Cover

Mit 14 dachte ich, mit einem Freund kann man die schönen Geheimnisse des Lebens teilen. Und mit dem ersten richtigen Freund erst recht. Und so spazierten wir durch meinen Wald, der sich an den Stadtrand anschloss, Hand in Hand. Das Wetter hätte nicht besser sein können, die Sonne warf ein Fleckenmuster auf den Waldboden, die Luft war warm und es wehte eine kleine Prise. Ich kannte den Wald wie meine Westentasche und dirigierte Peter ab dem vom Blitz getroffenem Baum durch die Büsche. Endlich bog ich die letzten Holunderbüsche zur Seite und wir waren bei meiner Wiese angekommen. Die kleine versteckte Lichtung war voller summen und brummen und vom kleinen Tümpel an der Seite quakten die Frösche. Erwartungsvoll schaute ich Peter an.
"Da hast du dir ja ein lauschiges Plätzchen ausgesucht"
Ich legte die Decke ins Gras und ließ mich auf sie fallen. Ich roch diese herrliche blütenduftgetränkte Luft, hörte das beruhigende Summen der Insekten und am Waldesrand einen Zaunkönig schimpfen. Ich winkte Peter, der unschlüssig am Waldrand stand, rückt ein Stück zur Seite und schloss die Augen. Er legte sich auf die Seite und beobachtete mich, was mich irritierte. Ich machte die Augen wieder zu konnte jedoch nicht mehr vollständig in der Natur versinken. Plötzlich spürte ich, wie seine Hand meinen Hals streichelte und sich weiter zu meinen Brüsten vortastete. Ich erschrak. Vorsichtig schob ich seine Hand beiseite. Er begann mir den Kopf zu graulen, was eigentlich ganz angenehm war. Gerade als ich mich wieder entspannen konnte fingerte er sich zu meinen Brüsten.
"Ich wollte dir eigentlich nur meine Wiese zeigen.", versuchte ich zu erklären.
"Lass dich doch einfach ein bisschen verwöhnen.", flüsterte er. Seine Stimme klang belegt, so hatte ich ihn noch nie reden gehört.
"Es tut mir leid...", ich versuchte mich hinzusetzten. Eh ich mich besann kniete er über mit, drückte mich an meinen Armen sanft auf den Boden zurück. "Du braucht keine Angst zu haben, ich werde ganz vorsichtig sein. Du hast einen herrlichen Platz fürs erste mal ausgewählt.", flüsterte er mir ins Ohr. Er ließ meinen Arm los und versuchte meine Beine auseinander zu drücken. Ich presste automatisch meine Schenkel aneinander. Mit ungeahnten Kräften schaffte ich es mich in einem Ruck aufzurichten. Ohne zu überlegen holte ich aus so weit ich konnte und verpasste Peter eine Ohrfeige, die im Wald nachzuhallen schien.
"Du blöde Schlampe", schimpfte er. "sich aufbrezeln wie eine Hure, einen mit großen Versprechungen in den Wald locken und dann einen auf Rühr mich nicht an machen."
"Hau bloß ab, du Vollidiot. Mögen die Wölfe dich zerreißen." brüllte ich ihm hinterher. Er quälte sich fluchend durch das Gebüsch Richtung Heimweg. Ich lag allein auf meiner Decke. Das surren der Insekten klang jetzt nur noch wie eine Hochspannungsleitung, das blau des Himmels wirkte kühl und abweisend und das aggressive Sonnenlicht ließ meine Wiese wie auf einem überbelichteten Foto erscheinen.
Am nächsten Tag hatte Peter eine neue Freundin und ich begann mein gutes Aussehen zu Hassen. Ich lief weiterhin kerzengerade, versuchte zu lächeln und freundlich zu sein, doch mein Vertrauen war dahin. Die Jungs summten weiterhin um mich herum wie Bienen, die Honig rochen, aber mir war der Appetit auf das andere Geschlecht vergangen . Selbst das Reiten machte mir keine rechte Freude mehr, musste ich doch immer an Peters plumpen Versuche denken, wenn ich meine Schenkel an den warmen Pferdekörper presste. So kam es, dass ich meiner Zeit bald ziemlich hinterher war. Während mit 16 fast alle meiner Freundinnen erste sexuelle Erlebnisse hinters sich hatten, stürzte ich mich auf Ablenkungen, um wenigstens als Ausrede anführen zu können, ich hätte keine Zeit für einen Freund. Aber ich merkte, dass auch mir etwas fehlte. So gab ich dem beständigen Drängen der Jungs nach und traf mich mit Alex, einem witzigen, verträumtem Blondschopf. Doch als ich das erste Mal mit ihm nach Hause ging und wir auf der Couch saßen und er vorsichtig seine Hand auf meinen Oberschenkel legte presste ich automatisch meine Beine zusammen, dass ich fast einen Krampf bekam. Bald hatte ich den Ruf einer frigiden, arroganten Tussi weg. Ich versuchte es mit weniger attraktiven Männern, in der Hoffnung diese würden die inneren Werte mehr schätzen und ließen mir mehr Zeit, aber das war ein Irrtum. Es war unheimlich schwer einen weniger Attraktiven Jungen überhaupt für sich zu begeistern. Die meisten dachten, ich wolle sie veräppeln. Wenn ich sie dann nicht sofort an mich ran ließ sahen sie sich in ihrem Vorurteil bestätigt und schimpften wie die Rohrspatzen. Ich war schon kurz davor zum Psychiater zu gehen, so groß war meine Phobie geworden. Kaum merkte ich, dass mich jemand zärtlich anfassen wollte bekam ich einen Krampf in den Oberschenkel. Ich beschloss das Thema Jungs abzuhaken und nur noch auf freundschaftlicher Basis mit dem anderen Geschlecht umzugehen.
Als ich in einer anderen Stadt zu studieren begann kannte mich keiner und so kam ich mit meinen Kommilitonen kumpelhaft gut aus. Viel Zeit verbrachte ich mit einem anfangs etwas schüchternem, aber sehr nettem braunäugigem Jungen, mit dem ich meine Belegarbeiten zusammen machte. Nils machte keinerlei Annäherungsversuche, ich war fast ein wenig enttäuscht und glaubte, dass er schwul sein könnte. Doch nachdem wir die Belegarbeit erfolgreich fertig gestellt hatten fragte er mich, ob ich Lust auf eine kleine Radtour am Wochenende hätte. Ich stimmte zu.
Das Wetter hätte nicht besser sein können. Wir radelten an einem kleinen Flusslauf entlang bis zu einem kleinen Rastplatz. Als ich mich auf eine Holzbank setzen wollte winkte er in die andere Richtung. Ich trabte ihm hinterher, leicht verwundert, aber zu geschafft vom radeln um großartig nachzudenken. Er lief vor mir quer Waldein und bog die Zweige vor mir zur Seite.
„Vorhang auf, na was sagst du dazu?“
Ich blickt auf und vor uns tat sich eine herrliche Lichtung auf. Sie war meiner Wiese zum verwechseln ähnlich, es schien gegenüber sogar einen Teich zu geben, dem Schilf nach zu urteilen.
„Trauen sie sich ruhig herein, ins Zimmer schöne Frau.“
Nils hatte die Decke ausgebreitet und lag auf dem Rücken. Ich war nie wieder auf meiner Lichtung gewesen und genoss das bekannte Summen und den Geruch der Gräser und Blüten.
‚Irgendwann muss es ja mal sein’, dachte ich ‚so schlimm wird’s schon nicht werden.’
Ich legte mich zu Peter und beobachtete ihn. Er hatte die Augen geschlossen und rührte sich nicht von der Stelle. „Ist was nicht in Ordnung?“, fragte er mich. Ich schüttelte den Kopf und rollte mich auch auf den Rücken. Ich wartete und nichts passierte. Ich weiß nicht wie viel Zeit verging, aber ich war in jedem Fall eingeschlafen.
„Tut mir leid, bin wohl radeln nicht mehr gewohnt.“
Nils runzelte die Stirn. „ Da habe ich nun extra den gesamten Froschchor organisiert und du schläfst ein.“
Wir lachten alle beide, genossen die Natur und radelten nach Hause. Am Abend blieb ich bei ihm auf dem Zimmer. Wir kuschelten auf der Couch und lagen dann irgendwann in seinem Bett. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wann mein Bein zur Seite ging, von meiner Phobie war ich seit diesem Tag jedoch geheilt.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 14.06.2009

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /