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Die leise Brise ließ mich frösteln und automatisch kuschelte ich mein Kinn in den Schal. Trotz der ersten Sonnenstrahlen in diesem Frühjahr ließ es sich nicht vermeiden mit Schal und Handschuhen aus dem Haus zu gehen. Für einen Moment schloss ich einfach die Augen und genoss den Moment mit den warmen Fühlern der Sonne auf meinem Gesicht. Der Schotter, der unter meinen Schuhsohlen fröhlich aufseufzte und selbst die Sonne genoss hatte trotz alledem einen eigenartigen Klang. Es war ungewohnt nicht mehr den Schnee unter den Füßen knirschen zu hören. Für einen Moment stellte ich mir vor die warme Sommerwiese zwischen meinen Zehen zu spüren.
Langsam ging ich weiter und ließ meinen Blick durch die Gegend schweifen, nicht wissend, wonach ich ausschau hielt. Es war alles so merkwürdig, die Sonne, welche die von der Zeit geprägten Steine noch einmal erleuchten ließ wirkte fehl am Platz. Die seltsamen Schatten, die sich bildeten machten es noch absurder. Gänsehaut bildete sich unter meiner dicken Jacke auf meinen Armen. Ich hatte das Gefühl, als wollten Geister nach mir greifen, doch entwich ich ihnen immer wieder. Wie, als versuche man Wasser mit gespreizten Fingern zu trinken.
Vor einem weißen Stein blieb ich stehen, es war Zufall. Martina Tschernorwskié. Ich versuchte mir eine Person vorzustellen, welche zu diesem Namen passen würde. Eine junge Frau mit wilden Locken lächelte mich vor meinem geistigen Auge an. Alte Erinnerungen hingen in der Luft, der Wind ließ mich das Lachen von Martina hören. Erschöpft schloss ich die Augen, ließ mich fallen und von dem Moment gefangen nehmen. Geblendet von den Sonnenstrahlen und der reinheit des Steines blinzelte ich ein paar mal und es kam mir so vor, als würde der Stein versuchen mit seinem strahlenden Weiß die Trauer zu vertreiben. Mit der Zeit aber wurden sie schwächer und ihr Glanz ließ nach.
Mein Weg war ohne Ziel. Der Weg war das Ziel. Das Ziel war mein Weg. Was auch immer mich trieb, es war voller Ruhe und auch Ausgeglichenheit. Doch ließ mich das Gefühl von vergangenem, welches in der Luft hing, nicht los. Es krallte sich mit einer eisigen Brise an meiner Kleidung und jeden Zentimeter meines Körpers fest. Die Bäume passten zu dem Bild, welches sich mir hier bot. Sie schienen die Erinnerungen und Seelen hier an diesem Ort verweilen, sorgten dafür, dass nichts abhanden kam. Es war absurd, denn die Tränen der Menschen brachten die Blüten zum leuchten. Sie versuchten uns Hoffnung zu geben, für die, die sie schon längst verloren hatten.
Ich fühlte mich gefangen. Gefangen zwischen zwei Welten, nicht wissend zu welcher ich hingehörte. Es war ein magischer Ort, der unglaublich absurd war und zeitgleich mich immer mehr zu faszinieren schien. Ich war gefangen im Bann dieser Welten, dabei wusste ich noch nicht einmal was sich hinter den glänzenden Blasen befand. Denn erst hinter der Tür würde ich das ganze Ausmaß dieser Schönheit, welche gleichzeitig einfach nur grausam war, erblicken. Ich wollte weg. Ich wollte hier für immer verweilen. Mein Platz war hier und woanders. Wo war ich? Wo sollte ich hin?
Mir wurde klar, dass es hier nicht um mich ging, sondern um die Seelen und Erinnerungen, welche hier endlich ihre Ruhe finden sollten.

Impressum

Texte: Der Text unterliegen jeweils unter meinem Copyright, somit ist Kopieren & Verwenden strengstens untersagt, solange ich es nicht erlaube
Tag der Veröffentlichung: 20.03.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
für alle verstobenen & deren Seelen.

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