann hackte ich mich bei ihm ein.
Er schnappte sich noch meine Tasche und langsam verließen wir das Zimmer.
Ich konnte es nicht erwarten endlich hier heraus zu kommen.
Leider sah ich Nanuk nirgendwo, ich hätte mich gerne noch von ihm verabschiedet. Doch jetzt ging ich ohne es zu tun.

Wir stiegen aus dem Fahrstuhl und ich sah den Maybach vor dem Eingang stehen.
Gleich wäre es geschafft, spornte ich mich an.
Bennett öffnete die Tür und half mir ins Auto.
Er nahm vorne Platz, startete den Wagen und fuhr los.
Geschafft legte ich den Kopf an die Stützte und schloss die Augen.
„Kann ich dich was fragen Bennett?“ Stöhnte ich von der Rückbank.
„Natürlich. Alles was sie wollen.“ Er klang erleichtert und gleichzeitig bedrückt.
„Seit wann nennst du mich Una?“ Ich öffnete die Augen um seine Reaktion zu sehen.
Er war auf den ziemlich dichten Verkehr konzentriert. „Seit sie aus La.....“ er brach ab und beendete seinen Satz nicht. Wartend sah ich ihn an.
Dann verbesserte er sich. „Sie hatten es mir vor einiger Zeit angeboten.“
Auch das machte wieder wenig Sinn, eigentlich hasste ich diesen Namen, wenn er auch das Gefühl der Geborgenheit rauf beschwor.
Er sah mich an als hoffte er ich würde es ihm glauben, aber was hatte ich für eine Wahl, er hätte mir alles erzählen können, ich musste ihm glauben.
„Haben sie den Typ gesehen der bei uns eingebrochen ist.“ Ich hoffte er könnte mir ein bisschen was erzählen.
Die Ampel auf die wir zufuhren sprang auf rot.
Bennett´s Blick wurde unglaublich mitleidig, es war fast als hätte er Tränen in den Augen.
„Sie können sich an nichts mehr erinnern? An überhaupt nichts?“
„Es erscheinen Bilder vor meinen Augen die ich nicht zusammen bringen kann, die keinen Sinn machen und mich in den Wahnsinn treiben. Begleitet von Gefühlen die so intensiv sind das ich aus dem Stegreif anfangen könnte zu weinen und manchmal so liebevoll und wärmend sind das ich nicht weiß wer diese Gefühle in mir gesät hat.“ Wieder einmal war ich der Verzweiflung nah.
„Halten sie an diesen Bildern fest, wen auch es zeigt. Erinnerungen können etwas wundervolles sein, aber auch genau so quälend, wenn sie auch nicht immer einen Sinn ergeben. Verzweifeln sie nicht. Sie werden sich erinnern!“ Bestärkte Bennett mich. Dann murmelte er etwas vor sich hin, das klang wie „er ist es wert.“
Ich wusste nicht ob ich mich verhört hatte. „Wie war das?“ Harkte ich nach.
„Ich hab nur laut gedacht.“ Mit diesen Worten tat er es ab.
Ich lehnte mich zurück und hing meinen Gedanken nach.

Chapter 4



Chapter 4

Die Ampel sprang auf grün und Bennett fuhr weiter, bis nach Hause war es noch ein Stück.
Ich sah aus dem Fenster und die Welt zog vorbei.
Mittlerweile war es fast so das ich die spärlichen Erinnerungen fürchtete, da sie mich immer auf ein Neues in ein totales Chaos stürzten. Vielleicht wäre es besser, ich würde es auf sich beruhen lassen und ich würde einfach an das anknüpfen von dem ich wusste.
Doch wie sollte man so etwas unterdrücken? Es war genau so unmöglich wie zu versuchen sie herauf zu beschwören.
Es beschlich mich ein Gefühl der Aussichtslosigkeit, welches mir sehr bekannt vorkam.
Doch konnte ich mich auch an diese Situation nicht erinnern.
Verdammte Scheiße. Am liebsten hätte ich meinen Kopf gegen die Scheibe geschlagen damit es endlich aufhörte. Aufhörte mich nicht länger mit meinem Nichtwissen zu quälen.
Ich legte den Kopf auf die Knie, soweit es meine pochende Brust zuließ und summte leise vor mich hin, um mich abzulenken.
Und wieder stieg eine Szenerie empor, welche ich nur zu gerne wieder in das Schwarz meiner Erinnerung zurück geschickt hätte.
Es zeigte wie ich auf einer Bühne stand und sang, ich war schrecklich nervös.
Es war eine Bar und es waren ziemlich viele Leute dort, ich spürte wie jemand meine Hand nahm und die Nervosität sich legte.
Dann hörte ich eine zweite Stimme die mit mir sang.
Sie war tief und wunderschön.
Auch erkannte ich den Song, es war Endless Love, den die andere Stimme und ich mit Hingabe schmetterten.
Konzentriert aufs schärfte lies ich es zu und es wurde belohnt.
Die Stimme bekam ein Gesicht.
Welches ich schon einmal gesehen hatte. Es war der junge Mann mit dem entsetzen Ausdruck.
Doch jetzt strahlte er mich regelrecht an und gab mir ein gutes Gefühl, auch die Verbundenheit zu ihm machte sich erneut bemerkbar.
Ich wünschte mir ohnmächtig zu werden um den verwirrenden Bilder zu entfliehen.

Bennett bog in die Auffahrt und parkte vor der Tür.
Langsam quälte ich mich aus dem Wagen.
Er eilte zu mir um mir seinen Arm anzubieten, den ich dankend annahm. Wir schlichen die Treppen zur Haustür hinauf, er schloss auf.
Er wollte eintreten, doch blieb ich wo ich war.
Woher sollte ich wissen was passiert, wenn ich an den Ort des Geschehens zurück kehrte.
Fragend sah er mich an, „Soll ich sie in ihr Zimmer bringen?“
„Ich glaube schon.“ Sicher war ich mir nicht.
Tief holte ich Luft und tat diesen Schritt.
Doch der befürchtete Gefühls-Tsunami blieb aus.
Schritt für Schritt stiegen wir die Treppen hinauf, oben angekommen hatte ich das Gefühl ich sei einen Marathon gelaufen.
Ich war völlig aus der Puste und kaputt wie hundert Mann.
Er brachte mich zu meinem Bett, vorsichtig legte ich mich hin.
Bevor er mich allein lies deckte er mich zu und versuchte mir ein Lächeln zu schenken. Dann verschwand er.
Ich sah auf den Wecker, der auf dem Nachttisch stand, es war erst Mittag.
Keine Ahnung wo meine Eltern waren, doch war ich es gewohnt allein zu sein.
Aber fühlte ich mich so schrecklich einsam. Es fühlte sich an als würde ein wichtiger Teil von mir fehlen. Ich fühlte mich nicht ganz.
Diesem Gedanken nachhängend schlief ich ein.

Stöhnend wachte ich auf, es schien ich hatte ziemlich lang geschlafen. Mittlerweile war es dunkel draußen und ich tat etwas was mich selbst erschrak.
Ich tastete in meinem Bett herum als würde ich irgendwas oder irgend wenn suchen.
Noch etwas benommen versucht ich klar zu denken.
Nach wem suchte ich in der Dunkelheit?
Tränen bahnten sich ihren Weg, ich war so schrecklich verzweifelt.
Ich schloss meine Augen und sah ein anderes Augenpaar, welches schöner nicht hätte sein können, von einem unsagbarem dunklen braun, die mich liebevoll ansahen.
Mein Herz zog sich zusammen, die Narbe stach unaufhörlich und lies mich erneut aufstöhnen.
Solange wie es mir möglich war versuchte ich an diesen wunderschönen Augen festzuhalten und für diesen kurzen Moment war ich wieder ganz. Ich fühlte Schutz und Geborgenheit und alles umfassende Liebe.
Ich wollte schreien als sich das Gefühl wie auch das Bild entfernte und mich nur noch Dunkelheit und Einsamkeit umgab.
Doch kam nicht mehr aus meiner Kehle als ein herzzerreißendes Schluchzen.
Ich rollte mich zusammen, um den alles verzehrendem Gefühl des Verlust in irgendeiner Weise stand zuhalten.
Es waren diese Augen denen sämtliche Gefühle, von innigster Liebe bis sich den Tode wünschend, galten.
Innerlich flehte ich, endlich Gewissheit zu bekommen.
Wieder lag ich Stunden wach, die Nächte entpuppten sich immer mehr zu einem quälenden Prozedere.
Ich setzte mich auf die Bettkante, resigniert lies ich den Kopf hängen und starrte auf den Boden.
Dort sah ich etwas weißes im Schimmer des Mondes.
Mit zusammengekniffenen Augen lehnte ich mich vorüber und griff danach. Es war ein zusammen gefalteter Brief, von dem ich nur eine Ecke sah, der Rest war unter meinem Bett nicht sichtbar. Ich knipste die Lampe auf dem Nachttisch an und faltete ihn auseinander. Ich erkannte meine Schrift. Dann las ich ihn.

Geliebtes Herz,

ich kann nicht in Worte fassen wie sehr ich dich liebe, deine Wärme, dein Sein vermisse. Nie wieder wollte ich von dir getrennt sein.
Du warst mein Halt, meine Gegenwart und ich hoffte auch meine Zukunft.
Du weißt wie schwer das Leben auf mir lastet, ohne dich an meiner Seite zu wissen. Meiner Liebe sei dir gewiss wo immer es dich hin verschlagt. Doch versprich mir, sei stärker als ich es je hätte sein können. War unsere Zeit begrenzt, so danke ich dir für jede Sekunde, die mein Leben lebenswert machte. Sieh über meine Schwäche hinweg.
Bitte vergib mir.

In ewiger Liebe
Una

Fassungslos starrte ich ihn an.
Wem schrieb ich diese Worte und wie verzweifelt schien ich zu sein.
Wer war es, den ich über alles in der Welt liebte, ohne den ich nicht mehr sein wollte.
Seine Augen kannte ich, doch der Rest von ihm blieb mir verborgen.
Mein Leben lag vor mir wie ein riesiger Scherbenhaufen.
Und ich versuchte es Scherbe für Scherbe wieder zusammen zusetzten. Doch schnitt ich mich mehr an ihnen als das sie zusammen hielten.
Wo waren die unsagbaren Augen, wo musste ich suchen um sie zu finden?
Warum fanden sie mich nicht?
War es nur eine einseitige Liebe, die nicht den Anklang fand erwidert zu werden? Doch wenn es so wäre, warum lag soviel Liebe in diesen Augen?
Ich brauchte Antworten, wankend stand ich auf und polterte die Treppe hinunter. Durch den Krach den ich verursachte tauchte meine Mom auf. „Was machst du hier.“ Raunzte sie mich an.
„Bitte hilf mir!“ Flehte ich sie an. Sie sah mich an als hätte sie ein Ahnung was ich von ihr wollte.
„Hatte ich einen Freund?“ Wieder war ich den Tränen nah, bei diesem Gedanken.
Ihr Blick wurde kalt. „Wie kommst du den auf sowas!“
„Es fühlt sich so an, als wäre jemand in mein Leben getreten! Der sich Stück für Stück wieder in meine Erinnerungen ruft. Doch ist es so lückenhaft das ich es nicht verstehe.“ Jetzt liefen die Tränen still.
„Das bildest du dir nur ein, da war nie jemand. Geh wieder ins Bett. Gute Nacht.“ Sie ließ mich flehend zurück und verschwand.
War es so abwegig das mich jemand liebte?
Ihren Worten nach zu urteilen, hörte es sich an als würde sich niemand dazu herablassen können.
Hier würde ich keine Antworten bekommen die mich weiter brächten.
Der einzige der in diesem Moment vielleicht noch helfen könnte war Bennett.
Ich versuchte die Tränen zu trocken, mit wenig Erfolg und machte mich auf den Weg zu seinem Zimmer.
Leise klopfte ich, mir war klar das ich ihn um seinen kostbaren Schlaf brachte, aber ich hatte keine Wahl.
Nach kurzer Zeit öffnete sie sich. Mit müden kleinen Augen sah Bennett durch den Türschlitz.
Er sah meine Tränen. Ohne ein Wort zu verlieren bat hat er mich herein.
Mitleidig sah er mich an, es bedarf keiner Worte. Er schloss mich in seine Arme. „Es tut mir unsagbar leid, sie so leiden zu sehen.“
Mit großen Augen sah ich ihn an. „Ich bitte sie Bennett, seien sie meine Erinnerung. War in der letzten Zeit jemand an meiner Seite? Ohne den ich nicht hätte leben können?“
Ich konnte zusehen wie ihm meine Frage zusetzte. Es war als würde er mir gerne helfen, konnte es aber nicht. Doch das Warum blieb mir verborgen.
Das einzige was er sagte war, „Sie werden sich erinnern, so etwas kann niemals in Vergessenheit geraten.“
„Was kann nicht in Vergessenheit geraten? Bennett ich bitte sie, ich stehe kurz vor einem Kollaps und flehe sie um Hilfe an!“
Er lies von mir ab und schüttelte den Kopf „Ich kann ihnen nicht helfen. Wenn ich es auch noch so sehr wollte, ich kann nicht.“ Sein Gesicht sah schrecklich hilflos aus.
Ich glaubte ihm, doch machte es mich wütend.
„Wie sie meinen.“ Unverrichteter Dinge verließ ich sein Zimmer und war genau so weit wie vor der nächtlichen Störung.

Zurück in meinem Zimmer fing ich an zu suchen, ohne das Wissen, wonach.
Ich durchsuchte sämtlich Schubladen und Schränke, in der Hoffnung es würde mich irgendwie weiter bringen.
Als der Tag anbrach sah mein Zimmer aus als wäre ein Tornado durch gejagt.
Verzweifelt und erschöpft sah ich auf dem Fußboden, an das Bett gelehnt und wieder musste ich beim Anblick des Sonnenaufgangs eine Welle der Gefühle aushalten.
Mit den Gefühlen, sich auch der Traum zurück meldete und meine Aufmerksamkeit für sich ganz allein forderte.
Ich umschlang meine Brust, schloss die Augen und wippte beruhigend hin und her. Hoffend es würde dadurch erträglicher. Es prasselte auf mich nieder wie ein Silbervorhang aus Vorwürfen, die mir entgegen schrien, erinnere dich.
Ich versuchte mich dagegen zu wehren, stand auf und lief fast panisch, im Zimmer auf und ab.
Wirr sah ich hin und her, nicht wissend auf welchen Punkt ich mich konzentrieren sollte. Mein Blick blieb an meinem Handy hängen.
Es war zwar noch ziemlich früh am Morgen, doch mein Zustand duldete keinen Aufschub.
Ich nahm es an mich und drückte die Kurzwahl.
Es war Ryan den ich anrief.
Es tutete ewig bis sich jemand meldete. Doch war es nicht Ryan, es war seine Mom.
„Wheeler.“ Erklang müde ihre Stimme.
„Guten Morgen Miss Wheeler, hier ist Hayley. Es tut mir leid das ich so früh störe. Doch könnten sie mir bitte Ryan geben.“ Bat ich sie.
Stille, ich hörte nur Stille.
„Miss Wheeler? Sind sie noch dran?“ Flüsterte ich überrascht.
„Findest du das witzig?“ Schrie sie mich an.
Ich war von ihrer Reaktion so perplex, das ich nahe zu sprachlos war.
„Anstatt froh zu sein das es dich verschont hat, quälst du lieber andere Menschen. Du bist genau so kaltschnäuzig wie deine Eltern.“
Ein klacken in der Leitung lies mich wissen das sie aufgelegt hatte.
Entsetzt über ihre Worte lies ich das Handy sinken um mir im selben Moment meinen Laptop zuschnappen.
Ich warf ihn an, als sich endlich die Startseite zeigte loggte ich mich bei Facebook ein und hoffte auf eine Erklärung.
Ich klickte auf seine Seite und seine Pinnwand bot mir Bild es Grauens. Eine Beileidsbekundung reihte sich an die nächste.
Ich konnte nicht glauben was ich lass, es waren Sätze wie: „Du wirst uns unsagbar fehlen. Dein Tod hinterlässt eine Lücke die niemand füllen kann. Rest in Peace. Jede noch so schmerzlich vergossene Träne wird dich nicht ins Leben zurück rufen.“
Ich verstand nicht was ich lass, dann klickte ich weiter auf Brooks Profil.
Es bot sich das selbe Grauen und Flynn´s Profil konnte ich nicht mehr finden. Es schien als wurde es gelöscht.
Was war meinen Freunden passiert. Ich war so geschockt, das ich nicht in der Lage war irgendeine Emotion an den Tag zu legen.
Mein Leben entpuppte sich mehr und mehr zu einem wahr gewordenen Alptraum.
Wen auf Gottes Erden hatte ich noch?
Zerfetzte Erinnerungen, verstorbene Freunde und die Menschen die mich umgaben, behielten ihr Wissen für sich.
Konnte es noch schlimmer kommen? Ich bewegt mich an der Grenze, dessen was ein Mensch aushalten konnte.

Chapter 5



Chapter 5

Es klopfte an der Tür, doch bekam ich keinen Ton heraus. Trotzdem wurde sie geöffnet. Ich trieb in einem Strudel aus Angst und Verzweiflung.
„Hayley?“ Hörte ich jemanden meinen Namen sagen. Teilnahmslos folgte mein Blick der Stimme. Nanuk stand in der Tür, mit einem Erste Hilfe Koffer in der Hand.
Seine Stirn kräuselte sich. „Gehts dir gut?“
Langsam schüttelte ich den Kopf. Er schloss die Tür und kam näher, dann setzte er sich neben mich auf den Boden. Mein Blick hing an ihm, wie der Sterbende an seinem Leben.
„Sie sind tot.“ Flüsterte ich.
„Wer?? Wer ist tot?“ Irritiert sah er mich an.
„Meine Freunde.“ Meine Stimme zitterte.
„Das heißt du konntest dich daran erinnern?“
Wieder schüttelte ich den Kopf und drehte ihm den Laptop entgegen, das er es sehen konnte. Eilig fing er an zu lesen.
„Hayley das tut mir schrecklich leid.“
Noch immer war ich wie benommen, „Mir auch.“
Mitfühlend legte er seinen Arm um mich und zog mich ein Stück zu sich heran, so das ich mich anlehnen konnte.
Eine Zeit saßen wir da, sprachen kein Wort.
Er versuchte mir tröstend zur Seite zustehen, aber in diesem Augenblick gab es für mich nichts tröstlicheres als die Augen des Unbekannten.
Die allen Schmerz in sich auf sogen und verschwinden ließen.
Wenn es auch immer nur für Sekunden war, war es doch alles umfassend, ich fühlte mich geliebt.

Nanuk nahm mit einer Hand den Laptop und stellte ihn auf seine Beine. Mit einer Hand tippte er etwas ein, dem ich keine Beachtung schenkte.
„Sieh mal ich das nicht schön“, versuchte er mich abzulenken.
Als ich auf den Monitor sah, blieb mir die Luft weg.
Er zeigte den Strand aus meinem Traum.
Ich riss den Laptop an mich, „Wo ist das, was hast du eingegeben!“ Kreischte ich.
Völlig überrascht sah er mich an.
„Jetzt guck nicht, sprich mit mir!“ Mein Ton war alles andere als nett.
Wie gebannt sah ich auf den Bildschirm und ich fühlte …...... , keine Ahnung es war alles auf einmal, wild durcheinander. Freude, Leid, Unglück, Freundschaft, Fürsorge, Liebe und den unbändigen Wunsch dort zu sein.
Unsanft schubste ich Nanuk, da er mir immer noch nicht antwortete.
„An was erinnert es dich?“ Fragte er anstatt mir zu antworten.
Ich löste meinen Blick von diesem vertrauten Anblick und sah ihn ungläubig an.
Meine Augen wurden schmal und Wut stieg in mir auf. „Wenn du mir nicht auf der Stelle sagst was du in diesen verschissenen Pc eingegeben hast, werde ich dich an Ort und Stelle kastrieren!“ Fauchte ich ihn an.
Wow, so kannte ich mich selber nicht, ich war zwar selten freundlich, aber das ich jemanden so anging stand auch nicht auf der Tagesordnung.
War das Bild dieses Strandes, eine unvollständige Antwort auf meine lückenhafte Erinnerung, es wäre ein Anfang, wenn auch nur ein kleiner.
Etwas entsetzt von meinem Ausbruch stammelte er, „La Push“.
„Was?“ Fauchte ich.
„So langsam machst du mir echt Angst.“ Mit großen Augen sah er mich an.
„Ist das nicht der Ort an den Mein-beinahe-Mörder überstellt wurde?“
Vorsichtig nickte er, um nicht den nächsten Ausbruch herauf zu beschwören.
Hektisch sah ich hin und her, wie konnte der Ort dieses Typs solche Gefühle in mir auslösen und warum träumte ich davon, ohne jemals dagewesen zu sein.
Ich versuchte es objektiv zu sehen und machte aus meinem Mörder einen ganz normalen Menschen.
Verwarf die Verachtung und das Unverständnis ihm gegenüber.
Ihn als Mensch betrachtend, mit den anderen Erinnerung aneinander knüpfend, war er nicht länger ein Feind.
Es schien als wäre mein Herz an diesem Ort, nach dem ich mich jede Sekunde sehnte.
Ich wünschte mir ich hätte ihn gesehen, bevor er überstellt wurde.
Doch wenn es so sein sollte, wie es sich mein krankes Hirn zusammen spann und er kein Feind sondern ein Freund war, waren es die Feinde die mich von ihm fernhielten?
Es war wie ein Schlag in den Magen, ich krümmte mich und kniff die Augen zusammen, ich sah Nathan´s Gesicht, rasend vor Wut.
Er hielt etwas in der Hand und sein Arm war weit von ihm gestreckt, auf irgendetwas oder irgendwen, das neben mir war.
Doch konnte ich weder erkennen was er in Händen hielt, noch auf wenn oder was er es richtete.
Jetzt sah ich das Verhalten meiner Eltern objektiv.
Sie setzten Himmel und Hölle in Bewegung damit ich diesen Fremden nicht zu Gesicht bekam, sie erzählten mir nicht von den vergangen Monaten.
Wenn ich fragte wurde es abgetan und nicht weiter darauf eingegangen. Sie kümmerten sich nicht um mich und mein Gefühlsleben hätte sie nicht weniger interessieren könne.
Jetzt stellte ich mir bewusst die Frage, wer war Feind und wer war Freund.
Die mir bekannten und geliebten Augen schoben sich wieder an die Oberfläche, doch empfand ich für sie keine Freundschaft, es war als hatte ich ihnen mein Leben anvertraut.
Ich war mir fast sicher es waren die Augen des jungen Mannes auf den Felsen meines Traumes, an dem Strand von La Push.
Für ihn fühlte ich genauso wie für dieses Augenpaar.
Jetzt mischte sich noch ein anderer Gedanke unter die neu gewonnene Klarheit. Was wäre wenn besagter Mensch für den ich so unglaublich empfand, derjenige war der auf diesem eisernen Tisch gelegen hatte? Nein das wollte ich mir nicht vorstellen, das war er nicht, redete ich mir ein.
Ich wusste wo ich weiter nach Antworten suche musste.
Doch war jetzt die Frage wie käme ich dorthin.
Auf die Unterstützung meiner Eltern konnte ich nicht hoffen und wollte es auch gar nicht.
Langsam sah ich auf, Nanuk starrte mich immer noch ungläubig an.
„Es tut mir leid, ich wollte dich nicht so anfahren.“ Entschuldigte ich mich.
Mir kam ein Idee wie ich meinem Ziel näher kommen könnte.
„Wäre es nicht förderlich für meine Gesundheit wenn ich bisschen Urlaub machen würde?“ Sah ich ihn fragend an.
„Okay grade dachte ich nur du seist verwirrt, aber jetzt beschleicht mich das Gefühl du bist total irre! Wie kommst du den jetzt auf sowas?“
Er verstand nicht worauf ich hinaus wollte, wie auch er kannte meine Erinnerungen nicht.
Dann beantwortete ich sein Frage mit eine gegen Frage.
„Würde das Krankenhaus für so einen Fall eine Empfehlung ausstellen?“
„Du meinst wie so eine Art Reha?“ Fragte er.
Das war das Wort welches mir fehlte.
Nickend sah ich ihn an. „Doch brauche ich nur dieses Schreiben, nicht das das irgendwas beantragt wird oder was weiß ich.“
Ich sah ihm an das er nur Bahnhof verstand.
„Könntest du mir so ein Schreiben besorgen?“ Und klimperte mit den Wimpern.
„Ich hab zwar keinen Plan wofür du das brauchst, aber versprich mir das du keinen Scheiß machen wirst!“ Prüfend sah er mich an. Doch ließ ich ihn im Unklaren was mein Vorgehen betraf, je weniger davon wussten und so weniger konnte am Ende raus kommen.
„Großes Indianer Ehrenwort.“ Lachte ich bevor mich die Erinnerung erneut einholte.
Ich wurde herumgewirbelt und die Stimme die auch mit mir gesungen hatte sprach lachend diesen Satz aus. Durch das Gewirbel nahm ich schemenhaft zwei andere Personen wahr und den Strand, das Meer. Dessen Wellen leise den Hintergrund bildeten.
Überrumpelt von dieser Szenerie sah ich Nanuk an. „Wie schnell kannst du es besorgen.“
„Keine Ahnung, ich denke bis heute Nachmittag. Könnte es dir nach Feierabend vorbei bringen.“ Wieder in Gedanken versunken nickte ich.
„Dann lass mich eben das Pflaster wechseln, so langsam müsste ich mal wieder los.“ Drängelte er jetzt.
Ich stand auf und zog mein Oberteil aus, ganz professionell ließ er sich durch meinen Anblick nicht aus der Ruhe bringen.
Mir war es schon ein bisschen unangenehm.
Vorsichtig zog er das Pflaster ab.
„Das sieht wirklich gut aus.“ Er tastete vorsichtig um die Narbe.
Dann kramte er in seinem Koffer nach einem neuen Pflaster. Nach dem er fertig war zog ich mich eilig wieder an.
„Dann bis später.“ Verabschiedete er sich.

Jetzt hatte ich noch ein bisschen Zeit es meinen Eltern begreiflich zumachen, das ich hier weg müsste um mich zu erholen.
Ich hoffte einer von ihnen wäre hier und sie würden es mir so abnehmen.
Noch bevor ich diesen Gedanken zu Ende bringen konnte, klopfte es an der Tür. Nathan steckte den Kopf in mein Zimmer und sah mich an.
„Und was hat er gesagt?“
Ein ungutes Gefühl beschlich mich bei seinem Anblick.
„Er war ganz zufrieden aber er meinte es wäre für mich ganz gut wenn ich zur Reha fahren würde, um mich zu erholen.“ Ich wartete auf seine Reaktion.
„Alles was dir hilft wieder gesund zu werden.“ Er tat so fürsorglich, was gänzlich untypisch für ihn war. Es war fast als hätte er ein schlechtes Gewissen und müsste irgend etwas wieder gut machen.
„Dann werde ich im Internet mal nach etwas geeignetem suchen. Ich sollte das schnellst möglich in Angriff nehmen, hat er mir geraten. Es kann sein das ich dann schon bald weg bin.“ Noch immer beäugte ich ihn misstrauisch.
„Gute Idee, dann mach das mal.“ Nickend verschwand er.
War ich so überzeugend? Das er es so leicht gefressen hatte.
Ich nahm den Laptop und buchte einen Flug für morgen Mittag, in Richtung Tacoma/Washington.
Mir kam es vor als hätte ich das schon mehr als einmal getan.
Es waren bekannte Abläufe.
Auch buchte ich einen Leihwagen, ohne zu wissen ob es überhaupt nötig war.
Es fühlte sich an wie eine Art Instinkt.
Seinen Instinkten sollte man folgen und ich tat es.
Ich fand ein kleines Resort direkt am Strand von La Push und reservierte mir ein kleines Ferienhaus.
Das davon nur noch die Luxusvariante zu haben war machte mir wenig.
Da ich das erledigt hatte begann ich zwei Koffer zu packen.
So eine Reha Maßnahme dauerte einige Wochen wie ich im Internet lass. Selbst wenn diese Reise keine Erkenntnisse bringen würde so hätte ich Ruhe, Zeit und wäre an einem Ort den ich anscheinend sehr mochte.

Die Koffer waren gepackt, wieder überkam mich dieses wehmütige Gefühl. Morgen würde ich vielleicht alles klarer sehen. Leise klopfte es an der Tür.
„Jaaa.“ Maulte ich und fühlte mich gestört.
Mary trat ein, „Ich habe mir erlaubt ihnen etwas zu essen zu machen.“ Langsam kam sie mit einem Teller auf mich zu.
Mit zusammen gezogenen Augenbrauen sah ich sie an. „Warum machst du das? Wo ist Tala?“
Zwar mochte ich Tala nie sonderlich, doch war es ihre Aufgabe.
Betroffen sah Mary zu Boden. „Sie ist hier nicht mehr beschäftigt.“
Einen Moment überlegte ich, „Mary, kannst du mir etwas über die letzten Monate erzählen? Ist irgend etwas außergewöhnliches passiert?“ Ich beobachtete sie genau und sah wie nervös sie wurde.
„Nicht das ich wüsste.“ Flüsterte sie, stellte den Teller ab und verschwand schnellsten aus meinem Zimmer.
„Ja klar, wers glaub wird selig.“ Brummte ich vor mich hin.
Ich reckte meinen Hals um zusehen was auf dem Teller lag, ganz sicher war ich mir nicht.
Doch sah es nicht aus als könnte man es essen, ich rührte es nicht an. Eine Magen-Darm-Grippe wäre das letzte was ich jetzt noch gebrauchen konnte.
Mit dem Laptop auf den Beinen saß ich auf meinem Bett und bewunderte immer wieder, die mir bekannten Bilder, dieses wunderschönen und magischen Strandes.
Auch fand ich ein Bild welches den Felsen aus meinem Traum zeigte.
Es war nicht zufassen wie detailgetreu mein Traum war.
Keine Ahnung wie viel Zeit ich damit verbrachte diese Bilder anzustarren und mich dort hin zu wünschen.

Ich hatte das Gefühl mir würde die Decke auf den Kopf fallen, und beschloss, ich brauchte frische Luft.
Erst ging ich mich waschen und zog mich an.
Die Schmerzen in meiner Brust machen sich immer seltener bemerkbar und wenn war es nicht die Wunde die schmerzte sondern mein Herz.
Ich öffnete meine Zimmertür, ging langsam die Treppe hinunter, schnappte mir einen Autoschlüssel und ging raus.
Der warme Wind spielte mit meinen Haaren und ich atmete tief ein.
Ich fühlte mich fremd in meinem eigenen Leben.
Dann öffnete ich den Wagen und nahm Platz. Noch bevor ich in anlassen konnte, trabte Nanuk die Einfahrt rauf. Mit einem kurzen Hupen machte ich mir bemerkbar und signalisierte ihm das er einsteigen sollte.
Grinsend nahm er neben mir Platz und ich sah ihn erwartungsvoll an.
„Hey, hat alles geklappt?“ Kam ich sofort zum Punkt.
Er hielt einen offiziell aussehenden Umschlag in Händen, doch zögerte er ihn mir zu geben.
Misstrauisch sah er mich an, „Was hast du vor?“
Genervt verdrehte ich die Augen, „Ich fahre zur Reha.“
„Hayley, verarsch mich nicht.“ Sein Blick mischte sich mit Ungeduld.
Es ging mir ordentlich gegen den Strich, das ich mich deswegen rechtfertigen sollte. Natürlich war ich ihm dankbar, das er mir half.
Doch warum gingen Menschen davon aus, wenn sie einen Gefallen taten, immer das Recht besaßen alles zu erfahren. Anstatt es einfach so hin zunehmen ohne Forderungen zustellen.
„Umso weniger du jetzt weißt, umso weniger Probleme wird es für dich geben.“ Durchdringend sah ich ihn an.
„Es ist aber nicht´s illegales?“
Großer Gott, er hatte mir nur eine Empfehlung für eine Reha- Maßnahme besorgt und keinen Auftragskiller.
Ich fand seine Sorge völlig unnötig und überspitzt.
„Nein ist es nicht.“ Schnaufte ich.
Noch einen Moment schien er zu überlegen, konnte sich dann aber doch durchringen und gab ihn mir.
Jetzt stand meinem kleinen Abstecher nichts mehr im Weg.
Ich faltete ihn und lies ihn in meiner Hosentasche verschwinden.
„Soll ich dich nach Hause bringen?“ Jetzt konnte man zusehen wie meine Laune besser wurde und Nanuk war anzusehen wie sehr es ihn wurmte, das er nicht alles erfuhr.
Nickend sah er aus dem Fenster.
Ich startete den Wagen und Nanuk navigierte mich durch die Straßen Santa Clarita´s.

Vor einem riesigen Wohnblock hielt ich.
Schöner wohnen war das nicht gerade und gab es auch sichere Gegenden als diese hier.
Er war grade im Begriff auszusteigen, als ich den Knopf der Zentralverriegelung drückte.
Überrascht sah er mich an.
Mich quälte dann doch ein bisschen mein Gewissen, war er der einzige der mir half soweit er konnte.
„Denk bitte nicht das ich undankbar bin. Es ist nur zu deinem Schutz.“ Bittend begegnete ihm mein Blick.
Einen Moment sah er mich an ehe er antwortete, „Meldest du dich wenn du zurück bist?“
Als er diese Worte aussprach, war ich mir nicht sicher ob ich zurück kehren würde.
Hatte dieser Ort, an dem ich morgen wäre, eine so übernatürliche Anziehung auf mich.
Doch wollte ich ihn nicht mehr beunruhigen und nickte.
„Danke.“ Flüsterte ich und lies ihn aussteigen.

Chapter 6



Chapter 6

Nach dem ich Nanuk abgesetzt hatte fuhr ich stundenlang durch die Gegend.
Es fühlte sich besser an, als nur zu Hause herum zu sitzen und zu warten. Zu warten auf was auch immer, ich wusste es nicht.
So konnte ich meine innere Unruhe besser ertragen und es lenkte mich ab.
Meile um Meile riss ich ab, die Fenster hatte ich weit geöffnet. Ich wünschte der Wind würde meine Hoffnung nach La Push tragen und mit Erinnerungen antworten.
Die Küstenstraße erstreckte sich endlos vor mir.
Wehmütig ließ ich meinen Blick über das Meer schweifen. Es lag ruhig und unergründlich tief vor mir.
Glichen auch meine Erinnerungen einem großen Meer, unergründlich tief, doch konnte ich den Weg dort hin nicht finden, nicht allein.
Gelegentlich schwappte eine Welle über den Rand der Felsen und bahnte sich ihren Weg zu mir.
Doch die Spur die die Welle hinterließ , war so schnell verschwunden wie sie auftauchte,so das ich ihrem Weg nicht zurück verfolgen konnte. Immer wieder kamen die Wellen aus anderen Richtungen.
So das ich mich verzweifelt im Kreis drehte und keinen Schritt vorwärts kam. Genau so fühlte es sich an.
Verzweiflung und Wut wechselten im Sekundentakt.
Kurz vor der Stadt Salinas machte ich kehrt und hatte jetzt noch mal gute fünf Stunden Fahrt vor mir.
Doch war es mir so lieber, als stumpfsinniges herum sitzen und in meinen schwarzen Gehirnwindungen nach Antworten zu suchen die sie doch nicht preisgeben würden.
Ich fuhr der Sonne entgegen, die mittlerweile ziemlich tief stand.
Mit einer Hand am Lenkrad, kramte ich mit der anderen im Handschuhfach nach einer Sonnenbrille.
Mit ihr viel mir eine CD in die Hand. Die ich ohne lang zu überlegen in die Anlage schob.
Mit dem ersten Lied holte mich die Vergangenheit wieder ein Stück ein.
Es war in diesem Wagen, ich konnte ihn nicht sehen, aber spürte ich ihn. Er war hier, bei mir.
„Mein Herz“, hallte es in meinen Ohren und diese unglaubliche Wärme machte sich breit.
Es war als fühlte ich seine Lippen auf den meinen, was mir nahe zu die Luft nahm.
Doch was mir in diesem unausweichlichem Moment klar wurde, ich brauchte ihn wie die Luft zum atmen.
An das Lenkrad geklammert versuchte ich auf der Straße zubleiben und keuchte vor mich hin.
Mein Blick verschwamm zusehends und zwang mich rechts ran zufahren. Mit geschlossenen Augen lehnte ich meinen Kopf an das Lenkrad, versuchte meinen Atem zu beruhigen und dieses wahnsinnige Gefühl in mir aufzusaugen.
Ich würde ihn finden, wenn es das letzte wäre was ich tat.
Ich mobilisierte meine Kräfte, ich wusste wofür ich es tat und er war es mehr als wert.
Er, dessen Augen und Hände alles war woran ich mich erinnern konnte. Sein Gesicht blieb mir nach wie vor verborgen.
Nach einigen Minuten hatte ich mich wieder soweit im Griff das ich weiterfahren konnte.
Den Rest der Fahrt träumte ich vor mich hin und immer wieder beschwor ich dieses Gefühl hinauf, welches mir Hoffnung gab.
Es war so lebendig und füllte mich aus, wie sonst nichts in meinem Leben. Es war als wäre er mein Leben.

Als es bereits dunkel war, fuhr die Auffahrt hinauf. Ich parkte den Wagen, doch bevor ich ausstieg holte ich das Schreiben des Krankenhauses aus meiner Hosentasche.
Es war der Schlüssel, zu meiner morgen beginnenden Reise.
Eine Reise in meine Vergangenheit, so vermutete ich.
Tief holte ich Luft und stieg aus.
Als ich die Treppen hinauf stieg wurde die Haustür geöffnet.
„Da bist du ja, wir dachten schon es wäre etwas passiert!“ Empfing mich meine Mom.
„Was soll schon passiert sein?“ Fragend sah ich sie an und hielt ihr das Schreiben entgegen.
„Es ist vom Krankenhaus......“ , zu mehr kam ich nicht und sie fiel mir ins Wort.
„Davon erzählte mir dein Dad grade. Hoffentlich hilft es dir. Wann geht es den los?“
„Morgen.“ Ich rechnete mit Gegenwehr, da es so kurzfristig war. Doch wäre jeder weiter Tag hier eine Zumutung für mich.
„Hmmm....“ Brummte sie und überflog dieses Schreiben. „Das ist aber ungünstig.“
Wartend sah ich sie an. Ihrem Pokerface konnte ich keine weitere Information entnehmen.
„Keiner von uns kann dich zum Flughafen begleiten.“ Lächelte sie.
Es wäre mir neu, das sie auf solche Kleinigkeiten, die mich betrafen wert legten.
„Ist nicht zu ändern, dann wird Bennett dich fahren.“ Bestimmt sie und schob mich ins Haus. So war es mir ohne hin lieber.
„Dann werde ich mal ins Bett, wird bestimmt anstrengend morgen.“ Redete ich mich raus.
Befreite mich von ihrem Arm und ging die Treppe hinauf. Meine Mom ging ins Wohnzimmer.
Doch bevor ich in meinem Zimmer verschwand hörte ich das Telefon und auch wie mein Dad ran ging.
Seine Stimme wurde mit jeder Sekunde unfreundlicher, bis sie nur noch ein Zischen war.
Ich wusste nicht mit wem er so sprach.
Angestrengt lauschte ich.
Das einzige was ich verstand war „Sie ist nicht hier“ und „Wagen sie nie wieder hier anzurufen“.
Wild schnaufen schien er aufzulegen.
Lautlos öffnete ich meine Zimmertür um sie genau so leise wieder zu schließen.
Es musste für mich gewesen sein.
Wen wollte er jetzt wieder von mir fernhalten?
Ihre Bevormundungen gingen mir schon immer auf den Keks, aber das sie mich noch nichts mal selber entscheiden ließen ob ich mit diesem jemanden sprechen wollte, war wirklich ein starkes Stück.
Zu Hause lebte ich wirklich die Geschichte des goldenen Käfig´s.
Ich war müde, worüber ich ziemlich froh war.
So hoffte ich die Nacht einigermaßen gut und schnell hinter mich zu bringen, ohne weitere Katastrophen.
Ich zog mich aus und wappnete mich für die Nacht.
Die kleine Lampe auf meinem Nachttisch war alles Licht das den riesigen Raum erhellte.
Aus dem Bad kommend stand ich vor meinem Bett.
Ich fand es immer zu groß und fühlte mich meistens ziemlich verloren darin.
Doch war mir so als hätte ich nicht immer allein darin schlafen müssen. Was auch das „herum tasten“ der letzten Nacht erklären würde.
Als bis zu den Ohren zugedeckt im Bett lag, war der traumlose Schlaf, der mich einholte eine Wohltat.

Das Erwachen fühlte sich nur die ersten Minuten gut an.
Solange man noch nicht alle Gedanken beisammen hatte.
Ich fühlte nichts, ich war einfach nur da.
Doch je länger ich da lag um so schneller schob sich das quälende Wissen, besser gesagt Nichtwissen zurück in meine Gedanken und lies nicht länger zu das ich einfach nur existierte, ohne Empfindungen.
Nur zu existieren war kein Zustand den ich anstrebte, doch war es eine Abwechslung zum Gefühlschaos welches ich die letzten Tage durchmachte.
Es war schon früher Vormittag als ich mich aus dem Bett quälte und ins Bad ging. Ich zog mich aus und ging duschen.
Nach dem ich das erledigt hatte stand ich vor dem Spiegel und betrachtete eingehend die doch sehr große Narbe auf meiner Brust.
Vorsichtig strich ich mit den Fingern darüber.
Immer mehr zweifelte ich an der Aussage meiner Eltern, das ich mich vor meine Mom geworfen hatte, um eine Kugel abzufangen. Wer war ich das ich so etwas täte?
Mein Herz schmerzte und versuchte meinen Kopf zu erinnern.
Doch stimmte die Kommunikation der beiden schon länger nicht mehr.
Es war wie es war, ich schloss meine Augen. Traurig legte ich meine Hand auf mein Herz und versuchte es zu beruhigen.
Doch es schien als sei es untröstlich und wimmerte weiter leise vor sich hin.
Mit diesem innerlichen Wimmern konnte ich mehr oder weniger leben, doch gab es Situationen in denen es nahe zu wie von Sinnen schrie.
Vor Schmerz, Leid und Verlust und das war nicht zu ertragen.

Ich zog mich an und machte mich für meine bevorstehende Reise fertig.
Jetzt mischte sich unter den unbändigen Wunsch, endlich dort zu sein, auch die Angst was mich erwarten würde.
Was wäre wenn ich keine Antworten finden würde, wenn es anstelle von Erinnerungen nur Wunschdenken war?
Oder viel schlimmer, es Erinnerungen weckte die besser in Vergessenheit blieben.
Doch wollte ich Klarheit, das mein Herz Ruhe fand und nicht nach Dingen griff die für meinen Verstand nicht sichtbar waren.

Bennett lief durch mein Zimmer und holte die Koffer, es war so weit.
Doch bevor ich ihm folgte blieb mein Blick an meiner Cam hängen, schnell warf ich sie in mein Tasche.
Dann folgte ich ihm, er hatte die Koffer schon eingeladen und wartete auf mich.
Mit gemischten Gefühlen nahm ich platz, Bennett schloss die Tür.
Kurz drauf waren wir auf dem Highway.
Ich sah aus dem Fenster, der sonst strahlend blaue Himmel LA´s war grau und wolkenverhangen.
Wäre ich abergläubisch würde ich es für ein nicht so besonders gutes Omen halten.
Ich hatte erwartet euphorischer zu sein, jetzt da mein Plan aufging und ich mit jeder gefahren Meile meinem Ziel näher kam.
Doch dem war nicht so, ich fühlte mich ziemlich schwermütig und beklommen.
Bennett und ich sprachen kein Wort, es war als würde sein Gewissen ihn quälen. Doch hätte er sich dessen befreien können, in dem er sagte was außer mir alle Bewohner des Hauses wussten.
Aber er schwieg, somit fand ich es gerechtfertigt das er sich quälte.
Immer wieder streiften mich seine mitleidigen Blicke.
Seine Anwesenheit lies mich Wut verspüren.
Er verriet mir nicht was er wusste, aus welchem Grund auch immer und so mit war sein Verhalten nicht besser als das meiner Eltern.
Er hielt vor dem Eingang des Flughafens und sah in den Rückspiegel. „Wo werden sie sich den von den vergangen Tagen erholen?“
Ich hätte ihn am liebsten gepackt und geschüttelt, so das sein Wissen aus ihm heraus fallen würde.
„Am Meer.“ War alles was ich preis gab, öffnete die Tür und stieg aus. Bennett hievte die Koffer heraus und wollte mich begleiten.
„Vielen Dank, das wäre dann alles.“ Sagte ich ziemlich distanziert.
Überrascht sah er mich an. „Wie sie wünschen Miss Young.“
Er nannte mich wieder bei meinem Nachnamen, was tief blicken lies.
„Ich wünsche ihnen gute Erholung.“ Er stieg ein, noch ehe er los fuhr war ich schon in der Einganghalle auf dem Weg zum Check in.
Als ich vor der großen Anzeigentafel stand und die Worte Tacoma lass wurde mir übel.
Ich wusste nicht warum ich mich so unglaublich schlecht fühlte, mit jeder vergangenen Minute wurde ich nervöser.
Dieses Mal war es nicht mein Herz welches rebellierte, sondern mein Magen.
Gesenkten Hauptes gab ich meine Koffer auf und hoffte das ich den Flug ohne zwischen Fälle hinter mich bringen würde.

Chapter 7



Chapter 7

Als das Flugzeug auf der Landebahn aufsetzte, bot der Himmel Washington´s den selben Anblick den LA hinter ließ.
Grau in Grau, doch hier kam noch hinzu das es zwanzig Grad kälter war. Während das Flugzeug noch ausrollte sah ich angestrengt aus dem Fenster, ob es hier etwas gab das mir bekannt vor kam. Doch quälte ich mich unnötig.
Mein Magen hatte sich soweit wieder beruhigt, es dauerte ewig bis endlich meine Koffer anrollten.
Schnaufend hob ich sie vom Band und zog sie hinter mir her, zum Schalter der Mietwagenfirma.
Nach dem ich den Schlüssel in Händen hielt machte ich mich auf den Weg zum Parkplatz.
Gedankenverloren lief ich über den Parkplatz.
Es nieselte und Nebel lies alles mysteriös verschwinden.
Von weitem nahm ich ein rotes Auto wahr.
Wie von einer fremden Hand geführt ging ich darauf zu.
Obwohl ich wusste das ich nicht nach einem roten Wagen suchen musste. Je näher ich kam um so klarer wurden die Erinnerungen.
Wieder schob sich der Vorhang des vergessen ein Stück zur Seite.
Es traf mich wie ein Schlag in den Magen, wie angewurzelt blieb ich stehen und schloss die Augen.
Ich war schon einmal hier. Meine Erinnerungen zeigten mir wie ich hinter jemanden herlief.
Er war groß und dunkelhaarig, aber ehe ich sein Gesicht sah verschwamm das Bild.
Doch war ich jetzt schon wieder ein Stück weiter gekommen.
Es war kein Wunschdenken, ich war schon einmal hier, diese Gewissheit lies mein Herz einen Sprung tun.
Ein Hupen riss mich aus meinen Gedanken, ich stand mitten auf dem Parkplatz und der Typ der hinter mir in seinem Auto saß, hatte nicht viel dafür übrig das ich den Verkehr aufhielt.
Eilig zog ich meine Koffer zur Seite und machte ihm Platz.
Wild gestikulieren fuhr er an mir vorbei.
Beflügelt über mein Wissen grinste ich ihn an, ich konnte nicht anders, ich grinste.
Etwas ungläubig sah er mich an, schüttelte den Kopf und fuhr an mir vorbei.
Jetzt suchte ich eilig meinen Mietwagen, die Angst die ich zu Beginn des Fluges verspürt hatte, löste sich in Luft auf.
Ich fühlte mich gut, es war ein gutes Gefühl hier zu sein, wie es mich schon mein Traum wissen ließ.
Als ich den Wagen gefunden hatte belud ich ihn mit den meinen Koffern und sprang auf den Fahrersitz.
Nach dem ich ihn anließ drehte ich die Heizung auf, meine Hände glichen einem Eisblock.
Dann programmierte ich das Navi mit der Adresse des Ferienhauses.
Es wurde langsam dunkel und das in Verbindung mit dem dichten Nebel, lies es nicht zu das ich schnell fahren konnte.
So schlich ich langsam in Richtung La Push.
So weit der Nebel es zuließ, sah ich mir die Gegend an durch die ich fuhr. Hoffend es würde mir noch mehr Klarheit bringen.
Doch je näher ich meinem Ziel kam um so dichter wurde der Nebel, aber hatte ich auch das Gefühl dass das Chaos in meinem Kopf anfing sich zu sortieren. Ich fühlte mich nicht mehr so verzweifelt, es war als würde ich mich auf etwas freuen. Nur wusste ich nicht auf was, aber lies ich dieses Gefühl zu. Es tat gut, es gab mir Hoffnung.

Endlich hatte ich mein Ziel erreicht, ich parkte den Wagen neben dem Haus.
Als ich ausstieg hörte ich das Meer, das war alles was es von sich preisgab.
Ich hoffte das die Sicht morgen klar wäre.
Nachdem ich mit meinen Koffern vor der Haustür stand und den Schlüssel aus dem Briefkasten gefischt hatte, schloss ich auf. Angenehme Wärme umgab mich.
Wieder fütterte mich meine Erinnerung mit keinen Häppchen.
Ich stand in der Tür eines anderen Hauses, welches lange nicht so luxuriös war wie dieses hier.
Doch die Gefühle die mit diesen Bilder einher gingen, ließen mich wanken. Es war eine Mischung aus, gar nicht hier wollen sein bis hin zu hier nie wieder weg wollen. Es konnte nicht widersprüchlicher sein.
Doch die Verwirrung die üblicherweise mit meinen Erinnerungen über mich herein brach, blieb aus. Es war das erste Mal das ich es einfach hinnehmen konnte, ohne es zu hinterfragen.
Tief holte ich Luft und schob meine Koffer hinein.
Nach dem ich das Haus unter die Lupe genommen hatte fing ich an die Schränke im Schlafzimmer mit meinen Klamotten zufüllen.
Ich stand vor den großen Glasfronten im Schlafzimmer und sah hinaus, in der Hoffnung irgendetwas zu erkennen.
Doch es war als hätte jemand die Nacht in Watte gepackt.
Nur wenn es etwas gab was ich jetzt überhaupt nicht mehr verspürte war es Ungeduld, es war als wäre ich dort wo ich hingehörte.
Langsam schlenderte ich in das Wohnzimmer, welches von vielen kleinen Lampen in ein gemütliches Licht getaucht wurde. Ich nahm die Fernbedienung vom Wohnzimmertisch und schaltete den Fernseher ein. Ein Blick auf die Uhr lies mich wissen das es schon reichlich spät war und auch das Programm war so langweilig das es nicht lange dauerte bis ich ein schlief.

Sonne durchflutete das große Wohnzimmer, langsam verließ mich die bleierne Schwere des Schlafes.
Doch was war das für ein Geräusch, mit geschlossenen Augen lauschte ich.
Es war beruhigend, ein gleichmäßiges pulsieren.
Es hörte ich an wie ein Herzschlag, doch war es nicht meiner, er war kräftiger und doch kam er mir bekannt vor.
Je mehr ich aufwachte umso weiter entfernte sich dieses geliebte Geräusch.
Ich versuchte daran fest zuhalten, es war als schlug dieses fremde Herz mit dem Meinen im selben Takt und Geborgenheit erfüllte mich.
Erst als dieses Schlagen so weit in den Hintergrund trat das ich es kaum mehr wahr nahm, öffnete ich die Augen.
Langsam setzte ich mich auf und reckte mich ausgiebig.
Blinzelnd sah ich zu den Glastüren.
Der Anblick war atemberaubend.
Das Meer entfaltete keine zehn Meter vor mir seine ganze Schönheit. Der Nebel der letzten Nacht hatte ich verzogen und die Luft draußen hätte nicht klarer sein können.
Es war verwunderlich wie dieser Ort auf mich wirkte.
Die Angst, die Verzweiflung und die gefühlte Machtlosigkeit war wie weggewischt.
Ich ging in die Küche und stellte das Radio an.
Dann ging ich duschen und zog mich an.
Nachdem ich meine Haare geföhnt hatte hielt mich nichts mehr im Haus. Ich zog mir Schuhe und eine dicke Jacke an.
Dann trat ich zur Tür hinaus. Der Wind schlug mir kalt ins Gesicht.
Aber war auch das, ein vertrautes Gefühl.
Einen Moment blieb ich stehen und bewunderte das Meer, dann lies ich meinen Blick den Strand entlang schweifen.
Langsam schlenderte ich los. Es kam mir nicht fremd vor, doch hielten sich meine Erinnerungen zurück.
Es war nur ein vertrautes Gefühl, welches aber so stark war das meine Hände zitterten.
Überall aus dem Wasser ragten riesige Felsen, doch war keiner von ihnen der aus meinem Traum.
Da der Strand ziemlich lang war gab ich die Hoffnung nicht auf, ihn vielleicht doch noch zu finden.
Ich fummelte meine Haare zusammen und setzte meine Kapuze auf.
Der Wind war so beißend das es sich anfühlte als würden mir die Ohren abfallen.
Dann ging ich weiter, ich war so in Gedanken das ich erschrak als plötzlich jemand an mir vorbei joggte.
Verträumt sah ich diesem jemand nach.
Als ich ihn von hinten betrachtete hatte er verdammte Ähnlichkeit mit diesem Mann aus meiner Erinnerung, dem ich zu dem roten Auto folgte. Ich war hin und her gerissen und wusste nicht was ich tun sollte.
Auf die Gefahr hin das ich mich bis auf die Knochen blamieren würde rief ich ihm nach.
Verwirrt drehte er sich um.
Sein Gesicht ähnelte dem anderen, welches mit mir in dieser Bar sang. Aber ihn kannte ich nicht.
Doch sah er mich an als hätte er eine Erscheinung.
Langsam zog ich die Kapuze von meinem Kopf und meine Haare glitten über meine Schulter. Ich weiß nicht warum ich das tat.
Aber sein Gesicht war nicht nur überrascht sondern auch völlig entsetzt. Er drehte sich um und kam auf mich zu. Langsam, als wäre er nicht sicher was seine Augen ihm vorgaukelten. Misstrauisch beäugte ich ihn, wie er Stück für Stück auf mich zu kam.
Okay, entweder hatte ich jetzt ein richtiges Problem und hatte es mit einem Psychopathen zu tun oder wir kannten uns, ohne das ich mich erinnerte.
Das mulmige Gefühl in mir ergriff die Oberhand.
Er war nur noch ein paar Meter von mir entfernt, er sah unglaublich traurig aus.
Ich war drauf und dran die Flucht zu ergreifen.
Mit mir hadernd stand ich da und trat nervös von einem Fuß auf den anderen, nicht wissend was als nächstes passieren würde.
Doch hielt ich dem Wunsch der Flucht stand und er stand mir gegenüber. Tränen stahlen sich aus seinen Augen.
Was war hier los? Es machte mir Angst, das er mich so ansah und still weinte.
„Du lebst.“ War alles was über seine Lippen kam, er ging noch einen Schritt auf mich zu und umarmte mich.
Ich stand wie erstarrt, nicht in der Lage mich zu bewegen oder mich dagegen zu wehren.
Da ich seine Umarmung nicht erwiderte ließ er von mir ab und sah mich an.
Als wollte er sicher gehen das ich auch die bin, für die er mich augenscheinlich hielt.
„Es tut mir so unglaublich leid.“ War das nächste er flüsterte.
Noch immer sah ich ihn verwirrt an, doch fand ich meine Stimme wieder.
„Du kennst mich?“ Meine Stimme klang heiser.
Seine Traurigkeit wich Verwunderung.
„Du mich etwa nicht?“
Unsicher schüttelte ich den Kopf und beobachtete sein Reaktion.
Sein Gesicht nahm einen entschlossenen Ausdruck an.
„Kommt mit.“ Er griff meine Hand, seine Hand war unglaublich warm. Diese Situation, das er meine Hand nahm und mich hinter sich herzog, war mir mehr als bekannt.
Doch war es nicht er, den ich in meinen Erinnerungen sah.
Zwar hatte dieser Jemand auch schwarze kurze Haare, doch war seine Statur und sein Gang völlig anders.
Mit schnellem Schritt ging er weiter.
Ich hatte keine Ahnung wo er hin wollte, genau so wenig wusste ich wer er war.
Das anfängliche Misstrauen wandelte sich aber mit jedem gelaufenen Meter in Vertrauen, das sich auf Grund der spärlichen Informationen nicht aufklärte.
Weiter liefen wir den Strand entlang, dann wandte er sich dem Wald zu. Ich lies meinen Blick weiter den Strand entlang schweifen und dann sah ich ihn.
Den Felsen aus meinen Träumen.
Ich blieb stehen und brachte ihn aus seinem Rhythmus.
Ungeduldig drehte er sich um und sah mich an. Doch konnte ich den Blick nicht von diesem Felsen nehmen.
Wieder lief mein Traum wie ein Film ab. Ich schnappte nach Luft, dann riss ich mich von ihm los und rannte auf diesen Felsen zu. Es war ein ganzes Stück ehe ich ihn erreicht hatte. Traurigkeit ergriff mich und lies mich taumeln. Eine Hand legte ich an den Felsen, als könnte er mir mit einer Berührung erzählen was ich nicht wusste.
Unerwartet rief eine bekannte Stimme meinen Zweitnamen, es klang wie eine Frage. Mit Tränen in den Augen drehte ich mich um.
Das erste mir bekannte Gesicht trat neben dem Fremden aus dem Wald.
Mit seinem Gesicht schoss mir der Satz, Hol mich nach Hause, durch meinen Kopf und hallte wie eine endlos Schleife in meinen Ohren.
Erst ging er langsam auf mich zu, dann fing er an zulaufen, als könnte er es nicht erwarten bei mir zu sein.
Überrascht das ich sein Gesicht aus meinen Erinnerungen kannte, ging auch ich in seine Richtung, dann lief auch ich los. Es war als würde ich meiner Erinnerung entgegen laufen. Still liefen meine Tränen.
Als ich ihn erreicht hatte viel ich ihm um den Hals und schluchzte herzzerreißend. Fest schloss er seine starken Arme um mich, als wäre es das Normalste von der Welt für ihn. Immer noch nicht wissend wer er war, doch allein die Tatsache das ich ihn aus meinen Erinnerungen kannte und das Gefühl völligem Vertrauen mich erfüllte, lies mich nicht an ihm zweifeln.
Leise hörte ich auch ihn schluchzen. Meine Arme umschlossen ihn so fest, ich wollte ihn einfach nicht los lassen, überglücklich in endlich gefunden zu haben.
„Ich brauchte dich nicht nach Hause holen, du hast den Weg allein gefunden. Ich bin so froh das du lebst, das es dir gut geht.“ Weinte er leise.
Das ich noch lebte? Wusste er das auf mich geschossen wurde? Wer hatte es ihm erzählt?
Zögerlich lockerte ich meine Umarmung und sah ihn an. Der Fluss an Tränen lies nur zu das ich ihn verschwommen wahrnahm. Eilig wischte ich Tränen weg. Ich brauchte einen klaren Blick.
Er war es, das Gesicht meiner Erinnerung. Dann stellte ich ihm die alles entscheidende Frage.
„Ich kenne dich, das sagt mir mein Gefühl. Doch woher?“ Leicht legte ich den Kopf schräg und wartete das ich endlich Gewissheit bekam.
Er trocknete seine Tränen und sah mich mit zusammen gezogenen Augenbrauen an.
„Was?“ Er klang völlig ungläubig. Als hätte ich einen schlechten Scherz gemacht.
„Das ist jetzt wirklich nicht der richtige Augenblick für so etwas.“ Tadelte er mich.
„Bitte versteh mich nicht falsch. Ich kenne dich, aber ich weiß nicht woher und warum ich so ein Urvertrauen in dich habe!“ Wieder war ich den Tränen nahe. Der andere, deren Gesicht mir nichts sagte war näher gekommen und bekam unsere Unterhaltung mit.
„Das würde alles erklären.“ Bemerkte er.
Mein Blick wanderte zwischen ihnen hin und her.
„Sag mir deinen Namen.“ bat ich ihn. Er konnte nicht verstehen das ich mich daran nicht erinnerte.
„Embry....“ ,hauchte er. Bei seinem Namen fing ein inneres an zu verkrampfen, aber mehr passierte nicht, keine weitere Erinnerung. Dann sah ich den anderen an, „Und du?“
„Sam.“ Beantwortete er knapp meine Frage.
Embry sah zwischen Sam und mir hin und her, er machte einen ziemlich verwirrten Eindruck. Langsam nahm ich seine Hand und sah ihn flehend an. Ich hatte so ein immenses Vertrauen zu ihm, das ich gerne mit ihm allein sein wollte, ohne Zuschauer.
„Können wir ein Stück laufen? Du und ich?“
Noch immer ungläubig, nickte er.
„Ist okay, ich werde dann schon mal nach Hause gehen. Schön das du wieder hier bist, Una.“ Sanft strich Sam mir über den Oberarm. Gequält lächelte ich ihn an.
Embry und ich setzten uns in Bewegung und gingen den Strand entlang. Erst sprach keiner von uns ein Wort. Sam war im Wald verschwunden und wir waren allein. Jetzt war es mir wohler. Wir gingen auf einen der Baumstämme zu, die hier als Treibholz am Strand lagen, dort nahmen wir Platz.
Ich sah ihn an, „Ich wusste nicht was mich hier erwarten würde, doch das ich dich hier finde hätte ich nie gedacht.“ Vorsichtig lächelte ich ihn an.
Sein Blick begegnete meinem. „Du kannst dich an nichts mehr erinnern?“
Ich schüttelte den Kopf. Sein Blick sah völlig gequält aus. Dann sah er auf das Meer und schüttelte den Kopf. Ohne mich anzusehen legte er den Arm um meine Schulter und zog mich zu sich heran. Ich lehnte mich an ihn. Es fühlte sich gut an. Froh ihn gefunden zu haben legte ich meinen Kopf an seine Schulter.
„Was ist das letzte an das du dich erinnern kannst?“
„An meine Freunde in LA.“ Schwere ergriff mein Herz.
Wartend sah er mich an.
„Doch dann musste ich erfahren das sie nicht mehr lebten.“ Ich kämpfte gegen den unbändigen Drang zu weinen. „Von da an nur noch schwarz. Ein paar Erinnerungsfetzen, die mich fast in den Wahnsinn getrieben hätten und dein Gesicht. Mit dem ich Freundschaft und Vertrauen verband.“ Ich nahm seine Hand die von meiner Schulter hing und hielt sie fest, als hätte ich Angst er könnte sich in Luft auflösen. Ich sah wie seine Augen sich wieder mit Tränen füllten. „Habe ich etwas falschen gesagt?“ Vergewisserte ich mich.
„Du kannst dich nicht an ihn erinnern?“ Flüsterte Embry.
So wie es schien hatte mich mein Gefühl nicht getäuscht, es schien als gab es tatsächlich jemanden in meinem Leben, nach dem mein Herz sich sehnte.
„Ich fühle das da jemand ist, mein Herz ist unsagbar traurig. Doch meine Erinnerungen ließen nur zu das ich seine Augen sah. Ich habe kein Gesicht zu ihm.“ Jetzt war es zu spät, ein Schluchzen schüttelte mich. „Ist er hier?“ Fragte ich hoffnungsvoll und sah ihn mit großen Augen an.
Dann das erlösende nicken.
„Kannst du mich zu ihm bringen?“ Bettelte ich.
Doch sein Mimik, seine ganze Körpersprache war in Trauer versunken.
„Embry, bitte bring mich zu ihm!“ Würde er noch länger zögern, würde ich mich auf die Knie werfen.
„Das wäre vielleicht noch nicht der richtige Zeitpunkt.“ Seine Stimme klang tonlos.
Verständnislos schüttelte ich den Kopf.
Ungeduldig drängelte ich, „Es könnte keinen besseren Zeitpunkt geben!!“
„Una, vertrau mir einfach.“ Ich wurde aus seinen Worten nicht schlau.
„Okay, wenn du nicht mit gehen möchtest ist das in Ordnung. Dann sei so gut und sag mir bitte wo ich hin muss! Die letzten Tage haben mich fast um den Verstand gebracht und jetzt da ich weiß das er hier ist flehe ich dich inständig an es mir zu verraten und mich von meinen Qualen zu erlösen!“ Über sein Verhalten stieg Wut in mir hoch, warum hielt er mich so hin?
„Von deinen Qualen erlösen?“ Wiederholte er meine Worte. „Genau davor würde ich dich gerne beschützen.“ Sein Blick schmerzte mich.
Jetzt war er auf dem Weg eine Grenze zu überschreiten, zu lang suchte ich nach Antworten. Jetzt waren sie nahe zu greifbar und er enthielt sie mir vor.
Durchdringend sah ich ihn an und versuchte es ihm zu erklären.
„Mein Herz schreit und kommt nicht zur Ruh. Ich habe kein Gesicht zu diesem Jemanden, noch nicht mal einen Namen. Es ist nur ein Gefühl, das er da war. Es macht mich verrückt. Meine Erinnerungen kommen fetzenweise und ergeben nicht im Ansatz einen Sinn. Das ich es bis hier her geschafft habe verdanke ich einem Pfleger aus dem Krankenhaus in dem ich zu mir kam.“ Meine Stimme überschlug sich.
„Wieso Krankenhaus?“ Verwundert sah er mich an.
Mit einer Handbewegung öffnete ich meine Jacke und zog mein Oberteil soweit herunter das er die riesige Narbe sah.
Erschrocken starrte er sie an, „Wo ist die her, was ist passiert?“
„Laut meinen Eltern habe ich mich vor einen Einbrecher geworfen, der auf meine Mom gezielt hat, doch dieser Einbrecher wurde hier her überstellt....“ Weiter kam ich nicht, Embry viel mir ins Wort.
Sein Ton war so wütend, das es einem Grollen glich, „Das haben deine Eltern dir erzählt?“
Ich nickte.
Seine Wut wich Fassungslosigkeit, „Die schrecken wirklich vor nichts zurück!“
Es setzte sich jetzt so auf den Baumstamm das seine Beine zu beiden Seiten herunter baumelten, sein Blick war eine Mischung aus liebevoller Verzweiflung und Schmerz.
„Auf die Gefahr hin das ich dich in ein totales Chaos stürzen werde, das deine Welt aus den Fugen gerät, erzähle ich dir was passiert ist von dem ich weiß. Doch im Vorfeld möchte ich mich dafür entschuldigen das ich es dir erzählen werde. Es tut mir unsagbar leid was ich dir mit diesen Worten antun werde und werde ich es nicht ungeschehen machen können oder es zurück nehmen!“
Erschrocken sah ich ihn an und setzte mich so hin wie er. Doch bevor er anfing zu erzählen legte er seine Arme um mich und zog mich zu sich heran, fest drückte er mich.
Angst kroch in mir hoch, seine Ansprache konnte nichts gutes verheißen.
„Sein Name war Jacob.“ Flüsterte er, mich noch immer an sich gepresst.
Es war wie ein Stich, mein Herz antwortete bei diesem Namen mit Schmerz, ich schloss die Augen um es zu ertragen.
„Jake und du ihr war wie für einander gemacht, er hat dich mehr geliebt als sein eigenes Leben. Als deine Eltern dich von hier weg holten, brach eine Welt für ihn zusammen. Er dachte er würde dich nie wiedersehen, aber du bist eine Kämpfernatur und hast immer einen Weg zu ihm gefunden, was auch immer euch getrennt hat. Du warst diejenige die immer irgendwie plötzlich wieder vor seiner Tür stand.“
Embry erzählte mir alles, von dem er wusste, das Wenigste von dem beschwor irgendeine Erinnerung herauf, es waren größten Teils bekannte Gefühle.
Die ganze Zeit drückte er mich an sich, es war als wollte er mich beschützen oder zusammen halten. Aber warum?
Was er erzählte fand ich teilweise grausam, zu was meine Eltern in der Lage zu sein schienen. Doch es fühlte sich nicht an als wäre es mir passiert, da ich mich trotz seiner Erzählungen an nicht viel erinnern konnte.
Es klang mehr wie eine Geschichte die Freunden passiert war.
Er müsste mich einfach nur zu Jake bringen und es wäre alles halb so schlimm. Ich fande den Namen sehr schön und wenn ich nur an seinen Namen dachte durchflutete eine wie dagewesene Wärme meinen Körper.
Es war eine Art Vorfreude.
Seine Umarmung lockerte sich und er sah mich an.
„Bring mich zu ihm. Wenn er hier ist, gib meinem Herz was es verlangt, wonach es sich sehnt, bitte Embry!!“
Er glitt von dem Baumstamm und hielt mir seine Hand entgegen.
„Komm mit.“
Eilig tat ich es ihm gleich. Sanft nahm er meine Hand. Wir gingen ein Stück den Strand entlang, dann durch den Wald.
Ich hatte keine Ahnung wo er mich hin brachte. Doch würde bald das andauernde Wimmern meines Herzens ein Ende haben, es wäre beruhigt wenn es wieder mit Jake´s Herzen im Einklang schlagen würde. Immer wieder ruhte Embry´s Blick mitleidig auf mir.
Wir gingen einen Waldweg entlang. Wir kamen an einem Friedhof vorbei. So wie es aussah mussten wir über den Friedhof, noch immer Embry´s Hand haltend folgte ich ihm durch das kleine eiserne Tor.

Chapter 8



Chapter 8

Er blieb stehen und sah mich an, dann drehte er seinen Kopf in die andere Richtung und sein Blick blieb an einem der Grabsteine hängen.
Ich wusste nicht was ich hier sollte, er wollte mich doch zu Jake bringen. Doch dann lass ich den Namen der auf dem Grabstein vor uns stand.
In großen geschwungenen Lettern, Jacob Black.
Es war als hätte mir jemand mit voller Wucht in den Magen geboxt. Ich krümmte mich, wankte und suchte Halt.
Leise sprach ich vor mich hin, „Embry, das kann nicht sein. Nein, nein, nein.........“ Bis ich es schrie, ich schrie meinen Schmerz heraus, und er zwang mich in die Knie, mein Herz schien zu zerfetzen.
Embry versuchte sein möglichstes um mir beizustehen doch wie hätte er mir in diesem Moment helfen können, das hätte niemand gekonnt.
Ein letztes Mal bäumte sich der Schmerz auf und traf mich mit voller Härte, keuchend gruben sich eine meine Fingernägel in Embry´s Unterarme.
Dann um gab mich eine beruhigende Dunkelheit, die alles von mir nahm.

Als ich wieder zu mir kam wurde ich hin und her gewogen. Ich lag in Embry´s Armen. Seine Tränen tropfen auf meine Jacke. Müde sah ich ihn an, ich hatte keine Kraft. Es war als hätte man sie aus mir heraus gesaugt, schlaff hingen meine Arme und Beine herunter. Über sie hatte ich keine Gewalt mehr.
Als ich meine Augen schloss sah ich sein Grab vor mir, wieder riss es an mir, es war nicht länger mein Herz welches leise wimmerte, es war ich. Mein Herz war stumm, betäubt von der grausamen Wahrheit. Ich wollte mich auflösen, von den Schmerzen befreit werden.
Langsam ging Embry auf ein Holzhaus zu und klopfte.
Sam öffnete und sah uns entsetzt an. Er nahm mich an sich und setzte sich mit mir in den Armen auf ein Sofa.
Still liefen die Tränen. Es waren noch mehr Leute in diesem Zimmer, die ich nur am Rande wahrnahm.
Auf einem der Wohnzimmerschränke stand ein gerahmtes Foto. Welches ohne Umschweife meine Aufmerksamkeit auf sich zog.
Ich versuchte mich aufzusetzen, Sam half mir bis ich stand. Auf zittrigen Beinen wankte ich diesem Bild entgegen. Sämtliche Blicke der Anwesenden waren auf mich gerichtet.
Doch hatte ich nur Augen für dieses Foto. Sam ging langsam hinter mir her.
Als ich nah genug heran gegangen war, das ich es erkennen konnte, wusste ich wenn es zeigte. Seine Augen verrieten ihn. Jake bekam ein Gesicht. Mein Herz zog sich nicht aushaltbar zusammen, ich umklammerte meine Brust aus Angst ich würde auseinander fallen. Mit seinem Anblick schob sich der Schleier des Vergessen zur Seite und lies mich alles wissen.
Was wir durchgemacht hatten, wie verzweifelt wir uns geliebt und auch umeinander gekämpft hatten. Auch welch Jähes Ende alles nahm.
Ich legte die Hand auf meine Narbe, jetzt wusste ich das es mein Versuch war Jake zu folgen. Wieder sackte ich zusammen, doch wurde ich nicht von einer Ohnmacht erlöst, oder dem Tod. Nach dem ich mir wieder einmal mehr den je sehnte.
Ehe ich mich versah waren Sam und Embry an meiner Seite. Doch versuchte ich sie auf Abstand zuhalten. Der Schmerz der durch meinen Körper zuckte war ohne hin schon kaum auszuhalten. Ich kniff die Augen zu und atmete geräuschvoll ein und aus.
Ich sah Jake´s Gesicht wie es mich liebevoll anlächelte, wie er schlief, mich neckisch zergärte, mit tiefen Ringen unter den Augen, beunruhigt war, wie er litt und wie er ewigen Frieden fand.
Es schien nicht genug zu sein, das ich das alles schon einmal durchmachen musste, ich bekam die doppelte Dosis. Mit geschlossen Augen kauerte ich auf dem Boden und erinnerte mich an jede Kleinigkeit.
Das ich ihn anfänglich überhaupt nicht leiden konnte, wie er mich aus dem Meer gezogen hatte, das ich seinen beruhigend Herzschlag zum einschlafen brauchte, wie ich sein Gesicht studiert habe als er schlief, wie meine Eltern mich hier wegholten, ich meinem Leben ein Ende setzen wollte, dann aber durch dummen Zufall wieder einen Weg zu Jake fand, wir zu dieser Hütte in den Bergen gelaufen sein, meine Eltern ihre Schläger geschickt hatten und ich darauf hin mit Jake zurück nach LA geflogen bin. Auch wie meine Eltern ihn behandelt hatten und das Nathan derjenige war der auf Jake schoss und somit nicht nur sein Leben beendete sondern auch das Meine. Ich brauchte nicht mehr nach Antworten suchen, was ich wusste war unerträglich, ich wollte Frieden, den ich nur bei ihm fand. Ich konnte nicht ohne Jake sein.
Langsam rappelte ich mich auf. Jetzt nahm ich auch die anderen wahr, Quil, Paul, Emily, Tala und ein fremdes Gesicht. Ihn kannte ich nicht. Völlig unbeeindruckt das mich die anderen mitleidig ansahen ging ich zielstrebig in die Küche und öffnete die Besteckschublade. Ich griff mir das Fleischmesser und lies es ohne zu überlegen längst über mein Handgelenk gleiten, nicht zu tief, das ich die Sehnen nicht verletzte und somit noch in der Lage war es an dem anderem Handgelenk zu wiederholen. Warm lief das Blut über meine Hände, es war so viel das sich innerhalb von Sekunden kleine Lachen auf dem Boden bildeten.
Ich merkte wie es mir schwindelig wurde, es fühlte sich gut an. Das Messer glitt aus meinen Händen und fiel mit einem schmatzenden Geräusch in das Blut. Als Embry um die Ecke sah brüllte er los, „Ach du Scheiße! Sam, schnell!“ Er schnappte sich ein Handtuch und wickelte es um eines meiner Handgelenke.
Meine Stimme war ganz ruhig, „Embry bitte, lass mich zu Ende bringen was unausweichlich ist.“ Bat ich ihn. Doch binnen Sekunden hatte Sam auch um mein anderes Handgelenk ein Handtuch geschlungen und sah mich wütend an, „Das wirst du nicht tun!“
Doch hatte ich es schon einmal getan, das war es was die Narbe auf meiner Brust erzählte.
„Lasst mich gehen, ich kann nicht ohne ihn sein und das wisst ihr.“ Meine Stimme klang völlig tonlos. Emily kroch auf dem Boden herum und versuchte die Schweinerei die ich veranstaltet hatte wieder zu beseitigen, Tala half ihr. Ihre Blicke tadelten meinen jämmerlichen Versuch.
Sam und Embry drücken so fest auf meine Handgelenke um die Blutung zu stillen, das meine Hände eine bläuliche Farbe annahmen. Embry sah mich flehend an, „Tu mir das nicht an Una. Ich hatte dich schon verloren geglaubt und dieser Gedanke war so schwer zu ertragen. Ich werde nicht zulassen das du dich einfach davon stiehlst. Es ist für uns alle nicht einfach was mit Jake geschehen ist, aber du nicht auch noch, nicht aus freien Stücken!“
Embry wusste, wenn ich die Chance bekäme, wie auch immer sie aussehen würde, ich es durchzöge ohne überlegen zu müssen.
Was das anging war ich mir sicher, da würde ich bestimmt sehr kreativ werden.
Das was ich jetzt noch hatte war kein Leben, es war ein vor sich hin siechen und quälend langsames Sterben, mit der täglichen Erinnerung das mein Herz nie wieder diese alles umfassende Liebe finden würde.
Das unbekannte Gesicht sah um die Ecke, er war vielleicht ein oder zwei Jahre älter als ich. Entsetzt sah er mich an.
Ich stand wie ein Engel der Apokalypse mit ausgestreckten Armen und den Kopf in den Nacken gelegt in der Küche, so stehend reichten meine Haare bis an meine Oberschenkel. Sam und Embry quetschten immer noch an meinen Gelenken herum. Langsam drehte ich den Kopf zur Seite und sah ihn gequält an. „Wie unhöflich von mir, ich habe mich noch nicht vorgestellt. Ich bin Una.“
Langsam kam er näher, ich versuchte ihm meine Hand hinzuhalten. Doch mit der kleinsten Bewegung färbte sich das nächste Handtuch dunkelrot. Vorsichtig ergriff er zwei Finger von mir. „Jared.“, erwiderte er kurz angebunden.
„Schön dich noch kennenzulernen.“ Meinen Sarkasmus hatte ich noch nicht verloren. Doch erntete ich direkt böse Blicke von Embry.
„Wenn wir die Blutung nicht in den nächsten Minuten unter Kontrolle bekommen, müssen wir ins Krankenhaus!“ Murmelte Sam.
Ich funkelte ihn böse an. „Das lohnt nicht.“
Doch gingen sie darauf nicht weiter ein. Sie waren sich aber einig das ich mich hinlegen sollte ,ehe mein Kreislauf schlapp machte.
Sie brachten mich in Embry´s Zimmer und halfen mir ins Bett. Sobald ich lag blutete es weniger stark, zu meinem Bedauern.
Embry hatte sich zu mir gelegt und sah mich an, Sam saß vor dem Bett. Immer noch umschlossen ihre Hände fest meine Gelenke.
Ich drehte meinen Kopf so weit zu Embry, das meine Stirn seine Brust berührte und ich schloss meine Augen. Seine Wärme machte meinen Verlust so real, es zeigte mir was ich nicht mehr hatte und auch nicht zurück bekommen würde.
Geräuschvoll atmete ich ein und aus und hielt der Verzweiflung stand. Vorsichtig schob er mir seinen anderen Arm unter den Kopf, er sah wie ich litt und es setzte ihm ordentlich zu. Leise und beruhigend summte er vor sich hin, es half mir in den Schlaf.

Es war dunkel nur eine kleine Lampe, war alles Licht welches den Raum erhellte. Ein rhythmischer Herzschlag lies mich aufhorchen, es war als wäre er wieder da. Meine Lider waren schwer und ließen sich nur mit Mühe öffnen.
Überrascht sah ich Embry an, auf deren Brust mein Kopf ruhte. Er hatte die Augen geschlossen, doch wusste ich nicht ob er schlief.
Meine Handgelenke schmerzten, vorsichtig hob ich eines. Es war mit einem weißen dicken Verband umwickelt.
Ich frage mich wie viele Narben meinen Körper noch zieren würden, ehe ich mein Ziel erreicht hätte. Meine Gedanken waren dunkel und selbstzerstörerisch.
Wenn sie es nicht zuließen würden, das ich es mit Hilfsmitteln hinter mich brachte, nahm ich mir vor es mit Verweigerung zu versuchen, was Essen und Trinken betraf. Es würde wahrscheinlich um einiges länger dauern und wäre sicherlich ziemlich übel, aber würde es nicht so lang wie ein normales Leben dauern. Ich hatte damit abgeschlossen und wartete nur darauf das ich es endlich beenden konnte.
Vorsichtig legte ich meinen Arm auf Embry´s Bauch, der darauf hin leise stöhnte. Auch schloss er seine Arme um mich. So fühlte ich mich nicht ganz so verloren. Ich kuschelte meinen Kopf so an ihn das ich damit seine Wange berührte und versuchte erneut in den Schlaf zu kommen. Doch kreisten meine Gedanken und sobald ich die Augen schloss eilten sie zu Jake´s ewiger Ruhestätte.
Mir wurde bewusst das ich in der Pathologie vor ihm stand, ein Schauer jagte über meinen Rücken und lies mich leise schluchzen. Mein Körper bebte und zitterte bei diesem Gedanken, das es das letzte mal war das ich ihm nah war. Das ich ihn ein letztes mal hätte berühren können. Ich hasste das Schicksal, es hätte mir kaum übler mitspielen können.
Embry drehte sich auf die Seite, mit dem Gesicht zu mir und sah mich an. Jetzt hatte ich ihn doch geweckt. Verheult sah ich zu ihm auf.
Vorsichtig strich er mir die Haare aus dem Gesicht. Er sagte kein Wort, doch das war auch nicht nötig.
„Er fehlt mir so schrecklich“, weinte ich leise.
Sein Blick verriet das er mir nur zu gern geholfen hätte, doch war er mit meinen Plänen so gar nicht einverstanden. Eine Zeit sahen wir uns an und lasen den Schmerz in unseren Gesichtern, sanft strich er mir über die Wange.
„Weißt du noch als ich dir versprechen musste das ich dich nach Hause holen würde, wenn es so weit kommen würde?“
Ich nickte.
„Jetzt muss du mir etwas versprechen.“ Flüsterte er und sah mich mit seinen großen braunen Augen an.
Ich wusste was kommen würde, doch war es ihm so klar wie mir, das ich das nicht konnte.
„Bitte, ich bitte dich bei allem was auf dieser Welt auch nur noch den geringsten Wert für dich hat, bleib bei mir. Noch so einen Verlust stehe ich nicht durch.“
Ich konnte seinem Blick nicht länger standhalten und biss mir auf die Unterlippe. Damit es nicht aus mir heraus platzte und ich ihn unnötig damit verletzten würde, das es nur eine Frage der Zeit wäre bis sie mich neben Jake betten könnten.
Da ich ihm die Antwort schuldig blieb, fing er wieder leise an zu summen.
Tears in heaven. Ich rückte noch ein bisschen näher an ihn und legte meinen Kopf wieder auf seine Brust. Seine tiefe Stimme war unverwechselbar. „Danke“, flüsterte ich kaum hörbar.

****Embry´s Sicht****

In ihren Augen konnte ich lesen, das ihr Lebensmut dem Wunsch zu sterben wich. Doch könnte ich sie nicht gehen lassen. Himmel und Hölle würde ich in Bewegung setzten damit sie bei mir blieb. Diese Denkensweise war fruchtbar egoistisch von mir, doch war sie die Schwester die nicht hatte, umso mehr ließen mich die Umstände mit ihr leiden.
Ihr zierlicher kleiner Körper drückte sich an mich. Ich fühlte ihr Zittern und hörte ihr Wimmern und das Wissen das ich ihr in keinster Weise helfen konnte, trieb mich in die Verzweiflung.
Sie und Jake waren Seelenverwandte, sie waren Eins, wie für einander gemacht. Würde ich mich in sie hinein versetzen und mir vorstellen das der wichtigste Teil von mir nicht mehr wäre, könnte ich ihren Wunsch wahrscheinlich verstehen, vielleicht sogar akzeptieren.
Ich sah wie sie litt und es machte mich fertig. Es war für uns schlimm, das Jake nicht mehr bei uns war. Doch konnten wir von ihm Abschied nehmen, wir wussten wo er war, wenn wir ihm nah sein wollten.
Doch das hier, dieses Leid, welches aus ihren Augen sprach war unmenschlich.
Wieder wurde ihr kleiner Körper von einer Welle geschüttelt, ich schloss fest meine Arme um sie. Zwar wusste ich das ich sie nicht trösten konnte, doch vielleicht war es so leichter zu ertragen. Leise fing ich zu summen an, vielleicht könnte sie so noch etwas Schlaf finden, der sie für den Moment vergessen lies und sie an einen Ort brachte an dem sie mit ihm glücklich war.

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Chapter 9




Chapter 9

Ich wusste nicht wie lange ich schon wach lag und an die Decke starrte. Es war schon einige Zeit hell draußen und Sam hatte Embry abgelöst, damit er frühstücken und duschen konnte. Sie ließen mich nicht allein. Sam saß auf dem Bett an das Kopfteil gelehnt und fuhr vorsichtig mit einem Finger über meine Hand. Ich wusste nicht warum er das tat, vielleicht das ich wusste, ich sei nicht allein.
Jared betrat das Zimmer. „Du sollst mal bitte zu Emily kommen.“ Sam sah zu mir dann wieder zu Jared.
„Ich bleib bei ihr“, flüsterte er.
Sie tauschten die Plätze. So wie es aussah fanden sie es unverantwortlich mich allein zulassen. Vorsichtig setzte er sich neben mich. Ihm war anzusehen wie unangenehm die Situation für ihn war, er war nervös.
„Du musst das nicht tun.“ Hauchte ich kraftlos. Mitleidig ruhte sein Blick auf mir.
„Ist schon okay“, er lächelte und es war aufrichtig.
„Möchtest du etwas essen?“
Müde sah ich wieder zur Decken und schüttelte langsam den Kopf.
Dann rollte ich mich auf die Seite und drehte ihm den Rücken zu, ich wollte nicht das er meine Tränen sah.
Sam kam zurück, „Wir müssten in die Stadt, noch etwas erledigen. Embry muss mit, ist es okay, wenn du noch ein bisschen bei ihr bleibst?“
Es schien für Jared klar zu gehen, ich hörte wie Sam sich bedankte und verschwand.
Langsam schloss ich die Augen und versuchte an nichts zu denken. Ich wünschte mir den Zustand des Erwachens, in dem man nichts fühlte und einfach nur da war. Doch konnte ich es nicht heraufbeschwören. Noch immer war mein Herz leer und stumm. Es schien als sei es nicht mehr da. Es fühlte sich an als sei ich nicht mehr in der Lage, etwas anderes als Leere zu empfinden. Schmerzende Leere und den unbändigen Wunsch diese Welt zu verlassen. Doch noch dominierte die Kraftlosigkeit. In mich horchend viel ich in einen unruhigen Schlaf.

Als ich wach wurde sah ich überrascht auf Jared´s Hand, die meine hielt. Ich sah ihn mit großen Augen an. Noch immer saß er ein bisschen steif auf der Bettkante.
Sofort rechtfertigte er sich, „Du hast im Schlaf gemurmelt, dich herum gewälzt und deine Hand tastete suchend umher, als ich meine Hand in deine legte hast du dich wieder beruhigt und weiter geschlafen. Ich dachte das wäre okay.“ Er öffnete seine Hand das ich ihm meine entziehen konnte, doch war es gut wie es war und ich hielt sie fest und zog sie näher zu meinem Herzen. Wieder starrte ich vor mich hin. Zeitweise war es gut jemanden bei mir zu wissen, der meine Hand hielt oder mich in den Arm nahm, doch wie könnte ich so meinen Plan in die Tat umsetzten? Mit der Zeit würde die Gewissheit kommen.
Obwohl ich geschlafen hatte fühlte ich mich nicht ausgeruht, es war als würde ich mich immer müder schlafen.
Ich hatte grauenhafte Kopfschmerzen und schrecklichen Durst. Mit dem Hunger wurde ich fertig, das machte mir nichts aus.
Leise hörte ich wie die Haustür geöffnet wurde, auch vernahm ich gemurmel. Kurz drauf stand Embry im Türrahmen und kam näher. Er sah das ich Jared´s Hand hielt, doch wäre mir seine lieber, gewohnter, geliebter, beschützender.
Er nickte Jared zu, der sich darauf erhob und Embry meine Hand übergab, als stünde ich vor dem Traualtar. Er legte sich zu mir, ohne eine Sekunde zu verlieren robbte ich an ihn heran und kuschelte mich an seine Seite. Wieder fühlte ich seine Wärme und es wurde erträglicher.
„Hast du schon was gegessen?“
Seine Frage überhörte ich und reagierte nicht, ich war einfach nur froh das er wieder da war.
„Una? Hast du Hunger oder Durst?“
Er erinnerte mich an dieses ätzende Gefühl, ja ich hatte ganz schlimmen Durst und mein Mund fühlte sich an wie die Wüste Gobi. Aber noch wollte ich meinen Plan nicht verwerfen und versuchte es weiter auszuhalten.
„Nein, hab ich nicht.“
Schlapp legte ich meinen Kopf auf seine Brust und zog die Decke bis an die Ohren.
„Embry?“
„Hmmm“, brummte er.
„Summst du für mich“, mit geschlossenen Augen schlag ich meinen Arm um ihn.
„Alles was du möchtest!“
Es war das einzige das mich in dem Moment beruhigen konnte, ich konzentrierte mich auf sein melodisches Gesumme.
Leise summte er sämtliche ihm bekannte Lieder und wenn er sie alles durch hatte, begann er von vorn. Er tat was er konnte, damit es für mich halbwegs erträglich war.

Mein Herz meldete sich mit Sehnsucht, brennender Sehnsucht. Meine Gefühle schlugen jetzt zeitweise wie riesige Wellen über mir zusammen und es war nicht länger zu ertragen. Da wurde der Wunsch ihm zu folgen größer den je.
In Gedanken lag ich nicht in Embry´s Armen, es war auch nicht Embry´s Wärme die mich umgab. In meinen Gedanken sah ich Jake´s liebevolles Gesicht wie es mich anlächelte und mich wissen ließ wie sehr er mich liebte, das ich alles für ihn war, wie er für mich, seine wunderschönen Augen die auf mir ruhten, ich fühlte seine Hand auf meiner Wange, seine Lippen auf den Meinen. In diesem Augenblick fühlte ich mich ganz, ich war ihm so nah, es war als könnte ich seinen betörenden Duft einatmen. Meine Liebe, mein Leben, mein Sein.
Umso brutaler war es wenn ich in die Realität zurückkehrte. Die Liebe der Leere wich und die Geborgenheit dem Schmerz. Lautlos perlten meine Tränen auf Embry Shirt. Doch seine Worte, seine Taten konnten die quälende Leere nicht füllen und den Schmerz nicht vertreiben.

Ich verbrachte die meiste Zeit in meinen Gedanken bei Jake, ich wollte immer dort bleiben. Dort war er lebendig, ich hörte seine Stimme die samten mit mir sprach, sein Lachen hallte in meine Ohren, dort war er für mich da, ich spürte seine Umarmungen seine Berührungen und sie fühlten sich echt an, dort zu sein lies es für so einfach werden, wie atmen. Dort war ich glücklich, es gab keinen Schmerz, keine Leere, keine Verzweiflung, keinen Tod.
Dort gab es nur Jake und mich. Alles was wichtig war, alles was bedeutend war.

Für die andere wurde es immer schwieriger mich in die Gegenwart zurück zu holen, ich wollte es auch nicht. Es war als würde man mich in Eiswasser werfen, es stach auf der Haut wie tausend Nadeln.
Ich brauchte immer mehr Zeit damit ich sie hörte und klar denken konnte. Der Weg zu ihnen wurde immer länger und beschwerlicher. Sobald sie mich ließen, machte ich mich wieder auf, in meine Gedanken und schloss ihn in meine Arme, überglücklich wieder bei ihm zu sein. Die Liebe die uns verband war nicht in Worte zufassen, nie hätte ich es jemanden begreiflich machen können, so etwas konnte man nur fühlen, nicht erklären und fand ich es nur bei ihm, meinem Herz , bei der einen alles umfassenden Liebe!

Etwas schüttelte mich, doch hielt ich an Jake fest wie er an mir, ich klammerte mich an ihn. Ich wollte ihn nicht verlassen, hier war er und hier war ich zu Hause. Das Schütteln wurde so durchdringend das ich es nicht länger ignorieren konnte.
Meine Lider waren unglaublich schwer und ich konnte sie nur mit Mühe öffnen. Sam kniete über mir, jetzt hörte ich wie er meinen Namen schrie. Müde und kraftlos sah ich ihn an. Ich wusste nicht warum er mich so panisch ansah und schüttelte.
„Hat sie wirklich aufgehört zu atmen?“ Hörte ich Jared entsetzt fragen, der neben Embry stand. Ich lies meinen Kopf nach hinten sinken und drehte ihn dabei langsam zu Seite.
Embry starrte mich fassungslos an und nickte. Er war an die Wand gelehnt und zitterte am ganzen Körper.
Meine Gedanken wollten mich zurück holen, ich hörte Jake´s Stimme, wie sie leise meinen Namen flüsterte. Ich verdrehte die Augen und wollte ihn nicht länger warten lassen. Langsam schlossen sich meine Lider. Doch wieder schüttelte Sam mich und lies es nicht zu das ich mich auf den Weg zu ihm machte.
„Una, nein!“ Hörte ich Sam wieder schreien.
„Er ruft mich....“, hauchte ich.
Warum lies er mich nicht gehen, dort ging es mir gut.
„Sieh mich an! Wer ruft dich?“
Noch nie hatte Sam seine Stimme mir gegenüber erhoben.
„Jake........“ , flüsterte ich mit hingebungsvoller Stimme und völliger Selbstverständlichkeit.
Jake´s Stimme flüsterte wieder süß und unwiderstehlich meinen Namen.
Es ließ mich seufzen.
Sam sollte mit dem Geschüttel aufhören so das ich mich meinen
Erinnerungen und ihm hingeben konnte.
Ich spürte wie jemand mein Gesicht in seine Hände nahm, „Lass mich nicht allein!“ Flehte eine Stimme die nicht Jake´s war.
Wieder quälte ich mich meine Augen zu öffnen, es war Embry, der meinem Gesicht ganz nah war.
Ich lächelte ihn an, „Ich kann ihm nicht widerstehen.“ Flüsterte ich. „Bitte, lass mich gehen, ich bin beim ihm. Dort wird es mir an nichts fehlen.“
Embry´s Augen füllten sich mit Tränen und sein Gesicht nahm einen entschlossenen Ausdruck an.
„Du wirst nirgendwo hin gehen.“ Brummte seine Stimme.
Ich nahm meine ganze Kraft zusammen und legte ihm meine zitternde Hand auf die Wange.
„Mein Bruder, ich liebe dich. Versuch mich zu verstehen.......“
Meine Lider wurden schwerer und schwerer, bis sie nur noch flatterten, meine Hand glitt kraftlos von seiner Wange.
„NEIN!“ Hörte ich Embry´s Entsetzensschrei.
Jetzt war es nicht länger Sam der mich hier hielt, Embry riss an mir und machte es mir unmöglich Jake´s lieblicher Stimme zu folgen.

Dann schritt Sam ein, „Du wirst ihr noch irgendwas brechen.“ Raunzte er ihn an.
„Dann breche ich ihr halt was, doch sie wird nicht sterben ,nicht hier, nicht jetzt.“ Seine verzweifelte Stimme überschlug sich. Irgend jemand verließ das Zimmer.
Wieder lockte mich Jake´s samtene Stimme tiefer in meine Erinnerungen. Ich streckte meine Hand nach ihm aus, ein nie dagewesener Frieden durchflutete mich, es war als wäre jetzt alles gut und nichts könnte uns mehr trennen.
Doch kurz bevor sich unsere Hände berührten riss mich ein grauenhafter Schmerz von ihm weg und trieb mich fort
.
Keuchend holte ich Luft und riss die Augen auf. Zwei fremde Männer knieten neben mir. Meine Brust brannte als hätte sie jemand mit Säure begossen. Ich sah mich um, bis auf die Fremden, zierte alle Gesichter totales Entsetzen. Auch sah ich das Embry Tränen über die Wangen liefen. Dann blieb mein Blick an dem Reanimtaionsgerät hängen, welches einer der Männer zur Seite schob und die Paddels daneben legte. Eine Sauerstoffmaske lies meinen Atem nicht so laut klingen, wie er tatsächlich war. Ich war meinem Ziel so nah, doch gab es immer jemanden der mit meinen Entscheidungen nicht leben konnte und alles tat um mich davon abzuhalten. Selbst wenn es eine Qual für mich war. Wie egoistisch waren die Menschen die mich umgaben?
„Können sie mich hören.“ Sprach einer der Männer auf mich ein.
Ich drehte meinen Kopf zu Seite das ich keines der Gesichter mehr sehen musste, kurz nickte ich.
„Wir werden sie mit in Krankenhaus nehmen.“ Redete er leise weiter.
Nein nicht wieder ins Krankenhaus. Schnell fuhr mein Kopf zu ihm herum. Mit rauer Stimme legte ich Widerspruch ein, „Bitte nicht ins Krankenhaus!“
Sam sah die Panik in meinen Augen und mischte sich ein.
Einen der beiden bat er mit ihm das Zimmer zu verlassen, sie verschwanden zur Tür hinaus.
Zögernd trat Embry an das Bett und strich über meine Hand. Sein Blick sprach tausend Entschuldigungen aus, doch konnte ich im verzeihen was er mir antat? Langsam entzog ich ihm meine Hand und legte sie auf meine immer noch schmerzende Brust, auch wandte ich meinen Blick von ihm und drehte meinen Kopf in die andere Richtung.
Der andere Rettungssanitäter legte mir einen Zugang und schloss einen Tropf an. Keine Ahnung was das war, doch wäre ich mit Salzsäure mehr als einverstanden. Dann faselte er etwas davon, das ich total dehydriert wäre und dann kam der Hammer. Er meinte ich wäre Unterernährt. Ungläubig sah ich ihn an, ich hatte nicht das Gefühl das es so schlimm war. Als er mein Oberteil hochzog um meinen Bauch abzutasten, ragten meine Rippen in die Höhe, man hätte ohne Probleme Klavier darauf spielen können und es sah wirklich nicht schön aus.
Sam kam mit dem anderen zurück.
„Du bleibst hier.“ Sein Gesicht sah beruhigt aus und auch ich beruhigte mich.
Sie schlossen mich an sämtliche Monitore an, die hier blieben um mich zu überwachen. Sie wollten jeden Tag jemanden vorbei schicken, der nach mir sah.
Ich hatte keine Ahnung wie Sam das hinbekommen hatte, aber war ich ihm dafür mehr als dankbar. Als sie alles erledigt hatten und meinten das ich stabil sein, packten sie die übrigen Dinge wieder ein und verabschiedeten sich bis morgen.
Mit ihnen verließen auch die anderen das Zimmer. Bis auf Embry, der noch immer schuldbewusst an der Wand lehnte.
Er löschte das grelle Licht und ersetzte es durch den Schein der Nachttischlampe. Welche den Raum in ein orange tauchte, das einen Sonnenuntergang gleich kam. Er schob einen Stuhl ans Bett und nahm Platz, er wagte es nicht sich zu mir zulegen.
Ausdruckslos begegnete ihm mein Blick. Ich konnte ihm ansehen wie seine Gewissen ihn zusetzte. Gut so, warum sollte ich allein leiden, er war es der meine Qualen unnötig in die Länge zog.
Ich fror unglaublich und zog die Decke ein Stück höher. Embry stand auf, holte eine zweite Decke und legte sie wortlos über mich. Selbst wenn ich versuchte auf ihn sauer zu sein, wäre es nicht von Dauer. Uns verband soviel mehr als die anderen und ich war froh das er hier war, wenn ich es auch nur ihm zu verdanken hatte das ich überhaupt noch lebte. Ich hoffte das er irgendwann einsah, wie unerträglich das Leben für mich war und hoffte auf sein Verständnis und seine Gnade.
Diese Nacht flüchtete ich nicht mehr in meine Erinnerung, Embry´s wachsamer Blick wechselte von mir zu den Monitoren, im Sekundentakt.
Ich beobachtete genau sein Gesicht, er war angespannt und stand völlig unter Strom. Wenn er so weiter machte, würde er bald hier liegen.
Ich wollte nicht länger einen Groll gegen ihn hegen, sein Verhalten zeigte mir abgesehen von seinem Egoismus, auch wie sehr er mich liebte und an mir hin. Versöhnlich hielt ich ihm meine Hand entgegen, erleichtert ergriff er sie.
Langsam zog ich ihn aufs Bett und er nahm seine gewohnte Position ein. Ohne ihn würde es mir schwerfallen Schlaf zu finden. Ich betrachtete seine Hände, sie waren nicht so groß wie Jake´s. Auch waren sie viel weicher, fast feminin. Dann legte ich meine in seine und er umschloss sie. Sachte führte ich sie zu meinen Lippen und küsste sie. Müde lies ich meinen Kopf an seiner Schulter Ruhe finden und schloss die Augen. Ich konnte fühlen wie seine Anspannung wich. Für den Moment herrschte Waffenstillstand, doch würde er beim nächsten mal, wieder mein Leben verteidigen, wie eine Wölfin ihr Junges. Einen Freund wie ihn, konnte man sich nur wünschen, wenn nicht unbedingte die Absichten hatte, denen ich nach jagte.

Chapter 10



Chapter 10

Immer wieder döste ich weg, doch gelang es mir nicht völlig in den Schlaf zu tauchen. Es hatte den Anschein, als ginge es Embry nicht anders. Egal welches von den unzähligen Malen, die ich ihn ansah, waren seine Augen geöffnet. Auch begegneten sich unsere Blicke öfters und er strich mir sanft über die Wange. Er sah schrecklich müde aus, doch hielt er Wache an meinem Herzen. Um bei der kleinsten Unregelmäßigkeit Alarm zu schlagen. Doch gab ich ihm diese Nacht keinen weiteren Anlass dazu.

Die Infusionen wirkten und ließen mich nicht mehr apathisch dahin leiden.
Jetzt bekam ich wieder voll mit was meinen Lebensmut in einen Hauch von Nichts verwandelte. Gedankenverloren starrte ich auf unsere Hände, dessen Finger ineinander verschränkt waren. Es war ein beruhigendes Bild. Vorsichtig strich ich darüber, ich sah Embry an. Der lächelnd meinem Finger folgte,der über seine Hand fuhr. Dann sah er mich an. Seine Augen hatten die selbe Tiefe wie Jake´s. Ich lehnte meine Stirn an seine und schloss die Augen.
Gott hatte mir zwei Engel geschickt, doch konnte er auf den einen nicht verzichten und rief ihn vor Ablauf seiner Zeit wieder zu sich. Ich holte tief Luft, wenn ich gekonnt hätte, hätte ich geweint. Doch war es als wäre mein Vorrat an Tränen für ein Leben aufgebraucht. Es tat einfach nur weh.

Die Sonne bahnte sich ihren Weg, langsam wurde es heller. Der Himmel war wolkenlos und die Luft schien klar.

Jetzt kämpfte Embry gegen seine schweren Lider, immer wieder fiel sein Kopf zur Seite, was ihn aufschrecken ließ.
Ich setzte meine Geheimwaffe ein, die jedem binnen Sekunden in den Schlaf half. Ich drehte mich zu ihm, legte mich auf die Seite und begann langsam seinen Kopf und sein Gesicht zu streicheln. Zufrieden seufzte er und lehnte seinen Kopf an das Kissen, seine Augen waren geschlossen. Kurz drauf war sein Gesicht entspannt, sein gleichmäßiger Atem ließ mich wissen dass Schlaf ihn erlöste.
Eine Zeit sah ich ihm zu wie er schlief, rhythmisch hob und senkte sich seine Brust.

Vorsichtig wurde die Tür geöffnet und Sam sah herein.
Ich legte einen Finger auf meine Lippen, um ihm zu signalisieren das er möglichst leise sein sollte. Er trat ein und hockte sich neben das Bett, leise flüsterte er, „Wie geht es dir?“
Ich schüttelte nur den Kopf und sah zu Boden.
Er tätschelte meine Hand, „Doch solltest du etwas essen und auf jeden Fall was trinken, damit so etwas wie gestern nie wieder passiert!“ Sein Blick hätte vorwurfsvoller nicht sein können.
Wenn es mir auch noch so widerstrebte, käme ich gegen ihn nicht an. Er strahlte eine Autorität aus, die ich bevor ich hier herkam, nicht kannte . Gequält sah ich ihn an und nickte.
„Bin gleich wieder da“, noch ehe er seinen Satz beendet hatte war er aus der Zimmertür.
Ich drehte mich wieder zu Embry, der mittlerweile leise schnarchte.
Keine fünf Minuten später kam Sam zurück und hatte Jared und Emily im Schlepptau. Auf einem Tablett, welches er auf seiner Hand balancierte, war alles nur Erdenkliche was es zum Frühstück hätte geben können und mir stieg der Duft von Kaffee in die Nase. Kaffee war etwas womit ich mich anfreunden könnte. Emily setzte sich auf die Bettkante und schenkte mir ein Lächeln.
Jared stand auf der anderen Seite des Bettes und sah Embry ungläubig an, wie er schnarchend da lag, er bekam von alledem nichts mit.
„Hast du die Nacht überhaupt ein Auge zu bekommen?“ Scherzte Jared und war im begriff Embry die Nase zu zuhalten. Doch konnte ich ihn von seinem Vorhaben abbringen. Liebevoll ruhte mein Blick auf Embry. „Er war die ganze Nacht wach und ist erst vorhin eingeschlafen.“
Sam schob sich einen Stuhl ans Bett, sie warteten das ich anfing zu essen. Wie gemütlich, Essen unter Beobachtung. Emily reichte mir den Kaffee und er war richtig gut.
Ein Klopfen an der Haustür veranlasste Sam seinen Wachposten aufzugeben, doch kurz drauf war er mit dem Arzt der letzten Nacht wieder da.
„Guten Morgen.“ Begrüßte er uns. „Wie geht es Ihnen?“ Erkundigte er sich und trat näher.
„Ich lebe.“ Beantwortete ich knapp seine Frage, doch klang es wie ein Vorwurf.
Er hatte ein tragbares EKG-Gerät in der Hand, das auch direkt zum Einsatz kam. Emily und Jared verließen das Zimmer, doch Sam blieb.
Nach dem ich mein Oberteil ausgezogen hatte, wurde ich verkabelt.
Der Arzt musterte meine noch ziemlich frische Narbe. „Was ist da passiert?“ Fragte er und tastete darauf herum.
Sam´s Augen wurden groß, er hatte sie vorher noch nicht gesehen. Auch wusste er nicht woher sie stammte.
„Jemand hat versucht mir mein Herz herauszureißen.“ Ausdruckslos sah ich ihn an.
Ungläubig beäugte er mich. „Wer auch immer Sie wieder zusammengeflickt hat, hat gut Arbeit geleistet.“
Ein Hoch auf meine Lebensretter dachte ich zynisch, doch sprach ich es nicht aus.
Sam´s Blick ließ mich Wissen dass ich ihm noch eine Erklärung schuldig wäre.

Das EKG ratterte vor sich hin, dann drangsalierte er mich mit sämtlichen neurologischen Untersuchung und nahm mir Blut ab. Er schloss eine neue Infusion an, mit der Anordnung wenn sie durchgelaufen wäre, könnte sie entfernt werden.
Einen prüfenden Blick auf die Auswertung des EKG´s ließ ihn zufrieden aussehen.
„Soweit so gut, wenn Sie sonst keine Beschwerden haben würde ich sagen wir sehen uns morgen.“
Und was für Beschwerden ich hatte, meine Liebe wurde vor gar nicht all zu langer Zeit vor meinen Augen erschossen, ich wollte ihm folgen doch zum Glück gab es Ärzte die es nicht zuließen, ich habe das Gefühl meine Seele und mein Herz sind zerfetzt und es frisst mich auf, gibt es da auch ein Mittelchen gegen?
Sarkastisch lachte ich, „Ich lebe, dass muss reichen!“
Irritiert sah er mich an und fing an seine Sachen zusammen zu räumen. Sam strafte mich mit Blicken.
Der Doc verabschiedete sich und Sam begleitete ihn raus.
Mittlerweile schnarchte Embry so laut wie ein Sägewerk, wieder drehte ich mir zu ihm und fragte mich wie man so einen Krach machen konnte, wenn man schlief.

Ich streichelte über seine Hand und hoffte es würde die Lautstärke regulieren. Aber falsch gedacht. Dann schnippte ich vor seine Schulter und tat, als würde ich schlafen. Das Schnarchen verstummte und er drehte sich zu mir und schloss seine Arme um mich. Etwas näher robbte ich an ihn und ließ die Augen schlossen. So konnte ich die Erklärung, die Sam sonst eingefordert hätte, noch ein bisschen aufschieben.

Embry´s Wärme jagte mir eine wohlige Gänsehaut über den Rücken, er war wie eine riesige Wärmflasche.
Es dauerte nicht lange und seine Atmung war rhythmisch wie zuvor. Es klang wie eine Melodie, die ewig währen sollte.

Als ich wach wurde war ich allein, ein ungutes Gefühl stieg in mir hoch, panisch sah ich mich um.
„Em......Embry?“ Noch flüsterte ich, doch mit jedem Wort wurde meine Stimme lauter. Mich plagten grauenhafte Verlassensängste.
Ich war kurz davor mich von sämtlichen Kabeln und Schläuchen zu befreien, als die Tür geöffnet wurde. Mit aufgerissenen Augen starrte ich zur selbigen. Doch war es nicht der, nach dem ich verlangte, es war Jared.
„Wo ist er?“ Flüsterte ich heiser.
„Er steht unter der Dusche, ich konnte ihn grade noch da noch davon abhalten, triefnass und nur im Handtuch hier aufzutauchen.“
Jared konnte es leider nicht nachvollziehen wie lebenswichtig Embry für mich war.
Jake war meine Droge, die ich nie wieder bekommen würde und Embry war das Morphin, das es erträglich machte und die Entziehungser-scheinungen nicht ganz so schmerzhaft waren.

Meine Hände zitterten und meine innere Unruhe kehrte zurück. Ich hibbelte im Bett hin und her. Auch wenn Jared mir Gesellschaft leistete, blieb das ungute Gefühl. Er war ziemlich reserviert und sah mich oft mit einem Blick an, den ich nicht deuten konnte. Es war als würde er mir unbewusst die Schuld für Jake´s Tod anlasten.

Sam löste ihn ab und ich wusste, was mich erwartete. Er nahm neben mir auf dem Bett Platz und sah mich an. Ich sah auf meine Hände und friemelte nervös an der Bettdecke herum.
„Una.“ Seine Stimme klang verständnisvoll. „Erzähl mir was passiert ist.“
Warum ließ er mich das noch mal durchmachen?
Mit seiner Hand hob er mein Gesicht, damit ich ihn ansah. Allein der Gedanke an das Geschehene schüttelte mich.
„Ich wollte nicht ohne ihn sein“, begann ich.
„War es dein Versuch das alles zu beenden?“ Er nahm meine Hand und wieder wünschte ich mir, es wäre damals erfolgreicher für mich verlaufen.
Nur jetzt musste ich mit meinem Wissen leben.
Dann sagte er etwas womit ich nicht gerechnet hätte.
„Ich kann dich verstehen. Auch für mich wäre es eine nicht schulterbare Last, wenn ich ohne Emily leben sollte.“

Überrascht ruhte mein Blick auf ihm, nie hätte ich mit so einem Zugeständnis gerechnet. Sollten seine Worte mir meinen ersehnten Weg bereiten? Doch so wie er es aussprach und mir Hoffnung schenkte, zerstörte er sie im Handumdrehen.
„Aber gibt es hier mehr als einen Menschen der dich liebt und zum Leben braucht.“
Ohne das er weitersprach, wusste ich dass es Embry das Herz brechen würde , wenn ich zu Ende brachte was ich einst erfolglos begann. Es reichte aus, dass es mein Herz war, welches wegen mir sein Leben einbüßte. Ich wollte nicht noch jemanden den ich liebte in die Verzweiflung treiben. Schmerzendes Wimmern sollte der Soundtrack meines Lebens sein, ich sollte mich damit abfinden.

Nickend sah ich Sam an, ich wusste das er Recht hatte.
„Was ist mit deinen Eltern? Wissen sie wo du bist?“
„Sie denken ich bin zur Reha.“
Mit meinem wieder erlangtem Wissen war mir klar, das ich sie alle einer unberechenbaren Gefahr aussetzte.
Überlegend nickte Sam.
Embry steckte grinsend seinen Kopf durch die Tür und beendete somit unsere kleine Unterredung.
„Da bin ich wieder.“
Ich war überglücklich als ich ihn sah, es war als würde die Sonne durch dunkle Gewitterwolken brechen und prophezeien, dass nach jedem Sturm wieder Ruhe und Frieden einkehrte.
„Ich wünsche dir eine gute Nacht.“ Sam küsste meine Stirn. Als er an Embry vorbei zur Tür ging, legte er eine Hand auf seine Schulter, dann verschwand er.

Embry lächelte, er sah fast fröhlich aus. Er setzte sich zu mir. Seine Haare waren noch nass und er roch unbeschreiblich gut. Ich schloss die Augen und sog seinen Duft ein. Als ich mit meiner Nase fast auf seiner Brust hing, fing er an zu kichern.
„Ich bin unglaublich dankbar das ich dich hab.“ Mit diesen Worten erstickte ich sein Lachen. Sein Blick wandelte sich von fröhlich zu liebevoll. Ich umschloss seine Mitte und legte meinen Kopf an ihn.
„Meine kleine Große.“ Flüsterte er und erwiderte meine Umarmung. Eine Zeit saßen wir da und er hielt mich fest.
„Was hältst du von einem Abend voller Normalität?“ Fragte er und ließ mich überrascht aufsehen.
Normal? War mein Leben jemals normal?
Doch war ich gerne bereit es mir von Embry nahe bringen zulassen.
„Okay, und wie sähe das aus?“
„Ich hab uns einen Film mitgebracht und ich kann 1a- Nudeln kochen.“ Da war das Lachen wieder und es war ansteckend.
„Was meinst du?“
„Wir sollten es versuchen“, ich lächelte zurück und es fiel mir noch ziemlich schwer.
Bei allem, was Embry tat, beeilte er sich. Damit ich nie lange ohne ihn sein musste. Er versuchte mich abzulenken, so gut es in dieser Situation ging.
Der Film begann und wir saßen im Bett und aßen Nudeln. Es hatte wirklich schon fast etwas Spießiges.

Die Nacht verlief ruhig und ohne besondere Vorkommnisse. Ich saß mit Embry im Bett, als die Tür sich öffnete und der Doc zu seiner täglichen Visite vorbei schaute.
Nachdem er mich wieder einmal gründlich untersucht hatte, kam er zu dem Entschluss, dass es mir soweit wieder gut ging und die Monitore und Infusionen, nicht mehr nötig wären. Ich war erleichtert und auch Embry schien ein Stein vom Herzen zufallen.
Nachdem der Doc alles eingepackt und verstaut hatte, war er im Begriff zu gehen und ich freute mich wie ein kleines Kind auf eine heiße Dusche.
Emily hatte mich die letzten Tage mit frischen Klamotten versorgt, doch war es an der Zeit auf eine kleine Stippvisite in das Ferienhaus zurück zukehren.
Embry war der Meinung dass der Weg dorthin zu weit für mich wäre und bestand darauf, mich mit dem Motorrad zu fahren.
Sam und Emily wäre es lieber gewesen, wenn ich damit noch ein paar Tage gewartet hätte, um ganz sicher zu gehen dass ich nicht wieder zusammenklappte. Doch mit dem Okay des Doc hielt mich nichts mehr im Bett.

Ich stand im Wohnzimmer und zog meine Jacke an. Embry hatte seinen Helm schon auf und wartete auf mich.
Bevor wir uns verabschiedeten fragte Sam ob wir etwas aus Port Angeles brauchten, da auch er und Emily gleich aufbrechen wollte. Wir verneinten und traten zur Tür hinaus.
Die Luft war nicht so kalt, wie die Tage zuvor. Ehe Embry die Maschine anwarf sah er mich an, „Ist alles klar?“
Überrascht sah ich ihn an, gab ich ihm wieder einmal Anlass sich zu sorgen?
„Mir geht’s gut.“ Bölkte ich durch meinen Helm. An seinen Augen sah ich wie er grinste. Ich nahm hinter ihm Platz und er warf die Maschine an. Die mit einem Donnern antwortete.
Da wir nicht am Strand entlang fahren konnten, mussten wir einen kleinen Umweg in Kauf nehmen. Der Fahrtwind war eisig, ich verkleinerte den Abstand zu ihm und schmiegte mich an seinen Rücken. Trotz der Kälte, hätte ich in dem Moment Hunderte von Kilometern mit ihm zurücklegen können. Einfach nur fahren, die Welt vorbeiziehen lassen und an nichts denken.

Doch nach viel zu kurzer Zeit hatten wir unser Ziel erreicht, Embry hielt vor dem Haus und wir stiegen ab. Als er den Helm abnahm, sah ich sein überraschtes Gesicht, „Das nenn' ich mal schick.“
„Es ist nur ein Haus.“ Spielte ich es herunter, dann schloss ich auf.
Er sah sich um, ich lief ins Schlafzimmer holte ein paar Klamotten aus dem Schrank und ging duschen. Vorher packte ich noch einige Sachen ein, damit wir nicht laufend hierher fahren müssten

Nachdem ich in neuer Frische die Treppe zum Wohnzimmer hinunterging, hörte ich, dass Embry den Fernseher an hatte, um sich die Wartezeit zu verkürzen.
Er drehte seinen Kopf zu mir und schenkte mir ein Lächeln, „Du siehst gut aus.“
„Danke“, grinste ich zurück und nahm neben ihm Platz.
„Sollen wir wieder zurück?“ Fragte ich, bei ihnen fühlte ich mich am sichersten.
„Klar, es sein denn du möchtest noch woanders hin.“ Sein Blick wurde schwermütig.
Ich wusste, was er meinte. „Du hast Recht, bring' mich zu ihm.“
Er streichelte meine Hand, dann standen wir auf und zogen unsere Jacken an. Ich schnappte mir den Rucksack mit meinen Klamotten und wir gingen zur Maschine.
Von hier bis zum Friedhof war es nur ein kurzes Stück. Mit jedem gefahrenen Meter wurde mein Herz schwerer, doch wusste ich dass es dazu gehörte. Wenn ich weiter leben sollte musste ich mich dem stellen und in irgendeiner kranken Weise versuchen Abschied zu nehmen.
Was ich aber bis jetzt immer noch nicht für möglich hielt, doch irgendwann musste ich diesen Schritt wagen.
Auch hätte ich mir niemand anderen an meine Seite gewünscht, der mir beistand und mir Kraft gab.
Er hielt vor dem kleinen eisernen Tor. Wir legten die Helme auf den Sitz, Embry sah mich an. „Soll ich mitkommen oder möchtest du lieber allein gehen?“
Soweit war ich noch nicht, das ich diesen Schmerz allein tragen konnte.
„Kommt mit, bitte.“
Verständnisvoll nickte er und ging als erster durch das Tor. Ich haderte mit mir, ich war hin und her gerissen. Doch Embry streckte mir seine Hand entgegen und machte mir diesen Schritt damit leichter. Ich ergriff sie und ging langsam hinter ihm her. Es war, als suchte ich hinter ihm Schutz, als wollte ich mich vor der Wahrheit verstecken und er sollte mich davor beschützen. Er blieb stehen, ich sah zu Boden und versuchte stark zu sein.

Embry legte seinen Arm um mich, mit geschlossenen Augen hob ich den Kopf. Mein Magen rebellierte und mein Herz raste wie nie zuvor. Ich rechnete mit dem Schlimmsten, dass es mir den Boden unter den Füßen wegriss. Langsam öffnete ich die Augen und las seinen Namen.

Es traf mich nach wie vor hart, doch zwang es mich nicht mehr in die Knie. Die unertragbare Leere füllte mich mehr und mehr aus, doch ich hielt ihr stand. Es war nicht diese erschreckende Ungewissheit, ich wusste, an wessen Grab ich stehen würde, wenn ich diesen Weg ging. Es war schmerzhaft und quälend, aber ich hielt durch.

Embry schluckte hart.

Chapter 11



Chapter 11


Er sah wie es mich leiden ließ und wieder einmal hätte er mir nur zu gern etwas von meiner Last abgenommen. Lange standen wir schweigend vor Jake´s Grab. Ich konnte es mir nicht vorstellen dass er hier sein sollte, es war unbegreiflich für mich. Doch sollte ich mir die Zeit geben, die es brauchte so etwas zu verstehen.
Langsam drehte ich meinen Kopf und sah Embry an, sein Blick ruhte traurig auf dem Grab vor uns. In diesem Moment entschied ich mich für das Leben, wenn auch immer ich den Wunsch verspürte, Jake zu folgen. So war es doch Embry´s Liebe, die mich hier hielt und mir Glauben schenkte, dass die Zeit die Wunden heilen ließe. Es würde niemals gut werden, doch hoffte ich, besser.
Ohne ein Wort wandte ich mich zum Gehen, Embry folgte mir. Ich stand vor dem Motorrad, war im Begriff, den Helm aufzusetzen und unsere Blicke begegneten sich. Er tat einen Schritt auf mich zu und umarmte mich. Tief holte ich Luft und kämpfte wieder einmal vergebens gegen die Tränen, die wie Säure brannten und heiß über meine Wangen liefen.
„Ich liebe dich, meine Kleine.“ Flüsterte er.
„Ich weiß.......“ Schluchzte ich.
Unsere Umarmung lockerte sich, er nahm Platz und ich setzte mich hinter ihn. Mit einer Hand griff ich in meinen Helm und versuchte die Tränen zu trocknen. Vorsichtig fuhr Embry an und er bahnte sich einen Weg auf die Straße. Meine Gedanken blieben noch für einen Moment bei Jake, ich hoffte, dass wenn irgendwann meine Zeit gekommen sei, ich neben ihm meine ewige Ruhe finden würde. Wenn er jetzt nicht bei mir sein konnte, dann wenigstens für die Ewigkeit.
Ich hatte meine Arme um Embry geschlungen und merkte wie sein Handy vibrierte. Doch unbeeindruckt setzte er seinen Weg fort und wir fuhren nach Hause.

Ich setzte den Helm ab und war noch vor Embry im Haus. Zitternd hielt ich meine kalten Hände über die Heizung und wartete dass das Gefühl zurück kehrte. Ich legte meinen Kopf in den Nacken und sah ihn an, er hauchte mir einen Kuss auf die Stirn und ging in die Küche. Kribbelnd kehrte das Gefühl zurück in meine Finger, wieder vernahm ich das brummende Vibrieren von Embry´s Handy. Dieses Mal ging er ran. „Hey Sam, was gibt’ s?“
Wartend sah ich an. Er drehte sich in meine Richtung und seine Augen weiteten sich ängstlich. Seine Stimme klang ungläubig und es hörte sich fast panisch an. „Bist du dir wirklich ganz sicher? Okay, ja, sind schon weg!“
Er warf das Handy auf den Tisch und drehte auf der Hacke um. Verwundert sah ich ihn an und er kam schnellen Schrittes auf mich zu, packte meinen Arm und zog mich hinter sich her.
„Was ist passiert?“ Hakte ich nach. Doch bekam ich keine Antwort.
„Embry? Was wollte Sam?“ Auch dieser Versuch entlockte ihm nichts und er zog mich zur Tür hinaus zurück zum Motorrad. Langsam aber sicher wurde ich wütend. Er warf die Maschine wieder an und setzte sich.
„Una, kommst du bitte.“ Er klang so ernst und seine Stimme war ungewohnt hart.
Ich verschränkte die Arme vor der Brust. „Wenn du mir sagst, was los ist und warum fahren wir ohne Helme?“
„Dafür ist jetzt keine Zeit, diskutier' nicht, steig' auf!“ Er fauchte mich regelrecht an.
Erschrocken über seinen Tonfall sah ich ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an und wartete. Nervös hibbelte er mit einem Bein auf und ab. „Es ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt seinen Dickschädel durchzusetzen!“
„Sag mir was Sache ist, dann folge ich dir bis an das Ende der Welt.“ Meine ruhige Stimme spiegelte nicht die Verwirrung in meinem Inneren wieder. Geräuschvoll atmete er aus und ließ den Kopf hängen, er kannte mich und wusste, dass er mich nur auf das Motorrad bekäme, wenn er mir sagte was ihn so schrecklich beunruhigte.
„Sam hat grade deinen Dad gesehen, er ist an ihnen vorbei gefahren. Er ist auf dem Weg hierher!“
Mit offenem Mund starrte ich Embry an. Wenn mein Dad wusste, dass ich hier war, wusste er auch, dass ich meine Erinnerungen wieder hatte.

„Ach du Scheiße!“ Entfuhr es mir. Mit einem Satz saß ich hinter Embry, der in dem Moment, als ich saß, soviel Gas gab, dass ich fast hinten wieder runter gerutscht wäre. Er verlangte dem Motorrad alles ab. Der Wind pfiff uns eisig um die Ohren und trieb mir Tränen in die Augen, dass ich alles nur noch verschwommen wahrnahm. Altbekannte Angst stieg in mir hoch und ließ mich kaum atmen. Es gab hier nur eine Straße, die aus La Push hinaus führte und wir mussten schnell genug an die rettende Kreuzung kommen, um meinem Dad nicht genau entgegen zu fahren.
Ich kauerte hinter Embry, der Wind ließ nicht zu, dass ich über seine Schulter nach vorne sah, ich wusste nicht wie er das aushielt. Dann merkte ich, wie er verkrampfte und sah zur Seite, auf der anderen Fahrbahn schoss ein Auto mit einer sagenhaften Geschwindigkeit an uns vorbei. Um dann mit quietschenden Reifen zu bremsen. Es ließ mich wissen, das wir nicht schnell genug waren. Ich sah zurück und der Wagen wendete und fuhr mit quietschenden Reifen los. Er holte so schnell auf, dass ich in kürzester Zeit das wütenden Gesicht von Nathan hinter dem Steuer sah. Der wie wild auf die Hupe drückte, doch raste Embry unbeirrt weiter.
Leider war der Bentley schneller als das Motorrad und er raste neben uns, auf der Fahrbahn des Gegenverkehrs. Er wollte dass wir anhielten, doch würde Embry sich darauf nicht einlassen, er wusste zu was Nathan in der Lage war. Eine kleine Narbe unter Embry´s Auge, erzählte noch immer von dem Besuch der Schläger, die Phyllis und Nathan einst schickten. Um ihr Eigentum zurück zu fordern. Mich. Das Nathan wahnsinnig war, verriet sein Blick und es schien ihm egal zu sein, wie sehr er uns in Gefahr brachte. Plötzlich riss Nathan das Lenkrad herum, da ihm jemand entgegen kam und drängte uns von der Straße. Embry ging so in die Eisen, dass ich gegen ihn gepresst wurde, das Motorrad schlitterte und Embry verlor die Kontrolle. Es schlug auf die Seite und wir rutschten noch einige Meter auf der Seite liegend weiter. Ich merkte wie meine Jeans durch die Reibung dünner wurde und es grauenhaft anfing zu schmerzen, auch bohrte sich die Pedale in meinen Unterschenkel. Doch umklammerte ich einfach nur Embry und versuchte, nicht laut loszuschreien. Es dauerte nur Sekunden bis die Maschine zum Stillstand kam, doch fühlte es sich unendlich lange an. Ich brauchte einen Moment, um sicher zu gehen, dass das grade wirkliche geschehen war. Embry´s Kopf lag auf dem harten Asphalt. „Embry.“ Flüsterte ich. Doch es kam keine Reaktion. Meine Stimme wurde lauter, „Embry!“ Ich schüttelte ihn. Ein leises Stöhnen drang zu mir nach hinten. „Ist alles okay? Hast du dich verletzt?“ Er drehte sich mit dem Oberkörper zu mir. „Ne, ich glaube nicht.“ Stöhnte er wieder. Mir fiel ein Stein vom Herzen dass er lebte. Doch waren wir noch lange nicht in Sicherheit.
Ich verdrehte mir den Kopf und suchte Nathan. Der wutschnaubend auf uns zustapfte. Das Motorrad war so schwer das ich mich und Embry nicht schnell genug befreien konnte. Noch ein paar Schritte, dann hatte Nathan uns erreicht. Panisch sah ihn an, er packte meinen Arm und versuchte mich unter der Maschine wegzureißen. Was aber nicht möglich war da, so wie es sich anfühlte, die Pedale sich in mein Bein gebohrt hatte. Ich schrie auf und kniff die Augen zusammen. Doch völlig unbeeindruckt riss er weiter an mir. Jetzt war Embry wieder so weit klar dass er aufsprang und das Motorrad vorsichtig anhob. Ich dachte, ich würde mit meinem Geschrei den Himmel zum Einsturz bringen. Stoßweise atmete ich aus, damit der Schmerz auszuhalten war. Embry ließ das Motorrad auf die andere Seite fallen und wollte sich Nathan vorknöpfen. Es war ein wildes Handgemenge. Nathan ließ von mir ab und Embry half mir auf die Beine. Einen Arm um seine Nacken geschlungen stand ich neben ihm und hatte mein Bein, an dem das Blut nur so herunterlief, angewinkelt. Als ich Nathan rasend vor Wut, vor uns stehen sah, führt mir eine Erinnerung lebhaft vor Augen, dass diese Situation mich schon mal in unsagbares Leid stürzte.
„MÖRDER!“ Schrie ich ihm entgegen.
„Ach, das Prinzesschen erinnert sich wieder,“ Lachte er hämisch. Ich schüttelte fassungslos den Kopf.
„Kaum ist der eine unter der Erde, haste schon den Nächsten! Wie geschmacklos. Aber so wie es aussieht, bleibst du ja in der Familie.“ Gespielt angewidert sah er uns an. Ich wünschte, ich könnte laufen, dann hätte er sich warm anziehen können, so ertrug ich seinen Spott, ohne dass ich mich wehren konnte.
„Hier hat sie wenigsten Familie!“ Mischte Embry sich ein und traf voll ins Schwarze. Hasserfüllt richtete Nathan seinen Blick auf ihn. Ich sah Nathan an, dass er kurz vor dem Platzen stand. Es war hart wenn einen die Wahrheit traf und mit Wiederworten konnte er noch nie umgehen. Sein Gesicht wurde dunkelrot und ich wartete nur darauf, das Qualm aus seinen Ohren stieg.
Seine Hand wanderte in seine Jackentasche und was da zum Vorschein kam, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Es war derselbe Revolver, der Jake und anschließend mich niederstreckte.
„So redest du nicht mit mir.“ Zischte er Embry an, vor Wut zitternd richtete er die Waffe auf ihn.
Jake´s letzte Minuten wurde mir lebendig ins Gedächtnis gerufen und ich wusste das Nathan nicht lange zögern würde. Ich trat auf mein blutendes Bein und schwang mich mit einer Bewegung vor Embry, ich sah in seine rehbraunen Augen, die vor Schreck aufgerissen waren. Das mir bekannte metallische Knacken, verbunden mit einem tödlichen Knall, dröhnte in meinen Ohren. Mit Wucht wurde ich gegen Embry gedrückt, der noch versuchte, schützend seine Arme vor mich zuhalten. Ein brennender Schmerz machte das Atmen nahezu unmöglich. Meine Beine gaben nach, doch hielt Embry mich fest. Entsetzt sah er mich an. Er ging in die Knie und hielt mich in seinen Armen. Er schüttelte ungläubig den Kopf und seine Augen füllten sich mit Tränen.
„Ich liebe dich, mein Bruder.“ Keuchte ich leise, das Atmen fiel mir unglaublich schwer. Es war, als würden meine Lungen mit Wasser gefüllt. „Ich liebe dich mehr, Schwesterherz.“ Weinte er leise und küsste zum Abschied meine Stirn. Der Schmerz trat in den Hintergrund, alles was ich sah waren seine Augen, die untröstlich um mich weinten. Ich merkte, wie sich alles entfernte und sich beruhigende Dunkelheit auf mich legte.

Dieses Mal hatte ich Gewissheit. Sterben war friedlich.


**** Embry´s Ende****

Ihre Lider flatterten und ich fühlte wie sie das Leben verließ. Sie war an ihrem Ziel angekommen, dem sie wie wild hinterherjagte. Ich vergrub mein Gesicht an ihren Haaren und das Schluchzen schüttelte mich. Sie hatte ihren Mut wieder gefunden und hatte es in Erwägung gezogen neu anzufangen. Wie ungerecht das Leben war.
Doch hatte ich Gewissheit, dass sie jetzt bei Jake war. Ihr Gesicht hatte den Ausdruck völligen Friedens. Das Leid, die Qualen und Schmerzen waren wie weggewischt. Jetzt sah sie wieder so aus, wie zu der Zeit, als sie mit Jake glücklich war. Sie war frei.
Befreit von ihrem Leid, flatterte ihre kleine Seele in Jake´s starke Arme. Dort war sie sicher und beschützt. Sie war, dort wo sie hingehörte und wo sie sich unbändig hinsehnte.
Ihre kleine Hand glitt aus meiner, jetzt wusste ich wie sie fühlte. Wie quälend die letzten Tage für sie waren, wenn das Herz an einem anderen, unerreichbaren Ort war.
Meine Tränen schienen unerschöpflich und ein letztes Mal drückte ich sie an mich. Ich dankte ihr, für ihre Kraft, für ihren Mut, ihr Sein. Sie war meine kleine Kämpferin, die es so unsagbar schwer im Leben hatte. Doch hatte sie gekämpft, mir zuliebe. Sie bewies wahre Größe und rettete mein Leben, ohne einen Moment des Zögerns. Auf ewig stand ich in ihrer Schuld, doch würde ich nie die Gelegenheit bekommen, es wieder gut zumachen.

Geliebtes Schwesterherz,
wo auch immer du bist, wünsche ich dir Frieden.
Schmerzlich wird eine kleine Wunde auf ewig in meinen Herzen klaffen, bis ich dir irgendwann wieder gegenüberstehe.
Ich liebe dich!

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 08.11.2011

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